Kleine Grausamkeiten - Liz Nugent - E-Book

Kleine Grausamkeiten E-Book

Liz Nugent

5,0

Beschreibung

Drei Brüder bei einer Beerdigung, einer von ihnen liegt im Sarg, betrauert von seinen Geschwistern. Aber welcher? Und warum? Nur jeweils ein Jahr sind die Drumm-Brüder William, Brian und Luke auseinander und doch könnten sie unterschiedlicher nicht sein. William hat als Filmproduzent Karriere gemacht und glaubt, ihm stehe einfach alles zu, Brian, der mittlere Bruder, Lehrer und Künstleragent betätigt sich als wenig selbstloser Friedensstifter, Luke, psychisch instabiles Nesthäkchen, ist ein international gefeierter, sehr einsamer Popstar. Aber keiner von ihnen ist der, der er zu sein scheint. Vom Tag ihrer Geburt an hat ihre narzisstische, ziemlich abgefeimte Mutter die Brüder darauf abgerichtet, um ihre Aufmerksamkeit zu buhlen. Sie spielen Spielchen, doch im Laufe der Jahre werden diese Spiele – die kleinen Grausamkeiten – immer unheimlicher, gnadenloser und gefährlicher. Toxisch geradezu, denn nur zwei der Brüder werden überleben.

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Liz Nugent

KLEINEGRAUSAM-KEITEN

Aus dem Englischen von Kathrin Razum

KriminalromanSteidl

Für Davy und Jennifer McCullough — weil ich euren Erstgeborenen heiraten durfte. Ihr habt eure Sache gut gemacht.

»Wir haben gelernt, wie Vögel durch die Luft zu fliegen und wie Fische durchs Meer zu schwimmen, doch die einfache Kunst, auf dieser Erde wie Brüder und Schwestern zusammenzuleben, beherrschen wir noch immer nicht.«

Martin Luther King Jr.

Alle drei Drumm-Brüder waren auf der Beerdigung, einer von uns allerdings im Sarg.

Drei ist eine ungerade Zahl, deshalb hieß es bei uns auch immer »zwei gegen einen«, wobei wir regelmäßig die Seiten wechselten. Niemand hätte je behauptet, wir wären uns nah.

Als die Trauerfeier begann, kamen mir die Tränen. Ich hatte, ohne dass es mir bewusst gewesen wäre, die schauspielerische Gabe meiner Mutter geerbt. Mein noch lebender Bruder und ich standen nebeneinander ganz vorne in der Trauerhalle des Krematoriums, während die Leute uns vorlogen, was für ein großartiger Mann unser Bruder gewesen sei, all die üblichen nichtssagenden Klischees.

Es war ein plötzlicher Tod gewesen. Ein entsetzlicher. Die Ermittlungen kamen zügig zum Abschluss. Ich galt nicht als Verdächtiger. Ich fühlte mich so frei und erleichtert wie schon lange nicht mehr. Nicht dass ich geglaubt hätte, diese Gemütsruhe würde von Dauer sein. Aber ich wollte sie genießen, solange ich konnte.

Was in meinem noch lebenden Bruder vorging, erschloss sich mir nicht. Vielleicht dachte er an den zerschmetterten, furchtbar zugerichteten Leichnam unseres Bruders. Aber auch er muss gewusst haben, dass es so letztlich am besten war.

Daisy saß auf der Bank hinter uns. Sie schien sich ihrer Umgebung nicht bewusst zu sein, zappelte herum und führte leise Selbstgespräche. Ich fing den Blick meines Bruders auf, als ihr Gemurmel lauter wurde und auch andere Leute es bemerkten. Er streckte die Hand nach ihr aus und bat sie flüsternd, sich zu uns zu stellen. Dieses Handausstrecken ließ mich kurz erschauern. Sie schien in die Realität zurückzukehren und stellte sich ohne Widerrede zwischen uns. Wir versuchten beide, ihr besitzergreifend einen Arm um die Schultern zu legen, aber sie wehrte uns ab. Wir Brüder sahen uns an. Die alte Rivalität trat wieder zutage.

Inhalt

Cover

Titel

Erster Teil – Brüder

William

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Luke

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Brian

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Zweiter Teil

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

April 2019

Danksagung

Impressum

Erster Teil

Brüder

William

1

1994

Meine Tochter war gerade zur Welt gekommen, und Susan litt unter den Strapazen ihres neuen Mutterdaseins. Ich war fünfundzwanzig und damit beschäftigt, eine Filmproduktionsfirma auf die Beine zu stellen, um mit meinem Studienkollegen Gerald, der Regie führen wollte, Kurzfilme zu drehen, aber es gab Geldprobleme, und mir schwante, dass sich Filmbase nicht so leicht dazu bewegen lassen würde, eine neue Produktionsfirma zu fördern. Mum hatte mir etwas Startkapital geliehen, und Gerald hatte einen großzügigen Onkel, der uns ebenfalls finanziell unterstützte. Ich hatte ein Büro in einem Dachgeschoss in der Innenstadt gemietet und Schreibpapier mit eigenem Briefkopf geordert, auf dem ich nun verzweifelte Bittgesuche an den Arts Council, die Dublin Corporation, die National Lottery und jegliche andere finanzkräftige Organisation verfasste, die mir nur einfiel. Ich arbeitete hart, und nachts hielt mich oft das Baby wach, vielleicht war ich also reizbarer, als ich es hätte sein sollen, aber wenn ich abends nach einem langen Tag im Büro nach Hause kam, war das Letzte, was ich sehen wollte, mein kleiner Rockstar-Bruder, der sich auf dem Sofa fläzte, während meine noch wunde Frau unbequem auf einem der Stühle am Esstisch hockte, erschöpft und ungepflegt, Flecken vom Erbrochenen des Babys auf beiden Schultern.

Am Anfang witzelte ich herum und tat, als freute ich mich, ihn zu sehen, denn wenn es mir nicht gelang, eine andere Geldquelle aufzutun, würde ich ihn anhauen müssen, wobei das wirklich nur der allerletzte Ausweg war.

»Luke! Solltest du dir nicht gerade eine Line Koks vom Arsch irgendeines Supermodels reinziehen?«

Luke war dreiundzwanzig. Sein zweites Album war ein Riesenerfolg. Er war drei Jahre lang ununterbrochen auf Tour gewesen und befand sich jetzt in einer Art Auszeit. Er wohnte in einem großen georgianischen Reihenhaus in der Waterloo Road, das er bar bezahlt hatte — zwei Jahre nachdem er das Studium geschmissen hatte, um in einer Band zu singen. Wir dagegen wohnten nicht weit von ihm in einer gemieteten Zweizimmerwohnung in einem ehemaligen Stallgebäude, ohne Zentralheizung und mit maroden Sanitäranlagen.

Lukes Starruhm war uns unerklärlich. Mit seinen großen Augen und langen Haaren hatte Luke etwas von einem verwahrlosten Kind, und seine dünne, schrille Stimme hätte ohne Verstärkung nicht sehr weit getragen. Brian und ich waren eifersüchtig. Wir waren älter, hatten gejobbt, um unser Studium zu finanzieren, und beide einen durchaus respektablen Abschluss in einem geisteswissenschaftlichen Fach gemacht. Luke hatte uns alle mit Schulnoten überrascht, die ihm ein Ingenieursstudium ermöglichten, aber dann hatte er seine zwei Studienjahre damit verbracht, am Teich Haschisch zu rauchen, Lyrik zu lesen und mit The Wombstones zu proben. Zwischendurch hatte er mal eine Weile eine Henne am Halsband über den Campus geführt. Reine Manieriertheit. Wir erfuhren nie, wo er die Henne herhatte und wo sie hinterher landete.

Aus unerfindlichem Grund wirkte er anziehend auf Frauen. Mir ist schleierhaft, warum. Frauen sind seltsam. Er konnte haben, wen er wollte, schien aber an keiner seiner Freundinnen besonders zu hängen. Irgendwann machte ich mir nicht mehr die Mühe, mir ihre Namen einzuprägen, denn er kam alle naslang mit einer Neuen an.

Als er unter dem Namen Luko eine erfolgreiche Solokarriere machte, war er großzügig, lud uns mal nach London, mal nach Lissabon ein, wenn er auf Tour war und dort spielte, und schmiss mit Bargeld um sich, als bedeutete es ihm nichts. Sein Name hatte mir in der Kunstszene so manche Tür geöffnet, aber in diesem Frühjahr hatte es keine Tour-Einladungen gegeben, keine opulenten Preisverleihungsfeiern, keine Rock’n’Roll-Partys. Er erschien einfach bloß pünktlich zum Abendessen bei uns, mindestens zweimal die Woche.

Das war immer das Problem bei Luke. Ihm fehlte jegliches Einfühlungsvermögen. Er saß auf unserem Sofa und starrte auf den Fernseher, schien aber gar nicht wahrzunehmen, was gerade lief. Er aß das Essen, das Susan oder ich zubereitet hatten, ignorierte das Baby, und sobald er satt war, ging er wieder, ohne sich groß zu bedanken. Irgendwann brachte ich die Sprache schließlich aufs Geld und auf meine Finanzierungsprobleme, und da nickte er und grunzte. Ein Angebot machte er mir nicht. Ich war gezwungen, ihn selbst zu fragen.

Er solle mir nichts leihen, sagte ich, sondern investieren, und wir würden ihn auch bitten, die Musik zu unserem Film zu schreiben (dabei konnte Luke nach wie vor keine Noten lesen, und einen Film hatten wir in Ermangelung einer Finanzierung auch noch nicht). »Ach, das ist nicht so mein Ding«, sagte er. »Habt ihr Brian schon gefragt?«

Brian lebte zu dieser Zeit in Paris. Mum bekam ab und zu einen Brief von ihm, der auf eine herausgerissene Heftseite geschrieben war. Wenn Brian sich nicht mal Schreibpapier leisten konnte, dann konnte er mir ganz sicher auch kein Geld leihen.

»Brian? Was redest du da? Du weißt doch, wie er ist, wenn’s um Geld geht, und ich glaube auch nicht, dass er viel verdient.« Ich versuchte, meinen Frust im Zaum zu halten. Es war typisch Luke, so bräsig und desinteressiert zu sein. Er zuckte mit den Achseln, griff nach der Fernbedienung und schaltete zu einem anderen Sender um, ohne mich anzusehen. Susan stand auf und verließ angewidert den Tisch.

Ich ließ ein paar Wochen verstreichen, bis ich ihm schließlich sagte, dass er bei uns nicht mehr willkommen sei. Hätte ich es sofort getan, hätte er gedacht, es sei wegen des Geldes, was ja stimmte, aber es war auch wegen allem anderen. Er schien sich nicht besonders oft zu waschen. Er steuerte buchstäblich nichts zum Essen bei, und er sog die Energie aus unserer Wohnung, sobald er durch die Tür trat.

Den Rest des Jahres sah ich ihn nicht mehr, allerdings entnahm ich der Zeitung, dass er wieder im Studio war und ein neues Album aufnahm und dass er danach auf Tour gehen würde. Es stand in der Klatschspalte der Sonntagsausgabe. Es wäre mir im Traum nicht eingefallen, ihn anzurufen.

Susan fand, dass Weihnachten dieses Jahr etwas ganz Besonderes werden sollte, hatte aber zugleich ein schlechtes Gewissen wegen Luke, mehr als ich. Sie schlug vor, ich solle alle zum Weihnachtsessen zu uns einladen, dann würde es so aussehen, als wäre Luke automatisch mit einbezogen. Außerdem wollten wir nach Möglichkeit nicht zu Mum nach Glenageary fahren, denn bei sich zu Hause war sie immer lauter und herrischer als bei uns. Brian war für ein paar Tage aus Paris gekommen und wohnte bei Mum. Es war Daisys erstes Weihnachtsfest. Wir hatten schließlich und endlich einen kleinen Zuschuss von Filmbase bewilligt bekommen, und es sah gut für uns aus. Im Januar würden wir mit der Produktion unseres ersten Kurzfilms beginnen, Fear of Life, und das wollte ich bei unserem festlichen Mittagessen verkünden. Ich rief Luke an und hinterließ ihm eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Als er sich nach ein paar Tagen noch nicht zurückgemeldet hatte, steckte Susan ihm eine Nachricht in den Briefkasten.

Er kam nicht. Wir dachten uns nichts dabei. Er war schon ein paarmal für ein, zwei Monate von der Bildfläche verschwunden. Wir wussten von Brian, dass Luke gerade Tourpause hatte und zu Hause in Dublin war. Mum war verärgert, weil er sich nicht bei ihr gemeldet hatte. Sie schmollte eine Weile, aber es war offensichtlich, dass sie selbst auch nicht versucht hatte, ihn zu erreichen.

Die Familie war beeindruckt von meinen Neuigkeiten, zunächst jedenfalls. Mum hob ihr Glas und brachte einen Toast auf mich aus. »Auf meinen Sohn, den nächsten Steven Spielberg!« Doch als Brian dann erfuhr, dass es um einen Kurzfilm ging, der nicht in den Kinos gezeigt werden würde, tat er das Ganze ab. »Wozu dreht man denn einen Film, den nachher keiner sieht?«, fragte er mich. Er zog das Projekt ins Lächerliche, weil die Rollen mit Leuten aus meiner Theatergruppe am College besetzt waren. Mum sagte zu meiner Verteidigung, jeder müsse klein anfangen, und fragte Brian spitz, wie es denn um seine beruflichen Perspektiven stehe. Er arbeite an einer äußerst exklusiven Schule, erwiderte er patzig, aber Mum ließ ihm seine Prahlerei nicht durchgehen. »Ja, Brian, als Lehrer. Das ist ein bisschen was anderes als ein Filmproduzent. Uns liegt das Showbusiness im Blut. Aber du kommst wahrscheinlich nach deinem Vater.«

Brian war empört. »Lehrer ist ein sehr wichtiger Beruf.«

Ich hatte trotzdem das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen — ich müsse mich von der Pike auf hocharbeiten, niemand werde ein paar Unbekannten zehn Millionen Pfund geben, damit sie einen Spielfilm drehen konnten. Mum sagte: »Noch nicht, mein Schatz. Ich bin so stolz auf dich!«

Brian fragte: »Warum lässt du Luke nicht mitspielen?«

Mum lachte. »Klar, wenn es ein Teenie-Film werden soll.«

Sie hatte für Lukes Erfolg und seine Teenager-Fangemeinde nur Spott übrig. Wie wir alle. Mum hatte unseren jüngsten Bruder immer schlechtgemacht, und wir schlossen uns ihr meistens an. Für uns war es ein Witz, dass der kleine Luke ein Teenager-Idol sein konnte. Ich wollte mir eigenständig einen Namen machen und würde ganz gewiss nicht auf diesen Trottel von einem Bruder zurückgreifen, schon gar nicht, wenn er kein Geld beisteuerte.

Brian half Susan beim Abwasch und spielte dann mit Daisy. Mum war schon früh betrunken und sang laut zu The Sound of Music im Fernsehen mit. Den riesigen Teddy, den Mum für Daisy gekauft hatte, hatten wir auf die Treppe gesetzt, weil im Wohnzimmer nicht genug Platz für ihn war. Aber Daisy war fasziniert von ihm, sie saß am Fuß der Treppe und schaute zu ihm hoch. Als mein Bruder und meine Mutter gegangen waren, tranken Susan und ich den restlichen Wein und gingen ins Bett.

Um drei Uhr morgens schraken wir aus dem Schlaf, weil jemand lautstark an unsere Tür hämmerte. Susan stand senkrecht im Bett, aber Daisy regte sich glücklicherweise nicht. Ich warf mir meinen Bademantel über, befürchtete schlechte Nachrichten, war aber zugleich willens, die Person, die da so aggressiv geklopft hatte, ordentlich zusammenzustauchen.

Vor der Tür stand Luke, kaum sichtbar hinter einem gigantischen Puppenhaus. »Sorry, bin gerade erst damit fertig geworden, die Farbe ist trocken, allerdings klebt sie noch ein bisschen. Das ist für … eure Kleine.« Er stellte das Puppenhaus hinter mir im Flur ab und ging wieder. Es war offenkundig, dass er sich nicht an Daisys Namen erinnerte. Ich ließ ihn in die Dunkelheit davontrotten, denn um diese Uhrzeit war ich einfach nicht bereit, mich auf einen besoffenen Luke einzulassen.

Daisys Augen leuchteten, als sie das Puppenhaus am nächsten Tag sah. Susan wollte die an Scharnieren befestigte Vorderseite des Hauses aufklappen und hatte sie dann gleich komplett in der Hand. Das Dach hatte schwere Schlagseite, und die Kanten der Fenster waren rau. Daisy griff nach einem winzigen Bett und steckte es sich in den Mund. Das Holz war splitterig und stank nach Farbe. Wir machten das Puppenhaus noch am selben Abend ohne größeren Kraftaufwand zu Kleinholz und warfen es ins Kaminfeuer.

Eine Woche später erschien Luke bei uns zum Abendessen, als hätte es das vergangene halbe Jahr nicht gegeben. Er fragte nie nach dem Puppenhaus, und wir zogen es vor, es nicht zu erwähnen. Ich erkundigte mich nach seinem neuen Album, aber er zuckte nur mit den Schultern und schaltete zu einem anderen Sender um. Wir waren über das Alter hinaus, wo ich ihm eine reingehauen hätte, aber es juckte mich in den Fäusten.

2

1985

Mum war der Star der Familie, sie war Sängerin in einer Showband und Schauspielerin, und Dad ließ sie gern glänzen. Er war kein Schwächling – wenn es nötig war, bot er ihr durchaus die Stirn —, aber er war der Stillste in der Familie. Dad hatte sich am Ende des Gartens sein kleines Privatdomizil eingerichtet. Er bezeichnete den Schuppen als seinen Palast. Ein Perserteppich bedeckte den Boden, außerdem hatte er dort einen alten Autositz stehen, den er aus seinem ersten Wagen, einem uralten Hillman Hunter, ausgebaut hatte, ein Regal voller Geschichtsbücher über Kriege von der römischen Antike bis zum Vietnamkrieg, ein batteriebetriebenes Radio und einen Werkzeugkasten, vor allem aber, für ihn am wichtigsten, hatte er seine Ruhe. Dad war einfach Dad. Weder aufregend noch wichtig noch berühmt, alles andere als eine Stimmungskanone, einfach nur jemand, der immer da war. Weil Mums Konzerte meistens abends stattfanden, hatte bei uns schon immer Dad das Essen gekocht und uns die Schulbrote für den nächsten Tag geschmiert. Mir war das peinlich. Soweit ich wusste, war bei niemandem sonst der Vater fürs Essenkochen zuständig. Noch schlimmer war, dass es ihm Spaß zu machen schien. Er sagte oft liebevoll zu meiner Mutter: »Was würdest du bloß ohne mich tun — du wärst doch aufgeschmissen!«, woraufhin sie gern mal sarkastisch erwiderte, dass sie sich dann einen Mann in ihrem Alter suchen würde. Freunde lud ich nur zu uns nach Hause ein, wenn ich wusste, dass Mum da war, denn es wäre eine unerträgliche Demütigung gewesen, wenn sie meinen Dad mit vorgebundener Schürze gesehen hätten.

Ich wusste, dass Mum ihn betrogen hatte, aber das behielt ich für mich. Vielleicht wusste er es auch und machte sich nichts daraus oder hatte beschlossen, es zu ignorieren. Vielleicht hatte er sie ja auch schon betrogen. Ihre Ehe wirkte jedenfalls immer stabil. Dad nannte Mum oft sein »Waisenmädchen«, obwohl sie schon längst kein Mädchen mehr war. Ich glaube, mein Dad sah sich gern als ihren Retter in der Not und war enttäuscht, dass sie nicht dankbarer war. Aber sie mochten einander wirklich, auch wenn es gelegentlich Gemeinheiten oder Gehässigkeiten gab. Er traute ihr nicht, wenn sie mit anderen Männern zusammen war.

Dad starb, als ich siebzehn war. Bei ihm wurde Prostatakrebs diagnostiziert, und vierzehn Monate später, eine Woche nach meinem Geburtstag, war er tot. Den letzten Monat seines Lebens verbrachte er in einem Hospiz. Uns gegenüber sprach er in jenen letzten Tagen nie vom Sterben oder vom Tod, und wenn wir ihn besuchten, wirkte er verlegen, als wäre seine Krankheit ein Grund zur Scham. Brian und ich erfuhren von Luke, dass Dads Krebs unheilbar war, und ich nahm es meiner Mutter übel, dass sie es zuerst ihm und nicht mir gesagt hatte. Ich war der Älteste. Luke war der Kleine, aber sie bestand darauf, ihm bis ins letzte Detail zu erklären, wo die Tumoren saßen, wie sie sich ausgebreitet hatten und wie bösartig sie waren. Luke gab die Informationen heimlich an uns weiter. Ich stellte Mum zur Rede. »Aber Schatz«, sagte sie. »Ich wollte dich nicht unnötig aufwühlen.« Ich begriff schon, was sie meinte. Ich stand kurz vor der Abschlussprüfung.

Sie brach öfter in Tränen aus und schien Angst zu haben. Luke ging jeden Tag nach der Schule ins Hospiz und verbrachte auch die letzten Wochenenden unseres Vaters dort. Brian ging nur einmal hin. »Ich hasse Kranke«, sagte er.

Als Dads Tod nahe bevorstand – eine Frage von Stunden, sagte die Krankenschwester —, waren Mum und ich bei ihm. »Soll ich Brian und Luke anrufen?«, fragte ich, als sein Atem immer häufiger aussetzte. »Nein, sie wären nur im Weg«, sagte sie. Als er schließlich ganz zu atmen aufhörte, hielt ich Mum verlegen im Arm, während sie weinte.

Wir kamen an diesem Abend erst spät aus dem Hospiz zurück. Luke erwartete uns. »Er ist tot, oder?«

Mum fing an zu weinen, und ich bestätigte es ihm. Brian war schon im Bett. Luke holte Mum einen Drink, und ich ging die Treppe hoch, um Brian die schlechte Nachricht zu überbringen.

Ich stieß seine Zimmertür auf. Er las irgendeinen Actionthriller mit einem gruselig-grellen Umschlag.

»Brian? Hör zu, es tut mir leid, aber Dad ist gestorben.«

»Oh.«

»Ich weiß. Schrecklich, oder?« Er griff wieder nach seinem Buch und begann weiterzulesen. »Willst du mit runterkommen?«

»Nein danke, ich hab morgen früh Rugbytraining.«

»Was? Brian, hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Dad ist … tot.«

»Ah ja?«

»Ja.«

»Und was soll ich dagegen tun?«

Die langen Tage im Krankenhaus hatten ihren Tribut gefordert. Ich hatte meine Freundin seit Wochen kaum mehr gesehen. Vielleicht war Brian wirklich zu jung, um mit so einer Nachricht umgehen zu können. Er war auf eine andere Weise seltsam als Luke, aber seine Aggressivität war schwer zu ertragen. Luke war jünger als er, doch er war unten bereits dabei, Mum mit Gin abzufüllen.

»Du könntest damit anfangen, dich nicht wie ein Arschloch aufzuführen.«

»Hau ab.«

Ich hob einen Turnschuh auf, warf ihn Brian an den Kopf und knallte die Tür hinter mir zu.

Später erklärte ich mir Brians Verhalten damit, dass das wohl seine Art war, mit der Trauer umzugehen — er ignorierte sie einfach. Denn mit Dad überworfen hatte Brian sich meines Wissens nie. Das hatte keiner von uns.

Während an den folgenden Tagen die Beerdigung in die Wege geleitet wurde und das Haus sich mit Verwandten, sonstigem Besuch und Tabletts voll belegter Brote füllte, blieb Brian auf seinem Zimmer. Luke war bekümmert, traute sich aber wohl nicht, vor mir in Tränen auszubrechen. Seine Augen waren rot gerändert, und er hatte sich einen von Dads alten Pullovern übergezogen. Mums Familie kam, ihre Schwester Peggy und die anderen, die wir praktisch nie sahen. Mum steckte sie alle zusammen in die Küche. Ihre Verwandtschaft, die aus der Dubliner Northside stammte, war ihr peinlich, und sie wollte sie von Dads Freunden und Verwandten fernhalten. Bis auf Peggy kannten wir niemanden aus Mums Familie näher. Sie nannten Mum immer Moll, obwohl sie eigentlich Melissa hieß. Sie hasste das. Moll war eine in der Dubliner Arbeiterschaft gebräuchliche Abkürzung für Margaret. Als Dad noch lebte, ärgerte er sie manchmal, indem er sie Moll nannte. Ich hatte immer gedacht, dass Mum sich vor Dad für ihre Familie schämte, weil er aus einem bürgerlichen Vorort in der Southside stammte, aber jetzt war er tot, und sie versteckte ihre Verwandten trotzdem noch in der Küche.

Am Tag vor der Beerdigung kam Luke zu mir und fragte mich, ob ich glaubte, dass Gott wirklich existierte. Es war die Sorte Frage, die er vorher Dad gestellt hätte. Ich überlegte, was Dad wohl geantwortet hätte. Dann gab ich ihm die Standardantwort, die man von einem großen Bruder erwarten konnte. »Spinn nicht rum, Luke. Natürlich existiert Gott. Wie könnte es uns denn sonst alle geben?« Luke sah nicht überzeugt aus.

Ich gab den pflichtbewussten Sohn und beteiligte mich bei der Auswahl des Sargs. »Nimm den zweitgünstigsten, Mum – niemand wird über uns richten, außerdem bemerkt sowieso keiner den Unterschied.«

Wir waren alle drei großgewachsen, und es wurde erwartet, dass wir zu den Sargträgern gehören würden. Ich ging zu Brian und Luke aufs Zimmer und sagte es ihnen. Luke nickte. »Das ist das mindeste, was wir tun können.«

Brian blickte von seinem elenden Buch hoch. »Mach ich nicht.« »Warum nicht?«

»Ich will nicht. Das machen doch die Bestatter, oder? Dafür sind sie da.«

»Mum möchte aber, dass wir es machen.«

»Nein.«

Luke sagte leise: »Dad hätte sich gewünscht, dass wir das zusammen machen.«

»Er ist tot, es ist also völlig egal, was er sich gewünscht hätte«, sagte Brian.

»Brian! Was soll das?«

»Es sterben ständig Leute. Ich verstehe nicht, warum da so ein Aufhebens drum gemacht wird. Wisst ihr, wie viele Kinder gerade in Äthiopien verhungern?«

Ich stürzte mich auf ihn und schrie Luke zu, er solle mir helfen. Unwillig drückte er Brian auf den Boden, und ich zog ihm grob die Hände auf den Rücken.

»Geht von mir runter! Ihr Tiere! Runter!«

»Du trägst Dads Sarg, und damit basta!«

Er wehrte sich weiter. »Nein, das mach ich nicht. Ihr könnt mich nicht dazu zwingen.«

Ausgerechnet in diesem Moment kam Mum ins Zimmer. »Was in Herrgottsnamen macht ihr da, habt ihr denn überhaupt keinen Respekt?«, zischte sie. Unten waren Verwandte, die das ganze Spektakel zweifellos mitbekommen hatten.

Luke war der Petzer, wie üblich. »Brian will morgen nicht Dads Sarg tragen.«

»Das muss er auch nicht, wenn er nicht will. Und jetzt geht von ihm runter!« Sie war leergeweint und erschöpft.

Bei der Totenmesse am nächsten Tag standen Luke und ich vorne neben dem Sarg, zwei Onkel sowie zwei Bestatter hinter uns. Als wir an Brian vorbeikamen, der mit meiner Mutter vor der vordersten Bank stand, zeigte er mir den erhobenen Mittelfinger, einen triumphierenden Ausdruck im Gesicht. Tränen der Wut traten mir in die Augen.

In dem Gedränge vor der Kirche stand ich neben Mum und nahm die Beileidsbekundungen entgegen. Als Jack Gogan, einer von Dads Freunden, sich näherte, sah ich, wie Luke ihn wegschubste, ziemlich unsanft sogar. Der Mann schaute verblüfft drein. Luke schien wütend auf ihn einzureden. Später fragte ich Luke, was losgewesen war. Er tippte sich an die Nase. »Geht dich nichts an«, sagte er. Ich vermutete, dass Gogan wohl einer von Mums Lovern gewesen war.

In den Wochen und Monaten, die folgten, halfen Luke und ich Mum und einander, über den Verlust unseres Vaters hinwegzukommen. Ich kann mich nicht erinnern, dass Brian ihn je wieder erwähnte. Uns war allen bewusst, dass Brian sich weigerte, über Dads Tod zu sprechen. Und irgendwie war diese Weigerung ansteckend. Ein Jahr später sprachen wir kaum noch von ihm, nicht einmal an seinem Todestag. Mittlerweile kamen wir alle selbst damit klar, und ich gebe zu, dass er mir schon nach ein paar Wochen nicht mehr fehlte. Ich bin mir nicht sicher, ob es Mum anders ging.

3

1992

Zwar waren wir alle von zu Hause ausgezogen, aber das Sonntagsessen bei Mum war zur Tradition geworden. Sie hatte mit Peggy zusammen einen Kochkurs besucht und zu ihrer Überraschung festgestellt, dass Kochen ihr Spaß machte. Wie sich zeigte, konnte sie das sogar besser als Dad, allerdings hatte der auch immer nach einem vollen Arbeitstag für uns kochen müssen.

Wenn Mum ein Engagement hatte, war der Sonntag ihr einziger freier Tag, und sie feierte gern. Sie kochte immer für mindestens zehn Leute, denn man wusste ja nie, wer womöglich auftauchen würde. Es war für keinen von uns ungewöhnlich, mit drei hungrigen Mitbewohnern zu erscheinen. Und für die inszenierte Mum sich gern. Sie hielt sich darüber auf dem Laufenden, wer in der Popkultur gerade angesagt war, und konnte über die Vorzüge dieses Buchs oder jenes Films oder sonst einer Fernsehserie reden. Sie war die »coole« Mutter. Meine Freunde fanden, ich könne mich glücklich schätzen. Es machte ihr nichts aus, wenn sie rauchten, fluchten oder tranken. Und glücklicherweise flirtete sie mit keinem von ihnen.

Wir waren alle Anfang zwanzig, und Luke und ich hatten mittlerweile schon mehrere Mädchen mit nach Hause gebracht, Brian hingegen kein einziges. Wir stichelten, er sei wohl schwul, wofür es allerdings keinerlei Anzeichen gab. Aber wahrscheinlich war er mit zweiundzwanzig noch Jungfrau.

Mum nahm sehr wohl wahr, dass er keine Freundin hatte, und sprach es in ihrer üblichen, wenig subtilen Weise an: »Liegt es an deiner Nase?«, fragte sie. Brian hatte eine verkrümmte Nasenscheidewand, was bedeutete, dass eins seiner Nasenlöcher breiter als das andere und seine Nase ein kleines bisschen schief war. Was man aber nur bemerkte, wenn man darauf hingewiesen wurde. »Das kommt aus deiner Familie«, hatte Mum früher immer gesagt, worauf Dad genickt und bestätigt hatte, dass sein Vater »einen Mordszinken« gehabt habe. Uns fiel Brians Nase nie auf, weil sie einfach zu ihm gehörte, aber Mum sprach hinter vorgehaltener Hand von seiner »Entstellung«. Als Jugendlicher hatte er irgendwann mal gefragt, ob es eine Operation gebe, mit der seine Nase korrigiert werden könne, aber Mum hatte ihn ausgelacht. Für ein Mädchen mochte es akzeptabel sein, sich etwa die Zähne richten zu lassen, aber das Aussehen eines Jungen oder Mannes war lange nicht so wichtig. Später behauptete Brian immer, das mit seiner Nase sei ihm egal, aber mir fiel auf, dass er sich neuen Leuten immer erst von vorn zeigte, bis er sich ihnen gegenüber sicher genug fühlte, um sie auch sein Profil sehen zu lassen.

1992 hatte Brian sein Examen und das einjährige Referendariat hinter sich, unterrichtete in Teilzeit und jobbte gelegentlich in einer Buchhandlung im Stadtzentrum. Luke hatte sein zweites Album aufgenommen. Ich besuchte bei Filmbase einen Kurs in Filmproduktion.

An einem Sonntag in diesem Jahr brachte Brian ein Mädchen zum Familienessen mit. Mum zwinkerte mir vielsagend zu. Das Mädchen war auf eine punkige Art schön. Dad hätte das eindeutig nicht gebilligt. Gebleichtes Haar, Igelfrisur, scharlachroter Lippenstift, jede Menge Augen-Make-up, vor allem aber, das war das Exotischste, sprach das Mädchen mit amerikanischem Akzent. Den hörten wir sonst nur im Fernsehen, deshalb verlieh er ihr in meinen Augen gleich schon mal einen gewissen Glanz. Luke hatte seinen dauerbekifften Schlagzeuger mitgebracht, und die beiden waren so zugedröhnt, dass wir sie, nachdem wir uns ein paar Minuten lang nach jeder Frage ihr unmotiviertes Gekicher angehört hatten, schlichtweg ignorierten. Mum war gereizt und sagte Luke, er solle sich benehmen oder den Tisch verlassen. Irene, meine Freundin, saß neben mir. Wir waren seit ein paar Monaten zusammen, aus meiner Sicht ganz unverbindlich, aber Irene interpretierte unsere Beziehung völlig anders. Tatsächlich hatte ich sie gar nicht zu diesem Sonntagsessen eingeladen, aber sie kannte unsere Tradition und war ganz unverfroren einfach erschienen.

Mum konnte sich nicht beherrschen. »Na«, sagte sie zu Brians Gast, »hat unser Brian endlich auch eine Freundin?« Sie reichte dem Mädchen eine Schüssel Salat, die sie auf den Tisch stellen sollte, während ich das Lamm tranchierte.

»Mum!« Brian war verärgert.

Das Mädchen lächelte ganz entspannt. »Nein, wir sind einfach nur befreundet. Wir arbeiten beide in der Buchhandlung.« Aber so wie sie Brian anlächelte, sah es schon nach einem Flirt aus, fand ich.

»Und wo kommen Sie ursprünglich her?«

»Aus Detroit«, sagte Susan. »Michigan.«

»Tatsächlich? Die Heimatstadt von Henry Ford, stimmt’s?«

»Ja, na ja, Heimat der Autoindustrie. Mein Vater hat bei Ford am Fließband gearbeitet, bis zu seinem letzten Atemzug.«

»Ach, er lebt nicht mehr? Das tut mir leid. Aber er hat in einer Fabrik gearbeitet?«

Mum brüstete sich nicht gerade damit, aus der Arbeiterklasse zu stammen, vielmehr war sie stolz darauf, ihr durch harte Arbeit entkommen zu sein. Sie hatte selbst dafür gesorgt, dass sie am College of Music, für das sie ein Stipendium gewonnen hatte, auch Sprechunterricht erhielt. Und sie hatte sich schnell und leicht im Villenviertel Glenageary eingewöhnt. Sie wollte nicht als Snob gelten, aber die einzige Verwandte, mit der sie Kontakt hielt, war ihre Schwester Peggy, die als Näherin in einer Hemdenfabrik angefangen und sich allen Widrigkeiten zum Trotz einen Namen als Modedesignerin gemacht hatte. Mum hatte die Lektionen aus ihrem Sprechunterricht immer an ihre ältere Schwester weitergegeben.

»Ja, er war für die Elektrotauchlackierung zuständig«, sagte Susan stolz, als wäre ihr Vater Botschafter in Paris gewesen. Ihr Selbstbewusstsein gefiel mir.

Mum lachte. »Die Verwandten meines verstorbenen Mannes haben immer gesagt, ich hätte über meinem Stand geheiratet. Seine Mutter hat mich mal als Northside-Revuegirl bezeichnet. Mich! Ich bin ausgebildete Sängerin und habe am College of Music eine Auszeichnung gewonnen. Ich bin ein Showbandstar.«

Susan schien etwas verwirrt von diesem Gedankensprung.

Brian war peinlich berührt. »Du warst. Präteritum. Mum, du musst nicht –«

Susan unterbrach ihn. »Ach, wirklich?«

Mum war schockiert. »Brian, hast du Susan nicht gesagt, wer ich bin?«

Brian lehnte sich zurück. »Nicht jeder interessiert sich dafür, wer du bist, Mum. Die meisten meiner Freunde könnten nicht mal sagen, wer ›Die drei Tenöre‹ sind, da werden sie wohl kaum von einer angestaubten Weihnachtsrevue-Sängerin gehört haben.«

Mum biss die Zähne aufeinander. Ich war wütend auf Brian, weil er so abwertend war. Unter dem Tisch verpasste ich ihm einen Tritt. Mum betrachtete sich nach wie vor als Berühmtheit. Sie maß ihren Erfolg an der Größe und Position ihres Fotos im Sunday Independent. Inzwischen war es ein Jahr her, dass sie überhaupt in einer Zeitung aufgetaucht war, und ihre Konzerte und Auftritte waren dünn gesät, aber sie erwartete weiterhin, dass man sie erkannte. Wobei sie Susan natürlich keinen Vorwurf daraus machen konnte, dass ihr Ruhm nicht bis in die Vororte von Detroit gedrungen war.

Luke und der Schlagzeuger verschluckten sich vor Lachen fast an ihrem Bier. Und dann meldete sich Irene zu Wort und versuchte, sich bei Mum lieb Kind zu machen, indem sie auf sie deutete und verkündete: »Das ist DIE Melissa Craig! Die hatte sogar eine eigene Fernsehshow, als ich noch klein war!« An Mums Miene war abzulesen, dass sie Irene zwar dankbar war, ihren Erfolg durch diese Beschreibung aber eindeutig in die Vergangenheit verwiesen sah.

Susan sagte arglos: »Ach, meine Mom hat vom Fernsehen nicht viel gehalten. Wir hatten nicht mal einen Fernseher. Sie fand, wir sollten Bücher lesen, und das haben wir dann wohl gemacht, während alle anderen Starsky and Hutch geguckt haben. Soll ich Sie dann Mrs Drumm oder Ms Craig nennen?«

»Melissa, einfach Melissa.«

Den Namen Melissa hatte Mum angenommen, noch bevor sie Dad kennenlernte. Sie war vermutlich die einzige Melissa ihrer Generation. Ich nannte von den Eltern meiner Freunde niemanden beim Vornamen. Mum dachte, dadurch sei sie modern und »up to date«.

»Okay, Melissa, soll ich den Wein aufmachen?«

»Ach nein, lassen Sie das mal einen von den Jungs machen, die haben die nötige Kraft.« Mum war nie so modern, wie sie glaubte.

Brian öffnete so mannhaft den Wein, als bändigte er einen Löwen. Während des Essens sagte er nicht viel, aber Susan war witzig und interessant.

Als ich ein paar Wochen später in der Buchhandlung vorbeischaute, fragte ich Brian, wo ich Susan finden könne. »Warum willst du das wissen?«, antwortete er, sofort misstrauisch.

»Du hast doch gesagt, dass sie nicht deine Freundin ist«, konterte ich.

»Ist sie auch nicht. Wir sind nur …«

»Willst du was von ihr?«

»Nein!«

Ich wusste, dass er das sagen würde. Er wäre niemals mit mir in Konkurrenz getreten.

Es dauerte keine Woche, bis Susan und ich ein Paar waren. Sie hatte nicht vor, sich länger in Irland aufzuhalten, es war nur der Ausgangspunkt für ihre Weltreise. Sie wollte überall ein Weilchen bleiben, zunächst weiter nach Paris und Madrid, dann in die Türkei und nach Indien. Sie hatte irgendeinen Abschluss in Literatur von einem Community College in Detroit, der aber von keiner irischen Universität anerkannt wurde. In Dublin besuchte sie Abendkurse in Soziologie und verschiedenen Sprachen. Sie war immer beschäftigt. Das gefiel mir an ihr. Sie würde nicht klammern.

Anderthalb Jahre später mussten wir heiraten. Das heißt, wir mussten nicht, aber ihr Visum lief bald ab, und sie war schwanger. Als sie das herausfand, war es für eine Abtreibung schon zu spät. Ich kniff nicht und tat, was der Anstand verlangte: Ich bot ihr an, sie zu heiraten. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass sie mich ebenfalls heiraten wollte. Ich freute mich ungemein. Die Umstände waren nicht ideal, aber mit Susan hätte ich es nicht besser treffen können. Es war ganz schön viel Verantwortung in so jungen Jahren. Ich war fünfundzwanzig, als unser Kind zur Welt kam, und obwohl Mum uns finanziell unter die Arme griff, waren es harte Zeiten.

Luke, der gerade in Amsterdam war, verpasste am Abend vor unserer kleinen Hochzeit seinen Flug. Sichtlich verkatert und groggy tauchte er schließlich mit einem fast bekleideten Groupie genau in dem Moment in der Kirche auf, als wir gerade die Ringe tauschen wollten, und ruinierte uns unseren kostbaren Moment.

Wie nicht anders zu erwarten, war es Brian nicht gelungen, sich für die Hochzeitsfeier eine weibliche Begleitung zu organisieren. Ich merkte, dass er über unsere Beziehung nicht so richtig glücklich war. Nicht lang nachdem wir aus unseren Winter-Flitterwochen in Kerry zurückkamen, zog er nach Frankreich um.

Susan und ich würden glücklich und zufrieden zusammen alt werden.

4

1978

Luke bereitete sich auf seine Erstkommunion vor. Wir waren keine sonderlich religiöse Familie, auch wenn uns Dad zu unserem Verdruss an den meisten Sonntagen zur Neun-Uhr-Messe schleifte. Mum entschuldigte sich oft damit, dass sie am Abend zuvor ein Konzert gegeben hatte. Brian und ich zappelten während der Lesungen, Gabenbereitung und Gebete ungeduldig herum, wobei es mir gefiel, wenn das Weihrauchfass geschwenkt wurde, so als könnte im nächsten Moment ein Flaschengeist erscheinen oder ein Papagei auf den Altar herabstoßen, aber so etwas passierte nie. Das Klingeln des Glöckchens signalisierte das Ende des Gottesdienstes, doch die Kirchen-Etikette gebot es, zu warten, bis alle Priester den Altarraum verlassen hatten. Die Priester unserer Gemeinde waren besonders alt, und es dauerte immer ewig, bis sie in die Sakristei geschlurft waren. Dann stürmten wir hinaus, als hätten wir Pfeffer im Arsch, um endlich an die frische Luft zu kommen und der Atmosphäre von Leid und Aufopferung zu entrinnen, die kleinen Jungs wie uns irgendwie unheimlich war.

Nur Luke nicht. Luke war fasziniert von der Idee der Hölle und der Frage, wie man es vermied, dort zu landen. Jede Woche steckte er sein gesamtes Taschengeld in den Klingelbeutel. Er konnte es kaum erwarten, zum ersten Mal zur Beichte zu gehen. Ich hörte Mum und Dad darüber lachen. »Was kann ein Siebenjähriger schon zu beichten haben?« Aber Luke weigerte sich, mit uns über seine Sünden zu sprechen. Er sagte, die gingen nur Gott und ihn etwas an.

Natürlich machten Brian und ich uns gnadenlos über ihn lustig, warfen ihm vor, gegen alle Zehn Gebote verstoßen zu haben, einschließlich derer, die wir nicht verstanden. Wir wussten nicht, was es bedeutete, seines Nächsten Weib zu begehren, aber wir nahmen an, dass es etwas Schmutziges, Unanständiges war, also erfanden wir ein schweinisches Lied über Luke und Mrs Turner von nebenan und piesackten ihn damit, bis er in Tränen ausbrach. Brian stahl ein Paar Nylonstrümpfe von Mrs Turners Wäscheleine und legte sie Luke unters Kopfkissen.

Luke rächte sich nie. Wir fingen an, ihn den heiligen Luke zu nennen, aber das ging nach hinten los, denn es schien ihm zu gefallen.

Am Morgen der Erstkommunion sagte Luke, ihm sei schlecht und er könne nicht hingehen, aber Mum hatte sich für den Anlass etwas Neues zum Anziehen gekauft, und Dad hatte sich am Abend zuvor die Mühe gemacht, all unsere Schuhe auf Hochglanz zu polieren. Und einen Kuchen hatten sie auch bestellt. Als das Fieberthermometer bei Luke normale Temperatur anzeigte, war Mum eisern. Sie stand vor ihm, während er jammerte und heulte, und zwang ihn in die weißen Shorts und in den weißen Pullover mit V-Ausschnitt, den er über Hemd und Krawatte zog. Nicht einmal als sie ihm die Rosette an die Brust heftete, hörte er auf, sich zu wehren. Wir quetschten uns alle in Dads Auto, und Luke wurde immer hysterischer, je näher wir der Kirche kamen. Schließlich hielt Dad, von einem raren Wutanfall gepackt, am Straßenrand an und zerrte Luke aus dem Auto. Brian und ich pressten das Gesicht an die Heckscheibe, um zu sehen, was als Nächstes passieren würde. Mum zog im Rückspiegel ihren Lippenstift nach.

Dad hatte sich vor Luke aufgebaut und gestikulierte heftig, während Luke sich duckte und schützend die Hände über den Kopf hielt, als wollte Dad ihn schlagen, dabei tat er das nie. Fünf Minuten später kamen sie zum Auto zurück. Luke war aschfahl. Mum sagte zu Dad, er solle sich ranhalten, wir seien jetzt spät dran.

Wir eilten in die Kirche, entschuldigten uns flüsternd bei den anderen Familien und den Lehrerinnen und Lehrern, während Mum wohlwollend die Leute anlächelte, die sich beim Anblick ihres von einer Pfauenfeder geschmückten Huts gegenseitig in die Rippen stießen. Wir nahmen auf der uns zugewiesenen Kirchenbank Platz, Luke direkt am Gang, wo er mit weißen Fingerknöcheln das Messbuch und den Rosenkranz mit den schimmernden Perlen umklammerte. Er hatte offenkundig furchtbare Angst, konnte oder wollte aber nicht sagen, warum. Inzwischen tat er mir richtig leid, und ich beugte mich zu ihm und sagte: »Keine Sorge, das wird schon. Denk einfach an das Geld und die Süßigkeiten, die du hinterher kriegst.« Er sah mich nicht einmal an, sondern starrte nur auf seine nackten Knie hinunter und blinzelte seine Tränen weg. Als der Moment kam, wo er sich in die Schlange der zum Altar gehenden Jungen einreihen sollte, schubste Dad ihn regelrecht in den Gang. Seine Klassenlehrerin legte ihm eine Hand auf die Schulter und flüsterte ihm beruhigend ins Ohr, während sie ihn zum Altar geleitete.

Wir saßen etwa in der Mitte der Kirche und konnten nicht genau sehen, was geschah, aber wir hörten, wie er plötzlich schrie: »Ich bin nicht gut genug! Ich bin nicht gut genug!«, gefolgt von Schreckenslauten aus den vorderen Bänken, worauf Dad aufstand und in den Mittelgang trat und man ihn nach vorn winkte.

Luke hatte sich am Altar übergeben und dabei die Jungen ringsum und das Messgewand des vor ihm stehenden Priesters bespritzt. Ein paar Jungen fingen an zu weinen. Der Priester verließ eilig den Altar, und ein anderer trat an seine Stelle. Nonnen kamen mit Schalen voll Seifenlauge aus der Sakristei gehastet und versuchten, das Gröbste zu beseitigen. Die Feier wurde fortgesetzt. Luke erhielt trotz allem die Sakramente und beruhigte sich sofort. Vollgesaut und stinkend kam er zu unserer Kirchenbank zurück, und sobald es möglich war, machten wir uns auf den Heimweg. Mum zog Luke den Pullover aus und stopfte ihn würgend erst in eine Plastiktüte und dann in den Kofferraum. Dad entschuldigte sich bei Luke. »Wir hätten dich im Bett lassen sollen, aber du hattest ja nicht mal erhöhte Temperatur.«

»Schon gut, Dad. Ich verzeihe dir.«

Luke lächelte Mum an. Sie ignorierte ihn.

Zu Hause war Luke wieder ganz der Alte. Die kleine Feier für die Verwandtschaft nahm ihren Gang. Luke, wieder in sauberen Kleidern, trug den Rosenkranz wie eine Kette um den Hals. Er ging nicht ins Bett, sondern nahm sich vom Schokoladen-Rice-Krispie-Kuchen und von den entrindeten Sandwiches und las aus seiner neuen weißen Bibel vor. Wir sprachen alle zusammen ein Gebet für unseren Cousin Paul, der zu Untersuchungen im Krankenhaus war.

Als ich an diesem Abend im Bett lag, hörte ich Brian und Luke nebenan reden.

»Was war denn mit dir los?«

»Mir war schlecht.«

»Du hattest Angst, das hab ich doch gesehen. Aber wovor?«

»Ich … Ich … Der Teufel. Er hätte meine Seele rauben können.«

»Was redest du denn da?«

»Der Teufel hat mir gesagt, dass er mich in der Kirche erwartet, aber anscheinend war er in mir drin. Ich habe ihn erbrochen, und jetzt bin ich rein.«

»Du spinnst echt.«

Danach war es still.

Normalerweise wurden aus solchen Vorfällen bei uns Geschichten, die regelmäßig zum Besten gegeben wurden und uns beschämten oder in Verlegenheit brachten, besonders als wir ins Teenageralter kamen, aber Luke blieb in Glaubensdingen todernst. Auch als man uns nicht mehr dazu zwang, ging er jede Woche zur Messe, manchmal sogar mehrmals, und fast täglich zur Beichte. Und er sprach nie mit uns über das alles. Dads Mutter war begeistert. Dad meinte, Luke habe vielleicht eine Berufung. Mum sagte, er müsse mehr unter die Leute gehen, aber wenn er Priester werde, sei ihr das auch nicht unrecht, denn sie wolle nicht von Enkeln umringt sein, wenn wir mal älter wären. Von Babys habe sie ein für alle Mal genug. Dad warf ihr einen seiner missbilligenden Blicke zu.

Unsere Nachbarin bestand darauf, jedes Jahr an Halloween eine Kostümparty zu feiern. Wir hassten es, irgendwelche dämlichen Kostüme anziehen zu müssen – wir alle, außer Luke. Luke verkleidete sich verlässlich entweder als Priester oder als Mönch, bis er sich eines Tages, er war damals dreizehn, aus Holzlatten ein Kreuz bastelte, sich mit der Spitze eines Brotmessers in Hände und Füße stach und mit zur Schau getragenen Wundmalen als Jesus Christus ging. Die Wunden waren nicht tief, bluteten aber stark. An diesem Tag hörte es auf, lustig zu sein.

Später am Abend stritten sich Mum und Dad. Ich hörte Dad sagen: »Mit dem stimmt doch was nicht! Der Junge braucht Hilfe!« Mum neigte dazu, das Ganze herunterzuspielen. »Da wächst er raus, das ist nur eine Phase.«

Luke wuchs tatsächlich aus seinem religiösen Eifer heraus, und zwar nach Dads Tod. Während Brians Reaktion auf Dads Tod schlichtweg bizarr war, fand Luke sich einfach damit ab. Er sagte, er habe schon länger Zweifel gehabt, aber jetzt sei er sich absolut sicher, dass Gott nicht existiere. Er ging nie wieder zur Messe, allerdings hörte ich ihn öfter vor sich hin flüstern, als betete er. Er schien fast normal geworden zu sein, was immer normal bedeutete, jedenfalls für eine Weile.

5

1999

Ich lud eine Schauspielerin auf einen Drink ein, Amy Shine hieß sie. Sie war erst einundzwanzig, ein ganzes Jahrzehnt jünger als ich, und hatte gerade die Schauspielschule in Dublin abgeschlossen. Ich hatte sie in einem Theaterstück im City Arts Centre gesehen. Ich sah mir damals jede Menge Aufführungen an, denn die Produktion unseres zweiten Spielfilms stand bevor, und ich traute dem Casting Director nicht so recht, deshalb begleitete ich ihn in jedes Stück. Wir suchten einen jungen Mann Mitte zwanzig, gutaussehend, aber auch ein bisschen schräg, der sowohl charmant als auch bedrohlich wirken konnte. Der Typ in dieser Vorstellung, von dem man uns erzählt hatte, war nichts von alledem. Amy Shine hingegen machte ihrem Namen alle Ehre: Sie glänzte. Schade, dass sie als Schauspielerin nichts taugte, ihr Name wäre für einen Filmstar ideal gewesen. Sie spielte eine kleine Rolle. Nichts an dem Theaterstück war bemerkenswert bis auf den unglaublichen Körper dieses Mädchens. Sie trug ein Korsett, es wird also ein Historiendrama gewesen sein. Gott, ich wünschte Korsetts wären wieder modern.

Sie hatte einen kleinen, aber perfekten Hintern und milchweiße Brüste. Sie war groß und schlank, und ihr Haar war lang und golden. Ihre Stimme war schrecklich, aber das war egal.

Nach der Aufführung kamen wir mit den Schauspielern ins Gespräch. Sie wussten, wer ich war und warum wir da waren, und bestanden darauf, uns Drinks auszugeben. Wir nahmen gern an. Ende der Neunziger in Dublin Filmproduzent zu sein, war nicht eben lukrativ, aber die Leute hielten einen für wichtig und mächtig, und es war leicht, sie in diesem Glauben zu lassen. So auch Amy. Sie tat, als wüsste sie nicht, wer ich war. Das machten viele, um sich dann überrascht zu zeigen, wenn sie meinen Namen hörten: »William Drumm? Der William Drumm?« »Sind Sie nicht Luke Drumms Bruder? Ich habe alle seine Alben.« »Ich habe The Inpatient gesehen, ein großartiger Film!« Blablabla.

Selbst fähige Schauspieler sind ohne Text- oder Drehbuch zu nichts zu gebrauchen. Aber ich kann nicht behaupten, dass ich die Aufmerksamkeit nicht genossen hätte, den freien Eintritt zu exklusiven Mitglieder-Bars in Nachtclubs, die Einladungen zu Insider-Partys. Allmählich trat ich aus Lukes Schatten hervor. Ich war jetzt selbst eine bekannte Persönlichkeit.

Ich gebe zu, dass ich zwei, drei One-Night-Stands hatte, aber ich habe Susan nie betrogen. Es gab keine Affären, keine Verliebtheit. Ich war nicht untreu. Es ging nur um Sex. Ich wachte immer in meinem eigenen Bett auf, neben ihr. Und egal wie spät es geworden war, ich stand morgens auf und machte ihr Kaffee. In meinem Büro am Merrion Square hatte ich eine Couch stehen, auf der ich so manches Nachholschläfchen machte. Manchmal war sie misstrauisch und fragte mich aus, wo ich gewesen sei und mit wem. Einmal sah ich vom Flur aus, wie sie meine Jackentaschen durchsuchte, jede einzelne Quittung studierte, an meinem Hemdkragen nach Parfüm schnupperte.

Die Frauen warfen sich mir an den Hals. Ich musste nur eine Andeutung über eine Rolle fallen lassen, für die sie die ideale Besetzung wären, oder eine Begegnung mit Steven Spielberg in Aussicht stellen. Ich war ihm selbst nur einmal begegnet, auf einer Party der amerikanischen Botschaft, hatte aber tunlichst darauf geachtet, genau in dem Moment, wo sich die Kamera auf uns richtete, den Arm um seine Schultern zu legen, damit es so aussah, als wären wir alte Freunde. Das Foto erschien auf der Rückseite des Sunday Independent. Es war gut fürs Geschäft und hatte auch andere positive … Nebeneffekte. Amy Shine, zum Beispiel.

Ich verabredete mich für den nächsten Abend mit ihr, wir würden uns nach ihrer Vorstellung in einem Pub unweit ihrer Wohnung treffen. Es war ein Altmännerpub, mit Sägemehl und Spucke auf dem Boden. Ein Ort, wo man mich vermutlich nicht erkennen oder auch nur bemerken würde. Ich sagte ihr, ich hätte ein Drehbuch, das sie interessieren könnte, aber das Projekt sei streng geheim, sie dürfe niemandem davon erzählen.

Im Pub brachte ich sie dazu, von sich zu erzählen — ihr Lieblingsthema, wie sich zeigte. Ich schmeichelte ihr, prophezeite ihr eine strahlende Zukunft, falls sie die richtigen Karten ausspielte. Diesmal gab ich die Drinks aus. Gin Tonics, für sie doppelte, was sie allerdings nicht wusste. Nach einer Weile war sie leicht beschwipst, und als ich ihr unter dem Tisch die Hand auf den Schoß legte, kicherte sie zwar nervös und zog die Beine weg, aber sie ging nicht, es war also klar, dass ich meine Zeit nicht verschwendete. Irgendwann fragte sie schließlich nach dem Drehbuch. Ich sagte, das könne ich ihr unmöglich in einem Pub zeigen. Da schlug sie zögernd vor, zu ihr zu gehen, sie wohne gerade um die Ecke.

Als wir dort ankamen, begriff ich, warum sie gezögert hatte. Die Wohnung war winzig und unordentlich. Auf einem Heizkörper war Unterwäsche ausgebreitet. Ihr nur halb gegessenes Mittagessen stand auf dem Küchentisch. In der Ecke sah ich ein schmales Bett, ungemacht und nicht sehr einladend. Hektisch und unkoordiniert rannte sie herum, stopfte Sachen in Schubladen, warf Geschirr und Besteck ins Spülbecken.

»Gott, es tut mir leid, ich habe nicht damit gerechnet … Ich glaube, ich bin ein bisschen betrunken.«

Sie war sehr betrunken.

Ich klopfte auf den Sofaplatz neben mir.

»Kann ich jetzt das Drehbuch mal sehen?«, fragte sie und schaute auf meine leere Aktentasche hinunter.

»Ach, das Drehbuch ist doch nicht so wichtig. Komm her.«

Ich stand auf und zog sie am Hosenbund ihrer Jeans zu mir. Ich spürte die Wärme ihres Körpers.

»Was machst du denn da?«

»Das wissen wir doch beide, oder?«

»Aber das Drehbuch …«

Ich war mir nicht ganz sicher, ob sie unglaublich naiv war oder sich einfach nur ein bisschen zierte.

»Du bist ein attraktives Mädchen, weißt du.«

Sie riss sich sofort los, und ihre Stimme wurde kalt.

»Du hast da wohl was falsch verstanden.« Sie lallte. Ich sah mich um. »Hast du einen Wein da?«

»Du solltest jetzt gehen.«

»Gehen? Du hast mich doch zu dir eingeladen. Was soll ein Mann da denken?«

Ihre Stimme wurde schrill. »Geh bitte einfach, ja?«

So eine Reaktion hatte ich noch nie erlebt. Ich war stinksauer. Den ganzen Abend hatte sie mir schöne Augen gemacht, sich mit ihrem tief ausgeschnittenen Oberteil zu mir gebeugt, sich auf die Lippen gebissen. Die Signale waren unmissverständlich gewesen.

»Okay, ich gehe. Deine Schauspielkarriere kannst du übrigens vergessen. Ich kenne alle in der Branche, und du wirst nie wieder eine Rolle kriegen.« Ich knallte die Tür hinter mir zu.

Ein Jahr später gingen Susan und ich mit Brian und seiner aktuellen Freundin Gillian essen. Brian war wieder nach Dublin gezogen, nachdem er eine Weile in Paris unterrichtet und danach ein paar Jahre mit Luke auf Tour gewesen war. Wir sahen uns alle paar Monate. Luke hielt mit uns beiden nur sehr sporadisch Kontakt, aber sein Stern war mittlerweile im Sinken begriffen. Die Teenager, die ihn vergöttert hatten, waren erwachsen geworden und hatten jetzt andere Prioritäten. Er trat an kleineren Veranstaltungsorten auf, und die Touren waren nicht mehr ausverkauft. Zu dem Essen an diesem Abend hatten wir ihn auch eingeladen, aber er hatte den Anruf nicht erwidert. Das war nicht ungewöhnlich. Brian redete gerade darüber, dass er vielleicht den Posten als Lukes Manager übernehmen würde, denn es sehe so aus, als würde Sean sich demnächst verabschieden. Bei der Vorstellung musste ich lachen. Brian konnte sich nicht mal selbst managen, ganz zu schweigen von jemand anderem.

Das Hedon war ein gehobenes Restaurant mit einem Michelin-Stern, aber es war Susans Geburtstag, und ich konnte es mir leisten, großzügig zu sein. Wir tranken eine Flasche Champagner an der Bar, ehe uns der Oberkellner an unseren Tisch führte und uns unsere Bedienung vorstellte, Amy Shine. Nach meinem schnell überwundenen Schock beschloss ich, in die Offensive zu gehen.

»Amy, was machst du denn hier? Ich dachte, du wärst längst am Broadway.«

Amy errötete bis unter die Haarwurzeln. »Hallo William.«

Susan wusste sofort Bescheid. Ich spürte die Anspannung, die plötzlich in der Luft lag. »Ach? Woher kennen Sie meinen Mann denn, Amy?«

Aber was konnte Susan schon wissen? Dieses Mädchen hatte sich nicht von mir vögeln lassen. Ich war vollkommen unschuldig. Ich beantwortete Susans Frage selbst. »Amy hat in einem Stück mitgespielt, das ich mir letztes Jahr mit Carl angeschaut habe. Hast du seither viel gespielt, Amy?«

Ich wusste, dass sie kooperieren würde. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Frauen Männer fast immer vor dem Zorn ihrer Ehefrauen bewahren. Warum bloß?

»Ich habe das Theaterspielen aufgegeben, gleich nach diesem Stück damals.« Ihr Ton war bissig. »Ich studiere jetzt Kunstmanagement.«

»Schön für dich, Amy, sehr schön! Gut, also, könntest du uns vielleicht den Sommelier rüberschicken, bevor wir einen Blick in die Speisekarte werfen? Braves Mädchen.«

Amy taperte davon. Ich versuchte, nicht auf diesen perfekten Hintern zu schauen, und öffnete schwungvoll die Speisekarte.

Susan sagte: »Sei nicht so ein herablassendes Arschloch, William.«

Unter dem Tisch bekam ich einen kräftigen Tritt. Schmerzhaft. Erst dachte ich, es sei Susans Absatz gewesen, aber als ich kurz aufblickte, sah ich, dass Brian mich mordlüstern anfunkelte. Susan und Gillian waren in die Speisekarte vertieft. »Du Wichser.« Brian formte es mit den Lippen. Ich reagierte mit einem mimischen: »Was soll der Scheiß?« Unter dem Tisch rieb ich mir das Schienbein, und wir versuchten alle, weiterzumachen, als wäre nichts gewesen. Es würde Ärger geben, nur Gillian schien nichts zu bemerken. Sie war ziemlich durchschnittlich, aber keine von Brians Freundinnen würde je die Welt aus den Angeln heben.

Amy kam nicht mehr zurück, um uns zu bedienen, sondern wurde ohne weitere Erklärung durch Orla ersetzt, eine Wuchtbrumme, deren mangelnde Ansehnlichkeit durch ihre Effizienz ausgeglichen wurde. Susan und Brian unterhielten sich enthusiastisch, miteinander und mit Gillian. Mich ignorierten sie den restlichen Abend. Was umso ärgerlicher war, da das Essen auf meine Rechnung ging.

Später, als wir das Restaurant verließen, zog Brian mich auf die Seite. »Du hast sie betrogen, stimmt’s? Du Wichser.« Bevor ich antworten konnten, fasste er Gillian am Arm, und sie machten sich auf die Suche nach einem Taxi. Susan sprach auf dem Heimweg kein Wort mit mir. Als wir zu Hause waren, bezahlte ich die picklige Babysitterin, und Susan ging nach oben. Ich schenkte mir noch ein Glas Wein ein und machte den Fernseher an. Susan kam herunter und warf mir das Federbett aufs Sofa, dann ging sie wieder hoch und knallte die Schlafzimmertür hinter sich zu.

Dabei hatte ich dieses Mädchen nicht mal flachgelegt.

6

1983

Im Sommer 1983 war ich vierzehn, und ich wollte mir mit meinen Freunden Jim und Steve im Forum Die Glücksritter anschauen, denn in der Schule redeten alle über die Titten von Jamie Lee Curtis, und die mussten wir einfach mit eigenen Augen sehen. Das Kino war ganz in der Nähe, und eine geschlagene Woche vor dem großen Ereignis redeten wir über nichts anderes.

Es würde mein erster ab fünfzehn Jahren freigegebener Film sein. Ich fühlte mich erwachsen. Mum hatte mir den Kinobesuch erlaubt, ohne irgendetwas über den Film wissen zu wollen. In solchen Dingen war sie großzügig, und sie vertraute mir. Dad war strenger, aber an dem betreffenden Wochenende war er auf einer Konferenz. Nur Steve war tatsächlich fünfzehn. Er hatte eine Klasse wiederholt, denn er war nicht der Hellste — nützlich aber schon. Jim und ich übten unser neues Geburtsjahr ein, für den Fall, dass man uns danach fragen würde. Ich vermutete, dass wir bessere Chancen hatten, durchzukommen, wenn wir uns als Sechzehn- statt als Fünfzehnjährige ausgaben. Immer wieder sagte ich »1967« vor mich hin, denn mit der Frage nach dem Geburtsjahr versuchten sie einen angeblich zu überrumpeln. Ich war der größte von uns dreien. Ich ging davon aus, dass ich problemlos reinkommen würde.

Als Mum sagte, sie bekomme an dem Abend Besuch und ich müsse Brian und Luke mitnehmen, ging ich an die Decke. Abgesehen davon, dass ich nichts mit meinen kleinen Brüdern zu tun haben wollte, schon gar nicht, wenn Jim und Steve dabei waren, würden wir niemals alle zusammen in den Film reinkommen. Luke hatte ein Cliff-Richard-T-Shirt, das er heiß und innig liebte und schon den ganzen Sommer lang trug. Er war nur peinlich. Brians Akne war völlig außer Kontrolle und hatte ihm den Spitznamen Popcorngesicht eingebracht. Darauf war ich richtig stolz. Sogar Mum hatte gelacht, Dad fand den Namen allerdings grausam.

Dann sollten wir halt in einen anderen Film gehen, meinte Mum. Ich protestierte, dieser Kinobesuch sei schon ewig verabredet, und zwar mit meinen Freunden, meine Brüder würden mich nur blamieren. Mum drückte mir fünf Pfund in die Hand und sagte, es sei ihr egal, wo wir hingingen, solange ich die Jungs mitnahm. Ich kochte vor Wut. Brian freute sich total, denn er wollte Jamie Lee Curtis’ Titten auch unbedingt sehen. Luke interessierten die Titten weniger, aber da er nicht sehr oft ins Kino kam, war er ebenfalls begeistert. Wir mussten Mum oft zu den Premieren grauenhafter Theaterstücke begleiten, in denen Freunde von ihr mitspielten, das Kino war also nach wie vor der Gipfel unserer kulturellen Aktivitäten. Ich liebte das Kino über alles. Ich sparte mein Taschengeld dafür und sah mir oft allein Filme an. Ich liebte die Dunkelheit und die riesige Leinwand, auf der die Filmfiguren hoch über einem aufragten.

Meine Mutter ließ sich nicht umstimmen. Ich bot meinen Brüdern drei Pfund, wenn sie die Fliege machten, aber sie beharrten eisern darauf, dass sie den Film sehen wollten. Schließlich stahl ich mich dann früher aus dem Haus, um sie loszuwerden, aber natürlich kamen sie nach und stellten sich zu uns in die Schlange.

Ich hatte Luke gedrängt, das T-Shirt zu wechseln oder wenigstens eine Jacke drüberzuziehen, aber er hatte gesagt, es wäre treulos, Cliff zu verstecken. Er war echt ein Spast. Brian erklärte sich wenigstens bereit, eine Baseballkappe aufzusetzen, aber dann drehte der Idiot den Schirm nach hinten. Sein Streuselkuchengesicht war voll sichtbar. Steve und Jim waren alles andere als begeistert.

»O Mann, wir kommen garantiert nicht alle rein, niemals. Zu dritt hatten wir wenigstens eine gewisse Chance.«

Ich tat so, als würde ich meine Brüder nicht kennen, aber da fing Luke an zu heulen, und ich wäre am liebsten auf der Stelle gestorben. Wir hatten sie am Hals, da half alles nichts. »Also gut. Falls wir doch alle reinkommen, setzt ihr euch auf keinen Fall in meine Nähe, okay? Brian, du musst sagen, dass du 1967 geboren bist. Luke, du sagst 1968, klar? Wenn ihr am Schalter nach eurem Alter gefragt werdet, seid ihr fünfzehn und sechzehn.«

»Aber ich bin doch zwölf«, sagte Luke, worauf Steve und Jim sich sofort woanders hinstellten. »Sorry, Will, aber wir lassen uns das nicht von denen vermasseln.«

Ich nahm meine Brüder auf die Seite.

»Luke, Himmel noch mal, verschränk wenigstens die Arme vor der Brust, damit du ein bisschen älter wirkst.« Brian verstrubbelte Luke die Haare, die er immer ordentlich gekämmt trug. Er sah aus wie ein Chorknabe. Jamie Lee Curtis’ Titten verschwanden am Horizont. Ich sah, wie Steve und Jim ihre Eintrittskarten kauften und dann beim Popcornautomaten stehen blieben, um zu schauen, ob wir reinkamen. Die gelangweilte Frau am Schalter nahm uns erst gar nicht wahr, aber meine dem Stimmbruch noch nicht ganz entronnene Stimme bebte ein bisschen, als ich Eintrittskarten für uns drei verlangte. Sie hob den Blick und musterte Brian und Luke. »Wie alt ist der Junge?«, fragte sie und deutete auf Luke. Brian seufzte erleichtert.

»Ich bin 1967 geboren«, sagte Luke.

Die Ticketverkäuferin sah mich an und legte den Kopf auf die Seite. »Du hältst mich wohl für völlig bescheuert? Der Kleine ist höchstens neun, wenn überhaupt. Der kommt hier nicht rein, basta. Das ist ein schmutziger Film, du solltest dich schämen, ein Kind da mit reinzunehmen. Was würde deine Mutter dazu sagen?«

»Dann hätte ich gern zwei Karten, bitte«, sagte ich so höflich, wie ich nur konnte, während Luke hinter mir versuchte, nicht in Tränen auszubrechen.

Er tat mir leid, aber was konnte ich schon tun? »Sorry, Luke, aber du musst nach Hause.«

Brian war einen Moment lang unschlüssig, ihm bereitete die Situation offenbar mehr Gewissensbisse als mir. Aber seine Liebe zu Jamie Lee Curtis war stärker als die zu Luke. »Sag Mum einfach, dass du nicht reingekommen bist. Das wird sie schon verstehen.«

Der Film war sehr lustig, und wir warteten gespannt auf die große Enthüllung. Nach etwa einer Viertelstunde kam die griesgrämig dreinblickende Ticketverkäuferin herein und suchte mit ihrer Taschenlampe die Zuschauerreihen ab. Brian saß irgendwo auf der anderen Seite des Kinos. Steve, Jim und ich duckten uns in unsere Sitze, für den Fall, dass sie anfing, Fragen zu stellen, aber sie ging systematisch eine Sitzreihe nach der anderen durch, bis sie mich gefunden hatte. Sie flüsterte nicht einmal.

»Du da!«, sagte sie. »Dein Bruder steht draußen, und er ist völlig hysterisch. Komm sofort raus!« Das gesamte Publikum protestierte und versuchte, sie zum Schweigen zu bringen, aber ich musste gehen. Ich hielt nach Brian Ausschau, fand ihn aber nicht.

Draußen packte ich Luke grob am Arm und zerrte ihn ein Stück vom Kino weg. »Was ist denn los? Du ruinierst alles!«

»Es ist wegen Mum! Ich bin nach Hause gegangen, und da war ein Mann, der mit ihr Geschlechtsverkehr hatte!«

»Was?«

»Im Schlafzimmer.«

»Moment mal – was? Hat er sie angegriffen? Hat sie geschrien?« »Ja!« Seine Unterlippe bebte.

»Hat er dich gesehen?«

»Nein. Ich hatte solche Angst, da wollte ich dich lieber holen.«

Ich rannte los. So schnell ich konnte. Ich schaute nicht mal, ob Luke hinter mir war. Unser Haus war nur fünf Minuten entfernt, vier, wenn ich sprintete.

Als ich zu Hause ankam, saß Mum im Wohnzimmer und trank Gin Tonic mit Nicholas Sheedy, einem musikalischen Leiter, mit dem sie immer mal wieder zusammenarbeitete. Sie sah völlig sittsam aus, bis auf ihre Haare, die am Hinterkopf einem Stachelginsterbusch ähnelten.

»Was machst du denn jetzt schon zu Hause? Ich dachte, ihr seid mindestens noch eine Stunde weg.«

Tja, dachtest du wohl. Hinter mir kam Luke atemlos angerannt. »Gott, nicht auch du noch. Wo ist Brian?«, fragte Mum.

Ich warf Luke einen grimmigen Blick zu und sah, wie sich Verwirrung und Schamesröte auf seinem Gesicht breitmachten.