Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Beschreibung und Analyse des Phänomens "Jugendsprache" Das Einführungs- und Übersichtswerk macht mit dem sprachwissenschaftlichen Gegenstandsfeld "Jugendsprache" vertraut. Im Zentrum steht die Beschreibung und Analyse des Sprachgebrauchs Jugendlicher im deutschen Sprachraum unter Einbezug aktueller Fragestellungen und Ergebnisse der germanistischen Soziolinguistik und linguistischen Pragmatik. Es werden Grundlagen und Entwicklungen sowie theoretische Konzepte der Jugendsprachforschung aufgezeigt und Entwicklungsetappen deutscher Jugendsprachen in Geschichte und Gegenwart vorgestellt. Den Abschluss bildet ein Ausblick auf Jugendsprachen in Schule und Unterricht. Anschauliches Übersichtswerk zum Thema "Jugendsprache" mit Bezug zu aktuellen Fragestellungen aus der Forschung und mit zahlreichen Textbeispielen.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 449
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Eva Neuland
Jugendsprache
A. Francke Verlag Tübingen
© 2018 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen www.francke.de • [email protected]
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
E-Book-Produktion: pagina GmbH, Tübingen
ePub-ISBN 978-3-8385-4924-8
Die Hochkonjunktur des Themas „Jugendsprache“ dauert auch fast zehn Jahre nach dem Erscheinen der Erstauflage dieses Bandes noch ungebrochen fort. Die Aufgeregtheit in der öffentlichen Diskussion hat allerdings nachgelassen; und damit wurde auch der Blick freigemacht für die vielen zwischenzeitlich neu hinzugewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse. Diese wurden vor allem im Rahmen der drei weiteren internationalen Fachkonferenzen präsentiert, die 2011 in Freiburg, 2014 in Karlsruhe und 2016 in Graz stattfanden. Die jeweiligen Publikationen (herausgegeben von KotthoffKotthoff, Helga/Mertzlufft 2014, Spiegel/Gysin 2016, ZieglerZiegler, Evelyn i. E.) demonstrieren eindrucksvoll die inhaltlichen und methodischen Weiterentwicklungen der internationalen Jugendsprachforschung. Schließlich erfreut sich das Thema „Jugendsprache“ aber auch in Schule und Sprachunterricht im In- und Ausland weiterhin großer Beliebtheit, vor allem bei den Jugendlichen selbst.
Die Neuauflage dieser Einführung kann diesen Aspektreichtum nur ansatzweise aufgreifen, indem wichtige neue Fragestellungen, Gegenstandsfelder und ausgewählte Ergebnisse einbezogen und mit einer Vielzahl von Textbeispielen veranschaulicht werden.
Eva Neuland Wuppertal, im August 2017
Jugendsprache hat Hochkonjunktur: als Schlagwort in der Öffentlichkeit, als Forschungsgegenstand in der Sprachwissenschaft, als konkrete Spracherfahrung von Eltern, Lehrkräften und nicht zuletzt von Jugendlichen selbst.
Jugendsprache ist ein Ausdruck mit vielen Lesarten:
In der Öffentlichkeit ist die Rede von der Sprache der Jugend, von Kiez- und Szenedeutsch. Die Jugendsprache gilt immer noch und immer wieder als Stein des Anstoßes, der VerständigungsproblemeVerständigungsprobleme zwischen den Generationen und negative Einflüsse auf die Allgemeinsprache auslöse. Zugleich wirkt Jugendsprache aber auch als ein Faszinosum und als Attraktion auf dem Markt der Jugend- und Szenewörterbücher.
In den Sprach- und Kulturwissenschaften werden solche öffentlichen Lesarten von Jugendsprache als mediale Konstruktionenmediale Konstruktion kritisiert. Die linguistische Jugendsprachforschung charakterisiert die unterschiedlichen Sprachgebrauchsweisen von Jugendlichen als VariationsspektrumVariationsspektrum und Ensemble subkultureller Sprachstile.
In Familie, Schule und Jugendarbeit herrscht Informations- und Aufklärungsbedarf im Hinblick auf den Umgang mit Jugendsprache bei Kindern und Jugendlichen im Spektrum zwischen Akzeptanz, Duldung und Abwehr.
Und die Jugendlichen selbst? Sie scheinen von der Existenz einer eigenen Jugendsprache fest überzeugt, nutzen sie identifikatorisch in ihren GruppenGruppe und SzenenSzene, vergnügen sich am Spiel mit Sprache und an der Abwandlung von Gewohntem und setzen die Wirkung eines solchen Sprachgebrauchs oft bewusst ein.
Schließlich erfreut sich das Thema Jugendsprache einer großen Beliebtheit im schulischen Sprachunterricht – und in der universitären Lehre. Nicht nur Lehramtsstudierende wollen etwas über die Jugendsprache und an der Jugendsprache lernen und Einsichten in Gebrauchsweisen der deutschen Sprache gewinnen.
Die vorliegende Einführung will mit dem vielschichtigen Phänomen der Jugendsprache vertraut machen. Zunächst werden öffentliche Diskurse und mediale Konstruktionenmediale Konstruktion von Jugendsprache aus kulturanalytischerkulturanalytisch Sichtweise erörtert. Anschließend werden Grundlagen und Entwicklungen der Jugendsprachforschung in Deutschland aufgezeigt. Im Zentrum stehen deutsche Jugendsprachen in ihren gesellschaftlich-historischen Erscheinungs- und Funktionsweisen in Geschichte und Gegenwart. Neben frühen Formen von Studenten- und Schülersprachen werden Entwicklungsetappen von Jugendsprachen in der jüngeren deutschen Sprachgeschichte nach 1945 bis zur Gegenwart verfolgt. Auf der Grundlage der in aktuellen theoretischen Konzepten der linguistischen Jugendsprachforschung vertretenen Heterogenitätsthese wird dabei nach jugendtypischen Merkmalen des Sprachgebrauchs, also nach Typizität in der HeterogenitätHeterogenität gefragt. Ein Ausblick auf Jugendsprachen in Schule und Unterricht schließt die Darstellung ab.
Die Einführung soll Studierende der Sprach- und Kulturwissenschaften zu wissenschaftlicher Eigenarbeit und empirischen Erkundungen anregen und angeleitetes forschendes Lernen ermöglichen. Dabei kann die hier notwendige Beschränkung auf deutsche Jugendsprachen und die Konzentration auf die deutschsprachige Jugendsprachforschung durch kontrastivekontrastiv Analysen von Jugendsprachen in anderen Ländern und Kulturen und durch den einschlägigen internationalen Forschungstand erweitert werden. Die weiterführenden Literaturhinweise können zur vertiefenden Lektüre für spezifische Fragestellungen genutzt werden. Schließlich möchte die Einführung dazu beitragen, der Perspektivenverengung des Themas Jugendsprachen in der Medienöffentlichkeit entgegen zu wirken und den linguistischen wie interdisziplinären Perspektivenreichtum aufzuzeigen.
Abschließend sei vielen an dieser Stelle für das Zustandekommen dieser Einführung gedankt: den Studierenden für ihr nicht nachlassendes Interesse und ihre Erwartungen, Freunden und Kollegen im In- und Ausland für wertvolle Hinweise und Chancen zum fachlichen Austausch, den Jugendlichen, Eltern und Lehrkräften für das entgegengebrachte Vertrauen in unseren Gesprächen, meiner Familie für Geduld und Ermutigung. Nicht zuletzt danke ich meinen Mitarbeitern für ihre Unterstützung, ganz besonders Kerstin Runschke für die Hilfe bei der Manuskripterstellung.
Eva Neuland September 2008
Jugendsprache als Praxis eines besonderen Sprachgebrauchs Jugendlicher ist sehr viel älter als der linguistische Forschungsgegenstand Jugendsprache. Die Entwicklung einer linguistischen Jugendsprachforschung, die in Deutschland erst auf eine knapp 30-jährige Geschichte zurückblicken kann, verdankt sich nicht allein wissenschaftsinternen Motiven; vielmehr wurde ein solches Forschungs- und Erkenntnisinteresse in besonderer Weise durch den gesellschaftlichen Bedingungsrahmen begünstigt. Jugendliche Verhaltensweisen und damit auch das Sprachverhalten Jugendlicher wurden in einem bestimmten historischen Moment zu einem gesellschaftlichen Problem, das in der öffentlichen Diskussion zwar ausgiebig thematisiert wurde, dessen „Lösung“ jedoch wissenschaftliche Analysen erforderlich machten. Jugendsprache wurde so zum Thema öffentlicher Diskussion, noch bevor sie Gegenstand sprachwissenschaftlicher Forschung war.
Dies sei im Folgenden an Beispielen einiger Entwicklungsstationen der letzten 40 Jahre veranschaulicht.
Gegen Ende der 70er Jahre machten Jugendliche in Deutschland, in der Schweiz wie auch in anderen westeuropäischen Ländern ihren Unmut über sie unmittelbar betreffende gesellschaftspolitische Zustände in sog. „JugendrevoltenJugendrevolte“ laut, mit denen sie sich autonome Handlungsräume erkämpfen wollten. Insbesondere wurden die Schließung „autonomer Jugendzentren“1Müller-Münch, Ingrid sowie die Räumung besetzter Häuser zum Auslöser von Protesten der Jugendlichen. Mit spektakulären Aktionen brachen Jugendliche aus dem von der politischen Öffentlichkeit unterstellten gesellschaftlichen Konsens aus. Als besonderes Ereignis bleibt ein Hearing des ZDF2Jugendrevolte mit Politikern und jugendlichen Hausbesetzern in Erinnerung. Als diese sich nicht mehr an die vorgegebenen Regeln des Mediendiskurses hielten, wurde die Live-Sendung abgebrochen.
Die jugendlichen Hausbesetzer einte nicht unbedingt ein explizites politisches Programm, wie es in der vorhergehenden Schüler- und Studentengeneration der APO der Fall war3; sie einte vor allem ihr Anspruch auf Autonomie und Selbstbestimmung. Dieser Anspruch manifestierte sich auch in ihrem Sprachgebrauch. In der politischen und medialen Öffentlichkeit wurde alsbald von einem „Jugendproblem“ gesprochen und die damalige GenerationGeneration der Jugendlichen als „Null Bock-GenerationNull Bock-Generation“ etikettiert.4Haller, MichaelOltmanns, ReimarBrückner, PeterKraushaar, Wolfgang
Titelblatt HallerHaller, Michael1981
Das Jugendproblem wurde zum Auslösefaktor für eine ganze Welle populärwissenschaftlicher Betrachtungen, aber auch wissenschaftlicher Analysen und groß angelegter empirischer Untersuchungen. So entstanden vor allem die sog. Shell-StudienShell-Studie, die seit Beginn der 80er Jahre auf der Grundlage von repräsentativen Befragungen und Einzelfallstudien Einstellungen, Denk- und Verhaltensweisen von Jugendlichen dokumentieren.5 Vereinzelt wurden aber bereits kritische Stimmen laut, die sich gegen das Aushorchen der „gläsernen“ Jugendlichen wandten und, wie der Jugendforscher Hartmut GrieseGriese, Hartmut, politisch geltend machten, dass Jugendprobleme verschleierte bzw. verschobene Gesellschaftsprobleme sind und von daher auch auf der Ebene des sozialen und kulturellen WandelsWandelkultureller diskutiert werden müssen.6Griese, Hartmut In der Öffentlichkeit herrschte hingegen weithin eine Problemverschiebung auf den Fokus des GenerationskonfliktsGenerationskonflikt und eine Perspektivenverengung auf die Kritik an den Umgangsformen und sprachlichen Ausdrucksweisen von Jugendlichen vor.
Mit den JugendrevoltenJugendrevolte sind aber auch die sprachlichen Äußerungsformen Jugendlicher zum Gegenstand öffentlicher Auseinandersetzung geworden. In ganz unterschiedlich motivierten Zusammenhängen wurde in der damaligen Zeit „die Jugendsprache“ von Vertretern aus Politik und Wirtschaft, aber auch von Eltern- und Lehrerschaft als „FäkalspracheFäkalsprache“ oder auch „ComicspracheComicsprache“ abgewertet und als Exempel für Normverweigerung, für SprachverfallSprachverfall bis hin zur SprachlosigkeitSprachlosigkeit kritisiert. Während der Vorwurf der Verwendung „unanständiger“ Ausdrücke von Jugendlichen sich bis in die Sprachgeschichte zurückverfolgen lässt, ist die Kritisierung als eine „Comicsprache“ terminologisch neu und lenkt den missbilligenden Blick auf die Verwendung von Laut- und Kurzwörtern.1 Doch ist das dahinter stehende Argument, dass Jugendliche keine Grammatik mehr beherrschen und kein SprachgefühlSprachgefühl mehr haben würden, zumindest aus der Tradition der SprachpflegeSprachpflege und SprachkritikSprachkritik der Nachkriegszeit bekannt.
Der Topos der SprachlosigkeitSprachlosigkeit und speziell der Gesprächsunfähigkeit ist im politischen Kontext der Zeit besonders aufschlussreich. Die Dokumentation des Schriftstellers Peter RoosRoos, Peter „Kaputte Gespräche“ hat solche Äußerungen von Vertretern der politischen Öffentlichkeit und fast aller Parteien festgehalten.
Titelblatt RoosRoos, Peter1982
So klagte die Literaturwissenschaftlerin und damalige CDU-Abgeordnete Gertrud Höhler in einer Wochenzeitung über ein Gespräch mit Gymnasiasten:
Diese Jugend, wenn sie uns ihre Formeln fürs Weltgeschehen auftischt, redet gar nicht mehr mit uns. Sie schirmt sich durch Sprachsignale ab, die ihre Gruppensolidarität stabilisieren.2Roos, Peter
Und ein ähnlicher Tenor spricht aus dem folgenden Zitat des damaligen SPD-Abgeordneten Peter Glotz:
Es gibt ja eine breiter werdende Diskussion über den Narzissmus der jungen Generation, also einen ganz bestimmten psychologischen Zug, das In-sich- selbst-Zurückziehen und die Nachteile, die daraus für das Persönlichkeitsbild entstehen, eben die Kommunikationslosigkeit, dieses stumme In-sich-Zurückziehen-und-dort-die-Gefühle-Selbermachen, sozusagen ohne Außenwelt.3Roos, Peter
Verallgemeinernd kann festgehalten werden: Wann immer vom drohenden „SprachverfallSprachverfall“ oder gar vom „Verlust der Schriftkultur“ die Rede ist, wurde und wird die Sprache der Jugendlichen als abschreckendes Beispiel genannt:
Vertreter aus Industrie und Wirtschaft beklagen nachlassende Grammatik- und vor allem Rechtschreibkenntnisse bei jugendlichen Berufsanfängern.
Lehrer wie Hochschullehrer kritisieren Ausdrucksschwächen und mangelndes SprachgefühlSprachgefühl bei Schülern und Studierenden.
Politiker und Journalisten haben bei einer ganzen Generation „DialogverweigerungDialogverweigerung“, ja, „DialogunfähigkeitDialogunfähigkeit“ diagnostiziert.
In Leserbriefen machen Zeitungsleser ihrer Empörung über den „Vulgärjargon“„Vulgärjargon“ und das „Comicdeutsch“ Jugendlicher Luft.
Solche Negativurteile über die Sprache Jugendlicher sind in der deutschen Sprachgeschichte nicht neu. Neu jedoch ist ihre massenmediale Verbreitung in der Öffentlichkeit. Presseberichterstattung und publizistische SprachkritikSprachkritik tragen oft maßgeblich zu solcher Meinungsbildung bei.
Dies demonstriert exemplarisch jener bereits oft zitierte Titel der Wochenschrift DERSPIEGEL „Deutsch: Ächz, Würg. Eine Industrienation verlernt ihre Sprache“ vom Juli 1984:
Titelblatt DERSPIEGEL1984
Zum Beleg der These vom SprachverfallSprachverfall werden in bunter Mischung Zitate und Beispiele präsentiert: kommunikationstechnologische Entwicklungen, zunehmender Gebrauch der neuen elektronischen aber auch extensive Nutzung der audiovisuellen Medien, das Vorherrschen von Piktogrammen und Formularvordrucken im alltäglichen Leben. Bemerkenswerterweise werden aber auch die Reformkonzepte des Deutschunterrichts und der BildungspolitikBildungspolitik der 70er Jahre in einem Atemzug für die vermeintlichen Verluste an Schriftsprachkultur verantwortlich gemacht.
Die öffentliche Verbreitung solcher subjektiven Meinungsäußerungen, die durch keinerlei wissenschaftliche Belege gestützt werden, erweist sich als mehrfach problematisch4Neuland, Eva:
Einerseits trägt sie zu einer vorschnellen und einseitigen bis hin zu sachlich falschen Meinungsbildung in der Öffentlichkeit bei mit dem Effekt, dass Veränderungen im Sprachgebrauch oft als Fehler, Mängel oder Defizite angesehen werden, während sie vom sprachwissenschaftlichen Standpunkt aus als übliche Prozesse von SprachwandelSprachwandel beschrieben werden. Die Linguistik bezeichnet solche Laienurteile über „SprachverfallSprachverfall“ als einen „Mythos“5Klein, Wolfgang und als „Mär vom Yeti“6Sieber, Peter/Sitta, HorstSitta, Horst.
Andererseits ist aber eine solche Berichterstattung problematisch im Hinblick auf die Folgerungen, die daraus gezogen werden. Diese zeigen sich vor allem im Bereich der BildungspolitikBildungspolitik, wenn etwa gefordert wird, dass im Deutschunterricht wieder mehr traditioneller Grammatikunterricht erteilt und klassische Literatur auswendig gelernt werden soll.
Diese Prozesse veranschaulicht das folgende Beispiel eines Pressekommentars der Tageszeitung: Die Welt aus dem Jahr 1986 über eine wissenschaftliche Konferenz, auf der eine Meinungsumfrage zu Thema: Veränderungen im heutigen Deutsch vorgestellt wurde.7Stickel, Gerhard/Volz, Norbert Meinungen über den Sprachgebrauch werden dabei vorschnell als Tatsachenfeststellungen ausgegeben und die Schuld am vermeintlichen „SprachverfallSprachverfall“ den Reformen des Deutschunterrichts zugeschrieben.
[…] Mehr als achtzig Prozent der Befragten sehen das Deutsche auf der Straße des Verfalls. Die Verschlampung der Sprachregeln, das Fachchinesisch der Experten, die Null-Bock- und Sprechblasensprache der Jugendlichen und die Überflutung mit Fremdwörtern werden meistens beklagt – und es ist kein Wunder, daß diese Erscheinungen den Älteren am meisten auffallen: sie haben in ihrer Jugend noch einen gründlichen, an der Hochsprache der Klassiker geschulten Deutschunterricht erhal- ten. […] Was man die gehobene, formvollendete Ausdrucksweise nennt, was in unse- ren Nachbarländern im Westen wie übrigens im Osten mit Recht Kultursprache heißt, das verhöhnen Linguisten und Didaktiker als „elaborierten Code“. Statt Grammatik und Goethe setzten sie den Kindern Bierdeckel und Plakate als Themen des Deutsch- unterrichts vor. Man muß sich nicht darüber wundern, daß dadurch Sprachwissen und Sprachbeherrschung für eine ganze Generation vergeudet und zerstört wurden. […]
(In: Die Welt, 15.03.1986: Sprachverfall, Kommentar von D. Guratzsch)
Eine andere Sicht auf die These von der Jugendsprache als Symptom für SprachverfallSprachverfall sowie für DialogunfähigkeitDialogunfähigkeit erschließt sich allerdings, wenn einige der damals tatsächlich stattgefundenen Gespräche zwischen Politikern und Jugendlichen mit den Mitteln der GesprächsanalyseGesprächsanalyse genauer untersucht werden. Die o.g. Publikation des Schriftstellers Peter RoosRoos, Peter von 1982 unter dem bezeichnenden Titel „Kaputte Gespräche“ dokumentiert ein solches Gespräch des damaligen Bundeskanzlers Schmidt mit einer Gruppe von Lehrlingen im Bundeskanzleramt. Roos hat dieses Gespräch nicht nur auszugsweise dokumentiert, sondern zugleich auch aus zeitgenössischer Sicht und stellvertretend für die Jugendlichen kommentiert. Dabei weist er auf, dass die Gründe für das Misslingen von Gesprächen nicht einseitig und verkürzt den Jugendlichen angelastet werden können, die sich mit ihren ZwischenrufenZwischenrufe aus der Sicht der Politiker und der von ihnen bestimmten Gesprächsführung nicht mehr an die Regeln halten.
Gesprächsanalytisch lässt sich zeigen, dass im Verlauf des politisch inszenierten Dialogs den Jugendlichen immer mehr die Rolle von Zwischenrufern zugewiesen wird. Die in den 80er Jahren vorgebrachte These von der vermeintlichen „DialogunfähigkeitDialogunfähigkeit“ von Jugendlichen kann zum großen Teil als eine vordergründige politische Taktik entlarvt werden, missliebige Meinungen und veränderte Sprachgewohnheiten Jugendlicher zu diskreditieren. Dass eine solche „Dialogunfähigkeit“ von Jugendlichen nicht generell gegeben ist, sondern vielmehr punktuell hergestellt wurde, dies zeigen andere „Dialoge“ mit der Jugend von Politikern, denen es besser gelungen ist, mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen.8
Fragen wir weiter nach Gründen für die durch die Intensität der öffentlichen Diskussion dokumentierte Anziehungskraft des Themas „Jugend“ und „Jugendsprache“ auf „erwachsene“ Vertreter älterer Generationen und für das damalige Vorherrschen kritischer Sichtweisen und Negativurteile, rücken neben dem gesellschaftspolitischen Rahmen des Spannungsverhältnisses zwischen den Generationen auch sozialpsychologische Aspekte der Identifikation und ProjektionProjektion in den Blick. So lässt sich zumindest ein Teil der Negativurteile der älteren Generationen aus dem Funktionieren jenes Projektionsmechanismus erklären, durch den die „ehemaligen“ Jugendlichen ihre eigene Lebensgeschichte mit ihren erfüllten und unerfüllten Erwartungen, Wünschen und Hoffnungen auf die heutigen Jugendlichen übertragen. Insofern machen die in der Öffentlichkeit als auch in vielen privaten Diskussionen vorgebrachten Argumente stets auch und vielleicht sogar eher Aussagen über die Diskutanten selbst.1Neuland, Eva
Dabei ist der Projektionsvorgang sicherlich nicht vordergründig allein so zu verstehen, dass die Erwachsenen in den Jugendlichen ihre eigenen Verhaltensweisen und Wertvorstellungen nur unzureichend verkörpert sehen, wie es eine sprachpflegerische These vom SprachverfallSprachverfall der heutigen Jugend nahelegen könnte. Eine nicht nur sprachliche Sittenlosigkeit – die „wir uns früher nie gewagt hätten“, um es an einem Alltagsargument zu verdeutlichen – kann daneben auch als Zeichen einer selbst nie gelebten Normübertretung oder Befreiung von gesellschaftlichen Konventionen gelten. Diese ist allenfalls ein Privileg der Jugend, das allerdings sogleich als Zeichen einer kindlichen Unreife wieder stigmatisiert wird.
Dies verdeutlicht auch das Beispiel jener Argumentationsrichtung aus den 80er Jahren, die den damaligen Jugendlichen nicht nur ein Abschirmen durch Wortsignale und Sprüche, sondern darüber hinaus auch eine Rationalitätsfeindlichkeit und Unlust zu argumentativer Auseinandersetzung, einen Mangel an analytischer Begrifflichkeit und theoretischer Abstraktionsfähigkeit vorhält. Diese Urteile können zumindest teilweise aus einem historischen Hintergrund erklärt werden: Sie resultieren vor allem aus einem Vergleich späterer Jugendsprachen mit der Schüler- und Studentensprache der „APO-Generation“, aus der Teile der so argumentierenden Eltern- und Lehrergeneration hervorgegangen sein mögen.2
In diesem Sinne begründet Klaus HolzkampHolzkamp, Klaus in seiner kulturpsychologischen Analyse dieses Spannungsverhältnis zwischen den GenerationenGeneration, das zum Teil auch Züge des Entwicklungsneids und der Jugendfeindlichkeit annehmen kann, mit einer Bedrohung des Abwehrsystems und der Lebensbewältigungsstrategien der durchschnittlich angepassten, kompromissgenötigten Erwachsenenexistenz in Form einer „Wiederkehr des Verdrängten“3 aus den verschütteten Alternativen des Kampfes um ein erfüllteres Leben“4Holzkamp, Klaus, wobei dieser Prozess dann wieder zu einer verstärkten Abwertung und Ausgrenzung der Jugendlichen führt.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass ein solches Motiv bei den periodisch wiederkehrenden und sich in der Argumentationsstruktur durchaus ähnelnden sprachkritischen Stimmen zur Jugendsprache in den verschiedenen historischen Epochen eine Rolle gespielt haben mag.
Daraus lässt sich schließen, dass die öffentlichen kritischen Diskurse über Jugendsprache durchaus nicht universell, sondern zeitdiagnostisch im Hinblick auf die jeweils vorherrschenden Normvorstellungen von Sprachgebrauch und Sozialverhalten zu analysieren sind. Spannungsverhältnisse zwischen den Generationen und darauf basierende ProjektionsprozesseProjektionsprozess setzen allerdings eine GenerationendifferenzGenerationendifferenz voraus, die für die 80er Jahre noch angenommen werden kann, die sich aber seitdem zunehmend zu verringern scheint.
Gegenüber der vorherrschenden Außensicht auf Jugendsprache als Objekt der SprachkritikSprachkritik soll aber auch ein Beispiel aus der damaligen öffentlichen Berichterstattung Erwähnung finden, das eine Innensicht der Jugendlichen selbst präsentiert. Und zwar verwenden diese die Jugendsprache als Mittel der Sprachkritik, vor allem als Kritik des Sprachgebrauchs von Politikern.
Dieses Beispiel stammt aus dem schulischen Kontext, und zwar aus der Beschäftigung einer Projektgruppe eines Bonner Gymnasiums mit dem Thema Jugendsprache.5 Die Schülerinnen und Schüler haben hier eine jugendsprachliche ÜbersetzungÜbersetzung einer Rede des damaligen Bundeskanzlers Kohl erarbeitet. Dabei ging es ihnen allerdings nicht um eine Wort-zu-Wort-Übersetzung; vielmehr macht ihr Textvergleich neben der Entlarvung von Phrasenhaftigkeit des politischen Sprachgebrauchspolitischer Sprachgebrauch auch auf die unterschiedlichen Erfahrungsbereiche und Sichtweisen zwischen den Generationen deutlich, und zwar sowohl in Form von Aussparungen als auch von Differenzierungen. Dazu ein Beispiel:
Originaltext Kohl
Jugendsprachliche Übersetzung
Unser Staat braucht die zupackende Mitarbeit der jungen Generation.
Das Antörnen der Teenies ist für unser Land eine echt coole Sache.
In diesem Jahr werden alle Jugendlichen, die ausbildungswillig und ausbildungsfähig sind, eine Lehrstelle erhalten können. […]
Auch wird jeder ne geile Azubistelle raffen können. […]
Wir müssen der jungen Generation Hoffnung geben.
Wir müssen es als Laberköpfe endlich raffen, eh, den langhaarigen Körnerfressern, Poppern, Punks, Schleimern, Schnallis, Tunten, Prolis und Alkis den Null-Bock auf Future zu nehmen.
Ein solches sprachkritisches und sprachspielerisches Potential der Jugendsprache wurde von der öffentlichen Kritik der damaligen Zeit völlig übersehen.
Schon in den 80er Jahren ist zunehmend eine Berichterstattung über Jugendsprache in der Presse zu bemerken, die nicht mehr ausschließlich von pädagogischer Besorgnis geprägt ist.
Mit der FAZ-Glosse: „Können Sie noch Deutsch?“ hatte die Tagespresse schon 1979 ihrer Leserschaft das „Disko-DeutschDisko-Deutsch“ präsentiert und zur Erleichterung des Verständnisses eine Version „Normal-Deutsch“ beigefügt. Ein Textauszug lautet:
Disko-DeutschDisko-Deutsch
Normal-Deutsch
[…] Ich Chaot hatte keine Matte mit, weil ich meinen Kaftan vergessen hatte, und sagte zu Peter, er solle mal ausklinken.
[…] Dummerweise hatte ich kein Geld dabei, weil ich mein Jackett vergessen hatte und bat Peter, er möchte für mich zahlen.
In dem Schuppen zogen ein paar People schon eine heiße Show ab.
In dem Lokal sorgten einige Leute gehörig für Stimmung.
Wir machten eine kurze Fleischbeschauung und Peter machte sich sofort daran, eine riesige Tussi anzugraben.
Wir sahen uns etwas um, und Peter begann sofort mit einem hübschen Mädchen zu flirten.
Die war echt einsam, aber ich hatte einfach keinen Schlag bei ihr. […]
Sie war wirklich ausnehmend schön, aber ich hatte keine Chance bei ihr. […]
Bekannt wurde Elke Heidenreichs Hörfunk-Sketch in der NDRII-Sendung „Espresso“ von Dezember 1983 über eine briefliche Verabredung zwischen dem Enkel Harry und seiner Oma zum bevorstehenden Weihnachtsfest, von der ein Auszug vorgestellt sei:
Liebe Oma, Stollen, Baum, Gänsebraten (würg!), die ganze alte Bürgerscheiße, Du bist doch total out, bei Dir läuft der falsche Film, Oma! Aber gut, komme also am vierundzwanzigsten, und bringe Pinky, Zomby, Schleimi und Fuzzy mit, haben alle Schlafsäcke, mach also null Extra-action! Die Fete ist dann zwar übermackert, aber vielleicht reißen wir irgendwo noch Bräute auf – sonst bist Du ja da – Oma, du bist echt geil! Wir werden Weihnachten tierisch abheben. […]
(Heidenreich 1983)
VerständigungsproblemeVerständigungsprobleme zwischen den Generationen konstruierte auch der Karikaturist Fritz Wolf in seinen damaligen in der Illustrierten „SternStern, Clara u. William“ abgedruckten Comics. Dieses Argument, hier noch karikiert, lebt seitdem in den Medien immer wieder einmal auf. Ein jüngstes Beispiel liefern Berliner Kurier und Berliner Morgenpost vom 13. 7. 2008.
Unter dem Titel „Verstehen Sie Ihre Kinder noch?“ präsentierte die BILD-Zeitung vom 2. Mai 2000 das „Szene-Deutsch für Anfänger“ als „Thema des Tages“. Einem „Kiddie-Text“ wird eine ÜbersetzungÜbersetzung in „normales Deutsch“ gegenübergestellt, wie es das folgende Beispiel des Textanfangs demonstriert:
Verstehen Sie Ihre Kinder noch? Szene-Deutsch für Anfänger
Kiddie-Text – die ÜbersetzungÜbersetzung
Mark ist immer auf dem Sprung.
Mark ist viel unterwegs.
Nach der Schule cruised er mit dem Board zum nächsten Hangout, wo die Locals in der Halfpipe ihre Jumps durchziehen.
Nach der Schule fährt er mit seinem Skateboard an den nächsten Treffpunkt, wo seine Freunde aus der Nachbarschaft an einer Schanze ihre Tricks üben.
Wer sich beim Grinden mault, gilt bei den Cracks als Looser und wird zum DissenDissen freigegeben. […]
Wer bei den Übungen hinfällt, gilt unter den Könnern als Verlierer und wird zum Spott freigegeben. […]
Durch die mediale Entdeckung der Jugendsprache in den frühen 80er Jahren wird das Phänomen zugleich selbst medial gestaltet und stilisiert1Neuland, EvaDoing Youth und zum Aufbau und zur Steuerung verschiedener gesellschaftlicher Diskurse genutzt.
Je nach Verwendungszweck gibt „Jugendsprache“:
als Sprachnormverstoß Anlass zur Kritik, Klage und Empörung,
als Sprachverfremdung Anlass zur pädagogischen Besorgnis,
als Sprachkarikatur Anlass zu Belustigung und Amüsement.2
Die angeführten Beispiele aus den 80er Jahren folgen dieser Entwicklungstendenz von der Empörung zur Belustigung und zum Amüsement.
Schneller, als es die sich gerade erst entwickelnde linguistische Jugendsprachforschung ermöglichte, befriedigten populärwissenschaftliche Veröffentlichungen das öffentliche Informationsbedürfnis. Dies bestätigt ein Blick auf den sprunghaft expandierenden Markt der WörterbücherWörterbücher, die gleichsam als „Schlüssel für die Szene“ fungierten. Die hohen Verkaufszahlen sprechen dafür, dass hier eine Nachfrage erkannt, durch die attraktiv aufgemachten Angebote aber zweifellos auch verstärkt wurde.
Die 1983 erschienenen „Sprache und Sprüche der Jugendszene“: „Laß uns mal ’ne Schnecke angraben“ des Psychotherapeuten Claus Peter Müller-Thurau standen monatelang auf Platz 1 der Beststeller-Liste. Laut Klappentext können Eltern lernen:
Was bedeutet „knacken“, „ömmeln“, „abschnallen“ oder „Bock haben“? Was ist mit „Haste Bock auf ’ne Mafia-Torte?“ oder mit „Die Tussi törnt mich mächtig an“ gemeint“?
1985 folgte sein „Lexikon zur Jugendsprache“:
Titelbild Lexikon
„In diesem endgültigen, umfassendsten, witzigsten und aktuellsten Buch zur Sprache der Jugend finden Eltern, Erzieher und Ausbilder alles, was sie wissen müssen, um ihre heranwachsenden Chippies, Fuzzies, Grünis, Mufties, Müslis, Muttis, Popper, Prolos, Punks, Sahneschnitten, Schlaffies, Schnecken, Skinheads, Spontis, Teds und Teenie-Bopper zu verstehen“.
(Klappentext Müller-Thurau 1985)
Diese Lektionen lernten anscheinend Journalisten und Karikaturisten besonders schnell. Das KonstruktionsprinzipKonstruktionsprinzip der „jugendsprachlichen Textversionen“ und der „VerständigungsproblemeVerständigungsprobleme zwischen den Generationen“ ist leicht durchschaubar: die WörterbücherWörterbücher der Jugendsprache haben bei diesen ÜbersetzungenÜbersetzung ausgeholfen.
Weitere Wörterbücher der 80er Jahre haben sich auf Ausschnitte der Jugendsprache konzentriert wie WandsprücheWandsprüche, Schüler- und SzeneSzene-Sprache, oft mit dem Zusatz „das Letzte aus der Szene“ und stets „die neuen Sprüche“.
Was an deutschen Wänden steht (Gamber 1983)
Do you speak Sponti – das Letzte aus der Scene (Gamber u.a. 1984)
Von Anmache bis Zoff. Ein Wörterbuch der Szene-Sprache (HoppeHoppe, Almut u.a.1984)
Angesagt: Scene-Deutsch. Ein WörterbuchWörterbücher (Rittendorf u.a. 1984). In den 90er Jahren folgen u.a.:
Affengeil. Ein Lexikon der Jugendsprache (EhmannEhmann, Hermann1992)
Oberaffengeil. Neues Lexikon der Jugendsprache (EhmannEhmann, Hermann1996)
Duden. Wörterbuch der Szenensprache (2000)
Voll konkret. Das neueste Lexikon der Jugendsprache (EhmannEhmann, Hermann2001)
Leet & leiwand: das Lexikon der Jugendsprache (Sedlaczek 2006).
Bei diesem Markt der WörterbücherWörterbücher handelt es sich um Publikationen ohne wissenschaftlichen Anspruch, aber auch ohne wissenschaftlich gesicherte Aussagekraft, was die Auswahl der Lexeme und die Bedeutungszuschreibungen betrifft. Dieser Typ von Publikationen trägt entschieden zur Vermarktung von „Jugendsprache“ bei, und zwar durchaus profitabel für die Produzenten: Der Trend hält bis in die heutige Zeit an, z. T. mit immer aufwändigeren Publikationen wie das Techno-Lexikon (1998) oder das Graffiti-Lexikon (1998).1
Den bisherigen Höhepunkt stellt aber zweifellos das DUDEN-Wörterbuch der Szenesprachen aus dem Jahr 2000 dar, das sich in Inhalt und Aufmachung in die Tradition der populärwissenschaftlichen WörterbücherWörterbücher der Jugend- und Szenesprachen einreiht. Herausgegeben ist diese Publikation von einem „Trendbüro in Zusammenarbeit mit der Dudenredaktion“. Ein Großteil der verzeichneten Ausdrücke scheinen Augenblicksbildungen, Einzelfallbeispiele oder schlicht Erfindungen der Autoren, was durch befragte Jugendliche bestätigt wird, denen viele der aufgeführten Ausdrücke unbekannt sind. Jugendliche durchschauen diese Vermarktungsstrategie sehr wohl, wie die folgende Äußerung belegt:
„Es gibt Leute, die glauben, Szenesprache müsse man nur nachplappern, um ‚cool‘ zu sein und an die jugendliche Zielgruppe ranzukommen – als Lehrer, Sozialarbeiter oder Werbe-Mensch. Solche Leute haben in ihrer Jugend noch ‚megaaffengeil‘ gesagt, und man nennt sie Poser (…), denn die Poser, die dieses Nachschlagewerk vor allem benutzen werden, wollen ja nur bei passender Gelegenheit die eine oder andere auswendig gelernte Vokabel in den Raum schmeißen.“
(Kommentar einer Jugendlichen zum Duden-Wörterbuch der Szenesprachen im Remscheider Generalanzeiger vom 03.05.2000, S. 20)2Neuland, Eva
Seit 2008 hat der Langenscheidt-Verlag die Aktion: Jugendwort des JahresJugendwort des Jahres ins Leben gerufen. Per Internet werden Vorschläge gesammelt, letztlich entscheidet eine Jury unüberprüfbar nach Ermessenskriterien. 2008 landete der Ausdruck: Gammelfleischparty auf dem ersten Platz, in den letzten Jahren lauteten die Sieger: Yolo, Babo, Läuft bei dir?, Smombie, fly sein. I bims wurde als Jugendwort des Jahres 2017 angegeben. Die vermeintlichen Vorzüge dieses Verfahrens, u.a. freie Zuschriften über das Internet, transparenter Auswahlprozess, erwiesen sich jedoch als geschickte Marketing-Strategie für die jährlich erscheinende Langenscheidt-Broschüre: 100 Prozent Jugendsprache. Das Buch zum Jugendwort des Jahres. In die engere Wahl genommene Ausdrücke wie: hartzen und guttenbergen, aber auch Komposita wie: Gammelfleischparty, Niveaulimbo und Arschfax scheinen eher Konstruktionen aus der Feder professioneller „Trendbüros“. Die reklamierte Authentizität ist angesichts der Anonymität der Zuschriften und in Ermangelung von Gebrauchserhebungen zurückzuweisen. Jugendsprache als Konsumgut bleibt anscheinend aktuell.
Als Jugendwort des Jahres wurde 2017 die Formulierung I bims aus der sog. „Vongsprache“ ausgegeben3. Für einen peinlichen Öffentlichkeitsauftritt sorgte der Autohersteller Mercedes-Benz im Sommer 2017 mit dem Werbeslogan „I bims fancy S-Klasse“ für eine Luxuslimousine im Wert von fast 85.000.- Euro. Die öffentlichen Reaktionen reichten von Verwirrung bis zu einem Shitstorm in den sozialen Medien.
Indessen hat sich der Werbetrend mit konstruierten Beispielen der „Vongsprache“ fortgesetzt (u.a. bei Vodaphone und der Sparkasse) und selbst vor dem DUDEN nicht haltgemacht (Slogan: „Man muss immer auf korrekte Rechtschreibung 8en. Vong Grammatik her.“).
Inzwischen wurden eine Holyge Bimbel. Storys vong Gott u s1 crew sowie eine Faust-Ausgabe herausgebracht (I bims Faust) und die Formel: I bims x vong y her hat den Status eines geflügelten Wortes eingenommen – aber eben nur als Werbeslogan.
Die Brennpunkte der aktuellen SprachkritikSprachkritik sind wiederum zeitdiagnostisch aufschlussreich im Hinblick auf die Analyse von heute vorherrschenden Vorstellungen von Sprachgebrauch und Sozialverhalten. Jugendliche und ihre Eltern unterscheiden sich heute – im Unterschied zu der „skeptischen“ und der „antiautoritären“ Nachkriegsgeneration – kaum mehr in Kleidung, Freizeitvorlieben und Lebensstil, und auch der Sprachstil von Erwachsenen ist heute informeller als früher geworden. Im Unterschied zu der Großelterngeneration sind die meisten Eltern heute nicht mehr so schockiert über „unanständige Ausdrücke“ wie frühere Generationen. Im Zuge sozialer und kultureller Entgrenzungen sind Grenzüberschreitungen, auch verbale, heute zumindest seltener als früher geworden.
Dennoch bleiben im medialen Diskurs hauptsächlich die folgenden 4 Brennpunkte der aktuellen Kritik am Sprachgebrauch von Jugendlichen.1
Jugendsprache als FäkalspracheFäkalsprache
Der Vorwurf der „unanständigen“ Ausdrücke von Jugendlichen wurde schon in früheren Phasen der Sprachgeschichte erhoben. Und auch aktuell erregen Fäkal- und Sexualausdrücke (z.B. fick dich, Wichser) öffentliche Missbilligungen. Ob solche Ausdrücke tatsächlich von Jugendlichen häufiger als von Erwachsenen verwendet werden, ist wissenschaftlich nicht belegt. Vielmehr hat die Jugendsprachforschung inzwischen nachgewiesen, dass solche Ausdrucksweisen in der intragruppalen Jugendkommunikation überwiegend nicht in beleidigender provozierender, vielmehr oft auch in scherzhafter Absicht verwendet werden.2 In jugendtypischer Hinsicht werden die Bedeutungen gegenüber der Standardsprache oft erweitert, wie das Beispiel des Ausdrucks geil als positive Wertungsbezeichnung zeigt.
Jugendsprache als ComicspracheComicsprache
Es ist ein weitverbreitetes Vorurteil, dass Jugendliche sich nur noch in einer Art „,LallwörterLallwörter“-Kommunikation ausdrücken, keine Grammatik mehr beherrschen und kein SprachgefühlSprachgefühl mehr besitzen würden. Die moderne Variante dieser These bezieht sich auf den medientypischen Sprachgebrauch des sog. „Simsens“ und „Chattens“ mit seinen AbkürzungenAbkürzungen (z.B. cu für see you, lol für laughing out loud), InflektivkonstruktionenInflektivkonstruktion (grins, heul, freu) und nicht normgerechten Schreibweisen (froi, 4u) und führt zu der Befürchtung, dass sich ein solcher Sprachgebrauch allgemein bei Jugendlichen einbürgern könne. Abgesehen davon, dass der witzige Effekt gerade den medialen Kontext voraussetzt, findet diese Befürchtung keine wissenschaftliche Bestätigung.3Dürscheid, Christa
Jugendsprache als Denglisch
Die öffentliche Kritik an einem Übermaß an EntlehnungenEntlehnungen aus Fremdsprachen ist ebenfalls aus der Sprachgeschichte bekannt. Im 18. Jahrhundert nahm es die Form einer Kritik an Entlehnungen aus dem Französischen an. Damals lautete der Vorwurf „Petitmätereipetits maîtres, Petitmäterei“.4 Heute wird, vor allem in der medialen Berichterstattung, die Furcht vor „Denglisch“„Denglisch“, einer deutsch-englischen SprachmischungSprachmischung, geschürt, die als Hauptursache eines vermeintlichen „SprachverfallsSprachverfall“ des Deutschen angesehen wird. So lamentiert die Zeitung „Sprachnachrichten“ des Vereins für deutsche Sprache:
Ein alltägliches Ausnahmeerlebnis: Dönerbude oder Kassenschlange im Supermarkt. Deutsche, türkische und aus Rußland stammende Jugendliche reden miteinander. Ihr gesprochenes Deutsch ist fehlerhaft. Grammatik, LexikLexik und Aussprache weichen ganz erheblich von den anerkannten Regeln ab. Zunächst möchte der Zuhörer gern glauben, Zeuge einer sprachlichen Spielerei zu sein, doch lässt sich diese Illusion nur kurze Zeit aufrechterhalten. Nach einigen Minuten ist die Erkenntnis nicht mehr zu unterdrücken: Diese jungen Menschen können kein Deutsch. […]
(In: VDS Sprachnachrichten 1/2008, S. 1. von R. Pogarell)
Jugendsprache als KanakspracheKanaksprache, Kanak-Sprak
Die Sorge vor fremdsprachlichen Elementen in der deutschen Sprache war in der Geschichte des SprachpurismusSprachpurismus schon immer ein Spiegel der Furcht vor „Überfremdung“, die auch in Zeiten einer zunehmenden multikulturellen Zusammensetzung der heutigen Gesellschaft fortlebt. Die Kritik an SprachmischungenSprachmischung wird aktuell zugespitzt mit dem Terminus „KanakspracheKanaksprache, Kanak-Sprak“ ausgedrückt. Damit ist die Befürchtung gemeint, dass sich nun auch deutsche Jugendliche nur noch in einer Mischung von Deutsch und Türkisch oder auch in einer Mischung von Deutsch und Russisch verständigen würden. So folgerte bereits die Süddeutsche Zeitung am 20.03.2007:
Yalla, lan! Bin ich Kino? Heute verändern Arabisch, Russisch oder Türkisch die UmgangsspracheUmgangssprache der Jugendlichen stärker als alle AnglizismenAnglizismus/Anglizismen.
Tatsächlich lassen sich in Untersuchungen des Sprachgebrauchs Jugendlicher Wendungen wie hadi tschüss (Neuland/Schubert/Steffin 2007) als VerabschiedungsformelVerabschiedungsformeln oder lan als AnredeformAnredeformen entdecken. Sie lassen sich als Sprachkontaktphänomene aus den multilingualen Zusammensetzungen von Schulklassen in Deutschland erklären. Ausdrucksweisen wie: ich geh Kino, die wegen der fehlenden Präposition als typisch für KanakspracheKanaksprache, Kanak-Sprak oder KiezdeutschKiezdeutsch angesehen werden,5 offenbaren jedoch nicht unbedingt Defizite in der Beherrschung der Grammatik der deutschen Sprache. Vielmehr können sie auch bewusst als AnspielungenAnspielung auf ein solches Klischee funktionieren und machen in jedem Fall eine genaue Kontextanalyse erforderlich.
Jugendliche Sprach- und Lebensstile bilden Projektionsflächen für diese und weitere Kritikpunkte und Besorgnisse. Kontrastiert man die medial vermittelten öffentlichen Kritikpunkte an der Jugendsprache mit Ergebnissen sprachwissenschaftlicher Forschung, so können nahezu alle Kritikpunkte relativiert oder widerlegt werden. Deshalb liegt die Schlussfolgerung nahe, dass sich diese Kritik gar nicht auf den tatsächlichen Sprachgebrauch Jugendlicher richtet, sondern dass sie sich vielmehr auf die in den Medien selbst präsentierte „Jugendsprache“ bezieht. Im Brennpunkt der öffentlichen SprachkritikSprachkritik steht weniger der authentische Sprachgebrauch der Jugendlichen als die medial konstruierte „Jugendsprache“. Insofern ergibt sich geradezu ein circulus vitiosus: In den Medien wird genau das kritisiert, was zuvor selbst erzeugt wurde.
Eine nochmals andere Perspektive ergibt sich für das Verhältnis zwischen den Generationen mit der ökonomisch geprägten These vom: „Kampf der Generationen“. Sie besagt, dass im Zug der Verschiebung der Altersstruktur der Gesellschaft die Arbeitskraft der jüngeren Generationen künftig für die Sicherung der Renten der älteren Generationen nicht mehr hinreiche.
Jung gegen Alt? (Focus 23/1996)
Während sich volkswirtschaftlich gesehen die Kluft zwischen den GenerationenGeneration vergrößern mag, ist kultursoziologisch eine gegenläufige Tendenz einer Annäherung der Generationen in modernen westlichen Gesellschaften unverkennbar. Dabei spielen neue, werbewirksam vermarktete GenerationsbilderGenerationsbild, v.a. der „jungen Alten“ eine entscheidende Rolle:
Was heißt hier alt? (Focus 51/2007)
JugendlichkeitJugendlichkeit als Prestigephänomen führt zu neuen Lebensstilen einer vita activa mit neuen Teilhabe- und Konsummöglichkeiten, und die Angleichungen im Konsum (Mode, Sport, Hobbies , HabitusHabitus) führen zu einem Schwinden der kulturellen Generationsdifferenz, die die soziale Ungleichheit gleichwohl unangetastet lässt.1Neuland, Eva
Das Thema Jugendsprache ist von seiner medialen Vermarktung nicht zu trennen. Diese Feststellung wurde schon zu Beginn der linguistischen Jugendsprachforschung getroffen: Eine der ersten großen empirischen Studien zur Jugendsprache trägt zu Recht den Untertitel: FiktionFiktion und Wirklichkeit.1Schlobinski, Peter/Kohl, Gaby/Ludewigt, Irmgard Die Abwehr gegen den „Mythos“ von der ‚Jugendsprache‘ prägt seitdem die linguistische Jugendsprachforschung bis heute. Der linguistische Forschungsgegenstand Jugendsprache und das öffentliche Diskussionsthema: „Jugendsprache“ sind nicht deckungsgleich, und öffentlich zugeschriebene und wissenschaftlich belegte Eigenschaften sind wohl zu unterscheiden. Dies soll in der folgenden Abbildung vereinfacht dargestellt werden:
Doing YouthDoing Youth: Jugendsprache zwischen FiktionFiktion und Wirklichkeit
Das mediale Konstrukt „Jugendsprache“ entsteht in einem Prozess des „Doing YouthDoing Youth“2Neuland, Eva aus medialer Vermittlung, StereotypisierungStereotypisierung und KommerzialisierungKommerzialisierung, der Jugend und Jugendsprache zu Gunsten wirtschaftlicher und politischer Interessen funktionalisiert. Zugleich trägt der Prozess des „Doing Youth“ in der Öffentlichkeit zu einer Perspektivenverengung bei, die in Form bestimmter gesellschaftlicher Erwartungen auf die wissenschaftliche Forschung zurückwirkt, z.B. in Form der journalistischen Erwartung, jeweils die neuesten „In- und Out-Hitlisten“ zu liefern.
Die linguistische Jugendsprachforschung kann dazu beitragen, solche Klischees zu dekonstruieren und damit zugleich einer Reduktion der Perspektivenvielfalt des Themas Jugendsprache entgegenzuwirken. Ihre bisherige Entwicklung demonstriert hingegen einen wissenschaftlichen Perspektivenreichtum in linguistischer wie auch interdisziplinärer Hinsicht mit Bezügen zu Sprachgeschichte und SprachwandelSprachwandel, zu SprachnormSprachnorm und SprachvariationSprachvariation, zu Gruppen- und FachsprachenFachsprache, fachsprachlich, zu Kommunikationsforschung und Stilistik, zu SprachsozialisationSprachsozialisation und Sprachunterricht. Neben der empirischen Erforschung des Sprachgebrauchs Jugendlicher bilden aber eben auch die gesellschaftlichen Konstruktionsprozesse einen Gegenstand kulturanalytischerkulturanalytisch und sprachkritischer Forschung. Insofern kann Jugendsprachforschung auch einen Beitrag zur wissenschaftlichen Öffentlichkeits- und Vermittlungsarbeit und zur Sensibilisierung des öffentlichen SprachbewusstseinsSprachbewusstsein für Sprachvielfalt und Sprachveränderung leisten.
In diesem Kapitel soll nun die Frage verfolgt werden, wie das Thema Jugendsprache Eingang in die linguistische Sprachforschung in Deutschland fand.
Noch Anfang der 80er Jahre zog ein bekannter Vertreter der germanistischen Sprachwissenschaft das Resümee, dass es eine „linguistische Jugendsprachforschung nicht gibt“1Henne, Helmut. Der Vortrag von Helmut Henne: Jugendsprache und Jugendgespräche aus dem Jahre 1980 öffnete gleichsam eine wissenschaftliche Eingangstüre für dieses Thema, dem im selben Jahr noch einige kleinere Beiträge gewidmet wurden.2Bättig, MichaelSchleuning, Peter Zwischen 1980 und 2016, dem Jahr der jüngsten internationalen Fachkonferenz zum Thema Jugendsprache, liegt eine Spanne von knapp 40 Jahren. Die linguistische Jugendsprachforschung hat in dieser Zeit in Deutschland und im europäischen sowie außereuropäischen Ausland eine lebhafte Entwicklungsgeschichte und einen außerordentlichen Aufschwung zu verzeichnen.
Verfolgen wir zunächst aus fachgeschichtlicher Sicht die frühen Erkenntnisinteressen und Fragestellungen sowie die theoretischen und methodischen Probleme zu Beginn der linguistischen Jugendsprachforschung.
Während in den Vorläufern der linguistischen Jugendsprachforschung, der Tradition der Sondersprachforschung und der SprachkritikSprachkritik und SprachpflegeSprachpflege1Sprachentwicklungsforschung, die GemeinspracheGemeinsprache bzw. Hochsprache und ihre Entwicklung im Vordergrund des Interesses standen, wurde die Jugendsprache erst mit Beginn der linguistischen Jugendsprachforschung zum Erkenntnisobjekt eigenen Rechts.
„Spricht die Jugend eine eigene Sprache?“ so lautete die 1982 gestellte Preisfrage der Deutschen Akademie für Sprache und DichtungDeutsche Akademie für Sprache und Dichtung, die eine Fülle von Einsendungen von Sprachwissenschaftlern, Schriftstellern und Jugendlichen selbst auslöste.2Pörksen, Uwe/Weber, HeinzWeber, Heinz Die hier behandelten Fragestellungen betrafen vor allem Gründe und Erscheinungsweisen sowie mögliche Einflüsse und Auswirkungen des Sprachgebrauchs Jugendlicher.
Die Frage nach der Generationsspezifik des Sprachgebrauchs Jugendlicher weist die linguistische Jugendsprachforschung der Teildisziplin der SoziolinguistikSoziolinguistik zu, die sich mit den sozialen und kulturellen Bedingungen des Sprachgebrauchs, mit Sprache im sozialen Kontext und mit dem Zusammenhang von Sprache und sozialer Erfahrung beschäftigt. Das Themenheft der Zeitschrift OBST von 1980, das einige der ersten Beiträge zur Jugendsprache in Deutschland enthielt, trug denn auch den Titel: Sprache und soziale Erfahrung.
Linguistische Fragestellungen im engeren Sinne bezogen sich – in Weiterführung der sondersprachlichen Forschungstraditionen – zunächst auf lexikologischlexikologisch-lexikographischelexikographisch Betrachtungen des Wortschatzes Jugendlicher sowie auf neuere pragmalinguistische Forschungsaspekte, wie z.B. BegrüßungsformelnBegrüßungsformeln und GesprächspartikelGesprächspartikel. Der Einbezug von Fragen nach der Wortbedeutung und der WortbildungWortbildung lag nahe, ebenso wie die Ausdehnung auf die PhraseologiePhraseologie. Fragen nach Stilmerkmalen und Stiltendenzen der Jugendsprache traten bald hinzu.
Neben den zentralen soziolinguistischen Erkenntnisinteressen wurden auch sprachpädagogischeInteressensprachpädagogische Interessen geltend gemacht, veranlasst durch die Meinungen über die Jugendsprache als Symptom für SprachverfallSprachverfall und die kritische Sicht auf die Sprachleistungen Jugendlicher. So wurden auf der Tagung der evangelischen Akademie Loccum: Sprüche – Sprachen – SprachlosigkeitSprachlosigkeit?3Ermert, Karl besonders die Folgen subkultureller Formen von Jugendsprache im Hinblick auf Bildung und Erziehung diskutiert. Der Zusammenhang von Sprachgebrauch Jugendlicher und schulischen Sprachleistungen ist für die weitere Entwicklung der Jugendsprachforschung in Deutschland ein wichtiges Moment geblieben.
Von einer systematischen sprachwissenschaftlichen Bearbeitung solcher Fragestellungen war man allerdings zu Beginn der 80er Jahre noch recht weit entfernt, was mit den nicht unerheblichen theoretischen und methodischen Forschungsschwierigkeiten zusammenhing. Eines der wichtigsten Probleme stellte sich bereits mit der Quellenlage: Die wenigen Belege für sprachwissenschaftliche Analysen verdankten sich hauptsächlich den mehr oder minder anekdotischen „Insider-Beobachtungen“1Bättig, MichaelSchleuning, PeterBehrendt, Walter u.a., mit denen „ehemalige“ Jugendliche auch ihre persönliche Sprachgeschichte aufarbeiteten. Die nicht oder auch nicht mehr in jugendliche Lebenswelten und Kommunikationspraxen integrierten Autoren standen als „Outsider“ bzw. Angehörige „fremder Welten“ alsbald vor ihnen unerklärlichen Sprachphänomenen.2Henne, Helmut
Die Notwendigkeit einer authentischen Datenbasis sowie der unumgängliche Rückgriff auf interpretatives FremdverstehenFremdverstehen erweisen sich als grundlegendes Problem der Jugendsprachforschung. Einen eher fragwürdigen Ausblick bieten kontextisolierte Einzelfallbeispiele3 oder textsortenspezifisch konstruierte Einzelfälle, die sich aus autobiographischen Erfahrungen speisen. Ein Beispiel liefert die folgende „fiktive Rede“ von SchleuningSchleuning, Peter:
„Also, ich kann mich echt aufregen, wenn ich die Typen bei mir in der WG sehe. Immer wenn ich heim komm, läuft der gleiche Film ab, echt der gleiche Scheiß irgendwie. Wenn ich da schon reinkomm und nur den Spasti von Heinz seh. Da bin ich schon bedient. Der hat nur eins drauf, wenn er mich sieht: Die große Anmache wegen irgendwas. Echt motzig ist der, von Morgen bis Abend. Wenn ich das schon hör, bin ich total gestresst. Und dann die Bärbel, die ist auch das Letzte. Sagt sie so ganz link zu mir: Wir haben schon gegessen! Du, das find ich so unheimlich beknackt, das törnt mich so ab, der totale Horror. Solche Schoten bringt die am laufenden Band, aber voll,da bin ich schon so gefrustet. Ich scheck das echt nicht, wie man so reden kann.“
(SchleuningSchleuning, Peter1980, S. 9)
„Jugendsprache – was ist das eigentlich?“4Volmert, Johannes Um eine theoretische Klärung dieses Begriffs hat sich auch die moderne Jugendsprachforschung nicht explizit bemüht. Der Rückgriff auf sprachliche Äußerungen von Schülerinnen und Schülern, von Studentinnen und Studenten schien eine ausreichende Selbstevidenz zu sichern. Dies sollte sich allerdings im Zuge der Etablierung der Jugendsprachforschung ändern. Sollen jugendliche Ausdrucksweisen nicht nur in ihrer sprachlichen Erscheinungsweise beschrieben, sondern in ihrer möglichen alters-, generations- oder auch (sub)kulturtypischen Funktionsweise im sozialen Kontext analysiert werden, so stellt sich die Klärung der Begriffe von Jugend und Jugendsprache als vordringliches Problem.5
Zu Beginn der modernen Jugendsprachforschung wurde von Helmut Henne die sozialpsychologische Kategorie des IdentitätserwerbsIdentitätserwerb im Jugendalter eingeführt und der Jugendsprache eine wesentliche Funktion der „SprachprofilierungSprachprofilierung“6Henne, HelmutWeber, HeinzPörksen, Uwe/Weber, Heinz beigemessen. Dieser sprachfunktionale Aspekt hat sich für die weitere Entwicklung für die Jugendsprachforschung als sehr bedeutsam erwiesen, jedoch bedarf er zugleich weiterer Differenzierungen und empirischer Belegführungen, vor allem im Hinblick auf eine Verbindung von individual- bzw. gruppenpsychologischen Sichtweisen mit den soziologischen Aspekten der Stellung der Jugend und ihrer unterschiedlichen sozialen Herkunftsoziale Herkunftswelten innerhalb der Gesellschaft.
Die unzureichende soziale DifferenzierungDifferenzierung der Jugend und der Jugendsprache wurde mit den bekannten Thesen von GloyGloy, Klaus u.a. im Jahr 1985 wie folgt kritisiert:
„Es gibt nicht die (eine) Jugendsprache, weil es nicht die Jugend als homogene GruppeGruppe gibt. […]
Es gibt nicht die Jugendsprache (im Gegensatz zur Erwachsenensprache) […]
Es gibt nicht die Jugendsprache, sondern das Sprechen von Jugendlichen.“7Gloy, Klaus
Dieses oft zitierte Fazit, das als Kritik an der anfänglich vorherrschenden Homogenitätsannahme der Jugend und ihrer Sprache zu verstehen ist, kann jedoch keinesfalls als Entlastungsargument für unterbliebene theoretische Klärungen des jeweiligen Forschungsgegenstands dienen, wie es zu weiten Teilen der frühen Jugendsprachforschung charakteristisch war.
Allerdings weisen neuere Beiträge zur Jugendsprachforschung kaum explizite Auseinandersetzungen mit dem Begriff Jugend auf. Während ethnographische Einzelfallstudien überwiegend ganz auf solche theoretischen Reflexionen verzichten, finden sich seit SchlobinskisSchlobinski, Peter These vom „Mythos Jugendsprache“8Schlobinski, PeterJanuschek, Franz eher ausführliche Auseinandersetzungen mit dem Aspekt von Jugendsprache als Medienprodukt und mithin mit einer fiktiven Jugendsprache. Die aktuelle Jugendsprachforschung hat sich deutlich von der Annahme HomogenitätHomogenität der Jugend verabschiedet, allerdings ohne dies mit weiteren gesellschaftsanalytischen Differenzierungen zu verbinden. Die Heterogenitätsannahme ist seitdem nicht mehr hintergehbar. Trotzdem bleibt die theoretische Klärung des Status des jeweils untersuchten SprecherInnen/SchreiberInengruppe und somit auch des genuinen Gegenstandfelds der linguistischen Jugendsprachforschung bis heute ein Desiderat.
Eine kurze Rückbesinnung auf gegenstandsgeschichtliche und fachgeschichtliche Stationen kann sich auch in dieser Hinsicht als hilfreich erweisen. An dieser Stelle seien drei Vorläufer der modernen Jugendsprachforschung skizziert, die sich unterschiedlichen disziplinären Traditionen und Fachverständnissen verdanken.
„Jugendsprache“ ist kein Phänomen der Neuzeit. Auch zu früheren Zeiten haben Jugendliche einen ihnen eigenen Sprachstil ausgebildet, der sich von dem in der Gesellschaft vorherrschenden und von der älteren GenerationGeneration verwendeten in bedeutsamer Weise unterschied.
Es ist allerdings bemerkenswert, dass die Sondersprachforschung auch in ihrer Blütezeit bis in das 20. Jahrhundert hinein den Begriff „Jugendsprache“ nicht verwendete. Vielmehr wurde von der Studentensprache und von der Sprache der akademischen Jugend, später dann auch von der SchülerspracheSchülersprache gesprochen. So wie andere Sondergruppen von Ständen und Berufen interessierte die Gruppe der jungen Akademiker durch ihre von der GemeinspracheGemeinsprache unterschiedlichen vor allem lexikalischen Ausdrucksmittel. Diese wiederum wurden eher unter dem Aspekt der innovativen Auswirkung auf die Gemeinsprache und weniger unter dem Aspekt ihrer möglichen Bedeutungen für die sprachspezifische Lebensphase befragt.
Die aufschlussreiche Systematisierung der SondersprachenSonderspracheSondersprachenforschung von Ferdinand HirtHirt, Ferdinand (1909) misst der Sondersprache der Studenten als „Sprache einer bestimmten Altersklasse und zugleich eines bestimmten Standes“1Hirt, FerdinandHenne, Helmut eine besondere Gewichtung bei. Dennoch überlagert der ständische Aspekt den generationsspezifischen nahezu vollkommen, wobei dieser wiederum dem sprachgeschichtlich-etymologischenetymologisch Forschungsinteresse der Sondersprachforschung untergeordnet wurde (s. Abb. II.2.1).
Unser Wissen über die historische deutsche StudentenspracheStudentensprache verdanken wir der fast zweihundertjährigen Tradition von historischen WörterbüchernWörterbücher und Dokumentationen der Studentensprache vor Beginn ihrer wissenschaftlichen Erforschung.2Henne, Helmut/Objartel, Georg Sie geben Aufschluss über den Sprachgebrauch und Lebensstil der akademischen, männlichen Jugend und ihrer zentralen Erfahrungsbereiche und sozialen Wertungen. Gleichwohl sind schon Anzeichen regionaler und gruppenspezifischer sprachlicher HeterogenitätHeterogenität in burschikosen Sprach- und Lebensstilen zu erkennen. Bedauerlicherweise sind sprachliche Äußerungen der nichtakademischen Jugend kaum dokumentiert und analysiert worden, was die Einschränkung des sondersprachlichen Jugendbegriffs noch deutlicher macht.
SondersprachenSondersprache in der Systematik von HirtHirt, Ferdinand1909
Die ersten Beobachtungen und Dokumentationen einer deutschen Jugendsprache stammen von Vertretern der philologischen Sondersprachforschung wie MeierMeier, John (1894) und vor allem KlugeKluge, Friedrich (1895). Die frühe Sondersprachforschung verfolgte gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit ihrem sprachhistorischen Interesse an der Entstehung des neuhochdeutschen Wortschatzes hauptsächlich etymologischeetymologisch Fragestellungen: Sie untersuchte die Herkunftsbereiche des Sonderwortschatzes, seine sprachlichen Bildungsmittel und seinen allmählichen Übergang in Stilschichten der GemeinspracheGemeinsprache und der gehobenen Literatursprache.
(Kluge 1895, S. 1)
Dies soll am Beispiel der Wortgeschichte von Kneipe nach KlugeKluge, Friedrich veranschaulicht werden, womit um 1760 „die gewöhnlichste Schenke der niedrigsten Sorte“ und auch die „Diebsherberge“ bezeichnet wurde. Durch den studentischen Gebrauch und die damit verbundene Bedeutungserweiterung fand dieser Ausdruck schließlich Aufnahme in die Standard- und Literatursprache.
(Kluge 1912, S. 11)
Nachträge der Sondersprachforschung bezogen im frühen 20. Jahrhundert die „Schüler-“ und „PennälersprachePennälersprache“ ein. Allerdings beschränkten sich diese Beiträge häufig auf bloße Wörterverzeichnisse der SchülerspracheSchülersprache in bestimmten Regionen.3 Mit der Schrift von GötzeGötze, Alfred über die deutsche StudentenspracheStudentensprache (1920) fand die frühe Sondersprachforschung ihren vorläufigen Abschluss.
An welche Forschungstraditionen hätte die sich entwickelnde linguistische Jugendsprachforschung in Deutschland anknüpfen können?
Mit der „Sprache der Jugend“ hatte sich auch schon die frühe deutsche Sprachpsychologie und die Tradition der SprachentwicklungsforschungSprachentwicklungsforschung befasst, als deren prominente Vertreter Clara und William SternStern, Clara u. William mit ihrer berühmten Abhandlung zur KinderspracheKindersprache (1908) gelten. Basierend auf den wichtigen Elementen der Stadienlehre und der Konvergenztheorie setzte sich diese Tradition mit Arbeiten bis zum Jugendalter fort, darunter die Abhandlungen von Charlotte BühlerBühler, Charlotte zu Kindheit und Jugend (1928) und zum „Seelenleben“ des Jugendlichen (1922).
Bemerkenswert ist auch BusemannsBusemann, Adolf Versuch: „Die Sprache der Jugend als Ausdruck der Entwicklungsrhythmik“ (1925) zu erfassen. Seine Leitthese eines periodizitätstheoretischen Entwicklungskonzepts versuchte er mit dem phasenspezifischen Ansteigen und Absinken eines „AktionsquotientenAktionsquotient“ von Merkmalen aus Schülertexten sprachlich zu belegen. Die Problematik eines solchen Zugangs liegt jedoch in der Annahme eines selbsttätigen Reifungsprozesses und in den universalistischen Typisierungen, die mit der biologischen Altersgleichheit eine HomogenitätHomogenität der „Jugend und ihrer „Sprache“ unterstellten und die Einwirkung sozialer Erfahrungen und umweltbedingter Lernprozesse unberücksichtigt ließen. Der Terminus „Jugendsprache“ wird eher als Etikett eines Entwicklungsgeschehens verwendet, und die Sprachanalyse scheint allein der Bestätigung einer solchen Entwicklungstheorie zu dienen.
Es ist aufschlussreich, dass es zwischen den Traditionen der psychologischen SprachentwicklungsforschungSprachentwicklungsforschung und der philologischen Sondersprachforschung keine interdisziplinären Berührungspunkte und keinen wissenschaftlichen Austausch gab. Die Forschungstraditionen wurden, unterbrochen durch Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieg, erst in der Nachkriegszeit wieder aufgenommen und im Rahmen der „AltersstilforschungAltersstilforschungAltersstil“ neu belebt. So unterscheiden HetzerHetzer, Hildegard/Flakowski, Herbert/Flakowski: „Die entwicklungsbedingten Stilformen von kindlichen und jugendlichen Schreibern“ (1954/1974), und zwar den „ganzheitlich-erlebnisbestimmten Stil der Kleinkindstufe“, den „ganzheitlich-sachbetonten Stil der späten Kindheit“, den „gegenständlichen Stil“ gegen Ende der späten Kindheit und schließlich den „gegenständlichen Stil mit Gestaltungsabsicht als höchste Form des Kindheitstils“. Ähnliche Unterscheidungen sind von der Sprach- und speziell Aufsatzdidaktik der damaligen Zeit aufgegriffen worden, vor allem von PregelPregel, Dietrich (1970), der – unter Einbezug des mündlichen Sprachgebrauchs – einen sog. „FreskostilFreskostil“ in der frühen Grundsschulzeit von einem „ReliefstilReliefstil“ in der späten Grundschulzeit unterschied. Es bleibt kennzeichnend für die Altersstilforschung vor der pragmatischen Wende, von einer reifungsbedingten Abfolge von Entwicklungsstufen des Sprachgebrauchs in Kindheit und Jugend auszugehen, ohne Berücksichtigung kommunikativer und situativ-funktionaler Bedingungen sowie individueller Differenzierungen.
Erst die kürzlich neu entwickelte Perspektive einer die verschiedenen individuellen Lebensphasen umfassenden SprachbiographieSprachbiographie könnte an diese Traditionen anknüpfen und diese im Sinne einer sprachlichen SozialisationsforschungSozialisationsforschung weiterentwickeln.1
In gewisser Weise können die Beiträge zur deutschen SchülerspracheSchülersprache in den 60er Jahren (v.a. von KüpperKüpper, Heinz1961) als Weiterentwicklung der sondersprachlichen Erforschung der Schüler- und PennälersprachePennälersprache vom Beginn des 20. Jahrhunderts gelten. Küpper war auch derjenige, der zum ersten Mal von einem „JugenddeutschJugenddeutsch“ sprach und diesem einen Band seines sechsbändigen Wörterbuchs der deutschen UmgangsspracheUmgangssprache widmete (1970).
Von einem sprachkritisch-sprachpflegerischen Standpunkt aus wurde seit dem Ende der 50er Jahre das Spannungsverhältnis zwischen „Jugend, Sprache und Gesellschaft“ (so StaveStave, Joachim1960) betrachtet. Als Chronist von „15 Jahre[n] Deutsch in der Bundesrepublik“ verzeichnete Stave jugendsprachliche Auffälligkeiten wie den frühen AnglizismusAnglizismus/Anglizismenhotten und Metaphern wie Tastenhengst (für Pianist), die das Missfallen der Nachkriegsgesellschaft erregten. Sprachkritisch wertend bescheinigte Stave den damaligen Jugendlichen mangelndes SprachgefühlSprachgefühl und fürchtete um den negativen Einfluss auf die Standardsprache.
[…] vor allem die Jugend ist völlig unbedenklich darin, nur noch so zu sprechen und zu schreieben, wie ihr ‚der Schnabel gewachsen ist‘. Das wird auf die Umgangssprache der nächsten Generation nicht ohne Folgen bleiben. Gewisse Schrumpfungserscheinungen sind in der Grammatik jetzt schon erkennbar, z.B. die die Abneigung gegen den Gebrauch des Konjunktivs, des Genitivs, des Perfekts und der reicher gegliederten Formen des Satzes. Schließlich wird diese Entwicklung noch dadurch gefördert, daß die Jugend kein Verständnis mehr für die Auffassung von Sprache als dem ‚heiligsten Gut der Nation‘ hat. Verantwortung vor der Sprache ist ihr fremd. Für sie ist die Sprache kein Kulturwert mehr, sondern ein Konsumgut, dessen man sich unbefangen bedient.
(StaveStave, Joachim1960, S. 12)
Die Erscheinungsformen des sog. „Halbstarkendeutsch“ und des „Teenager-Jargons“„Teenager-Jargon“ werden als Ausdruck der Eigenständigkeit einer selbstbewussten, gegen die gesellschaftlichen Konventionen der älteren GenerationGeneration gerichteten Jugend interpretiert und von einem sprachpflegerischen Standpunkt aus als die GemeinspracheGemeinsprache bedrohende Entwicklungen heftig kritisiert.1 Die methodologisch problematischen Versuche, demgegenüber ein einheitliches „JugenddeutschJugenddeutsch“ lexikographischlexikographisch zu präsentieren, sind allerdings nicht sehr überzeugend. Die sprachpflegerische Tradition der Nachkriegszeit erscheint aus heutiger Sicht eher den Positionen einer öffentlichen, vorwissenschaftlichten SprachkritikSprachkritik und SprachpflegeSprachpflege nahezukommen.