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Dieser Band enthält folgende Krimis: Trevellian, die Agentin und der Killer (Pete Hackett) Trevellian und der Pate von Little Italy (Pete Hackett) Kommissar Jörgensen ist wie gelähmt (Martin Barkawitz/Chris Heller) Familienkrieg! So könnte man die Auseinandersetzung zwischen Giuseppe Marchese, dem Paten von Little Italy, und einem zunächst Unbekannten bezeichnen. Denn dieser Unbekannte will das Drogenimperium von Marchese übernehmen. Dumm nur, dass auch das FBI Wind von der Sache bekommen hat. Aber dann geht einiges schief, und plötzlich steht eine Geiselnahme im Raum.
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Seitenzahl: 386
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Krimi Dreierband 3113
Copyright
Trevellian, die Agentin und der Killer
Trevellian und der Pate von Little Italy
Kommissar Jörgensen ist wie gelähmt
Dieser Band enthält folgende Krimis:
Trevellian, die Agentin und der Killer (Pete Hackett)
Trevellian und der Pate von Little Italy (Pete Hackett)
Kommissar Jörgensen ist wie gelähmt (Martin Barkawitz/Chris Heller)
Familienkrieg! So könnte man die Auseinandersetzung zwischen Giuseppe Marchese, dem Paten von Little Italy, und einem zunächst Unbekannten bezeichnen. Denn dieser Unbekannte will das Drogenimperium von Marchese übernehmen. Dumm nur, dass auch das FBI Wind von der Sache bekommen hat. Aber dann geht einiges schief, und plötzlich steht eine Geiselnahme im Raum.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author /COVER A. Panadero
© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
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Alles rund um Belletristik!
Krimi von Pete Hackett
Der Umfang dieses Buchs entspricht 117 Taschenbuchseiten.
Jennifer Johnson, die Kollegin der FBI-Agenten Trevellian und Tucker, wird von einem gewissenlosen Gangster als Geisel genommen. Um das Leben der Frau nicht zu gefährden, müssen die Agenten sich im Hintergrund halten – bis die Situation eskaliert.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alles rund um Belletristik!
Unsere Mission war klar. Vor dem Hochhaus, in dem Antonio Felli als Anlageberater und privater Geldverleiher ein Büro betrieb, bremste ich den Sportwagen. Ich fand sogar eine Parklücke, was in den Straßen Südmanhattans fast schon mit einem Haupttreffer in der Lotterie vergleichbar war, und manövrierte den Wagen hinein.
Wir hatten den Verdacht, dass Felli ein käuflicher Killer war.
Finden Sie heraus, ob etwas dran ist an dem Verdacht, Jesse, Milo. Wenn ja, dann stellen Sie Antonio Felli kalt.
Das war der Auftrag, den uns Mr. McKee, der Chef des FBI New York, mit Nachdruck im Tonfall erteilt hatte.
Es war kein schwieriger Auftrag. Felli rechnete nicht mit uns. Dennoch verspürte ich Anspannung. Und auch um Milos Mund glaubte ich einen angespannten Ausdruck wahrzunehmen…
Wir standen vor dem Wegweiser in der Halle des Bürohochhauses. In der 4. Etage hatten Antonio Felli und sein Partner ihren Betrieb etabliert.
Ich holte ein Walkie-Talkie aus der Jackentasche, ging auf Frequenz und murmelte in die Sprechmuschel: „Team eins an Team zwei. Kommen!“
„Hier Team zwei. Alles klar?“ Es war die Stimme Jennifer Johnsons, der hübschen Agentin, die aus dem Lautsprecher erklang.
Sie und Annie Francesco, die rassige Latina, warteten in einem Dienstbuick vor dem Hochhaus, für den Fall, dass Antonio Felli Milo und mir durch die Lappen gehen sollte.
„Gut, Jennifer“, sagte ich. „Wir gehen jetzt hinauf. Macht euch für den Fall des Falles bereit.“
„All right, Jesse. Wir postieren uns am Eingang. Over.“
„Wir bleiben in Verbindung. Over.“
Ich schob das Funkgerät ein, in der Überzeugung, dass wir die beiden Kolleginnen nicht bemühen mussten.
Der Mann hinter der Rezeption beobachtete uns desinteressiert. Seine Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, als hinter uns jemand die Halle betrat und zielstrebig zur Rezeption ging. Es war überhaupt ein Kommen und Gehen hier. Die beiden Aufzüge standen fast keinen Moment lang still. Manche Leute benutzten die Treppe. Die Drehtür des Eingangs war ständig in Bewegung.
Ich sagte: „Nimm du den Lift, Milo. Ich nehme die Treppe.“
„Hoffentlich trifft dich nicht der Schlag“, knurrte Milo mit Galgenhumor. „Vier Stockwerke sind in deinem Alter kein Pappenstiel.“ Er grinste gallig.
„Deine Sorge um mich rührt mich zu Tränen“, gab ich mit schiefem Grinsen zurück. „Dennoch können wir ja ‘ne Wette abschließen, wer zuerst oben ist.“
„Na schön. Was wetten wir?“
„Ich wette einen Hunderter, dass du zuerst oben bist.“
Milo schaute mich verblüfft an. Plötzlich zuckten seine Brauen in die Höhe. „Ha, ha“, machte er dann. „Unter die Witzbolde gegangen, wie?“ Er legte den Daumen auf den beleuchteten Knopf, der den Aufzug ins Erdgeschoss holte.
Ich schaute auf die Stockwerksanzeige des Fahrstuhles. Er befand sich in der 13. Etage. Der andere Aufzug stand im Moment sogar im 21. Stockwerk. „Bis gleich.“
Ich sprach es und schritt zur Treppe.
Als ich einen Blick über die Schulter warf, war der Aufzug, auf den Milo wartete, in der 11. Etage.
Mein Ehrgeiz war herausgefordert. Ich beeilte mich. Und als ich von unten nicht mehr zu sehen war, nahm ich immer zwei Stufen gleichzeitig. Etwas atemlos kam ich oben an. Der Aufzug befand sich im Erdgeschoss. Unwillkürlich grinste ich vor mich hin.
Ich orientierte mich.
Gegenüber der Treppe waren die Lifts. Linker Hand führte eine doppelflügelige Glastür in den Korridor mit den Büroräumen einer privaten Entsorgungsfirma. Rechts waren hinter einer identischen Glastür die Büroräume der Star Finance Capital Management & Consulting Company, wie Antonio Felli und sein Kompagnon das Unternehmen getauft hatten.
Ich ging zu der Tür, auf deren rechtem Flügel in schwarzen Druckbuchstaben der Firmenname, die Öffnungszeiten, Telefon- und Faxnummer sowie ein Werbeslogan angebracht waren.
Ich musste fast schmunzeln. Wir kamen während der Öffnungszeit. Andernfalls hätte es einer besonderen Terminvereinbarung bedurft. Uns bei Antonio Felli anzumelden wäre allerdings nicht ratsam gewesen.
Ich warf einen Blick auf die Leuchtziffern über der Aufzugtür. Der Lift befand sich im 2. Stock. Die Nummer 3 leuchtete auf, dann hielt die Kabine in der 4. Etage. Die Edelstahltüren fuhren lautlos auseinander. Ich sah vier Leute in der Kabine. Milo trat ins Treppenhaus, hinter ihm schloss sich die Tür wieder.
„Ich kriege hundert Bucks von dir“, grinste mein Partner schief.
„Haben wir vielleicht gewettet?“, versetzte ich. „Aber wir können das gerne nachholen. Wetten, dass Felli sich nicht kampflos ergibt, wenn er das ist, wofür wir ihn halten.“
„Diese Wette würdest du gewinnen“, winkte Milo ab und holte die SIG Sauer P226 aus dem Holster. „Auf in den Kampf, Torero“, tönte er.
Auch ich zog blank. Dann stieß ich die Tür auf.
Es war Punkt 9 Uhr. Wir betraten die Anmeldung. Die nicht mehr ganz taufrische Lady hinter dem Tresen schaute uns durch funkelnde Brillengläser verdutzt an. Der Anblick der Pistolen in unseren Fäusten ließ ihren Mund aufklaffen. Hielt sie uns für Einbrecher? Der Schrei, der sich in ihr hochkämpfte, erstickte in der Kehle und reduzierte sich auf ein klägliches Stöhnen.
„Zu Mr. Antonio Felli“, stieß ich hervor.
Sie war wie gelähmt. Ihre Lippen bewegten sich. Eine unsichtbare Hand schien sie zu würgen.
In diesem Moment – wahrscheinlich hatte der Teufel die Hand im Spiel –, öffnete sich die Tür zum anschließenden Büro. In ihrem Rahmen stand – Antonio Felli.
Für die Spanne zweier Herzschläge starrte er Milo und mich entsetzt an. Dann kam bei ihm das Begreifen, denn die Glätte in seinem Gesicht zerbrach, er knirschte eine Verwünschung, wirbelte herum und warf die Tür zu.
Milo und ich schüttelten unsere Überraschung ab. Wir setzten uns gleichzeitig in Bewegung. Mit zwei Schritten waren wir bei der Tür. Mit dem dritten Schritt glitten wir auseinander und bauten uns an der Wand auf.
Keinen Sekundenbruchteil zu früh. Denn in dem Raum, in dem sich Felli befand, begann eine Pistole trocken zu wummern. Die Kugeln stanzten einige Löcher in die Türfüllung. Der Krach war infernalisch. Holzsplitter flogen. Ich dankte dem Himmel, dass die Sekretärin nicht in der Schusslinie stand.
Eine Tür schlug nebenan.
Unser Verdacht, dass Antonio Felli alles andere war als ein rechtschaffener und hart arbeitender Anlage- und Vermögensberater, hatte sich auf brutale Weise bestätigt.
So wie er reagierte nur ein eiskalter Killer.
Ich bedeutete Milo, hier zu bleiben, verließ das Büro und stand wieder auf dem Flur. Felli hatte sein Office durch die Tür zum Korridor verlassen und rannte zur Glastür. Ich hob die SIG. „Stehenbleiben! FBI!“
Felli wirbelte herum und legte auf mich an. Ich stieß mich ab, überquerte mit einem kraftvollen Satz den Flur und landete in der Türnische auf der anderen Seite. Fellis Schuss dröhnte wie eine Explosion. Die Kugel schrammte über die Wand und schlug an der Stirnseite des Korridors ein Loch in die Fensterscheibe.
Felli warf sich gegen die Glastür. Sie flog auf. Der Gangster hechtete ins Treppenhaus. Der Flügel der Glastür schloss sich automatisch. Ich wagte es nicht zu feuern, denn wenn ich den Gangster verfehlte, würde meine Kugel die Glastür auf der anderen Seite des Treppenhauses durchschlagen, und dort konnten Beschäftigte der Entsorgungsfirma herumstehen.
Felli hatte nicht so viele Gewissensbisse. Ich sah ihn auf die Beine schnellen und die Waffe hochreißen. Der Schuss dröhnte, Scherben klirrten. Die Kugel pfiff an mir vorbei und hämmerte am Ende des Korridors ein zweites Loch in die Fensterscheibe. Auch in dem Türflügel mit den Öffnungszeiten war jetzt ein Loch. Und Felli war verschwunden.
Auf der anderen Seite sah ich Milo in der offenen Tür zum Sekretariat. Die Mündung seiner SIG wies senkrecht nach oben.
Ich schob mich an der Wand nach vorne bis zur Glastür. Das Treppenhaus war, soweit ich es einsehen konnte, leer. Ich winkte Milo. Als er bei mir war, stieß ich die Tür auf und schob mich hinaus.
Ich hörte auf der Treppe die hallenden Schritte des fliehenden Killers. Jetzt waren Jennifer Johnson und Annie Francesco gefordert. Ich fischte das Walkie-Talkie aus der Jackentasche. „Team zwei bitte kommen.“
„Team eins, was ist? Habt ihr ihn?“
„Nein. Er flieht über die Treppe. Sobald er das Gebäude verlässt, greift ihr zu. Vorsicht. Er hat eine Pistole und macht rücksichtslos davon Gebrauch.“
„Verstanden, Jesse. Verbaut ihm den Rückweg.“
„Klar. Hals- und Beinbruch, Jennifer.“
Milo und ich folgten dem Gangster die Treppe hinunter. Weit unter uns hörten wir ihn laufen. Den Geräuschen nach, die er verursachte, musste er immer mehrere Stufen auf einmal nach unten springen.
Jennifer Johnson und Annie Francesco postierten sich zu beiden Seiten des Eingangs in das Büro-Building. Sie hatten ihre Waffen gezogen. Die beiden Agentinnen waren nicht mit der schweren P226, sondern mit der leichteren P228 ausgerüstet.
Soeben kamen zwei junge Frauen aus der Drehtür. Eine Gruppe Männer und Frauen stiegen die fünf Stufen zum Eingang empor.
„FBI!“, rief Jennifer. „Verlassen Sie die Treppe. Das ist ein Polizeieinsatz. Beeilen Sie …“
In der Drehtür erschien Antonio Felli.
„Waffe weg, Felli! FBI!“, schrie Annie Francesco und schlug die SIG auf den Gangster an.
Felli fackelte nicht lange, gab einen kaum gezielten Schnappschuss ab und verschwand sofort wieder im Gebäude. Schreiend flüchteten die Menschen von der Treppe auf die Straße. Panik griff um sich.
Plötzlich erschien Felli wieder. Vor sich hielt er eine junge Frau als lebendes Schutzschild. Sein linker Arm lag um ihren Hals. Er drückte ihr die Mündung der Pistole unter das Kinn. Das Entsetzen versiegelte die Lippen der Frau. Ihre Augen waren ein Abgrund des Grauens und der Verzweiflung. Die Angst lähmte sie und machte sie wehrlos.
„Ich knalle ihr den Kopf von den Schultern!“, brüllte der Italoamerikaner. „Kommt mir bloß nicht zu nahe. Verschwindet, ihr verdammten FBI-Schlampen! Fort mit euch!“ Der nötigte seine Geisel die obersten beiden Stufen hinunter. Halb besinnungslos hing die Frau in seinem Arm. Brutal schnürte er ihr die Luft ab. Ihre Augen quollen aus den Höhlen. Sie japste erstickend.
Milo und ich verließen das Gebäude.
Felli wirbelte die Geisel herum, so dass ihr Körper ihn gegen uns deckte. „Na los, schießt schon, ihr verdammten Bullen!“, hechelte er und schleppte die arme Frau wieder eine Stufe nach unten.
„Geben Sie auf, Felli!“, rief ich. „Lassen Sie die Frau frei. Wir haben Verstärkung angefordert. Sie kommen nicht weit. Wenn Sie der Lady auch nur ein Haar krümmen, machen Sie alles nur noch viel schlimmer. Sie haben keine Chance.“
Ich rief es eindringlich, fast beschwörend.
Der Gangster lachte scheppernd auf. „Ja, Bulle, ich lasse sie frei. Sicher, sie kann gehen, wohin sie will. Ich werde der Kleinen auch kein Haar krümmen.“ Wieder lachte er auf. Es klang widerwärtig und brachte meinen Blutdruck auf 180. Dann ließ Felli wieder seine Stimme erklingen. „Für die Lady will ich allerdings Ersatz, Bulle. Und zwar deine blonde Kollegin. Sie gefällt mir. Ja, sie wird mich an Stelle der Lady begleiten. Komm her, Blondie, komm schon.“
Der Gangster meinte Jennifer Johnson.
Er richtete an seiner Geisel vorbei die Pistole auf mich, dann auf Milo und schließlich auf Annie Francesco. „Na, was ist, Blondie? Muss ich erst deine Kollegin umlegen, damit du spurst? Schmeiß deine Knarre weg und komm her. Ich warte noch drei Sekunden. Dann fange ich an zu schießen. Erst glaubt deine hübsche Kollegin dran. Dann die beiden G-men. Und dann die kleine Lady hier.“
„Keine Chance, Felli!“, schrie ich. „Du …“
Der Gangster feuerte. Die Kugel klatschte neben Annies linkem Knöchel gegen die Treppe und zog jaulend als Querschläger davon. Steinsplitter spritzten. Steinstaub wallte auf.
Mein Herz übersprang einen Schlag. Ein eiserner Ring schien sich um meine Brust zu legen. Ich schluckte trocken. Den Kloß in meinem Hals vermochte ich jedoch nicht hinunterzuwürgen.
Der verdammte Hundesohn machte Ernst. Er benahm sich wie ein in die Enge getriebenes Raubtier. Er biss um sich, und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. Nun, er wusste, was ihm blühte, wenn wir ihn festnahmen. Er würde wahrscheinlich nie wieder die Freiheit sehen. Und weil das so war, reagierte er unberechenbar und tödlich gefährlich.
Jennifer Johnson rief erregt: „In Ordnung, Felli. Es ist in Ordnung. Ich stelle mich Ihnen als Geisel zur Verfügung.“
„Ich wusste es doch!“, triumphierte der Gangster. „Na, worauf wartest du? Wirf deine Bleispritze weg und komm her. Pronto, pronto. Ich will hier keine Wurzeln schlagen. – Ihr anderen Bullen legte eure Waffen ebenfalls auf den Boden. Ich spaße nicht, und ich wiederhole mich auch nicht. Runter mit den Kanonen. Und denkt dran, dass es mir nichts ausmachen wird, euch nacheinander in die Hölle zu schicken.“
Das irrsinnige Flackern in seinen dunklen Augen verlieh seinen Worten Nachdruck. Nein, Antonio Felli würde nicht einen Lidschlag lang zögern …
Jennifer legte ihre Pistole auf die Stufe, auf der sie stand, richtete sich auf, hob die Hände in Schulterhöhe und stieg langsam die Treppe hinunter.
Milo, Annie und ich legten unsere Waffen gleichfalls weg. Wir standen da wie begossene Pudel. Damit hatten wir bei Gott nicht gerechnet. Als wir den Auftrag erhielten, Antonio Felli hops zu nehmen, gingen wir von einem Routinefall aus. Wir hatten uns zu sehr auf das Überraschungsmoment und den Überrumpelungseffekt verlassen.
Ein gravierender, nicht wieder gutzumachender Fehler.
Felli hatte uns einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht.
Und jetzt führte er uns sogar vor.
Mein Kopf dröhnte vor hilfloser Wut.
Jennifer näherte sich dem Gangster. Er zielte auf sie. Ein triumphierendes Grinsen zog seine Lippen in die Breite. Ein Grinsen, das nicht über die erwartungsvolle, drohende Spannung hinwegtäuschen konnte, die uns bannte und unsere Herzen schneller schlagen ließ. Hohn lag in diesem Grinsen, kalte Ironie. Aber da war noch mehr – da war bewusste Bosheit, und da war eine tödliche Prophezeiung …
Als Jennifer einen halben Schritt vor dem Gangster stehenblieb, lachte er rasselnd und von böser Freude erfüllt auf. „Sehr schön, Blondie. Wir beide werden uns jetzt an einen stillen Ort zurückziehen. Und wenn deine Kollegen klug sind und nichts herausfordern, wird dir auch nichts geschehen.“
Mit dem letzten Wort versetzte er seiner Geisel einen derben Stoß in den Rücken. Die junge Frau taumelte mit einem zerrinnenden Aufschrei an Jennifer vorbei. Felli machte einen langen Schritt und war bei der Agentin. Wir mussten tatenlos zusehen, wie er nun sie als lebendiges Schutzschild an sich heran riss und ihr die Mündung seiner Pistole gegen die Schläfe drückte.
Er zerrte Jennifer die Treppe hinunter.
„Mit welchem Auto seid ihr gekommen?“, zischte der Gangster dicht neben dem Ohr der blonden Agentin.
„Mit dem metallic-grünen Buick.“ Jennifers Organ klang rasselnd und belegt. Unter ihrem linken Auge zuckte ein Nerv. Sie deutete auf das Fahrzeug, das wenige Yards weiter am Bordstein abgestellt war.
Jennifer zeigte nicht, dass sie kalte, verzehrende Furcht verspürte. Sie war dem Verbrecher auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Ihr Leben hing an einem seidenen Faden. Antonio Felli war ein eiskalter, skrupelloser Mörder. Seine Reaktionen waren kaum einzuschätzen.
Die Agentin hielt ihre Empfindungen eisern im Griff. Sich in jeder Situation zu beherrschen gehörte zum Ausbildungsprogramm, das jeder künftige Special Agent in Quantico durchlief.
„Hast du den Schlüssel?“, fauchte Felli.
„Ja. In der Jackentasche …“
„Rührt euch nur nicht!“, brüllte Felli drohend in unsere Richtung. „Ich melde mich bei euch, sobald ich mich in Sicherheit befinde. Die Kleine lasse ich natürlich noch nicht laufen. Sie ist im Moment für mich so etwas wie eine Lebensversicherung. Ihr hört von mir!“
Er drängte Jennifer zu dem metallic-grünen Dienstbuick. Nichts an dem Fahrzeug verriet, dass es ein Einsatzfahrzeug des FBI war. Sogar die Zulassungsnummer war neutral.
Jennifer musste auf der Beifahrerseite einsteigen und hinüber auf den Fahrersitz rutschen. Felli bedrohte sie mit der Pistole. Es war eine Glock. Er schwang sich auf den Beifahrersitz. Der Motor wurde gestartet. Jennifer steuerte den Wagen aus der Parklücke und fädelte sich in den vorbeifließenden Verkehr ein. Der Buick wurde in der Blechlawine weggeschwemmt, die sich auf der South Street durch den Financial District wälzte.
Der Buick verschwand in Richtung Seaport Museum und Fulton Fish Market.
Mit dem zitternden Atemzug lähmenden Entsetzens, der sich meiner Brust entrang, schüttelte ich den Bann ab, der mich fest im Griff hielt. Ich hob meine Pistole auf und holsterte sie. Auch Milo und Annie bückten sich nach ihren Waffen. Annie holte die Pistole Jennifers. In den Gesichtern meiner Kollegen konnte ich lesen wie in aufgeschlagenen Büchern. Sie drückten Ratlosigkeit, Erschütterung, Hilflosigkeit, Wut und eine Reihe weiterer Gemütsbewegungen aus.
Die junge Frau, die sich zunächst in der Gewalt des Gangsters befunden hatte, saß schluchzend auf der Treppe. Milo und Annie kümmerten sich um sie. Möglicherweise stand sie unter Schock. Auf jeden Fall würde sie für einige Zeit psychologische Betreuung notwendig haben. Geiselnahmen lösten bei den Betroffenen fast immer Traumata aus. Oft waren langwierige, kostenintensive Behandlungen erforderlich.
Ich holte mein Handy aus der Jacke und klickte die eingespeicherte Nummer Mr. McKees her, dann drückte ich die OK-Taste. Es tutete zweimal, dann hatte ich den Special Agent in Charge des FBI New York in der Leitung.
Mein Hals war wie zugeschnürt, als ich sagte: „Sir, wir haben einen schwerwiegenden Fehler begangen. Antonio Felli ist uns entkommen.“ Alles in mir sträubte sich dagegen, weiterzusprechen und dem Chef die ungeschminkte Wahrheit zu berichten. Aber ich konnte sie nicht verschweigen, und so würgte ich hervor: „Er hat die Agentin Johnson als Geisel in seiner Gewalt, Sir. Um Jennifers Leben nicht zu gefährden, unternahmen wir nichts – gar nichts.“
Ich glaubte, den Chef japsen zu hören. Dann herrschte sekundenlang Stille – Sekunden, die Mr. McKee benötigte, um das Ungeheuerliche zu verarbeiten. Schließlich hörte ich ihn rau und abgehackt flüstern: „Gütiger Gott, Jesse, wie konnte das passieren?“
Er war fassungslos. Ich hörte es ganz deutlich am Klang seiner Stimme.
Ich erzählte es ihm. „Wir haben Felli unterschätzt, Sir“, schloss ich. „Nicht wir überraschten ihn, sondern er uns, und zwar in dem Moment, als wir mit den gezogenen Waffen sein Büro betreten wollten. Er reagierte ansatzlos. Jennifer begab sich freiwillig in seine Gewalt, weil er drohte, eine unbeteiligte Geisel zu ermorden.“
„Felli sagte, dass er sich melden wird?“, kam es fragend von Mr. McKee. Ich glaubte, ein unterdrücktes Zittern in seiner Stimme zu vernehmen.
„Ja, Sir.“
„Dann bleibt es uns nur, abzuwarten und zu beten, dass er Jennifer kein Leid zufügt. Ich informiere die Kollegen von der Spurensicherung. Sie sollen die Büroräume der Agentur auf den Kopf stellen. Wir haben zwar die Aussage Quentin McKinneys, aber vielleicht finden sich noch weitere Beweise für die Verbrechen Fellis. Kommen Sie, Milo und Annie, sobald die Kollegen von der Spurensicherung eingetroffen sind, ins Field Office, Jesse. In Sachen Jennifer Johnson können wir im Moment nichts tun. Wir sind zur Tatenlosigkeit verflucht.“
Mochte es auch noch so hart und brutal klingen. Es war so. Wir waren zur Untätigkeit verdammt.
Kein Wort des Vorwurfs von Seiten des Chefs. Keine Vorhaltungen. Wir hatten Fehler gemacht. Es war mein und Milos Versagen, das Jennifer dem Verbrecher auslieferte. Ich machte mir selbst die bittersten Vorwürfe, ich zerfleischte mich geradezu innerlich.
Milo machte ein Gesicht, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen. Er schaute mich an. Annie Francesco sprach beruhigend auf die weinende Frau ein. Die Neugierigen und Sensationshungrigen wagten sich aus ihren Löchern.
„Ist in Ordnung, Sir“, sagte ich, nachdem ich vergeblich versucht hatte, mir den Hals freizuräuspern. „Die Kollegen vom Police Department sollen einen Psychologen mitbringen. Die junge Frau, die sich in der Gewalt Fellis befand, ist psychisch ziemlich am Ende. Außerdem sollte auch Fellis Wohnung in der siebzehnten Straße, Gramercy Park, durchsucht werden.“
„Ich werde mich drum kümmern, Jesse“, versprach Mr. McKee. „Und noch etwas: Sie sollten sich nicht mit Selbstvorwürfen quälen. Wir alle haben die Verhaftung des Killers viel zu sehr auf die leichte Schulter genommen. Aber selbst wenn wir das Gebäude mit einem ganzen Einsatzzug umstellt hätten – es hätte genauso enden können.“
„Vielen Dank, Sir. Bis später, also.“
„Bis später.“
Ich betätigte die Trenntaste. Die Leitung war tot. Die Worte Mr. McKees konnten mich nicht über das Gefühl, versagt zu haben, hinwegtrösten. Meine Stimmung tendierte gegen Null. Nein, ich befand mich in der schrecklichsten Stimmung meines Lebens. Die Ereignisse der vergangenen Viertelstunde lagerten bleischwer auf meinem Gemüt.
Als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte, wandte ich mich um. Es war Milo. „Wir holen Jennifer raus“, murmelte er, und es klang wie ein Schwur. „Wir holen Sie raus, Jesse. Und wehe Felli, wenn er dem Girl ein Haar krümmt.“
Ich nickte.
Wir gingen zu Annie und der jungen Frau hin. Annies hilfloser Blick verkrallte sich an meinen Zügen. „Ihr Name ist Carol Wallace“, sagte Annie mit brüchiger Stimme. „Mehr konnte ich nicht aus ihr herausbekommen. Ich denke, sie steht unter Schock.“
„Kommen Sie, Carol“, sagte ich und legte den Arm um die bebenden Schultern der Frau. Ihr schmales Gesicht war kreidebleich. Ihre Lippen zuckten. Ihre Augen waren gerötet vom Weinen. In der Tiefe ihrer blauen Augen wütete nach wie vor das blanke Grauen. Die schrecklichen Minuten der Geiselnahme und der Todesangst würden sie sicher ein Leben lang bis in den Schlaf verfolgen. Sie tat mir Leid. Ihr Anblick schnitt mir tief ins Herz. Banditen wie Antonio Felli konnten gar nicht ermessen, was sie mit ihrer skrupellosen Brutalität anrichteten, was sie in anderen Menschen zerstörten.
Zusammen mit Annie führte ich die junge, völlig aufgelöste Frau in das Gebäude. Mit sanfter Gewalt drückten wir sie in einen der Sessel, die in der Halle um einen niedrigen Tisch herum gruppiert waren. Milo drängte die Neugierigen zurück, die uns folgen wollten.
Als die Jungs vom Police Department kamen, überließen wir die weinende und schluchzende Lady der Obhut einer Polizeipsychologin und fuhren mit den Kollegen hinauf in die 4. Etage. In den Büroräumen von Star Finanz trafen wir auf die beiden Mitarbeiter Fellis. Es waren die Sekretärin, die Milo und ich schon kennengelernt hatten, sowie ein Mann namens Robin Forsyth, der Kompagnon Antonio Fellis.
Wir überließen es den Männern des NYPD, die beiden einzuvernehmen. Wir, also Milo, Annie und ich, fuhren zur Federal Plaza. Die Sorge um Jennifer Johnson verschloss unsere Lippen. Das Schweigen aber machte alles noch bedrückender und unerträglicher.
Antonio Felli war nicht zu seiner Wohnung gefahren. Er ließ Jennifer in die Beekman Street abbiegen und anhalten. Nach wie vor hielt er seine Waffe unverrückbar auf die blonde Agentin angeschlagen.
„Ich muss telefonieren“, knurrte der Gangster. „Und dir, Süße, rate ich, die Hände auf dem Lenkrad liegen und jeden krummen Gedanken sausen zu lassen. Du bist zwar verteufelt hübsch und sexy, und ich wüsste ganz sicher etwas Besseres mit dir anzufangen als dich abzuknallen, aber letztendlich bist du ein FBI-Bulle, und das stört den ganzen guten Eindruck, den deine Erscheinung vermittelst, aus meiner Sicht ganz gravierend.“
Das kalte Flirren in seinen dunkeln Augen ließ keinen Zweifel darüber aufkommen, dass er gnadenlos schießen würde, sollte von Jennifer auch nur ein missverständlicher Wimpernschlag ausgehen.
Die Agentin schwieg. Sie war alles andere als eine Selbstmörderin, die das Schicksal leichtsinnigerweise herausforderte.
Felli holte sein Mobiltelefon aus der Jackentasche. Er klickte eine Nummer her und ging auf Verbindung. Im nächsten Moment meldete sich ein Mann. Felli knurrte: „Gib mir Shaugnessy. Es ist wichtig.“
Eine halbe Minute verstrich, in der Felli wartete und Jennifer anstarrte. Die Agentin zerbrach sich unablässig den Kopf nach einem Ausweg aus ihrer prekären Situation. Sie fragte sich auch immer wieder, was von Seiten ihrer Dienststelle wohl veranlasste werden würde, um sie aus der Gewalt des Gangsters zu befreien. Aber sie kam zu keinem Ergebnis. Und sie fand auch keine Antwort auf ihre Fragen.
Im Moment gestaltete sich für sie die Lage als aussichtslos. Dieser Gedanke verursachte keine Furcht in Jennifer, sondern vielmehr ein Gefühl der Resignation.
Plötzlich erklang wieder Fellis Organ. Er rief in die Sprechmuschel: „Hi, Shaugnessy. Es gibt ein Problem. Soeben erhielt ich wenig erfreulichen Besuch vom FBI. Und jetzt befinde ich mich auf der Flucht.“
Am anderen Ende der drahtlosen Leitung herrschte kurze Zeit verblüfftes Schweigen. Dann stieß Lester Shaugnessy heiser hervor: „Verdammt, ja, die dreckigen Schnüffler haben McKinney hops genommen. Sollte er …“
„McKinney!“, echote Felli, und es klang geradezu entsetzt. „Sie haben ihn geschnappt? Wann war das?“
„Gestern Abend. Hölle und Teufel, Felli. Hörst du denn keine Lokalnachrichten? Wenn McKinney entgegen aller Erwartung geredet hat, dann werden die Bullen sehr bald auch bei mir auf dem Teppich stehen.“ Ein ersticktes Keuchen kam von Shaugnessy, dann fragte er: „Wo bist du im Moment?“
„In der Beekman Street. Ich …“
Shaugnessy knirschte: „Wo ist das? Glaubst du, ich kenne jede Nebenstraße in New York?“ Der Bursche war sichtlich erregt. Er klang gehetzt und entnervt.
„Im Financial District, in der Nähe der Brooklyn Bridge.“
„Gut, okay, okay. Ganz ruhig …“ Shaugnessy atmete stoßweise ins Telefon.
„Ich bin ruhig, Shaugnessy“, knurrte Felli.
„Ich denke nach, verdammt!“, keifte Shaugnessy. „Okay, Felli. Ich denke, du solltest vorübergehend in der Versenkung verschwinden. Am besten wäre es, du würdest New York verlassen. Aber da kommst du wohl nicht mehr hinaus. Die Fahndung nach dir wird bereits auf vollen Touren laufen.“
„Das glaube ich nicht“, erwiderte Felli. „Und jetzt halte dich fest, Shaugnessy. Ich hab ‘ne FBI-Agentin als Geisel. Beim FBI wird man sich also hüten, etwas anzuleiern, was ich vielleicht gar nicht lustig finden könnte.“ Der Killer lachte voll Genugtuung auf. „Ein ausgesprochen hübsches Häschen im Übrigen, Shaugnessy. Eine Augenweide …“
Ein Laut, der sich wie ein geschocktes Japsen oder Luftschnappen anhörte, drang aus dem Lautsprecher. „Du – hast – eine – FBI – Agentin als Geisel?“, schnaufte Shaugnessy, und es hörte sich fast asthmatisch an. Er zerlegte den Satz in seine Bestandteile. Die Fassungslosigkeit brachte seine Stimmbänder zum Schwingen.
„Ja, du hast richtig gehört. Aber was jetzt, Shaugnessy? Ich bin auf deine und Carters Hilfe angewiesen. Deshalb sollten wir uns treffen. Irgendwie muss es ja weitergehen. Einige Zeit kann ich die Bullen vielleicht hinhalten, wenn ich drohe, Blondie hier neben mir abzuservieren. Aber die Erfahrung hat gezeigt, dass die Justiz und der Polizeiapparat sich nur bis zu einem gewissen Grad erpressen lassen. Und dann ist Schluss mit lustig. Dann opfern sie sogar ihre Leute.“
„Ja, bei Gott, ja!“, röchelte Shaugnessy nahezu. Dann aber schien er sich etwas zu fassen und seine Erregung unter Kontrolle zu bringen. „Na schön. Die Lady kann als Druckmittel für uns nur von Nutzen sein. Himmel, wenn ich nur wüsste, ob McKinney auch meinen und Carters Namen den Bullen genannt hat.“
„Dieses elende Dreckschwein haut jeden in die Pfanne, um seinen Arsch zu retten!“, hechelte Felli im Anflug einer jähen Wut. Seine Züge entgleisten einen Augenblick. In seinen Augen loderte eine böse Leidenschaft.
„Felli, kennst du meine Zweitwohnung in der vierundsiebzigsten Straße, Upper Eastside, ganz in der Nähe der Light Opera?“
„Zwischen Second und First Avenue?“
„Genau. In spätestens einer halben Stunde werde ich in der vierundsiebzigsten sein. Carter wird sicherlich auch kommen. Dann beraten wir unsere nächsten Schritte.“
„In Ordnung, Shaugnessy. Wir treffen uns auf dem Parkplatz der Light Opera. Ich fahre sofort nach Norden. Und während ich mich von dem blonden Häschen chauffieren lasse, spreche ich einige Takte mit dem FBI.“
„Dann gib nur schön auf das blonde Häschen Acht“, kam es sarkastisch von Shaugnessy. „Die FBI-Agenten, egal ob Männlein oder Weiblein, sind hervorragend ausgebildet und mit allen Wassern gewaschen.“
„Weil das so ist, Shaugnessy, blickt Blondie ununterbrochen in die Mündung meiner Glock. – Bis dann also.“
Felli beendete das Gespräch und wandte sich an Jennifer. „Fahr zur vierundsiebzigsten Straße, Süße. Zur Lichtoper. Pronto!“
Der Motor des Buicks jaulte auf, als Jennifer den Schlüssel herumdrehte. Sie warf einen Blick in den Außenspiegel, scherte aus der Parklücke heraus und bog wenig später in die Pearl Street ein, auf der sie nach Norden fuhr.
Und während der Buick mit dem Killer und der Geisel in Richtung Upper Eastside rollte, hatte Lester Shaugnessy seinen Geschäftspartner Bob Carter an der Strippe.
Er berichtete Carter, was er soeben von Antonio Felli gehört hatte. Als er mit seinem Bericht am Ende war, sagte Carter mit kalter Ruhe im Tonfall: „Kaum vorstellbar, dass McKinney den Bullen unsere Namen genannt hat, Lester. Er würde sich ja sein eigenes Grab schaufeln.“
„Aber weshalb waren dann die FBI-Schnüffler bei Felli?“
„Das weiß ich nicht. Wir sollten uns aber nicht verrückt machen.“
„Du hat vielleicht Nerven …“
„Das Problem ist Felli. Sein Name ist den Bullen bekannt. Nach ihm wird gefahndet, und es ist sicher nur eine Frage der Zeit, bis sie ihn haben. Felli wird den Kopf nicht alleine in die Schlinge stecken. Er würde für das eine oder andere Zugeständnis Seitens der Staatsanwaltschaft sogar die Seele seines Vaters an den Satan verhökern.“
„Wie finden wir heraus, ob McKinney uns verpfiffen hat?“, schnappte Shaugnessy.
„Indem wir nichts weiter tun als abzuwarten.“
„Bist du übergeschnappt, oder hast du getrunken?“, keuchte Shaugnessy.
„Die Waffen befinden sich an einem sicheren Ort, Lester. An einem Ort, den nur wir beide kennen. Die Bullen können uns allenfalls einvernehmen und unsere Wohnungen und Geschäftsräume durchsuchen. Da aber werden sie nichts finden, woraus sie uns einen Strick drehen können, und sie müssen unverrichteter Dinge wieder von dannen ziehen.“
„Wenn ich es mir richtig überlege“, murmelte Shaugnessy, „dann hast du recht, Bob. Ja, verdammt noch mal. Übel sieht es für uns eigentlich nur dann aus, wenn man den Italiener schnappt. Heh, Bob, was schlägst du vor? Ich habe Felli zu meiner leerstehenden Wohnung in der vierundsiebzigsten Straße bestellt, richtiger gesagt zum Parkplatz der Light Opera. Er wird innerhalb der nächsten Stunde dort zusammen mit seiner Geisel aufkreuzen.“
Bob Carter dachte nicht lange darüber nach. „Wir ziehen Felli aus dem Verkehr und lassen ihn verschwinden. Allerdings wird die Agentin auch dran glauben müssen.“
Shaugnessy schnitt eine Grimasse, als hätte er einen Schluck Essig getrunken. „By Gosh, Bob, der Mord an einer FBI-Agentin wird Wellen schlagen. Sollten wir nicht die Finger davon lassen?“
„Sie hat sicherlich neben Felli gesessen, als er mit dir telefonierte“, kam es durch den Äther. „Wir können es uns nicht leisten, sie am Leben zu lassen. – Okay, Lester. Bleib, wo du bist. Ich übernehme die Sache. Und – mach dir keine Sorgen. Ich werde unsere Hälse aus der Schlinge ziehen. Du hörst wieder von mir.“
„Es gefällt mir nicht, Bob.“
„Du wirst doch nicht etwa Gewissensbisse kriegen?“
„Wir hätten diesen Gangster McKinney nie als Verbindungsmann zwischen uns und dem Killer benutzen dürfen“, knurrte Shaugnessy. „Ich war immer dagegen. Aber du …“
„Um jetzt darüber zu diskutieren ist es wohl zu spät“, versetzte Carter kühl. „McKinney hatte die Beziehungen. Und Jacob Lacenby gefährdete das Geschäft. Also musste er aus dem Weg geräumt werden. Wärst du in der Lage gewesen, einen Hitman aufzutreiben und anzuheuern? Nein, Lester. Weder du noch ich wussten, an wen wir uns wenden konnten. Aber McKinney wusste es. Und darum habe ich ihn mit dem Job betraut.“
„Und jetzt haben wir den Salat.“
„Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.“
Bob Carter beendete das Gespräch.
Shaugnessy behielt den Telefonhörer in der Hand und starrte versonnen auf einen imaginären Punkt in der Ferne. Das alles wuchs ihm langsam über den Kopf. Okay, den Mord an Jacob Lacenby hatte er akzeptiert. Aber jetzt sollte das Morden weitergehen. Wobei ihm ein toter Antonio Felli weniger Kopfzerbrechen bereitete als das Schicksal der FBI-Agentin, das Bob Carter dieser zugedacht hatte.
Eine Sturmflut von Zweifeln und Unsicherheiten überschwemmte Lester Shaugnessy. Der Zwiespalt, der in ihm aufriss, bereitete ihm fast körperliches Unbehagen.
Es ging um Waffenhandel. Ein ganzer Kleinlaster voll russischer Kalaschnikows und zigtausend Schuss Munition sollten an den Mann gebracht werden. Die Waffen waren direkt aus Russland in die USA geschleust worden und für eine rechtsextremistische Sekte bestimmt, die ihr Hauptquartier auf einer ehemaligen Ranch in der Nähe von St. Louis eingerichtet und amerikaweit Anhänger gefunden hatte. Zwischenhändler waren er, Lester Shaugnessy, und Bob Carter, die offiziell eine Partnerschaftsvermittlung betrieben, die unter dem Namen Relationship Communications Ltd. firmierte.
Ihr Verbindungsmann zu der Sekte war ein gewisser Harald Robins. Bisheriger Geschäftspartner der Sekte in Sachen Waffen und Rauschgift war Jacob Lacenby gewesen, ein schwarzer Gangsterboss aus Harlem. Als er spitz kriegte, dass Shaugnessy und Carter ins Geschäft drängten, ließ er ihnen eine freundliche Warnung und zugleich eine unmissverständliche Drohung zukommen.
Es hatte nur zwei Möglichkeiten gegeben. Die Warnung zu beherzigen, oder Lacenby zuvorzukommen.
Bob Carter wandte sich an Quentin McKinney, einen Barbesitzer in der Lower Eastside. Ein Geheimtipp, wenn es darum ging, Verbindung zu einem Hitman aufzunehmen. Und McKinney vermittelte ihnen Antonio Felli, der nach außen hin als seriöser Geschäftsmann auftrat, der im Nebenjob jedoch ein eiskalter, professioneller Killer war.
McKinney verlangte 1000 Dollar Vermittlungsgebühr. Fellis Gage für den Mord an Lacenby betrug 10 000 Dollar. Shaugnessy und Carter bezahlten, weil sich die Investition sehr schnell durch die Gewinne aus dem Waffendeal kompensieren würden.
Jacob Lacenby starb vor drei Tagen durch einen sauberen Kopfschuss.
Allerdings wurde – unabhängig von der Ermordung des schwarzen Unterweltlers –, in McKinneys Kneipe eine Drogenrazzia durchgeführt, weil sich die Hinweise gehäuft hatten, dass McKinney seine Kunden mit Ecstasy und Crack versorgte. Quentin McKinney wurde verhaftet …
McKinney war eingeweiht. Von ihm hingen sein, Shaugnessys, und Bob Carters Schicksal ab. Wenn McKinney redete, bedeutete dies das Aus für ihn und Carter.
Dass das FBI plötzlich hinter Antonio Felli her war, ließ die Vermutung zu, dass McKinney schon zu singen begonnen hatte.
Es setzte Shaugnessy schlimm zu, ließ die Angst in seinen Eingeweiden rumoren und krampfte ihm den Magen zusammen.
Er legte den Telefonhörer auf den Apparat zurück, ging zur Schrankbar und schenkte sich einen doppelten Bourbon ein.
Zu selben Zeit sprach Antonio Felli mit Mr. McKee. Die Nummer des SAC hatte er von Jennifer Johnson erhalten. Felli hockte total entspannt auf dem Beifahrersitz, hielt das Handy in der Linken, die Glock in der Rechten. Wie das hohle Auge eines Totenschädels starrte das Mündungsloch die Agentin an; kreisrund, schwarz gähnend und mit erschreckender Unmissverständlichkeit.
„Hello, McKee“, grunzte der Italoamerikaner ins Telefon. „Sicher hat man Sie informiert, dass ich mir die hübsche blonde Agentin unter den Nagel gerissen habe.“
„Ja“, kam es gepresst von Mr. McKee. „Und lassen Sie sich gleich von Anfang an eines gesagt sein, Felli: Sollten Sie Jennifer Johnson auch nur ein einziges Haar krümmen, jagen wir Sie, bis Ihnen die Zunge zum Hals heraushängt. Sie werden keine ruhige Minute mehr finden, bis Sie hinter Schloss und Riegel sind.“
„Sparen Sie sich Ihre Drohungen, McKee“, blockte der Gangster mit kalter Stimme ab. „Sie können mich damit nicht beeindrucken. Weshalb sind Ihre Leute bei mir angetanzt?“
„Wegen der Sache mit Jacob Lacenby, und wegen einer Reihe weiterer Morde, die mit derselben Waffe ausgeführt worden sind, mit der auch Lacenby erschossen wurde. Und da wir nach allem, was wir bei Quentin McKinney fanden, davon ausgehen, dass Sie der Mörder Lacenbys sind, liegt es auf der Hand, dass auch die anderen Morde auf Ihr Konto gehen.“
„Aaah, die ballistische Analyse, wie?“, schnappte der Killer. „Na gut, McKee. Aus Ihren Worten entnehme ich, dass Sie eigentlich gar nichts Konkretes gegen mich in der Hand haben. War vielleicht sogar ein wenig voreilig, vor ihren Leuten davonzurennen und mir die Kleine zu schnappen.“
„Mag sein“, versetzte der SAC lakonisch. „Was wollen Sie, Felli?“, fragte er dann.
„Nur ‘ne winzige Kleinigkeit, McKee. Lassen Sie jedwede Fahndung nach mir abblasen. Bleibt mir vom Leibe, ihr dreckigen Bullen. Ich werde nicht einen Moment zögern, Jennifer Johnson in die Hölle zu schicken, sollte mir ein Polizist zu nahe kommen.“
„Haben Sie Jacob Lacenby erschossen, Felli?“
Die Mundwinkel des Gangsters zogen sich verächtlich nach unten. „Erwarten Sie darauf tatsächlich eine Antwort, McKee?“
„Es wird längst bis zu Hector und Hannibal Lacenby durchgedrungen sein, Felli, wer ihren Vater ermordete. Ich weiß nicht, ob Ihnen der Ehrenkodex dieser schwarzen Burschen bekannt ist. Ist im Grunde auch egal, Felli. Aber es ist so, dass diese Kerle alle Hebel in Bewegung setzen werden, um den Mörder ihres Vaters zur Rechenschaft zu ziehen.“
„Ich fürchte die Brüder nicht, McKee. – Haben Sie verstanden? Keine Fahndung. Ich werde untertauchen. Bei mir wird ihre hübsche Agentin sein. Und man wird sie Ihnen tot vor die Tür legen, wenn Sie meine Forderung nicht erfüllen. Sie hören wieder von mir.“
„Wie lange werden Sie Jennifer festhalten?“
„Solange ich sie brauche, McKee. Und das kann noch einige Zeit dauern.“
Mit dem letzten Wort unterbrach der Killer die Verbindung.
Als wir beim Chef eintrudelten, empfing er uns mit dem Ausdruck einer tiefempfundenen Sorge in den feinlinigen, aristokratischen Gesichtszügen.
Er forderte uns auf, an seinem Konferenztisch Platz zu nehmen. Wir saßen da und machten betretene Gesichter. Wohl jeder von uns fühlte sich persönlich schuldig an dem, was geschehen war.
Annie Francesco war am Boden zerstört. Sie und Jennifer arbeiteten seit eh und je zusammen. Sie waren Freundinnen. Annie schien um Jahre gealtert. Die feinen Linien zwischen ihren Nasenflügeln und den Mundwinkeln hatten sich vertieft. Ihr Blick schien sich nach innen gekehrt zu haben. Die Augen glänzten fiebrig, ihre Hände zitterten. Das war nicht mehr Annie, wie ich sie kannte. Von der feurigen Latina war nicht mehr viel übrig geblieben.
„Vor wenigen Minuten rief bei mir Antonio Felli an“, sagte der Chef einleitend. „Er verlangt, dass keine Fahndung gegen ihn anläuft. Andernfalls tötet er Jennifer.“
„War das alles?“, fragte ich überrascht. „Will er nicht mehr? Geld, einen Fluchthubschrauber, oder ein Ticket nach Südamerika?“
„Nichts dergleichen“, murmelte der Chef. „Lediglich, dass nicht nach ihm gefahndet wird.“
„Und was gedenken Sie zu tun, Sir?“, fragte Annie zaghaft, mit einer fast ängstlichen Erwartung.
Mr. McKee richtete den Blick auf sie. „Wenn ich das Leben Jennifers nicht gefährden will, muss ich wohl seine Forderung erfüllen. Das ist natürlich nicht einfach. Es gab eine Menge Augenzeugen der Entführung. Zumindest die Medien werden sich auf die Geschichte stürzen wir die Aasgeier. Man wird uns öffentlich in der Luft zerreißen, wenn wir uns bedeckt halten. Und das wird Wellen schlagen, und zwar bis ins Justizministerium und ins Hauptquartier in Washington. Ich kann zwar eine Nachrichtensperre veranlassen, allerdings wird kaum zu verhindern sein, dass die Sache dennoch publik wird.“
„Was Jennifers Leben drastisch gefährden könnte“, grollte Milos Organ.
Die Erkenntnis, dass Milo recht hatte, legte sich wie mit tonnenschweren Gewichten auf mich und drohte mich zu erdrücken. Mein Hals war trocken, ich spürte einen faden Geschmack in der Mundhöhle. Die Sorge um Jennifer wütete in mir wie ein gefräßiges Tier.
„Nachrichtensperre“, murmelte ich. „Mit dem Versprechen, zu gegebener Zeit eine Pressekonferenz abzuhalten. Ich denke, das lässt sich machen.“
„Ja, das ist zu machen“, bestätigte Mr. McKee. „Felli will sich wieder melden. Dass wir davon absehen, nach ihm zu fahnden, kann nicht alles sein, was er will. Es folgen sicherlich noch weitere Forderungen.“
„Gut möglich“, mischte sich Milo ein. „Schließlich kann er ja Jennifer nicht bis zum Jüngsten Tag festhalten.“
„Aber er kann uns in dem Glauben lassen“, entfuhr es mir, im nächsten Moment aber bereute ich diese Aussage schon. Ich biss mir auf die Unterlippe.
Ein klägliches Stöhnen entrang sich Annie. „Du – du meinst, er lässt Jennifer verschwinden, uns aber hält er in dem Glauben, dass er sie in seiner Gewalt hat?“, stammelte Annie mit allen Anzeichen des grenzenlosen Entsetzens in der Stimme.
Ich kniff die Lippen zusammen. Ja, zur Hölle, das meinte ich. Wenn Felli der eiskalte Killer war, für den wir ihn hielten, dann war ihm nichts heilig. Aber warum musste ich es in Annies Gegenwart so deutlich werden lassen? Ich schalt mich einen elenden Narren.
Mr. McKee murmelte: „Nun malen Sie den Teufel nicht gleich an die Wand, Jesse.“ Er erhob sich und nahm eine unruhige Wanderung auf. Dann stieß er hervor: „Ausschließen dürfen wir jedoch nichts. Himmel, es ist zum verrückt werden. Wohin könnte sich der Gangster mit Jennifer gewandt haben?“
„Seine Wohnung wird überwacht?“
Mr. McKee nickte.
„Vielleicht sollten wir noch einmal McKinney in die Mangel nehmen, Sir“, schlug ich vor. „Er hat schon des öfteren mit Felli zusammengearbeitet. Möglicherweise hat er einen Tipp auf Lager, wo wir Felli suchen müssen.“
„Ich glaube zwar nicht dran, Jesse“, meinte der SAC, „aber ich will Sie nicht daran hindern, es zu versuchen.“
„Im Moment müssen wir nach jedem rettenden Strohhalm greifen, der sich uns gegebenenfalls bietet“, murmelte Milo bedrückt.
Wir begaben uns in den Trakt mit den Arrestzellen. Die Gefangenen waren hier selten lange. Entweder wurden sie nach Abschluss der Verhöre ins City Prison überführt, oder wir mussten sie laufen lassen, weil sich nach ihrer Einvernahme kein Grund mehr ergab, der uns berechtigt hätte, sie festzuhalten.
Wenig später saß Quentin McKinney an dem Tisch im Vernehmungsraum, der mitten im weißen Licht der Neonröhren stand und an dem jeder Gefangene krankhaft bleich und farblos aussah.
„Also, McKinney“, presste ich hervor, „Felli hat sich abgesetzt. Wir wissen, dass Sie ihm den Hit mit Jacob Lacenby vermittelt haben. Sie haben doch schon öfter mit Felli zusammengearbeitet. Wo könnte er sich nach seiner Flucht verkrochen haben?“
Der linke Mundwinkel McKinneys hob sich. Hämisch gab er zu verstehen: „Ich wisst einen Dreck, Trevellian. Ihr habt ‘ne E-Mail in meinem Computer gefunden, die an Antonio Felli gerichtet war. Na und? Jeder hatte Zugang zu meinem Computer. Ihr werdet ja selbst bemerkt haben, dass er nicht mit Kennwort gesichert war. Jeder, der Lust hatte, konnte ihn einschalten, ‘ne E-Mail verschicken oder sonst was treiben.“
„Das heißt also, dass zu Ihrer Wohnung über der Spelunke, die sich als Drogenhöhle entpuppte, jeder Zugang hatte. Jeder, der nicht gerade was besseres zu tun hatte, konnte in ihr Apartment marschieren, den PC anwerfen und sich wie zu Hause fühlen.“
„Dreh mir nicht die Worte im Mund um, Trevellian“, fauchte McKinney respektlos. „Ich wollte lediglich zum Ausdruck bringen, dass jeder, der bei mir persönlich verkehrte, den Computer benutzen konnte, ohne dass ich es bemerkte. Mir könnt ihr in der Sache Lacenby gar nichts, Trevellian.“
„In der elektronischen Nachricht, die wir gefunden haben, waren der Name Jacob Lacenby und ein glasklarer Mordauftrag zu lesen, McKinney“, gab Milo zu verstehen. „Und Lacenby wurde vor drei Tagen mit einem präzisen Kopfschuss vom Leben zum Tod befördert. Seltsam, nicht wahr?“
„Ich weiß von nichts“, behauptete McKinney starr und steif.
„Das Gericht wird deine Sturheit zu honorieren wissen, McKinney“, knirschte Milo. „Aber sicher, im Endeffekt spielen fünf bis zehn Jahre Unterschied bei der Strafzumessung keine Rolle.“
„Wer engagierte über Sie Antonio Felli?“, fragte ich. „Dass Sie als Vermittler tätig waren, verrät die E-Mail. Wem war Jacob Lacenby ein Dorn im Auge? Reden Sie, McKinney. Wir wissen zwischenzeitlich, dass mit Fellis Waffe eine ganze Reihe von Leuten ermordet wurden. Er ist ein Auftragsmörder. Über Sie wurden die Hits vereinbart. Wahrscheinlich sind über Sie auch die Gelder geflossen. Also, McKinney, wer bediente sich Antonio Fellis, um Lacenby aus dem Weg zu räumen?“
McKinney legte die Hände flach auf den Tisch und beugte sich weit nach vorn. Er zeigte mir die Zähne. Es erinnerte an das Zähnefletschen einer zornigen Bulldogge. Er stieß hervor: „Mach dich nicht lächerlich, Trevellian. Ihr wisst, dass die Kugel, die Jacob Lacenby tötete, dieselben ballistischen Merkmale aufweist wie einige andere Geschosse, die in den Figuren irgendwelcher Leute steckten. Ihr wisst aber nicht, ob es Fellis Waffe war, aus der diese Projektile verschossen wurden. Ihr unterstellt es ganz einfach. Und mir unterstellt ihr, dass ich ihn als Killer vermittelt habe.“
McKinney zog den Mund schief. Er wollte damit seine Überlegenheit zum Ausdruck bringen. „Beweise es mir, Trevellian“, kam es dann lässig, fast schleppend über seine Lippen. „Auf deine Vermutungen hin wird mich nämlich kein Gericht der Welt verurteilen. Sie sind nicht mehr wert als der Dreck, den ich unter den Fingernägeln habe.“
„Wir sind im Besitz von Geschossen“, knurrte ich, „von denen wir wissen, dass sie aus Fellis Waffe verfeuert wurden. Er hat sie nämlich heute auf uns verschossen, McKinney.“
„Selbst wenn die Analyse Übereinstimmungen mit der Kugel ergibt, die Lacenby tötete“, schnaubte McKinney. „Was hab ich damit zu tun?“
„Wie du meinst, McKinney!“, knirschte ich wütend und schlug die flache Hand auf den Tisch. „Du hättest einiges von dem, was du in deinem Leben verbrochen hast, gutmachen können, wenn du uns weiterhelfen würdest. Fahr von mir aus zur Hölle!“
Ich wischte mir über die Augen. Himmel, ich war dabei, die Nerven zu verlieren. Ruhig, Jesse, ganz ruhig!, hämmerte es hinter meiner Stirn. Du darfst so nicht mit ihm reden. Also, ganz ruhig und relax. Jähzorn bringt dich nicht weiter.
„Heh, Trevellian“, röhrte das Organ des Gangsters, „du flippst ja richtig aus. Was bringt dich denn derart in Rage?“
„Felli hat unsere Kollegin Jennifer Johnson als Geisel“, floss es zerrinnend und erschreckend schwach über Annies zuckende Lippen. „Sie können uns vielleicht helfen, Jennifer zu befreien. Tun Sie es nicht und Felli tötet Jennifer, dann machen wir Sie für ihren Tod mitverantwortlich, McKinney.“
McKinney zog eine Grimasse. „Sicher“, schnarrte er dann, „ihr verurteilt mich zum Tode und knüpft mich am Times Square zur Belustigung aller New Yorker öffentlich auf.“
Seine Worte waren an Ironie kaum zu überbieten.
„Es hat keinen Sinn“, murrte Milo.
Ich nickte und winkte dem Wachtmeister. „Bringen Sie ihn in seine Zelle zurück.“
Wir warteten, bis McKinney abgeführt worden war, dann begaben wir uns in unsere Büros.
Wir waren frustriert bis in die Knochen.
Jennifer hatte den Buick in eine Parklücke auf dem Parkplatz der Light Opera in der 74. Straße rangiert. Nun warteten sie und Felli.
Die Zeit schien stillzustehen. Es war kurz vor 10 Uhr vormittags und der Parkplatz war kaum frequentiert.
Antonio Felli hielt die Hand mit der Pistole unter dem Jackenschoß verborgen. Jennifer starrte durch die Windschutzscheibe. Ihr war klar, dass der Killer aufpasste wie ein Schießhund. Er beobachtete sie unter halb gesenkten Lidern hervor, mit hellwacher Reglosigkeit.
Als ein dunkelblauer Pontiac auf den Parkplatz rollte, geriet Leben in Felli. Er setzte sich gerade. „Aussteigen, Süße. Der Pontiac gehört einem meiner – hm, Geschäftsfreunde.“
Der Pontiac hielt auf einer der markierten Parkflächen. Der Motor starb ab. Die Fahrertür schwang auf. Bob Carter kämpfte sich geschmeidig aus dem Schalensitz. Seine Gestalt wuchs in die Höhe. Carter war ein Mann von 42 Jahren, etwas über eins-achtzig groß und von sportlicher Gestalt. Die Haare auf seinem Kopf waren dunkel und voll. Er trug einen hellen Trenchcoat.
Carter schaute sich um.
Da sah er den Italoamerikaner und die blonde Frau, die aus einem Buick stiegen. Das Aufflackern in Carters Augen verriet, dass er Antonio Felli auf Anhieb erkannte hatte.
Er winkte dem Killer zu.
Felli hatte die Hand mit der Pistole in die Jackentasche geschoben und zielte durch den Stoff auf Jennifer. Er dirigierte die FBI-Agentin vor sich her in die Richtung des dunkelblauen Pontiac.
Als sie bei Carter ankamen, knurrte Felli: „Hat dir Shaugnessy Bescheid gegeben? Wo ist er?“ Misstrauen prägte jeden Zug im Gesicht des Killers. Sein Blick war stechend. Es war, als wollte er damit in Carter eindringen, seine Gedanken erforschen und sie analysieren.
„Shaugnessy kommt noch. Steigt ein. Wir fahren zu seiner Wohnung. Dort bist du für eine Weile sicher.“ Sein Blick verkrallte sich am Gesicht der Agentin. „Für dich sehe ich allerdings schwarz, meine Beste.“ Er zuckte mit den Achseln. „Aber wer sich beim FBI verdingt, schließt einen Pakt mit dem Tod. Er muss damit rechnen, dass es ihn eines Tages erwischt.“
„An der Verhältnismäßigkeit gemessen erwischt es mehr Gangster als FBI-Agenten“, versetzte Jennifer frostig. „Und daher gehe ich davon aus, dass es eines Tages auch Felli und Sie erwischt, Mister – äh …“
„Du erwartest doch nicht, dass ich mich dir vorstelle“, blaffte Carter.
Jennifer zuckte gleichmütig mit den Schultern.
Felli öffnete mit der linken Hand die hintere Tür. „Einsteigen, Süße.“
Jennifer kam der Anordnung nach. Sie hatte keine andere Wahl.
Felli rannte hinten um das Auto herum und warf sich auf den Sitz neben Jennifer im Fond des Wagens. Bob Carter klemmte sich hinter das Steuerrad, ließ den Motor an, stieß rückwärts aus dem Parkplatz, kurbelte am Lenkrad und legte den Vorwärtsgang ein. Als er etwas Gas gab, sprang die Automatik-Schaltung auf die zweite Stufe.
Sie fuhren keine hundert Meter, dann manövrierte Carter den Pontiac in einen Parklücke neben dem Bürgersteig, stellte den Motor ab und sagte: „Wir sind da. Ich gehe voraus, denn ich will nicht unbedingt mit der Agentin gesehen werden, Felli. Kommt nach. Das Apartment befindet sich in der 3. Etage.“
Sie stiegen aus. Felli kam um den Pontiac herum und baute sich dicht bei Jennifer auf. Durch den Stoff der Jacke spürte sie die Revolvermündung auf ihrem Leib.
Carter schloss den Pontiac ab. Mit einem saugenden Geräusch verschwanden die Türknöpfe in der Verkleidung. Er nickte Felli zu, dann marschierte er davon.
Autos rollten auf der 74. Straße vorbei. Am westlichen Ende der Straße war ein grüner Ausschnitt des Central Parks zu sehen. Passanten bevölkerten die Gehsteige auf beiden Straßenseiten.
Aber Felli und die blonde Agentin fielen nicht auf. Sie erinnerten an ein Paar, das vor seinem Wagen stand und auf jemanden wartete. Kaum jemand nahm Notiz von ihnen.
Bob Carter verschwand in einem fünfstöckigen Gebäude. Zur Haustür führten sechs breite Stufen hinauf. Die Front des Hauses war gelb gestrichen. Der Stuck um die Fenster war von weißer Farbe. Alles wirkte sauber und frisch renoviert.
„Gehen wir“, kommandierte Felli.
„Wer ist der Mann?“, fragte Jennifer.
Sie erhielt keine Antwort. Stattdessen machte Felli mit dem Kinn eine unduldsame Bewegung. „Vorwärts, Lady. Und keine Fragen.“