Kapitän Kaiman - Karl May - E-Book + Hörbuch

Kapitän Kaiman E-Book und Hörbuch

Karl May

4,7

Der Titel, der als Synchrobook® erhältlich ist, ermöglicht es Ihnen, jederzeit zwischen den Formaten E-Book und Hörbuch zu wechseln.
Beschreibung

Kapitän Kaiman heißt der gefährliche Seeräuber, von dessen üblen Machenschaften die Titelerzählung berichtet. In ihr gibt es zudem ein Wiedersehen mit Winnetou und den "Verkehrten Toasts". Die übrigen Geschichten, mit der ersten durch eine Rahmenhandlung verbunden, schildern voller Spannung abenteuerliche Episoden aus dem Leben erprobter Westmänner. Die Rahmenhandlung spielt Mitte der 60er-Jahre des 19. Jahrhunderts.

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Seitenzahl: 706

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Zeit:15 Std. 33 min

Sprecher:Heiko Grauel
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KARL MAY’s

GESAMMELTE WERKE

BAND 19

KAPITÄN KAIMAN

ERZÄHLUNGEN AUS

DEM WILDEN WESTEN

VON

KARL MAY

Herausgegeben von

Lothar und Bernhard Schmid

© 1999 Karl-May-Verlag

ISBN 978-3-7802-1519-2

1. Der Coloradomann

»Ich bleibe dabei: Es hat in den Vereinigten Staaten niemals einen größeren Schurken gegeben als den Kanada-Bill!«

Der hagere, wettergebräunte Trapper, der sich als ‚Coloradomann‘ bezeichnete, hieb mit der Faust auf den Tisch, dass es laut durch den Saloon der ehrbaren Mutter Thick hallte. Die übrigen Gäste lauschten gespannt, und auch ich folgte aufmerksam seiner Erzählung.

Wie aber war ich hierher, in die Firestreet 15 von Jefferson City, gekommen? Schon viele Wochen war ich mit meinem Freund und Blutsbruder Winnetou in Missouri unterwegs, und so wollte ich die Gelegenheit wahrnehmen, in Jefferson City Halt zu machen um mich nach dem Aufenthalt von Old Surehand zu erkundigen[1] und in der City verschiedene Einkäufe zu erledigen.

Mein Pferd und meine Gewehre hatte ich auf einer aufwärts am Fluss liegenden Farm gelassen, wo Winnetou meine Rückkehr erwarten wollte. Er liebte es nicht, in der Stadt zu wohnen und sich auf den Straßen herumzutreiben, und hatte deshalb für einige Tage diesen Aufenthalt auf dem Land genommen. Nun also war ich in dem unter Jägern, Trappern und Squattern berühmten Boarding-house von Mutter Thick eingekehrt. Ich sah einen langen und ziemlich breiten Raum, der von mehreren Lampen hell erleuchtet war. Es standen wohl gegen zwanzig Tische da, von denen die Hälfte besetzt war, und zwar von einer sehr gemischten Gesellschaft, wie ich trotz des außerordentlich dichten Tabakqualms sah. Es gab da einige fein gekleidete Gentlemen – die Papiermanschetten weit aus den Ärmeln hervorstrebend, den Zylinder tief im Nacken und die in glanzledernen Stiefeletten steckenden Füße auf dem Tisch; Trapper und Squatter in allen Formen und Farben und in die unbeschreiblichsten Gewandungen gehüllt; farbige Leute von tiefstem Schwarz bis zum hellen Graubraun, mit wolligem, lockigem und schlichtem Haar, mit wulstigen und schmalen Lippen, mit gestülpten Negernasen oder solchen von mehr oder weniger kaukasischem Schnitt; Flößer und Schiffsknechte, die Stiefelschäfte hoch heraufgezogen und das blitzende Messer neben dem heimtückischen Revolver im Gürtel; Halbblutindianer nebst anderen Mischlingen von allen möglichen Sorten und Schattierungen.

Dazwischen fegte die wohlbeleibte, ehrbare Mutter Thick umher und sorgte mit behänder Gewandtheit dafür, dass keinem ihrer Gäste das mangelte, wonach sein Begehr ging.

Die gute Dame machte ganz den Eindruck einer sehr verständigen, freundlichen und besorgten Hausmutter, deren Glück es ist, Zufriedenheit um sich zu sehen. Auch die Einrichtung des Lokals heimelte mich an, sie war mehr deutsch als amerikanisch zu nennen.

Ich hatte an einem leeren Tisch Platz genommen, welcher in der Nähe einer langen Tafel stand, die von Gästen vollständig besetzt war. Es gab da einige Herren, die man mit dem ersten Blick als wirkliche Gentlemen erkannte, wahrscheinlich Einwohner der Stadt und Stammgäste der Mutter Thick, daneben aber auch Gestalten von der Art, wie ich sie soeben beschrieben habe. Diese Leute hatten, als ich eintrat und mich unfern von ihnen niedersetzte, eine sehr animierte Unterhaltung unterbrochen, um ihre Aufmerksamkeit auf mich zu richten; dann schienen sie einzusehen, dass ich kein würdiger Gegenstand ihres ferneren Interesses sei, und derjenige von ihnen, welcher zuletzt gesprochen hatte, nahm seine unterbrochene Rede wieder auf:

»Ja, es ist so, wie ich sage: Es hat in den Vereinigten Staaten niemals einen größeren Schurken gegeben als den Kanada-Bill. Wer das nicht glaubt, dem will ich es gern und sogleich mit einigen Zoll kalten Eisens in den Leib beweisen. Wünscht einer von Euch diesen Beweis, Mesch’schurs?«

»Nein, wir glauben es gern, wir wissen es ja«, antwortete einer der erwähnten Gentlemen.

»Besser als ich könnt Ihr es nicht wissen, Sir!«

»Ihr habt wohl eine Rechnung mit ihm gehabt?«

»Eine Rechnung? Pshaw! Ein ganzes, großes, vollgeschriebenes Schuldbuch, muss ich sagen. Er war so berüchtigt, dass man sogar drüben im alten Land in den Zeitungen über ihn geschrieben hat, wie ich erfahren habe. Keinem aber hat er in der Weise mitgespielt wie mir.«

Er schien, wie ich, zum ersten Mal hier zu sein, denn als er diese Worte sagte, betrachteten ihn die Anwesenden mit besonderen Blicken.

Er war ein langer, sehr hagerer Mann und trug einen Büffellederrock, der so viel Dienste geleistet hatte, dass er nur noch aus Flicken und Flecken bestand. Die Leggins waren ihm viel zu kurz; sie reichten lange nicht hinab bis zu den Mokassins, die mit vielen Kreuz- und Querstichen von Hirschsehne ausgebessert waren, und auf dem Kopf trug er eine Mütze, die früher vielleicht einmal eine Pelzmütze gewesen war, jetzt aber alle Haare verloren hatte und ihm wie ein umgestülpter Bärenmagen auf dem Haupt saß. Im Gürtel, der mit allen möglichen Requisiten behangen war, steckten Bowieknife, Revolver und Tomahawk; den Lasso hatte er sich in Schlingen unter dem linken Arm bis über die rechte Schulter geworfen, und neben ihm lehnte eine alte Büchse, die vom Kolben bis zum Lauf mit zahlreichen Einschnitten, Kerben und sonstigen für Fremde rätselhaften Zeichen versehen war.

»Ihr macht uns neugierig, Sir«, sagte der Gentleman. »Dürfen wir vielleicht erfahren, in welcher Weise er Euch mitgespielt hat?«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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