Künstliche Intelligenz für Entscheider - Andreas Dripke - E-Book

Künstliche Intelligenz für Entscheider E-Book

Andreas Dripke

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Beschreibung

Ein hochkarätiges Autorenteam hat den aktuellen Stand und die Zukunftsaussichten von Künstlicher Intelligenz für das Topmanagement unter die Lupe genommen. Die Autoren geben über kluge Analysen und fundierte Prognosen hinaus klare Handlungsempfehlungen, wie Vorstände, Geschäftsführer, Aufsichtsräte und Beiräte an das Thema herangehen sollten, um die Chancen der Kl zu nutzen und die Risiken zu minimieren. Für dieses einzigartige Buch haben sich renommierte Wissenschaftler, Unternehmer und Topmanager mit internationaler Erfahrung zusammengefunden. Andreas Dripke nimmt als Executive Chairman der UNO-Denkfabrik Diplomatic Council regelmäßig an nicht-öffentlichen Sitzungen der Vereinten Nationen teil. Dieser globale UNO-Blickwinkel ist in das vorliegende Buch eingeflossen. Andreas Renner ist Geschäftsführer und Akademischer Direktor der Steinbeis Augsburg Business School, einer Kaderschmiede für das C-Level-Management. Daher weiß er genau, welche Informationen Entscheider der oberen Ebene benötigen. Dr. Alexander Richter ist Professor für Wirtschaftsinformatik an der Victoria University of Wellington in Neuseeland. Er ist assoziierter Herausgeber führender, wissenschaftlicher Journals und Konferenzen. Zudem berät er Organisationen in Europa und Austral-Asien über Digitale Transformation und bringt damit einen anwendungsnah-akademischen, globalen Blickwinkel in dieses Buch ein. Dr. Harald Schönfeld gilt als "Königsmacher" für Aufsichtsräte, Beiräte und Interim Manager. Dieser Erfahrungsschatz ist in das vorliegende Buch eingeflossen. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Sebastian Thrun hat die KI-Entwicklung maßgeblich geprägt. Der ins Silicon Valley ausgewanderte Deutsche übernahm den KI-Lehrstuhl an der Stanford University. Zu seinen Studenten gehörte u.a. Sam Altman, der CEO von OpenAl. Bei Google legte er als Vice President gemeinsam mit Larry Page die Basis für die KI-Entwicklung. Viele weitere Tech-Größen wie Jeff Bezos und Elon Musk zählen zu seinem Freundeskreis. Das gibt dem Buch eine einzigartige Authentizität. Dr. Horst Walther hat u.a. Informatik studiert und drei Sachbücher über KI geschrieben. Er spricht u.a. chinesisch und kann dadurch die Kl-Entwicklung in China aus erster Hand verfolgen. Die Sicht aus Europa, den USA. China und Austral-Asien verleiht dem Werk einen 360-Grad-Rundumblick über Künstliche Intelligenz. Das Vorwort hat Matthias Hohensee, seit über 25 Jahren Bureau Chief Silicon Valley der WirtschaftsWoche, verfasst.

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Hinweis zu gendergerechter Sprache

In diesem Werk wie in allen Büchern des Verlages ist mit dem generischen Maskulinum, zum Beispiel „Manager“, „Entscheider“, „Aufsichtsrat“, „Beirat“, „Vorstand“, „Geschäftsführer“, „Forscher“ oder „Wissenchaftler“ stets die sexusindifferente Bezeichnung gemeint, also alle Geschlechter. Abweichungen von dieser Regel werden sprachlich eindeutig gekennzeichnet, zum Beispiel durch Worte wie „männlich“ oder „weiblich“.

„KI ist wahrscheinlich das Beste oder das Schlimmste, was der Menschheit passieren kann.“

Stephen Hawking, Physiker

„Kein Lebensbereich und keine Branche werden auf Dauer von Künstlicher Intelligenz ausgenommen bleiben.“

Sebastian Thrun, gilt als einer der geistigen Väter der KI

„Eines Tages werden wir uns vielleicht über eine allmächtige maschinelle Intelligenz Sorgen machen müssen. Aber zuerst müssen wir uns Sorgen darüber machen, Maschinen die Verantwortung für Entscheidungen zu übertragen, für die ihnen die Intelligenz fehlt.“

Jon Kleinberg, Informatik Professor an der Cornell University und Sendhil Mullainathan, Professor für Ökonomie, Havard

„ChatGPT ist beängstigend gut. Wir sind nicht weit entfernt von einer gefährlich starken KI.“

Elon Musk

„Die mit Abstand größte Gefahr Künstlicher Intelligenz besteht darin, dass die Menschen zu früh zu dem Schluss kommen, dass sie sie verstehen.“

Eliezer Yudkowsky, KI Forscher und Autor

„KI kann alles auf der Welt verändern, nur nicht das Denken und Verhalten der Menschen.“

Warren Buffet, Investor

„Die KI wird wahrscheinlich zum Ende der Welt führen, aber in der Zwischenzeit wird es große Unternehmen geben.“

Sam Altman, CEO von OpenAI

„Wenn Sie im Jahr 2035 mit einem Menschen sprechen, sprechen Sie mit jemandem, der eine Kombination aus biologischer und nichtbiologischer Intelligenz ist.“

Ray Kurzweil, Futurist

„Die KI könnte 300 Millionen Arbeitsplätze beeinträchtigen. … Plattformen wie ChatGPT werden Vollzeitjobs auf der ganzen Welt automatisieren.“

Bericht von Goldman Sachs

„Sie wollen wissen, wie superintelligente Cyborgs gewöhnliche Menschen aus Fleisch und Blut behandeln könnten? Fangen Sie besser damit an, zu untersuchen, wie Menschen ihre weniger intelligenten tierischen Vettern behandeln. Das ist natürlich keine perfekte Analogie, aber es ist der beste Archetyp, den wir tatsächlich beobachten können, anstatt ihn uns nur vorzustellen.“

Juval Noah Harari, Historiker (Militärgeschichte und universalhistorische Thesen) und Schriftsteller

„KI kann für den Menschen gefährlich werden, aber es hängt davon ab, wie sie eingesetzt wird. ChatGPT ist nur der Anfang der Entwicklung von immer leistungsfähigeren KI-Systemen.“

ChatGPT

Inhalt

Präambel

„Die Ausrede zieht nicht mehr“

Einführung

Buchdruck, Elektrizität… Computer, Internet, KI

KI, Roboter, selbstfahrende Autos und mehr

ChatGPT ist erst der Anfang

KI in Deutschland

Blick in die Zukunft

Das Phänomen ChatGPT

ChatGPT bringt KI in die Öffentlichkeit

KI zur Auswahl

Wahrscheinlich gute Texte

Belohnungen und ein Moderator für die KI

Testen und trainieren Sie sich selbst

Nicht mit dem heute aufhalten, es geht um morgen

Welche Unternehmen von KI am meisten profitieren

KI verändert Branchen fundamental

Was KI heute kann – und was nicht

ChatGPT schreibt und schreibt und schreibt

Die Grenzen von ChatGPT & Co.

Wie die Taschenrechner der 1970er

ChatGPT ist nicht alleine

Treffen sich zwei KI-Algorithmen

Gefahren und Chancen im Beruf

Bei der größten digitalen Disruption live dabei

Chance und Bedrohung zugleich

Leistungen auf Abiturniveau

Einstellungsstopp für Verwaltungspositionen

Neue Aufgaben für KI gesucht

KI in der Industrie

Welche Branchen sind in welchem Umfang betroffen

Vom Verkehrs- zum Gesundheitswesen

KI in der Medizin rettet Leben

Chatbots und „Mann im Ohr“

Maschinensprache auf dem Vormarsch

Texte verstehen

KI in der Kamera und vielen anderen Geräten

Jobkiller KI

Hybride Teams aus Mensch und Maschine

KI erhöht die Produktivität und Zufriedenheit

Warum autonomes Fahren so schwer ist

Lebenslanges Lernen und Widerstände

KI erzeugt Bilder, Videos und mehr

„Mit eigenen Augen gesehen“

KI vermischt sich mit Virtueller Realität

Grafiken, Videos und 3D-Modelle erzeugen

Häuser aus dem Drucker, Roboter statt Handwerker

KI kann sprechen

Conversational AI auf dem Vormarsch

Intent-Erkennung – was will der Mensch?

Kombi aus Spracherkennung und KI-Ausgabe

Google auf dem Weg zum Denkkonzern

Vom Denken zum Computer

Computerleistung bis zur Singularität

Quantenphysik verändert die Welt

Das Gehirn wird nachgebaut

Wer führen will, muss wissen, wohin die Reise geht

Logik bis zum Ende

Neuronale Netze, Deep Learning und Kreativität

Neuronale Netze und Deep Learning

Dem Menschen ebenbürtige Intelligenz

Legendäres Telefonat 2018

Von Turing bis Captcha

Kreative KI

KI gegen den Software-Engpass

Intelligente Roboter sind im Kommen

UNO: Künstliche Intelligenz und Robotik

Atlas – der „Robo Sapiens“

Vom Terminator zum Balletttänzer

Spot – Roboterhund oder Hunderoboter

Tesla Bot Optimus

Heimroboter Astro

Androide und Humanoide auf dem Vormarsch

Wir werden zu Cyborgs

Selbstregulierende Mensch-Maschine-Systeme

Erster anerkannter Cyborg der Welt

Die Computertechnik in uns

Das Paradies vor Augen

Man muss es erleben, um es zu verstehen

Gehirn-Chips: Zukunft zum Gruseln

Versuche mit Hirnschrittmachern

Anschluss ans Gehirn über Haube oder Stirnband

Cyborgs und Roboter nähern sich an

Leitlinien für Künstliche Intelligenz

Antworten auf neue Fragen gesucht

Ethische Prinzipien für die KI-Entwicklung

Das neue Zauberwort heißt „disruptiv“

Intelligente Ziele

KI-Entwicklung: Deutschland, Europa und… China

Die Robotergesetze unserer Zukunft

Das digitale Manifest

Digitale Disruption

Alle Branchen werden betroffen sein

Viele Berufsbilder werden sich grundlegend ändern

KI und die Arbeitswelt der Zukunft

Vieles wird immer billiger

KI-Einführung im Unternehmen

Projekte und Strategien

Überwachung der KI-Einführung

Menschen, Maschinen, Experten, Change

Datenschutz, Moral und Ethik

Schulung der Mitarbeiter

Ratgeber für Aufsichtsräte und Beiräte

Achten Sie auf die Ethik

KI-Checkliste für Unternehmen

Science Fiction wird Realität

Die Welt in 100 Jahren

Die Gedanken sind frei – die Taten folgen

Netzwerke des Vertrauens immer wichtiger

Über die Autoren

Andreas Dripke

Andreas Renner

Prof. Dr. Alexander Richter

Dr. Harald Schönfeld

Prof. Dr. Sebastian Thrun

Dr. Horst Walther

Bücher im DC Verlag

Fachbücher

Sachbücher

Über das Diplomatic Council

Steinbeis Augsburg Business School

Quellenangaben und Anmerkungen

Präambel

Mit der allgemeinen Verfügbarkeit von Künstlicher Intelligenz (KI) stehen wir am Beginn einer Zeitenwende, wie im Verlauf dieses Buches deutlich werden wird. KI ist kein Hype, der morgen verschwindet – genauer gesagt: KI wird uns erhalten bleiben, auch nachdem der Hype darum verschwunden ist. Ähnlich wie die Verfügbarkeit des Internet eine Zäsur darstellte, die wir heute längst mit Selbstverständlichkeit als Teil unserer modernen Welt akzeptiert und gelernt haben, damit umzugehen.

Diesem fundamentalen Wandel tragen wir in der vorliegenden Buchreihe „Praxiswissen für Aufsichtsräte und Beiräte“ Rechnung, indem wir die Zielgruppe bei diesem Thema auf Vorstände, Geschäftsführer und im Grunde die C-Level-Managementebene erweitern. Wer in einer Führungsposition Verantwortung trägt oder eine solche Rolle anstrebt, wird ohne eine gehörige Portion Know-how über Künstliche Intelligenz künftig keine Erfolge einfahren können.

Wer seine Führungsrolle ernst nimmt, gestaltet diese Entwicklung aktiv mit, statt ihr hinterherzulaufen. Angesichts der rasanten Geschwindigkeit, mit der KI technisch voranschreitet und in den Alltag eindringt, genügt es dazu bei weitem nicht, sich nur mit dem status quo zu beschäftigen. Vielmehr kommt es darauf an, künftige Entwicklungen zu antizipieren und auch der Frage nachzugehen, wohin uns Künstliche Intelligenz möglicherweise führen wird.

Intelligenz gehört neben Kommunikationsstärke, Empathie, Entscheidungsfreude, Integrität und strategischem Denken zu den wichtigsten Eigenschaften von Führungskräften. Worauf läuft es also hinaus, wenn diese Fähigkeit künftig von einer KI unterstützt oder gar abgenommen wird? Wer eine Entscheidung trifft, benötigt Fakten und muss Zusammenhänge verstehen – genau dabei kann KI helfen. Allerdings ist blindes Vertrauen in die KI nicht angesagt. Die Ergebnisse von KI sind mit hoher Wahrscheinlichkeit richtig – sie können aber auch völlig falsch sein.

Hinzu kommt ein weiterer wesentlicher Aspekt bei der KI-Nutzung: Bei der Einführung in ein Unternehmen sind Aspekte wie Compliance, Datenschutz, Arbeitsrecht und weitere Rahmenbedingungen zu beachten. Darüber hinaus sind die Auswirkungen auf der Kundenseite nicht zu unterschätzen. Künstliche Intelligenz ist ein emotionsgeladenes Thema, verbunden mit Angst – von der Sorge um den eigenen Arbeitsplatz bis hin zur unbestimmten Befürchtung einer von uns Menschen unkontrollierbaren Maschinenmacht. Vor diesem Hintergrund ist ein enges Zusammenwirken von Vorstand und Geschäftsführung einerseits sowie Aufsichtsrat und Beirat andererseits bei KI-Themen besonders wichtig.

Dem Autorenteam aus international anerkannten Wissenschaftlern und erfahrenen Praktikern aus der Unternehmensführung gilt Anerkennung für das vorliegende Werk, das weit über die heutige KI-Situation hinausgehend einen fundierten Blick in die Zukunft wirft.

Hang Nguyen

Generalsekretärin Diplomatic Council

„Die Ausrede zieht nicht mehr“

Ein Vorwort von Matthias Hohensee, Bürochef Silicon Valley der WirtschaftsWoche

Als ich Ende der neunziger Jahre ins Silicon Valley übersiedelte, um das Büro des deutschen Wirtschaftsmagazins WirtschaftsWoche aufzubauen, dominierte ein Unternehmen die Berichterstattung aus dem Hightech-Tal. Viele träumten davon, dort zu arbeiten. Nicht nur wegen seinem Ruf als Innovationsschmiede. Viele seiner Mitarbeiter – vom Pförtner bis zum Ingenieur – waren binnen kürzester Zeit dank Aktienoptionen zu Millionären aufgestiegen, zumindest auf dem Papier. Es schien, als gehörte diesem Unternehmen die Zukunft.

Nein, es war nicht Apple. Der Erfinder der Mac-Computer kämpfte damals mit dem Überleben. iPod und iPhone waren noch nicht geboren. Auch nicht Google. Dessen Gründer Sergey Brin und Larry Page hatten gerade erst von dem deutschen Unternehmer Andy von Bechtolsheim einen Scheck über 100.000 Dollar erhalten.

Das Objekt der Begierde hieß Yahoo. Die zwei Stanford-Studenten Jerry Yang und David Filo hatten noch an ihrer Alma Mata eine Webseite aufgesetzt, die interessante Internet-Adressen listete. Aus diesem kuratierten Katalog entwickelte sich eins der populärsten Internet-Angebote der Welt und machte Yahoo zu einem der am schnellsten wachsenden Internet-Unternehmen. Gründer und Management beschlossen ihren Webkatalog zu einer vollwertigen Suchmaschine hochzurüsten. Allerdings nicht aus eigenen Mitteln, sondern mittels Partner. Einer, der 2000 an Bord geholt wurde, war ein damals noch unbekanntes Unternehmen namens Google. Dessen Suchtechnologie wurde durch die Allianz mit Yahoo erst richtig bekannt. Als das Yahoo-Management bemerkte, dass es einen folgenschweren Fehler begangen hatte und das Bündnis mit Google aufkündigte, war es zu spät.

Heute ist Google eins der wertvollsten Unternehmen der Welt. Yahoo ist nur noch ein Schatten seiner selbst, wurde mehrfach verkauft und gehört heute einem Private Equity Unternehmen. Im Silicon Valley spielt es keine Rolle mehr.

Warum ist diese Episode für dieses Buch relevant? Es zeigt, wie schnell sich Märkte ändern und wie rasch sich das Schicksal von populären Unternehmen wenden kann. In diesem Fall von der Entscheidung, eine Technologie, die eigentlich eine Kernkompetenz hätte sein müssen, nicht selbst zu entwickeln oder aufzukaufen, sondern auszulagern. Dabei hätte damals schon klar sein müssen, wie wichtig Suchmaschinen für die weitere Entwicklung des Internets werden würden.

Befragt man heute Künstliche Intelligenz via Chatbot, ob es etwa für ein Unternehmen wie Google Sinn macht, seine Suchmaschine auszulagern, ist die Antwort glasklar. „Sehr unwahrscheinlich und vom strategischen Standpunkt aus nicht sinnvoll“ urteilt Chat GPT, der derzeit populärste Chatbot des Silicon Valley Unternehmen OpenAI. Und nennt fünf Gründe dafür. An erster Stelle die Kernkompetenz. „Durch das Auslagern der Suche würde man die Kontrolle über einen entscheidenden Aspekt seines Geschäftes aufgeben“, warnt die Künstliche Intelligenz. Nun kann man sich darüber streiten, dass solche Aussagen im Rückblick – besonders mit dem Wissen über den Flop von Yahoo – natürlich leicht sind. Aber das ist nicht der Punkt. Es unterstreicht, wie wichtig es ist, Technologien nach vorne zu denken und richtig einzuordnen. Suchtechnologie war eben nicht beliebig, bereits ausentwickelt und außerdem im Eigenbetrieb zu teuer, wie man 2000 annahm. Sondern sollte sein volles Potential erst noch mit Google in der westlichen Welt und mit Baidu in China entfalten.

Genauso ist es heute mit Künstlicher Intelligenz. Nur, dass diese nicht nur das Internet maßgeblich verändern wird – was Google in seinem Suchmaschinengeschäft bereits spürt – sondern die Wirtschaft und auch die Gesellschaft. Plötzlich kann sich Software – die wichtigste Waffe für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen – selbst schreiben oder andere Programme dirigieren. Dieses Potential, sich quasi selbst neu zu erschaffen, ist eine der ganz großen Chancen von Künstlicher Intelligenz und gleichzeitig deren größte Gefahr.

Das vorliegende Buch eröffnet einen exzellenten Ausblick nicht nur über den gegenwärtigen Stand von Künstlicher Intelligenz und deren Einsatz, der schon weit vor dem kometenhaften Aufstieg von Chat GPT begann. Sondern gibt auch klare Handlungsempfehlungen für Entscheider, wie man Künstliche Intelligenz für sich nutzt, wo die Chancen liegen, aber auch die Risiken. Wie muss so ein KI-Masterkonzept aussehen, habe ich die richtigen Leute und beste Struktur dafür?

Zum hochkarätigen Team von Autoren, die täglich Unternehmen zum Einsatz Künstlicher Intelligenz beraten oder diese sogar selbst entwickeln, gehört auch Sebastian Thrun, der als ehemaliger Stanford-Professor für Künstliche Intelligenz viele der heutigen KI-Talente im Silicon Valley ausgebildet oder inspiriert hat. Er gilt als einer der Väter des autonomen Fahrens, ebenfalls eine KI-Anwendung, einer der Vordenker von Künstlicher Intelligenz.

Im Mai führte ich ein Interview mit Bill McDermott, dem früheren Vorstandschef von SAP. Er leitet heute ServiceNow, derzeit einer der am schnellsten wachsenden Anbieter für Unternehmenssoftware. McDermott erzählte mir von einer Studie, nach der 40 Prozent der Firmenchefs glauben, dass sie in zehn Jahren kein lebensfähiges Unternehmen mehr haben werden, wenn sie das nicht in den nächsten Jahren anpassen werden. Zwar räumte er ein, dass dieser Zwang zur Veränderung natürlich schon immer dagewesen sei. Aber mit der Digitalisierung habe sich in punkto Geschwindigkeit und Erwartungen viel verschärft. Er sei jedoch überrascht, wie viele Vorstandschefs er immer noch treffe, die über die derzeitigen Möglichkeiten nicht voll informiert sind. „Ich frage dann, warum hat Ihnen ihr Chief Information Officer nicht davon erzählt? Oft ist die Antwort: Der berichtet gar nicht an mich“, so McDermott.

Diese Ausrede wird künftig nicht mehr ziehen. Mittels Künstlicher Intelligenz stehen immer mehr Informationen bereit, auf die jeder Zugriff hat. Künftig wird sie noch über interne Informationen aus dem Unternehmen angereichert und hilft Führungskräften bei der Entscheidungsfindung. Nicht nur über den gegenwärtigen Stand, sondern auch Prognosen, wie sich ein Geschäft entwickeln könnte und was es dabei zu beachten gilt.

Die Auskünfte – auch darüber handelt das Buch – mögen nicht immer die richtigen sein, das sollte man immer im Blick haben. Künstliche Intelligenz wird einer der wichtigsten Fortschrittstreiber sein. Unternehmerisches Geschick – und manchmal auch Glück – wird auch Künstliche Intelligenz nicht ersetzen. Aber vielleicht beflügeln.

Matthias Hohensee

Einführung

Künstliche Intelligenz kann die Menschheit ins Paradies führen oder vernichten. So lassen sich die beiden Pole beschreiben, mit denen über eine der wichtigsten technologischen Entwicklungen unserer Zeit heftig gestritten wird. Eine genaue Definition, was Künstliche Intelligenz, kurz KI genannt, ist, scheitert schon daran, dass es gar keine klare Definition von „Intelligenz“ gibt. Das hindert die KI allerdings nicht daran, sich zunehmend in unserem Alltag breit zu machen.

Buchdruck, Elektrizität… Computer, Internet, KI

Künstliche Intelligenz – auf Englisch als AI für Artificial Intelligence bezeichnet – markiert eine ähnlich gravierende Zäsur für die Entwicklung der Menschheit wie der Buchdruck, die Dampfmaschine, der elektrische Strom und das Internet. Der Buchdruck legte die Grundlage für die Aufklärung und die Demokratisierung, die Dampfmaschine löste die industrielle Revolution aus, der Strom ist das Fundament unserer modernen Gesellschaft und ohne das Internet… wie oft haben Sie heute schon zu Ihrem Smartphone gegriffen? Daher ist es für jeden, der eine Position als Aufsichtsrat oder Beirat innehat oder dies anstrebt, unerlässlich, sich ein solides Grundwissen über Künstliche Intelligenz zu verschaffen.

Es geht nicht darum, Sie zum „KI-Programmierer“ auszubilden, sondern Ihnen das nötige Wissen an die Hand zu geben, um die Folgen der KI-Entwicklung für sich und Ihr Unternehmen, in dem Sie eine Führungsaufgabe wahrnehmen, abschätzen zu können und darauf basierend unternehmerische Risiken abschätzen und ethischen Standards sowie der Corporate Governance Rechnung tragen können. Dazu gehören das Verständnis für die Grundlagen und die konkreten Einsatzmöglichkeiten, die Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch ein tiefergehender Blick auf die fundamentalen Fragen, die KI aufwirft. Wer heute eine wichtige Position unserer Gesellschaft einnimmt, muss über die möglichen, weitreichenden Implikationen Künstlicher Intelligenz auf unser aller Leben – beruflich wie privat – informiert sein.

KI, Roboter, selbstfahrende Autos und mehr

Dazu gehört, dass Sie sich nicht nur mit dem Hier und Heute der KI vertraut machen, sondern sich vor allem auch über die voraussehbare Entwicklung der nächsten drei, fünf oder gar zehn Jahren einen Überblick verschaffen. Dabei geht es – natürlich in dieser Buchreihe „Praxiswissen für Aufsichtsräte und Beiräte“ – um wirtschaftliche Aspekte, aber eben nicht nur.

Wer bei KI mitreden will, muss sich über die Wirtschaft hinausgehend auch um die gesellschaftlichen, und sagen wir es ruhig, um die ethischen Implikationen Gedanken machen. Daher finden Sie in diesem Buch auch Kapitel über Denken, Bewusstsein, Singularität – den Zeitpunkt, an dem die Maschinen ohne uns Menschen auskommen – und die Asimov’schen Robotergesetze.

Moment, werden Sie jetzt vielleicht rufen: Es geht doch um KI, nicht um Roboter. Weit gefehlt, denn Roboter sind – leicht vereinfacht gesagt – nichts anderes als eine KI mit Armen und Beinen. Und eine KI auf Rädern ist… richtig, ein selbstfahrendes Auto. Als ob das nicht genug wäre, gibt es auch ein Kapitel über Cyborgs, die Aufrüstung des Menschen durch künstliche Komponenten – bis hin zum „Hirnschrittmacher“.

ChatGPT ist erst der Anfang

In der breiten und vor allem in der publizierten Öffentlichkeit ist KI erst mit dem Jahreswechsel 2022/23 angekommen, als OpenAI ihren KI-Dienst ChatGPT im Internet für jedermann frei nutzbar bereitstellte. Seit Anfang 2023 überschlug sich die Presse mit teilweise faszinierten und zusehends kritisierenden Veröffentlichungen darüber, wie weit Künstliche Intelligenz heute schon ist, wenn es darum geht, Texte zu verfassen, die über weite Strecken hinweg von menschengeschriebenen Formulierungen kaum zu unterscheiden sind. Doch das ist nicht etwa der Höhepunkt der KI, sondern bestenfalls ein Anfang. Kurz nach der Einführung von ChatGPT antwortete Google mit der KI-Technologie LaMDA, der Nachfolgetechnologie PaLM2, dem KI-Chatbot Bard, der Aufnahme von KI in seine Suchmaschine und weiteren Schritten in Richtung KI. Microsoft nahm das KI-Modell hinter ChatGPT in seine Suchmaschine Bing und seine Office-Softwarepalette auf. Tech-Tausendsassa Elon Musk, der zuvor OpenAI mitgegründet und dann im Streit verlassen hatte, stellte eine eigene konkurrierende KI in Aussicht. Weiteres wird in raschen Schritten folgen.

In den darauffolgenden Wochen wurden weltweit jeden Tag mehrere hundert KI-Apps veröffentlicht, und die Anzahl der verfügbaren KI-Software wird in den nächsten Monaten weiter ansteigen. Die Tatsache, dass Google mit PaLM2 im Mai 2023, nur sieben Monate nach der Vorstellung des Vorgängers LaMDA im August 2022, herausgekommen ist, steht exemplarisch für die enorme Geschwindigkeit, mit der KI an die Öffentlichkeit dringt. Im Juni 2023, also nur einen weiteren Monat später, stellte Google die Funktionalität von PaLM2 auf der Plattform Vertex AI über seine Cloud bereit, so dass jedes Unternehmen die KI-Funktionalität in seine eigene Software übernehmen kann.1

Im vorliegenden Werk wird häufig auf ChatGPT referenziert. Doch das ist nur exemplarisch zu verstehen und hängt damit zusammen, dass diese KI-Software in Deutschland zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Buches den mit Abstand größten Bekanntheitsgrad bezüglich der praktischen Anwendung von Künstlicher Intelligenz aufweist. International – etwa im Silicon Valley oder in China – sind längst andere KI-Programme im Einsatz, die teilweise deutlich leistungsfähiger sind. In diesem Sinne sind sämtliche Referenzen auf ChatGPT nur beispielhaft gemeint, – was auf uns zukommt, wird weit darüber hinausgehen. Schon heute sind bereits etliche Alternativen auf dem Markt; viele davon erstellen nicht nur oder gar keine Texte, sondern generieren Bilder, Präsentationen oder Videos, andere schreiben selbstständig Computerprogramme, wieder andere sorgen für perfekte Lebensläufe, um einige Beispiele zu nennen.

Nicht alle „Denkprogramme“ funktionieren in allen Ländern. Das hängt weniger mit der Sprache als vielmehr mit unterschiedlichen Rechtssystemen und kulturellen Unterschieden zusammen. Als Google sein KI-System Bard im Frühjahr 2023 weltweit verfügbar machte, konnte man es in 180 Ländern rund um den Globus nutzen – aber zunächst in keinem einzigen EU-Land.2 Eine Begründung lieferte der US-Konzern nicht, aber es lag auf der Hand, dass er die sehr strikte Regulierung in der EU scheute.

KI in Deutschland

Wir müssen uns wohl darauf einstellen, dass nicht alles, was in Sachen KI technisch möglich ist, in Deutschland bzw. in der EU auch erlaubt sein wird. Ob das Unternehmen dazu veranlassen wird, ihre „Denkzentralen“ ins Ausland zu verlagern, bleibt abzuwarten und wird von den weiteren regulatorischen Entwicklungen hierzulande abhängen. Aber allein dieser Aspekt macht deutlich, dass KI weit mehr als ein technisches System ist. Als Führungskraft stehen Sie vor gewaltigen Herausforderungen, die enormen Chancen, die sich durch den KI-Einsatz ergeben, für sich persönlich und Ihr Unternehmen zu nutzen, und gleichzeitig die Risiken zu minimieren, die damit zusammenhängen.

Im Jahr 2019 hatten rund 17.500 Unternehmen in Deutschland nach den Recherchen des Bundeswirtschaftsministeriums Künstliche Intelligenz im betrieblichen Einsatz. Dies entsprach einem Anteil von knapp sechs Prozent.3 Die Autoren wagen die Prognose, dass dieser Anteil binnen kürzester Zeit auf über 85 Prozent steigen wird. Wie wir zu dieser auf den ersten Blick möglicherweise abenteuerlich anmutenden Vorhersage kommen? Ganz einfach: 85 Prozent aller Unternehmen in Deutschland haben Microsoft Office im Einsatz.4 Sobald Microsoft seine Bürosoftware wie angekündigt mit KI ausgestattet hat, erfüllt sich unsere Prognose. Doch damit nicht genug. Wie oft nutzen Sie Google für die Suche im Internet? Durchschnittlich drei- bis viermal am Tag, sagt die Statistik. Der Suchmaschinenriese verarbeitet weltweit 64.000 Anfragen – pro Sekunde! Eine mit KI ausgestattete Google-Suchmaschine bringt Künstliche Intelligenz also zum permanenten Alltagseinsatz.

Blick in die Zukunft

Künftig wird sich also nicht die Frage stellen, ob man mit KI arbeitet, sondern mit wie vielen KI-Systemen. Denn natürlich nutzen viele von uns nicht nur Microsoft, sondern eben auch Google und Amazon, die schon längst riesige „KI-Maschinen“ sind.

Es ist müßig, nur den heutigen Stand der KI zu besprechen. Wer für sich und das oder die Unternehmen, in dem/denen er als Aufsichtsrat, Beirat, Geschäftsführer oder Vorstand oder einer ähnlichen C-Level Position engagiert ist, die Zukunft planen will, muss sich über die Zukunft der KI-Entwicklung Klarheit verschaffen.

Der größte Teil der KI liegt noch verborgen unter der Oberfläche. In diesem Sinne wirft dieses Buch auch einen Blick auf den noch verborgenen Teil der KI-Forschung, der in den nächsten Jahren allmählich an die Oberfläche kommen und jedes Unternehmen betreffen wird – auch das, in dem Sie als Geschäftsführer, Vorstand, Beirat oder Aufsichtsrat engagiert sind.

Das vorliegende Werk will Ihnen helfen, eine der fundamentalsten Entwicklungen der Menschheit einschätzen zu können. Dazu gehört die Erkenntnis, dass vieles, sehr vieles, was wir heute noch als Science Fiction einstufen, sich längst auf den Weg gemacht hat, Realität zu werden.

Andreas Dripke Andreas Renner Prof. Dr. Alexander Richter Dr. Harald Schönfeld Prof. Dr. Sebastian Thrun Dr. Horst Walther

Das Phänomen ChatGPT

Der Begriff Künstliche Intelligenz (KI) entstand im Jahr 1956. 1995 gelang es zum ersten Mal einem mit rudimentärer KI ausgestatteten Auto, selbstständig zu fahren und dabei das vorgegebene Ziel zu erreichen. 1997 schlug erstmals ein KI-Computer beim Königsspiel Schach den amtierenden Weltmeister. 2016 beherrschte KI-Software das Brettspiel Go, das um ein Vielfaches komplexer als Schach ist, besser als jeder Mensch.

Doch für die meisten Menschen waren diese Errungenschaften Künstlicher Intelligenz wenig greifbar. Erst am 30. November 2022 wurde der Nutzen von KI erstmals für viele Menschen deutlich.

ChatGPT bringt KI in die Öffentlichkeit

Es war der Tag, an dem die US-Organisation OpenAI den Softwareservice ChatGPT vorstellte. Das Kürzel GPT steht für „Generative Pretrained Transformer“ und beschreibt eine Technologie, die Texte selbstständig verfassen kann und deren Ergüsse teilweise von menschengeschriebenen Formulierungen nicht unterschieden werden können – und nicht nur Texte.5

Manche Stimmen vergleichen den KI-Textschreiber mit dem iPhone oder dem Bitcoin – beides technologische Durchbrüche, die jeweils eine ganz neue Ära eingeläutet haben. Smartphones und Kryptowährungen haben sich nicht nur zu Milliardenmärkten entwickelt, sondern auch das Leben von Milliarden von Menschen maßgeblich verändert. Dabei nimmt die Geschwindigkeit der Durchdringung rapide zu. Um eine Million Nutzer zu erreichen, brauchten Netflix vier und Twitter zwei Jahre, Facebook zehn und Spotify fünf Monate, während ChatGPT bereits nach nur fünf Tagen die Marke von einer Million Nutzer überschritt.6 Die Anzahl monatlicher Besucher auf der Website von OpenAI schnellte von 21 Millionen im Oktober 2022 auf 1,8 Milliarden im April 2023 hoch.7 Doch es gibt natürlich nicht nur ChatGPT.

KI zur Auswahl

Blicken wir auf eine Auswahl an KI-Alternativen zu OpenAIs ChatGPT und Googles Bard für unterschiedliche Aufgaben im Frühjahr 2023:

Text: ChatGPT, Bard, Notation, Jasper,

Bilder: Midjourney, Dall-e, Stability,

Video: Synthesia, Runway, Luma, Pictory.ai,

Audio: ElevenLabs, Murf, Supertone,

Gesicht: Charisma, Bored Humans, Lensa,

Recht: DoNotPay, Ferret, Spellbook,

Sprache: VoiceAI, Resemble, PlayHt, Whisper, Nuance Dragon, Spitch, Google, Microsoft,

Meeting: Sembly, Attention, Fireflies,

Produktivität: Productivity Hero, Channel, Heyday,

Marketing: Jasper,

Software: GitHub Copilot, Amazon CodeWhisperer, Tabine.

Diese Auflistung zeigt das Spektrum des KI-Angebots, das sich ständig verändert und vor allem erweitert. Wenn in diesem Buch an vielen Stellen von ChatGPT die Rede ist, dann ist dies in der Regel stellvertretend für den wachsenden Reigen der KI-Anwendungen gemeint.

Wahrscheinlich gute Texte

Das Sprachmodell von ChatGPT baut auf einem künstlichen, neuronalen Netz – was das genau ist, wird an späterer Stelle in diesem Buch erklärt – mit Milliarden von Parametern auf. Ein solches Sprachmodell entscheidet über die Wahrscheinlichkeit, mit der ein bestimmter Satz in einen vorgegebenen Kontext passt.8 Mit anderen Worten: ChatGPT schreibt „wahrscheinlich“ gute Texte, aber die Software kann stets auch fatale Irrtümer und Falschmeldungen produzieren. Man spricht in diesem Zusammenhang von „Halluzinieren“: Die KI erzeugt aus Informationen logische Aussagen, die auf Daten basieren und theoretisch richtig sind, aber in der Realität eben doch nicht immer stimmen.

Frappierendes Beispiel: Auf die Anfrage „Was ist die meistzitierte ökonomische Arbeit aller Zeiten?“ („What is the most cited economics paper of all time?“ von Wirtschaftswissenschaftlern an der University of Queensland antwortete ChatGPT prompt: „A Theory of Economic History" von Douglass North und Robert Thomas, veröffentlicht im „Journal of Economic History“ im Jahr 1969 und seitdem mehr als 30.000-mal zitiert. Die KI fügte noch hinzu, dass der Artikel „als ein Klassiker im Bereich der Wirtschaftsgeschichte gilt“. Eine gute Antwort, präzise, kurz und knackig – nur völlig falsch. Denn diesen Artikel hat es nie gegeben. Es war schlichtweg die statistisch wahrscheinlichste Antwort – daher klang sie zunächst auch so überzeugend. Doch tatsächlich war es „Bullshit vom Feinsten“. Wenn Sie also mit KI arbeiten, behalten Sie stets im Hinterkopf: Selbst wenn es sich noch so plausibel anhört, es könnte völliger Blödsinn sein. Experten nennen diesen Effekt KI-Halluzinationen.9

Eine solche Halluzination ist im Frühjahr 2023 auf spektakuläre Weise schiefgegangen – und sollte uns allen eine Warnung sein. Ein New Yorker Anwalt hatte in einem Gerichtsstreit einen Antrag eingereicht, der Verweise auf Fälle wie „Petersen gegen Iran Air“ oder „Martinez gegen Delta Airlines“ enthielt, die es jedoch nie gegeben hatte. Der Anwalt hatte die von der KI frei erfundenen Urteile samt vermeintlich passenden Aktenzeichen von ChatGPT eruieren lassen, wie er unter Eid gestand, um sich dem Vorwurf, er habe das Gericht täuschen wollen, zu entziehen.10 Täuschungswillen mag man in dieser Posse nicht unterstellen, aber die Leichtgläubigkeit ist offensichtlich.

Bei einem Vergleich zwischen ChatGPT und Bard aus dem Frühjahr 2023 informierte erstere wesentlich faktentorientierter, während letztere immer wieder mit philosophischen Ausschweifungen von zweifelhafter Stichhaltigkeit auffiel. Damit war ChatGPT besser für präzise Auskünfte geeignet, während sich Bard eher als amüsante Unterhaltungsmaschine hervortat.11 Diese Merkmale werden sich indes im Laufe der Zeit immer wieder ändern. Bei der auf ChatGPT basierenden KI-App Petey konnte man einen Regler frei verschieben zwischen „Fakt“ und „Kreativ“; bei der Korrektheit war zwischen minimal, konkret, normal und ausführlich zu wählen.12

Dabei gilt: Je größer der Datenschatz ist, desto besser und wahrscheinlich richtiger wird der Text. Die in diesem Zusammenhang häufig genannten Parameter stellen ein Maß für die Komplexität und Kapazität des KI-Modells dar. Eine frühere Version GPT-2 brachte es auf ungefähr 45 Millionen Seiten Text als Ausgangsbasis, sozusagen als Trainingsdaten. Vereinfacht gesagt: Diese Datenmenge wird in die KI hineingesteckt, dann erfolgt das Training und am Ende kommen die Parameter als Teil des Modells wieder heraus. Die Weiterentwicklung GPT-3, die erstmals am 28. Mai 2020 in einer wissenschaftlichen Publikation vorgestellt wurde, stellte mit über 175 Milliarden Parametern einen neuen Rekord auf. Das vormals größte vergleichbare Modell von Microsoft, das allerdings auf einer etwas anderen Technologie basiert, brachte es auf „nur“ 17 Milliarden Parameter. Beim Erscheinen dieses Buches ist GPT bereits in der Version 4 aktiv, weitere Fortschritte sind absehbar. GPT-4 arbeitet mit bis zu 100 Billionen Parametern. Das kommt einer um den Faktor 500 vergrößerten „Denkbasis“ binnen drei Jahren gleich.

Die Grundlage für alle diese Verbesserungen bildet ein permanentes Training. Das damit verbundene Paradigma – „je mehr, desto besser“ – klang einleuchtend und schien selbst unter den meisten KI-Fachleuten als gesichert. KI funktioniert am besten auf Supercomputern und Serverfarmen – so die vermeintlich allgemein richtige Erkenntnis.

Doch im Frühjahr 2023 drehte sich die KI-Welt in diesem Punkt; es war ein Wechsel wie vom Ptolemäischen zum Kopernikanischen Weltbild. Im Mai 2023 verblüffte Google selbst die Fachwelt, als der Konzern mit PaLM 2 – im Folgenden der Einfachheit halber Palm2 genannt – als Nachfolger von LaMDA – Lamda – ein KI-Modell vorstellte, das in vier verschiedenen Größen verfügbar wurde.13 Das kleinste Modell (Gecko) läuft auf Smartphones. Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: Die KI funktioniert auf einem Smartphone, ohne dass dieses auf Ressourcen aus dem Internet zugreifen muss. Die Extrapolation zur KI in der Armbanduhr, der Kaffeemaschine, dem Kühlschrank und überall um uns herum liegt auf der Hand. Die größeren Modelle bekamen die Namen Otter, Bison und Unicorn. Google kündigte zugleich die Integration der neuen Palm2-Funktionalität in beinahe die gesamte Produktpalette an, vom Browser über E-Mail bis hin zur den Google Office-Anwendungen.14