Jonny und der geheimnisvolle Schatten - Hanna von Dorff - E-Book

Jonny und der geheimnisvolle Schatten E-Book

Hanna von Dorff

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Beschreibung

Kater Jonny lebt zufrieden und in Ruhe auf dem Fliederhof. Er wird regelmäßig von Ricky, einer kleinen wissbegierigen Ratte besucht. Doch mit der Ruhe ist es schnell vorbei, als ein zweiter Kater, Micky, auf dem Fliederhof einzieht. Dieser hat eine besondere Gabe, andere zu beeinflussen. Und dann kommt auch noch Elli, eine ausgesetzte junge Katze dazu, die ein neues Zuhause sucht. Das unbeschwerte Leben der Freunde wird gestört, als ein geheimnisvoller Schatten den Fliederhof und seine Umgebung unsicher macht. Die Freunde beschließen, etwas zu unternehmen, um den Schatten zu vertreiben. Doch dann nimmt alles eine überraschende Wendung.

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Seitenzahl: 85

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Jonny

und der geheimnisvolle Schatten

Geschichten vom Fliederhof

für

Finn, Lil, Emil, Anton

und

Muffy

Jonny

und der geheimnisvolle Schatten

Geschichten vom Fliederhof

von Hanna von Dorff

mit Bildern von Andreas Bornhövd

© 2018

Autor:

  

Hanna von Dorff

Illustrationen:

Andreas Bornhövd

Verlag:

tredition GmbH

Halenreie 42

22359 Hamburg

ISBN:

Paperback

978-3-7469-0938-7

Hardcover

978-3-7469-0939-4

e-Book

978-3-7469-0940-0

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhalt

Der Einzug

Carlo

Der Heimweg

Theo

Ricky

Tiger

Der Schatten

Kanada

Der Fliederhof

Der Einzug

Jonny saß nun schon eine ganze Weile an diesem Morgen unter der alten Trauerweide, deren knorriger Stamm vor vielen Jahren von einem Blitz gespalten worden war. Die langen, weichen Zweige hingen bis auf den Boden und wiegten sich im warmen Wind hin und her.

Ein tolles Versteck war das, fand Jonny, denn niemand konnte ihn sehen. Aber von hier aus hatte er einen guten Überblick über den vorderen Garten mit dem kleinen Teich und der Auffahrt, die von dem alten Fachwerkhaus des Fliederhofs zur Straße führte.

Der Fliederhof hatte seinen Namen von den vielen Fliederbüschen, die hier wuchsen. Und wenn sie im Frühjahr blühten, dann lag ein wunderbarer süßer Duft in der Luft, den Jonny einfach umwerfend fand. Doch der Flieder war inzwischen verblüht, ebenso die Rapsfelder, die auf zwei Seiten den Fliederhof begrenzten.

Jonny liebte sein Zuhause, die Ruhe und den Frieden und das entspannte Leben. Doch seit einiger Zeit beobachtete er, dass sein Mensch Max, mit dem er auf dem Fliederhof zusammen lebte, immer häufiger Besuch bekam. Vor allem von Paula. Sie hatte viele dunkle Locken und ein fröhliches Lachen. Jonny mochte sie gern. Er genoss es, wenn sie ihn streichelte und liebevoll an seinen Ohren zupfte. Aber am wohlsten fühlte er sich, wenn alle wieder weg waren und sich die gewohnte Stille über den Fliederhof senkte.

Seit heute Morgen aber hatte sich etwas verändert.

Sein Lieblingssessel stand nicht mehr auf seinem Platz ! Die anderen Möbel auch nicht ! Bücher und Zeitschriften lagen nicht mehr überall in riesigen Stapeln herum, die jeden Augenblick umkippen konnten. Sie standen nun ordentlich nebeneinander im Bücherregal. Alles war sauber und aufgeräumt. Mit einem Wort - es war furchtbar ungemütlich !

Jonny war nervös und zappelig. Er hatte ein Kribbeln im Bauch, das ihm sagte, dass etwas auf ihn zukam, das sein Leben entscheidend verändern würde. Er wirbelte aufgeregt mit seinem Schwanz hin und her.

Und dann hörte er es ! Ein Motorgeräusch von der Straße, das immer lauter wurde. Jonny streckte sich zu voller Höhe. Und dann sah er es ! Ein riesiger Lastwagen, gefolgt von zwei kleineren Autos bog in die Auffahrt ein und blieb mit quietschenden Bremsen vor dem Haus stehen.

Jonny sprang auf. Seine Barthaare zuckten.

Max und die fremden Menschen begannen, den Lastwagen auszuladen und Kisten und Möbelstücke ins Haus zu tragen. Taschen, Koffer, Blumentöpfe und Stehlampen folgten.

Jonny schaute dem Treiben mit wachsender Unruhe zu. Das gefiel ihm nicht. Das gefiel ihm ganz und gar nicht !

Plötzlich bog ein kleines rotes Auto ebenfalls in die Auffahrt ein. Dieses Auto kannte er.

Er hatte es in den letzten Monaten häufig gesehen. Es gehörte Paula. Sie öffnete die Tür und stieg aus, gefolgt von einem großen Kater mit grauem, silbrig glänzendem Fell und seltsamen dunkelblauen Augen.

„Moooment mal ! Sooo nicht !“ Jonny stürzte mit gesträubtem Fell aus seinem Versteck unter der Weide hervor.

„Wer bist du ? Und was machst du hier ?“, fauchte er den fremden Kater an.

Dieser drehte sich zu Jonny um, musterte ihn gelassen und sagte: „Ich heiße Micky und ziehe hier ein.“

„Du machst was ? ? ?“, fragte Jonny. „Du ziehst hier ein ? ? ?“

Er holte tief Luft. Nun kam er richtig in Fahrt. „Das kommt überhaupt nicht in Frage ! ! !“, polterte er. „Du springst ganz schnell wieder in dieses Auto, machst die Tür zu und wartest bis du nach Hause gebracht wirst ! Aber schnell, sonst mach ich dir Beine !“

Das war das, was Jonny diesem Eindringling entgegenschleudern wollte, doch heraus kam: „Ich heiße Jonny und freue mich, dich kennen zu lernen.“

Nein, so geht das nicht, dachte Jonny verwirrt. Das ist falsch, ganz falsch. Das will ich doch gar nicht sagen. Ich will, dass dieser Kerl weggeht, und zwar sofort !

Er sah wieder den Fremden an, sah wieder in diese merkwürdigen Augen, atmete wieder tief ein und … hörte sich sagen: „Wenn du möchtest, werde ich dich ein wenig herumführen und dir den Fliederhof zeigen.“

„Das ist sehr nett von dir“, entgegnete Micky. „Und ich bin dir für diesen freundlichen Empfang sehr dankbar.“

„Ich bin nicht hier, um dich freundlich zu empfangen ! Ich bin hier, um dir zu sagen, dass du abhauen sollst ! VERSCHWINDE ! ! !“ Zumindest wollte Jonny das wütend herausbrüllen. Aber heraus kam - nichts. Absolut nichts !

Völlig verdattert stand Jonny da. „Was ist nur los mit mir ? Wieso kann ich nicht mehr sagen was ich will ? Und wieso sieht mich dieser blöde Kater so komisch an ?“

Jonny schüttelte den Kopf. Er schloss für einen Moment die Augen. War er vielleicht verrückt geworden ? ? ?

Als er seine Augen wieder öffnete, sah er gerade noch, wie dieser Micky im Haus verschwand.

Völlig durcheinander wandte sich Jonny um. Er zögerte, ob er sich unter die Weide setzen sollte, um den Einzug weiter zu beobachten, doch er entschied sich dagegen. Für den Augenblick hatte er genug davon. Was er nun brauchte war Zeit zum Nachdenken.

Er lief um das Haus herum. Auf der Rückseite des Fliederhofs lag der große Gemüsegarten, umgeben von alten Obstbäumen und hohen Fliederbüschen. Hier stand der Geräteschuppen. An einer Seitenwand waren Holzscheite für den Kamin ordentlich übereinander geschichtet. Auf der anderen Seite des Gartens war ein Gewächshaus aufgebaut, in dem es herrlich nach Tomaten und frischen Kräutern duftete.

Jonny suchte sich einen Platz unter den riesigen Blättern der Kürbispflanze. Erst jetzt merkte er, dass er am ganzen Körper zitterte. Er setzte sich und strich sich über die Barthaare. „Ich muss nachdenken“, murmelte er. „Irgendetwas stimmt hier nicht.“

„Was stimmt hier nicht ?“ Jonny zuckte heftig zusammen und drehte sich um. Hinter ihm kauerte eine kleine Ratte, die ihn aus großen, leicht schielenden Augen ansah. „Hallo Ricky“, entgegnete Jonny. „Ich habe dich gar nicht kommen hören.“

„Das habe ich gemerkt. Tut mir Leid, dass ich dich erschreckt habe“, murmelte Ricky. „Was ist denn los ? Du siehst ja furchtbar aus ! Hast du ein Gespenst gesehen ?“

„So was ähnliches,“ brummelte Jonny. Er war mit Ricky seit langem befreundet und freute sich immer ihn zu sehen.

„Es geht um die vielen Menschen und um einen Kater, der hier einziehen will. Kannst du dir das vorstellen ?“

Ricky nickte. „Ja, ich habe ihn gesehen und euer Gespräch habe ich auch mitgekriegt. Ich hab mich nur gefragt, warum du plötzlich so freundlich und nett zu ihm warst.“

Jonny seufzte. „Genau darüber habe ich auch nachgedacht. Ich weiß es nämlich nicht. Ob du es glaubst oder nicht, ich hatte keine andere Wahl, genau das zu sagen, was ich gesagt habe, obwohl ich das nicht wollte.“

„Hm“, murmelte Ricky. „Das ist wirklich unheimlich. Ist dir das schon häufiger passiert ?“ Und als Jonny den Kopf schüttelte, meinte er:

„Ich glaube, es liegt an diesem Micky. Vielleicht kann ich etwas über ihn in Erfahrung bringen.“ Mit diesen Worten verschwand er zwischen den dicken Stängeln der Kürbispflanze.

Jonny nickte und war schon wieder tief in Gedanken versunken. Ricky hatte Recht, es musste etwas mit Micky zu tun haben, aber was ?

Er rollte sich auf dem warmen Boden zusammen. Ein paar Minuten zerbrach er sich noch den Kopf, ohne zu einem befriedigenden Ergebnis zu kommen und schlief schließlich erschöpft ein.

 

Inzwischen hatte sich der Himmel zugezogen. Dunkle Regenwolken türmten sich auf. Jonny erwachte, als die ersten schweren Regentropfen das Blätterdach erreichten und wie glitzernde Perlen auf sein Fell fielen. Er stand auf und schüttelte sich kräftig. Dann sah er prüfend nach oben. Lange würde es nicht dauern, bis der Boden durchweicht sein würde. Also war es gescheiter, sich einen trockenen Platz zu suchen.

Die Tür des Gewächshauses stand offen und Jonny brachte sich dort vor dem immer stärker werdenden Regen in Sicherheit. Er setzte sich in die offene Tür und beobachtete, wie sich auf dem Boden kleine Pfützen und Rinnsale bildeten.

Jonny mochte den Regen. Er liebte den würzigen Duft der nassen Erde. Und er genoss die Stille, die der Regen mit sich brachte.

Doch plötzlich zerriss ein wütendes Bellen und Jaulen diesen Regenfrieden. Nero, der Hund von nebenan regte sich fürchterlich auf.

„Was ist denn nun schon wieder los“, dachte Jonny.

Nero und er waren keine guten Freunde, doch sie hatten sich im Laufe der Zeit aneinander gewöhnt und gingen sich so gut es ging aus dem Weg.

„Was machst du hier ? Das ist mein Baum, hörst du ? Mein Baum ! Und ich will nicht, dass du auf meinem Baum bist ! Also komm sofort da runter !“ Ein Furcht einflößendes Knurren war zu hören.

Um besser sehen zu können sprang Jonny auf den schmalen Arbeitstisch. Neugierig schaute er durch die Glasscheibe zur Beerenhecke. Dahinter befand sich ein alter Holzzaun, der den Fliederhof vom Nachbargrundstück trennte.

Nero hatte sich daran zu voller Größe aufgerichtet. Sein weit aufgerissenes Maul gab den Blick auf kräftige spitze Zähne preis. Dicke Speicheltropfen hingen an seinen Lefzen. Jaulend und bellend streckte er seinen Kopf und starrte nach oben in die weit verzweigte Krone eines Fliederbusches, der weit über die Hecke hinaus ragte.

Jonny folgte seinem Blick. Hoch über dem Erdboden, am äußersten Ende eines beängstigend schwankenden Astes, kauerte eine junge Katze.

„Oh je“, dachte Jonny. „Das sieht gar nicht gut aus!“ Er wollte gerade von seinem Hochsitz springen und versuchen Nero abzulenken, als er eine graue Gestalt wahrnahm, die sich der Beerenhecke unauffällig näherte. Es war Micky. Gespannt beobachtete Jonny, wie Micky das Geschehen auf dem Nachbargrundstück verfolgte.

Nero gebärdete sich wie toll. Er knurrte das Kätzchen an, das sich immer verängstigter an den regennassen Ast klammerte. „Wenn du nicht runter kommst, dann werde ich dich holen, und das wird dir bestimmt nicht bekommen.“