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»Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben«, mahnte Michail Gorbatschow DDR-Chef Erich Honecker. Kurze Zeit später fiel die Mauer. Der frühere Sowjet-Präsident hat den Lauf der Geschichte geändert. Ohne ihn wäre die deutsche Wiedervereinigung niemals möglich gewesen. Ohne ihn der Kalte Krieg nie zu Ende gegangen. Für seine Politik von Glasnost und Perestroika wurde »Gorbi«, wie ihn die Deutschen liebevoll nennen, 1990 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Dieses Buch spürt den Menschen hinter dem großen Staatsmann auf und gewährt in kleinen Anekdoten Einblicke in das bewegte Leben dieses Jahrhundertpolitikers.
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Seitenzahl: 64
CHRISTOPH SPÖCKER
MICHAIL GORBATSCHOW
– KLEINE ANEKDOTEN AUS DEM LEBEN EINES GROSSEN POLITIKERS –
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Originalausgabe
1. Auflage 2021
© 2021 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
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Redaktion: Mara Mijolovic
Umschlaggestaltung: Catharina Aydemir
Umschlagabbildung: ZB – Fotoreport
Satz: Tobias Prießner
Druck: Graspo CZ, Tschechische Republik
eBook: ePubMATIC.com
ISBN Print 978-3-7423-1440-6
ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-1100-6
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-1101-3
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.rivaverlag.de
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Vorwort
Die Sache mit dem Namen
Ein Schatz
Die ersten Reisen
Krieg
Briefe post mortem
Zurück auf die Schulbank
Wiedersehen
Auszeichnung
Schwarzfahrer
Ceterum censeo …
Keine Diskussion
Per Sie mit der großen Liebe
Der erste Kuss
Zonenleben
Sekt und Stoli
Ein Kind kommt zur Welt
Staatsanwalt Gorbatschow
Ein schlaues Mädchen
Promotion und Pelmeni
Große Pläne
KGB-Chef Andropow
Der Ruf der Hauptstadt
Opa Gorbatschow
Kanada
Nachfolge
Neue Wege
Dinosaurier und Betonkommunist
Besuch in Deutschland
Glasnost
Der Vorhang fällt
Nobelpreis
Grünes Kreuz
Abschied
Alte Briefe
Quellen
»Wer zu spät kommt,den bestraft das Leben.«
Genau genommen hat der sowjetische Generalsekretär diesen Satz so nie gesagt. Trotzdem gilt er als sein wohl bekanntestes Zitat. Wenn man einen Blick in die Archive wirft, findet man schnell, dass der Dolmetscher Gorbatschows Ausspruch nur ein wenig verändert hat. Und schon ist ein Zitat für die Ewigkeit entstanden, das übrigens maßgeblich zum Sturz des DDR-Regimes und der deutschen Wiedervereinigung beigetragen hat.
Michail Sergejewitsch Gorbatschow ist in der Tat eine schillernde Figur der Weltgeschichte. Nicht nur aufgrund des auffälligen Muttermals auf seinem Kopf, sondern vor allem wegen seiner einzigartigen Verdienste für sein Land und für die Welt.
Als Initiator von Perestroika und Glasnost ist er die treibende Feder in der Öffnung und Demokratisierung der Sowjetunion. Er leistet mit seinen Staatsbesuchen und seiner diplomatischen Ader unschätzbar wertvolle Beiträge zur atomaren Abrüstung und führt in Zusammenarbeit mit Ronald Reagan, Margaret Thatcher und anderen hohen Politikern das Ende des Kalten Krieges herbei.
Als Sohn einer armen Bauernfamilie im Nordkaukasus ist seine Kindheit geprägt von Entbehrungen. Er ist noch klein, als der Zweite Weltkrieg ausbricht und sein Vater Sergej Andrejewitsch Gorbatschow an die Front beordert wird. Dadurch ist Michail Gorbatschow früh gezwungen, erwachsen zu werden. Seine unermüdliche Arbeitsmoral lässt sich sicherlich auch auf seine Kindheit und die harte Arbeit in der Landwirtschaft zurückführen.
Betrachtet man seinen einfachen bäuerlichen Hintergrund, ist es schwer vorstellbar, wie dieser Junge aus der Provinz zu einem der mächtigsten Männer des Planeten aufsteigen kann.
Michail Gorbatschows Leben erzählt eine Erfolgsgeschichte, wie man sie nur selten findet.
Auf seinem Weg vom gelernten Mechaniker zum Jahrhundertpolitiker erlebt Michail Gorbatschow eine unglaubliche Karriere. Am 2. März 2021 feiert der große Staatsmann seinen neunzigsten Geburtstag. Dazu möchten wir herzlich gratulieren und mit den hier gesammelten Anekdoten einen kleinen Einblick in das Leben dieses großen Staatsmannes geben.
Als Michail Gorbatschow am 2. März 1931 in Priwolnoje das Licht der Welt erblickt, ahnt noch niemand, was für eine Schlüsselrolle dieses Kind später einmal in der Weltgeschichte einnehmen wird.
Dabei sind die Zeichen von Anfang an recht deutlich. Seine Eltern, Kolchosbauern wie der Rest der Dorfbewohner, leben damals zusammen mit Michails Großeltern in einer bescheidenen Behausung. Sie besteht aus der Stube der Großeltern, einem Gemeinschaftsraum und einer Vorratskammer. In diesem bescheidenen Raum, gebettet auf ein Lager aus Stroh, bringt seine Mutter Maria Pantelejewna Gopkalo ihren Erstgeborenen zur Welt.
Der Stall ist gleich nebenan und da ist es nicht weiter verwunderlich, dass Gorbatschows Tochter Irina später einen naheliegenden Vergleich zieht.
»[D]u bist ja geboren wie Jesus Christus«, sagte Irina damals.
Der Vater lacht angesichts dieser Parallele und ermahnt seine Tochter zugleich mit den Worten: »Aber sag es niemand weiter.«
Ursprünglich bekommt Gorbatschow von seinen Eltern den Namen Viktor. Doch sein Großvater Andrej hat offenbar andere Pläne für den Enkel. So antwortet Andrej dem Priester während der Taufe, der Junge solle Michail heißen. Womit die Namensgebung der Eltern nichtig und der Name des Jungen ein für alle Mal festgelegt ist. Nicht Viktor, sondern Michail heißt der Sprössling der Gorbatschows fortan. Und dieser Michail wird schon bald in aller Munde sein. Nicht nur in Russland und der Sowjetunion, sondern weit über die Grenzen des einstigen Zarenreichs hinaus.
Der kleine Michail wächst in materiell bescheidenen Verhältnissen auf. In seinem Heimatdorf gibt es weder Strom noch Radio. Die Gegend ist geprägt von Ackerbau und Viehzucht, wobei der Großteil der landwirtschaftlichen Erzeugnisse nach Moskau, St. Petersburg oder auch in Großstädte im Ausland exportiert wird. Die Böden in Priwolnoje sind nicht besonders fruchtbar, und die kargen Steppengebiete sind alles andere als ideal für die Landwirtschaft. Temperaturen zwischen minus zwanzig und minus dreißig Grad sind im Winter keine Seltenheit. Im Sommer hingegen machen heiße Sandstürme den Menschen das Leben schwer. Trotz aller Widrigkeiten ringen die Bewohner der Region Stawropol dem Land Jahr um Jahr den nötigen Ertrag ab, um ihr Überleben zu sichern.
Durch die Kargheit der Region und die im Übrigen äußerst bescheidenen Lebensumstände sind die Menschen aus Priwolnoje und Umgebung jeher zu Sparsamkeit und gewissenhafter Vorratshaltung gezwungen.
So lässt sich auch leichter nachvollziehen, warum Michails Großvater Andrej zu Anfang des 20. Jahrhunderts auf dem Dachboden seiner Hütte einen besonderen Schatz versteckte. Michail, der sich später mit Vorliebe auf dem Dachboden herumtreibt, um zwischen Zwiebacksäcken ein Nickerchen zu halten, stößt eines schönen Tages auf das Schmuckstück seines Großvaters.
Zwei Säcke voll mit »merkwürdigen farbigen Scheinen« tauchen da auf einmal inmitten der Lebensmittelvorräte auf. Säcke voller Geld! Was auf den ersten Blick wie ein wahrlicher Schatz aussehen muss, stellt sich schnell als völlig wertloses Papier heraus.
Die seltsamen Scheine sind nämlich keine russischen Rubel, sondern vielmehr sogenannte Kerenki.
Dabei handelt es sich um die Währung, die die provisorische Regierung Russlands nach der Oktoberrevolution 1917 ausgab. Michails Großvater hat sie vorsichtshalber aufgehoben in dem Glauben, sie könnten vielleicht eines Tages wieder einen Wert haben.
Dieser Tag ist am Ende nie eingetreten, doch die Geschichte spiegelt die Mentalität der damaligen Landbevölkerung auf eindrucksvolle Weise wider. Michail Gorbatschow selbst resümiert die Geschichte trocken mit den Worten: »Wie Bauern eben so denken!«
In seiner Zeit als Politiker bereist Michail Gorbatschow fast den gesamten Erdball. Doch in seiner Kindheit und Jugend verlässt er seinen Heimatort Priwolnoje so gut wie nie.
Da sind sein erster Ausflug nach Stawropol mit einigen Mechanikern und die Fahrt zur Bahnstation Pestschanokopskoje mit seiner Tante Sanja sicherlich willkommene Abwechslungen zum immer gleichen Landleben und der Monotonie des Bauerndaseins.
Vor allem die Fahrt zur Bahnstation mit seiner Tante bleibt Michail im Gedächtnis. An jenem Tag sieht er zum ersten Mal in seinem jungen Leben eine Lokomotive.
Bis es allerdings soweit ist, dass der Junge seine Heimat verlassen und sich in der Hauptstadt größeren Aufgaben stellen wird, muss er sich mit Ausflügen zu seinem Großvater Pantelej und seiner Großmutter Wasilisa ins Nachbardorf begnügen.
Immer häufiger zieht es Michail zu seinen Großeltern. Auch wenn ihn die Eltern lieber in Priwolnoje sehen wollen, lässt sich ihr Sohn nicht von ihnen aufhalten und läuft dem Fuhrwerk seines Opas oft kilometerlang hinterher.
In der Regel zeigt sich Pantelej seinem Enkel gegenüber wohlwollend und lässt ihn nach einer Weile auf dem Karren mitfahren.