Die digitale Zivilisation - Andreas Dripke - E-Book

Die digitale Zivilisation E-Book

Andreas Dripke

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Beschreibung

Unsere Zivilisation befindet sich mitten in einem epochalen Umbruch. Am Ende dieser Entwicklung wird unsere Welt völlig anders sein als heute. Warum das so ist und wie unsere digitale Zukunft aussehen wird, beschreiben der Chairman einer Denkfabrik der Vereinten Nationen und der Gründer des weltweit mächtigsten Internet-Verbandes in einer atemberaubenden Zeitreise durch die digitale Welt. Die Computerisierung unserer Welt in allen Aspekten und allen Winkeln katapultiert uns in eine digitale Zivilisation. Jeder einzelne ist von immer mehr Computerleistung umgeben, vom Smartphone über die Smartwatch bis hin zu Datenbrillen und Chipimplantaten in naher Zukunft. Die Infrastruktur unserer Zivilisation käme ohne die Digitaltechnik zum Erliegen: Strom-, Wasser-, Gasversorgung, Bankwesen, Verkehr, öffentliche Ordnung, Verwaltung... nichts davon funktioniert mehr ohne Computer. Unsere Fingerabdrücke und unsere Gesichtszüge liegen längst digitalisiert in Datensilos, unsere Ausweise werden bald im Smartphone verschwinden, unser Geld in der Blockchain aufbewahrt. Unsere Umgebung wird Schritt für Schritt virtualisiert, bis die Unterscheidung zwischen Realität und virtueller Welt verschwindet. Dieses Buch beschreibt anschaulich, wie es soweit kommen konnte und wohin uns diese Entwicklung führen wird. In einer furiosen Reise durch die Zeit werden die Eckpfeiler der digitalen Zivilisation von den ersten Anfängen bis in die gar nicht mehr so ferne Zukunft beleuchtet. Die Autoren lassen die Geburtsstunden der Kybernetik, des Internet, des Bitcoin, der sozialen Medien und der Künstlichen Intelligenz lebendig werden. Die biometrische Vermessung der Menschheit ist längst in vollem Gange, die Smartisierung unserer Welt schreitet mit großen Schritten voran und Computerchips unter der Haut werden bald so selbstverständlich sein wie heute das Smartphone. Quantencomputer werden einen Quantensprung bei der Computerleistung auslösen und die digitalen Infrastrukturen werden künftig von Künstlicher Intelligenz durchdrungen sein. Erschreckend lebendig extrapolieren die Autoren alle diese Entwicklungen und beschreiben unsere digitale Welt in zwanzig bis dreißig Jahren. Am Ende dieser Entwicklung wird unsere Welt völlig anders aussehen als heute. Wie, das erfährt man in diesem Buch. Andreas Dripke ist Chairman der UNO-Denkfabrik Diplomatic Council. Harald A. Summa ist Gründer und langjähriger Geschäftsführer des eco Verband der Internetwirtschaft.

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Widmung

Dieses Buch ist Karl Steinbuch gewidmet, dessen 1966 erschienenes Buch „Die informierte Gesellschaft“ die Autoren des vorliegenden Werkes in jungen Jahren maßgeblich beeinflusst hat.

Karl Steinbuch ist einer der Pioniere der deutschen Informatik und gilt zu Recht als geistiger Vater der informierten Gesellschaft. Er war mit seiner Lernmatrix ein Wegbereiter des maschinellen Lernens und der künstlichen neuronalen Netze, der Künstlichen Intelligenz (er nannte sie maschinelle Intelligenz) und der Kybernetik. Die Begriffe „Informatik“ und „kybernetische Anthropologie“ sind seine Prägungen. Mit dem letzteren bezeichnete er „das Eindringen mathematischer Werkzeuge in Wissensgebiete, in denen sie bisher nicht praktikabel erschienen“. Er sah damit die „Mathematisierung“ (heute sagen wir Digitalisierung) unserer Zivilisation voraus, lange bevor sich diese Entwicklung abzeichnete. Steinbuch setzte sich dabei weit über die technischen Aspekte hinaus für eine Anerkennung der Informatik im weitesten Sinne als dritte Kraft neben den Natur- und den Geisteswissenschaft ein. Man mag über die Kombinierbarkeit einer mathematisch-technischen Disziplin mit der Menschenwissenschaft streiten, aber dieser von Steinbuch initiierte Streit ist längst überfällig und dringend notwendig, wie die allgegenwärtige Digitalisierung unserer Zivilisation und das Vordringen Künstlicher Intelligenz heute nur allzu sehr verdeutlichen. Die Visionen von Karl Steinbuch reichen nicht nur in unsere heutige Zeit hinein, sondern weit darüber hinaus in die Zukunft.

Inhalt

Vorwort

Computer haben immer recht

Von der Science-Fiction zur Realität

Digitale Disruption

Viele Berufsgruppen sind akut gefährdet

Die Mittelschicht wird wegdigitalisiert

Unser Leben im Smartphone

Wir leben in einer Beziehung zum Smartphone

Vom Denken zum Computer

Automaten und Androide

Vom Denken zum Computer

Kybernetik – alles wird geregelt

Boolesche Algebra: Null und Eins

Software ist der Treibstoff der Computer

Parallele Computerwelt

Quantensprung Quantencomputer

Das Gehirn wird nachgebaut

1968: Die Internet-Idee wird geboren

Vom Arpanet zum Internet

Wer im Internet etwas zu sagen hat

Das Internet der Dinge umschlingt uns

Verlängerung des Internet in die reale Welt

Daten sind die neue Währung

Rohstoff für die digitale Revolution

Speicher für alle Daten der Welt

Datenbasierte Geschäftsmodelle bringen Erfolg

Allianz: Internet der Dinge, Cloud und KI

Immer größere Datenzentren

Von der Cloud zum Internet der Dinge

Die USA hören, lesen und sehen alles

Der Euro wird digital

Das White Paper des Satoshi Nakamoto

Keine Instanz des Vertrauens

2009: das Geburtsjahr des Bitcoin

Blockchain – die unterschätzte Technologie

Verteilte Buchhaltung ohne Notar

Soziale Medien regieren uns

Mainstream-Medien besser als ihr Ruf

Alternative Wahrheiten

Sternstunde der Storyteller

Dunning-Kruger und Social Bots

„Mit eigenen Augen gesehen“

Die biometrische Vermessung der Menschheit

Vom Verbrecher zum Normalbürger

Automatische Gesichtserkennung überall

Gestensteuerung wird kommen

Sprach- und Gestensteuerung kombiniert

Was wir meinen, denken und fühlen

Digitale Identität – unser Zwilling im Computer

Die biometrische Brücke zum Zwilling

Die neue Smart World

Computeruhren und das neue Gesundheitswesen

Dr. Apple, Dr. Google und Dr. Amazon

Smart Home – unser Eigenheim wird überwacht

Smart City – Traum und Albtraum

Intelligente Infrastrukturen

Der Wunschtraum von der lebenswerten Stadt

Wie „dumme Dinge“ schlau gemacht werden

„Big Brother“ ist überall

Recht auf Persönlichkeit

Panoptismus: Gefangen in der digitalen Welt

Künstliche Intelligenz voraus

Menschliches Denken automatisieren

Turing-Test für Intelligenz

Google telefoniert mit KI

Menschheitstraum von den arbeitenden Maschinen

Computerleistung bis zur Singularität

Intelligente Ziele

Stecker ziehen, wenn der Unfug überhandnimmt

Rationales Risikomanagement

Bewusstsein, das unbekannte Wesen

Selbstfahrende Autos sind KI-Maschinen

Autos und andere Maschinen mit Moral

Gewalt gegen Blech

„Geräteklasse“ Android

UNO: KI und Robotik am wichtigsten

Der Tesla Bot

Unser Körper wird digital

Vom Hund zum Menschen

Chip im Körper verursacht Gänsehaut

Chip unter der Haut verleiht uns eine Zauberhand

Der Chip-Mensch

Hautchips sind keine große Sache

Unser Gehirn wird zum „Denkzeug“

Das Paradies vor Augen

Das Judas Mandala

Cinema of the Future

Langzeitstudien am Menschen gibt es nicht

Man muss es erleben, um es zu verstehen

Von der Nische zum Massenphänomen

Ein neues Gefühl

Die vierte digitale Revolutionswelle

Von der Brille zur Linse im Auge

AR-Kontaktlinsen: Vom Prototyp zur Serienreife

Das Auge wird zum Bildschirm umfunktioniert

Auf dem Weg ins Metaversum

Die Entwicklung des Metaverse hat längst begonnen

Was das Metaverse ist

Virtuelles Land, Einzelstücke und Tokens

Attribute des Metaverse

Das Metaverse wird überall sein

Der Decilliarden-Sophobyte-Computer der Zukunft

Die Gefahren der digitalen Zivilisation

Das Böse im Menschen ist die größte Gefahr

Attacken auf Infrastrukturen

Alarmstufe Rot für Deutschland

Vernetzung schafft neue Gefährdungslage

Herausforderung Software-Genetik

Science Fiction wird Realität

Die Welt in 100 Jahren

Die Ethik der digitalen Revolution

Gesetze für die Zukunft der digitalen Zivilisation

Über die Autoren

Andreas Dripke

Harald A. Summa

Bücher im DC Verlag

Fachbücher

Sachbücher

Über das Diplomatic Council

Quellenangaben und Anmerkungen

Vorwort

„Als Zivilisation wird eine komplexe menschliche Gesellschaft bezeichnet, bei der die sozialen und materiellen Lebensbedingungen durch wissenschaftlichen und technischen Fortschritt ermöglicht und von Politik und Wirtschaft geschaffen werden.“ So lautet die Definition des Begriffs „Zivilisation“ in Wikipedia, der digitalen Sammlung allen Wissens unserer Zeit.1 Angesichts der Allgegenwart der Digitaltechnik im weitesten Sinne um uns herum lässt sich feststellen: Heute leben wir in einer digitalen Zivilisation.

Über die Hälfte der Weltbevölkerung, mehr als vier Milliarden Menschen, und zwar jeder einzelne, besitzt heutzutage mehr Computerleistung als den Vereinigten Staaten von Amerika 1969 zur Verfügung stand, um den ersten Menschen auf den Mond zu bringen. Das Smartphone, über das Internet mit der ganzen Welt verbunden, ist unübersehbarer Ausdruck einer neuen Zivilisation, der digitalen Zivilisation. Doch es geht nicht nur um das Smartphone; längst ist unser Alltag rund um die Uhr von Digitaltechnik bestimmt. Mehr als 100 Millionen Menschen tragen eine Smartwatch am Handgelenk, um etwa beim Sport (Fitnesskontrolle) oder beim Schlafen (Schlafüberwachung) nicht auf den Nutzen der Technik verzichten zu müssen. Wir arbeiten und amüsieren uns an Computern, lassen uns von Navigationssystemen leiten und nutzen die Informationstechnologie (IT), um unsere Infrastrukturen – Strom, Wasser, Energie, Verkehr, Finanzwesen – zu steuern und zu überwachen. Kurz gesagt: Ohne IT-Systeme geht (fast) nichts mehr. Daher kann man mit Fug und Recht von einer digitalen Zivilisation sprechen.

Computer haben immer recht

Dazu gehört unser unerschütterlicher Glaube an die Richtigkeit der Informationen im Computer. Wenn wir auf dem Display den Kontostand unseres Bankguthabens angezeigt bekommen, dann vertrauen wir darauf, tatsächlich so viel Geld zu besitzen. Wenn in Kürze unser Personalausweis im Smartphone gespeichert wird, dann verlassen sich künftig alle staatlichen Stellen darauf, dass die in dem Gerät abgelegten Informationen korrekt sind. Der physische Ausweis wird virtualisiert und in die digitale Welt verbracht. Dies steht beispielhaft für die Transformation der realen Welt, man kann auch sagen der analogen Realität, in die digitale Welt, in die virtuelle Realität. Der Begriff „Metaverse“ steht für dieses hybride Leben in beiden Welten, der realen und der virtuellen. Mehr als die Hälfte der Menschheit, praktisch jeder, der ein Smartphone besitzt, nutzt soziale Netzwerke, ist also bereits in einer Vorform der virtuellen Welt unterwegs.

Dieses Buch zeichnet nach, wie es zu dieser phänomenalen und zugleich beängstigenden Menschheitsleistung kam, und zeigt vor allem auf, wohin sie uns führen wird. Die wichtigsten Komponenten, wie die Computerentwicklung, das Internet, die Datenökonomie, die Smartisierung unserer Welt und die biometrische Vermessung der Menschheit, werden ebenso dargestellt, wie Weichenstellungen für die Zukunft durch Künstliche Intelligenz, das Eindringen digitaler Komponenten in unseren Körper und das Metaversum.

Von der Science-Fiction zur Realität

Einige der Prognosen in diesem Buch mögen wie Science-Fic-tion erscheinen. Dennoch handelt es sich überwiegend lediglich um Fortschreibungen von Entwicklungen, die längst begonnen haben. Machen wir uns klar: Kaum etwas von der Technik, die uns heute umgibt, war vor 100 Jahren vorstellbar. Doch man muss gar nicht soweit zurückgehen. Wer hätte jemals vom Internet und allen seinen „Kindern“ – mobiles Internet, Internet der Dinge, Social Media – als Grundlage unseres Lebens in einer zivilisierten Welt geträumt, bevor wir zum ersten Mal in unserem Leben „www“ in eine Software namens „Browser“ eingetippt haben. Und das ist in der Regel erst etwas über 30 Jahre her. Wer konnte sich schon ein Smartphone vorstellen, bevor er es zum ersten Mal in den Händen hielt. Und das Smartphone, wie wir es heute kennen, ist gerade einmal rund 15 Jahre alt. Diese beiden chronologischen Anhaltspunkte stehen dafür, dass sich die Zeitspannen zwischen den durch die Digitalisierung hervorgerufenen fundamentalen Umwälzungen verkürzen. Vieles deutet darauf hin, dass diese Verkürzung weiter zunehmen wird. Mit anderen Worten: Vieles, was in diesem Buch als eine Zukunftsvision angerissen wird, dürfte schneller in unseren Alltag eindringen, als es sich manch einer wünschen mag. Datenbrillen, die uns mit hoher Perfektion in eine lebensechte virtuelle Umgebung versetzen, Chips unter der Haut, die uns als Ausweis, Türöffner und Zahlungsmittel dienen, Autos ohne Lenkrad, die ohne unser Zutun den richtigen Weg finden, humanoide Roboter, die unseren Haushalt erledigen, Künstliche Intelligenz, die schlauer ist als unser menschliches Gehirn…, das alles erscheint heute noch genauso undenkbar wie einst ein Herzschrittmacher oder die Leistung eines Computers, der früher so groß war wie ein Einfamilienhaus, in einer Armbanduhr unterzubringen.

Viele von uns mögen diesen Entwicklungen ambivalent gegenüberstehen oder sie gar ablehnen. Andererseits: Wer hat sich nicht längst ans Smartphone gewöhnt und empfindet die Abwesenheit – nicht die Anwesenheit – dieses kleinen Gerätes als störend? Vor allem: Für die heranwachsenden Generationen werden diese neuen Entwicklungen der Digitalisierung ebenso selbstverständlich sein wie für uns heute das Internet oder der Telefoncomputer in der Tasche.

Andreas Dripke, Harald A. Summa et al.

An diesem Werk haben zahlreiche namhafte Mitglieder der UNO-Denkfabrik Diplomatic Council mitgewirkt. Das vorliegende Buch stellt in diesem Sinne ein Gemeinschaftswerk „et alii“ bzw. „et aliae“ dar. Diesen Gemeinsinn wollen die Autoren mit dem bibliografischen Kürzel „et al.“, also „und andere“, ausdrücken.

Digitale Disruption

„Vor den gesellschaftlichen Nöten verhält sie sich [die Hinterwelt] wie ein Arzt, der mit den Kranken jammert, sich aber nicht um die Ursachen ihrer Krankheiten kümmert. Man fummelt an den Symptomen offensichtlicher Missstände herum und verschafft sich durch menschenfreundliche Worte ein gutes Gewissen.“ Diese Sätze schrieb der Informationstheoretiker Karl Steinbuch, dem das vorliegende Werk gewidmet ist, in seinem Buch Falsch programmiert, das im Jahr 1968 erschienen ist. – und zwar im Kapitel „Anklage gegen die Hinterwelt“.2 Der Umgang der Politik mit der Digitalisierung scheint seitdem in weiten Teilen dieser „Hinterwelt“ zu entstammen.

Die Politik ist sich mit dem größten Teil der Gesellschaft einig, wenn es um das Thema Digitalisierung geht: So schlimm wird es schon nicht kommen. Diese Einstellung verkennt den Unterschied zwischen linearer und exponentieller Entwicklung. Die lineare Betrachtung geht davon aus, dass sich die bisherige Welt Jahr für Jahr in kleinen Schritten voran bewegt. Das Smartphone wird immer etwas besser, der Akku hält immer etwas länger, bei den sozialen Netzwerken kommt immer mal wieder ein neuer Player hinzu. Die Politik überträgt ihre eigene Vorgehensweise der kleinen Schritte in die digitale Welt.

Diese Einstellung ist falsch und fatal. Sie verkennt, dass die digitale Entwicklung exponentiell verläuft und damit disruptiv auf alle Aspekte der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wirkt. Schlimmer noch: Sie ignoriert Machtverschiebungen und damit den Verlust der Macht, selbst zu gestalten.

Der Beruf des Hufschmieds wurde nicht abgelöst, weil sich die Pferde veränderten, sondern weil das Transportwesen mit der Erfindung des Automobils keine Pferde mehr brauchte. Nokia wurde nicht binnen weniger Jahre hinweggefegt, weil Apple die besseren Handys baute, sondern weil Apple grundlegend andere Geräte – Smartphones – auf den Markt brachte. Digitale Brillen, die auf in den Gläsern eingebauten Minidisplays fortlaufend Informationen einblenden, ohne dass es jemand außer dem Brillenträger bemerkt, haben das Potenzial, eine ähnlich grundlegende Entwicklung wie Smartphones einzuläuten.3 Bei selbstfahrenden E-Autos beschleicht derzeit viele Menschen eine Ahnung, dass dies zu ebenso disruptiven Veränderungen führen könnte, die eine ganze Branche an den Abgrund führen werden. Doch es wird nicht bei dieser einen Branche bleiben.

Viele Berufsgruppen sind akut gefährdet

Dass die Tage von Fahrern – Bus, Lastwagen, Taxi – sich dem Ende nähern, gilt längst als ausgemacht, weil sie bei selbstfahrenden Autos schlichtweg nicht mehr benötigt werden. Weniger offensichtlich scheint es zu sein, dass Berufe wie Makler, Verwaltungsangestellte, Allgemeinmediziner, Verkäufer, Journalisten, Bankangestellte, Händler oder Anwälte von der Digitalisierung akut gefährdet sind.

Überall dort, wo es um Rollenspiele nach festgelegten Regeln geht, sollte man sich Künstliche Intelligenz vorstellen, nicht wegdenken: Algorithmen statt Sachbearbeiter. Das heißt, der Großteil dieser Tätigkeitsfelder wird künftig von Software mit Künstlicher Intelligenz bearbeitet werden.

Es sei beispielhaft auf die Oxford University verwiesen, die schon in einer Studie aus dem Jahr 2017 zu dem Schluss gelangte, dass über alle Branchen hinweg 47 Prozent aller Berufe durch Computer bzw. Software ersetzt werden können. In der Versicherungswirtschaft veranschlagt dieselbe Studie eine „Computerisierbarkeit“ von über 90 Prozent aller Jobs.

Wohlgemerkt: Es wird immer noch Ärzte, Makler oder Anwälte geben – aber deutlich weniger als heute, und mit anderen Kompetenzen, in einem anderen Umfeld und mit anderen Verdienstaussichten.

Das World Economic Forum ging in seiner Studie „The Future of Jobs“ bereits 2018 davon aus, dass im Jahr 2025 mehr Aufgaben von Computern und Robotern erledigt werden als von Menschen. Man mag darüber spekulieren, ob es 2025 oder erst 2030 soweit ist, doch dass es dazu kommen wird, gilt als sicher.

Die Mittelschicht wird wegdigitalisiert

Die Digitalisierung wird Millionen von Arbeitsplätzen vor allem in der White-Collar-Schicht – in der Regel die Mittelschicht – betreffen, viele davon für immer vernichten und unsere Gesellschaft nachhaltig verändern. Der Begriff von der „Digitalen Revolution“ ist nicht übertrieben, er beschreibt schlichtweg unsere Zukunft, mit allen – und zwar enormen(!) – Chancen, aber eben auch mit Risiken. Doch die Politik bereitet sich und die Gesellschaft wenig bis gar nicht auf diese Zukunft vor. Die digitale Revolution kommt ebenso „überraschend“ auf uns zu wie die Viruspandemie 2020 – alle Warnzeichen wurden über Jahre hinweg ignoriert.

In der Pandemie wurden im Frühjahr 2020 in den USA binnen eines Monats mehr Jobs vernichtet, als in den elf Jahren seit der Finanzkrise 2008 neu entstanden waren. Die Arbeitslosenquote schoss inklusive Dunkelziffer auf rund 20 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung in die Höhe.4

Ein Großteil dieser Jobs kommt nie mehr zurück, weil die ohnehin anrollende Digitalisierungswelle seit 2020/21/22 kräftig zugelegt hat. Die Corona-Pandemie hat viele Menschen geradezu in die Digitalisierung getrieben. Home Office, Home Schooling, Home Shopping – wichtige Alltagsbereiche wurden mit einem Schlag in den Computer verlegt. Und viele Menschen haben den Komfort der Digitalisierung erstmals richtig kennen und schätzen gelernt. Wer seine Arbeit am Bildschirm zu Hause erledigen kann, den zieht es in vielen Fällen gar nicht mehr in den täglichen Stau oder in die überfüllte Bahn, um eine lange Fahrt auf sich zu nehmen ins Büro und dort auch nur an einem Computer derselben Tätigkeit nachzugehen, die man auch zu Hause erledigen kann. So wichtig war der Schwatz mit Kollegen am Kaffeeautomaten und in den Pausen vielleicht doch nicht, um dafür, sagen wir, täglich zwei Stunden Lebenszeit auf dem Weg zur und von der Arbeit zu verlieren.

Indes benötigt der Großteil der Bevölkerung gar keine äußeren Einflüsse wie Pandemieregeln, um in die digitale Welt abzugleiten. Das Smartphone ist der beste Beweis dafür, wie leicht und umfassend wir uns selbst zu digitalisieren in der Lage sind.

Unser Leben im Smartphone

Rund vier Milliarden Menschen, also etwa die Hälfte der Menschheit, besitzen ein Smartphone.5 Wir wachen damit auf, denn der erste Blick nach dem Wachwerden gilt dem kleinen Gerät. Abends blicken wir auf das Display, ob es noch eine letzte wichtige Nachricht gibt, bevor wir die Augen schließen und entschlummern. Die Zeit dazwischen, den ganzen Tag über, tragen wir unseren digitalen Kasten mit uns herum.

Eine Umfrage unter 9.000 Smartphone-Nutzern im Alter von 18 bis 35 Jahren in Europa aus dem Jahr 2021 hat zutage gefördert, welche Bedeutung für die meisten Menschen ihr Smartphone hat.6 95 Prozent der Europäer legen ihr Gerät nachts im Schlafzimmer ab, 90 Prozent sogar direkt neben dem Bett, um es jederzeit in greifbarer Nähe zu haben. Nach dem Aufwachen am Morgen schauen laut Umfrage 77 Prozent binnen weniger Minuten auf das Display, um nichts zu verpassen. Fünf Prozent würden lieber auf ihren Lebenspartner als auf ihren elektronischen Alltagshelfer verzichten.

Eine Studie mit insgesamt 1.000 in Deutschland lebenden Personen über 18 Jahren aus dem Jahr 2021 förderte sogar noch erschreckendere Zahlen zutage. Auf die Frage, worauf sie im Leben nicht verzichten möchten, gaben 52 der Frauen an, ohne ihr Smartphone nicht leben zu können, während bei den Männern der Computer mit 53 Prozent ganz vorne stand. Auf dem zweiten Platz landete bei beiden Geschlechtern der Fernseher (Männer: 50 Prozent, Frauen: 51 Prozent). Der Partner bzw. die Partnerin befanden sich – ebenfalls bei Männern und Frauen – mit 49 Prozent erst auf dem dritten Platz der Prioritätenliste. Eine Vergleichsstudie aus dem Jahr 2017 zeigte, dass das nicht immer so war: Damals gab mit 51 Prozent der Großteil beider Geschlechter an, nicht auf den Partner oder die Partnerin verzichten zu wollen. Der Computer und das Smartphone folgten erst später in der Liste.7

Wir leben in einer Beziehung zum Smartphone

In der Corona-Pandemie hat sich die „Beziehung“ zum eigenen Computer und vor allem zum Smartphone noch verstärkt: Im Lockdown, als man kaum jemanden treffen konnte, stellte das elektronische Gerät die digitale Nabelschnur zur Außenwelt dar. Experten kennen längst die „Nomophobie“; das ist die Angst, kein Smartphone verwenden zu können („no-mobile-phone“). Wer das für schwer nachvollziehbar hält, sollte sich einmal nach der eigenen Reaktion fragen, wenn über längere Zeit kein Netz verfügbar ist – die meisten von uns werden ärgerlich, viele nervös, manche ängstlich, aber kaum jemanden lässt es kalt, ohne Verbindung zu sein.

Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft Deloitte schauen die Deutschen im Schnitt 30-mal am Tag aufs Smartphone, die 18- bis 24-Jährigen sogar 56-mal. Rentner werfen dagegen lediglich neun Blicke pro Tag auf ihr Display.8

Neben dem Smartphone gewinnt die Smartwatch rapide an Bedeutung. Längst ist für viele Menschen nicht mehr das Smartphone allein der tägliche Lebensbegleiter. Für Millionen nimmt die Smartwatch einen beinahe ebenso wichtigen Platz im Alltag ein. Allmählich setzt sich auch der Smart Ring durch, in den eine Funkkreditkartenfunktion integriert ist, so dass man mit dem Ring am Finger jederzeit bezahlen kann.

All dies stellt nicht das Ende einer Entwicklung dar, sondern es markiert erst den Anfang. Vom Smartphone, das (fast) mit der Hand verwachsen zu sein scheint über die Uhr und den Ring ist der Weg nicht weit zur Implantation eines Chips unter die Haut. Wer das heute noch als eine abenteuerlich-ungeheuerliche Vorstellung abtut, der mag sich an seinen Alltag vor dem Aufkommen von Computern, vor dem Erscheinen des Internet und ohne Smartphone zurückerinnern. Unser heutiges von Digitaltechnik durchdrungenes Leben war im Zeitalter der Schreibmaschine undenkbar. Dabei wurde das Internet erst vor gut 30 Jahren populär, das Smartphone, wie wir es heute kennen, ist rund 15 Jahre alt, die Smartwatch nicht einmal zehn Jahre.

Die Zukunft unserer digitalen Zivilisation wird nicht aus besseren Smartphones und Smartwatches bestehen, sondern sie wird völlig neue Formen der Digitalisierung mit sich bringen. Viele Menschen verbringen heute schon einen Großteil ihrer Lebenszeit in der digitalen Welt, sei es am Computerbildschirm zum Arbeiten oder Spielen oder in den sozialen Netzen, um sich und andere zu informieren und sich zu amüsieren. Ein solches Leben in der hybriden Welt, der realen und der digitalen Welt, wird künftig zur Normalität unserer digitalen Zivilisation werden.

Im vorliegenden Buch wird diese Entwicklung an vielen Stellen aufgezeigt. Doch bevor wir in diese gar nicht mehr allzu ferne Zukunft blicken, ist eine Rückschau angesagt. Wie sind die Computerchips und das Internet eigentlich entstanden?

Vom Denken zum Computer

Die Idee, dass sich das menschliche Denken automatisieren oder mechanisieren lässt, dass der Mensch eine Maschine konstruieren und bauen könnte, die auf irgendeine Art und Weise intelligentes Verhalten zeigt, ist schon alt. Der Begriff Computer war zu dieser Zeit zwar noch lange nicht erfunden, sondern es ging um künstlich erzeugte Lebewesen, die in ihren Fähigkeiten und auch in ihrem Aussehen dem Menschen ähnlich sein sollten. Eine allgemeine Vorstellung von einem Homunculus, also einem künstlich geschaffenen Menschen, wurde schon in der Antike beschrieben und im Mittelalter im Kontext alchemistischer Theorien wieder aufgegriffen.

Schon in der griechischen Mythologie ist der vom Gott des Feuers Hephaistos erschaffene Talos, ein bronzener Riese, beschrieben.9 Von Leonardo da Vinci ist die Skizze eines Roboters bekannt, der sich aufsetzen, seine Arme bewegen und seinen Kopf drehen kann. 10 Unübersehbar ist die vermeintliche Gleichsetzung von menschenähnlicher Gestalt und Denkfähigkeit. Die damalige Idee: Eine Figur, die in etwa wie ein Mensch aussieht und sich auch analog zu einem Menschen bewegen vermag, kann auch ähnlich wie ein Mensch denken.

Ein Plan für die angebliche Herstellung eines Homunkulus findet sich in der Schrift De natura rerum (1538), die allgemein Paracelsus zugeschrieben wird.11 Im Grunde beschreibt Julien Offray de La Mettrie in seinem 1748 veröffentlichtem Buch L’Homme Machine diesen Gedanken.12

Die wohl bekannteste Verwendung der Homunkulus-Idee findet sich in Goethes Faust II. Als weitere Beispiele sind hier die jüdische Legende vom Golem13, einem aus Lehm geformten stummen menschenähnlichen Wesen von gewaltiger Größe und Kraft, sowie Mary Shelleys 1818 veröffentlichter Roman „Frankenstein oder der moderne Prometheus“ zu nennen.14 Sowohl im Buch als auch in mehreren Frankenstein-Verfilmungen werden das Entsetzen und die Tragik des Schöpfers wie auch des erschaffenen Wesens deutlich.

Automaten und Androide

Neben den theoretischen, literarischen und filmischen Ansätzen finden sich in der Geschichte etliche Berichte über mechanische Automaten, die in einem mehr oder weniger menschenähnlichen Gehäuse eingebaut bestimmte Aufgaben verrichten. So erschienen im 17. und 18. Jahrhundert viele Berichte über selbstfahrende Fahrzeuge und andere Automaten, von denen die meisten (manche auch nicht) als Schwindel entlarvt wurden. Hier wurde in einem Wunschdenken eine Entwicklung vorgezeichnet, die es zu diesem Zeitpunkt noch nicht gab. Beispielhaft hierfür steht der „Schachtürke“ von Wolfgang von Kempelen, mit dem er Europa und die USA bereiste und dabei große Schachspieler herausforderte. In Wahrheit war jedoch in dem „Automaten“ nur ein sehr kleiner Mensch versteckt, der über eine Mechanik die Spielfiguren auf dem Brett steuerte.

Mit den Konstruktionen von Jacques de Vaucanson wurde im 18. Jahrhundert ein Höhepunkt in der Geschichte des Baus von echten Automaten – also mechanischen Computern – erreicht. Über seine drei mechanischen Kunststücke hieß es damals:

„Diese 3 Mechanische Kunststücke, welche menschlichen Verstand zu übertreffen scheinen, und deren Werth allein von grossen Kennern eingesehen und erkläret werden kan, enthalten in ihrem innerlichen Bau, einen Zusammenhang von vielen Künsten und Wissenschafften, hauptsächlich aber sind es Meisterstücke der Anatomie, Physic, Mechanic und Music. Kennere werden dabey Nutzen und Vergnügen finden, curiose Liebhaber aber darüber erstaunen. Die erste Figur stellet einen sitzenden Mann vor in Lebensgröße von Holtz, welcher II. unterschiedliche Arien auf der Flute-Traversiere bläßt, mit eben der Annehmlichkeit und Fertigkeit, wie es dieses Instrument erfordert, und zwar mit gleicher Mittheilung der Luft in das Mundloch, Greifung der Thöne, Bewegung der Finger, der Lippen und der Zunge, wie solches ein lebendiger Mensch zu thun pfleget. Die 2te ist eine Manns=Person von Pappendeckel, welche 20. unterschiedene Arien auf einer Pfeiffe, wie solche in der Provence geführet wird, und das schwerste blasende Instrument ist, nebst Rührung der Trommel mit der einen Hand, gleichfalls wie ein lebendiger Mensch bläset. et. Die 3te Figur ist eine Ente, von vergoldetem Meßing und Stahl, welche alle die Bewegungen, so eine lebendige Ente macht, nachahmet, von sich selbst das Essen u. Trincken hineinschluckt, verdauet, und wieder, wie einen ordentlichen Koth von sich gibt, nicht weniger die Flügel ober, unter sich und zur Seite schlägt, schnadert und alles dasjenige verrichtet, was eine natürliche Ente thun kan. Es ist unmöglich, alles so genau zu beschreiben, als es sich in der That befindet und im Werck selbsten zeigt, dahero nur noch dieses beygefüget wird, daß an einem einzigen Entenflügel 400. Theile und besondere Zergliederungen sich befinden.“