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Vor langer Zeit kämpften sie um die Herrschaft im Dämonenreich. Myxin und der schwarze Tod. In Atlantis begann ihr Kampf, aber weder Myxin noch der Schwarze Tod konnten den Untergang des Kontinents aufhalten. Atlantis versank im Meer.
Ich wusste um die damaligen Vorgänge, denn ich hatte Myxin aus seinem magischen Schlaf erweckt. Doch der kleine Magier hatte noch etwas zu erledigen, wie er mir sagte. Er musste zurück in seine versunkene Heimat. So reisten wir in die Vergangenheit, und ich erlebte am eigenen Leib den Albtraum in Atlantis ...
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Seitenzahl: 169
Cover
Impressum
Albtraum in Atlantis
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: shutterstock/Fotokostic
E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-1625-4
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
John Sinclair ist der Sohn des Lichts. Der Kampf gegen die Mächte der Finsternis ist seine Bestimmung. Als Oberinspektor bei Scotland Yard tritt er Woche für Woche gegen Zombies, Werwölfe, Vampire und andere Höllenwesen an und begeistert weltweit eine treue Fangemeinde.
Mit der John Sinclair Sonder-Edition werden die Taschenbücher, die der Bastei Verlag in Ergänzung zu der Heftromanserie ab 1981 veröffentlichte, endlich wieder zugänglich. Die Romane, in denen es John vor allem mit so bekannten Gegnern wie Asmodina, Dr. Tod oder der Mordliga zu tun bekommt, erscheinen in chronologischer Reihenfolge alle zwei Wochen.
Lesen Sie in diesem Band:
Albtraum in Atlantis
von Jason Dark
Er flog über das Land, dessen Weite in das All hineinzustoßen schien und irgendwo mit dem seidig schimmernden Himmel zu einer Einheit verschmolz.
Er liebte dieses Land, mit all seinen Ebenen, Städten, Tempeln, Palästen und Menschen.
Er war hier entstanden, kannte die Magie, wusste von Gut und Böse, von Freude und Leid, von Weisen und Propheten, von Dämonen und bösen Geistern.
Und doch umwehte Trauer sein Herz, denn das Land war dem Tod geweiht. Er als Hüter wusste es. Denn ihm war der Blick in die Zukunft gestattet worden. In eine düstere, grauenvolle Zukunft, in der die Menschen sich nicht dem Guten hatten zuwenden können, denn sie lachten über die Weissagungen der Propheten und der Alten. Sie gaben sich stattdessen dem Laster hin, beteten Götzen an, führten finstere Beschwörungen durch und spielten mit dem Grauen.
Sie würden dafür büßen.
Auf eine schlimme Art und Weise, denn die heiligen Kräfte ließen sich nicht verspotten.
Schon jetzt rumorte es in den Vulkanen, eine schreckliche Flut, die alles verschlingen würde, stand bevor. Das stolze Atlantis, das Atlan, dem Sohn des Zeus geweiht war, würde untergehen.
Noch einmal flog er seine Runde, schaute nieder auf die weiten, fruchtbaren Täler und sah die Kegel der gefährlichen Vulkane, die bald Tod und Verderben speien würden.
Dann gab es keine Rettung mehr, die Hölle würde lachen, und tausend Dämonen rieben sich die Hände. Sie hatten den gewaltigen Kampf gewonnen, weil die Menschen zu arrogant gewesen waren.
Vielleicht konnten sich einige von ihnen retten. Vielleicht auch nicht. Sie würden sich mit anderen Völkern vermischen und irgendwann in Tausenden von Jahren die Erinnerung an das einst so stolze Reich wieder finden.
Er flog weiter, und auf seinem tönern schimmernden Gesicht breitete sich der Schmerz aus. Vielleicht war es das letzte Mal, dass er so fliegen konnte, dass er seine Freunde traf, die alles versucht hatten, den Untergang aufzuhalten, aber zu spät gekommen waren.
Der laue Abendwind erfasste ihn und trug ihn höher, wo die Luft kälter war und der Blick noch weiter schweifen konnte. Bis hin zum Meer, das vor dem Kontinent so harmlos gegen den weißen Strand spülte und doch zu einem gefährlichen Raubtier werden konnte, wenn der Wind die Wellen zu gläsernen Bergen auftürmte und mit ungeheurer Wucht gegen den Strand warf.
Tränen flossen aus seinen Augen, wenn er an Atlantis dachte. Denn dann war auch seine Zeit vorbei. Er würde zwar überleben, aber eingehen in ein Zwischenreich, wo er selbst keine Aufgabe mehr besaß und anderen Gesetzen unterliegen würde.
Er flog weiter und sah tief unter sich die ersten Ausläufer des Hohen Gebirges. Es trennte dieses gewaltige Reich, war die Grenze zwischen Gut und Böse.
Jenseits der Hohen Berge hauste das Böse. Dort brodelte die Hölle, da lauerten die Feinde, die es immer überfallartig schaffen, in den anderen Teil des Reiches einzudringen und ihn zu unterwandern. Überall hatten sie schon ihre Stützpunkte und bereiteten systematisch den Niedergang dieses stolzen Reichs vor.
Nachts, wenn blauschwarz die Dunkelheit über dem Kontinent lag, waren sie unterwegs. Dann schickten sie ihre Spione und Diener aus, ihre Monster und Dämonen, um die Gerechten, die Guten, die Weißen Magier zu töten oder umzudrehen.
Nur wenige blieben standhaft. Viele starben auf grauenvolle Art und Weise, und wenn am Morgen die Sonne die Nacht vertrieb, dann leuchtete manchmal sein Konterfei an den Wänden der Häuser und Tempel.
Ein gefährliches Bild. Eine Malerei des Schreckens, denn er war derjenige, der über das Dämonenreich in diesem Land herrschte. Sein schwarzer Totenschädel glänzte. Nur seine Augen waren hell. Und die versprachen allen, die in sie schauten, die Schrecken der Hölle.
Noch nie war ihm ein Gerechter entkommen. Denn er war in seiner Grausamkeit einmalig. Mit teuflischer Raffinesse lenkte er die Geschicke des dämonischen Reichs. Und seine Anhänger, die gewaltige Diener- und Dämonenschar, gehorchte ihm blind.
Er war ihr Meister – er war der Schwarze Tod!
***
Er flog weiter. Nicht einen Blick warf er in die Täler, die hier schon düster und drohend aussahen. In manchen glühte ein rotes Licht, das die schmalen Pfade und Wege, die die Täler durchzogen, wie mit Blut ausfüllte.
Er wusste, dass seine Mission gefährlich war, aber er wusste auch, dass er nicht anders konnte. Es würde ihm nicht mehr gelingen, den Untergang zu verhindern, aber vielleicht konnte er als Bittsteller auftreten und versuchen, eine der Parteien zur Mäßigung zu zwingen.
Denn auch die Dämonen waren sich nicht einig. Sie hatten sich in zwei Parteien gespalten.
Die eine, die dem Schwarzen Tod gehorchte, wollte die totale Vernichtung. Die andere jedoch, angeführt von Myxin, dem Magier, wollte nur die Unterjochung der Menschen.
Beides war sehr schlimm, aber Myxin war das kleinere Übel. Soweit dachte der Bote, und deshalb war er unterwegs, um mit Myxin noch einmal zu sprechen.
Die Weisen hatten ihn geschickt, denn er war ihr Freund. Sie verließen sich auf seine Hilfe, doch der Eiserne Engel konnte nicht mehr in das Räderwerk der Vernichtung eingreifen und es zum Stillstand bringen.
Inzwischen hatte er das Gebiet erreicht, in dem Myxin, der Magier, regierte. Auch er hatte seine Diener zur Verfügung. Es waren die schwarzen Vampire. Blutsaugende Monstren, die jeden anfielen, der es wagte, die Grenzen ihres Reiches zu überschreiten.
Der Eiserne Engel hatte keine Angst. Als Führer der Vogelmenschen galt er nahezu als unbesiegbar, und an ihm würden sich auch die schwarzen Vampire die Zähne ausbeißen.
Der Eiserne Engel sah weit voraus die winzigen, dunklen Punkte, die aus den geheimnisvollen Tälern hochstiegen, sich in den langsam grau färbenden Himmel schraubten und ihr Ziel anvisierten.
Längst wussten sie Bescheid, dass jemand es gewagt hatte, die Grenze zu überfliegen. Dieses Land hatte unzählige Augen und Ohren.
Doch der Eiserne Engel kannte keine Angst. Er war ein Wesen des Friedens; und sollten sie versuchen, ihn zu töten, würde sein Schwert eine blutige Ernte zwischen den schwarzen Vampiren halten.
Sie waren zehn. Und sie waren schnell. Im Direktflug steuerten sie auf den Eisernen Engel zu.
Riesige Fledermäuse mit seltsam großen Köpfen, die manchmal sogar menschliche Gesichter aufwiesen. Und an ihrer Spitze flog ein besonders prächtiges Exemplar. Goran, ihr Anführer!
Eine gewaltige Fledermaus, halb Mensch, halb Bestie. Ein großer Kopf saß auf dem dürren Hals, und seine ausgebreiteten Flügel besaßen die Ausmaße eines Segels, wie es die großen Lastschiffe trugen, die weit über das Meer fuhren, um an anderen Küsten Beute zu holen.
Sein Kopf wies entfernte menschliche Züge auf. Der Sage nach waren Gorans Erzeuger Vampire und Halbmenschen gewesen. Eine ungute Mischung.
Der Eiserne Engel bewegte seine Flügel kaum noch, aber seine rechte Hand legte er auf den Griff des Schwertes, und Goran wusste, was das zu bedeuten hatte.
Auch er hatte schon von dem Eisernen Engel gehört. Er kannte die Kraft, die in diesem Botschafter des Friedens steckte. Mit einem Schwertstreich konnte er gleich mehrere von ihnen töten.
Goran verharrte. Den anderen erging es ebenso. Auch sie blieben in der Luft stehen und nutzten geschickt den abendlichen Aufwind, der aus den Tälern aufstieg.
Eine Zeit lang sprach niemand, bis der Eiserne Engel sagte: »Lasst mich durch, ich muss zu Myxin.«
Goran entblößte zwei starke Vampirzähne. »Er wird dich nicht empfangen!«
»Das soll er mir selbst sagen!«
Goran lachte krächzend. »Nein, ich weiß es, er will dich nicht sehen, Engel. Verschwinde!«
Der Botschafter des Friedens hatte gewusst, dass es Schwierigkeiten geben würde, aber sie schreckten ihn nicht. Er entgegnete: »Du weißt genau, dass ich nicht gern zur Waffe greife, doch wenn, dann töte ich auch. Denk daran.«
Goran überlegte. Er kannte die Stärke des Eisernen Engels, der von den Göttern selbst erschaffen war und unter ihrem Schutz stand, bis in alle Ewigkeiten. Zudem konnte er einen Kampf wirklich nicht riskieren, er durfte keinen Vampir verlieren, denn in der Auseinandersetzung gegen den Schwarzen Tod brauchte er jede Kraft.
Er beschloss deshalb, auf elegante Art und Weise einen Rückzieher zu machen. »Was willst du von Myxin?«
»Das sage ich dir nicht, Goran.«
»Aber ich könnte ein Fürsprecher für dich sein. Wer weiß, ob Myxin dich empfangen wird.«
Der Eiserne Engel lachte. »Auf diese Art und Weise kannst du mich nicht überlisten. Bringe mich endlich zu deinem Führer.«
Goran zögerte noch eine Weile, schließlich stimmte er zu. »Ja, ich werde dich hinbringen«, sagte er. »Aber nur dieses eine Mal.«
»Ein zweites Mal wird es nicht mehr geben.«
Gorans Gesicht verzerrte sich. Die langen spitzen Zähne wurden sichtbar.
»Wie meinst du das?«
»So, wie ich es gesagt habe. Es gibt kein zweites Mal mehr für dich, Goran.«
»Folge mir!«, sagte er und machte kehrt.
Dabei breitete er abermals seine gewaltigen Schwingen aus. Lautlos segelte er voran, und der Eiserne Engel schloss sich ihm an. Die übrigen Vampire bildeten die Nachhut. Dabei ließen sie ihren »Gast« für keinen Moment aus den Augen.
***
Sie behielten die ursprüngliche Höhe nicht bei, sondern glitten in einen Sinkflug. Die Schluchten und Täler wurden schnell größer. Sie wirkten wie gefährliche Schlünde, in denen alle Schrecken der Verdammnis lauerten.
Manche Vulkane deuteten noch auf eine rege Tätigkeit hin. Aus ihren Kegeln stiegen Rauchfahnen hoch, und tief in ihrem Innern hörten der Eiserne Engel und die Vampire ein dumpfes Grollen und Rumoren.
Auch sie würden ihr Feuer und die glühende Lava gegen den Himmel speien, wenn das stolze Atlantis versank. Der Eiserne Engel dachte mit Wehmut daran.
Er wusste auch, wo Myxin hauste. In einer gewaltigen Höhle, die schon mehr einem Felsendom glich und die nur einen einzigen Eingang besaß. Eine Krateröffnung, die wie ein Kamin wirkte, und die auch gut zu verteidigen war.
Bisher allerdings hatten die Vampire noch nicht um ihre Existenz kämpfen müssen, denn der Schwarze Tod und seine Vasallen hatten sich immer zurückgehalten. Sie waren in ihrem Reich geblieben und hatten sich mehr auf den Untergang der Insel konzentriert, denn der Schwarze Tod wollte das Chaos.
Er fühlte sich erst wohl, wenn Panik, Angst und Entsetzen herrschten und eine Welt dem Bösen geweiht war.
Ein besonders hoher Berg stach dem Eisernen Engel ins Auge. Er wusste, dass er den Eingang zu Myxins Reich darstellte. Der Berg lief an seiner Spitze wie eine Tulpe zu, deren Einstieg offen war.
Wie ein gewaltiger Schatten segelte Goran lautlos auf die Krateröffnung zu und umkreiste sie einmal. Dabei stieß er einen gellenden Ruf aus, der in die Öffnung hineinschallte und als schauriges Echo weitergeleitet wurde.
Niemand hielt ihn auf, als er seine gewaltigen Flügel anlegte und in die Öffnung eintauchte. Der Eiserne Engel folgte.
Dunkelheit. Und noch dunklere Schatten, die an den felsigen Wänden lauerten und mit glühenden Augen auf den Eindringling starrten. Es waren ebenfalls Wächter, die das Reich des Magiers bewachten, damit sich kein Unbefugter Eintritt verschaffte.
Steil ging es in die Tiefe. Der Einstieg verschwand hinter ihnen zu einem winzigen Punkt, und die Ankömmlinge flogen dem düsteren Glosen entgegen, das vom Boden her zu ihnen hinaufleuchtete, ihnen sogar entgegenzukommen schien und ihre Gesichter mit einem dunkelroten Schein überwarf.
Plötzlich zischten sie in die gewaltige Höhle, die sich weit vor ihnen auftat, und in der Myxin sein Hauptquartier hatte.
Es gab noch zahlreiche kleinere Höhlen in diesem Berg. Dort sollten unter anderem auch die Folterkammern sein, wo mehr als einmal die Schreie der Geknechteten durch die Höhle hallten. Sehr oft holten sich die schwarzen Vampire Menschen, um sie auszufragen. Wussten sie dann genug, überließ Myxin die Bedauernswerten seinen Vampiren, die ihnen das Blut bis auf den letzten Tropfen aussaugten.
Er wusste schon längst Bescheid, welcher Gast da zu ihm kam. Es hatte sich herumgesprochen, zudem befand sich der Magier mit Goran im direkten Kontakt.
Myxin wartete schon. Wenn man seine Körpergröße betrachtete und daran dachte, dass er ein Magier sein sollte, dann konnte man nur den Kopf schütteln. Dieses kleine grüne Männchen entsprach nämlich nicht den landläufigen Vorstellungen eines Magiers. Er schien verwachsen zu sein, war eher eine traurige Gestalt und wirkte sogar schmal und zerbrechlich.
Seine Haut schillerte grün, die kleinen Augen lagen tief in den Höhlen, und das Gesicht wirkte irgendwie schuppig, wenn man es von Nahem betrachtete. Seine Körperform war menschlich, ganz im Gegensatz zu der des Schwarzen Tods, der die Form eines gewaltigen Skeletts besaß und allein durch sein Aussehen Angst und Schrecken verbreitete. Dass er es noch nicht geschafft hatte, Myxin zu besiegen, bewies, wie stark der kleine Magier war. Auf seine Art und Weise war er einmalig, und er wusste seine Kräfte gut einzuteilen.
Er war umgeben von seinen Dienern. Die schwarzen Vampire hatten sich überall gut verteilt. Manche hingen auch an den Wänden und wenn sie sich abstießen und dabei die Flügel ausbreiteten, ertönte jedes Mal ein gewaltiges Rauschen.
Die meisten von ihnen hatten ihre Mäuler weit aufgerissen. Und die gefährlichen Zähne gebleckt. Aus ihren kleinen Augen betrachteten sie den Eisernen Engel voller Gier.
Aber sie wagten nicht, ihn anzugreifen. Myxin hatte noch keinen Befehl dazu gegeben.
Der Magier ließ seine Blicke über die eherne Gestalt des Engels wandern.
Übergroß von Gestalt, stand er aufrecht vor dem Magier und ließ keinen Blick von Myxins kleiner Gestalt. Seine rechte Hand lag auf dem Griff des Schwerts, ein Zeichen, dass er gewillt war, Gewalt mit Gewalt zu beantworten.
Wenn sie ihn angreifen sollten, dann würde er schrecklich unter den Vampiren wüten, wie er es schon einmal getan hatte, als Myxin ihn in seine Gewalt bringen wollte. Aber das war schon lange her.
Seit dieser Zeit respektierten sich die beiden, und Myxin hatte nie mehr den Versuch unternommen, den Eisernen Engel zu töten. Er vollführte vielmehr die Politik der feinen Nadelstiche. Schon mancher Vogelmensch war von den schwarzen Vampiren bis auf den letzten Blutstropfen ausgesaugt worden.
Endlich bequemte sich Myxin zu sprechen. »Was willst du von mir? Weshalb bist du hergekommen?«
Das Gesicht des Engels blieb unbewegt, als er seinen Mund öffnete. »Ich will mit dir sprechen, Myxin.«
»Und worüber?«
»Über die Zukunft. Ich will nicht, dass diese Insel untergeht. Du und ich, wir können es verhindern.«
Der Magier lachte. Es war ein hämisches Gelächter und wurde von den rauen Felswänden zurückgeworfen. »Was sollte mich dazu veranlassen, mich auf deine Seite zu stellen.«
»Der Schwarze Tod.«
»Wieso?«
»Ist er nicht auch dein Feind, Myxin?«
»Das stimmt. Aber ich bin nicht so dumm und verbünde mich mit dir, Engel, denn das wäre sehr schlimm, glaube es mir. Du stehst auf der anderen Seite, während der Schwarze Tod ein Schwarzblütler ist, wie auch ich. Wenn es uns gelänge, ihn zu besiegen, würdest du nicht eher ruhen, bis auch ich getötet wäre. Das ist es doch, was du willst, Engel. Ich durchschaue deinen Plan sehr wohl. Du musst mich nicht für dumm halten.«
»Ich werde mich hüten.« Der Eiserne Engel schüttelte den Kopf. »Warum willst du diesen Kontinent zerstören? Er lebt, er soll leben, er soll gedeihen, und die Menschen sollen sich entwickeln können. Atlantis darf nicht untergehen. Meine Träume, meine Visionen sollen keine Wahrheit werden, ich will alles tun, um dies zu verhindern.«
»Du irrst. Ich will die Zerstörung nicht.«
»Ich will nur der König auf diesem Land sein. Und damit das gelingt, stürzt du einen ganzen Kontinent in das Verderben.«
»Der Schwarze Tod kann ihn mir auch kampflos überlassen«, erwiderte Myxin.
»Du weißt selbst, dass er so etwas niemals tun würde.«
»Deshalb bin ich doch nicht schuld, wenn Atlantis stirbt. Ich werde überleben«, sagte Myxin.
Der Eiserne Engel nickte. »Nun gut«, sagte er. »Und wann wird es zum Kampf kommen?«
»Ich weiß es noch nicht, denn ich habe Zeit.«
»Hast du die Vorzeichen nicht vernommen? Hörst du nicht, wie es im Schoß der Erde grollt und donnert? Der Schwarze Tod hat bereits die Kräfte der Tiefe mobilisiert, sie werden dich und deine Vampire vernichten, Myxin. Er ist stärker als du. Die großen Alten haben gewusst, wen sie da erschufen. Und er ist so alt wie die Welt, vielleicht noch älter.«
Myxin trat plötzlich einen Schritt vor. »Verlasse meine Höhle!«, zischte er. »Geh jetzt, ich will dich nicht mehr hier sehen. Du sollst verschwinden.«
»Hast du dir deine Worte gut überlegt?«
»Ja, denn ich gebe dir nur einmal die Chance, von hier lebend wegzukommen.« Ein Lächeln spielte um Myxins Lippen, als er die rechte Hand hob. Seine langen, spinnenartig wirkenden Finger schlossen sich. Das Zeichen für zwei seiner Vampire.
Plötzlich stürzten sie sich auf den Besucher. Der Eiserne Engel riss sein Schwert hervor, ließ die beiden Vampire herankommen, und da sie dicht nebeneinander flogen, trennte er ihnen mit einem Streich beide Köpfe ab.
Sie klatschten zu Boden. Die Körper flatterten noch ein Stück weiter, dann fielen auch sie und wurden ebenso zu Staub wie die Köpfe der Vampire.
Myxin lachte. Der Tod seiner beiden Diener schien ihm nichts auszumachen. »Ich sehe sehr wohl, dass du die Kunst des Schwertführens noch beherrschst, aber auch das wird dir nichts nützen. Meine Vampire werden deine Vogelmenschen vernichten. Diese Warnung wollte ich dir noch mit auf den Weg geben. Und jetzt verschwinde! Ich gebe dir großzügigerweise die Zeit.«
Der Eiserne Engel machte kehrt. Er warf keinen Blick mehr zurück, als er die Flügel ausbreitete und hinein in den Schacht stieß, der sich vor ihm auftat.
Er flog nach oben, und niemand wagte es, ihn anzugreifen.
Dann hatte der Eiserne Engel die Höhle verlassen. Der kaminähnliche Fels spie ihn förmlich aus.
Es war inzwischen fast dunkel geworden. Nur weit in der Ferne, wo das Meer wie ein Teppich lag, glühte der Himmel noch im letzten Rot der untergehenden Sonne.
Der Eiserne Engel weinte. Er weinte um die Menschheit und um seine Heimat Atlantis, die dem Untergang geweiht war …
***
Ich hatte ein verdammt ungutes Gefühl!
Vor mir lag der stockdunkle Flur, in dem die Treppe kaum mehr zu ahnen war. Unter mir befand sich die geschlossene Tür, die mir den Rückzug versperrte.
Ich wollte in die erste Etage.
Natürlich hätte ich meine kleine Lampe einschalten können, doch ich wollte kein Ziel bieten, denn ich spürte genau, dass irgendetwas nicht stimmte.
Wohl wartete Myxin, der kleine Magier, draußen, aber er selbst hatte sich nicht in das Haus hineingetraut, sondern mich nur mit Informationen versorgt. Die Gründe, weshalb Myxin draußen blieb, kannte ich nicht.
Da es zu dunkel war und ich überhaupt nichts sehen konnte, streckte ich meine Arme aus, um mich wenigstens tastend weiterzubewegen.
Dann erfolgte der Angriff. Er kam vor mir aus dem Dunklen, und er trat mich mit elementarer Wucht.
Jemand prallte gegen mich.
Ich hatte dem nichts entgegenzusetzen und wurde zurückgeschleudert. Für drei Schritte konnte ich mich noch auf den Beinen halten, dann musste ich dem anderen nachgeben und fiel nach hinten. Ich rollte mich zusammen und gleichzeitig über die Schulter ab, bis ich gegen eine Wand stieß.
Der Kerl war noch vor und auch über mir. Der Hieb gegen meinen Kopf war nicht von schlechten Eltern. Und dann schlug ich noch mit dem Kopf gegen die Wand.
Ich riss den Arm hoch. Genau in dem Moment, als der nächste Schlag folgte. Und diesmal hatte ich Glück. Ich erwischte die Hand meines Gegners, hielt sie fest und wuchtete gleichzeitig ein Bein vor.
Ich traf ihn gut. Schleifende Schritte und das Bemühen, sich krampfhaft auf den Beinen zu halten, verrieten mir, dass der Typ einen Abflug machte. Ich gewann Zeit und konnte mich hochstemmen.
Im Gegensatz zu mir schien er im Dunkeln gut sehen zu können. Hätte ich meinen Kopf nicht geschützt gehabt, hätte mich der Schlag zu Boden gestreckt. So klatschte er an meinem angewinkelten Arm ab.
Meine Faust traf ausgezeichnet und holte ihn fast von den Beinen. Ich vernahm einen erstickten Aufschrei und dann einen dumpfen Fall. Anscheinend konnte der Bursche doch nicht so viel ertragen. Auf jeden Fall ging er zu Boden.