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Glamour, Intrigen und Leidenschaft in Hollywood
Aria Rose weiß es besser, als einem weiteren Hollywood-Frauenschwarm mit eindeutigem Ruf zu vertrauen. Zudem ist er ihr Boss, und als Schauspielerin muss sie professionell bleiben. Sie sollte sich von dem CEO der Filmproduktionsfirma fernhalten, aber der gut aussehende Ben verspricht ihr alles, wovon sie je geträumt hat: die Welt, sogar sein Herz - und riskiert dabei seinen Schwur, nie wieder eine Frau so nah an sich heranzulassen. Doch dann zerstört er alles ...
"Prickelnd, romantisch und soo unterhaltsam!" LAUREN BLAKELY, NEW-YORK-TIMES-BESTSELLER-Autorin
Auftakt der L.A. LOVE-Reihe von Bestseller-Autorin Sarah Robinson
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Seitenzahl: 323
Titel
Zu diesem Buch
Widmung
Prolog
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Epilog
Danksagung
Die Autorin
Die Romane von Sarah Robinson bei LYX
Leseprobe
Impressum
SARAH ROBINSON
L. A. Love
CAN’T STAY AWAY
Roman
Ins Deutsche übertragen von Silvia Gleißner
Aria Rose weiß es besser, als einem weiteren Hollywood-Frauenschwarm mit eindeutigem Ruf zu vertrauen. Zudem ist er ihr Boss, und als Schauspielerin muss sie professionell bleiben. Sie sollte sich von dem CEO der Filmproduktionsfirma fernhalten, aber der gut aussehende Ben verspricht ihr alles, wovon sie je geträumt hat: die Welt, sogar sein Herz – und riskiert dabei seinen Schwur, nie wieder eine Frau so nah an sich heranzulassen. Doch dann zerstört er alles …
Für jede Frau, die als Schlampe bezeichnet wurde, während man ihren Liebhaber beglückwünschte.
Aria wurde abrupt wach und blickte sich in dem dunklen Schlafzimmer um. Als ihre Sinne sich langsam an die Dunkelheit gewöhnten, suchte sie nach dem, was sie aufgeschreckt hatte. Ihr Handy auf dem Nachttisch vibrierte, und das Display leuchtete so hell, dass es ein quadratisches Licht an die Zimmerdecke über ihr warf.
Gähnend griff Aria nach dem Handy. Sie warf einen Blick auf den Mann neben ihr im Bett, und ihr Herz füllte sich mit Wärme beim Anblick seiner schlafenden Gestalt.
Als sie sich schließlich auf ihr Handy konzentrierte, sah sie, dass sie Dutzende verpasster Textnachrichten, Anrufe und Mails hatte.
»Was ist denn los?«, flüsterte sie und setzte sich auf.
Aria, bist du wach? WACH AUF, SOFORT.
Schalte keine Nachrichten ein. Wir müssen reden. 9-1-1.
Bist das du auf E! News? Hast du das genehmigt?
OMG, ARIA! WAS SOLL DAS?
Was hast du getan?!?! Das ist beruflicher Selbstmord!
Arias Herz begann zu rasen, und Panik rauschte durch jede Körperzelle, als sie schnell auf einen Link zu einer Website klickte, den ihre beste Freundin geschickt hatte. Ein Foto poppte auf, und dann noch eins, und noch eins und noch eins, und Aria wusste genau, was sie da sah.
Sich selbst.
Nackt.
Aria konnte kaum atmen. Sie zitterte, als sie die sozialen Medien und Promi-News-Seiten durchsuchte. Die Fotos waren überall. Sie war überall. Ihre Brüste, ihr Körper, ihr Liebesleben – in aller Öffentlichkeit, und die ganze Welt konnte es sehen.
Es wäre schon schlimm genug gewesen, wenn es sich nur um Fotos gehandelt hätte, auf denen sie posierte, aber diese Bilder hier waren pornografisch. Sie zeigten sie in ihren intimsten Augenblicken mit einem Mann, den sie …
Ein Schluchzen blieb in ihrer Kehle stecken. Hat er das getan?
Sie blickte zu dem Mann hinüber, der immer noch neben ihr schlief, und Angst erfasste ihr Herz.
Das konnte nicht sein.
Zwei Monate zuvor
»Warten Sie, bis Sie unsere Hauptdarstellerin sehen.« In den Augen des stämmigen Produzenten glitzerte Aufregung, als er redete. Er hob ein Sandwich an die Lippen, biss ab und fuhr mit vollem Mund fort. »Bisher hatte sie nur kleine Rollen, aber sie ist der aufgehende Stern. Kein Zweifel. Aria Rose wird kommende Oscar-Saison die Welt im Sturm erobern.«
Ben antwortete nicht. Er war zu abgelenkt damit, dem Produzenten dabei zuzusehen, wie der probierte, einen Klecks Mayonnaise von seiner Krawatte zu wischen. Arthur Atwood war ein großer Mann, der seinen kahl werdenden Kopf unordentlich zu überkämmen versuchte und einen schlecht sitzenden Anzug trug, für den er sich absichtlich entschieden haben musste, denn Ben wusste, dass Arthur ganz ordentlich verdiente.
Leckt er gerade wirklich seine Krawatte ab?
Der Mann, der seine neue rechte Hand war, versuchte tatsächlich, Mayonnaise mit der Zunge von der Krawatte zu entfernen. Kein gutes Zeichen. Ben machte sich eine Notiz im Hinterkopf, Arthur nie wieder nach einem Treffen zum Mittagessen an seinem Schreibtisch zu fragen.
»Mist, das Zeug sitzt aber tief drin«, brummelte Arthur in seinem kräftigen englischen Akzent vor sich hin, ließ die Krawatte los und klatschte die Hände auf die Knie. »In Ordnung. Genug davon. Bereit für eine Tour durch das Studio?«
»Absolut«, antwortete Ben, zerknüllte das Pergamentpapier seines eigenen Sandwiches und warf es in den Papierkorb unter dem Schreibtisch. Dann stand er auf, rollte die Schultern und dehnte die Nackenmuskeln.
Sie hatten den Morgen mit einer Tour durch die vielen Firmenbüros der Shepherd Film Studios verbracht, wo Ben in zwei Wochen offiziell als neuer CEO anfangen würde. Er hatte zugestimmt, am Freitag in die Firma zu kommen, um sich alles zeigen zu lassen und die Crew am letzten Drehtag zu treffen – aber der Druck war bereits da.
Shepherd Film Studios wurde als eine der ältesten Filmproduktionsfirmen in Hollywood respektiert, doch das Unternehmen tat sich schwer damit, sich an Neuerungen in der Industrie anzupassen – aufstrebende Streamingdienste, schnellere Verbreitung im Internet und andere Veränderungen, die bei jüngeren Generationen gut ankamen.
Maguire Industries hatte das Studio vor Kurzem gekauft und Ben die Verantwortung übertragen, die Probleme zu lösen. Er hatte ein Jahr, um dem Vorstand bei Maguire zu beweisen, dass er Shepherd Films wieder zu einer florierenden Produktionsfirma umwandeln konnte – andernfalls würde man die Firma auflösen und gewinnbringend verkaufen.
Er war – zu seinem Glück – die letzte Hoffnung von Shepherd Films. Niemand sonst in Hollywood war verzweifelt genug, ihm eine Rettungsleine zuzuwerfen. Dass er in den vergangenen zwei Jahren ein eher peinliches Schauspiel in der Öffentlichkeit geboten hatte, war bei Weitem einer der größten Tiefschläge seiner bisherigen Berufslaufbahn gewesen – und schuld daran war sein Privatleben.
Verdammte Scheidung.
»Haben Sie einen ihrer Filme angeschaut?« Arthur hielt ihm die Bürotür auf, und sie gingen gemeinsam durch den Korridor der Hauptbüros. »Sie ist eine Granate – ungelogen eine der umwerfendsten Frauen, die ich je erblickt habe.«
»Aria Rose?«, fragte Ben zurück und zerbrach sich den Kopf, um sich ein Bild von der Schauspielerin ins Gedächtnis zu rufen. »Ich habe ein paar gesehen. Sehr hübsch. Sie ist sehr talentiert, aber eine Hauptrolle hatte sie noch nie.«
»Scarlet’s Letters ist ihre erste Hauptrolle, und sie ist perfekt dafür. Wir können uns das Filmmaterial von den Dreharbeiten heute anschauen, dann sehen Sie, was ich meine. Wir hatten wirklich Glück, sie für diesen Film zu bekommen.«
Darüber hatte Ben sich auch schon Gedanken gemacht. Aria war nicht unbedingt ein A-Promi, aber sie war ein aufstrebender Publikumsliebling bei Millenials und jüngeren Generationen. Sie war nonstop in den Sozialen Medien zu finden, und es gab bereits einen regelrechten Kult um sie, der den Bossen in Hollywood nicht länger verborgen blieb. Aber Ben hatte heute Morgen das Budget gesehen. Sie bekam für diesen Film definitiv zu wenig, und er war sich nicht sicher, wieso.
Sie gingen an den Sicherheitsleuten am Empfang der Hauptbüros vorbei und traten hinaus in den Sonnenschein. »Wie hat Ihr Team es geschafft, sie zu bekommen?«, erkundigte sich Ben.
»Reines Glück, soweit ich weiß. Sie war ziemlich scharf auf das Drehbuch – habe ich jedenfalls gehört. Sie wollte unbedingt dabei sein, obwohl ich nicht genau sagen kann, warum. Das Drehbuch ist großartig – historische Romanze im Zweiten Weltkrieg mit Hester-Prynne-Motiven –, und man munkelt schon von einem Oscar. Trotzdem ist es ein weiter Weg und etwas ganz anderes als ihre bisherigen Filme.«
Ben holte eine Sonnenbrille aus seiner Anzugtasche und setzte sie auf. Die grelle Sonne von Los Angeles brannte auf Arthur und ihn nieder, als sie in ein Golfcart stiegen, um den Weg zu den Studios zurückzulegen. »Tja, klingt so, als hätten wir tatsächlich Glück gehabt.«
»Da haben Sie recht«, stimmte Arthur zu und nahm am Steuer Platz, da Ben sich noch nicht auf dem Gelände auskannte.
Ein paar Minuten später hielt das Golfcart vor einem großen Gebäude, das aussah wie ein Lagerhaus und an dem oben in riesigen schwarzen Buchstaben STUDIO E stand. Ben stieg aus und folgte Arthur zu einer schmalen Tür an der Seite, über der ein rotes Licht leuchtete.
Arthur zeigte auf das Licht. »Das bedeutet, dass gerade gedreht wird, also: keinen Mucks.« Er legte einen Finger an die Lippen, um zu zeigen, dass sie leise sein mussten.
Ben nickte, und sie betraten das Gebäude – um sich unvermittelt im Dunkeln wiederzufinden. Heute war zwar sein erster Tag bei Shepherd Films, doch Ben war vertraut mit Filmsets und entspannte sich sofort, während sie sich vorsichtig dorthin vortasteten, wo die Kameracrew stand.
Bens Vater Roger Lawson war ein sehr gefragter Kameramann, der einen Karrierepfad eingeschlagen hatte, den die meisten Menschen übersahen, und er war der Beste geworden. Er hatte Ben gelehrt, dasselbe zu tun – in allem der Beste zu sein, indem er in jedes Projekt, egal wie groß oder klein es war, sein ganzes Herzblut steckte. Als Junge hatte er an vielen Sommertagen seinen Vater bei dessen Arbeit begleitet und dabei nicht nur gelernt, wie man filmte, sondern wie Filme ganz allgemein entstanden.
Inzwischen war Ben dreißig Jahre alt und hatte die letzten zehn Jahre damit verbracht, die Worte seines Vaters in die Tat umzusetzen und sich zu einem der angesagtesten Namen in der Filmproduktion hochgearbeitet. Er wünschte nur, sein Vater wäre noch am Leben, um seinen Aufstieg mitzuverfolgen. Oder zumindest hatte er sich das gewünscht, bis seine Ex-Frau bei der Scheidung seinen Namen in der Boulevardpresse durch den Dreck gezogen hatte.
Verliebe dich nie in eine Schauspielerin. Das war die eine Regel, die Ben von seinem Vater vor dessen Tod gehört, aber geflissentlich ignoriert hatte. Lektion gelernt.
»Soll ich bestraft werden, weil ich einem anderen Menschen half?«, brach eine kräftige weibliche Stimme die Stille.
Ben trat um eine Gruppe Zuschauer herum, um sich den Szenenaufbau anzusehen. Hinter ihm befand sich eine ganze Crew, und nicht ein Auge war trocken geblieben. Die Emotionen in den Gesichtern der Leute überraschten ihn. Er folgte ihrem Augenmerk Richtung Hauptset und bemerkte, dass der Aufbau aus einem Schlafzimmer bestand. Auf dem Bettrand saß ein großer breitschultriger Mann. Er trug die Uniform eines Soldaten aus den 1940er-Jahren und hatte den Kopf in den Händen verborgen.
Vor dem niedergeschlagenen Soldaten stand eine blonde Frau, die wie eine Statue wirkte. Ihr Haar fiel in einem langen dicken Zopf über ihren Rücken. Einzelne Strähnen ihrer goldenen Mähne waren dem Zopf entkommen und umrahmten nun ihr Gesicht und betonten ihre zarten rosigen Wangen. In ihren hellen blaugrauen Augen standen Tränen, als sie die Hände über ihrem Herzen faltete.
»Ich werde nicht lügen, James«, fuhr sie, nun sanfter, fort. »Das kann ich nicht.«
Der Soldat stand abrupt auf und griff die Frau an den Oberarmen. »Du musst lügen, Anna. Dein Leben steht auf dem Spiel – mein Leben, unser Leben. Man wird dich ins Gefängnis stecken, und alles, wovon wir geträumt haben, wird vorbei sein.«
Sie hob entschlossen das Kinn. »Wenn dies echt ist … wenn unsere Liebe echt ist … dann werden wir das überstehen. Ohne die Lügen, die Tricks, die Falschheiten. Wir können es schaffen, James.«
Ben verspürte, wie ihm schwer ums Herz wurde und sich ein Kloß in seiner Kehle bildete. Er wusste nicht einmal genau, worum es in der Handlung des Films überhaupt ging, und doch war er gefesselt von der Frau vor den Kameras. Ihre Präsenz war kraftvoll … sie war kraftvoll.
»Nein, Anna.« Er ließ ihre Arme los und wich zurück, einen Ausdruck der Abscheu im Gesicht. »Wir können das nicht überstehen. Nicht wenn du deren Leben über meins stellst … über unser Leben.«
Die Blondine schüttelte langsam den Kopf und drückte sich nun die Hand auf den Bauch, als sei ihr übel. »Das kannst du nicht ernst meinen, James. Du kannst mich nicht zwingen, zu wählen zwischen meiner Liebe zu dir und meinem Zweck im Leben.«
»Sie … oder ich. Jetzt oder nie, Anna.«
Ben konzentrierte sich auf das Gesicht der Schauspielerin und rechnete damit, dass sie vor dem stahlharten Ultimatum nachgeben würde. Doch stattdessen hob sie den Kopf und atmete tief ein. Alles an ihrer Haltung und Positur strahlte Stärke aus, und doch stand zugleich in diesen blaugrauen Augen tiefer Schmerz. Ben vergaß beinahe, dass er Schauspielern zusah, denn ihre Darstellung war so authentisch … sie war authentisch.
»Leb wohl, James.« Ihre Stimme war sanft, aber fest.
Die Nasenflügel des Soldaten bebten wütend, bevor er langsam den Kopf schüttelte. »Leb wohl, Anna.« Damit ging er zur Tür hinaus und ließ sie allein im Schlafzimmer zurück.
Sie wartete einen Moment und blickte ihm nach. Dann hob sie zögerlich die Hand an die Lippen und drückte sie auf den Mund, als ein lautes Schluchzen aus ihrer Kehle drang. In einer qualvollen Pose neigte ihr Körper sich leicht nach vorn, bevor sie völlig in sich zusammenfiel. Sie sank an den Bettrand und schluchzte in die Laken. Das Licht am Set ging aus.
»Cut!«, rief der Regisseur. »Heiliger Strohsack. Das war unglaublich, Aria!«
Die blonde Darstellerin stemmte sich vom Bett hoch, lächelte und wischte sich die Tränen von den Wangen. Im Studio brandete Applaus auf, und Ben klatschte mit. Nach dieser Darbietung hatte sie jede Sekunde davon verdient.
Ein Gefühl von Aufregung durchlief Ben – er konnte das schaffen. Bei so viel Schauspielkunst konnte der Film nur ein Volltreffer werden. Und mit einem Film wie diesem war es gar nicht anders möglich, als dass er dieses Studio innerhalb eines Jahres zum Erfolg führte.
»Hey, Russell«, rief Arthur dem Regisseur zu und leitete Ben zu ihm. »Darf ich dir unseren neuen Leiter des Studios vorstellen: Ben Lawson.«
Ben reichte dem schmuddelig aussehenden Mann, dessen lange schwarze Locken bis auf die Schultern fielen, die Hand. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Russell.«
»Bitte nennen Sie mich Russ. Ich bin Russ Rains, Regisseur. Ich bin sicher, Sie haben schon von mir gehört.« Er setzte ein großspuriges Lächeln auf. Um seine Handgelenke klimperten metallene Armbänder, als sie sich die Hände schüttelten – eine nicht allzu gewöhnliche Mode in dieser Stadt.
»Das habe ich«, räumte Ben ein, obwohl ihm das Ego des Mannes schon jetzt nicht behagte. Das war sicher nichts in Hollywood, und Ben war der Sorte Mensch bereits häufig begegnet. Russell Rains war ein zu Recht namhafter Regisseur, auf dessen Konto mehrere große Blockbuster gingen, auch wenn sein letzter schon Jahre her war. »Ihre Arbeit ist wundervoll, Russ.«
»Danke, Benji«, antwortete Russ mit einem unangenehmen Kichern. »Kommen Sie. Ich stelle Sie unseren Hauptdarstellern vor.«
»Wir sehen uns dann wieder im Büro«, verabschiedete sich Arthur von Ben. »Viel Spaß am Set!«
Ben folgte Russell zu der Schlafzimmerkulisse, wo die Schauspielerin, die ihn so bezaubert hatte, gerade den Soldaten umarmte, der ihr soeben das Herz gebrochen hatte.
»Du warst wundervoll, Travis«, sagte sie zu ihm, löste sich aus der Umarmung und schenkte ihm ein Lächeln.
Etwas in Ben rührte sich – Ärger, Zorn? Er war sich nicht sicher, aber es gefiel ihm nicht, die Arme des Mannes um diese wunderschöne blonde Frau zu sehen.
»Schätzchen, lass dir unseren neuen Studioleiter vorstellen«, rief Russ Aria zu, die auf seine Forderung sichtbar gereizt reagierte. Ben machte sich eine Notiz im Geiste, später Fragen zur Dynamik des Regisseurs mit den Schauspielern zu stellen. »Das hier ist Benji.«
»Ben Lawson«, korrigierte Ben und streckte der Frau die Hand hin.
»Aria Rose«, antwortete sie, ergriff seine Hand und drückte sie leicht. Ihre Finger lagen klein und warm um seine, und irgendwie stimmte es ihn traurig, sie wieder loszulassen. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Mr Lawson. Das ist mein Filmpartner, Travis Peters.«
Darauf schüttelte ihm auch der Soldat die Hand. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Sir.«
»Bitte, nennen Sie mich Ben«, sagte er zu beiden. »Travis, Sie waren fantastisch. Und Aria, ich muss gestehen, dass Ihre Darbietung eben unglaublich war. Ich war unfassbar bewegt.«
Ihre blassen Wangen färbten sich dunkler, und sie senkte den Blick auf ihre Hände. »Vielen Dank.«
»Ich habe keinen Zweifel, dass der Film phänomenal wird.«
Russ klopfte Ben auf den Rücken. »Verdammt, jawohl. Das war unsere letzte Szene, damit sind wir offiziell fertig.« Der Regisseur wandte sich ab und brüllte der gesamten Crew zu: »Alles im Kasten, ihr kleinen Scheißer!«
Dieses Mal zuckte Ben über die vulgäre Art des Mannes gar nicht mehr zusammen.
Die Crew applaudierte jubelnd, und alle umarmten sich und gaben sich High-Fives. Ein ganzer Schwarm an Leuten kam zur Schlafzimmerkulisse, um Aria zu gratulieren, und Ben wurde beiseitegedrängt, während er zusah, wie sie anmutig das Lob entgegennahm.
Tatsächlich konnte er die Augen nicht von ihr wenden, und das hatte nur ein wenig damit zu tun, wie unglaublich fasziniert er von ihr war. Er trat zur Seite und sah zu, wie sie lächelte und strahlend ihre Kolleginnen und Kollegen umarmte. Es war bezaubernd. Aria beherrschte einen Raum, nicht nur dann, wenn sie spielte, sondern als sie selbst. Ihre Augen glänzten, wenn sie mit der Crew und anderen Schauspielerinnen und Schauspielern plauderte, und ihr Lächeln war hinreißend.
Er fühlte sich davon angezogen, wer sie war, nicht nur von dem, was er sah, und es war berauschend. Obwohl das, was er sah, auf jeden Fall atemberaubend war. Umwerfend beschrieb diese Frau nicht einmal annähernd; wie ihr schlanker Hals zu schmalen Schultern und geschwungenen Schlüsselbeinen überging. Ihre Brüste drückten sich gegen das dunkelrote Kleid, das ihre sanduhrförmige Figur betonte, und ihr goldener Zopf lag schwer und mit einer solch offensichtlichen Geschmeidigkeit, wie er es noch nie gesehen hatte, über ihrer Schulter.
Jemand rempelte Ben am Oberarm an, als alle in ihre Richtung eilten, und Ben fand sich abrupt in der Realität wieder. Was zur Hölle mache ich da? Seine langwierige Scheidung war kaum sechs Monate her, und vorerst hatte er Frauen gänzlich abgeschworen. Und dann eine Schauspielerin? Das würde nicht passieren. Auf keinen Fall würde er denselben Fehler zweimal begehen. Ganz zu schweigen davon, dass er im Grunde genommen ihr Vorgesetzter war, und dass dies einen bedeutenden Interessenskonflikt darstellen würde. Selbst wenn man überhaupt annehmen würde, dass sie Single und an ihm interessiert wäre, was …
Wieso denke ich darüber eigentlich nach? Ben schüttelte den Gedanken ab, unsicher, wann er sich je einer Frau wegen derart benebelt gefühlt hatte.
In diesem Moment drang Arias Lachen durch die Luft, melodisch und fröhlich. Ben schluckte schwer, schob die Hände in die Hosentaschen und ging zur Tür. Er musste hier weg. Sofort.
Er würde nicht zulassen, dass er noch einmal sein Herz an eine Schauspielerin verlor, nicht einmal an eine, die so schön war wie Aria Rose.
»Gratuliere, Liebes!« Betty Reynolds, Arias Mutter, eilte zu ihr und umarmte sie stürmisch. »Du warst wundervoll. Natürlich gab es daran keinen Zweifel, aber mein Gott, Liebes! Du bist ein Star!«
»Ma! Zu fest!«, keuchte Aria, erwiderte aber die Umarmung.
Ihre Mutter löste sich und hielt sie auf Armlänge von sich. »Sieh dich nur an.« Sie seufzte hörbar und lächelte ihre Tochter verträumt an. »Wirklich, Aria. Du bist ein wahres Talent.«
Aria spürte ihre Wangen rot werden und wandte den Blick ab. Sie fühlte sich nie sehr wohl bei so viel Lob. »Ma …«
»Das ist mein Ernst, Kleines. Die talentierteste Schauspielerin, die ich je gesehen habe.«
Aria lachte, doch die Worte ihrer Mutter waren ihr willkommen. Manchmal mochte Betty Reynolds sich übermäßig in Arias Leben einbringen, doch das war ihr lieber, als sie gar nicht zu haben. In der Tat war Betty nicht nur ihre Mutter, sondern auch ihre Managerin. Aria hatte sie vor Jahren damit betraut und es keine Sekunde lang bereut, wahrscheinlich, weil niemand sonst je so hart für sie arbeiten oder so leidenschaftlich für sie kämpfen würde. Daher schrieb Aria einen großen Teil ihres eigenen Erfolgs ihrer Mutter zu. »Danke, Ma. Aber ich bin froh, dass wir jetzt fertig sind.«
»Nun ja, wenn man eure Geschichte hier am Set bedenkt …« Betty schaute hinüber zum Regisseur, Russell Rains, der gerade mit einem der Kameraleute redete. »Da ist es verständlich, wenn du hier weg möchtest.«
Aria wandte den Blick von Russ ab, und bei dem Gedanken drehte sich ihr der Magen um. In ihrer Familie wusste niemand außer ihrer Mutter, dass sie während der ersten drei Monate der Dreharbeiten mit Russell ausgegangen war. Er war brillant und intensiv, und sie hatte sich von der Leidenschaft des Ganzen anstecken lassen und ihre wirklichen Emotionen mit dem Leben vermischt, das er führte, als wäre es ein Drehbuch. Sie war naiv gewesen – etwas, das ihr schmerzhaft klar geworden war, als sie ihn mit einer Praktikantin erwischt hatte, deren Kopf auf seinem Schoß auf und ab wippte.
Seit ihrer Trennung von Russel war es unglaublich schwer für sie geworden, mit ihm zu arbeiten. Er hatte sehr deutlich gemacht, dass er ihr die Tatsache übel nahm, dass der Schlussstrich von ihr ausgegangen war – als sei sie die erste Frau, die ihn je zurückgewiesen hatte. Es hatte die letzten Monate der Dreharbeiten unangenehm gestaltet, aber Aria hatte ihr Bestes gegeben, um seine passiv-aggressiven Spitzen und plumpen Annäherungsversuche zu ignorieren.
Alles in allem war sie wirklich zufrieden mit ihrer eigenen Leistung, auch wenn sie das Endprodukt noch nicht gesehen hatte.
»Dieser Film wird etwas Großes, Aria. Ich kann es fühlen.«
Aria legte den Arm um die Schultern ihrer Mutter, und sie gingen zu den Garderoben. »Dein Wort in Gottes Ohr.«
Als sie ihre Garderobe erreichten, ein kleines Zimmer ohne Fenster in der zweiten Etage einer langen Reihe von Garderobenräumen, ließ Aria sich mit einem tiefen Seufzen auf die Couch fallen. »Ich könnte endlos schlafen.«
»Wieso gönnst du dir nicht ein Nickerchen vor der Heimfahrt?«, fragte Betty mit Blick auf ihre Uhr. »Ich muss nach Hause und die Pflegerin deines Vaters für heute Abend ablösen.«
»Oh, geh nur. Lass dich von mir nicht aufhalten.« Aria hob die Füße auf die Couch, schob sich ein Kissen unter den Kopf und rollte sich für ein Nickerchen zusammen. »Ich werde mir wohl für eine Minute Ruhe gönnen.«
Betty nahm eine Decke von einem Stuhl in der Nähe und deckte sie damit zu. »Okay, Süße. Ich hab dich lieb.«
»Ich dich auch, Ma«, antwortete Aria und dabei fielen ihr schon die Augen zu. Sie hatten seit vier Uhr früh gedreht, um die letzte Szene zu beenden. Und nun da es vorbei war, fühlte sie sich, als könne sie tagelang schlafen.
Dunkelheit senkte sich über den Raum, und Aria spürte, wie ihr Körper sich entspannte und sie in den Schlaf glitt. Minuten, Stunden – sie wusste nicht, wie lange sie geschlafen hatte, als sie plötzlich aufwachte.
»Oh, Shit. Hast du gepennt?«
Aria setzte sich blinzelnd auf und rieb sich die Augen. Russell stand in der Tür zu ihrer Garderobe, ein unangenehmes Grinsen im Gesicht.
»Was willst du, Russell?« Ihr Tonfall war ausdruckslos, und sie biss die Zähne zusammen.
»Kommst du zur Drehabschlussparty heute Abend?«
Aria gähnte und blickte auf die Uhr an der Wand. Offenbar hatte sie drei Stunden lang geschlafen – viel länger als nur ein Nickerchen. »Ja, ich gehe hin.«
Nach den Extrastunden der Ruhe fühlte sie sich erfrischt, und sie wollte gern mit der Crew feiern – auch wenn das bedeutete, dass sie ihren Ex-Freund noch ein paar Stunden länger ertragen musste.
Russ blickte sich links und rechts im Korridor um, kam dann herein und schloss die Tür hinter sich. »Hey, vielleicht sollten wir noch ein wenig privat feiern …«
Aria stand augenblicklich auf. »Geh. Raus!«
»Komm schon, Baby«, säuselte er und durchquerte das Zimmer. »Vermisst du das mit uns denn nicht? Der Film ist im Kasten, und wir können wieder wir sein, abseits der Arbeit.«
»Wir war in dem Moment vorbei, als ich dich dabei erwischt habe, wie du mit einer Praktikantin rumgemacht hast«, antwortete sie zornig, auf der Stelle ärgerlich darüber, dass er immer noch nicht auf den Wink mit dem Zaunpfahl reagierte.
Russ’ Miene wurde finster, von lüstern zu wütend. »Egal. Ich habe ein gutes Gedächtnis.« Er zwinkerte und deutete zuerst auf seinen Kopf und machte dann eine Geste in Richtung seines Schritts, als würde er sich einen runterholen.
Aria drehte sich der Magen um. »Du bist widerlich.«
Er zuckte mit den Schultern und ging lässig zur Tür. Dort warf er ihr noch einen Blick zu und schenkte ihr ein fieses Lächeln. »Du kommst schon zurück. Solche von der D-Liste kommen jedes Mal wieder für diesen Schwanz angekrochen, wenn ihnen klar wird, dass ich das Beste bin, das sie je kriegen werden.«
»Verschwinde«, rief Aria und verschränkte die Arme.
Mit seinem typischen unangenehmen Grinsen verließ er die Garderobe.
Aria kochte innerlich. Schmierlappen. Er war absolut und nichts als schmierig. Offensichtlich hatte sie den Verstand verloren, als sie diese kurze Zeit mit ihm zusammen gewesen war. Sie hatte sich so leicht von seinem Talent als Regisseur um den Finger wickeln lassen, und er hatte sie so vieles gelehrt. Sie hatte gedacht, das Ganze wäre unschuldig, doch all die Lektionen extra spät in der Nacht hatten dazu geführt, dass er sie angebaggert hatte, und sie … hatte es zugelassen.
Stöhnend ließ sich Aria zurück auf die Couch fallen. Gott, ich bin so dumm. Sie konnte nicht glauben, dass sie sich von einem so schmierigen Typen hatte täuschen lassen.
»Hey, Aria!« Eine silberhaarige Schönheit platzte durch die Tür herein, durch die Russ eben verschwunden war.
»Hi, Steele«, begrüßte Aria ihre Maskenbildnerin und Hairstylistin, die in Wirklichkeit eher so etwas wie ihre beste Freundin war, nachdem sie in den letzten Monaten der Dreharbeiten jeden Tag zusammen verbracht hatten. Steele war ihr voller Name – zumindest bestand sie darauf. Sowie Cher, wie sie immer sagte.
Steele ließ sich neben ihr auf die Couch fallen, sodass eine Wolke aus Glitter in die Luft stob. »Heute ist der absolut schlimmste Tag.«
»Was? Wieso?« Aria drehte sich zu ihrer Freundin um und zog die Beine auf die Couch.
Steele war auf einzigartige Weise bezaubernd, die Art von Schönheit, die auch Persönlichkeit besaß. Leuchtend silbern gefärbtes Haar, farbenfrohes Make-up, an jedem Ohr ein halbes Dutzend Ohrringe und Kleidung in lebhaften Farben ließen sie in jedem Raum hervorstechen. Ihre immer quirlige Art passte zu ihrem Stil, und sie waren beide schnell enge Freundinnen geworden.
»Es ist unser letzter Tag«, sagte Steele in übertrieben jammerndem Tonfall. »Freundschaft ade!«
Aria legte den Kopf nach hinten und lachte über die Dramatik ihrer Freundin. »Unsere Freundschaft ist nicht vorbei! Heute ist der letzte Drehtag, aber du weißt, dass ich dich wieder brauchen werde. Da ist noch das Fotoshooting zur Werbung für den Film. Und der Style für den roten Teppich. Pressetermine. Ein Haufen Gelegenheiten, bei denen ich nicht ohne dich auskomme.«
»Oh, toll«, zog Steele sie auf und hob dramatisch die Hände. »Dann sind wir also nur Freundinnen, weil du mich noch brauchst.«
»Abgesehen davon, dass du die beste Maskenbildnerin und Hairstylistin in der Stadt bist, habe ich keine Verwendung für dich«, antwortete Aria in gespieltem Ernst. »Ganz ehrlich, ansonsten bist du nur im Weg.«
Steele kreischte. »Du Biest.«
»Du weißt doch, dass ich nur Spaß mache!« Aria lehnte den Kopf an Steeles Schulter und umfasste ihren Arm. »Ich liebe dich, Mädchen. Wir sind immer noch Freundinnen, auch wenn wir nicht zusammenarbeiten.«
»Uff.« Steele löste sich von ihr und stand auf. »Das reicht mit der Gefühlsduselei für heute. Ich mache nichts mit Gefühlen.«
Aria grinste, denn sie wusste genau, dass Steele weit emotionaler war, als sie sich anmerken ließ. »Was auch immer, du Verrückte. Hilf mir, ein Outfit und einen Look für die Drehabschlussparty heute Abend auszusuchen.«
»Na, das schaffe ich.« Steele schob schon Kleidungsstücke auf dem Ständer an der Wand hin und her. »Heute Abend machen wir auf Schlampe.«
»Ich mache nicht auf Schlampe«, widersprach Aria und dachte an Russ’ Besuch von vorhin.
Steele seufzte. »Das willst du nie. Wie wäre es dann mit Halb-Schlampe?«
»Wie geht denn Halb-Schlampe?«
Steele hielt ein Kleid hoch, das keinen Ausschnitt hatte. Es bedeckte ihren Oberkörper vollständig und umschloss ihren Hals, sodass nur Arme und Schultern frei blieben.
Aria runzelte die Stirn. »Inwiefern ist das Halb-Schlampe?«
Steele hielt sich das Kleid an den Körper und deutete auf den Saum. Der ging kaum bis an den Beginn ihrer Oberschenkel.
Aria schüttelte lachend den Kopf. »Dann bin ich also obenrum Nonne und untenrum nackt?«
»Genau. Halb-Schlampe.«
Aria nahm das Kleid und hielt es sich selbst hin. Bei ihr ging es etwas tiefer, bis zur Mitte der Oberschenkel, da sie kleiner war als Steele. »Kombiniere das mit kniehohen Stiefeln, um meine Beine zu bedecken, dann trage ich es.«
Steele reckte die Faust in die Höhe. »Endlich! Vielleicht lernst du ja heute Abend einen Typen kennen.«
»Im Augenblick will ich keine Dates«, widersprach Aria und schloss die Garderobentür, um sich umzuziehen. »Kein Interesse.«
»Aber stell dir nur vor, wie angepisst Russ wäre, wenn er dich mit einem anderen Typen sieht.« Steele gab ihr ein Paar Wildlederschuhe, die ausgezeichnet zu dem smaragdgrünen Cocktailkleid passten. »Die perfekte Rache für den treulosen Arsch.«
Nicht viele wussten von ihrer Affäre mit Russ, aber Steele gehörte zu Arias innerem Kreis. Trotzdem hatte sie nicht den Wunsch, Russell eifersüchtig zu machen. Sie wollte nur, dass er aus ihrem Leben verschwand.
»Ich denke, ich habe meine Lektion gelernt, was Dates mit Leuten angeht, mit denen ich arbeite«, widersprach Aria, zog sich das Shirt über den Kopf und warf es auf die Couch. »Und hier gibt es sowieso niemanden, mit dem ich ein Date wollen würde.«
Steele zuckte mit den Schultern und richtete alles für das Make-up auf dem Tresen her. »Da war heute ein neuer Typ am Set. Sexy wie Hölle in diesem Anzug. Den müsste ich eventuell für mich reservieren.«
»Du bist verlobt«, erinnerte Aria sie. Aber sie musste zugeben, dass Steele recht hatte. Der neue CEO von Shepherd Films sah unglaublich gut aus. So gut, dass sie tatsächlich seinen Namen gar nicht mitbekommen hatte, als er sich vorgestellt hatte. Seine lodernden blauen Augen, das kantige Kinn und die breiten Schultern hatten ihre Aufmerksamkeit für einen Moment ganz für sich beansprucht.
Steele zwinkerte Arias Spiegelbild zu, als sie hinter Aria stehen blieb und den Reißverschluss im Rücken des Kleides zuzog. »Verlobt, aber nicht blind. Setz dich. Für heute Abend schminke ich dir Smokey Eyes.«
»Als ob du Xavier je verlassen würdest. Ich habe noch nie zwei Menschen gesehen, die verliebter waren als ihr.« Aria schnappte sich Steeles Handy vom Tresen und aktivierte es, um das Hintergrundfoto zu sehen. Es zeigte Steele und einen tätowierten Mann, die sich küssten und einander in den Armen hielten.
Steele wurde rot und nahm ihr Handy zurück. »Das stimmt. Wir sind echt total niedlich.« Aria blieb still sitzen, als Steele damit anfing, ihr das Make-up vom Dreh abzuwischen. »Und ich habe vor, dich total niedlich zu machen, also solltest du das besser nicht auf eine weitere Nacht allein mit deinem batteriebetriebenen Geliebten verschwenden.«
Aria kicherte und spürte, wie ihr Gesicht ganz heiß wurde. »Steele!«
Ein Teil von ihr musste zugeben, dass sie Dates und Männern nicht ganz so abgeneigt war, wie sie tat. Sie war ganz auf ihre Karriere konzentriert und hatte nicht die Absicht, sich dabei von einem Mann aufhalten zu lassen, aber es wäre schon wirklich schön, wieder jemanden zu haben, neben dem sie einschlafen konnte.
Die Wahrheit war: Aria war einsam, und so langsam fing sie an zu denken, dass es an der Zeit war, etwas dagegen zu unternehmen.
»Danke«, sagte Aria zum Barmixer, der ihr ein Glas Champagner reichte, als sie auf die Yacht kam. Das Studio hatte eine irrsinnig große Yacht gemietet, die in der Marina del Rey in Los Angeles vor Anker lag, damit die gesamte Crew den Abschluss der Dreharbeiten feiern konnte, und Aria war überwältigt davon, wie viele Menschen sich an Bord befanden.
Es war nicht so, dass sie keine gesellige Person wäre, aber sie war eher introvertiert. Außerdem war sie seit vier Uhr früh auf den Beinen und hatte mit Hunderten Leuten auf einem belebten Set gearbeitet, weshalb ihr Energiepegel mittlerweile eher niedrig war.
»Aria!« Travis, ihr Filmpartner und enger Freund, winkte ihr von vorn im Schiff zu. »Komm zu uns!«
Sie bahnte sich einen Weg zu ihm, quetschte sich an Menschengruppen vorbei und trank ihren Champagner dabei halb aus. »Hey, Leute.«
»Du erinnerst dich an unseren neuen CEO, Ben Lawson, richtig?« Travis zeigte auf einen Mann, der mit dem Rücken zu ihr stand. »Ben, Aria Rose kennen Sie ja schon.«
Als er sich umdrehte, war sie konfrontiert mit denselben lodernden blauen Augen, die sie bereits zuvor am Tag so verzaubert hatten. Aber nun war er anders. Ruhiger. Sogar entspannt. Er trug dunkle Jeans und ein Hemd, das nicht ganz zugeknöpft war, und er hatte Bartstoppeln am Kinn, als hätte er sich an diesem Morgen rasiert, aber der Bart sei schon wieder nachgewachsen. Sosehr sie sich heute von dem Fremden im Anzug angezogen gefühlt hatte, umso mehr war sie bezaubert von dem lässigen Mann, der nun vor ihr stand.
»Natürlich«, antwortete Ben und streckte ihr die Hand hin. »Wundervoll, Sie wiederzusehen, Ms Rose.«
Aria ergriff seine Hand und hielt sie einen Moment länger als nötig. »Tatsächlich heiße ich Reynolds. Rose ist mein Künstlername.«
»Interessant«, gab Ben zurück und ließ den Blick nicht sehr unverhohlen über sie gleiten. Sie fühlte, wie ihr wärmer wurde, und spürte plötzlich Unruhe. »Ist Aria auch Ihr richtiger Name?«
»Ja«, antwortete sie, unsicher, warum sie ihm das überhaupt erzählte. Die meisten Menschen wussten gar nichts über ihr Privatleben, und doch verspürte sie unvermittelt das Bedürfnis, dass er sie kennen sollte. »Ich nutze einen Künstlernamen, um nicht mit meinem Cousin verwechselt zu werden. Er ist ein bekannter Schauspieler, und ich wollte meinen eigenen Weg in der Branche machen.«
»Sie wollten nicht einfach auf seiner Erfolgswelle mitschwimmen … sehr bewundernswert.«
»Vielen Dank.« Sie trank den restlichen Inhalt ihres Champagnerglases aus. Bevor sie sich auch nur räuspern konnte, reichte Travis ihr schon ein neues.
»Kein Trinklimit heute Abend!« Travis wackelte mit den Augenbrauen. »Mr Hot Shot CEO hier hat Leute angeheuert, für alle, die einen nüchternen Fahrer brauchen.«
Aria sah Ben an, der mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen den Blick gesenkt hatte. Travis’ Bewunderung war ihm nicht peinlich, aber offensichtlich war er auch nicht auf Lobeshymnen aus. Sie mochte es, wenn ein Mann, oder egal wer, so selbstsicher war.
»Nüchterne Fahrer, hm?« Plötzlich tauchte Russell Rains im Kreis auf und legte Ben einen Arm um die Schulter. »Versuchst du, alle für dich zu gewinnen vor deinem ersten Tag hier, Benji? Es funktioniert!«
Travis lachte. »Meine Stimme hat er – und meine Autoschlüssel.«
Aria trat einen Schritt rückwärts und versuchte mit der Menge hinter ihr zu verschmelzen. Sobald die Aufmerksamkeit der Gruppe sie nicht länger mit einschloss, drehte sie sich um und brachte so viel Entfernung zwischen sich und Russ wie möglich.
Schwieriges Unterfangen auf einer Yacht.
Am Bug des Schiffes fand sie Trost in einer viel kleineren Menge. Die Lichter waren weniger hell, die Musik war leiser und die Handvoll Leute dort führten eher vertrauliche Unterhaltungen anstelle des lärmenden Partygeschehens am Heck.
Aria atmete die Meerluft ein, lehnte sich an die Reling und stützte die Ellbogen darauf. Wasser schlug träge und rhythmisch an die Seite der Yacht und versetzte sie für einen Moment in Trance. Es war heiter und wunderschön, und ihre Gedanken schweiften zu alldem, was die letzten Monate ihr gebracht hatten.
Sie hatte davor ein paar kleine Filme gedreht, nie mit großem Budget und nie in einer Hauptrolle. Sie war in Los Angeles aufgewachsen als Tochter des Besitzers eines Low-Budget-Kinos, und Filme ansehen stellte nicht nur ein Hobby dar – es war ihre gesamte Kindheit gewesen. Ihr Vater ließ sie und ihre Schwestern oft mit zur Arbeit kommen, wo sie sich den ganzen Tag in Kinosäle hinein- und wieder herausschleichen konnten. Aria verliebte sich schon früh in die Kinoleinwand, und diese Leidenschaft verging nie.
»Aria?«, drang eine tiefe Stimme durch die kühle Nachtluft.
Sie drehte sich um und sah Ben auf sich zukommen. Die Schatten vom Oberdeck der Yacht huschten über sein Gesicht, als er näher kam. »Oh. Hi, Mr Lawson.«
»Bitte, wie gesagt, nennen Sie mich Ben«, wiederholte er und lehnte sich neben ihr an die Reling.
»Richtig. Ben. Tut mir leid, der letzte Geschäftsführer war nicht annähernd so …«
Seine Lippen formten ein Lächeln. »Wie denn?«
Aria war nicht sicher, was sie sagen sollte, denn die ehrliche Antwort wäre sexy gewesen. Doch das schien nicht die beste Erwiderung für einen Mann zu sein, der jetzt ihren Film finanzierte und kontrollierte. »Nahbar?«
Ben lachte – ein tiefes Lachen, das sie bis in ihr Inneres vibrieren fühlte. »Ich hoffe, das ist etwas Gutes.«
»Auf jeden Fall«, beteuerte sie und legte eine Hand auf seinen Arm. Kaum hatte sie ihn berührt, zog sie die Hand zurück, plötzlich verlegen.
Er. Ist. Mein. Boss. Reiß dich zusammen, Aria.
Er rügte sie nicht, noch wirkte er unbehaglich, was sie als gutes Zeichen deutete.
Aria nahm wieder ihre ursprüngliche Position neben ihm ein und gemeinsam blickten sie hinaus auf das dunkle Wasser, das an die Boote schwappte, die um sie herum ankerten.
»Wollen Sie etwas Lustiges hören?«, brach Aria schließlich das Schweigen, doch ihre Stimme blieb leise. So leise, dass er sich vorbeugen musste, um sie zu verstehen.
»Erzählen Sie.«
»Meine Eltern haben sich genau in diesem Hafen kennengelernt. Sie war Gastronomin, er Dockarbeiter – beide noch Teenager. Kaum alt genug, um zu begreifen, wer sie waren, geschweige denn zu ahnen, was sie vom Leben wollten. Aber sie wussten, was Liebe ist, als sie ihr begegneten, und sie wussten genug, um einander nie loszulassen.« Arias Herz schlug ein wenig schneller, und die Erinnerung wärmte sie.
»Wow. Sind sie noch zusammen?«
Aria nickte. »Sie haben seitdem kaum einen Tag getrennt verbracht. Meine Mutter ist tatsächlich meine Managerin, und sie arbeitet irrsinnig hart für mich, aber mein Vater kommt immer an erster Stelle. Er ist die Liebe ihres Lebens.«
»Eine solche Liebe ist etwas Besonderes. Selten.«
»Wirklich?« Aria legte den Kopf schief. »Ich bin nicht sicher, ob sie so selten ist, oder nicht vielmehr eine Entscheidung, eine Hingabe und die Kraft, jeden Tag danach zu leben. Es gab Zeiten, da hätten sie aufgeben können – vielleicht hätten sie es mit jemand anderem leichter gehabt – aber sie haben entschieden, dass dies die Liebe war, die sie wollten, das Leben, das sie wollten, und dieser Entschluss bringt eine Zuversicht und Zufriedenheit, die die meisten Menschen sich selbst versagen.«
Ben schwieg eine Minute lang. Schließlich atmete er hörbar ein und dann in einem langen Atemzug wieder aus. »Das ist wirklich wunderschön, Aria. Und ein ziemlich guter Treffer, muss ich zugeben.«
»Es tut mir leid.« Aria runzelte die Stirn, drehte sich zu ihm um und stützte einen Ellbogen auf die Reling. »Ich wollte nicht …«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, alles in Ordnung. Ich habe nur eine Scheidung hinter mir, das ist jetzt gute sechs Monate her, obwohl wir uns schon im Jahr davor getrennt hatten. Ich denke, Sie haben recht – Liebe ist eine Entscheidung. Eine Liebe zum Funktionieren zu bringen ist eine Entscheidung. Und doch … wenn es nicht mit der richtigen Person ist, dann ist es die falsche Entscheidung.«
»Seelengefährten.« Aria zog eine Augenbraue hoch. »Glauben Sie daran?«
Ben sah sie einen Moment lang an … einen langen Moment. Die Art von Moment, bei der sie von einem Fuß auf den anderen trat und ihre Haut unter seinem Blick heiß wurde. »Ja. Ich glaube an Seelengefährten.«