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Der erfolgreiche Unternehmer Luke tobt: Seine unfähige Assistentin Evi hat vergessen, ihm wichtige Unterlagen mitzugeben, die er an Weihnachten durcharbeiten will. Wenn sie ihm die nicht sofort zu seiner abgelegenen Hütte in den Bergen bringt, ist sie gefeuert! Da Evi jedoch ihr Flugzeug nach Spanien erwischen muss, springt ihre Kollegin Lara ein. Ihr macht der knurrige, wenngleich auch sehr attraktive Anwalt keine Angst. Als Schnee und Nebel sie daran hindern, sein Luxus-Domizil wieder zu verlassen, muss sie notgedrungen dort bleiben und Weihnachten ausgerechnet mit diesem Scheusal verbringen. Luke ist total genervt von dieser quirligen Person, die ihm nicht einen Funken Respekt entgegenbringt. Und dann hat sie auch noch zwei haarige Ungeheuer namens Katzen mitgeschleppt, die ihm dauernd um die Füße laufen und ihn ganz irre machen. Dabei wollte er an Weihnachten doch nur seine Ruhe haben! Lara schert sich null um die Bedürfnisse ihres Vorgesetzten und bringt ihn damit zur Weißglut. Ehe Luke sich versieht, steht er mit einer Schürze am Herd und muss zu allem Überfluss auch noch Weihnachtslieder singen. Was für ein Grauen! Doch der Weihnachtsmann hat für die beiden Streithähne noch ein ganz besonderes Geschenk im Gepäck …
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Tina Keller
Kiss the Boss
on Xmas
Der erfolgreiche Anwalt Luke tobt: Seine unfähige Assistentin Evi hat vergessen, ihm wichtige Unterlagen mitzugeben, die er an Weihnachten durcharbeiten will. Wenn sie ihm die nicht sofort zu seiner abgelegenen Hütte in den Bergen bringt, ist sie gefeuert!
Da Evi jedoch ihr Flugzeug nach Mallorca erwischen muss, springt ihre Kollegin Lara ein. Ihr macht der knurrige, wenngleich auch sehr attraktive Anwalt keine Angst.
Als Schnee und Nebel sie daran hindern, seine Hütte wieder zu verlassen, muss sie notgedrungen dort bleiben und Weihnachten ausgerechnet mit diesem Scheusal verbringen.
Luke ist total genervt von dieser quirligen Person, die ihm nicht einen Funken Respekt entgegenbringt. Und dann hat sie auch noch zwei haarige Ungeheuer namens Katzen mitgeschleppt, die ihm dauernd um die Füße laufen und ihn ganz irre machen. Dabei wollte er an Weihnachten doch nur seine Ruhe haben.
Lara schert sich null um die Bedürfnisse ihres Vorgesetzten und bringt ihn damit zur Weißglut. Ehe Luke sich versieht, steht er mit einer Schürze am Herd und muss zu allem Überfluss auch noch Weihnachtslieder singen. Was für ein Grauen!
Doch der Weihnachtsmann hat für die beiden Streithähne noch ein ganz besonderes Geschenk im Gepäck …
Kapitel 1 – Lara
Ich weiß, dass es meine Schuld ist!“
Meine Kollegin Evi steht heulend in der Tür und putzt sich geräuschvoll die Nase.
„Aber jedem passieren doch mal Fehler, oder? Ja, verdammt noch mal, ich habe vergessen, meinem Boss die kompletten Unterlagen für sein neues Projekt mitzugeben. Zwei wichtige Verträge fehlen. Ich gebe es zu. Aber dass er mich immer gleich so anbrüllen muss … Ich halte das mit ihm einfach nicht mehr aus. Morgen kündige ich.“
Evi schluchzt auf. Sie hat seit ein paar Wochen einen neuen Boss, und zwar einen ziemlich garstigen. Er sieht zwar hammermäßig aus, aber seine Attraktivität kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er der absolute Sklaventreiber ist. Er scheucht Evi von morgens bis abends nur herum und sie kann sich meistens nicht mal einen Kaffee kochen, so sehr ist sie im Stress. Früher ist sie öfter mal auf einen Plausch bei uns vorbei gekommen, aber seit sie für Luke arbeitet, sehen wir sie gar nicht mehr. Oder höchstens abends im Fahrstuhl, wenn sie völlig erschöpft nach Hause kriecht.
„Jetzt beruhig dich mal.“
Ich stehe auf und lege meinen Arm um Evis Schultern. So langsam mache ich mir wirklich Sorgen um sie. Sie ist nur noch gehetzt und kommt schon morgens mit rotem Kopf im Büro an. Das geht so einfach nicht weiter. Irgendjemand muss sich diesen Luke mal vorknöpfen. Ich hätte kein Problem damit, das zu tun, aber letztendlich bin ich auch nur eine kleine Sekretärin und habe nicht die Befugnis, meinen Vorgesetzten zurecht zu stutzen. Schade eigentlich, denn ich glaube, ich wäre ganz gut darin.
„Wie soll ich mich denn beruhigen?“, heult Evi noch lauter. „Dieser Mistkerl will mir meinen Urlaub verbieten. Wahrscheinlich ist er sauer, dass er selbst keinen machen kann. Aber das ist doch nicht meine Schuld. Was kann ich denn dafür, dass der Herr Super-Anwalt sich einbildet, er müsse morgens der erste und abends der letzte im Büro sein? Ich weiß gar nicht, wann er überhaupt schläft.“
„Oder wann er Sex hat“, erwidert Nina verträumt, mit der ich mir das Büro teile. Wie fast alle weiblichen Angestellten der Kanzlei fährt sie total auf Luke ab und liegt mir ständig in den Ohren, dass sie zu gern mal eine heiße Nacht mit ihm verbringen würde.
„So ein Kerl wie er muss sich doch auch mal richtig austoben. Meint ihr, er bestellt sich eine Professionelle? Ach nein, das hat er überhaupt nicht nötig. Vielleicht sollte ich abends mal ganz unverbindlich bei ihm vorbeischauen und ihn fragen, ob er gerade ein bisschen Entspannung braucht. Dann würde ich auf allen Vieren unter den Schreibtisch kriechen und ihm …“
„Nina, behalte deine obszönen Gedanken für dich“, stöhne ich. „Wir haben hier im Moment echt andere Probleme.“
Beleidigt klappt Nina ihren Mund zu.
„Er hat mich so sehr angeschnauzt, dass ich ihm fast gesagt hätte, er solle mich doch erschießen“, klagt Evi. „Aber er würde garantiert nur erwidern, dass er die Verträge davon auch nicht hat.“
Ich runzele die Stirn.
„Aber warum bringst du sie ihm nicht einfach vorbei oder beauftragst einen Kurier? Ich verstehe ehrlich gesagt dein Problem nicht.“
„Mein Problem ist, dass Luke nicht zu Hause ist“, jammert Evi. „Natürlich wäre es kein Ding, ihm die Verträge nach Zehlendorf zu bringen. Aber nein, dort ist er gar nicht. Er ist in irgendeiner Hütte in den Bergen bzw. auf dem Weg dorthin. Mit der Post klappt das nicht mehr, und ein Kurier fährt erst gar nicht in diese Einöde. Außerdem vertraut Luke weder der Post noch einem Kurier. Dazu sind die Unterlagen zu wichtig. Ich soll sie ihm höchstpersönlich bringen. Aber da bin ich doch Stunden unterwegs! Und mein Flugzeug nach Mallorca geht heute Nachmittag! Das schaffe ich nicht! Jetzt verdirbt er mir auch noch meinen langersehnten Urlaub!“
Bei dieser Vorstellung beginnt Evi noch mehr zu weinen. Ich drücke sie an mich und streiche ihr über den Rücken.
„Ich will aber nach Mallorca“, schnieft sie. „Ich habe lange dafür gespart und mich so sehr darauf gefreut. Meine ganze Familie wird da sein. Soll ich etwa als Einzige hier in Berlin bleiben? Und mir die Augen ausweinen, weil ich an Weihnachten allein bin?“
„Natürlich nicht“, beruhige ich sie und denke kurz nach. „Selbstverständlich fliegst du nach Mallorca. Es gibt für alles eine Lösung. In diesem Fall lautet sie: Ich fahre zu deinem Boss. Wo genau ist er denn? Und warum will er ausgerechnet an Weihnachten diese Unterlagen durcharbeiten? Feiert er nicht?“
Evis Miene hellt sich schlagartig auf.
„Das würdest du wirklich für mich tun?“, fragt sie und ihre Augen leuchten. „Du würdest tatsächlich zu dieser Hütte fahren und ihm die Unterlagen aushändigen? Es ist aber echt weit weg, irgendwo im Harz. Keine Ahnung, wie er Weihnachten verbringt. Ich finde es auch merkwürdig, dass er über die Feiertage diesen Ordner mitgeschleppt hat. Er ist eben ein seltsamer Typ.“
„Aber auch verdammt heiß“, mischt sich Nina wieder ein und verdreht schmachtend ihre Augen.
„Ich weiß gar nicht, wie du für ihn arbeiten kannst. Man kriegt doch schon Schnappatmung, wenn man ihn nur sieht. Ich könnte mich überhaupt nicht konzentrieren.“
Evi seufzt steinerweichend auf.
„Glaub mir, auf sein Aussehen achtest du spätestens ab dem zweiten Tag nicht mehr“, gibt sie bekannt. „Ich bin so im Stress, dass mir das völlig egal ist. Ich sehe es gar nicht mehr.“
„Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen“, erwidert Nina ungläubig. „Diese tollen Muskeln, das schöne Gesicht, die Hammer-Augen … Mir schlottern schon die Knie, wenn ich nur daran denke.“
„Dann fahr du doch zu ihm in seine Hütte und schieb eine heiße Weihnachtsnummer mit ihm“, schlage ich grinsend vor.
Nina hebt bedauernd ihre Achseln.
„Dagegen hätte ich absolut nichts einzuwenden. Aber leider geht das nicht, denn ich fahre heute zu meinen Eltern nach Bayern. Ansonsten jederzeit gern.“
„Und du würdest das wirklich für mich machen, Lara?“, vergewissert Evi sich noch mal aufgeregt. „Musst du denn nirgendwohin?“
„Doch, nach Paderborn“, antworte ich. „Dort wohnt meine buckelige Familie. Wenn die Hütte irgendwo im Harz liegt, ist das überhaupt kein Problem. Ich fahre dreieinhalb Stunden bis dorthin und dann nochmal zweieinhalb Stunden bis nach Hause. Es ist nur ein minimaler Umweg. Das mache ich gern für dich.“
„Lara, du bist ein Schatz!“ Evi fällt mir ungestüm um den Hals. „Du rettest mich damit wirklich. Oh Mann, du hast echt was gut bei mir. Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken kann. Das Geld für den Sprit gebe ich dir natürlich wieder. Das bekomme ich sogar von der Firma ersetzt.“
„Schon gut, lass mal stecken“, winke ich ab. „Das verbrauche ich ja sowieso. Ich bin froh, wenn ich dir helfen kann, Süße. Genieß du mal schön deinen Urlaub auf Mallorca. Den hast du dir redlich verdient. Du bist total überarbeitet, seit dieser Typ auf der Bildfläche erschienen ist.“
„Allerdings“, stöhnt Evi und reibt sich über die Stirn. „Früher habe ich meinen Job so gern gemacht, aber seit ich für diesen Sklaventreiber arbeite, habe ich überhaupt keine Lust mehr. Wenn das so weitergeht, werde ich mich nach einem neuen Job umsehen.“
Das sagt sie jeden Tag ungefähr hundertmal.
„Erhol dich ein bisschen“, rate ich ihr und lege meine Hand auf ihre Schulter. „Vielleicht sieht die Welt danach schon ganz anders aus.“
Evi lächelt. „Das werde ich. Ich meine, ich werde mich erholen. Aber dass die Welt danach anders aussieht, bezweifele ich. So lange Luke mein Vorgesetzter ist, ganz bestimmt nicht. Da ist jeder Tag ein Kampf.“
Wir arbeiten als Sekretärinnen in einer international tätigen Kanzlei mit dreihundert Angestellten. Evi ist schon genauso lange dabei wie Nina und ich, seit fünf Jahren. Vor ein paar Monaten ist ihr Chef in Rente gegangen und jetzt hat sie das zweifelhafte Glück, für Luke zu arbeiten. Seitdem hat sie sich total verändert. Vorher war sie immer gut gelaunt und hat uns oft zum Lachen gebracht. Jetzt ist sie nur noch ein Schatten ihrer selbst und tut mir unsagbar leid. Vielleicht hat sie irgendwann die Möglichkeit, sich intern versetzen zu lassen. Das ist ihre einzige Chance. Und wenn ich ihr auch nur ein kleines bisschen helfen kann, dann tue ich das von Herzen gern.
Ich folge Evi in ihr schickes Büro, das sie sich mit zwei anderen Kolleginnen teilt. Sie händigt mir einen DIN A4 Briefumschlag aus und sieht mich eindringlich an.
„Verlier den bloß nicht“, bittet sie mich. „Luke reißt mir sonst den Kopf ab.“
„Das sind jetzt aber nicht die Originalverträge, oder?“, vergewissere ich mich. „Es sind hoffentlich nur Kopien.“
Evi nickt. „Natürlich sind es nur Kopien. Ich bin ja nicht total bescheuert.“
„Warum scannst du sie nicht ein und schickst sie Luke per Mail?“, will ich wissen.
Evi rollt mit den Augen.
„Weil die Hütte offenbar so weit ab vom Schuss liegt, dass man keinen Internetempfang hat. Außerdem hat Luke dort keinen Drucker. Er braucht die Verträge aber in gedruckter Form, damit er darin herumkritzeln kann. Er sagt immer, er muss die Schriftstücke in Papierform vor sich haben, weil er auf dem Laptop vieles übersieht.“
„Das leuchtet ein. Gibst du mir die genaue Adresse? Und hast du ihn schon informiert, dass ich ihm die Unterlagen bringen werde und nicht du?“, will ich wissen.
In diesem Augenblick klingelt Evis Telefon und sie überschlägt sich fast, um so schnell wie möglich an den Apparat zu kommen. Offenbar wartet ihr Boss nicht gern. Evi nickt mir zu und schaltet den Lautsprecher ein.
„Ich muss darüber überhaupt nicht nachdenken“, schnaubt eine herrische Stimme. „Es ist mir völlig egal, wenn Sie Ihren Urlaub nicht antreten können. Das ist nicht mein Problem. Es ist ganz allein Ihre Schuld, wenn Sie so unkonzentriert sind und vergessen, mir die Hälfte der Unterlagen mitzugeben. Dafür müssen Sie geradestehen.“
Evi holt tief Luft und läuft dunkelrot an.
„Ich habe eine Lösung gefunden“, piepst sie und spielt hektisch mit ihrer Haarspange. „Eine Kollegin wird Ihnen die Unterlagen vorbeibringen. Sie heißt Lara Wolters. Vielleicht kennen Sie sie. Sie arbeitet für Herrn Haselmann. Ist das in Ordnung? Dann könnte ich doch noch in den Urlaub fliegen.“
Ich rolle mit den Augen. Warum sollte das nicht in Ordnung sein? Es ist doch völlig egal, wer diesem Querulanten die Unterlagen bringt. Hauptsache, er bekommt sie. Ist Evi nicht ein bisschen zu unterwürfig? Warum in aller Welt fragt sie, ob es in Ordnung ist, wenn ich die Unterlagen vorbeibringe? Sie soll diesem Typen einfach mitteilen, dass es so ist und fertig. Ich würde da gar nicht so viel Federlesens machen.
Ich vernehme ein entnervtes Stöhnen am anderen Ende des Telefons.
„Das ist mal wieder typisch“, meckert die Stimme los. „Andere das ausbaden lassen, was man selber verbockt hat. Na schön. Ich bin schließlich kein Unmensch. Aber vergessen Sie bloß nicht die kompletten Verträge. Die Anhänge müssen unbedingt dabei sein. Über Weihnachten ist niemand im Büro. Wenn Sie Ihrer Kollegin nicht alles komplett mitgeben, kann ich damit nichts anfangen. Dann werde ich aber wirklich sauer.“
Im Geiste tippe ich mir an die Stirn. Der Typ hat wirklich eine Schraube locker. Jedem passieren mal Fehler, ihm sicher auch. Da muss er Evi nicht gleich zur Schnecke machen. Und wenn er diese verdammten Unterlagen rechtzeitig bekommt, soll er sich mal nicht so aufspielen. Ich glaube, Evi ist ihm gegenüber viel zu demütig. Ich an ihrer Stelle würde ihn mal richtig auflaufen lassen. Soll er doch sehen, wie weit er ohne seine Assistentin kommt.
„Natürlich ist alles vollwertig … äh … vollständig“, haspelt Evi nervös und ich kann ihr ihre Angst ansehen, dass sie womöglich doch etwas vergisst.
„Selbstverständlich habe ich die Anhängsel … äh … Anhänge mit eingepackt. Es ist alles vollendet … äh … vollständig.“
Mitleidig schüttele ich den Kopf. Du liebe Güte, dieser Kerl macht sie so verrückt, dass sie nicht mal mehr in der Lage ist, einen fehlerfreien Satz von sich zu geben. So war sie früher nie. Die Arbeit mit ihm muss die Hölle sein. Evi tut mir von Herzen leid.
„Das will ich Ihnen auch geraten haben“, bellt Luke. „Wann wird Frau Wolters voraussichtlich eintreffen? Ich bin mir nicht sicher, ob ich Empfang habe, wenn ich an meinem Domizil eingetroffen bin. Wahrscheinlich nicht. Also wird sie mich telefonisch nicht erreichen können.“
Ich nicke Evi zu und bedeute ihr, mir den Hörer zu geben.
„Guten Tag, Herr Lindner“, begrüße ich den Sklaventreiber freundlich. „Lara Wolters am Apparat. Ich werde morgen gegen 10 Uhr losfahren. Demzufolge müsste ich um 13 Uhr bei Ihnen sein. Falls Sie nicht da sind: Soll ich den Umschlag in den Briefkasten stecken?“
„Auf gar keinen Fall!“, donnert eine barsche Stimme los. „Unterstehen Sie sich, diese wichtigen Unterlagen einfach irgendwo abzuladen! Sie müssen sie mir persönlich übergeben! Meine Güte, bin ich eigentlich nur noch von Dilettanten umzingelt? Am besten legen Sie sie auf die Fußmatte, damit sie jeder dort wegnehmen kann!“
Seine Stimme trieft vor Sarkasmus.
Der Typ hat echt einen Knall. Wenn er in einer abgelegenen Hütte wohnt, wird wohl kaum jemand vorbeikommen, der den Briefkasten abschraubt und irgendwelche Unterlagen klaut. Er scheint ganz schön Paranoia zu schieben.
„Okay, ich werde abwarten, bis Sie mir in voller Schönheit die Tür öffnen und ich mich an Ihrem Anblick erfreuen kann“, rutscht mir heraus.
Evi reißt erschrocken ihre Augen auf.
Das scheint dem attraktiven Ausbeuter erst mal die Sprache zu verschlagen.
„Hallo, sind Sie noch da?“, rufe ich in die Muschel.
„Ja“, kommt es einsilbig zurück.
Dann folgt nichts mehr. Ist die Verbindung abgebrochen oder weiß er nicht mehr, was er sagen soll?
„Wir sehen uns morgen gegen 13 Uhr“, verabschiede ich mich. „Wenn ich im Stau steckenbleibe, komme ich logischerweise später. Falls ich Sie telefonisch nicht erreichen kann, müssen Sie eben auf mich warten. Das wird kein allzu großes Drama sein, denn Sie sind ja sowieso in Ihrer Hütte. Also, tschö mit ö.“
Grinsend drücke ich auf die Aus-Taste. Evi starrt mich mit offenem Mund an.
„Wie … Wie sprichst du denn mit ihm?“, stammelt sie. „So kannst du doch nicht mit ihm reden! Immerhin ist er mein Boss.“
„Aber nicht meiner“, stelle ich ungerührt klar.
Natürlich weiß ich, dass Luke Lindner in der Hierarchie weit über mir thront und so etwas wie mein Vorgesetzter ist. Aber ehrlich gesagt ist mir das egal. Ich war noch nie der Ansicht, dass man die Hacken zusammenschlagen muss, weil jemand beruflich in einer stärkeren Position ist. Das macht denjenigen nicht automatisch zu einem besseren Menschen. Ich habe es nicht so sehr mit Unterwürfigkeit. Jedenfalls würde ich mich niemals so wie Evi behandeln lassen, sondern eine klare Ansage machen. Man ist doch kein Sklave, nur weil man als Sekretärin arbeitet!
Ich glaube, ich muss diesem Luke mal ordentlich die Leviten lesen!
Kapitel 2 – Lara
Am nächsten Tag stehe ich früh auf, erledige ein paar Handgriffe in meiner Wohnung und freue mich auf entspannte Tage im Kreise meiner Familie. Da alle Nachbarn an Weihnachten ausgeflogen sind und ich niemanden gefunden habe, der sich um meine Katzen kümmert, werden sie mich begleiten. Ich habe einen riesigen Korb gekauft, in dem locker zwei Doggen Platz hätten, sodass sie sich einigermaßen bewegen können. Trotzdem tut es mir leid, dass sie stundenlang eingesperrt sein werden.
„Sorry, dass ich euch das zumuten muss“, entschuldige ich mich bei meinen flauschigen Gefährten. „Aber ich kann euch nicht allein lassen. Außerdem wollen wir doch alle zusammen Weihnachten feiern, oder? Wie könntet ihr da nicht dabei sein! Ihr seid doch ein Teil meiner Familie.“
Verständnisvoll blicken Fix und Foxi mich an und lassen sich klaglos in den Korb heben. Nachdem ich meinen Koffer und natürlich die wichtigen Unterlagen in mein Auto gewuchtet habe, geht es los.
Besonders schnell komme ich allerdings nicht voran, denn es beginnt heftig zu schneien. Auch das noch! Zwar liebe ich Schnee, aber nicht gerade, wenn ich im Auto sitze und eine weite Strecke vor mir habe.
„Vielleicht hört es gleich auf“, murmele ich und schiebe eine CD in den Player. Die Aussicht, mindestens sechs Stunden im Schnee unterwegs zu sein, ist nicht gerade erfreulich.
Doch leider hört es nicht auf. Eher im Gegenteil. Am liebsten würde ich umkehren, aber ich habe versprochen, diese ach so wichtigen Unterlagen bei dem Sklaventreiber namens Luke abzugeben. Daran muss ich mich halten, ob es mir gefällt oder nicht. Also beiße ich die Zähne zusammen und krieche mit 30 Stundenkilometern über die Autobahn. Die Sicht wird immer schlechter und es ist furchtbar anstrengend, bei diesen Wetterbedingungen zu fahren.
An einer Raststätte steige ich aus, kraule meine Kätzchen und versuche, Luke auf seinem Handy zu erreichen, doch er nimmt nicht ab. Wahrscheinlich hat er dort oben in der Hütte tatsächlich keinen Empfang. Na toll. Wahrscheinlich werde ich Stunden später als angekündigt bei ihm auflaufen und seinen Zorn auf mich ziehen. Andererseits soll er froh sein, dass ihm bei diesem beschissenen Wetter überhaupt jemand seine Unterlagen vorbeibringt.
Warum muss er sich auch an Weihnachten in einer abgelegenen Hütte aufhalten? Warum fährt er nicht in ein teures Luxushotel, wo es WLAN und einen Drucker gibt? Dann hätte Evi ihm die Unterlagen per Mail schicken können und alles wäre viel einfacher gewesen.
Ob er eine Frau mitgenommen hat, die ihm die Weihnachtstage versüßt? So viel kann man in einer abgelegenen Hütte eigentlich nicht machen – außer … naja …
Ich schüttele den Kopf. Wo kommen denn diese Gedanken her? Das hat mich gar nicht zu interessieren. Mir doch egal, ob er drei Tage lang irgendwelche Orgien feiert oder tatsächlich seine Verträge durcharbeitet.
Okay, mir ist selbstverständlich nicht entgangen, dass er ein verdammt attraktiver Mann ist. Genauer gesagt ist er ein Mann, nach dem sich alle Frauen umdrehen. Er ist ein echter Hingucker mit seinem durchtrainierten Körper und dem markanten Gesicht samt unglaublich schöner, grüner Augen. Ich bin ihm ein paar Mal auf dem Flur begegnet und sein Aussehen hat mich echt umgehauen. Trotzdem würde ich mir nicht das bieten lassen, was sich Evi tagtäglich von ihm bieten lässt. Nur, weil er fantastisch aussieht, kann er sich noch längst nicht alles herausnehmen.
Verheiratet ist er nicht und eine feste Partnerin scheint er auch nicht zu haben. Aber klar, wer so aussieht wie er, bindet sich natürlich nicht an eine einzige Frau, wenn er alle haben kann. Ich wette, er legt die Frauen reihenweise flach. Irgendwo muss er ja einen Ausgleich zu seinem stressigen Beruf haben. Evi hat mir erzählt, dass er morgens der erste und abends der letzte im Büro ist. Er ist nicht nur ihr Boss, sondern auch noch im Vorstand und einer der fünf Inhaber und Partner. Also wahrscheinlich ein millionenschwerer Mann. Dafür muss man eine Menge tun. Zum Beispiel an Weihnachten arbeiten.
Ich seufze auf. Wahrscheinlich befindet er sich tatsächlich in der bedauernswerten Lage, an Weihnachten arbeiten zu müssen. Von wegen sich drei Tage lang seinen körperlichen Gelüsten hingeben! Er wird sich seinen Verträgen hingeben, das ist alles. Fast bemitleide ich ihn ein wenig. Das ist doch ein trauriges Weihnachten, oder? Und ist es nicht auch ein
trauriges Leben, nur für seinen Job zu leben? Er macht praktisch nichts anderes, als zu arbeiten. Was hat er schon von all seinem Geld?
Und warum denke ich überhaupt darüber nach? Das geht mich nichts an. Er kann leben, wofür er will. Ich sollte lieber darüber nachdenken, ob ich tatsächlich weiterfahren oder umkehren soll. Es schneit mittlerweile so heftig, dass ich nur noch das Auto vor mir erkennen kann, sonst nichts. Es ist richtig gefährlich. Ich will keinen Unfall bauen, nur weil dieser Typ an Weihnachten nichts Besseres zu tun hat, als seine Verträge durchzugehen.
Andererseits habe ich schon mehr als die Hälfte des Weges geschafft. Wenn sich das Wetter bei meiner Ankunft im Harz nicht gebessert hat, kann ich vielleicht in seiner Hütte warten, bis die Sicht wieder klarer ist.
Aber vielleicht lässt er mich erst gar nicht rein. Ich bin sicher, er wird nicht gerade in große Begeisterung ausbrechen, wenn ich ihm ein paar Stunden auf die Nerven gehen will.
„Du schaffst das schon“, versuche ich mich selbst aufzumuntern und starte den Wagen. Es bleibt mir ja gar nichts anderes übrig.
Insgesamt sechs anstatt der vorausgesagten drei Stunden kämpfe ich mich durch das Schneechaos und bin am Rande meiner Kräfte angelangt. Besonders meine Katzen tun mir unsagbar leid. Sie müssen nach dieser langen Zeit endlich aus dem Korb, sodass ich fest entschlossen bin, in Lukes Hütte eine längere Pause zu machen. Ob ihm das gefällt oder nicht, ist mir mittlerweile herzlich egal. Schließlich habe ich mich einem immensen Stress ausgesetzt, um ihm seine dämlichen Verträge zu bringen.
Auf den letzten Kilometern versagt auch noch mein Navi, aber zum Glück habe ich mir die Route ausgedruckt, weil ich mir schon so etwas gedacht habe. Außer Schnee sehe ich überhaupt nichts mehr und verfluche die ganze Situation. Ich habe keine Ahnung, ob ich mich auf dem richtigen Weg befinde.
Plötzlich bekomme ich einen leichten Panikanfall. Was, wenn ich mich eben nicht auf dem richtigen Weg befinde? Mein Handy funktioniert auch nicht. Was soll ich denn um Himmelswillen tun, wenn ich hier mitten im Nichts in diesem Schneesturm stecken bleibe? Ich werde mitsamt meinen Katzen erfrieren oder verhungern.
Meine Kehle wird ganz trocken. Ich habe zwar eine Tüte Plätzchen und einen Kuchen eingepackt, aber das wird nicht lange reichen. Außerdem ist es arschkalt. Hätte ich bloß Fix und Foxi zu Hause gelassen! Wenigstens sie hätten überleben können!
Ich merke, wie mir Tränen in die Augen steigen. Die ganze Situation überfordert mich total. Offensichtlich bin ich doch nicht so stark, wie ich dachte.
„Jetzt reiß dich mal zusammen!“, sagt eine barsche Stimme in mir. „Verhungern oder erfrieren ist keine Option. Fahr einfach – du wirst schon irgendwann bei dieser Hütte ankommen.“
Tapfer schlucke ich meine Tränen hinunter und tuckere weiter. Nach einer Weile sehe ich zwei Scheinwerfer auf mich zukommen. Ich überlege, ob ich anhalten und mich auf die Straße stellen soll. Aber was soll das bringen? Der Fahrer weiß ganz bestimmt nicht, wo sich Lukes Hütte befindet.
Zu meiner Überraschung bleibt das Auto stehen, kurz bevor es mich erreicht hat. Ist der Fahrer in Not? Will er etwas von mir? Ich trete auf die Bremse. Irgendwie bin ich froh, nach all den Stunden einem menschlichen Wesen zu begegnen. Ich bin dank meiner Katzen zwar nicht allein, aber die Kommunikation mit ihnen ist ein bisschen einseitig.
Ich erkenne einen Mann, der einen dunklen Parka trägt und die Kapuze hochgeschlagen hat. Jetzt kommt er auf mich zu und ich kurbele hoffnungsfroh die Fensterscheibe herunter.
Als mich zwei hammermäßige grüne Augen ansehen, trifft mich fast der Schlag. Es handelt sich um niemand geringeren als Luke Lindner, der offenbar sein Leben aufs Spiel gesetzt hat, um mich zu retten. Was für ein Held!
„Herr Lindner? Was machen Sie denn hier?“, stammele ich und merke im selben Moment, was für eine bescheuerte Frage das ist.
Was macht er wohl hier? Offensichtlich hat er sich auf den Weg gemacht, um mich zu suchen, weil er ein schlechtes Gewissen hat, dass ich in diesem Schneechaos den weiten Weg zu ihm antreten muss. Wenn ich wegen ihm erfriere, würde ihn das wohl doch beschäftigen – egal, wie hartherzig er sonst auch sein mag. Plötzlich wird mir klar, was Lukes Anwesenheit bedeutet: Ich bin gerettet! Und Fix und Foxi auch! Am liebsten würde ich dem Mistkerl um den Hals fallen.
„Guten Tag, Frau Wolters“, begrüßt mich Luke unwirsch. „Was ich hier mache? Och, ich habe mich etwas gelangweilt und dachte, ich fahre bei dem schönen Wetter ein bisschen mit dem Auto herum. Was soll ich auch mit meiner Zeit anfangen, wenn ich die Verträge noch nicht habe? Da ist eine kleine Spazierfahrt doch eine gute Idee.“ Er verdreht seine schönen Augen.
Ja, gut, ich habe es kapiert. Meine Frage war saublöd. Aber muss er deshalb gleich so zynisch werden? Ich bekomme eine leise Ahnung davon, was Evi tagtäglich mit ihm durchmacht.
„Quatsch, was soll ich wohl hier machen?“, schnauzt Luke. „Stellen Sie sich vor – ich habe Sie gesucht, weil ich mir Sorgen um Sie gemacht habe. Bei diesem Sauwetter war ich mir nicht sicher, ob Sie überhaupt den Weg finden oder vorzeitig umgekehrt sind.“
Na, das ist ja immerhin ein Fortschritt, wenn er sich Sorgen um mich gemacht hat. Aber wahrscheinlich stimmt das nicht so ganz. Er hat sich eher Sorgen um diese beschissenen Verträge gemacht.
„Ich habe es in Erwägung gezogen“, gebe ich zu. „Aber die Strecke zurück war weiter als die, die ich vor mir hatte. Woher wussten Sie überhaupt, dass ich in diesem Auto sitze?“
„Weil Ihr Auto das einzige weit und breit ist, das hier herumkurvt“, erklärt Luke und zieht den Schal fester um seinen Hals. „Niemand fährt bei diesem Wetter freiwillig durch die Gegend.“
„Außer, man muss höchst wichtige Verträge abliefern“, gebe ich zurück. „Oder man sucht jemanden, der diese wichtige Verträge durch die Gegend schaukelt.“
„Eben“, knurrt Luke. „Wir sind die beiden einzigen Idioten, die sich hier draußen in dem Schneechaos herumtreiben. So, und jetzt fahren Sie langsam hinter mir her. Es sind nur noch wenige Kilometer.“
Fast bin ich überrascht, dass er mir nicht die Verträge entwendet und mich ins Schneechaos zurückschickt. Immerhin scheint er doch so etwas wie Anstand zu haben. Das lässt hoffen.
„Okay, ich folge Ihnen“, erwidere ich. „Dann habe ich es ja bald geschafft. Zum Glück. Ich bin seit sechs Stunden unterwegs.“
Luke nickt grimmig.
„Ich kurve auch schon seit geraumer Zeit herum. Aber irgendwo mussten Sie ja stecken. Zum Glück habe ich Sie gefunden. Es ist nicht mehr weit. Das Schlimmste haben Sie hinter sich.“
Er nickt mir zu und läuft zu seinem Wagen zurück. Ich hole tief Luft und atme wieder aus.
Gott sei Dank! Ich habe es geschafft! Ich bin gerettet!
Schlagartig werde ich ganz ruhig, als ich hinter seinem riesigen Geländewagen herfahre. Jetzt kann mir nichts mehr passieren. Ich merke, wie sich meine Anspannung langsam löst. Allerdings weiß ich nicht, wie es weitergehen soll. Es ist bereits 16 Uhr und der Schnee verdichtet sich immer mehr. Es sieht ganz so aus, als würde ich das erste Mal in meinem Leben Weihnachten ohne meine Familie verbringen müssen.
Diese Erkenntnis verursacht einen dicken Kloß in meinem Hals. Weihnachten …. das Fest der Liebe. Im Kreise meiner Family fühle ich mich tatsächlich geliebt und geborgen. Und ausgerechnet diesen Tag soll ich mit einem Mann verbringen, der ein Scheusal ist?
Ich seufze auf. Nein, wahrscheinlich werde ich diesen Abend nicht mit Luke verbringen. Er wird sich zurückziehen und seinen Vertrag durcharbeiten, während ich mich in eine stille Ecke setzen und langweilen werde. Hoffentlich gibt es wenigstens einen Fernseher, mit dem ich mich etwas ablenken kann.
Ich sollte nicht so undankbar sein. Vor wenigen Minuten habe ich mich noch gefragt, ob ich erfrieren oder verhungern werde. Das wird nun mit Sicherheit nicht passieren. Luke hat bestimmt einen Kamin und etwas zu essen. Ich sollte mich freuen, dass ich gleich im Warmen bin.
Allerdings kann ich diese Tatsache leider nicht meinen Eltern mitteilen. Da mein Handy nicht funktioniert und es kein WLAN gibt, bin ich praktisch von der Außenwelt abgeschnitten. Werden sie sich nicht Sorgen machen? Ich hoffe, dass sie sich denken können, was passiert ist. Sie wissen, dass ich auf dem Weg in den Harz bin, um Luke wichtige Unterlagen auszuhändigen. Sie werden hoffentlich die richtigen Schlüsse ziehen und vermuten, dass ich bei diesem Wetter in seiner Hütte bleiben muss. Es wäre schrecklich, wenn sie einen Suchtrupp losschicken würden.
Ich kann die Situation nicht ändern, sondern muss versuchen, das Beste daraus zu machen.
Allerdings weiß ich ehrlich gesagt nicht, was das Beste ist. Ich habe keine Ahnung, was ich mit einem Kerl wie Luke an Weihnachten anfangen soll.