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Dieses Buch beschreibt ausführlich und verständlich die Hauptbereiche des Themas Künstliche Intelligenz (KI). Der Autor positioniert sich eindeutig im Sinne einer freiheitlichen Gesellschaft, die er gefährdet sieht. Die Bedrohungen resultieren aus der neoliberalen Ideologie der KI-Protagonisten aus dem Kreise des GAFAM-Verbundes (Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft). Künstliche Intelligenz hat natürlich auch ihre positiven Seiten, beispielsweise in der medizinischen Diagnostik, der Verkehrs- oder Verbrechensbekämpfung. Die Spracherkennung und Sprachübersetzung eröffnen ungeahnte Möglichkeiten für Information und Kommunikation. Es kommt darauf an, wofür sie genutzt werden. Im Milieu der 1970er Jahre war das Internet als eine Technik geplant, die den Menschen neue Freiräume eröffnen sollte. Nachdem sich aber der Neoliberalismus der digitalen Wirtschaft bemächtigte, ist Ernüchterung der Euphorie gewichen. Der Idee, dass sich Roboter eines Tages als Endprodukt der menschlichen Evolution an die Spitze des Universums setzen, erteilt der Autor eine Absage. Zurück zur Vernunft, rät er den sogenannten Transhumanisten und Singularisten. Inhalt: - Was ist Intelligenz? - Was ist maschinelles Lernen? - Was sind künstliche neuronale Netze? - Was ist Deep-Learning? - Was sind Algorithmen? - Was ist Big Data? - Was ist das Internet der Dinge? - Notwendigkeit eines Grundeinkommens - Robotik - 3-D-Drucker - Industrie 4.0 - Gesichtserkennung - Künstliche Intelligenz in der Medizin - Künstliche Intelligenz im Militär - Autonomes Schreiben und Übersetzen - Wirkung von Robotern auf Jobs und Arbeitsplätze - Künstlichen Intelligenz und Demokratie - Wie intelligent oder gefährlich können Roboter werden?- Gibt es eine Ethik der Künstlichen Intelligenz? - Künstliche Intelligenz in der Militärtechnologie - Künstliche Intelligenz in der Medizin - Google - Meta/Facebook - Microsoft - Amazon - Apple - Überwachung der Menschen - Metaverse, Metaversum
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Seitenzahl: 570
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Einführung
Daten, Algorithmen und Netze als Grundlage für die KI
1. KI, der digitale Quantensprung
2. Klärung: Was ist KI?
3. KI der Extraklasse: Deep Learning
4. Algorithmen, die Gebrauchsanleitung für KI
5. Wie funktioniert maschinelles Lernen?
6. Auf die Daten kommt es an: Big Data
7. Was ist das Internet der Dinge?
KI verändert Arbeit und Gesellschaft
8. KI bewegt Roboter
9. Roboteroffensive auf die Arbeitsplätze
10. Watson, das Superhirn von IBM
11. Was ist die Industrie 4.0?
12. Schreiben, verstehen, sprechen und übersetzen mit KI
13. Gesundheit dank KI
14. Droht uns die Herrschaft der Roboter?
KI als Problem für Mensch und Gesellschaft
15. Der Neoliberalismus als KI-Ideologie
16. Mit KI, totale, digitale und globale Überwachung des Menschen
17. Das Private als Gegenstand des Datenhandels
18. KI, die neue Qualität der Kriegsführung
19. Wem oder was nützt eine KI-Ethik?
Diese Internetgiganten beherrschen und steuern die KI
20. Google
21. Amazon
22. Facebook
23. Apple
24. Microsoft
25. China, die globale KI-Herausforderung
Wer oder was ist The „Next big thing“?
26. Metaverse: High Light mit Lichtverlust
27. Google Map Immerse: Blockbuster der 2020er Jahre?
Büchern zum Thema KI droht die Gefahr, schnell zu Makulatur zu werden. Der Grund liegt in der enormen Entwicklungsgeschwindigkeit von Computertechnik und Software. Es ist kaum möglich, Themen der Informatik einigermaßen aktuell darzustellen. Im Bereich der KI wird fast täglich über neue Entwicklungen und Produkte informiert. Hierzu der renommierte KI-Professor Jürgen Schmidhuber in einem Interview: „Alle fünf Jahre wird das Rechnen zehnmal billiger. Hält der Trend an, werden kleine Rechner bald so viel rechnen können wie ein menschliches Gehirn, 50 Jahre später wie alle 10 Milliarden Hirne zusammen. Die dazu passende Software hinkt nicht weit hinterher.“1 Dementsprechend wächst das Angebot an Informationen in Ton, Bild und Text, insbesondere an Büchern und Artikeln. Mittlerweile liegt ein reicher Fundus an KI-Fachliteratur vor. Drei Themenbereiche haben sich herausgeschält. Ein großer Teil der Fachliteratur bewegt sich im programmtechnischen Bereich und behandelt anwendungsrelevante Themen der Informatik, etwa die Nutzung der Programmiersprache Python oder der KI-Rahmensoftware TensorFlow. Dieses ist das Terrain von schreibfreudigen Informatikern.
Ein anderer Teil des Buchangebots beleuchtet die gesellschaftlichen Folgen der KI, so die Wirkungen auf die Menschen, unsere Arbeitswelt und die Wirtschaft, das Geistesleben, die Kultur und Erziehung, Ethik und Moral, nur um die wichtigsten Bereiche zu nennen. Diese Autoren bewegen sich zumeist im sozial- oder geisteswissenschaftlichen Hintergrund.
Der dritte Teil umfasst die große Menge an fachspezifischer KI-Literatur, beispielsweise zu Rechtsaspekten, zur KI-Medizin, zu Industrie 4.0 mit Robotik oder zum KI-Einsatz im Marketing. Die Publizisten, Ärzte, Ingenieure, Kaufleute oder Juristen haben ihr Fachwissen in das Thema KI eingebettet und nennen entsprechende Anwendungsmöglichkeiten.
Dieses Buch versucht einen interdisziplinären Überblick unter Berücksichtigung aller drei genannten Themenbereiche, beschränkt sich hierbei aber auf die wichtigsten Aspekte, so wie diese im Inhaltsverzeichnis aufgelistet sind. Es bietet dem an KI interessierten Leser einen Übersicht, die ihn zur Urteilsbildung befähigt. Hierbei ist zu bedenken, dass das Themenspektrum der KI umfassender ist als hier dargestellt. Weitere und tiefergehende Inhalte hätten den Rahmen dieses Buches gesprengt. Auch ist darauf hinzuweisen, dass es „die“ KI nicht gibt. Hinter dem Begriff KI verbirgt sich ein Set verschiedenartiger Verfahren, Technologien und Konzepte, die je nach Zweck eingesetzt werden. Jeder Ansatz bietet andere Möglichkeiten und Einsatzfelder in Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Gesellschaft.
Plötzlich, 2022, verlor die digitale Sphäre an Glanz. Die Branche, eben noch der Leuchtturm personalpolitischer Möglichkeiten, drehte den Dimmschalter nach unten. Meta/Facebook, der führende Personalrecruiter kündigte den Rauswurf von 11.000 und Amazon von 10.000 Mitarbeitern an. Auch Microsoft verkündete eine Verschlankungsdiät. Bei Google forderten die Aktionäre den Verzicht von mindestens 10.000 Mitarbeitern. Elon Musk spielte den Rambo und setzte die Hälfte seiner Mitarbeiter von einem Tag auf den anderen vor die Tür. Die Uhren schienen rückwärts zu laufen. Kapitalismus in Reinkultur. Bei Proklamierung des Megaprojekts Metaverse versprach Zuckerberg 15.000 Neueinstellungen vor allem in Europa. Hatte er sich versprochen, statt zu versprechen?
In Anbetracht der Mitarbeiterzahlen der Techkonzerne erscheinen diese Zahlen fast noch vertretbar, so bei Amazon 10.000 Angestellte bei 1,5 Millionen Mitarbeitern. Aber in Verbindung mit Umsatz- und Gewinneinbrüchen sorgen sich Börsianer um ihre Milchkühe. Gerät der Profitautomatismus ins Stocken? Gemacht, gemach, rät der Dauerbeobachter der Szene, Sascha Lobo. Er macht darauf aufmerksam, dass Einbrüche von Monstergewinnen keine Verluste sind. Bei Google ist ein Plus von „nur“ sechs Prozent bei 69 Milliarden USD Umsatz im dritten Quartal 2021 ist ja wohl kein Alarmzeichen, sondern die Korrektur übertriebener Gewinnerwartungen.2 Dennoch wirkt beim GAFAM-Kartell (Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft) ein besonderes Problem. Gemeint sind extrem teure Fehlschläge. Apples Autopläne werden endlos nach hinten verschoben. Metas/Facebooks Metaversum wurde aus dem Schaufenster genommen. Google kam mit seinen Versuchen „Social“ zu werden nicht weiter. Amazons Alexa kostet den Konzern etwa 10 Milliarden USD im Jahr, die streng wirtschaftlich gesehen nichts bringen. Zumeist wird nach dem Wetter gefragt. Auch die vielen Smart-Home-Befehle sind nicht monetarisierbar. Mit diesen Überplattformen, die aus vielen Subplattformen bestehen, kann man kein Geld verdienen. Was tun? Man setzt das Skalpell am Kostenblock an, und zwar beim extrem gutverdienenden Personal. Das erklärt, warum im Alexa-Bereich von Amazon die Köpfe rollen.
Es gibt keinen Grund sich um die Zukunft der Tech-Giganten zu sorgen. Sieben der nach Börsenwert wertvollsten Unternehmen der Welt entstammen der digitalen Tech-Szene. Fünf von ihnen sind mehr als eine Billion Dollar wert. Der Bedeutung nach handelt es sich um Apple, Microsoft und Google/Alphabet, gefolgt von Amazon, und Meta/Facebook. Too big to fail gilt hier mehr noch als bei Banken. Lobo meint prognostisch: Die Geldmaschinen laufen nicht langsamer, sie nehmen einen neuen Anlauf.3
Quellen
1. https://www.derbund.ch/der-mensch-wird-keine-dominante-rolle-mehr-spielen-884381397499
2. Lobo, Sascha. Die Geldmaschinen laufen nicht langsamer, sie nehmen einen neuen Anlauf. Der Spiegel, 23.11.2022
3. Ebenda
1.1 KI im Alltag
1.2 Infosphäre ergänzt die Biosphäre
1.3 Die Rolle des US-Militärs
1.4 Kulturbruch infolge KI
1.5 Digitalgold verändert die Wirtschaftswissenschaft
1.6 KI: Auf Sinn und Zweck kommt es an
1.7 Quellen
420.000 Euro erzielte das abgebildete, mit einem KI Programm gemalte Porträt des Edmond Bellamy 2018 bei einer Versteigerung des Auktionshauses Christie‘s in London. KI komponiert sogar Choralkantaten im Stile Johann S. Bachs oder Sinfonien. Aus 40 Skizzen, die Ludwig van Beethoven für seine geplante Symphonie Nr. 10 hinterließ, vollendeten Musikwissenschaftler und Informatiker mit Hilfe Künstlicher Intelligenz 2021 das Werk.
Selbst die Kunstwelt wird von der KI aufgemischt. Im März 2019 schloss Warner Music einen Plattenvertrag mit einem deutschen KI „Komponisten“, der ein auf den Hörer abgestimmtes Klangerlebnis versprach, mit dem dessen Konzentration und Wohlbefinden gesteigert werden kann. Viele Plattformen preisen mittlerweile ihre KI-kreierte Musik an.
Der TÜV-Verband veröffentlichte im Februar 2020 die Ergebnisse einer Untersuchung zur Haltung der Deutschen gegenüber der KI. Demnach kennen 94 Prozent der Befragten den Begriff Künstliche Intelligenz, aber nur jeder Dritte kann ihre elementaren Eigenschaften und Möglichkeiten erklären. Immerhin empfinden 46 Prozent etwas Positives und 28 Prozent eher Negatives, wenn sie auf den Begriff KI stoßen. Autonom fahrende Autos sind Teil der täglichen Berichterstattung. Algorithmen erkennen schneller und genauer Herzrhythmusstörungen als Kardiologen. Mit KI kann das Gesagte von den Lippen eines Menschen abgelesen werden.
KI ist längst kein Zukunftsthema mehr, sondern Teil unseres Alltags. Drei der sieben Milliarden Erdenbewohner werden von der Informations- und Kommunikationstechnologie und damit zunehmend von der KI erreicht, ohne dass sie es wissen oder bemerken. „Al is the new electricity“, schreibt KI-Guru Andrew Ng von der Stanford University.
Bis 2035 wird die Hälfte aller Arbeitsplätze direkt oder indirekt durch KI-Software oder intelligente Assistenten betroffen sein. Das drückt sich auch in wirtschaftlichen Daten aus. McKinsey prognostiziert bis 2030 rund 13 Billionen Dollar zusätzliche Wertsteigerung durch KI. Allein für Deutschland, so die Schätzung der Unternehmensberatung Accenture, bewirkt KI bis 2035 ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von rund einer Billion Euro.
Umsatzprognose mit KI-Anwendungen in Mrd. USD (Quelle: Tractica Research)
In fast allen Fertigungsunternehmen sind die Prozesse IT gestützt. Aber die bisherige Informationstechnologie ist infolge zunehmender Komplexität und vermehrter Entscheidungsparameter an ihre Grenzen gestoßen. Im Tagestakt kommen neue Digitalprodukte und -services auf den Markt. Daraus folgt, dass sich das zu verarbeitende Datenvolumen exorbitant steigert. Neue Produkte und Technologien werden angeboten. Der Begriff „digitale Revolution“ macht die Runde. Er wird ergänzt durch den Terminus VUCA-Welt. Die Buchstaben stehen für
Volatility (Veränderung),
Uncertainity (Unsicherheit),
Complexity (Komplexität) und
Ambiguity (Mehrdeutigkeit).
Die KI ist das eigentliche Revolutionäre. Sie sorgt für eine permanente Revolution indem sie die starre IT in die flexible KI tranformiert. Dieser Prozess wird rasanter und wirkungskräftiger verlaufen als die Einführung des PCs, des Laptops oder des Smartphones. Darum ist es angemessen, entsprechend der Überschrift dieses Kapitels, von einem digitalen Quantensprung zu sprechen lautet.
KI als neue Entwicklungsstufe der Informatik bestimmt unseren Alltag stärker als uns bewusst ist, obwohl wir noch am Anfang der KI-Nutzung stehen. Der KI-Nachrichtendienst von Heise meldet täglich diverse Neuerungen allein in diesem Bereich der Digitalsphäre. Man kann von einer Anwendungsinflation sprechen.
KI spielt hierbei eine tragende Rolle. „Wir sind vor allem Anderen ein Künstliches Intelligenz Unternehmen“, sagt Google Chef Sundar Pichai. Der Konzern hat schon vor Jahren den Wandel von „Mobile First“ zu „AI First“ vollzogen. Aber Smartphone und KI gehen eine bemerkenswerte Ehe ein, denn zukünftig wird KI nicht mehr nur in großen Datenzentren mit leistungsstarken Computern ausgeführt, sondern auf den Geräten der Nutzer selbst. KI wird dezentral und persönlich und somit auch schneller. Ein autonom fahrendes Auto muss sich die Daten für eine Entscheidung nicht mehr aus dem weit entfernten Datenzentrum holen, sondern hat diese im Fahrzeug in Millisekunden verfügbar. Aus der Internet-Cloud wird so eine persönliche Cloud.
Hinter der KI verbirgt sich mehr als nur Automatisierung und Robotik. Wir begegnen der Künstlichen Intelligenz, wenn uns Amazon unaufgefordert Kleidung oder Kosmetika vorschlägt, die zu unserem Typ passen. Vielleicht haben Sie sich die Webseiten einiger PKW-Marken angesehen und werden anschließend mit Werbebotschaften per E-Mail zugeschüttet. Natürlich hätten Sie Ihr PKW-Interesse auch Ihrem Sprachassistenten Alexa anvertrauen können. Dieser erledigt alles Weitere für Sie, nimmt auch Ihre Pizzabestellung entgegen oder spielt für Sie eine gewünschte Musik. Wenn Sie Google sofort nach dem Einschalten Ihres Handys fragt: „Was kann ich für Dich tun?“ und Ihnen weiterhilft, ist das, was im Hintergrund geschieht, ein Stück KI. Das gilt ebenso für die Möglichkeit, Texte per Sprache in WhatsApp oder ein anderes Programm einzugeben oder sich Schriftstücke, beispielsweise E-Mails, vom Tablet oder Handy, vorlesen zu lassen.
Was ist das für ein großartiges Gefühl, einen Weihnachtsgruß mittels „Google-Übersetzer“ per Knopfdruck in 103 Sprachen zu versenden. Das, was uns die Wetterfrösche über Sonne oder Regen am Folgetag berichten, beruht auf besonders ausgefeilten Programmen der Künstlichen Intelligenz. In Ihrem Auto und Handy steckt ebenfalls, und das zunehmend, eine gehörige Portion KI.
Ein moderner PKW bietet diverse KI-Anwendungen, die alles kontrollieren, von der Satellitennavigation über ABS, bis hin zu elektronischen Schlössern, von den Unterhaltungssystemen bis hin zu diversen Sensoren, die im Motor verbaut sind. Vielleicht gehören Sie zu jenen, die sich nicht für das Thema KI interessieren. Bedenken Sie aber, dass sich die KI längst für Sie interessiert.
Weltweit sind rund fünf Milliarden Menschen über ihr Mobiltelefon mit der KI verbunden. Smartphones bringen uns Menschen mit unserem Konto in Verbindung, ermöglichen den Versand und Empfang von E-Mails oder weisen uns den Weg in einer uns unbekannten Gegend. Mit den passenden Apps kommen wir schnell zum Amazon-Angebot oder zu unserem gesprochenen Notizbuch, um nur einige der vielen Möglichkeiten zu nennen.
Diese und viele andere Aufgaben erledigen Smartphones unendlich schneller und besser als Menschen, vorausgesetzt die Datengrundlage und der Entscheidungsrahmen stimmen. Auf KI basierende Programme sind lernfähig, können urteilen und Probleme lösen. Sie gewinnen Quizshows, diagnostizieren Krankheiten und übersetzen sekundenschnell Texte in diverse Sprachen, von Jahr zu Jahr immer besser. Sie komponieren Musik, malen oder reproduzieren Gemälde. Plagiatsprüfprogramme rastern im Formel-1-Tempo die im Netz vorhandene Literatur ab und entlarven Plagiatoren. Die Intensivstation eines Krankenhauses oder das Cockpit eines Flugzeuges sind geballte KI. Alles, was mit „smart“ betitelt ist, Smart Factory, Smart Home, Smart Buildings, Smart Health, wird mittels KI gesteuert. Gebäude, Städte, Fabriken, Ställe, Lagerhallen, Kaufhäuser, Fahrzeuge, Verkehrswege zu Lande und Luft sind mit Sensoren, RFID-Transpondern und Kameras bestückt und leiten die gesammelten Daten an diverse Empfangsstationen weiter.
Im vordigitalen Zeitalter waren wir mit der Information nur verbunden, heute sind wir von ihr abhängig. Der Philosoph Luciano Floridi unterteilt in seinem Buch „Die 4. Revolution“ die Menschheitsgeschichte in 1. Vorgeschichte, 2. Geschichte und 3. Hypergeschichte.1 Letztere ist eine Gesellschaft, deren Bruttoinlandsprodukt überwiegend auf immateriellen Gütern basiert. Wir leben bereits in hypergeschichtlich geprägten Lebenswelten, in denen die IT nicht nur eine wichtige Voraussetzung für das gesellschaftliche Funktionieren, sondern die essenzielle Grundlage für die Erhaltung und Entwicklung des Wohlstandes aller und eines jeden Einzelnen ist. Dafür sorgt allein schon der KI-Anteil von 14 Prozent an der Weltwirtschaft bis 2030, was der astronomischen Summe von 15,7 Trillionen US-Dollar entspricht (nach Price Waterhouse Coopers). Er umfasst die gesamte informationelle Umwelt. Der reale Raum wird durch den digitalen ergänzt. Als Teil hiervon dringt der informationelle Raum immer mehr in unsere Lebenswelt ein. Die hypergeschichtliche Epoche trägt zur Entstehung und Verbreitung der „Infosphäre“ bei. Infolgedessen müssen die gesellschaftlichen Schaltpläne umgeschrieben und unser Platz im Universum neu bestimmt werden.
Im Digitalzeitalter gab es seit 1981, dem Jahr der „Uraufführung“ von IBM XT, AT und des Microsoft Betriebssystems, viele interessante Anpassungsinnovationen. Die kommerzielle Nutzung des Internets ab 1990 war ein qualitativer Sprung mit gewaltiger Wirkung. Millionen PCs waren fortan vernetzt. Zu diesem Zeitpunkt lag das Thema KI zwar schon lange in der Luft, aber es fehlten die technologischen Voraussetzungen, um ihm Leben einzuhauchen. So blieb es zunächst ein Steckenpferd interessierter Wissenschaftler und bezüglich der Spracherkennung ein Geheimprojekt des US-Militärs. Vor allem die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) des Pentagons förderte in den 1980er Jahren die Entwicklung mit einem gigantischen Programm zur Erforschung und Nutzung militärischer KI.
Diese Behörde war maßgeblich an der Netzwerktechnologie, die dem Internet zugrunde liegt, beteiligt. Sie förderte Projekte in den Bereichen Verarbeitung natürlicher Sprache, lernfähige Systeme, Navigation, Maschinenlernen, neuronale Netzwerke und Bilderkennung.
Aktuell investiert die DARPA zwei Milliarden Dollar in die Grundlagenforschung zur „dritten Welle“ der KI. Die KI soll schneller lernen und anpassungsfähiger werden. Sie soll sich wechselnden Bedingungen anpassen können und flexibel reagieren können. Im Einzelnen geht es um diese Themen:
Entwicklung eines „gesunden Menschenverstands“ für die KI.
Reduktion des Datenhungers und der Trainingszeit.
Übertragung der KI in die naturwissenschaftliche Forschung.
Nachvollziehbarkeit von autonomen KI-Entscheidungen.
Konfigurierbare Chips anstelle von anwendungsspezifischen Schaltungen.
Flexible KI, die Veränderungen im Umfeld erkennen, beispielsweise im Gefecht, und flexibel darauf reagieren.
Gehirn-Computer-Schnittstellen.
Reduktion der Komplexität von KI-Algorithmen.
Photonik-Computer. Photonen statt Elektronen.
Biomimetische (von Insekten inspirierte) KI-Architekturen.
Schutz vor Hackerangriffen und Täuschung.
Empfänger des milliardenschweren Forschungsprogramms sind staatliche, universitäre und private Forschungsinstitute. Auch bei der „Dritten KI-Welle“ gilt das Prinzip der gleichzeitigen und parallelen Kommerzialisierung. Damit wird der militärisch-industrielle Komplex verfestigt. Und natürlich will man mit dieser Kooperation von Industrie und Militär die Vormacht der USA sichern.
Etwa 2010 kam mit der kommerziellen Wende und der Verbreitung des Internets Schwung in das Thema KI. Turboprozessoren, Power-Software und Impulse aus der Hirnforschung bewirkten einen nachhaltigen Push, zunächst in Form der weiter hinten vorgestellten Maschinenintelligenz. Zu ihr gesellte sich etwa ab 2015 das sogenannte Deep Learning.
KI findet ihren Platz in der Arbeitswelt und Wissenschaft, in Medizin und Militär, in Wirtschaft und Kommunikation. Heutige KI-Systeme verdoppeln am Moorschen Gesetz vorbeirauschend alle dreieinhalb Monate ihr Tempo. More than Moore. Wir bewegen uns in eine Zukunft, die uns unbekannte Bedingungen aufzwingt. KI verändert ohne Big-Bang-Effekt unauffällig die Gesellschaft. Im Kontext des Arbeitsmarktes wird sie den menschlichen Intellekt ausstechen, so wie es in der industriellen Revolution der Muskelkraft nach der Verbreitung der Dampfkraft erging.
Sicher ist, dass die KI unsere Lebensweise, Arbeitswelt und Gesellschaft durcheinanderwirbeln und einen Kulturbruch auslösen wird. Sie ist ein Wendepunkt der menschlichen Geschichte, so wie einst die Erfindung des Buchdrucks. Im „Leben 3.0“, so ein Buchtitel des MIT Forschers Max Tegmark, werden wir von intelligenten Geräten und Maschinen umgeben und mit diesen untrennbar verbunden sein. Man fragt mich häufig, welche Branchen von der KI durchdrungen werden. Statt einer Antwort nenne ich die Branchen, die keinen Beitrag leisten werden.
Die öffentliche Wahrnehmung und Meinung zur KI wird mehr und mehr durch Hollywood-Blockbuster geprägt als durch die Realität. Hollywood verfilmt leider nur die Schattenseiten der KI und ignoriert die Chancen. Wie auch immer, wir sind gezwungen viele unserer grundlegenden, fest in der Geschichte und vor allem im Industriezeitalter verwurzelten weltanschaulichen Ansichten und Praktiken zu überdenken oder zu tilgen. Umso wichtiger ist es, sich für dieses Thema zu interessieren.
Das zeigt auch eine 2020 von der bitkom zusammen mit der Robert Bosch GmbH gestarteten Umfrage unter 1.000 Deutschen, in der es um die Akzeptanz von KI ging. Über alle Bereiche hinweg bewerteten 53 Prozent den Einsatz von KI als positiv, während 36 Prozent eher negativ eingestellt waren. Technikvertraute Antwortgeber stehen der KI mit 81 Prozent interessiert gegenüber, technikferne nur zu 27 Prozent. Jeder fünfte glaubt, dass die KI eines Tages die Weltherrschaft übernehmen werde. Je älter die Befragten, umso düsterer das Zukunftsszenario. Aus solchen und ähnlichen Ergebnissen von Meinungsumfragen zur KI ergibt sich die Notwendigkeit, fehlerhafte Grundannahmen zurechtzurücken oder allzu waghalsige Behauptungen zur KI zu unterlassen. Um Aufmerksamkeit zu erlangen, versuchen pessimistische und optimistische Prognosen Fördermittel aus staatlichen und privaten Quellen zu schöpfen und tragen so eher zur Verwirrung als zur Aufklärung über das Thema KI bei. Marvin Minsky, ein bedeutender KI-Pionier, erklärte schon in den 1950er-Jahren, dass Maschinen in wenigen Jahren Shakespeare lesen können. Nobelpreisträger Herbert Simon prophezeite 1957, dass die Forschung weniger als zehn Jahre benötigt, bis ein Computer erstmals einen Schachweltmeister besiegt. Das dauerte dann doch noch 40 Jahre. So gegen 2045 stoßen uns megaintelligente Maschinenmenschen vom Sockel, wie es selbst ernstzunehmende KI-Forscher meinen, die aber eher einer Minderheit angehören. Bosch GmbH gestartete Umfrage unter 1.000 Deutschen, in der es um die Akzeptanz von KI ging.
Solche Übertreibungen nehmen mit dem Fortschreiten der KI immer mehr zu. Im Kapitel 16.18 wird am Beispiel angeblicher Sexualpräferenzen gezeigt, wie leichtfertig und voreilig „Forschungssensationen“ verkündet werden, die sich als Forschungsflops erweisen. Wunderlösung gibt es keine oder höchst selten.
Die Erfahrung zeigt, dass sich die Einführung von KI-Anwendungen trotz des Moorschen Gesetzes in der Breite langsamer vollzieht als in der Euphorie des vergangenen Jahrzehnts erwartet. Komplexität bremst den Prozess. Der Einsatz von KI wird deutlich überschätzt, so das Ergebnis einer Bitkom-Studie. Selbst wenn Elon Musk propagiert, ein künstliches Gehirn zu entwickeln, so wird das noch sehr, sehr lange dauern, die Millionen von Jahren umfassende Evolution unseres Kopfinhaltes künstlich zu verkürzen.
Mit der weiteren Entwicklung der KI nimmt unsere persönliche Verantwortung für die nutzenstiftende Wirkung KI-basierter Angebote zu. Je mehr wichtige Informationen nur einen Klick weit entfernt sind, desto weniger wird man uns verzeihen, wenn wir diesen Klick unterlassen und uns so selbst entmündigen. Die Welt ist heutzutage nur einen Klick von uns entfernt. Daraus folgt, dass unsere moralische Verantwortung für den Zustand unserer Welt zunimmt. Wir sind per Internet jederzeit und überall dabei, wenn der Welt die Balance verloren geht. Der Computer ist das Werkzeug, mit dem wir unseren Unmut ausdrücken und Gleichgesinnte finden können.
Träges Denken und fehlendes Handeln verschärfen unsere Probleme. KI darf uns die Geistesarbeit nicht abnehmen. Sie darf keine alleinigen Entscheidungen treffen, für die wir die Verantwortung tragen. Ansonsten droht uns die Algokratie, eine Gesellschaft, in der Algorithmen über unser Leben entscheiden. Wir haben allen Grund, uns vor einem Kontrollverlust infolge KI zu fürchten, soweit wir ihn überhaupt wahrnehmen. Es gibt zu viele Daten, von denen wir nicht wussten und wissen, dass es sie gibt und sie uns betreffen. Die Datafizierung der Welt stößt unsere gesellschaftliche Ordnung in eine Krise. Unsere Institutionen, überhaupt alle Menschen und unser ganzes Verständnis von Freiheit, sind vom Kontrollverlust bedroht. Droht uns die Algokratie, eine Gesellschaft, in der Algorithmen über unser Leben entscheiden? Wir haben allen Grund, uns vor einem Kontrollverlust infolge KI zu fürchten, soweit wir ihn überhaupt wahrnehmen. Es gibt zu viele Daten, von denen wir nicht wussten und wissen, dass es sie gibt und sie uns betreffen. Die Datafizierung der Welt stößt unsere gesellschaftliche Ordnung in eine Krise. Unsere Institutionen, überhaupt alle Menschen und unser ganzes Verständnis von Freiheit, sind vom Kontrollverlust bedroht.
Entwicklung der Künstlichen Intelligenz
Jahr(e)
Schritte, Meilensteine und Erfolge der KI-Genese
heute
Leistungsumfang von KI-Systemen Go und Poker gewinnen gegen Menschen Radiologische Bilder werden Ärzten gleichwertig analysiert Unklare Bilder vervollständigen sich automatisch KI-Software schreibt KI-Software und trainiert sich selbstständig Selbstständige Prognosen und Durchführung von Börsengeschäften Automatische Wissensaneignung für viele Zwecke. Das Internet of Things, 5G und später dann noch 6G sowie Quantencomputing sind die Game Changer
2015f.
Der KI-Fortschritt des Jahrzehnts zwischen 2010 und 2020 erklärt sich aus der Kombination einer riesigen Datenmenge mit gewaltiger Rechenpower. Dieser Prozess wird durch hocheffiziente Prozessoren und Grafikkarten befördert und beschleunigt. Dadurch Senkung von KI-Kosten und Beseitigung von Zutrittsbarrieren
2017
Alpha Go gewinnt gegen den weltbesten Go-Spieler
2011
KI (IBM Watson) gewinnt das Quiz-Spiel Jeopardy. Damit beweist Watson, dass es die natürliche Sprache versteht und auf schwierige Fragen Antworten geben kann.
2010er
Dank Deep Learning bedeutende Fortschritte in Sprachverarbeitung, Objekterkennung, Bioinformatik und Mustererkennung
2000er
Interessenszuwachs für Maschinelles Lernen und neuronale Netze
1996
IBM Deep Blue gewinnt gegen den Schachweltmeister Kasparow
1985/
Stagnation der Forschung wegen zu hoher Komplexität und zu langsamer Computer
1995
Computer; Forschung an Expertensystemen, dann aber keine Weiterarbeit
1980er
Boom der humanoiden Robotik in Japan
1970er
Scheitern neuronaler Netze infolge zu langsamer Computer
1950er
Theoretische Pionierarbeiter im Maschinellen Lernen. Begriffsprägung „KI“
1940er
Theorie der „Künstlich Neuronalen Netze“
Wissen ist Macht. Daten sind Wissen. Darüber besteht weltweite Einigkeit. Darum bauen Staaten Hochleistungsrechner, um Wissen zu generieren und zu verarbeiten. Sie versuchen an das vorhandene Wissen zu kommen, indem sie die Netzwerke und Datenbanken anderer Staaten digital hacken. Auch besteht Einigkeit, dass Daten das Gold oder auch das Öl unserer Epoche sind. Wer viel davon hat, hat Macht.
Das Phänomen des sogenannten Datengoldes wirft die Frage auf, ob und inwieweit Geld noch der geeignete Maßstab ist, die Bedeutung eines Staates oder des Handelsaustausches zu bewerten. Damit stellt sich auch die Frage, welche Gültigkeit die konventionelle Wirtschaftswissenschaft noch hat.
Die US-Regierung beklagt seit einigen Jahren die Ungleichheit der deutschamerikanischen Handelsbilanz. Diese Ungleichheit wird in Geld oder Prozenten ausgedrückt. Das aber gibt ein falsches Bild, denn das durch die Digitalisierung geschaffene und in die USA fließende Datengold fließt nicht in die Berechnungen, beziehungsweise die Statistik ein. Vereinfacht ausgedrückt: Wir nehmen die Leistung amerikanischer Anbieter von Digitalleistungen in Anspruch und bezahlen mit unseren Daten. Social-Media-Nutzer in der ganzen Welt füttern die Datenspeicher von Google, Facebook oder Amazon mit werthaltigen Informationen, die von diesen auf den Datenmärkten der Welt versilbert werden. Leider fehlt es an einheitlichen Berechnungsregeln für diese Art von Handel. Es ist schwer, die Grenze zwischen digitalen und realen Gütern sowie Dienstleistungen zu bestimmen. Ganz nebenbei stellt sich die Frage, wo bei den Digitalriesen die Wertschöpfung entsteht. Wenn man die in die USA fließenden Datenströme in Dollars ausdrücken könnte, würde sich das Handelsbilanzdefizit erheblich relativieren. Der am Massachusetts Institute of Technology (MIT) tätige Starökonom Erik Brynjolfsson plädiert daher für eine neue Messgröße, das „Bruttoinlandsprodukt-B“. Seine Begründung: Für „viele digitale Güter zahlen wir nicht direkt: Die Bedeutung von Facebook oder der Suchmaschine von Google wird nicht mitgezählt. Wir konsumieren den ganzen Tag digitale Güter, aber der gesamte Informationssektor hat heute laut Statistik noch den gleichen Anteil an der Wirtschaftskraft wie in den achtziger Jahren.“ Hier sind Anpassungen an die Berechnung der Handelsbilanz überfällig.2
Viele Seiten wären zu füllen, um die Segnungen der KI im Bereich der Medizin oder der Kriminalitäts- und Terrorismusbekämpfung zu beschreiben. Je mehr Daten über das Abschmelzen des Nordpoleises, über die Krebskrankheit oder das Abholzen des Regenwaldes generiert werden, umso eher sind gezielte Maßnahmen möglich. Aber auch in der Verkehrsflusslenkung, bei der Verbrechensbekämpfung, der Finanz- und Wirtschaftsprognose, der Sprachsteuerung und Textgenerierung am Smartphone, der Minimierung von Pestiziden oder der Entwicklung sich autonom bewegender Fahrzeuge leistet die KI Außerordentliches. Diesen Doppelcharakter der KI sollte man bei der Sorge und Kritik an ihr berücksichtigen. Der KI-Nutzen ist sehr groß.
Ein Messer ist in der Küche, im Metzgerladen, in der Werkstatt und an vielen anderen Orten ein nützliches Utensil. In den Händen eines Gewalttätigen wird es zur Waffe. Dieser Doppelcharakter von Sachen oder Sachverhalten gilt jederzeit und überall. Auch die KI ist nicht davon ausgenommen. Sie kann nutzen oder schaden. Man kann sie sogar zeitgleich zum Vorteil und zum Nachteil einsetzen. Es kommt auf den Kontext oder die Sichtweise an. Im Kontext der neuen Form des Kapitalismus, des „Informations-Kapitalismus“, wird Profit mit der Privatsphäre des Menschen erzeugt. Das ist ein Eingriff in seine Individualität und Souveränität, denn man will ihn zu einem bestimmten Verhalten veranlassen. Gern werden die KI-Risiken betont, vor allem ihre Fähigkeit zu autonomen Handlungen im Bereich der Robotik. Wer trägt die Verantwortung, die Maschine, der Mensch oder die Politik? KI ist mit einem Risiko behaftet, das der schwedische KI-Philosoph Nick Bostrom überspitzt auf den Punkt bringt: „KI wird unsere letzte Erfindung sein.“3 Niemand weiß, woran in den Laboren der Digitalsaurier in den USA und China geforscht wird und wie weit diese von einer „Superintelligenz“ noch entfernt sind. Maschinen werden sich von selbst verbessern, ohne dass wir verstehen, was dort geschieht. Facebook, Google & Co schnüffeln in unserem Privatleben und verkaufen die Daten an interessierte Unternehmen. Man fürchtet sich vor großen Arbeitsplatzverlusten. Superintelligente Roboter könnten die Weltherrschaft an sich reißen und uns Menschen versklaven. Hollywood produziert solche Horrorszenarien. Schrecken bringt Quote und lenkt von den Problemen der Gegenwart ab.
Die KI-Alarmisten mögen bedenken, dass es „die“ eine KI als solche nicht gibt, so wenig wie es „den“ Computer gibt. Hinter KI verbergen sich höchst unterschiedliche Verfahren, Technologien und Konzepte. KI ist ein Mix unterschiedlicher künstlicher Teil- bzw. Inselbegabungen. Jeder Ansatz bietet andere Möglichkeiten und eignet sich nur für spezielle Einsatzzwecke in Wirtschaft, Wissenschaft, Technik, Verwaltung, Politik und Gesundheitswesen, kann leistungssteigernd aber auch kombiniert angewendet werden.
1. Floridi, Luciano. Die 4. Revolution. Wie die Infosphäre unser Leben verändert. xyz 2020 : s.n. S. 19ff.
2. https://www.spiegel.de/wirtschaft/mit-professor-erik-brynjolfsson-ueber-kuenstlicheintelligenz-a-00000000-0002-0001-0000-000169240300
3. Grolle, Johann. Die Menschheit rast auf einen Abgrund zu. Der Spiegel, 27.2.2019.
2.1 KI-Push durch Speicher- und Rechenleistung
2.2 Die „Kluger Hans (Blend)Strategie“
2.3 Elementare Fähigkeiten der KI
2.4 Notwendige Begriffsklärungen
2.5 Was ist Intelligenz?
2.6 Was ist schwache KI?
2.7 Was ist starke KI?
2.8 Das meinen die Experten
2.9 Was ist maschinelle Intelligenz?
2.10 Wer ist intelligent: Maschine oder Algorithmus?
2.11 Quellen
40 Jahre lang erledigten Personal Computer klar strukturierte, berechenbare oder routinebehaftete Aufgaben, und das schneller und zuverlässiger als wir Menschen. Eingabe-Verarbeitung-Ausgabe (EVA-Prinzip) nannte sich der Vorgang. Word ersetzte die Sekretärin und Excel die Rechenmaschine. Wir speicherten unsere Daten auf Disketten, CDs und Festplatten. Die konkreten Aufgaben wurden aus den Köpfen der Programmierer in die Software oder den Rechner übertragen. Aber anspruchsvolle Tätigkeiten, etwas Bild- oder Gesichtserkennung, Spracheingabe, Übersetzungen und Prognosen, um nur wenige Beispiele zu nennen, waren mit der damaligen Technik nicht möglich. Die bis dato gebräuchlichen Algorithmen scheiterten an der unzureichenden Qualität der Daten, beispielsweise von Bildern oder Texten. Im Gegensatz dazu erkennt ein Mensch auch im Dunkeln seinen Nachbarn, kann eine unleserliche Handschrift entziffern und versteht trotz einer undeutlich ausgesprochenen Beschreibung, worum es dem Sprecher geht. Dabei hilft ihm die Künstliche Intelligenz. Wie macht sie das?
Bei der KI handelt es sich um Softwareprogramme, die menschliche Intelligenz nachahmen. Im engeren Sinne sprechen wir von KI, wenn ein IT-System wahrnehmen, verstehen, handeln und lernen kann, mithin menschliche Intelligenzleistungen vollbringt. Microsoft definiert KI als Technologien, die menschliche Fähigkeiten im Sehen, Hören, Analysieren, Entscheiden und Handeln ergänzen und stärken. KI-Programme geben keine vorprogrammierten Antworten, sondern erledigen Aufgaben, für die man normalerweisemenschliche Intelligenzbenötigt. Sie reagieren nicht starr nach dem Muster „ja“ oder „nein“, sondern können mit Unsicherheiten und Wahrscheinlichkeiten umgehen. In der Fähigkeit, die eigenen Berechnungen und die Anordnung ihrer Ergebnisse selbstständig zu verbessern, liegt der wesentliche Unterschied zwischen KI und klassischen IT-Systemen. Die Selbstkorrektur ist im KI-System eingebaut. Aus Erfahrung wird man klug, lautet ein geflügeltes Sprichwort, das auch hier zutrifft.
Die Leistungsfähigkeit von Computerintelligenz wurde 1996 mit dem Sieg des Programms Deep Blue (IBM) über den Schachweltmeister Gary Kasparow deutlich. Maschinenintelligenz besiegte einen Menschen. Bis dahin fristete die KI ein Schattendasein. Natürliche Sprache, Robotik und Sehen wurden außerhalb der KI erforscht. Experten bezeichnen die Zeit vor und nach 1980 als den jahrzehntelangen KI Winter“. Erst im „KI-Frühling“ mit dem mobilen Internet, den sozialen Medien und der sich verbreitenden Digitalisierung wurde es wärmer. Neue Technologien standen zur Verfügung, solche, die es erlaubten, Daten zu interpretieren und Handlungsanweisungen zu generieren. KI wurde durch zwei Dinge befeuert:
1. Exorbitante Steigerung der Rechenleistung der Prozessoren. Für Experten, die es genau wissen wollen: Das aktuelle Flaggschiff von AMD (Ryzen Threadripper 3970X) integriert 64 Kerne bei 2,9 GHz und 4,4 GHz Boosttakt. Dagegen ist der iPhone X-Prozessor mit nur sechs Kernen und 2,1 GHz eine lahme Ente.
Nach wie vor gilt das Mooresche Gesetz, nach dem sich die Rechenleistung eines Computers alle 18 Monate verdoppelt. Optimierte Computerarchitekturen, Quantencomputer und Mehrkernprozessoren weisen den Weg in Richtung „More than Moore“ zum Quadrat.
2. Exorbitante Speicherleistungen. Die Kombination von Rechenleistung und Speicherplatz ermöglicht es der KI, ihr Potenzial voll auszuspielen. Ansonsten würde sie „untertourig“ fahren und ihren „Motor“ schädigen. Die weltgrößte SSD-Festplatte (2018) hat Platz für 100 Terabytes. Das sind 1.024 Gigabytes oder 1.048.576 Megabytes.
KI (engl. Artificial Intelligence) ist ein Buzzword und für manche gar ein Magicword. Kapitalgeber öffnen ihre Ohren, wenn sie diesen Begriff hören. IT-Akteure nutzen die magische Aura des Begriffs, indem sie eine Software oder ein technisches Teil mit dem Label „KI“ versehen, obwohl deren Innenleben in puncto Intelligenz keiner IQ-Messung, wenn es eine solche gäbe, standhalten würde. Viele Geräte oder Programme, die den Aufdruck „intelligent“ tragen, sind mit normaler Software ausgestattet, die einfach nur ihre Routinen abarbeitet.
Anfang 2019 untersuchte eine englische Investmentgesellschaft 2830 Startups in Europa, die damit warben, dass KI Teil ihres Angebotes sei. 40 Prozent der Angebote hatten nichts mit KI zu tun. Für diese Art von KI-Blendwerk hat sich der Begriff „Kluger Hans Strategie“ eingebürgert. Der Kluge Hans war Anfang des 20. Jahrhunderts ein Hengst, der rechnen konnte. Er beantwortete per Hufklopfen die gestellten Aufgaben. In Wahrheit verriet der Pferdebesitzer mit seiner Körpersprache dem Hengst das Ergebnis, so das Résumé gründlicher Prüfung durch die Preußische Akademie der Wissenschaften.
Nicht viel anders sieht die Praxis vieler KI-Systemanbieter aus. Statt eines präzisen Lösungsnachweises nehmen sie den indirekten Weg zu einer Problemlösung indem sie den Kontext betrachten. Soll ein digitales System einen länglichen Gegenstand auf Wasser bestimmen schlussfolgert es automatisch „Schiff“, obwohl dieses als solches nicht eindeutig identifiziert wurde. Schiffe auf Land sind unüblich. Auch wenn das Ergebnis „Schiff“ zufällig richtig ist und Erstaunen hervorruft, gilt, dass die genutzte KI keinerlei Verständnis oder gar „Bewusstsein“ davon hat, was die Daten bedeuten und was der Kontext ist. Prof. Klaus-Robert Müller von der Technischen Universität Berlin schätzt, dass knapp die Hälfte aller KI-Systeme so vorgehen. Die Londoner Investmentfirma MMV Ventures bestätigt ihn. Sie will herausgefunden haben, dass bei rund 40 Prozent aller KI-Start-ups in Europa KI gar kein Teil des Geschäftsmodells ist. Mehr Schein als Sein.
Bei der KI handelt es sich um Softwareprogramme, die menschliche Intelligenz nachahmen. Im engeren Sinne sprechen wir von KI, wenn ein IT-System wahrnehmen, verstehen, handeln und lernen kann, mithin menschliche Intelligenzleistungen vollbringt. Microsoft definiert KI als Technologien, die menschliche Fähigkeiten im Sehen, Hören, Analysieren, Entscheiden und Handeln ergänzen und stärken. Solche Programme geben keine vorprogrammierten Antworten, sondern erledigen Aufgaben, für die man normalerweise menschliche Intelligenz benötigt. Ein Programm gilt dann als intelligent, wenn es die Fähigkeit hat, abstrakte Probleme zu lösen und zu lernen. Es reagiert nicht starr nach dem Muster „ja“ oder „nein“, sondern kann mit Unsicherheiten und Wahrscheinlichkeiten umgehen.
KI steckt in Gerätschaften, Anti-Spam-Software, Autos, Industrie-Robotern, Computern oder in Spielprogrammen, Suchmaschinen, und Navigationsgeräten sowie in allen Anwendungen, die etwas „erkennen“, so etwa Bild-, Sprach-, Schrift- und Gesichtserkennung.
Diese zwei Fähigkeiten sind für KI-Systeme wesentlich:1. Mustererkennung: Sie können abnormale Objekte, Gesichter, Ausdrucksformen, Sprache oder Abweichungen von normalen Mustern und Regeln erkennen. So erkennt ein Virenscanner ein merkwürdiges Muster in einer Banküberweisung und meldet Alarm.2. Prognose: Sie prognostizieren aus vorliegenden Informationen die Wahrscheinlichkeit für das Eintreffen zukünftiger Ereignisse, beispielsweise das Wetter oder Epidemien.
Aus diesen elementaren Fähigkeiten ergeben sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Nachfolgend diese Beispiele:
Industrie 4.0 ist mittlerweile ein bekannter Begriff. Hier ermöglicht KI den Betrieb von Industrierobotern und somit von Effizienzsteigerungen und Ressourcenschonung. Roboter lernen durch Zuschauen und Entscheiden selbstständig, welche Handgriffe die Besten sind.
In der Medizin ermöglichen Smartphone-Apps eine Selbstdiagnose. Die App greift auf medizinische Datenbanken zu. Klinikärzte werden bei der Tumorerkennung unterstützt.
Durch die Regulierung vom Stromangebot und Nachfrage in intelligenten Stromnetzen leistet die KI einen wichtigen Beitrag zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Das gilt im Kleinen auch für den eigenen Haushalt.
Smart City ist die KI-basierte Steuerung von Ampeln, Warnleitsystemen, Parkflächen, Müllcontainern und Straßenbeleuchtung.
Im Januar 2020 gab Google bekannt, mittels KI genauere Wetterprognosen als bisher abgeben zu können. Hierzu werden historische Messdaten genutzt, um Muster zu erkennen. Durch Training sollen ähnliche Muster in noch unbekannten Datensätzen wiedererkannt werden. Das ermöglicht eine Niederschlagsvoraussage für bis zu sechs Stunden im Voraus bei einer Genauigkeit von einem Kilometer und Latenzen zwischen fünf bis zehn Minuten. Selbst Supercomputer schafften das bisher nicht.
Das Auto der Zukunft ist ein KI-Konstrukt aus Plattform und Batterie mit aufgesetzter Karosserie. Es ist mit der Verkehrsinfrastruktur vernetzt und kann die Verkehrssituation in Sekundenbruchteilen bewerten und Empfehlungen an alle Verkehrsteilnehmer geben.
Viele Menschen haben ihren Körper mit Messgeräten verbunden, mit denen sie ihre Fitness überprüfen.
In der Fähigkeit, die eigenen Berechnungen und die Anordnung ihrer Ergebnisse selbstständig zu verbessern, liegt der wesentliche Unterschied zwischen KI und klassischen IT-Systemen. Die Selbstkorrektur ist im KI-System eingebaut. Aus Erfahrung wird man klug, lautet ein geflügeltes Sprichwort, das auch hier zutrifft.
KI-Einsatzbereiche
Autonom fahrende Autos und Schienenverkehrsfahrzeuge
Automatische Textergänzung (Fehlerkorrekturen, Texteinfügungen)
Plagiatserkennung
Klassische Stichwortsuche in Suchmaschinen
Chatbots (Siri, Alexa, Cortana)
Diagnoseinstrumente im Gesundheitsbereich
Steuerung und Optimierung von Infrastrukturen (Stromnetzte, Verkehrsfluss)
Bild- und Gesichtserkennung
Übersetzungen
Textanalyse nach Schlüsselwörtern
Wetter- und Klimavorhersagen
Präzisionsmedizin, Diagnose, Therapien und Medikamente
Betrugserkennung und Risikomanagement
Virtual Reality-Anwendungen
Auffinden unbekannter Zusammenhänge
Neues Wissen in vorhandenen Daten erkennen
Filme in Echtzeit editieren
Zeichen- beziehungsweise Texterkennung
Bilderkennung und -wiedergabe (Scannen)
Personifizierte Werbung
Navigationssysteme im Auto und auf dem Handy
Robotik und autonome Maschinen
Autonom fahrende Autos und Schienenverkehrsfahrzeuge
Automatische Textergänzung (Fehlerkorrekturen, Texteinfügungen)
Plagiatserkennung
Klassische Stichwortsuche in Suchmaschinen
Chatbots (Siri, Alexa, Cortana)
Diagnoseinstrumente im Gesundheitsbereich
Steuerung und Optimierung von Infrastrukturen (Stromnetzte, Verkehrsfluss)
In der Welt der KI werden Laien mit einer Flut an Neologismen, Akronymen, Fachausdrücken und Definitionen erschlagen. Weil es viele konzeptionelle, methodische und theoretische Ansätze gibt, blickt man auf ein unübersichtliches Feld. Für ein- und dieselbe Sache werden unterschiedliche Termini genutzt.
Zunächst gilt es festzuhalten, dass es sich bei KI um einen Sammelbeziehungsweise Oberbegriff handelt, der verwendet wird, wenn man sich außerhalb von Details bewegt. Er umfasst eine breite Palette von Methoden, Algorithmen, Software und Technologien. Wer sich durch die unzähligen Fachartikel wälzt, stößt auf Begriffe und Abkürzungen wie Maschinelles Lernen, Machine Learning, Machine Intelligence, Künstliche Neuronale Netze (KNN), Deep Learning, KI. Die nachstehende Abbildung verdeutlicht den Zusammenhang, beziehungsweise die Zusammengehörigkeit der Bereiche KI, Maschinelles Lernen und Deep Learning.
Der interessierte Laie wundert sich, warum der Begriff Lernen/Learning im Zusammenhang mit KI genutzt wird. Das hängt mit der Fähigkeit von KI-Algorithmen zusammen, aus vorhandenen Daten komplementäre Zusatzdaten zu generieren und selbstständig Lösungen zu finden. Googles PKW-Roboter ist einige Millionen Kilometer ohne Fremdeinwirkung gefahren und hat dabei seine zukünftigen Aufgaben selbstständig gelernt. KI wird nicht programmiert, sondern trainiert. Dieses Selbstlernen kann man mit dem Lernen einer Fremdsprache vergleichen. Zunächst ist es vernünftig, sich von einem Lehrer die Grundlagen beibringen zu lassen oder sich mit Hilfe eines Lehrprogramms die Grundlagen selbst beizubringen. Später dann reist der Schüler für längere Zeit in das Land seiner Sprachwahl und perfektioniert seine Sprachkenntnisse im täglichen Umgang mit den Einwohnern.
Wissenschaftler haben ihre Probleme mit dem Begriff Intelligenz. Sie ersetzen Intelligenz mit Kognition beziehungsweise kognitiver Leistungsfähigkeit. Aber so wenig wie über den Begriff Intelligenz Einvernehmen besteht, so sehr ist auch der Terminus Kognition strittig.
KI suggeriert, dass Maschinenintelligenz mit menschlichem Verstand vergleichbar sei. Das aber ist fraglich, denn wir wissen nicht, wie sich Intelligenz im Kopf eines Menschen realisiert. Wie kommt eine kluge Entscheidung zustande? Menschliche Kognition verläuft zumeist unbewusst. Maschinelle Intelligenz ist von anderen Materialien umhüllt als menschliche Hirnzellen. Wahrscheinlich bezeichnen wir etwas als intelligent, weil wir nicht wissen, wie es zustande gekommen ist. Das „Superhirn“ Watson (s. Kap. 10) arbeitet anders als das menschliche Gehirn, wiegt das Tausendfache, besteht aus anderen Materialien und hat ein technisches Aussehen. Kann man Intelligenz, wie sie in der Schädeldecke eines Menschen beheimatet ist, auf der Platine eines Computers entwickeln? Darf man das, was technisch möglich ist, als KI bezeichnen? Nein, denn intelligent geltende Systeme erbringen in der Regel nur eng umgrenzte Leistungen, beispielsweise Rasenmähen oder Übersetzungen. Im Gegensatz dazu können sich Menschen sehr schnell in ein neues Problem einbringen, zwei Dinge zeitgleich erledigen und sie wissen, wann es Zeit ist, aus einem Thema auszusteigen. KI-Systeme, wie Siri oder ein selbstfahrendes Auto, sind hochspezialisiert. Anders der Mensch: Er ist dank seiner Intelligenz ein eventueller Generalist und verfügt über die Fähigkeit zur Problemlösung, Entscheidungsfindung und zum abstrakten Denken.
Mittels Intelligenztest versucht man, die Intelligenz von Menschen genau zu bestimmen. Jedoch sind viele Aspekte menschlicher Intelligenz kaum zu konstruieren? Die Wissenschaft unterscheidet diese Ausprägungen menschlicher Intelligenz:
Sprachliche Intelligenz
Logisch-mathematische Intelligenz
Räumliche Intelligenz
Musikalische Intelligenz
Soziale Intelligenz
Künstlerische Intelligenz
Handlungsintelligenz
Jeder Mensch verfügt über unterschiedliche Anteile an diesen Intelligenzformen, ist etwa musisch, sprachbegabt oder logisch-mathematisch. Wie sähe der künstliche Mix aus? Welche Form der Intelligenz findet sich in Algorithmen? Die Antwort: Keine. Was muss ein System, ein selbstfahrendes Auto, ein Industrieroboter oder eine Software können, um sie als „intelligent“ zu bezeichnen? Sie muss das können, was ein Mensch kann.
KI ist ein Überbegriff für Systeme, die, ähnlich uns Menschen, selbstständig lernen, urteilen und Aufgaben »intelligent« ausführen. Sie ist ein Teilgebiet der Informatik. Dabei ist weder festgelegt, was »intelligent« bedeutet, noch welche Techniken zum Einsatz kommen.
Folgt man der von der Informatik eingeführten Klassifizierung, dann gibt es zwei Klassen von KI
die schwache und
die starke KI.
Erstere ist das, was wir haben und Letztere, was wir uns wünschen. Die Vertreter der schwachen Intelligenz sind der Meinung, dass der Computer nicht mehr leisten kann, als Denkprozesse mit Mitteln der Mathematik und der Informatik zu simulieren. Es handelt sich um kein Denken, das mit dem des Menschen vergleichbar wäre.
Schwache KI zielt auf die Lösung konkreter Anwendungsprobleme. Sie basiert auf Methoden, die ihr per Software implementiert wurden. Es geht um die Erfüllung klar definierter Aufgaben. Sie imitiert nur intelligentes Verhalten, indem sie vorgeschriebene Anwendungen, beispielsweise von A nach B zu navigieren, einen Text zu übersetzen oder Rechtschreibfehler automatisch zu korrigieren, ausführt. Im Grunde gehören alle Systeme, die künstlich intelligent arbeiten, zur schwachen Intelligenz. Sie sind starr in der Herangehensweise an Probleme, aber in der Lage, sich selbst zu optimieren. Schwach bedeutet aber keine eingeschränkte Einsatzmöglichkeit. Es handelt sich um spezialisierte Systeme, die innerhalb ihres klar umgrenzten Wirkungsrahmens zu Höchstleistungen fähig sind. Da es bis heute keine starke Intelligenz gibt, halte ich den Begriff „schwache Intelligenz“ für revisionsbedürftig.
Der Maler Pablo Picasso meinte, Computer seien dumm, denn sie könnten keine Fragen stellen. Menschen fragen: Wer bin ich? Was ist der Sinn meines Lebens? Was aber fragt der Maschinenmensch?
Picasso hat Recht mit seiner Aussage, denn KI-Systeme können (noch) nicht verallgemeinern und geben unsinnige Antworten, wenn die Frage außerhalb des programmierten Wissensgebietes liegt. KI erkennt zwar Muster oder Regelmäßigkeiten, verfügt aber über kein kognitives Verständnis. Darum kann kein Schachcomputer Go oder Mühle spielen. Die KI-Forschung beschränkt sich darum auf sehr enge und umgrenzte Wissensgebiete und versucht dann, diese Spezialgebiete zu verbinden.
Auch bei der Kreativität schneiden unsere hochintelligenten Maschinen schlecht ab. Innovationsimpulse sind nicht zu erwarten. Diese bleiben noch dem Menschen vorbehalten. KI bietet Vorschläge zu bekannten Problemen an und fragt dann den Menschen, ob das Ergebnis in seinem Sinne ist.
Wenn ja, wie steht es mit dem gesunden Menschenverstand? Wäre sie zu Empathie, Weisheit, Angst, Freude, Liebe, Selbsterkenntnis und Kreativität fähig? Wie reagiert KI auf ein Verkehrsschild „80 bei Nässe“? Ab wann gilt eine Straße als nass? Ein Roboter wird diese Frage kaum beantworten können, auch wenn er in Teilbereichen, etwa in der Mathematik, leistungsfähiger ist als der Mensch. Roboter imitieren Muster menschlichen Verhaltens, das aber ohne wirkliches Verständnis von der Sache.
An solchen Aussagen scheiden sich die Geister. Auf der einen Seite stehen Köpfe wie der US Physiker Neil Gershenfeld. Er meint: „Die KI hat ein Leib Seele Problem – weil ihr nämlich der Leib fehlt.“3 Die wahre Revolution stehe erst noch bevor. Diese werde entfesselt, wenn die Computer Körper bekämen. Somit sei starke KI mehr als in Algorithmen verpackte Mathematik. Auf der anderen Seite stehen ebenfalls sehr kluge Zeitgenossen. Sie betonen, dass es kein physikalisches Gesetz gäbe, das den Bau superintelligenter Maschinen, beziehungsweise Computer, solcher, die an den menschlichen Verstand heranreichen, verunmögliche. Der Astrophysiker und Wissenschaftsphilosoph Max Tegmark vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) meint, dass die Menschheit bislang nur einen kleinen Teil der von der Natur angebotenen Intelligenz nutzt.
Roboterforscher Luc Steels konstatiert Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz, aber „wir sollten den gegenwärtigen Stand der KI nicht überschätzen und nicht zu enthusiastisch von der Gegenwart in die Zukunft extrapolieren.“ Die humane Intelligenz wird der künstlichen noch jahrzehntelang weit überlegen sein.“4
Es gibt mittlerweile viele Systeme, die als künstlich intelligent gelten. Doch deren Einsatzzweck ist i.d.R. auf ein sehr begrenztes Gebiet beschränkt. Ein KI-Schachcomputer kann nur Schach und nicht Halma spielen. Aber der Schachcomputer ist dem Menschen zumeist überlegen. Das Ziel der KI-Forschung ist es aber, eine KI zu entwickeln, die, wie ein Mensch, ein allgemeines Verständnis besitzt und entsprechend anpassungsfähig ist. Hierzu nochmals der schon erwähnte MIT Forscher Tegmark: „Wenn wir Maschinen konstruieren, die schlauer sind als wir, dann gibt es keine Garantie dafür, dass wir die Kontrolle behalten werden.“5
Man denke in diesem Zusammenhang an Killer-Roboter. Oder man wage zu träumen, dass KI zur Lösung der dringendsten Menschheitsprobleme genutzt wird. Zumindest im Traum würde die Welt mehr Glanz bekommen. Die Apologeten der starken Intelligenz argumentieren, dass Computer sehr wohl in der Lage seien, selbstständig zu denken. Mensch und Computer bestehen letztendlich aus Hardware. Würde man den Computer mit Materialien ausstatten, die dem menschlichen Hirn entsprächen, wäre ein denkender Computer vorstellbar, zumindest theoretisch. Für den MIT-Forscher Max Tegmark ist Intelligenz eine bestimmte Art der Informationsverarbeitung. Der deutsche KI-Star Jürgen Schmidhuber ist überzeugt, dass die KI in den nächsten Jahrzehnten intelligenter sein wird als wir Menschen. Sich selbst replizierende KI-Systeme werden sich, nur von der Lichtgeschwindigkeit begrenzt, im Universum ausbreiten (s. Kap. 14.2: Uneinige Experten). Apple-Legende Steve Wozniak antwortet auf die Frage, ob irgendwann denkende Maschinen möglich seien: „Nein, ich glaube nicht… Aber nur weil man manche Merkmale nachbauen kann, hat man noch kein funktionierendes Gehirn geschaffen.“6
Viele der Anhänger starker Intelligenz kann man dem Transhumanismus zuordnen. Hierbei handelt es sich um Utopisten mit esoterischem Einschlag. Sie propagieren, menschliches Bewusstsein eines Tages auf Roboter übertragen zu können. Mensch und Maschine bildeten dann die nächste Stufe der Evolution. Mehr hierzu in Kap. 14: Droht uns die Herrschaft der Roboter?
Die Wissenschaft hält dem entgegen: Starke KI, auch als Superintelligenz bezeichnet, sei nur dann gegeben, wenn sie über die intellektuellen Fähigkeiten eines Menschen verfüge oder diese gar übertreffe. Gäbe es sie, dann würde sie nicht ausschließlich reaktiv gemäß der ihr einverleibten Programmregeln reagieren, sondern initiativ, kreativ und flexibel.
Auf dem heutigen Stand kann KI keine Gefühle wie Hass oder Liebe erzeugen und verarbeiten können. Der Computer ist nicht in der Lage, das Gelernte in ein größeres Ganzes einzufügen, so wie wir Menschen es unablässig tun. KI-Systeme sind nicht viel klüger als ein Kugelschreiber. Wir befinden uns noch im Stadium der schwachen Künstlichen Intelligenz von einer starken KI noch Lichtjahre entfernt. Im Moment sehen wir nur die Spitze des „Intelligenz Eisberges“.7
Voraussagen über ein Heraufdämmern menschenähnlicher Intelligenz sind Spekulation. Noch beschränken sich die Einsatzzwecke KI auf sehr enge Gebiete. Hier sind die Systeme dem Menschen weit überlegen. Das Ziel der KI-Forschung ist es aber, eine KI auf dem Niveau des Menschen zu entwickeln, eine, die ein allgemeines Verständnis besitzt und entsprechend anpassungsfähig ist. Vorerst jedoch muss die in der Natur verborgen liegende Intelligenz freigesetzt und nutzbar gemacht werden, meint der Wissenschaftsphilosoph Max Tegmark.
Maschinelles Lernen ist die Schlüsseltechnologie der Künstlichen Intelligenz. Sie ist neben Deep Learning ein Teilbereich der Künstlichen Intelligenz. Ihr Zweck und Ziel ist es, Maschinen zu befähigen, Aufgaben „intelligent“ auszuführen. Unter Nutzung vorhandener Daten und Algorithmen versetzt sie Systeme in die Lage, Muster, Regelmäßigkeiten, Wiederholungen, Ähnlichkeiten und Gesetzmäßigkeiten in einer großen Menge von Daten, sozusagen im Datenwirrwarr, zu erkennen sowie Lösungen zu entwickeln.
Ein Beispiel zum besseren Verständnis: Bei Amazon und anderen Onlinehändlern werden die Rechner mit den verfügbaren Daten aller Kunden „gefüttert“. Daraus werden der Kundentyp, sein Kaufverhalten und seine Interessen erkundet. Dieses Wissen fließt in die Marktstrategie ein, ermöglicht Voraussagen über zukünftige Kaufentscheidungen und wird personifizierten Angeboten zugrunde gelegt.
Solche Muster, Regelmäßigkeiten und Ähnlichkeiten lassen Schlussfolgerungen zu, die aufgrund der enormen Datenmenge mit rein logischem Denken nicht möglich wären. Maschinenintelligenz verzichtet auf Logik und arbeitet stattdessen nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“. Mittels statistischer Analyse der Zusammenhänge wird Unpassendes aussortiert oder Passendes integriert. Von der zugrundeliegenden Logik weiß der Computer nichts. Aus Big Data wird Smart Data.
Immer wenn Sachverhalte zu komplex sind, um sie analytisch zu beschreiben oder Berechnungsvorschriften zu kreieren, bietet sich Maschinelles Lernen an, vorausgesetzt, es sind genügend Beispieldaten, diese richtig erkennen, um beispielsweise Briefe in einem automatischen Verteilsystem korrekt zuzuordnen, müssten alle Ziffern in allen denkbaren Varianten programmtechnisch beschrieben werden. Stattdessen werden diverse Schriftvarianten, hier am Beispiel einer „7“, dem Rechner zur Verfügung gestellt, der aus den vielen Beispielen einen Lernalgorithmus generiert, der die „7“ in ihren vielfältigen Formen erkennt.8 Es wird künstliches Wissen aus Erfahrungen generiert (s. Abbildung auf Folgeseite).
Hier noch ein ergänzendes Beispiel: Man weiß, dass eine schlecht verpackte Weinflasche mit großer Wahrscheinlichkeit zerbricht. Sie wollen eine solche versenden, wissen aber nicht, wie dick das Glas dieser Flasche ist. In Ihrem Gehirn sind negative Erfahrungen gespeichert. Es signalisiert Ihnen die Botschaft „verpacke sie gut“ und liefert einen Verpackungsvorschlag gleich mit. Ähnlich funktioniert das maschinelle Lernen.
Wenn Anwendungen neuen Daten ausgesetzt werden, lernen, wachsen, ändern und entwickeln sie sich von selbst. Der maschinelle Lernprozess beginnt mit der Eingabe von Trainingsdaten, die der entwickelte Algorithmus verarbeiten muss.
Im Prinzip orientiert sich die Funktionsweise des maschinellen Lernens am menschlichen Lernen. Ein Mensch lernt durch das Differenzieren und Wiederholen von Tätigkeiten. So trägt das wiederholte Zeigen von Objekten dazu bei, diese zu unterscheiden. Maschinelles Lernen verfolgt einen vergleichbaren Ansatz. Dem Laien fällt es schwer, die Begriffe KI und Maschinenintelligenz zuzuordnen, denn umgangssprachlich wird vorzugsweise von KI gesprochen, obwohl es sich genau genommen um Machine Learning handelt. In den USA spricht man eher von „Artificial Intelligence“.
© Mit frdl. Genehmigung: LeCunn, Y., Cortes, C., Burgers, C. (2015):5The MINIST Databasehandwritendi gits. http://github.com/ShinAsakawa/2015corona/blob/master/MINIST%20handwriten%20digit%database,20%Yann%20%LeCunn,20%Corinna20%Cortes%hand%20Chris%20Borges.pdf
In Deutschland mit seiner starken Ingenieurstradition hat sich der Begriff Machine Learning verbreitet, zumindest unter Fachleuten. Er passt besser für die vielen mit KI etikettierten Fälle. Aber KI klingt interessanter als Maschinenlernen, zumal letzteres Assoziationen von Schrauben und Öl bewirkt. Infolgedessen nehmen Verwirrung und Unklarheit der Begriffe zu. Ginni Rometty, Vorstandsvorsitzende von IBM, schlägt den daher Begriff „künftige Informatik“ vor. Sie meint, dass es bei der KI eigentlich nicht um Maschinen geht, sondern um die Erhöhung der menschlichen Intelligenz.
Für den digitalen Nichtfachmann ist es wichtig zu wissen, dass nicht die Maschine als solche intelligent ist, sondern die sie steuernde Software. Hierbei handelt es sich um Algorithmen, die aus „Erfahrung“ lernen. Der Mensch setzt der KI nur den Rahmen. So wie der Mensch können lernfähige Maschinen ihre eigenen Betriebserfahrungen speichern, aus einer großen Zahl von Beispielsfällen lernen, Daten verknüpfen, Zusammenhänge und Entwicklungen erkennen, Rückschlüsse ziehen und daraus Regeln ableiten oder auch zu erwartenden Situationen voraussagen. Innerhalb eines definierten Rahmens dürfen die Algorithmen eigene Entscheidungen treffen. Das gilt entsprechend auch bei festgestellten Fehlern. Man könnte fast meinen, dass Machine Learning-Algorithmen motiviert handeln.
Der Begriff Maschinelles Lernen beziehungsweise Maschinelle Intelligenz lässt den falschen Eindruck entstehen, dass sich diese Form technischer Intelligenz auf physische Geräte und IT-Systeme beschränkt. Sie befindet sich in allerlei digitalen Anwendungen in IT-Systemen, beispielsweise in Bots, Robo-Playern oder in roboterisierten Journalisten.
Ein KI-Lernprozess setzt eine ausreichende Datenversorgung voraus. Stellen Sie sich vor, eine Software wird auf das Erkennen von PKWs trainiert. Zu diesem Zweck wird sie mit vielen Autobildern gefüttert und ihr mitgeteilt, dass es sich um Autos handelt. Parallel dazu werden Bilddaten eingespeist, die nichts mit Autos zu tun haben. Auch das teilt der Programmierer dem Computer mit. So lernt der Algorithmus den Unterschied zwischen Auto und Nicht-Auto.
Maschinenintelligenz lernt mittels mathematischer Regeln und aus verfügbaren Daten. Zu diesem Zweck werden relevante Big-Data-Halden durchforstet. Im Idealfall erzeugt ein ML-System einen Teil der Daten aus sich selbst heraus. In diesem Prozess lernt es immer wieder neu, Prognosen abzugeben und Entscheidungen zu fällen. Aber es ist in seiner Dynamik eingeschränkt, da der Verarbeitungsprozess auf vordefinierten Algorithmen beruht, die nur wenige Variablen zulassen.
1. Grolle, Johann. Die Menschheit rast auf einen Abgrund zu. Der Spiegel. 2019.
2. Schnabel, Ulrich. Was macht uns zukünftig noch einzigartig? Die Zeit, 14/2018. 2018. 5. https://vrodo.de/kiderlangewegzurstarkenkuenstlichenintelligenz.
3. Alles beginnt mit Profit, später zählt nur noch der Profit. Der Spiegel. 2018.
4. KI was Deutschland besser machen muss. manager magazin. 12.10.2018.
5. LeCunn, Y., Cortes, C., Burgers, C. (2015): The MINIST Database of handwritendigits. http://github.com/ShinAsakawa/2015corona/blob/master/MINIST%20handwriten%20digit%database,20%Yann%20%LeCunn,20%Corinna20%Cortes%hand%20Chris%20Borges.pdf., 2015.
3.1 Blick in den neuronalen KI-Maschinenraum
3.2 Intelligenz-TÜV mit dem Turing-Test
Beim Deep Learning handelt es sich um einen Zweig des maschinellen Lernens, um einen mit großer Wirkung. Es ist die treibende Kraft hinter dem KI-Hype seit 2016 und kann im Kontext von überwachtem als auch unüberwachtem Lernen genutzt werden (vgl Kap. 5). Da sich Deep Learning auf künstliche neuronale Netze stützt, gelangt es zu außerordentlichen Lernerfolgen. Hier geht der Algorithmus tiefer in seine Aufgabe als beim maschinellen Lernen. Er lernt über die verfügbaren Daten hinaus. Die Algorithmen erkennen Strukturen, können diese evaluieren und sich in mehreren vorwärts wie rückwärts gerichteten Durchläufen selbstständig verbessern. Die aufeinanderfolgenden Durchgänge nutzen jeweils die vorherigen, so dass es einen kontinuierlichen Lernprozess gibt. Dabei verwendet der Algorithmus mehrere Knotenebenen parallel und sichert so seine Entscheidungen ab.
Es wird vor allem zur Sprachverarbeitung und zur Erkennung von Objekten in Bildern verwendet. Hier geht der Algorithmus tiefer in seine Aufgabe als beim maschinellen Lernen. Er lernt über die verfügbaren Daten hinaus. Die Algorithmen erkennen Strukturen, können diese evaluieren und sich in mehreren vorwärts wie rückwärts gerichteten Durchläufen selbstständig verbessern. Die aufeinanderfolgenden Durchgänge nutzen jeweils die vorherigen, so dass es einen kontinuierlichen Lernprozess gibt. Dabei verwendet der Algorithmus mehrere Knotenebenen parallel und sichert so seine Entscheidungen ab.
Künstliche neuronale Netze orientieren sich an der Denkweise von Menschen, indem sie die Informationsverarbeitung und -speicherung dem Vorgang im menschlichen Gehirn nachbilden. Dieses dient als Inspiration für künstliche neuronale Netze. Diese lösten den großen KI-Technologiesprung der Jahre nach 2000 aus. Sie simulieren menschliche Gehirnfunktionen und machen astronomisch große Datenmengen handhabbar.
Jedoch sind sie keine bloße Nachbildung natürlicher neuronaler Netze, denn es handelt sich um abstrahierte Modelle miteinander verbundener Neuronen. Diese nehmen Informationen aus der Umwelt oder von anderen Neuronen auf und leiten sie an andere Units oder die Umwelt in modifizierter Form weiter.
Die nachstehende Abbildung eines kleinen Ausschnitts des neuronalen Netzes im menschlichen Gehirn zeigt, wie man sich dieses Netz vorzustellen hat. Es sind Neuronen abgebildet, die über Nervenstränge und über Verknüpfungsknoten (Synapsen) mit anderen Neuronen verbunden sind, pro Zelle mehrere Tausend. Wenn Sie etwas sehen oder hören, durchfließt diese Information das Netzwerk im Gehirn, wird in zwei tausendstel Sekunden von Neuron zu Neuron weitergereicht, auf spezifische Merkmale wie Farben, Kurven, Linien u.ä. untersucht, identifiziert und schließlich freigegeben. Dieser Vorgang wird mit künstlichen neuronalen Netzen und Algorithmen im Rechner nachgebildet.
© Niklas Hippel, https://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/de/
Es wird viel behauptet, die neuronale Variante des KI sei dem menschlichen Gehirn nachempfunden. Das ist nur zu einem Bruchteil wahr. Es gibt wesentliche Unterschiede. Bei der künstlichen Intelligenz werden alle Operationen Schicht für Schicht sequentiell step for step abgearbeitet. Das System wird von außen durch Impulse angetrieben. Jede Aktivität eines Neurons wird direkt oder indirekt von anderen Neuronen verursacht. Diese wirken als Zwischenschritte von den Eingangsdaten hin zur Ausgabe.
Die Neuronen im menschlichen Gehirn sind ständig aktiv, selbst dann, wenn äußere Impulse fehlen. Das Netzwerk im Kopf eines Menschen ist inputgetrieben. Die Neuronen befinden sich in ständiger Wechselwirkung und erzeugen so eine kontinuierliche Dynamik, auch wenn es keine Reize von außen gibt. Dem Deep-Learning Prozess der KI liegt eine vorwärtsgerichtete Architektur zugrunde. Die Neuronen schicken ihre Werte bzw. Impulse, wenn diese stak genug sind, an die nächste Schicht (Hidden Layer) weiter, nicht aber an die Nachbarn derselben Schicht und erst recht nicht zurück an die vorhergehende Schicht. Das aber leisten rekurrente Netzwerke, bei denen sich Informationen in alle Richtungen bewegen. Unser Gehirn ist geprägt von solchen rekurrenten Verbindungen.
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass ein neuronales KI-Netz nur die abstrahierte Vorstellung des biologischen Geflechts in unserem Kopf ist. Künstliche Neuronen sind mathematische Operationen auf einer Siliziumplatte, die auf einer Summe von Eingangswerten beruhen. Anders das biologische Neuron, das chemische Signale an seinen Synapsen empfängt.
Noch ist es) schlichtweg unmöglich ist, Milliarden von Neuronen auf einer elektronischen Leiterplatte nachzubauen. KI ist ein in Software verpacktes Konstrukt. Nervenzellen werden, zusammen mit ihren Knoten, nur simuliert. Diese Knoten befinden sich auf Schichten, fachsprachlich „Hidden Layers“, die weiter hinten erklärt werden. Alle KI-Systeme beruhen im Wesentlichen auf einem solchen System von Knotenpunkten, die miteinander verbunden sind.
Mikrochip und Algorithmen sind zwar bewundernswerte Artefakte, kommen aber in ihrer Leistungsfähigkeit nicht an das Hirn heran. Von Bewusstsein und Gefühlen versteht die KI nichts. Dafür sind Milliarden von Verknüpfungen der Nervenzellen ursächlich, wahrscheinlich ohne, dass binäre Nullen und Einser passend angeordnet sind. Diese Verknüpfung ermöglicht es den Nervenzellen Signale von anderen Neuronen zu empfangen und weiterzuleiten.
Die folgende Abbildung zeigt, wie Sie sich ein neuronales KI-Netzwerk mit sechs Zwischenschichten und maximal sieben Knoten vorstellen können. In den Knoten steckt ein Aktivierungsmechanismus, der darüber entscheidet, ob und mit welcher Intensität die Knoten Signale weiterleiteten. Sie sehen, dass jeder Knoten mit allen Knoten der direkten vor und nachgelagerten Schicht verbunden ist.
Input Layer
Output Layer
Die Neuronen der jeweils nachfolgenden, beziehungsweise tieferen Schichten, erhalten ihren Inputimpuls ausschließlich von den Neuronen aus den höheren Schichten. Das sind die den Inputschichten zugewandten Schichten. Leider bleibt der Einblick in die verschiedenen Ebenen des Systems verborgen, weshalb man auch von einer Blackbox spricht (s. Kap. 5.10). Die abgebildete Grafik ist aber nur ein gedankliches Modell eines künstlichen neuronalen Netzwerkes. Im Gehirn eines Menschen sind es 86 Milliarden Neuronen bei einer Gesamtlänge von 5,8 Kilometern und 100 Billionen Synapsen. Jede Nervenzelle ist mit 1000 anderen verbunden. Das lässt sich nicht grafisch abbilden und erst nicht programmieren. Aber immerhin, die Konstrukteure künstlich-neuronaler Netzwerke bei Google& Co schafften es, bis zu einhundertfünfzig Hidden Layers (2019) zwischen der Eingabe- und der Ausgabeschicht zu trainieren und so die Leistungsfähigkeit von künstlichen neuronalen Netzwerken enorm zu steigern. Es gilt: Je mehr Schichten, umso höher die KI. Wichtig ist jedoch, dass die Schichten trainiert wurden, also befüllt sind.
Der Signalfluss im Netzwerk setzt voraus, dass die Eingabesignale, beziehungsweise die elektrische Stimulation von einem Neuron/Knoten zum nächsten stark genug waren. Nur dann nimmt das nachfolgende Neuron das Signal an und leitet es zum nächsten weiter. So funktioniert das auch im Kopf eines Menschen. Die Neuronen „feuern“ Signale, wenn ein definierter Pegel erreicht wurde.
Ob ein KI-System als intelligent gilt, entscheidet nicht der Eindruck, sondern eine Art „Intelligenz TÜV“ mit dem Namen „Turing Test“. Der Entwickler, Alan Turing (1912 bis 1954), war ein begnadeter Mathematiker und Kryptologe, dem es im zweiten Weltkrieg gelang, den Geheimcode der deutschen U-Boot-Flotte zu knacken. Das ist der Testablauf:
Eine Person unterhält sich per Chat-Programm über einen Bildschirm und einer Tastatur ohne Sicht- und Hörkontakt mit zwei ihr unbekannten Gesprächspartnern. Der eine (A) ist ein Mensch, der andere (B) eine Maschine. Mensch und Maschine versuchen die Testperson (C) zu überzeugen, dass sie normale Menschen sind. Nun soll der Tester bestimmen, welcher Gesprächspartner ein wirklicher Mensch und wer die Maschine ist. Wenn C das nicht kann, hat die Maschine den Turing-Test bestanden und gilt als intelligent. Bis heute konnte kein Mensch gegen die Maschine bestehen, und dass trotz eines Preisgeldes von 100.000 Dollar.
4.1 Formeln, die „Sprache“ der Algorithmen
4.2 Algorithmus 1: Entscheidungsbaum
4.3 Algorithmus 2: Regressionsanalyse
4.4 Algorithmus 3: Support Vector Machine (SVM)
4.5 Daten, der Rohstoff für Algorithmen
4.6 Quellen
Häufig werden Umfrageergebnisse veröffentlicht, aus denen die Sorgen und Ängste der Menschen vor der Künstlichen Intelligenz hervorgehen. Im Mai 2018 gab die Bertelsmann-Stiftung in einer Studie bekannt, dass zwar drei Viertel der Menschen den Begriff Algorithmen schon einmal gehört haben, aber nur jeder Zehnte erklären kann, was sich dahinter verbirgt. Sie befürchten, manipuliert zu werden.
Andererseits gibt es Untersuchungen, die Gegenteiliges berichten, so die „Artificial Intelligence Trendstudie 2021“ der privaten Internationalen Hochschule Erfurt. Die Autoren, zwei KI-Experten, schreiben: „Die große Überraschung ist die positive Einstellung zu KI bei den Mitarbeitern ohne Führungsfunktion“1. Sie resümieren, dass die Angst der Beschäftigten vor dem KI-Einsatz im beruflichen Alltag bislang überschätzt worden sei.
Das Thema Algorithmen wird für den Laien „unheimlich“, wenn die Anleitung dessen, was getan werden soll, in eine zum Computersystem passende Formel gegossen wird. Das Ergebnis ist eine Art Übersetzung der normalsprachlich verständlichen Handlungsanweisung in die spezielle Programmsprache des Computers. Die vielen Kürzel, Zeichen, Begriffe und Zahlen verstehen nur Experten. Um dem Laien eine Vorstellung zu geben, ist nachstehend ein einfacher Algorithmus in „Computersprache“ dargestellt. Manche KI-Programme umfassen Millionen solcher Zeilen. Dabei ist aber zu bedenken, dass die Mehrheit für Trivialitäten wie Grafiken, Formulare oder Oberflächenthemen auf dem Bildschirm verwendet werden.
Jede Software basiert auf Algorithmen, die aber nicht zwangsläufig intelligent sein müssen. Sie arbeiten in der Schrittfolge „ja“ oder „nein“, beziehungsweise „wenn – dann“, so wie es vom Programm vorgegeben wird. Ein Algorithmus wird erst dann zur Künstlichen Intelligenz, wenn er ohne Programmvorgabe menschliche Denk- und Handlungsweisen imitiert.
Beispiel für einen formelhaften Algorithmus (Regressionsbaum)
Es gibt eine große Menge an Algorithmen, die je nach Problemstellung nutzbar sind. Um keine fachsprachlichen Irritationen zu bewirken, wird hier ganz grob von Suchalgorithmen und Lernalgorithmen gesprochen. Suchalgorithmen