Landpartie à la mode - Carlo Goldoni - E-Book

Landpartie à la mode E-Book

Carlo Goldoni

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Beschreibung

»Landpartie à la mode« ist die von Heinz Riedt für einen Abend eingerichtete Trilogie der Stücke »Reisefieber«, »Die Landpartie« und »Rückkehr« von Carlo Goldoni. Goldonis szenische Entfaltung seiner Kritik an einer typischen Modeerscheinung – der als mode à tout prix betrachteten Landpartie zur Zeit der Weinlese – zeigt Parallelen zu Beaumarchais' revolutionären Dienerfiguren ebenso wie sie, insbesondere durch die Zeichnung der weiblichen Hauptrolle, bis zu Tschechow vorausweist. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

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Seitenzahl: 137

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Carlo Goldoni

Landpartie à la mode

Reisefieber – Die Landpartie – Rückkehr(Le smanie per la villeggiatura – Le avventure della villeggiatura – Il ritorno dalla villeggiatura)

Aus dem Italienischen von Heinz Riedt

FISCHER Digital

Einrichtung als Trilogie für einen Abend

Inhalt

Theater Film Funk FernsehenPersonen1. Akt2. Akt3. AktOrt der Handlung1. Akt2. Akt3. AktErster Akt: Reisefieber (Le smanie per la villeggiatura)1. Szene2. Szene3. Szene4. Szene5. Szene6. Szene7. Szene8. Szene9. Szene10. Szene11. Szene12. SzeneZweiter Akt: Die Landpartie (Le avventure della villeggiatura)1. Szene2. Szene3. Szene4. Szene5. Szene6. Szene7. Szene8. Szene9. Szene10. Szene11. Szene12. Szene13. Szene14. Szene15. Szene16. Szene17. Szene18. SzeneDritter Akt: Rückkehr (Il ritorno dalla villeggiatura)1. Szene2. Szene3. Szene4. Szene5. Szene6. Szene7. Szene8. Szene9. Szene10. Szene11. SzeneNachwort des Übersetzers

Theater Film Funk Fernsehen

Eine Reihe des Fischer Taschenbuch Verlags

Personen

1. Akt

FILIPPO, gutmütiger älterer Stadtbürger

GIACINTA, Filippos Tochter

LEONARDO, Giacintas Liebhaber

VITTORIA, Leonardos Schwester

FERDINANDO, Parasit

GUGLIELMO, Giacintas Verehrer

FULGENZIO, Filippos Freund

PAOLO, Leonardos Kammerdiener

BRIGIDA, Giacintas Kammerzofe

CECCO und BERTO, Leonardos Diener

2. Akt

FILIPPO

GIACINTA

LEONARDO

VITTORIA

FERDINANDO

GUGLIELMO

PAOLO

BRIGIDA

SABINA, ältere Tante Giacintas

COSTANZA, Städterin

ROSINA, deren Nichte

TOGNINO, einfältiger, sehr junger Liebhaber Rosinas

TITA, Diener Costanzas

BELTRAME, Diener von Togninos Vater

Weitere Diener

Ein Kellner

3. Akt

FILIPPO

GIACINTA

LEONARDO

VITTORIA

GUGLIELMO

COSTANZA

ROSINA

TOGNINO

BERNARDINO, Onkel Leonardos

FULGENZIO

BRIGIDA

CECCO

PASQUALE, Bernardinos Kammerdiener

Weitere Diener

Ort der Handlung

1. Akt

LIVORNO

Leonardos Haus

Filippos Haus

2. Akt

MONTENERO, Ferienort à la mode

Filippos Haus

Costanzas Haus

Baumgruppe im Garten

Ländliches Kaffeehaus

3. Akt

LIVORNO

Filippos Haus

Leonardos Haus

Bernardinos Haus

Costanzas Haus

Erster Akt Reisefieber

1. Szene

Zimmer in Leonardos Haus. Paolo und Leonardo, dann Vittoria und Berto

Paolo packt Kleider und Wäsche in einen Koffer.

LEONARDO zu Paolo

Was macht Ihr da? Es gibt noch so vieles andere zu tun.

PAOLO

Verzeihung, Signore. Ich dachte, den Koffer zu packen sei auch wichtig.

LEONARDO

Den Koffer sollen die Frauen packen.

PAOLO

Die Frauen sind mit der Padrona beschäftigt.

LEONARDO

Ganz meine Schwester. Sie will alle um sich herum. Wozu eigentlich? Läßt sie sich das neue Kleid im Haus anfertigen?

PAOLO

Nein, beim Schneider. Aber hier läßt sie sich von den Frauen alles umarbeiten: Mäntel, Tageshauben, Nachthauben, Spitzen, Schleifen, Stoffblumen, ein Warenlager. Und der ganze Aufwand nur für diese eine Landpartie.

LEONARDO

Will man etwas gelten, muß man aufs Land verreisen. Und Montenero, wo wir unseren Besitz haben, ist besonders à la mode. Das verpflichtet mich mehr, als mir lieb ist. Und an Gastfreundschaft darf ich es auch nicht fehlen lassen. Ihr müßt mir jetzt einiges besorgen.

PAOLO

Befehlen Sie.

LEONARDO

Wir brauchen noch Bestecke.

PAOLO

Wir haben zwei Dutzend.

LEONARDO

Ich fürchte, das ist zu wenig. Geht zu Monsieur Gurland und sagt ihm, er möge mir noch zwei Dutzend Bestecke, vier Tabletts und sechs silberne Kerzenleuchter leihen. Und dann geht zum Drogisten und holt zehn Pfund Kaffee, fünfzig Pfund Schokolade, zwanzig Pfund Zucker und ein Sortiment Würzkräuter. Und besorgt auch neue Spielkarten für sechs oder sieben Tische und reichlich Wachskerzen.

PAOLO

Gnädiger Herr müssen es doch nicht so halten wie die reichen Marchesi aus Florenz, die Grundbesitz haben und die mit Gütern und Würden gesegnet sind.

LEONARDO

Muß ich mich von meinem Diener belehren lassen?

PAOLO

Verzeihung, ich will nichts gesagt haben, aber … soll ich gleich bar bezahlen?

LEONARDO

Bezahlt wird, wenn wir zurück sind. Tut jetzt, wie ich Euch befohlen habe, und schickt mir den Cecco.

PAOLO

Wie Sie befehlen. Für sich Es dauert nicht lange, dann hat ihn sein Aufwand auf dem Land zu einem armen Mann in der Stadt gemacht. Ab

LEONARDO

Ich weiß schon, daß ich über meine Verhältnisse lebe. Mein reicher Onkel könnte mir ja aushelfen, aber er will nicht. Immerhin, wenn nicht alles trügt, erbe ich sein Vermögen.

CECCO

Sie wünschen?

LEONARDO

Geh zu Signor Filippo Ghiandinelli. Entbiete ihm meine Hochachtung und richte ihm aus, daß ich für fünf Uhr die Postpferde bestellt habe. Und sag seiner Tochter, der Signora Giacinta, daß ich in einigen Stunden bei ihr sein werde. Und versuche herauszufinden, ob Signor Guglielmo dort ist oder erwartet wird.

CECCO

Jawohl, Signore. Ab

LEONARDO allein

Ich mag nicht, daß Signora Giacinta mit diesem Guglielmo zusammenkommt. Angeblich ist er ein Freund des Hauses und sie muß ihn wegen ihrem Vater ertragen. Aber ich habe da meine Zweifel.

VITTORIA

Herr Bruder, Ihr habt doch nicht für heute nachmittag die Post bestellt?

LEONARDO

Natürlich. So hatten wir es gestern abgesprochen.

VITTORIA

Aber heute kann ich nicht fahren.

LEONARDO

Und warum nicht?

VITTORIA

Weil mein ›Mariage‹-Kleid noch nicht fertig ist.

LEONARDO

Was zum Teufel ist das?

VITTORIA

Die neueste Mode.

LEONARDO

Euer Schneider kann’s nachschicken.

VITTORIA

Das kann er nicht. Wenn es fertig ist, will ich es probieren.

LEONARDO

Aber die gemeinsame Abfahrt kann unmöglich verschoben werden. Wir haben sie mit Signor Filippo und Signora Giacinta vereinbart.

VITTORIA

Gerade vor der Signora Giacinta kann ich es nicht riskieren, in armseliger Kleidung zu erscheinen.

LEONARDO

Ihr habt doch soviel zum Anziehen!

VITTORIA

Nur umgearbeiteten alten Plunder. Ohne ein Kleid nach der neuesten Mode geht es nicht.

LEONARDO

Ihr müßt also dieses ›Mariage‹ haben.

VITTORIA

Oh, ja! Madame Granon hat es aus Turin. Und hier in Livorno will ich eine der ersten sein, die es tragen.

LEONARDO

Was bleibt mir noch zu sagen? Ich will Euch nicht bei schlechter Laune. Aber gereist wird allemal.

VITTORIA

Und ich will nicht!

LEONARDO

Dann bleibt hier.

VITTORIA

Ihr bringt es übers Herz, auch ohne mich zu fahren? Schier krank könnte ich werden vor Verzweiflung.

LEONARDO

Der Himmel erfülle Euern Wunsch.

VITTORIA

Daß ich krank werde?

LEONARDO

Daß Ihr Euer Kleid bekommt und Frieden gebt.

BERTO zu Leonardo

Signor Ferdinando möchte Euch seine Aufwartung machen.

LEONARDO

Ich lasse bitten.

VITTORIA zu Berto

Du gehst jetzt gleich zum Schneider, Monsieur de la Réjouissance, und sagst ihm, wenn er mir das Kleid nicht heute rechtzeitig vor der Abreise fertigmacht, wird er nicht länger Schneider in Livorno sein.

BERTO

Zu dienen. Ab

LEONARDO

Beruhigt Euch jetzt. Laßt Euch vor Signor Ferdinando nichts anmerken.

VITTORIA

Wie? Vor so einem brauche ich mich doch nicht zu beherrschen. Ich denke, er läßt sich auch diesmal auf dem Land von uns aushalten.

LEONARDO

Er hat mir angedeutet, daß er uns die Ehre erweisen will, bei uns zu logieren. Aber er ist doch einer, der überall seine Nase hineinstecken muß.

VITTORIA

Und so eine Krankheit wollt Ihr Euch aufhalsen?

LEONARDO

Ihr wißt genau, daß eine Landpartie Geselligkeit verlangt und viel Geselligkeit viel Ehre einbringt. Und Ferdinando ist einer, der jedes Spiel mitmacht und für gute Stimmung sorgt.

VITTORIA

Warum kommt er denn nicht?

LEONARDO hinausgehend

Er kommt schon. Seine Neugierde hatte ihn in die Küche getrieben.

2. Szene

Ferdinando und die Vorigen, dann Cecco

FERDINANDO

Verehrung, Padrone. Allen Respekt, Signora Vittoria.

VITTORIA

Dienerin, Signor Ferdinando.

FERDINANDO zu Leonardo

Freund, ich bin mit von Eurer Partie. Ich habe diesen lästigen Conte Anselmo abschütteln können. Bei ihm lebt man auch auf dem Lande zu sehr nach der Uhr. Und dann noch seine alte Schachtel von Frau. Voriges Jahr war ich für ein paar Tage ihr begleitender Kavalier. Dann hat sie sich an einen zweiundzwanzigjährigen kleinen Blonden gehängt, Locken und ein Gesicht wie Milch und Blut, einer von der Sorte, die es auf ältere Frauen abgesehen haben.

VITTORIA für sich

Lästermaul!

FERDINANDO

Wann wird denn gefahren?

VITTORIA

Die Stunde ist noch nicht bestimmt.

LEONARDO zu Vittoria

Seid Ihr auch sicher, daß Ihr fahren wollt?

FERDINANDO

Wenn bei Ihnen noch nichts bestimmt ist, können Sie es mir ruhig sagen. Ich fahre dann mit jemand anderem. Schließlich fährt jeder aufs Land, der etwas auf sich hält.

CECCO zu Leonardo

Signore …

LEONARDO zu Ferdinando

Sie erlauben.

CECCO leise zu Leonardo

Signor Filippo läßt Ihnen ausrichten, daß er sich hinsichtlich der Postpferde ganz auf Sie verläßt. Und Signora Giacinta bittet Sie, pünktlich zu sein, weil sie nachts nicht gerne fährt.

LEONARDO leise zu Cecco

Und Guglielmo?

CECCO leise zu Leonardo

Er hat sich heute früh nicht blicken lassen.

LEONARDO

Geh zum Posthalter. Die Pferde sollen um vier Uhr bereit sein.

3. Szene

Raum in Filippos Haus. Filippo und Guglielmo begegnen einander; dann Giacinta und Brigida, dann Leonardo

FILIPPO

Oh, Signor Guglielmo, es ist mir eine Ehre.

GUGLIELMO

Ich tue nur meine Schuldigkeit, Signor Filippo. Ich hörte, daß Sie heute fahren, und da wollte ich Ihnen einen angenehmen Landaufenthalt wünschen.

FILIPPO

Eure Aufmerksamkeit rührt mich. Ja, endlich fahren wir. Zu meiner Zeit fuhr man ja zur Weinlese hinaus, und die war schon vor einem Monat. Aber heutzutage fährt man im Oktober, und nur zum Vergnügen, und wenn auch schon die Blätter von den Bäumen fallen. Meiner Tochter Giacinta zuliebe halte ich es auch so. Sie ist ja das einzige, was ich auf der Welt noch habe.

GUGLIELMO für sich

Könnte ich nur auf dem Lande mit seiner reizenden Tochter zusammen sein.

FILIPPO

Euer Vater pflegte doch auch die Hügel bei Pisa zu besuchen.

GUGLIELMO

Dort haben wir unsere Güter und auch ein ganz hübsches Haus. Aber ich bin allein, und wenn man allein ist, kann man schier trübsinnig werden.

FILIPPO

Wollt Ihr nicht mit uns kommen?

GUGLIELMO

Ich würde es nicht wagen, Euch zur Last zu fallen.

FILIPPO

Ich mache die modernen Förmlichkeiten nicht mit, also klipp und klar: Wenn Ihr zu mir kommen wollt, habt Ihr ein anständiges Bett, ein normales Essen und einen Mann, der für Freunde immer da ist.

GUGLIELMO

Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Eure Worte kommen so von Herzen, daß ich gar nicht ablehnen kann.

FILIPPO

Also ausgemacht. Ihr kommt und könnt bleiben, solange Ihr wollt.

GUGLIELMO

Um wieviel Uhr wollt Ihr abreisen?

FILIPPO

Ich weiß nicht. Einigt Euch mit Signor Leonardo.

GUGLIELMO

Fährt Signor Leonardo denn mit Euch?

FILIPPO

Ja, wir sind befreundet und fahren zusammen.

GUGLIELMO für sich

Zu dumm. Aber ich kann mir doch die Gelegenheit nicht entgehen lassen, mit Giacinta zusammenzusein.

FILIPPO

Habt Ihr Bedenken?

GUGLIELMO

Nein, Signore. Ich überlege nur, ob ich mir eine Kalesche oder einfach ein Reitpferd mieten soll, weil ich allein bin.

FILIPPO

Ihr kommt mit mir. Wir sind zu dritt und haben vier Plätze im Wagen.

GUGLIELMO

Wer ist die dritte Person, wenn es erlaubt ist?

FILIPPO

Meine verwitwete Schwägerin als Anstandsdame für meine Tochter. Weil sie keine Mutter mehr hat, verlangt es der Anstand, daß auch noch eine ältere Frau dabei ist.

GUGLIELMO

Ganz recht. Für sich Ich muß nett zu der Alten sein.

FILIPPO

Dann kommt Ihr also mit?

GUGLIELMO

Es ist das schönste Angebot, das ich mir vorstellen könnte.

FILIPPO

Sagt also Signor Leonardo, daß er Euch den Platz reservieren soll.

GUGLIELMO

Ich will ihm gleich Bescheid sagen. Auf Wiedersehen.

FILIPPO

Und seid pünktlich.

GUGLIELMO

Dazu habe ich allen Grund. Ab

GIACINTA

Herr Vater, wann fahren wir?

FILIPPO

Gegen fünf, denke ich.

GIACINTA

Und ich glaubte, schon früher. Wer ist denn mit uns im Wagen?

FILIPPO

Ich und Ihr und Eure Tante und ein befreundeter Ehrenmann, den Ihr kennt.

GIACINTA

Ein alter?

FILIPPO

Wäre das so schlimm?

GIACINTA

O nein, Signore. Wenn er nicht langweilig ist und dauernd schläft. Und wer ist dieser Signore?

FILIPPO

Es handelt sich um Signor Guglielmo.

GIACINTA

Ein aufgeweckter junger Mann.

FILIPPO

Und Signor Leonardo, denke ich, wird mit seiner Schwester in der Kalesche fahren.

BRIGIDA

Und mit wem fahre ich, Signore? Und mit wem fährt der Diener des Signor Leonardo?

FILIPPO

Du willst mit ihm fahren?

GIACINTA

Warum nicht? Wir sind ja zugegen, und Brigida ist ein anständiges Mädchen.

BRIGIDA

Ich setz mich auf meinen Platz und schlafe.

GIACINTA

Ich muß doch mein Kammermädchen in der Nähe haben.

FILIPPO

Was bleibt mir da übrig? Ich kann dir nichts abschlagen, ich kann dir nicht nein sagen. Ab

GIACINTA

Siehst du, wie ich das für dich arrangiert habe?

BRIGIDA

Und was wird aus Signor Leonardo?

GIACINTA

Wie meinst du das?

BRIGIDA

Wenn er erfährt, daß Signor Guglielmo mit Euch im Wagen sitzt …

GIACINTA

Von mir aus!

BRIGIDA

Verzeihung, Padrona, aber der Ärmste liebt Euch doch.

GIACINTA

Mir ist er auch nicht unlieb.

BRIGIDA

Er denkt, daß Ihr seine Frau werdet.

GIACINTA

Schon möglich.

BRIGIDA

Dann dürftet Ihr ihn nicht eifersüchtig machen.

GIACINTA

Entweder er liebt mich oder er liebt mich nicht.

Wenn er mich liebt, muß er mir vertrauen, wenn er mich nicht liebt, kann er gehen.

BRIGIDA

Im Vertrauen: Eure Liebe zu Signor Leonardo ist nicht sehr groß.

GIACINTA

Ich weiß nicht, wie groß sie ist. Ich würde ihn auch heiraten, aber nie um den Preis meiner Freiheit.

BRIGIDA

Das ist keine wahre Liebe.

GIACINTA

Eine andere kenne ich nicht.

BRIGIDA

Da kommt jemand. Sieht nach Ausgerechnet Signor Leonardo. Ob er schon etwas von Signor Guglielmo weiß?

GIACINTA

Bringe ihn her.

BRIGIDA für sich

Warum rede ich über andere? Mich interessiert nur dieser Diener. Ab

GIACINTA

Ich mag ihn ja. Aber eifersüchtig soll er mir gar nicht erst werden!

LEONARDO förmlich

Ergebenster Diener, Signora Giacinta.

GIACINTA ein wenig kühl

Meine Hochachtung, Signor Leonardo.

LEONARDO

Ich möchte nicht stören, Signora.

GIACINTA ironisch

Zuviel der Höflichkeit.

LEONARDO

Ich wollte Ihnen nur gute Reise wünschen.

GIACINTA

Warum? Belieben Sie nicht zu reisen?

LEONARDO

Nein.

GIACINTA

Darf ich fragen, weshalb?

LEONARDO

Ich möchte nicht stören.

GIACINTA ironisch

Das können Sie gar nicht. Sie sind immer so manierlich, daß Ihre Anwesenheit ein wahres Vergnügen ist.

LEONARDO

Nicht ich bin der Manierliche, sondern derjenige, den Sie neben sich im Wagen haben werden. Kurz und bündig, Signora Giacinta, mir paßt diese Begleitung nicht.

GIACINTA

Da müßt Ihr mit meinem Vater reden. Er verfügt und ich gehorche.

LEONARDO

Ihm gegenüber kann ich nicht offen sprechen.

GIACINTA

Und ich kann mich nicht genügend durchsetzen.

LEONARDO

Würdet Ihr mich wirklich lieben, wäre Euch schon etwas eingefallen. Damit gebt Ihr mir doch nur zu verstehen, daß Ihr Euch nichts aus mir macht. Statt Eurem Vater zu sagen: Entweder dieser Signore bleibt hier, oder ich bleibe hier!

GIACINTA

Ich ein Jahr ohne Landpartie? Was würden in Montenero die Leute von mir sagen! Und in Livorno!

LEONARDO verärgert

Dann fahren Sie nur! Fahren Sie! Und amüsieren Sie sich!

GIACINTA einschmeichelnd

Aber Sie kommen doch mit? Natürlich kommen Sie!

LEONARDO

Nein, mit dem fahre ich nicht.

GIACINTA

Weil Ihr eifersüchtig seid?

LEONARDO

Weil ich eifersüchtig bin.

GIACINTA

Das wollte ich von Euch hören. Eure Eifersucht kann nur bedeuten, daß Ihr mich für ein leichtfertiges Ding haltet. Und wenn Ihr das tut, liebt Ihr mich bestimmt nicht. Und wenn Ihr mich nicht liebt, dann vergeßt mich. Ich bin treu und ehrlich. Aber ich leide keine Eifersucht und will mich schon gar nicht lächerlich machen. Und aufs Land muß und will und geh ich! Ab

4. Szene

Leonardos Zimmer. Vittoria und Paolo, dann Leonardo

VITTORIA

Macht Ihr ein Gesicht! Ich helfe Euch ja, den großen Koffer für meinen Bruder zu packen. Dann ist alles fertig, wenn er kommt. Und bis Mittag habe ich sogar mein neues Kleid. Es ist wunderschön, und eine gewisse Person wird noch vor Neid platzen.

PAOLO

Dann ist es also doch noch rechtzeitig fertig geworden.

VITTORIA

Ja, aber ich bin böse auf den Schneider, weil er gleich sein Geld wollte.

PAOLO

Verzeihung, aber wenn es bezahlt ist, brauchen Sie doch nicht mehr daran zu denken.

VITTORIA

Das Geld fehlt mir jetzt für die Landpartie. Womit soll ich denn spielen? Meine ganze Leidenschaft ist Pharao.

PAOLO

Verzichten Sie dieses Jahr darauf.

VITTORIA

Nie und nimmer! Was werden nur die Leute sagen … Ihr seid jetzt meine ganze Hoffnung.

PAOLO

Ich?

VITTORIA

Ja, wenn Ihr mir etwas vorstrecken könntet. Ihr bekommt es dann von meinem Nähgeld fürs nächste Jahr. Ist das keine gute Idee?

PAOLO

Verzeiht, ich glaube, Sie haben jetzt schon das meiste davon ausgegeben.

VITTORIA

Ihr laßt Euch aber lange bitten!

PAOLO