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Als Kind geht Karl Lagerfeld nicht gern zur Schule und schreibt sich selbst regelmäßig krank. Eines Morgens übertreibt er es jedoch etwas und behauptet seiner Mutter gegenüber, an Kinderlähmung zu leiden. Der Mutter rutscht die Hand aus, worauf Karl sofort wieder gesund ist. Zur Schule muss er an diesem Tag trotzdem nicht. Die Mutter zeigt sich mitfühlend und schreibt ihrem Sohn eine Entschuldigung wegen Krankheit. Die Diagnose: Schock aufgrund einer Ohrfeige. Karl Lagerfeld nimmt seit nahezu 60 Jahren stilbildenden Einfluss auf die internationale Modewelt. Er designt für Chanel, Fendi und seine eigene Modelinie. Persönliches und Spannendes aus seinem Leben erzählt dieses Buch.
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Seitenzahl: 69
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.
Für Fragen und Anregungen
5. Auflage 2021
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Redaktion: Claudia Fregiehn
Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch
Umschlagabbildung: ullstein bild - AP
Satz: inpunkt[w]o, Haiger
ISBN Print 978-3-7423-0001-0
ISBN E-Book (PDF) 978-3-95971-367-2
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-95971-366-5
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Vorwort
Die Sache mit dem Alter
Klein Karl auf Schatzsuche
Ein Künstler wächst heran
Eine schmerzhafte Bildungslücke
Karl der Simulant
Von Pferden und Kühen
Ein Schüler, der aus dem Rahmen fällt
Der Träumer und die schnellen Autos
Eine überraschende Auszeichnung
Balenciaga oder Balmain?
Lagerfeld erweckt einen Toten
Modelist und Bodybuilder
Die Sonnenbrille
Lagerfeld und die Liebe
Der Kaiser der Mode und der König der Kunst
Lagerfeld und der schnöde Mammon
Lagerfeld der Bibliothekar
Der nervöse Magen
Traumhafte Kreation
Die Kunst der Fotografie
Lagerfeld und der Aberglaube
Eine Villa für ein Parfum
Der Sonne zu nah
Lagerfeld der Prophet
Der Ton macht die Musik
Exklusive Hygieneroutine
Kaiserliche Diät
Es ist gelb, es ist hässlich …
Ein Bär namens Karl
Lagerfeld, Newton und Marlene Dietrich
Eine neue Liebe
Choupette
Unsterblichkeit
Quellennachweis
»Ich wollte mich immer nur von meinen Wurzeln befreien, ummit meinen eigenen Flügeln zu fliegen.«
Karl Lagerfeld (in LagerfeldConfidential)
Wer ist Karl Lagerfeld? Diese Frage wurde schon unzählige Male gestellt und doch bis heute nicht beantwortet. Der unerreichte Maestro der Mode ist ein Faszinosum mit unerschöpflicher Strahlkraft. Er ist nur schwer greifbar, inszeniert sich gekonnt. Mal als unnahbarer Paradiesvogel, ein anderes Mal exzentrisch provokant, und im nächsten Augenblick erzählt er mit angedeutetem Lächeln einen schmutzigen Witz über die Brüste einer reiferen Frau.
Karl Lagerfeld wirkt oft entrückt und fernab jeglicher Realität. Doch dann vollzieht er ganz unerwartet eine 180-Grad-Wende und gibt sich auf einmal für seine Verhältnisse ganz herzlich und offen. Er tänzelt nicht nur leichtfüßig durch die Pariser Hautevolee, Küsschen hier, Küsschen da, macht gekonnt Small Talk mit Modegrößen und Hollywoodschauspielern, nein, wer genau hinschaut, sieht auch immer wieder die menschliche Seite des geheimnisumwobenen Designers durch seine disziplinierte Fassade blitzen. Wenn er etwa – für den Außenstehenden ganz überraschend – die Zimmermädchen in seinem Landhaus zur Begrüßung auf beide Wangen küsst, wirkt das bei Karl Lagerfeld genauso authentisch, wie wenn er Nicole Kidman auf einer Modenschau begegnet.
Er lässt sich eben nicht gerne in die Karten schauen und noch weniger in irgendeine Schublade stecken. Der in Paris lebende Modepapst weiß, wie überlebenswichtig es in seinem Gewerbe ist, anpassungsfähig zu sein. Das heißt aber nicht, mit dem Strom zu schwimmen, sondern sich ständig zu verändern und neu zu erfinden. Der Karl Lagerfeld von morgen ist ein ganz anderer Mensch als der von heute. Auch wenn er meist Schwarz trägt, ist er wandlungsfähig wie ein Chamäleon und taucht plötzlich, wenn man am wenigsten damit rechnet, im golden glänzenden Blouson auf, wo ansonsten ein schwarzes Sakko Pflicht wäre. Doch so ist »Karl der Große«, wie er auch genannt wird, nun mal. Er pfeift auf Konventionen, vor allem auf die der Bourgeoisie, tanzt nach niemands Pfeife außer nach seiner eigenen. Er gibt den Ton an und bestimmt seit Jahrzehnten in der Modeszene, wo es langgeht.
Karl Lagerfeld ist ein Freigeist und Individualist. Schon zu Beginn seiner Karriere in Paris weiß er genau: Er will von niemandem gelehrt werden, er will selbst lernen. So war er schon als Kind. So wurde er erzogen.
Er ist wie der griechische König Midas – was er anfasst, wird zu Gold. Ob als Modeschöpfer oder Fotograf, als Marketinggenie oder Autor, als Entdecker von Topmodels oder Innenarchitekt, das Schicksal scheint es mit Lagerfeld gut zu meinen wie mit kaum einem Zweiten. Der Erfolg fliegt ihm scheinbar mühelos zu. Und doch arbeitet er viel, manchmal rund um die Uhr. Aber das ist für Lagerfeld, der die 80 (möglicherweise) bereits überschritten hat, keine Belastung, sondern viel mehr die Erfüllung. Stress ist für den Mann mit der dunklen Sonnenbrille ein Fremdwort. Er kennt höchstens Strass, wie er einmal sagte.
Karl Lagerfeld ist aber nicht nur der berühmteste Modeschöpfer der Welt, geschweige denn eine Modeerscheinung. Karl Lagerfeld ist ein einzigartiges Stück Zeitgeschichte, das in diesem Büchlein in kleinen Anekdoten geehrt werden soll.
Es ist nichts Ungewöhnliches, dass Frauen aus ihrem Alter ein Geheimnis machen, und gewiss keine Seltenheit, wenn das schöne Geschlecht beim Geburtsjahr ein wenig Kosmetik benutzt. Dabei weiß jeder kultivierte Mensch ohnehin, dass die Frage nach dem Alter einer Frau äußerst indiskret, gar unhöflich ist.
In dieser Hinsicht scheint Karl Lagerfeld seinen Zeitgenossinnen ein bisschen über die Schulter geschaut zu haben. Man braucht nur an der biografischen Oberfläche des Modepapstes zu kratzen, und schon wird offenbar, dass die Quellen sich über sein Geburtsjahr nicht einig sind. Sobald die Frage nach seinem wirklichen Alter aufkommt, zeigt sich Lagerfeld betont gelangweilt. Die einzig halbwegs konkrete Aussage des Modeschöpfers ist die, dass er irgendwann in den Dreißigerjahren geboren wurde. Genauer könne er es beim besten Willen nicht sagen, da seine Geburtsurkunde während des Bombardements der Alliierten auf Hamburg-Altona in Flammen aufging. Lagerfeld ist sich nicht einmal sicher, ob der 10. September wirklich sein Geburtstag ist. Doch das ist ihm ohnehin einerlei. Allein die Vorstellung, das Älterwerden zu feiern, ist in Lagerfelds Augen »grauenhaft«. Also lässt er es schon seit vielen Jahren gleich ganz bleiben.
Doch es gibt ein paar Leute, die sich noch an den jungen Karl erinnern können. Zeitzeugen, die behaupten, das wahre Geburtsjahr des mysteriösen Mannes mit der Sonnenbrille zu kennen. Einer von ihnen ist Kurt Wagner. Er gibt sich als Schulfreund Lagerfeldts – damals noch mit -dt geschrieben, erst später wird Karl den Namen in Lagerfeld ändern – aus und hat tatsächlich einige Fotos aus der gemeinsamen Schulzeit. An der Echtheit der Bilder besteht kaum ein Zweifel. Der junge Karl ist deutlich darauf zu erkennen. Durch seine extravagante Kleidung sticht er auf all den Bildern sofort hervor. Schon damals waren der gestärkte weiße Kragen und eine edle Krawatte für den modebewussten Jungen Pflicht. Die Sonnenbrille sollte allerdings erst später hinzukommen.
Wagner kann seine Geschichte auch mit ein paar Anekdoten aus der gemeinsamen Kindheit untermauern. Genau wie Lagerfeld wächst er auf Gut Bissenmoor auf, wo Wagners Onkel als Verwalter tätig ist. In dieser Zeit werden Karl und Kurt Spielkameraden. Sie schmieden sogar Pläne für den Bau einer Straßenbahnlinie vom Gutshof bis nach Bad Bramstedt, da sie nicht jeden Tag den weiten Weg in die Schule zu Fuß gehen wollen.
Mit seiner Fotosammlung und seinen Erinnerungen wird Kurt Wagner in der deutschen Medienlandschaft bald zu einem gefragten Mann, aber der Ruhm ist nur von kurzer Dauer. Als Lagerfeld 2006 von Sandra Maischberger mit Wagners Geschichte konfrontiert wird, leugnet der Modezar jegliche Verbindung zu den angeblichen Zeitzeugen mit den Worten: »Ich kenne die nicht! […] Nehmen Sie diese Lustgreise da weg.«
Und sowieso – mit Kindern habe er doch nie gespielt, Kinder habe er immer schon gehasst.
Dennoch bleibt Wagner bei seiner Aussage und ordnet Lagerfeld dem Jahrgang 1933 zu. Bloß beweisen kann er seine Geschichte nicht, und so wird das Rätsel um Lagerfelds wahres Alter wohl weiter ungelöst bleiben.
1934, ein Jahr nach der vermeintlichen Geburt ihres Sohnes, ziehen die Lagerfeldts aus dem Hamburger Stadtteil Blankenese auf Gut Bissenmoor in Schleswig-Holstein. Das neue Zuhause der Familie ist ein feudales Landhaus im englischen Tudorstil mit zahlreichen Erkern, Türmchen und Balkonen. Die Einfahrt ist von Obstbäumen und steinernen Vasen gesäumt, es gibt mehrere Ställe und Scheunen. Ein wahres Paradies, das nur darauf wartet, vom kleinen Karl erkundet zu werden. Was er selbstverständlich auch tut, sobald er die ersten eigenen Schritte machen kann. Dabei zieht es den kleinen Racker insbesondere immer wieder auf den Dachboden des Hauses.