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Mit dem Drama „Kriegskinder“, einem Zweipersonenstück mit Latina vor dem Hintergrund der steten Frage, ob Demokraten zu Barbaren werden müssen, um sich der Barbaren zu erwehren, legt der Hamburger Schriftsteller Rafael Robert Pilsczek sein viertes Werk vor. Während es im Duodrama vordergründig um die Entwicklung und den Bruch einer Männerfreundschaft geht, greifen die Umrahmung und die Themen des Theaterstücks sowohl in die Breite der aktuellen Entwicklungen, als auch in die Tiefe ewiger Themen des Menschseins. Gibt es gute Gewalt, wenn ja, welche? Wie entzweien sich Freunde, Verwandte und Nachbarn, wenn sie politisch und gesellschaftlich auseinander driften wie auf einer gebrochenen Eisscholle? Ist ein Tyrannenmord gerecht oder stets abzulehnen? Was ist die Zeit vor und nach dem Krieg, wie entsteht das Mittendrin eines solchen? Das Theaterstück begeistert durch seine Klarheit und der logischen Konsequenz seines Endes. Ein Drama voller Geschichte, Aktualität und der verzweifelten Leidenschaft von Menschen, die sich ernst nehmen.
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Seitenzahl: 107
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Von Rafael Robert Pilsczek
Zweipersonenstück mit einer Frau, die Tango tanzt
7 Akte mit Prolog und Epilog
Widmung
In tiefer Dankbarkeit für vieles, wenn nicht für alles
M. d. R. G. / J. J. V. / A. L. / H. M E. / C. R.
Mit dem Drama „Kriegskinder“, einem Zweipersonenstück mit Latina vor dem Hintergrund der steten Frage, ob Demokraten zu Barbaren werden müssen, um sich der Barbaren zu erwehren, legt der Hamburger Schriftsteller Rafael Robert Pilsczek sein viertes Werk vor. Während es im Duodrama vordergründig um die Entwicklung und den Bruch einer Männerfreundschaft geht, greifen die Umrahmung und die Themen des Theaterstücks sowohl in die Breite der aktuellen Entwicklungen, als auch in die Tiefe ewiger Themen des Menschseins. Gibt es gute Gewalt, wenn ja, welche? Wie entzweien sich Freunde, Verwandte und Nachbarn, wenn sie politisch und gesellschaftlich auseinander driften wie auf einer gebrochenen Eisscholle? Ist ein Tyrannenmord gerecht oder stets abzulehnen? Was ist die Zeit vor und nach dem Krieg, wie entsteht das Mittendrin eines solchen?
Der Autor Rafael Robert Pilsczek schaut in seinen Büchern und Werken in das Leben einzelner Menschen und zieht daraus Schlüsse auf das Leben selbst. Das zeigt sich in seinem dritten Buch „Friedenskinder“ (2015), das 70 Jahre Frieden in der höchst unwahrscheinlich längsten Zeit in (West-) Deutschland beschreibt und die Gefahr, den Frieden dereinst zu verlieren. Es zeigt sich genauso im Popular-Fachbuch zur modernen Kommunikation, „Mehr Sein als Schein“ (2013), als auch in der groß angelegten Liebeserklärung an Menschen und die Begegnungen mit ihnen in „Wie ich 10 Tausend Menschen nah kam“ (2014).
In seinem bisherigen Leben zog der Autor, 1968 am Rande einer Kleinstadt am linken Niederrhein geboren, stets hinaus in die nahe und weite Welt in Europa, in Übersee und Arabien, um das stete Rätsel Mensch und damit letztlich sich selbst zu entschlüsseln. In vielen Lebenswelten erfolgreich unterwegs gewesen, als Journalist und Reporter, der in allen maßgeblichen Medien veröffentlich hat, als Politiker, Dozent, Vereinsvorsitzender und heute eine erfolgreicher mittelständischer Unternehmer, vereint Rafael Robert Pilsczek besondere Erfahrungen in sich. Der studierte Literaturwissenschaftler und Philosoph hat aus den vielfältigen Erfahrungen und Fachthemen eine besondere inhaltliche und sprachliche Kompetenz darin entwickelt, die Welt anzuschauen und von ihr zu erzählen.
Fest in der europäischen Aufklärung verankert, versteht sich der Autor als entschiedener Gegenvertreter zur gleichaltrigen Spaßliteratur-Generation. So können alle vier bisher erschienen Werke und Bücher als Gesamtwerk begriffen werden, da sie zuerst immer von einzelnen Begegnungen und ihrer kommunikativen Nähe zu Menschen ausgehen, die zusammengenommen dann mehr erzählen als nur von Einzelteilen des Lebens.
Der Autor lebt seit über zwei Dekaden im Hamburger Süden. Alle Bücher, herausgegeben von PPR Hamburg & Friends, sind über den Buchhandel, auf iTunes oder Amazon als E-Book und als Printausgabe erhältlich. Lesungen führen den Autor durch ganz Deutschland.
ANMERKUNG
„Kriegskinder“ ist ein literarisches Theaterstück.
Jede Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind ungewollt und rein zufällig. Das Drama und seine Handlung sind frei erfunden.
Wer anderes denkt, überdenkt sein Verständnis von Theater, bitte. Ob das Drama „Kriegskinder“ dadurch wahrer ist, dass es gedichtet ist, bleibt jedem Zuschauer selbst überlassen.
SINN
Das Ende der Konsequenz ist
tatsächlich der Tod.
Pflücken wir also den Tag,
bis der Schlaf
süß über uns kommt.
Damit der Tag heute
ohne den Tod bleibt.
P
ROLOG
JUNGS, DIE SPIELEN, WIE SCHÖN, TEIL I.
Eine Frau tanzt Tango mit sich alleine.
1. A
KT
GLÜCKLICHE JUNGS I.
Am Lagerfeuer.
2. A
KT
GLÜCKLICHE JUNGS II.
Im Seminar.
3. A
KT
GLÜCKLICHE JUNGS III.
In der Bahn.
4. A
KT
GLÜCKLICHE JUNGS, UNGLÜCKLICHE JUNGS
In der Behörde und am Strand.
5. A
KT
UNGLÜCKLICHE JUNGS I.
Auf der Parkbank.
6. A
KT
UNGLÜCKLICHE JUNGS II.
Im Rauchersalon.
7. A
KT
UNGLÜCKLICHE JUNGS III.
Im Hotelzimmer, Pariser Platz.
E
PILOG
JUNGS, DIE SPIELEN, WIE SCHÖN, TEIL II. UND SCHLUSS
Eine Frau tanzt Tango mit sich alleine.
ELEGANTE FRAU, DIE LATINA TRITT AUF
DIESELBE WIE IM EPILOG
Der Vorhang ist geschlossen. Davor tritt die attraktive Latina auf. Der Prolog findet vor dem Vorhang statt. Es ist nichts dort außer einer hochgewachsenen, schlanken Latina in einem langen, schwarzen, fließenden Kleid. Sie ist über 40. Sie hat pechschwarze, lange Haare, keinen Zopf. Sie trägt Sommersandalen, die vor Strass strahlen. Sie hat feuerroten Lack an ihren Füßen und an ihren Fingernägeln. Sie tanzt einen Tango mit sich alleine. Zwei, drei Minuten lang. Einen Tango nur für sich. Dann redet sie. Es ist ein Monolog, der Ton ist glücklich, zärtlich, begehrenswert. Während sie ihren Monolog hält, wiegt sie sich im Tango, das Gesicht stets zum Publikum.
Latina: » Guten Abend, Freunde, Amigos, Ihr Verrückten dieser Welt, Ihr Lieben, Ihr Guten, Ihr Begleiter, Ihr Consiglieres. Guten Abend, meine Freunde, meine Amigos. Ich wünsche euch und mir und Ihnen allen draußen vor dem Theater einen guten Abend. Einen leckeren Abend. Wir wollen Freude haben, und wir wollen Hoffnung haben. Wir wollen es uns gut machen. Schön machen. Ah!, schön machen. Mit den beiden. Die nun Ihren Abend füllen, Ihren Abend voller Freude, denken Sie, voller leckerer Jungs, supersupersüßen Jungs, ah!, wie schön. Die Ihren Abend gestalten. Ihren Abend schön, so lecker machen. Es sind zwei Freunde, der eine heißt Karl, der andere Michael. Wirklich gute Jungs. Wirklich gute Jungs in diesem Land. Ich kenne sie woher? Naja, ich war in Stockholm. Dort waren Karl und Michael. Auf Europareise. Ah!, durch Europa. Ich liebe Europa. Ein freies, ein schönes Europa. Ein Engel auf Schwingen, die Europa, eine Frau wie Liebe, wie Liebe, wie ich eine bin, voller Liebe. Wissen Sie, dass ich aus Spanien stamme? Wissen Sie, dass ich eigentlich Chilenin bin? Wissen Sie, dass ich wegging, nach New York? Wissen Sie, dass ich Europa liebe? Diese Fläche voller Dichter, Denker, guter Menschen, voller bewundernswerter Menschen? Naja, das wissen Sie, wie schön, groß, wie schön und groß Europa ist.«
Sie wiegt sich im Tango.
» Unser Europa, die Europa auf ihren Schwingen. Also, ich treffe Karl und Michael in Stockholm. Als sie noch jung waren. Zwei junge Männer, zwei junge Europäer, ah!, wie schön sie waren, wie lecker. Der eine, Michael, wurde einer meiner, mein Liebhaber. Er wurde meine Liebe in New York. In New York, als alles schwierig war, als New York voll von Dreck, von Drogen, von Schmutz, von Hass war. Wir saßen im Park und küssten uns und fanden uns lecker. Michael war so einer. Einer, der brennt. Der wollte. Der alles wollte. Der das Gute wollte, wissen Sie? Er war eine Erscheinung in diesem dreckigen, armen New York zu der Zeit. Der andere, Karl, hat mir auch Briefe geschrieben, Briefe, nach dem Kennenlernen in Stockholm. Schöne Briefe, lange Briefe, ein wenig nüchtern, würde ich sagen, aber schöne Briefe. Die Briefe von Karl habe ich einfach nicht beantwortet. Warum auch? Ich hatte Michael. Ah!, Michael, ein Süßer, ein Leckerer, er brennt so schön. Nein! Ich habe Michael nie gesagt, dass Karl mir Briefe schrieb, vier oder fünf. Warum auch?«
Sie wiegt sich im Tango.
» Ich bin eine Latina, und Latina entscheiden allein, sofort, mit wem sie Tango tanzen. Wir sind starke Frauen, wir nehmen und wollen erhört werden, von einem, von einem Mann, der uns in aller Zärtlichkeit ein Leben lang ein Leben in Liebe schenkt. Tango tanzen wir nur zu zweit, wir Latina. Tango tanzt man nicht zu dritt. Es sind zwei Jungs, zwei wunderschöne, wunderleckere Jungs, die beiden. Und nun? Nun sehen wir zwei Deutsche, zwei Jungs, die nur spielen wollen. Nehmen Sie das nicht zu ernst, ja? Nehmen Sie das nicht zu ernst. Was wissen Jungs, kleine Jungs, was wissen die schon vom Leben, vom Alltag, vom Bösen, was wissen die schon davon? Ah!, Karl und Michael, die haben Frieden in sich, so viel Frieden, 70 Jahre Frieden, Deutschland, West-Deutschland, ah!, wie schön, wie lecker sie sind. Nehmen Sie das nicht so ernst. Was wissen die schon? Die wollen spielen. So lassen wir Karl und Michael spielen, heute, hier. Lassen wir sie. Sie sind so lecker. Die beiden. Spielen wir mit ihnen, nicht sie spielen mit uns. Wissen Sie? Das Spiel kann beginnen, der Vorhang kann sich öffnen, es ist nur Theater, Kindertheater. Zwei Kinder. Ich liebe Kinder. Wir lieben Kinder, wir lieben Jungs wie Karl und Michael. Das Spiel beginnt. Haben wir einen schönen Abend, Sie mit mir und ich mit Ihnen. «
Sie wiegt sich im Tango.
Latina: » Ich kenne solche, die Sie sehen und hören werden. Es sind Kinder. Jungs. Jungs müssen so sein. Immerzu. Davor, jetzt, immer. Es sind doch nur Jungs, die spielen wollen. Abenteurer, harmlose Abenteurer. Ich liebe es, wenn meine Jungs spielen. Ich liebe es, sie spielen zu sehen. Auf dem Spielplatz, am Strand, vor der Garage, im Garten im Sommerregen, überall. Wenn meine Jungs spielen, dann sind sie halt Jungs, die spielen müssen. Ich liebe Jungs. Ich liebe die beiden. Die beiden, die jetzt spielen. Mit sich spielen, mit uns, mit Ihnen spielen. Es sind Jungs, die doch nur spielen wollen. Warum sie spielen? Ich zeige es Ihnen. Schauen Sie hin, hören Sie zu. 70 Jahre Frieden, wie schön, wie lecker. Schauen wir den Jungs zu, was sie machen, was sie daraus machen. Auf, auf, das Spiel beginnt. Ich liebe es, Jungs beim Spielen zuzuschauen. «
Sie nimmt eine letzte Tango-Figur. Sie dreht ihren Rücken zum Publikum. Friert ein, ein, zwei Minuten. Mit dem Rücken zum Publikum sagt sie erneut glücklich:
Latina: » Ich kenne solche, die Sie sehen und hören werden. Es sind Kinder. Jungs. Jungs müssen so sein. Immerzu. Davor, jetzt, immer. Es sind doch nur Jungs, die spielen wollen. Ich liebe es, wenn meine Jungs spielen. Ich liebe es, sie spielen zu sehen. Auf dem Spielplatz, am Strand, vor der Garage, im Garten im Sommerregen, überall. Wenn meine Jungs spielen, dann sind sie halt Jungs, die spielen müssen. Ich liebe Jungs. Ich liebe die beiden. Die beiden, die jetzt spielen. Mit sich spielen, mit uns, mit Ihnen spielen. Es sind Jungs, die doch nur spielen wollen. «
Dann geht sie. Und der Vorhang öffnet sich zum 1. Akt.
ALLGEMEIN:
Michael Wollenweber und Karl Richard vom Baade sind West-Deutsche in ihren mittleren Vierzigern. Beide sind genügend schlank, beide haben dichtes Haar, der erste straßenköterbraun, der andere pechschwarz. Karl Richard vom Baade ist großbürgerlich wie ein Deutsch-Italiener von makellosem Aussehen und Geschlecht, er trägt dunkle Töne in guten Tüchern, er spricht Hochdeutsch, er spricht immer ein wenig stockend, was gleichwohl überlegt und elitär wirken soll. Michael Wollenweber wirkt ein wenig verhuscht, seine ärmere Herkunft ist ihm bis heute anzusehen, er trägt hellere Töne als Karl Richard vom Baade und eine preiswerte Brille, die er stets putzt. Auch Michael Wollenweber spricht Hochdeutsch, er kann gleichwohl das „ch“ nur als „sch“ aussprechen. Beide sind mittelgroß, auf jeden Fall unter 1 Meter 90. Michael Wollenweber trägt ab dem 2. Akt immer eine Zeitung bei sich, Karl Richard vom Baade hat die Macke, sich immer wieder seine Nase glatt streichen zu müssen.
Michael Wollenweber und Karl Richard vom Baade können vor der Pause von denselben erwachsenen Schauspielern gespielt werden als auch von ihnen nach der Pause.
Karl und Michael sitzen zur linken und zur rechten Seite auf zwei Baumstämmen. In der Mitte brennt ein Lagerfeuer. Beide tragen Jeans mit Schlag und zwei Shirts. Beide schauen eine Weile in das Feuer. Im Hintergrund gibt es über die gesamte Länge des Bühnenhintergrundes ein Video auf einer Leinwand, das ein Weizenfeld in Übergröße in voller Blüte zeigt, dessen Weizen sich sanft vor einem blauen Himmel im Wind wiegen. Michael lutscht immer wieder am Daumen.
Karl Richard vom Baade: » Komm. Wir pinkeln. Um die Wette. Komm. Der Dirk hat es mir gezeigt. «
Michael Wollenweber: » Nein. Ich weiß nicht. Und, vor Dirk habe ich Schiss. Der hat mich beklaut. Die ganze Tüte. Voller Schoko und den ganzen Kram. Weißt du doch, Karl. Der ist ein Arsch. «
Karl Richard vom Baade: » Doch, komm. Wer am höchsten pisst. «
Michael schaut Karl verblüfft an. Dann steht Karl auf und geht an den Seitenrand. Er öffnet seine Hose.
Michael Wollenweber: » Nein. Ich weiß nicht. «
Dann folgt ihm Michael. Auch er öffnet seine Hose. Beide pinkeln in die Höhe.
Karl Richard vom Baade: » Ich kann’s. Ich kann’s. Nein, du bist höher, du. «
Michael Wollenweber: » Ja, Karl. Du kannst mich mal. Ja, ich kann höher. Siehst du. Damit können wir unser Lagerfeuer löschen. Das Feuer killen. «
Beide grinsen sich danach an und gehen wieder zurück an das Lagerfeuer und setzen sich wieder hin.
Karl Richard vom Baade: »