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EIN KÖNIGLICHER VERFÜHRER Ein Prinz vor ihrem New Yorker Apartment! Tausend Mal hat Maria an jene Nacht in Alexandros' Armen gedacht! Jetzt befiehlt er ihr, mit ihm nach Aristo zurückzukehren. Doch kein Grund zum Jubeln: Maria weiß zwar, wie zärtlich Alex sein kann – aber auch, wie gefährlich kühl … DAS GLÜCK WARTET AUF BORA BORA Das ist der hübschen Archäologin Brionny noch nie passiert. Obwohl sie den geheimnisvollen Slade kaum kennt, erlebt sie mit ihm eine unvergessliche Liebesnacht. Doch am nächsten Morgen ist Slade verschwunden – und mit ihm ein kostbarer Smaragd. Hat sie dem Falschen ihr Herz geschenkt? HEISSER FLIRT IN NAPA VALLEY Der zarte Duft über dem kalifornischen Napa Valley weckt in dem attraktiven Travis Baron die heftige Sehnsucht nach Liebe mit der hinreißenden Alex. Sie wirkt so kühl, doch Travis weiß, zu welch heißer Leidenschaft Alex fähig ist. Denn ein Wochenende lang gehörte sie ihm ...
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Seitenzahl: 588
Sandra Marton
JULIA BEST OF BAND 256
IMPRESSUM
JULIA BEST OF erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
Neuauflage in der Reihe JULIA BEST OF, Band 256 09/2022
© 2009 by Harlequin Books ULC Originaltitel: „Billionaire Prince, Pregnant Mistress“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Gudrun Bothe Deutsche Erstausgabe 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 1913
© 1995 by Sandra Marton Originaltitel: „Emerald Fire“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Trixi de Vries Deutsche Erstausgabe 1996 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe ROMANA, Band 1103
© 1999 by Sandra Marton Originaltitel: „More Than A Mistress“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Susanne Hartmann Deutsche Erstausgabe 2001 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe ROMANA, Band 1382
Abbildungen: Getty Images / Strelciuc Dumitru, NanoStockk, alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 09/2022 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751511728
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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Prinz Alexandros Karedes, zweiter in der Thronfolge des Königreichs von Aristo, war nicht dafür geschaffen, zu warten.
Geduld hatte noch nie zu seinen herausragenden Stärken gehört. Wer mochte also so ignorant sein, einen Mann wie ihn auf diese Weise unnötig herauszufordern?
Sein eigener Vater! Alexandros ließ einen resignierten Seufzer hören, während er im Vorraum zum Thronsaal wohl zum zehnten Mal – in ebenso vielen Minuten – den antiken Marmorkamin passierte. Der kleine Zeiger der vergoldeten französischen Uhr auf dem Kaminsims zeigte auf sechs.
Man hatte ihm ausgerichtet, der König erwarte ihn um fünf Uhr dreißig. Doch Aegeus war nicht gerade für seine Pünktlichkeit bekannt, selbst wenn es seine Kinder betraf.
„Eine unglückliche Angewohnheit“, nannte es Königin Tia, doch Alex, wie ihn Normalsterbliche nannten, war weniger zurückhaltend. Er kannte seinen Vater sehr gut und war überzeugt davon, dass seine chronische Unpünktlichkeit nur eine weitere subtile Methode war, jedermann daran zu erinnern, eingeschlossen seine Familie, dass er, obwohl in die Jahre gekommen, immer noch der König war.
Wahrscheinlich verlangte er auch genau aus diesem Grund, dass sein Sohn ihn hier, in diesem formellen Rahmen, aufsuchte, anstatt mit ihm in den königlichen Privatgemächern zu sprechen.
Aber so war er eben, und aus Erfahrung wusste Alex, dass es keinen Zweck hatte, das Verhalten seines Vaters zu kritisieren oder gar infrage zu stellen. Aegeus war ein mehr als kompetenter Herrscher und der Bevölkerung von Aristo ein gütiger Regent.
Nur, was seine Frau und seine Kinder betraf, verhielt er sich von jeher seltsam distanziert.
Alex war das egal. Mit sechs oder sieben Jahren hätte ihm etwas weniger Formalität und eine wie auch immer geartete Demonstration von Zuneigung sicher noch etwas bedeutet. Doch heute, mit einunddreißig, hatte er sich längst ein eigenes, sehr erfolgreiches Leben aufgebaut, vertrat das Königreich nach außen auf internationalem Parkett und genoss, als kluger Stratege und geschickter Geschäftsmann, weltweite Reputation.
Alex schaute erneut zur Uhr.
Auch wenn er die lästige Marotte seines Erzeugers hinlänglich kannte, empfand er das unsinnige Warten als irritierend. Das Meeting an sich würde nicht viel Zeit in Anspruch nehmen, auch das wusste er aus Erfahrung.
Da er gerade erst von einer Geschäftsreise aus Fernost zurückkam, wollte Aegeus sicherlich wissen, ob alles wie erwartet gelaufen war und genügend wichtige neue Banken und Konsortien auf der beeindruckenden Liste von Alex’ ausländischen Geschäftsverbindungen zu verzeichnen seien. An Details war er selten interessiert. Für Aegeus zählte einzig das Resultat.
Auch damit konnte Alex ausgezeichnet leben. Nur, wenn sein Vater ihn noch lange warten ließ, würde er möglicherweise zu spät zu seinem Date in die Stadt kommen.
Obwohl … eigentlich war selbst das kein Problem.
Mit seinem neuen Ferrari konnte er die kurvigen Serpentinen, die über das steile Kliff zum Mittelmeer hinunterführten, zügig überwinden. Und sollte er das Grand Hotel später als angekündigt erreichen, erwartete er keinen Einwand oder gar eine Beschwerde.
Um seinen Mund spielte ein zynisches Lächeln.
Falsche Bescheidenheit war Alexandros Karedes völlig fremd. In allem, was sein Leben bereicherte und es angenehm machte, bewies er ein glückliches Händchen. Egal, ob es um schöne Frauen ging, rasante Autos oder Glücksspiel. Und ganz nebenbei verfügte er über ein untrügliches Gespür für geschäftlichen Erfolg, was sich in seinem ganz privaten Imperium niederschlug, das er hier in Aristo und in New York aufgebaut hatte.
Sein Lächeln verblasste. Was das Thema Frauen betraf, schien ihn sein Glück in der letzten Zeit allerdings verlassen zu haben.
Dabei mangelte es ihm wahrlich nicht an verlockenden Angeboten. Sein heutiges Date war ein internationales Top-Model, das ihm bei einem Foto-Shooting vor dem Casino aufgefallen war, als er mit dem Manager über eine geplante Erweiterung der Spielbank sprach.
Sie war einfach umwerfend attraktiv und atemberaubend sexy, und Alex ging davon aus, dass sie den heutigen Abend in seinem Stadtapartment im Bett verbringen würden …
Und?, dachte er.
Was für eine verrückte Reaktion! Eine weitere schöne Frau auf seiner Liste, eine heiße Liaison mehr, und das war alles was ihm dabei durch den Kopf ging?
Vielleicht lag es daran, dass er genau wusste, was nach dieser Nacht kam. Sie würde versuchen, ihren One-Night-Stand zu einer Affäre auszubauen, und er nach einem höflichen Weg suchen, genau das zu verhindern. Schließlich würde das Intermezzo enden, bevor es richtig angefangen hatte, wie stets.
Aber er mochte Sex … und Frauen. Ihre weichen Körper, ihren betörenden Duft und die anregende Gesellschaft. Es war nur so, dass es ihm momentan einfach nicht gelingen wollte, sich auf eine einzige von ihnen zu konzentrieren. Nicht, dass er ein Faible für langfristige Beziehungen hegte! Einen Monat, vielleicht zwei. Drei maximal, dann gab es nur noch eines zu tun: ein kostbares Geschenk zu schicken und weiterziehen.
Alex runzelte die Stirn.
In den letzten Wochen schien ihm nur noch das geblieben zu sein: das rastlose Weiterziehen. Was auch seinen Geschwistern nicht entgangen war. Seither neckten sie ihn mit seiner Wanderlust.
Natürlich mit der Betonung auf Lust, hatte Sebastian gesagt, während Andreas sich mit einem breiten Grinsen begnügte. Selbst Alex’ Schwestern schlugen in die gleiche Kerbe. Lissa via Mail aus dem fernen Paris, und Kitty, die ihren Hang zur Melodramatik ins Feld führte, nannte ihn ihren armen Bruder, der einfach nicht die Liebe seines Lebens finden konnte.
Alex verzichtete weise darauf, ihr den Unterschied zwischen Liebe und Lust zu erklären. Denn Liebe war seiner Ansicht nach ein überschätztes Gefühl, das ins Reich der Mythen und Märchen gehörte. Was heutzutage allgemein als Liebe bezeichnet wurde, war nicht mehr als hormonelle Anziehung, und bei seinen Eltern nicht einmal das!
Ihre Ehe war aus Staatsraison und Vernunftgründen geschlossen worden. Einen großen Namen, königlichen Titel und eine Blutlinie weiterzutragen, die seit Jahrhunderten existierten, das war die Bestimmung der Mitglieder aus königlichem Geblüt.
Und genau das musste auch für Sebastian, als Thronfolger, das entscheidende Kriterium sein. Er würde sich seine Königin selbst aussuchen können – immerhin schrieb man inzwischen das einundzwanzigste Jahrhundert – aber nur aus einer mit Sorgfalt aufgestellten Liste akzeptabler junger Frauen.
Auf ihm selbst, als zweitem in der Thronlinie, lag weniger Druck, doch Alex war sich der Verantwortung seines Standes sehr wohl bewusst und würde selbstverständlich ebenfalls nur eine standesgemäße Braut wählen.
Allerdings sollte seine Zukünftige wenigstens attraktiv sein. Was geistige Anregung und sexuelle Lust betraf, dafür gab es schließlich die Geliebte. Natürlich würde er diskret sein, um seine Frau nicht vorsätzlich zu brüskieren, aber als königliche Gattin wäre sie sich ohnehin ihrer Stellung und Aufgabe bewusst, die darin bestanden, an seiner Seite zu repräsentieren und ihm Kinder zu gebären.
Keiner von ihnen würde so naiv und unvernünftig sein, vom Ehepartner so etwas wie Liebe zu erwarten. Diskretion in ihren außerehelichen Affären reichte völlig.
Alex unterbrach seine nervöse Wanderung, schob die Hände frustriert in die Hosentaschen und starrte missmutig auf die Waffensammlung an der Wand über dem Kamin.
Vor vielen Jahren hatte es einmal eine Frau gegeben …
Frau war eigentlich zu viel gesagt, ein junges Mädchen. Sie hatte ihn mit ihren Küssen, ihren Berührungen und gehauchten Versprechungen verhext und hinterher ausgelacht. Er war kaum mehr als ein Junge gewesen! Von einem Teil seines Körpers gesteuert, der nicht unbedingt mit seinem Gehirn in Verbindung stand. Doch er hatte seine Lektion gelernt und nie wieder den gleichen Fehler gemacht.
Bis zu jener Nacht vor zwei Monaten …
Eine Nacht, in der eine Fremde in seinen Armen lag, deren Gesicht vor vermeintlicher Unschuld geradezu leuchtete. Sie bot ihm ihren weichen Mund an, öffnete ihn unter dem hungrigen Druck seiner Lippen, und die Welt um ihn herum war vergessen. Bis zum nächsten Morgen, als er erkennen musste, das alles nur eine Lüge gewesen war.
„Prinz Alexandros.“
Nein, nicht einfach nur eine Lüge! Alex presste die Kiefer zusammen, bis sie schmerzten. Betrug! Geplanter Betrug … von der ersten Sekunde an!
„Sir? Der König und die Königin bitten Sie zu sich.“
Aber so einfach hatte er sie nicht davonkommen lassen! Anstatt sie direkt zur Rede zu stellen, tat er so, als wüsste er nichts von ihrer Infamie. Sie spielte weiter ihren Unschuldspart und er seine Rolle, indem er sie erneut zu heißem Sex verführte. Doch als sie dieses Mal erschöpft und mit seligem Lächeln an seiner Seite lag, beobachtete er kalt, wie sich ihre Augen vor Schock weiteten, als er ihr mitteilte, er wisse genau, wer und was sie sei. Und dann schickte er sie weg.
Sie hatte hoch gepokert … und verloren. C’est la vie!
„Eure Hoheit? Ihre Majestäten warten …“
In den darauffolgenden Wochen gab sich eine schier endlose Kette der attraktivsten und begehrenswertesten Frauen des Universums die Klinke zu seinem Apartment in die Hand. Daneben legte Alexandros Karedes endlose Meilen mit seinem nagelneuen Ferrari zurück, und noch mehr Flugmeilen im königlichen Privatjet. Von seinen Büros in New York ging es zu den Bahamas, von Virgin Island weiter nach Florida, Mexiko, und gerade eben erst war er aus Japan zurückgekommen.
Erfolgreiche Trips, aber das Tempo, das er dabei an den Tag gelegt und von seinen Geschäftspartnern gefordert hatte, war mörderisch gewesen. Bei Tag, mitten in der Nacht … an Roulette-Tischen und in Pokerrunden mit unglaublich hohen Einsätzen …
Selbst beim Sex.
Wüsste er es nicht besser, hätte man fast annehmen können, er versuche mit seiner Hetze von einem Kontinent zum anderen, einem Bett zum nächsten, die hässlichen Erinnerungen an jene Nacht auszulöschen, als er sich fast als Opfer einer skrupellosen Frau gefühlt hatte, die versuchte, ihn auszunutzen …
„Sir! Der König und die Königin erwarten Sie dringend.“
Alex blinzelte. Galen, der Leibdiener seines Vaters, stand in steifer Pose vor ihm. Der angestrengte Ausdruck auf seinem Gesicht sagte Alex, dass er schon eine ganze Weile versucht haben musste, seine Aufmerksamkeit zu wecken.
„Danke, Galen. Efcharisto.“
„Geht es Ihnen gut, Sir?“
„Ja … alles bestens. Ich bin nur ein wenig unkonzentriert.“ Alex zwang sich zu einem sorglosen Grinsen. „In der Stadt wartet eine Lady auf mich. Sie verstehen?“
Galen gestattete sich den Anflug eines Lächelns. „Ich bin sicher, die Lady wartet gern auf Sie, Sir.“ Mit einer tiefen Verbeugung trat er zurück und öffnete die Tür zum Thronsaal.
Seine Eltern waren nicht allein. Eine Handvoll Lakaien standen um seinen Vater herum, der an einem antiken Schreibtisch saß, den man unter dem Wust von Papieren kaum ausmachen konnte. Seine Mutter stand hoheitsvoll aufgerichtet auf der Thronplattform, umgeben von einem Schwarm Zofen, die auf dem Boden hockten und den Saum ihres prachtvollen Gewandes aus Samt und Brokat in Händen hielten. Sie schienen etwas abzustecken, festzupinnen oder was Frauen mit Metern und Metern dieser pompösen Stoffe sonst so veranstalteten.
Um Alex’ ausdrucksvollen Mund zuckte es verdächtig.
Trotz seiner Eleganz, der einmaligen Fresken, dem unschätzbar kostbaren byzantinischen Wandbehang und der von einem Meister aus dem sechzehnten Jahrhundert kunstvoll bemalten, gewölbten Decke, ähnelte der Thronsaal mehr dem Wohnzimmer eines notorischen Messies als dem Platz, an dem sonst die äußerst formalen Empfänge des Königshauses stattfanden.
Sein Vater schaute auf. „Da bist du ja endlich!“, stellte er in einem Ton fest, als wäre er derjenige gewesen, den man unzumutbar lange hatte warten lassen. „Na, was hältst du davon?“
Alex hob die dunklen Brauen. „Wovon?“
„Von unseren Plänen, natürlich!“ Aegeus fuhr mit der Hand über die Papierstapel auf dem Schreibtisch. „Wollen wir ein bestimmtes Thema, oder wollen wir es nicht?“
„Ein Thema wofür?“, fragte sein Sohn zurückhaltend.
Aegeus sprang auf die Füße, wobei er mit den Ärmeln seines steifen Jacketts einige Papierstapel vom Tisch fegte. „Für das große Fest zum sechzigsten Geburtstag deiner Mutter, natürlich! Wenn du dich den letzten Monat nicht Gott weiß wo herumgetrieben hättest, müsstest du jetzt nicht so dumm fragen!“
„Aegeus …“
Automatisch schauten Vater und Sohn zur Königin, die sie beide liebevoll anlächelte. „Du weißt doch, wie bemüht Alexandros ist, die ganze Welt davon zu überzeugen, dass unser Königreich der perfekte Platz ist, Investitionen für die Zukunft zu tätigen. Und ich gehe davon aus, dass er diesmal ebenso erfolgreich darin war wie gewohnt. Ist es so, mein Lieber?“
Alex lächelte, ging zu seiner Mutter hinüber und zog ihre schmale Hand an die Lippen, weil er wegen des ausladenden Kleides nicht weiter an sie herankam.
„Ich habe dich schrecklich vermisst, Mutter.“
„Wie war deine Reise?“
„Es ist uns gelungen, eine beträchtliche Anzahl von Interessenten zu gewinnen, die jetzt alle in eine lukrative und glückliche Zukunft schauen können.“
Königin Tia lachte herzlich. „Siehst du, Aegeus? Wie ich gesagt habe!“ Dann wedelte sie ihre Zofen mit der Hand beiseite und schritt mit Hilfe ihres Sohnes die Stufen des Podests herab. „Es ist gut, dich wieder hier zu haben, Alexandros.“
„Es tut gut, wieder hier zu sein“, entgegnete er charmant und wies fragend mit dem Kopf auf die Zofen, die sich dezent in den Hintergrund zurückgezogen hatten. „Was bedeutet das alles?“
„Das habe ich dir doch eben erklärt“, mischte sich sein Vater ungeduldig ein. „Vorbereitungen für das Geburtstagsfest deiner Mutter. Ich denke, wir müssen endlich konkrete Entscheidungen bezüglich der Ausstattung und des Dekors treffen. Zum Beispiel, welche Stoffe und Farben für den Thronsaal infrage kommen, wo der offizielle Teil des Festes stattfinden wird. Habe ich nicht recht, Gentlemen?“
Die Lakaien nickten pflichtschuldig.
„Ich möchte nicht, dass irgendetwas übersehen wird oder dem Zufall überlassen bleibt.“ Erneut musterte Aegeus streng seine Untergebenen, die wieder eifrig nickten.
Auf Alex wirkten sie wie Truthähne, die zu Füßen des Farmers Körner aufpickten. Nur mit Mühe gelang es ihm, ein despektierliches Grinsen zu unterdrücken.
„Nun, was ist deine Meinung, Alexandros? Welches Thema sollen wir wählen? Etwas aus der Antike? Oder etwas aus der Zeit der Kreuzzüge? Oder das ottomanische Reich? All das hat einen Bezug zu unserer Vergangenheit, weißt du?“
Was für einen geschichtlichen Bezug sein Vater suchte, war ihm egal. Alex ging es einzig darum, woran seine Mutter wirklich Freude haben könnte.
„Das Thema ist doch zweitrangig. Hauptsache, es wird ein aufwändiges, prachtvolles Spektakel“, murmelte er gedehnt. „Wir wollen doch nicht, dass behauptet wird, nur die Calistans seien in der Lage, spektakuläre und glamouröse Partys zu veranstalten, oder?“
Aus den Augenwinkeln sah er, wie seine Mutter leise den Kopf schüttelte und sich ein Lächeln verbot. Die Wirkung auf seinen Vater fiel wie beabsichtigt aus. Jegliche Erwähnung des Königshauses von Calista, das einst mit Aristo das sagenumwobenen Königreich Adamas bildete, ließ ihn die Nackenhaare aufstellen.
„Ha! Spektakulär? Glamourös sagst du?“
„Exakt.“ Alex schüttelte den Kopf. „Wohingegen ich nie diesen Tamtam um die Geburtstagsfeier der englischen Königin verstanden habe, die dagegen in einem vergleichsweise schlichten Rahmen begangen wurde, du etwa, Mutter?“
„Nein“, versicherte Königin Tia in schöner Unschuld. „All diese Reporter und Fernsehleute, und das weltweite Interesse an Elisabeth und dem englischen Königshaus. Trotz der, wie du schon sagtest, eher schlichten und doch so eleganten Feier …“
Ihr Gatte schnaubte verächtlich. „Was ist daran so schwer zu verstehen? Entweder man kennt und schätzt die Virtuosität des Einfachen, oder nicht! Es gibt nur ein probates Thema für deine Geburtstagsfeier, Tia!“, verkündeter er mit neugewonnener Energie und schob die Papierstapel auf seinem Schreibtisch mit einer ungeduldigen Handbewegung zu Boden. „Frühlingserwachen! Ich kann es direkt bildhaft vor mir sehen … Massen von Frühlingsblumen! Venezianische Tischwäsche in allen Schattierungen von gelb und grün. Und du, die Königin, gekleidet im gleichen blassen Rosa wie der Diamant in der Krone von Aristo …“
Danke!, formte seine Frau lautlos mit den Lippen in Richtung ihres Sohnes. Alex grinste und zwinkerte ihr vertraulich zu.
„Das hört sich nett an“, wandte sie sich dann demütig an ihren Gatten.
„Nett? Es wird einfach prachtvoll! Besonders, wenn du im Mittelpunkt stehst, geschmückt mit dem Collier, das ich extra als dein Geburtstagsgeschenk in Auftrag gegeben habe. Obwohl, wenn man dazu vielleicht noch eine Brosche …“
„Keine Brosche“, bremste Königin Tia seinen Elan. „Es wäre unangebracht, ein Collier und eine Brosche zu tragen.“
Derart kleinliche Einwände interessierten König Aegeus nicht. „Wie auch immer. Mach das mit dem Handwerker ab.“
„Der Schmuck-Designerin“, korrigierte seine Frau sanft. „So nennt sie sich.“
Sie? Alex schob die Brauen zusammen und warf seiner Mutter einen scharfen Blick zu. Er dachte an das Wochenende zurück, als ein halbes Dutzend Juweliere aus allen Teilen der Erde von seinen Eltern nach Aristo eingeladen waren. Hatte es etwa noch eine andere Frau in dieser Gruppe gegeben? Er konnte sich nur an eine erinnern.
Aber genau das hatte offensichtlich zu ihrem Plan gehört! Den Prinzen, der später seinen Einfluss zu ihren Gunsten geltend machen konnte, so zu bezaubern, dass er nur noch Augen für sie hatte!
Was hatte sein Vater da eben von dem Collier erzählt, das er als Geburtstagsgeschenk für seine Mutter in Auftrag geben wollte? Die Entscheidung darüber war doch bereits vor Wochen getroffen worden.
„Bist du nicht meiner Meinung, Alexandros?“
„Entschuldige, Vater. Ich war einen Moment abgelenkt.“
„Ich sagte gerade, es sei doch egal, wie diese Frau sich nennt. Designer, Künstlerin oder Handwerkerin“, wiederholte Aegeus mit einem Nicken in Richtung seiner Frau. „Sie muss in der Lage sein, die Bedeutung dieses einmaligen Auftrags zu erkennen und … warum lungert ihr eigentlich alle noch hier herum?“, wollte der König wissen, als sein Blick auf die wartenden Lakaien und Zofen fiel. Er klatschte auffordernd in die Hände, bis die ganze Truppe aus dem Thronsaal verschwunden war. „Sie muss einfach die Tragweite dieser immens wichtigen Aufgabe erfassen, Tia“, wiederholte er fast beschwörend.
Die Königin nickte ernst. „Ich bin sicher, sie ist dazu in der Lage.“
Aegeus seufzte. „Ich hoffe, du hast recht. Sie erschien mir doch ziemlich jung.“
Alex schaute von einem zum anderen. Das Ganze wurde immer verworrener und unverständlicher. Seine Eltern hatten sich offensichtlich für eine Designerin entschieden. Auch noch für eine junge Designerin.
Nein. Sie konnten unmöglich über Maria Santos reden. Verdammt! Nur zu gut erinnerte er sich noch an ihren Namen. Wie könnte es auch anders sein? Kein Mann, der das Pech hatte, in die Fänge einer Hexe zu geraten, würde ihren Namen je vergessen, oder?
„Wie willst du das beurteilen können, Aegeus?“, fragte Tia amüsiert. „Wir hatten doch gar nicht das Vergnügen, sie persönlich kennenzulernen, weil sie sich an jenem Morgen wegen plötzlichen Unwohlseins entschuldigt hat. Aber natürlich lagen uns Miss Santos’ Skizzen vor und …“
Alex hatte das Gefühl, einen Fausthieb in den Magen bekommen zu haben. „Maria Santos?“, fragte er mit bemüht gleichmütiger Stimme. „Aber hast du mir nicht gesagt, ein französischer Juwelier hätte den Zuschlag erhalten?“
„So war es auch. Erst gestern hat man uns davon in Kenntnis gesetzt, dass der Eigentümer unerwartet verschieden sei und sich die Firma deshalb in der unglücklichen Position sieht, den Auftrag stornieren zu müssen.“ Tia legte eine Hand auf den Arm ihres Sohnes. „Es ist eine Entscheidung in allerletzter Minute, und Miss Santos weiß noch gar nicht, dass wir jetzt sie beauftragen wollen, das Collier anzufertigen.“
„Deshalb ist deine Reise nach New York auch von so außerordentlicher Wichtigkeit, mein Sohn.“
Alexandros starrte seinen Vater verständnislos an. „Was für eine Reise nach New York?“
„Du sollst die Santos-Frau treffen und sie von unserer Entscheidung unterrichten.“
Tia zupfte an Alex’ Ärmel, um seine Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken. „Was dein Vater sagen will …“, erklärte sie ruhig, „… wir möchten dich bitten, Miss Santos zu erklären, was passiert ist, und sie zu fragen, ob sie so freundlich und großzügig wäre, eine Änderung, quasi in letzter Sekunde, auch zu akzeptieren.“
Erneut ließ König Aegeus ein Schnauben hören. „Sie wird sich überschlagen, eine derartige Chance zu ergreifen!“
„Das wäre natürlich perfekt, ist aber nicht sicher“, widersprach seine Gattin sanft. „Echte Künstler sind sehr sensibel und haben empfindliche Egos. Vielleicht gefällt sich Miss Santos nicht in der Rolle als zweite Wahl.“
Am liebsten hätte Alex laut aufgelacht. Maria Santos sensibel und mit einem verletzlichen Ego ausgestattet?
„Du bist auf jeden Fall der Diplomat in der Familie“, erklärte sein Vater brüsk. „All dieses Verhandeln und Auftreten im Ausland, das du unternommen hast, um unserem Königreich eine internationale Bedeutung zu verleihen …“
Es war das dichteste an einem Kompliment, was sein Vater je im Stande sein würde auszusprechen, aber es reichte nicht, um Alexandros zu veranlassen, Maria Santos aufzusuchen und ihr die Chance ihres Lebens zu Füßen zu legen.
„Ich wäre sehr gerne zu Diensten …“, versicherte er absolut unaufrichtig, „… aber ich habe einige drängende Verpflichtungen hier auf der Insel. Sicher kann irgendjemand …“
„Jemand anders kommt nicht infrage!“, entschied der König kategorisch. „Du hast deine Büros und ein Apartment in New York. Du kennst die Stadt, ihr Tempo, den Umgangston. Du wirst mit dieser Santos-Frau fertig werden und sicherstellen, dass sie das Collier pünktlich abliefert.“
So viel zu Komplimenten von seinem Erzeuger! Kein Zweifel, dies war ein königlicher Befehl, dem sich selbst Alex nicht widersetzen konnte.
„Es gab doch noch mindestens vier bis fünf andere Designer“, versuchte er es ein letztes Mal. „Könnte nicht jemand von ihnen das Collier …“
Der Griff der Königin auf seinem Arm verstärkte sich. „Ich habe von Anfang an Miss Santos’ Entwurf favorisiert, Alex“, sagte sie leise, aber sehr eindringlich. „Natürlich stimmte ich zu, als dein Vater entschied, der französischen Firma den Auftrag zu geben, doch jetzt …“
Alex schaute seiner Mutter in die Augen und gab sich geschlagen. Er wusste, es würde ein Leichtes sein, seinen Vater, der ebenso spontan und aufbrausend, wie seine Frau freundlich und zurückhaltend war, davon zu überzeugen, einen anderen Designer zu wählen. Doch gerade jetzt beschlich ihn wieder einmal das Gefühl, dass Königin Tia an der Seite ihres Gatten nicht das Leben führte, von dem sie einst geträumt hatte. Und wenn ein Geburtstagsgeschenk – entworfen von Maria Santos – nun einmal das war, was sie ersehnte …
„Alexandros?“, fragte Tia weich. „Denkst du wirklich, ich mache einen Fehler?“
Rasch legte er einen Arm um die Schultern seiner Mutter und zog sie zärtlich an sich. „Ich denke, du solltest genau das bekommen, was du dir zu deinem Geburtstag wünschst.“
Tia strahlte. „Danke, mein Sohn.“
„Dank lieber mir“, brachte sich Aegeus wieder in Erinnerung und schenkte seiner Frau, was er für ein liebevolles Lächeln hielt. „Immerhin bezahle ich das Collier.“
Die Königin lachte. Sie hob sich auf die Zehenspitzen, küsste die Wange ihres Sohnes und ergriff die Hand ihres Mannes, der eifersüchtig nähergekommen war. „Ich danke euch beiden, wie ist das?“
„Bestens“, versicherte Alex mit schiefem Lächeln.
Und das versicherte er sich auch selbst immer wieder, während des endlos scheinenden Fluges von Aristo nach New York …
Alles wird gut!
Das war es, was Maria versuchte sich einzureden, während die U-Bahn rumpelnd zum Halten kam.
So müde und erschöpft, wie sie sich fühlte, störte es sie nicht einmal, dass der Mann neben ihr penetrant nach Knoblauch roch. Oder dass ihre Füße nach einem Tag in den umwerfend schicken, aber völlig laufuntauglichen Manolo-Stilettos vor Schmerzen geradezu schrien.
Davon abgesehen hatte der andauernde Nieselregen, der sich im Laufe des Tages zu einem unangenehmen Eisregen steigerte, ihre dreihundert Dollar glatt gestylte Traumfrisur von Chez Panache in die gewohnte, kaffeebraune Fülle wilder Locken zurückverwandelt. Und zu allem Überfluss schien sich jetzt auch noch eine Grippe anzukündigen.
O ja, alles würde wieder gut werden.
Und wenn nicht … dann …
Die Bahn ruckte, als sie anfuhr. Der Knoblauch-Mann fiel gegen Maria, die versuchte, ihr Gleichgewicht zu halten und plötzlich spürte, wie einer ihrer Absätze abbrach. Nur mit Mühe unterdrückte sie einen Fluch, den eine Lady weder in Spanisch noch in Englisch hören lassen sollte, auch wenn sie beider Sprachen mächtig war.
Nicht, dass Maria sich im Moment auch nur annähernd wie eine Lady gefühlt hätte! Trotzdem beherrschte sie sich tapfer und überlegte, wie sie in der überfüllten U-Bahn, zwischen den Beinen der anderen Passagiere, ihren verlorenen Absatz wiederfinden sollte. Wie sich schnell herausstellte, ein aussichtsloses Unterfangen.
Ade Manolo Blahniks. Ade Chez Panache. Ade Designer-Schmuck von Maria Santos …
Nein! Absolut nein! So durfte sie nicht denken. Was hatte sie gerade erst in dem Stress-Bewältigungs-Seminar gelernt? Okay, aus Geld- und Zeitmangel konnte sie nicht wirklich am Unterricht teilnehmen, hatte sich aber die Kursbeschreibung im neuen Volkshochschulkatalog aufmerksam durchgelesen …
Im Jetzt leben, lautete die Parole.
Das war es. Stressreduzierung, indem man lernte, im Augenblick zu leben. Und das bedeutete … verflixt!, dass sie gleich die Canal Street erreichten.
„Entschuldigung! Darf ich mal …? Verzeihung, würden Sie mich bitte durchlassen? Achtung!“ Energisch kämpfte sich Maria zwischen ihren Mitfahrern hindurch, erreichte die Tür, als die sich gerade wieder schließen wollte, schlüpfte in letzter Sekunde durch und sprang förmlich auf den Bahnsteig. Gar kein leichtes Unterfangen mit nur einem Absatz!
Hinter ihr schlossen sich die Türen, und der Zug fuhr ab.
Die formlose Masse Mensch rollte wie eine Lawine auf die Treppen zu, und Maria ließ sich einfach mitreißen. Unzählige Stufen mit einem flachen und einem hochhackigen Schuh zu erklimmen, war ein interessantes Experiment, auf das sie allerdings gern verzichtet hätte.
Warum mussten Schuhe derart hohe Absätze haben? Und vor allem, warum musste sie sich diese Mordwerkzeuge überhaupt kaufen? Nur weil Männer dachten, dass sie gut aussahen? Nun, das taten sie wirklich. Aber in ihrem Leben gab es keinen Mann, und so, wie es schien, würde dieser Zustand wohl auch noch eine Zeit anhalten. Besonders nach dem Desaster in Aristo vor knapp zwei Monaten!
Der Prinz! Prinz der Finsternis, wie sie ihn heimlich nannte.
Allein die Erinnerung an diesen Namen ließ wieder heiße Wut in ihrem Innern aufflackern. Verdammt! Warum musste sie nur immer wieder an ihn und jene schreckliche Nacht denken?
Sie hasste sich für das, was damals passiert war, und wahrscheinlich würde sie das ihr ganzes Leben lang tun. Doch noch viel mehr hasste sie ihn und …
Nein, nein! Das war destruktiv und brachte sie keinen Schritt weiter.
Aristo, und die Chance auf den Job, den sie sich so sehr gewünscht und seinetwegen verloren hatte, lagen endgültig hinter ihr. Sie musste sich auf die Gegenwart konzentrieren. Und darauf, Läden wie die L’Orangerie davon zu überzeugen, ihren Designer-Schmuck zu kaufen.
Deshalb, und nur deshalb, hatte sie sich heute auf die gefährlichen High Heels gewagt und diese horrende Summe für den Friseur ausgegeben, anstatt sie in Golddraht für die neuen Ohrringe zu investieren, die sie in einer der letzten Nächte entworfen hatte. So setzte sie all ihre Hoffnungen auf das heutige Gespräch mit dem Besitzer der L’Orangerie. Und was hatte es ihr gebracht?
Gar nichts, gestand Maria sich frustriert ein und humpelte den Bürgersteig entlang, während sich der Eisregen in dichtes Schneegestöber verwandelte. Das hässliche Wetter und die Tatsache, dass es ein Freitagnachmittag war, hatte die Menschen dazu getrieben, ihre Büros früher als normal zu verlassen, trotzdem war immer noch ein reger Betrieb auf den Straßen. Aber dies war eben Manhattan.
Und weil dies hier Manhattan war, interessierte sich auch niemand für sie oder ihren Laufstil. Trotzdem kam Maria sich ziemlich lächerlich vor.
Immer noch besser, als wenn es vor ihrem Meeting in der L’Orangerie passiert wäre, versuchte sie sich zu trösten. Obwohl … das hätte auch nichts geändert. Der Chef-Einkäufer war wenigstens so höflich gewesen, es bei der Lunch-Einladung zu belassen. Allerdings auch professionell und aufrichtig genug, ihr schon vorher zu sagen, dass er ihre Schmuck-Kollektion nicht nehmen würde.
„Ich mag Ihre Arbeit, Miss Santos“, hatte er ihr versichert. „Sehr sogar, aber Ihr Name sagt meinen Kunden so gar nichts. Vielleicht, wenn Sie erst etwas mehr Referenzen …?“
Mehr Referenzen? Maria schnaubte empört, während sie sich mit gesenktem Kopf um die nächste Ecke kämpfte. Wie viele brauchte sie denn noch, um endlich ernst genommen und anerkannt zu werden? Nach dem Gewinn des Caligari-Preises hatte sie schon an Tiffany, Harry Winston und Barney’s verkauft! Und genau das hatte sie ihrem Lunch-Partner auch mitgeteilt. Und der sagte, er wisse das, doch im Vergleich zu Paloma Picasso oder Elsa Peretti sei ihr Name in gewissen Kreisen eben doch nicht so geläufig, n’est-ce pas?
An diesem Punkt musste sie sich geschlagen geben.
Gut, vielleicht hatte sie nicht die Menge an Kostbarkeiten in ihrem Musterkoffer, und ihre Kunden buchten nicht gleich ganze Anzeigenseiten in der New York Times und teuren Hochglanzmagazinen. Was aber noch lange nicht hieß, dass sie keinen Namen hatte!
Nur musste sie einen Weg finden, ihre Entwürfe an die richtige Adresse zu verkaufen. Außerdem waren die Schmuckstücke, die sie designed hatte, auf jeden Fall beeindruckender und echter, als der aufgesetzte französische Akzent ihres Verhandlungspartners, der seine Brooklyner Herkunft nicht wirklich übertünchen konnte. Fast hätte Maria ihm das auch gesagt. Glücklicherweise hatte sich ihre Vernunft eingeschaltet und ihr geraten, etwas von ihrem Caesar’s Salad zu kosten und zu schweigen.
Sie konnte es sich nicht leisten, einen Schmuckeinkäufer seines Formates zu beleidigen. Die Welt, in die Maria sich unbedingt Eintritt verschaffen wollte, war sehr klein und lebte sozusagen von Klatsch und Tratsch.
Außerdem hatte der Mann ja recht.
Bei ihren bisherigen Verkäufen hatten stets auch Glück und Zufall Pate gestanden. Wer weiß, ob das so bleiben würde und sie überhaupt je wieder ein Stück veräußern konnte. Den Aristo-Auftrag in den Sand gesetzt zu haben war jedenfalls ein enormer Rückschlag!
Was wäre das für eine Referenz, hätte sie ihrer Visitenkarte eine dezente Zeile hinzufügen können, die besagte … unter anderem tätig für Ihre Majestäten, König Aegeus und Königin Tia von Aristo …
Doch diese Chance hatte sie vertan.
Oder, besser gesagt, die hatte ihr ein Mann genommen, der sie zunächst verführt und dann wie eine Zwanzig-Dollar-Hure aus seinem Bett vertrieben hatte!
„Hör sofort auf damit!“, schimpfte sie laut mit sich selbst. Was hatte es für einen Sinn, immer wieder nach hinten zu schauen?
Als Maria endlich vor ihrem Haus stand, stieß sie einen tiefen Seufzer aus. Natürlich war es nicht ihr Haus, sondern das Gebäude, in dem sie lebte und arbeitete. Sie hatte hier ein Loft gemietet, das ihr wenig Komfort zum Wohnen, aber viel Platz zum Arbeiten bot. Wenn sie überhaupt weiterarbeiten konnte!
Tatsache war, dass ihr die Schulden langsam über den Kopf wuchsen. Die Miete war unglaublich hoch, und die Materialkosten für ihre Designerstücke nicht weniger. Dazu beschäftigte sie noch einen Angestellten, Joaquin, den sie wöchentlich auszahlte.
Und ein passendes Geschenk für eine Königin zu entwerfen, hatte nicht nur Stunden über Stunden gekostet, sondern an Material bereits in der Entwurfsphase einen Batzen Geld verschlungen.
Maria hatte lange überlegt und dann alles auf eine Karte gesetzt. Sie nahm einen Kredit auf, um Miete, Rechnungen und alles andere bezahlen zu können, schob alle laufenden Projekte zur Seite und konzentrierte sich nur auf das Schmuckstück für den Wettbewerb, an dem nur die Besten der Besten teilnahmen.
Alles umsonst!
Dabei war sie eine der Finalistinnen gewesen. Die letzten sechs wurden nach Aristo eingeladen, wo der Gewinner in einer feierlichen Zeremonie bekannt gegeben werden sollte. Und dann verspielte sie die einmalige Chance auf die Lorbeeren in einer einzigen Nacht! Nur wenige Stunden waren es gewesen, in denen all ihre Träume und Hoffnungen ausgelöscht wurden, und sie bis aufs Blut gedemütigt zurückblieb.
Doch wenn Maria sich gegenüber ehrlich war, trug nicht der Mann, der sie verführte, sondern ganz allein sie die Schuld daran. Zur Hölle mit Liebesgeflüster im Kerzenschein! Prinz Alexandros hatte ihr nur bewiesen, was sie instinktiv schon lange wusste. Alles, was Männer von Frauen wollten, war Sex. Und dass ausgerechnet sie diese kalte Wahrheit vergessen und einem Moment der Schwäche nachgegeben hatte, war unverzeihlich.
Sobald ein Mann dich erst mal in seinem Bett hat, bist du für ihn nicht länger interessant. Sein Eroberertrieb ist gestillt, ebenso wie seine körperliche Begierde, dachte Maria nicht zum ersten Mal.
Und wenn dann auch noch etwas Unvorhergesehenes passierte, wie in diesem Fall der Umstand, dass er ein Prinz und sie eine Finalistin im Wettbewerb um das Geburtstagsgeschenk seine Mutter war, dann avancierte plötzlich sie zur heimtückischen Verführerin, während er sich in der Rolle des unschuldigen Opfers sah!
Marias Vater hatte ihrer Mutter die Schuld gegeben, und Prinz Alexandros ihr …
„Verdammte Schuhe!“, schimpfte Maria, klimperte die aufsteigenden Tränen weg, bückte sich und nahm ihren verunglückten Schuh und seinen Gefährten einfach in die Hand, ehe sie auf Nylonstrümpfen versuchte, die letzten Meter des vereisten und inzwischen überschneiten Gehwegs zu bewältigen.
Als sie endlich die Haustür erreichte, wurde die von innen aufgerissen, und Maria wäre fast mit Joaquin zusammengestoßen. Er strahlte sie an, wurde aber schlagartig ernst, als sein Blick auf ihre bloßen Füße fiel.
„Maria? ¿Quál es la materia? ¿Por qué está usted descalzo en este tiempo?“
Maria zwang sich zu einem Lächeln. „Alles in Ordnung, Joaquin. Ich habe nur einen Absatz verloren, das ist alles“, versuchte sie ihn zu beruhigen und trat an ihm vorbei ins Haus. „Ich dachte, du wärst schon längst weg.“
Hinter ihr fiel die Tür ins Schloss. Ohne sich umzuschauen, marschierte sie die Treppe hoch, Joaquin folgte ihr dicht auf den Fersen. Es gab zwar auch einen Aufzug im Haus, doch der war so oft außer Betrieb, dass Maria lieber gleich zu Fuß ging.
„Ich bin immer noch hier, wie du sehen kannst. Ich habe auf dich gewartet, in der Hoffnung auf frohe Botschaften.“
Maria nickte nur, ohne etwas zu sagen. Als sie das dritte Stockwerk erreichten, öffnete sie die Tür zum Loft und humpelte über das alte abgenutzte Parkett in Richtung der großen Fenster, die fast bis zum Boden reichten. Unterwegs ließ sie ihre Tasche auf einen Hocker und die nassen Schuhe einfach zu Boden fallen.
Vor der Fensterfront, hinter der unablässig dicke weiße Flocken vom Himmel fielen, wandte sie sich müde um. „Das ist sehr nett von dir.“
„Es ist nicht gut gelaufen“, stellte er mit einer Spur Resignation in der Stimme fest.
Maria seufzte und ließ den durchweichten Mantel von den Schultern gleiten. Sie hätte jetzt lügen können, doch dafür kannten Joaquin und sie sich zu lange und zu gut. Immerhin waren sie als Nachbarskinder in einem der maroden Häuser inmitten der Bronx aufgewachsen, einem Platz, an den die wenigsten Menschen dachten, wenn sie von New York sprachen. Joaquin und seine Familie stammten aus Puerto Rico, und er ersetzte Maria den Bruder, den sie nie hatte. Inzwischen arbeitete er über fünf Jahre für sie.
„Maria …?“, hakte er sanft nach, und sie seufzte erneut.
„Es hat nicht geklappt.“
„Oh, das tut mir sehr leid. Was ist passiert? Ich dachte, diese Franzosen hätten Geschmack.“
Maria schnaubte. „Er ist ja nicht einmal Franzose! Außerdem behauptet er, meine Entwürfe zu mögen, aber …“
„Aber?“
„Ach, ich soll mich wieder bei ihm melden, sobald mein Name bekannter ist.“
„Wenn es so weit ist, brauchst du ihn nicht mehr.“
Maria lachte. „Gut, dass du verheiratet bist, sonst könnte ich noch auf schräge Ideen kommen“, zog sie ihn auf und erntete dafür ein breites Grinsen. Es war so etwas wie ein alter Witz zwischen ihnen, und beide wussten sie, dass es keinerlei Bedeutung hatte. Ebenso wie Joaquins Frau es wusste, die Marias beste Freundin war.
„Ich werde es Sela mit deinen besten Grüßen ausrichten“, versprach er todernst.
„Und sag ihr auch, wie sehr ich mich auf das Dinner Samstagabend freue.“
„Das werde ich“, versicherte Joaquin und schob die Hände in die Taschen seines Parkas. „Ich habe die neuen Wachsabdrücke auf der Werkbank liegen lassen.“
„Danke.“
„FedEx hat die bestellten Opale geliefert. Sie liegen im Safe.“
„Nochmals vielen Dank.“
Joaquin zögerte. „Da ist noch ein Brief von der Bank gekommen … ein Einschreiben.“
„Das war doch zu erwarten!“, gab Maria scharf zurück, riss sich aber sofort wieder zusammen. „Entschuldige“, murmelte sie reuig und legte leicht eine Hand auf Joaquins Arm. „Schlechte Nachrichten sind noch lange kein Grund, den Überbringer zu killen, oder?“, versuchte sie es mit Galgenhumor.
„Vielleicht änderst du deine Meinung noch, wenn ich dir sage, dass deine Mutter angerufen hat.“ Das kam im gleichen scherzhaften Ton, doch beide wussten sie, dass einem Anruf von Luz Santos immer ein unangenehmer Beigeschmack anhaftete. Das Leben von Marias Mutter war nicht gut gelaufen, wofür sie allein ihre Tochter verantwortlich machte. Sie zu bekommen, hatte angeblich ihre Träume zerstört und ihre Pläne vernichtet, wie immer diese auch ausgesehen haben mochten.
Nicht, dass sie es bereute, Maria zur Welt gebracht zu haben. O nein! Für ihr einziges Kind hatte sie jedes Opfer auf sich genommen. Wenn das undankbare Mädchen nur endlich aufhören wollte, mit Flitterkram herumzuspielen und sich einen anständigen Job suchen würde!
„Hat sie gesagt, worum es geht?“
„Ihr Rücken bringt sie um, sie hat eine Magenverstimmung, und der Arzt ist ihr keine große Hilfe“, zählte Joaquin lakonisch auf. „Ach ja, und Mrs. Ferraras Tochter hat promoviert.“
Maria nickte. „Natürlich.“
„Ebenso wie deine Cousine Angela …“
„Nicht schon wieder!“
„Doch.“
Plötzlich war ihr alles zu viel. Der vertane Tag, die bittere Enttäuschung, die Mahnung der Bank, die beginnende Grippe und dann noch der Anruf ihrer Mutter. Ohne dass sie es wollte, entschlüpfte Maria ein kleiner Klagelaut. Sofort zog Joaquin sie an sich.
„Hör zu, Maria. Ich habe eine Idee. Du kommst einfach mit mir nach Hause. Du weißt, wie sehr Sela sich freuen würde, dich zu sehen. Es gibt heute Chili zum Abendbrot. Wann hast du überhaupt das letzte Mal etwas derart Köstliches gegessen, hmm?“
Maria machte sich los, lächelte wässrig und zupfte Joaquins Schal zurecht, den sie mit ihren Tränen benetzt hatte.
„Geh nach Hause zu deiner Frau“, sagte sie sanft.
„Wenn es irgendetwas gibt, womit Sela und ich dir helfen …“
„Ich weiß.“
„Hättest du nur diesen Wettbewerb gewonnen! Ich kann immer noch nicht verstehen, warum …“
„Lass gut sein“, stoppte sie ihn mit rauer Stimme. Sie wusste warum, aber das konnte sie selbst einem so guten Freund wie Joaquin nicht anvertrauen. „Du wirst schon sehen, alles wird gut …“
„De su boca al oído di Dios!“
Von ihrem Mund in Gottes Ohr, das brachte Maria erneut zum Lächeln. „Geh endlich heim, mi amigo.“
„Sela wird mit mir schimpfen, wenn sie hört, in was für einem Zustand ich dich hier allein gelassen habe.“
„Sag Sela, dass ich sie liebe, aber immer noch dein Boss bin. Und jetzt ab mit dir.“
Joaquin grinste. „Ja, Boss“, gab er zackig zurück und küsste sie auf die Stirn.
Sie schaute ihm nach, als er das Loft verließ. Die Tür fiel hinter ihm zu, und Maria schauderte. Es war bitter kalt in dem riesigen Raum. Weder die hohe Decke noch die einfach verglaste Fensterfront oder der altersschwache Radiator trugen dazu bei, aus diesem Eiskeller ein kuscheliges Heim werden zu lassen.
Maria hatte das Gefühl, ein Luftzug streife sie, und als sie zum Fenster schaute, sah sie, dass dort ganz langsam fantasievolle Eisblumen wuchsen. Sie hauchte die zarten Gebilde an und rieb mit dem Zeigefinger ein Guckloch frei …
Was hatte denn dieser protzige Schlitten vor ihrer Haustür zu suchen? Eine riesige dunkle Limousine. So gut kannte sie sich in Automarken zwar nicht aus, aber in Lower Manhattan waren Marken wie Rolls-Royce oder Mercedes eher weniger vertreten.
Sie schüttelte langsam den Kopf.
Wahrscheinlich wieder mal ein Immobilienmakler, der das Terrain sondieren will, dachte sie bei sich. Die tauchten nämlich so regelmäßig wie die Ratten in dieser Straße auf. Ein sicheres Anzeichen dafür, dass die Gegend bald zu teuer für Leute wie sie sein würde.
Als Geste ihrer Frustration streckte Maria dem fremden Luxusgefährt die Zunge raus und zog sich dann mit einem nervösen Kichern vom Fenster zurück. Ob es möglich war, dass sie langsam überschnappte? Wie auch immer. Auf eine geheimnisvolle Weise hatte diese kleine Albernheit richtig befreiend gewirkt.
Alex, der im Fond der Bentley-Limousine saß und zu den schwach beleuchteten Fenstern emporstarrte, blinzelte überrascht.
Hatte diese Santos-Frau ihm etwa gerade die Zunge herausgestreckt? Unsinn! Warum sollte sie das tun? Sie konnte ihn ganz sicher nicht einmal sehen. Es war dunkel, und die Fenster der Limousine schwarz getönt.
Wahrscheinlich nur eine Täuschung oder Spiegelung. Kein Wunder, bei der Kälte und dem Schneefall! Allerdings war der nicht so dicht, dass er den rührenden Abschied zwischen ihr und ihrem Liebhaber verborgen hätte. Nicht, dass es ihn etwas anging!
Mehr als fünf bis zehn Minuten gedachte Alex dieser undankbaren Mission nicht zu widmen. Er würde jetzt hinaufgehen, erklären, warum er hier war, ihr mitteilen, dass der Auftrag doch an sie ging, und das war dann das endgültige Aus.
Er tat es einzig und allein für seine Mutter. Dafür konnte er auch vorübergehend seine Wut und Kränkung vergessen.
Alex wünschte nur, er hätte die kleine romantische Szene nicht mit ansehen müssen. Es hatte gereicht, seinen Pulsschlag in die Höhe schnellen zu lassen und ihm ein heftiges Ziehen in den Lenden beschert. Ein verschneiter Freitagabend … ein Liebhaber, so voller Sehnsucht, dass er die Frau seines Herzens bereits unten an der Haustür abfing … und wieder mit ihr hinaufging, sie zärtlich begrüßte, mit ihr redete, sie küsste …
Und wieder ging.
Alex schob die Brauen zusammen. Was war das nur für ein Mann? Freiwillig hinaus in die kalte Nacht zu gehen, anstatt sich an der Hitze dieser Frau zu wärmen. Und was seine zärtlichen, eher behutsamen Gesten betraf … kannte dieser seltsame Mann Maria Santos denn so wenig, dass er nicht wusste, wie wild und fordernd sie im Bett war?
Selbst jetzt noch erinnerte Alex sich an jene Nacht, als sei es gestern gewesen.
Ihr Duft … wilde Lilien, wie sie hinter seinem Haus an den Hängen der Klippen hoch über dem Meer blühten. Und ihre Haut, warm und samtig unter seinen suchenden Händen. Ihr wild gelocktes Haar, das ihn an der Nase kitzelte … der weiche Mund, hingebungsvoll unter seinem.
Und dann ihre kleinen, spitzen Schreie, als sie nicht genug von ihm bekommen konnte. Und … verdammt! Wohin hatte er sich von seinen erotischen Fantasien entführen lassen? Sein Körper war angespannt und brannte vor Verlangen.
Alex ließ die Scheibe herunter und atmete tief die kalte, feuchte Abendluft ein. Wenn er schon an jene Nacht dachte, dann sollte er sich nicht an ihren betörenden Körper in ihren Armen erinnern, sondern lieber daran, wie und warum sie dort gelandet war.
Es war eben kein Zufall, sondern pure Berechnung gewesen, als sie, mit dem aufgeschlagenen Reiseführer in der Hand, scheinbar unsicher vor der Front seines Bürohauses in Ellos stand.
Sie war ihm sofort aufgefallen, aber misstrauisch war er da noch nicht gewesen.
Schlank, zierlich und wunderschön, mit ihrer dunklen Lockenmähne, die durch eine einfache goldene Spange aus dem herzförmigen Gesicht gehalten wurde, hatte sie im schwindenden Licht des Tages ein Bild abgegeben, das kein Mann so schnell vergessen würde.
Alex war nach dem Verlassen des Bürogebäudes wie gebannt stehengeblieben und hatte sie einfach nur angestarrt. Auf der zierlichen Nasenspitze balancierte sie eine schmale Lesebrille, was in seinen Augen ihren Charme nur erhöhte.
Amerikanerin, dachte er, eine Touristin, und ohne Frage völlig verloren, wenn er ihr nicht seine Hilfe anbot …
Und da er kein festes Ziel hatte, sagte er sich, okay, warum nicht, und schlenderte auf sie zu. „Verzeihung, brauchen Sie vielleicht meine Hilfe?“, fragte er mit genau der richtigen Mischung aus Bereitwilligkeit und Zurückhaltung. Sie schaute von dem Reiseführer auf und musterte ihn kritisch über den Rand ihrer Brille hinweg.
Ihr leichtes Zögern und die spürbare Skepsis verrieten in seinen Augen eine gute, sogar etwas altmodische Erziehung, die er ebenfalls sehr anziehend fand.
„Nun … ja, vielen Dank. Die kann ich tatsächlich gebrauchen. Wenn Sie mir vielleicht sagen könnten … ich suche das Argus. Es ist ein Restaurant, oder besser Café. Mein Reiseführer behauptet, dass es exakt hier steht.“ Sie wies mit dem Finger auf den Boden zu ihren Füßen. „Der Hotelportier hat das Gleiche behauptet, aber …“
„Da ist es nicht“, ergänzte Alex schmunzelnd. „Und das schon über ein Jahr nicht mehr.“
Ihre Enttäuschung war nicht zu übersehen. „Oh … ich verstehe. Na ja, trotzdem vielen Dank.“ Sie nahm die Brille ab und schaute ihn offen an. Die großen, unschuldigen Augen waren weder haselnussbraun noch smaragdgrün, sondern irgendetwas dazwischen. Je nach Lichteinfall und Stimmung schien die Farbe zu variieren.
Doch Maria Santos war keineswegs unschuldig! Sie wusste genau, was sie tat. Auch ihre Reaktion auf seinen Vorschlag, sie als kleine Entschädigung für ihre sichtbare Enttäuschung in ein anderes Restaurant einzuladen, war ein Meisterwerk von Schauspielkunst gewesen.
„Ist es denn …?“ Sie zögerte. „Ich meine, ist dieses andere Restaurant …?“
„So gut wie das Argus?“, ergänzte Alex lächelnd. Er hatte nicht die leiseste Idee, da er nie in diesem ominösen Argus gewesen war. Soweit er sich erinnerte, war es eher ein kleines Café oder Bistro für einen schnellen Snack gewesen.
„So günstig.“ Leichte Röte überzog ihre Wangen. „Mein Reiseführer sagt …“
„Darüber zerbrechen Sie sich mal nicht ihr hübsches Köpfchen.“
Das Restaurant, das Alex vorgeschlagen hatte, war sehr exklusiv und ebenso teuer. Er würde sie zum Dinner einladen und die Rechnung bezahlen, einfach nur, um Gesellschaft beim Essen zu haben, ein wenig zu reden und um ein guter Botschafter seines Landes zu sein. Allerdings schien ihn die fremde Schönheit zu seiner großen Überraschung nicht zu erkennen. Und das, obwohl er als ebenso große Touristenattraktion galt wie die weißen Sandstrände, der mondäne Jachthafen und das Casino.
Ein weiterer Trick, wie er heute wusste.
Sie protestierte mädchenhaft, dass sie sich nicht einfach von ihm aushalten lassen könne, doch es gelang ihm, ihre Bedenken auszuräumen. Nach dem Dinner, als sie die Seepromenade entlangspazierten, hatte er sie unter duftenden Pinien geküsst. Und als er seine Hand unter ihr Seiden-Shirt schob, seufzte sie gegen seine fordernden Lippen. Daraufhin legte er einen Arm um ihre schmale Taille und dirigierte sie, immer noch küssend, durch die inzwischen leeren Straßen zu seinem Apartment … in sein Bett, wo sie sich willig in seine Arme schmiegte und ihm ins Ohr flüsterte, dass sie so etwas noch nie zuvor getan habe …
Ihre kleinen Seufzer … die spitzen Schreie … die wilde Lust. Das alles war so real, dass ihm jetzt noch ganz heiß wurde.
Er fluchte unterdrückt.
„Sir?“, meldete sich sein Fahrer dezent, doch Alex ignorierte ihn, öffnete schwungvoll die Tür des Bentleys und trat hinaus in die Nacht.
Lügen! Alles Lügen, wie er am Morgen erfahren musste, als er seine Hand ausstreckte und das Bett neben sich leer fand. Er dachte, sie sei im Bad. Doch dort war sie nicht. Dann hörte er ihre Stimme, wie eine sanfte Meeresbrise. Ob sie telefonierte? Mit wem?
Aus einem seltsamen Instinkt heraus nahm er den Hörer von dem Apparat, der neben ihm auf dem Nachttisch stand, ans Ohr.
Ja, hörte er sie mit einem leisen Lachen sagen. Ja, Joaquin, ich glaube, ich habe eine reelle Chance, den Auftrag für die Fertigung des Colliers zum Geburtstag der Königin zu bekommen … die Konkurrenz ist wirklich groß, aber ich habe ein gutes Gefühl.
Sie wandte sich um, als er die Küche betrat, und ihre Wangen färbten sich tiefrot.
„Du bist wach“, stellte sie tonlos und mit einem schüchternen Lächeln fest.
Alex nahm ihr den Hörer aus der Hand und legte einfach auf. Dann schwang er sie auf die Arme, trug sie zurück in sein Bett und nahm sie mit einer Wildheit und Leidenschaft, die durch seine namenlose Wut genährt wurde. Danach befahl er ihr, sich anzuziehen und zu verschwinden. Und sich nicht die Mühe zu machen, später etwa im Palast aufzutauchen.
„Deine Chancen, die du selbst so hoch einschätzt, den Auftrag für das Collier meiner Mutter zu bekommen, sind ungefähr so groß wie die eines Schneeballs in der Hölle!“, hatte er ihr noch mit auf den Weg gegeben.
Alex überquerte die Straße.
Das alles lag fast zwei Monate zurück, doch die Wunde, die sie seinem Stolz geschlagen hatte, schmerzte noch immer und wollte sich einfach nicht schließen. Offenbar bedurfte es einer ganz besonderen Behandlung.
Alex wischte sich die nassen Flocken aus der Stirn. Seine Vorhersage war nicht länger eine Metapher. Hier war er, der Schnee, und in wenigen Minuten würde Maria Santos von ihm eine persönliche Einführung in die Hölle erhalten. Und er würde sie damit aus seinem Kopf und Leben verbannen. Für immer.
Maria seufzte, schälte sich aus ihrer klammen Kostümjacke, warf sie achtlos auf einen Stuhl und griff automatisch zum Telefon, um ihre Mutter zurückzurufen. Doch dann zögerte sie.
Warum tat sie sich das an? Einer zehnminütigen Tirade über allerlei Wehwehchen zu lauschen, gefolgt von einer Gardinenpredigt, weil sie den falschen Beruf hatte und nicht so erfolgreich war, wie sonst wer.
Also, raus aus den nassen Sachen, rein ins heiße Badewasser und ab in die Küche, um einen Happen zu essen. Dann konnte sie immer noch anrufen.
Maria hob ihre lädierten Schuhe vom Boden auf, schnitt eine Grimasse und warf sie spontan in den großen Mülleimer neben ihrer Werkbank. Umwerfend chic, aber total unpraktisch, lautete ihr abschließendes Urteil.
Langsam öffnete sie den Rock, lief quer durch ihr Loft zu der Ecke, die sie als ihr Schlafzimmer deklariert hatte, und ließ ihn dort zu Boden fallen. BH und Strumpfhose folgten. Nachdem sie ihr Haar aus der eleganten Spange befreit hatte, beugte sie sich nach vorn und versuchte, die inzwischen heillos zerzausten, feuchten Locken zu ordnen. Anschließend warf sie die haselnussbraune Löwenmähne mit einem Ruck nach hinten und schlüpfte in ein verblichenes Kuschel-Shirt, das ihr bis zu den Knien reichte.
„Dinnerzeit, meine Schöne!“, versuchte sie sich selbst zu ermuntern, obwohl sich ihr Magen beim Gedanken an Essen unangenehm bemerkbar machte. Aber das war nichts Neues. Seit über einer Woche fühlte sie sich immer leicht angeschlagen und hatte mit Übelkeitsanfällen zu kämpfen. Keine große Überraschung, wenn die halbe Stadt mit Grippe daniederlag! Doch, da sie bis zum Ende des Monats noch etwa ein halbes Dutzend Schmuckstücke fertigstellen musste, konnte sie sich momentan keine Krankheit leisten. Ihre Kunden verließen sich auf sie, und Maria brauchte das Geld dringender denn je.
Entschlossen marschierte sie zum Kühlschrank hinüber. Was sollte sie essen? Eine Suppe? Spiegeleier? Gegrillten Käse? Oder sich einfach etwas von Lo Ming, dem Chinesen um die Ecke liefern lassen?
Es läutete an der Tür.
Maria runzelte die Stirn. Wer würde auf die Idee kommen, sie um diese Zeit zu besuchen? Ob Joaquin etwas vergessen hatte?
Es schellte erneut. Maria zwang sich zu einem Lächeln und ging zur Tür, um zu öffnen. „Ernsthaft, Joaquin, du …“
Ihre Stimme verebbte. Vor ihr stand Alexandros Karedes. Schneeflocken schmolzen auf seiner Lederjacke und glitzerten auf dem lackschwarzen Haar wie Diamanten. Maria fühlte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich.
„Guten Abend, Miss Santos.“
Seine Stimme war genau so, wie Maria sie in Erinnerung hatte. Tief und rau. Jetzt klang sie kalt. So eisig wie an jenem schrecklichen Morgen, den sie nie vergessen würde. Als er ihr die furchtbarsten Dinge vorgeworfen und sie mit den hässlichsten Namen tituliert hatte …
„Willst du mich denn gar nicht hereinbitten?“
Maria rang um Fassung. Das letzte Mal, als sie voreinander standen, waren sie auf seinem Terrain gewesen. Dies war ihr Zuhause.
„An der Tür unten ist ein Schild angebracht“, informierte sie ihren Besucher kühl. „Darauf steht: Kein Zutritt für Landstreicher und Hausierer.“
„Sehr amüsant …“
„Was wollen Sie von mir, Prinz Alexandros?“
Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, und Maria, selber ein Opfer seiner Arroganz und Bösartigkeit, stellte frustriert fest, dass sie trotzdem nicht immun gegenüber seinen äußerlichen Qualitäten war.
„Warum so formell, Maria? Bei unserem letzten Treffen warst du sehr viel zugänglicher, wenn ich mich richtig erinnere.“
Sie wusste, dass er sie mit seinen Worten absichtlich verletzen wollte und spürte heiße Röte in ihre Wangen steigen. Dagegen konnte sie leider nichts tun, aber auf verbale Machtspielchen brauchte sie sich nicht mit ihm einzulassen.
„Ich frage Sie zum letzten Mal, Eure Hoheit, was wollen Sie hier?“
„Bitte mich herein, und ich werde dich aufklären.“
„Ich habe nicht die leiseste Absicht, Sie in meine Wohnung zu bitten. Sagen Sie, was Sie zu sagen haben, oder verschwinden Sie. Sie haben die Wahl, so wie ich, wenn ich Ihnen einfach die Tür vor der Nase zuschlage.“
Alex lachte amüsiert auf. Während er lässig und schon halb im Loft gegen den Türrahmen gelehnt stand, musterte er Marias zierliche Gestalt in dem übergroßen Shirt.
„Darauf würde ich nicht wetten.“
Sie auch nicht. Er war groß, athletisch gebaut und gut durchtrainiert. Sie erinnerte sich an seinen starken Körper mit einer Intensität, die ihr Blut plötzlich schneller durch die Adern rauschen ließ.
Sein Lachen verebbte. „Hör zu, ich bin nicht um die halbe Welt geflogen, um mich hier an der Tür abspeisen zu lassen“, erklärte er kühl. „Und ich gehe nicht, ehe ich meine Mission erfüllt habe. Also schlage ich vor, du hörst auf, dich wie ein verzogenes Kind zu benehmen, und lässt mich endlich rein.“
Verzogenes Kind? Das dachte er also von ihr? Dieser Mistkerl, der sie verführt und stundenlang geliebt hatte, nur um ihr später vorzuwerfen, sie hätte ihren Körper aus Profitgier verkauft?
Obwohl … mit Liebe hatte das absolut nichts zu tun gehabt. Nur mit Sex.
Je schneller sie ihn loswurde, umso besser. Maria trat einen Schritt zurück. „Sie haben fünf Minuten.“
Alex schlenderte an ihr vorbei und blieb in der Mitte des Lofts stehen. Maria, die ihm gefolgt war, baute sich mit verschränkten Armen vor ihm auf. Er lächelte sarkastisch und nahm die gleiche Haltung ein. Entnervt schaute sie auf die große Bahnhofsuhr, die an der Wand rechts hinter ihm hing.
„Vier Minuten und vierzig Sekunden“, stellte sie eisig fest. „Sie verschwenden kostbare Zeit, Eure Hoheit.“
„Was ich zu sagen habe, dauert länger als fünf Minuten.“
„Dann werden Sie schnell lernen müssen, sich kurz zu fassen. Ist die Zeit um, rufe ich die Polizei.“
Mit einer blitzschnellen Bewegung streckte er die Hand aus, umfasste Marias Arm und zog sie so dicht an sich heran, dass sie die goldenen Fünkchen in den tiefbraunen Augen sehen konnte. „Wage es, und ich werde jedem Pressegeier die Story auftischen, wie die junge, hoffnungsvolle Schmuckdesignerin Maria Santos versucht hat, an einen Fünfhunderttausend-Dollar-Auftrag zu kommen, indem sie einen Prinzen verführt hat.“
Das reichte! Mit einem Ruck entwand sie ihm ihren Arm. „Versuch nicht, mich mit albernen Lügen einschüchtern zu wollen!“, zischte sie ihn an. „Du könntest dir eine derart negative Presse doch gar nicht leisten!“
„Ich habe früh lernen müssen, mit jeder Art von Presse zu leben, Miss Santos. Das gehört zu meinem Leben. Außerdem bin ich der rechtschaffene und zutiefst entsetzte Verführte, der deinen perfiden Plan aufgedeckt und dich natürlich sofort gefeuert hat.“ Er lächelte dünn. „Die Meute wird dich bei lebendigem Leib verspeisen. Und was glaubst du, werden deine Handvoll integre Kunden dazu sagen, die du irgendwie geschafft hast zu übertölpeln?“
„!Usted es un cochon!“, fauchte sie. „!Un cochon malnacido!“
„Das denke ich nicht. Denn wenn ich wirklich das Schwein wäre, für das du mich hältst, dann hätte ich dir schon damals auf den Kopf zugesagt, was ich von dir halte, anstatt dich nur aus meinem Apartment zu schmeißen.“
Marias Wangen brannten. Spanisch sprach der Schuft also auch!
„Du hast es mir gesagt!“, schnappte sie. „Und jetzt ist es mir ein Vergnügen, mich dafür zu revanchieren. In drei Minuten rufe ich die Cops. Das Theater mit der Presse nehme ich gern in Kauf, wenn ich dich dadurch endlich loswerde!“
„Was ist nur dein Problem, Maria? Hast du vielleicht Angst, dass dein Liebhaber noch einmal zurückkommt?“
„Mein …?“
„Ja, dein Liebhaber. Wie hast du ihn an jenem Morgen noch genannt? Joaquin?“
Joaquin! Der Gedanke war so absurd, dass sie fast laut gelacht hätte, aber das würde sie mehr Energie kosten, als ihr noch zur Verfügung stand. Außerdem war sie Alex keine Rechenschaft schuldig.
„Joaquin geht dich nichts an.“
„Da hast du natürlich recht.“ Er schlenderte zum Fenster und schaute auf seine Limousine hinunter, die in einer Parklücke auf der gegenüberliegenden Seite der Straße wartete. „Aber mir war zufällig ein Logensitz vergönnt, von dem aus ich euer rührendes Tête-à-Tête beobachten konnte. Da kannst du mir eine natürliche Neugier kaum verübeln, oder?“
Maria wurde heißkalt. Der große Luxusschlitten, es war seiner! „Du hast da draußen im Wagen gesessen und mich ausspioniert?“, fragte sie fassungslos.
„Vielleicht solltest du die Anschaffung von Vorhängen erwägen.“
„Du … du …“ Sie wies mit dem Finger in Richtung Tür. „Raus aus meiner Wohnung! Sofort!“
Alex bewegte sich keinen Millimeter. Stattdessen schob er die Hände in die Taschen und musterte seine unfreiwillige Gastgeberin von Kopf bis Fuß. Ihr Outfit sah wirklich nicht danach aus, als hätte sie ihren Liebhaber noch an diesem Abend zurückerwartet. Nicht in einem verblichenen Riesen-Shirt, das ihm von der Größe her auf jeden Fall besser gepasst hätte. Ihre Füße waren nackt, die Haare ein wilder Lockenwust.
Sein Magen zog sich zusammen. Genauso hatten ihre dunklen Locken in der Hitze jener Nacht ausgesehen … eine seidige Masse lustiger Kringel, und in seinem Bademantel hatte sie ebenso verloren und unschuldig gewirkt wie in diesem unaussprechlichen Kleidungsstück, das sie jetzt trug. Und ebenso sexy.
Diese glatte leicht olivenfarbene Haut, die kleinen, hoch angesetzten Brüste, die schmale Wespentaille und die überraschend weibliche Rundung ihrer Hüften. Selbst ihr herzförmiges Gesicht war sexy, mit den leuchtenden Augen und der kecken Nase. Kein Make-up, nicht einmal Lippenstift auf dem weichen Mund, der von seinen Küssen geschwollen war …
Sie wirkte so … wie nannten es die Franzosen? Déshabillé. Als wenn sie gerade aus dem Bett gekommen wäre.
Und zwar aus seinem! Die Erinnerung war lebendig genug, um seine mühsam unterdrückte Begierde wie ein Buschfeuer auflodern zu lassen. Er wollte sie immer noch! Es war ihr Anblick in dem alten Sweatshirt, der ihn dazu gebracht hatte, es sich endlich einzugestehen. Welcher Mann gab schon gerne zu, sich nach einer Frau zu verzehren, die ihn nur benutzt hatte?
Ein Idiot!, sagte Alex sich bitter. Aber das musste ja nicht so bleiben. Er würde den Spieß einfach umdrehen und es dieser kleinen Hexe in gleicher Münze heimzahlen. Und am besten direkt hier, in ihrem eigenen Bett. Er würde sie dazu bringen, vor Lust zu stöhnen und diese spitzen kleinen Schreie auszustoßen, und dann, wenn sie ihn anflehen würde, sie nicht aus seinen Armen zu lassen, würde er ihr ein zweites und letztes Mal befehlen, ihre Sachen zu packen …
„Ihre fünf Minuten sind um“, verkündete Maria in ultimativem Ton.
Alex schaute in ihr wütendes Gesicht und lächelte.
„Findest du das etwa noch lustig?“, fuhr sie ihn an.
„In der Tat.“
Ihr Blick umwölkte sich. „Ich zähle jetzt bis zehn. Es ist deine letzte Chance. Wenn du bis zehn nicht aus der Tür bist …“
„Safir & Fils droht der Bankrott.“
„W…as?“, fragte Maria verblüfft.
„Safir & Fils“, wiederholte er ungeduldig. Da Maria immer noch nicht reagierte, schnalzte Alex verächtlich mit der Zunge. „Kommen Sie, Miss Santos, versuchen Sie jetzt nicht, mir weismachen zu wollen, dass Ihnen der Name Ihrer französischen Konkurrenz plötzlich entfallen ist, nachdem Sie sogar mit vollem Einsatz Ihres wundervollen Körpers um den Auftrag gekämpft haben …“ Seine Stimme troff vor Sarkasmus.
Marias Hand flog hoch, aber Alex war schneller und fing sie auf halbem Weg zu seinem Gesicht ein. „Versuch nie wieder, mich zu schlagen!“, knirschte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Du würdest es bereuen.“
„Lass mich los!“
„Hast du mich verstanden?“
„Du … du widerlicher …“
Alex lachte. „Gib es auf, agapi mou