Larry Brent Classic 033: Die Vampirklinik - Dan Shocker - E-Book

Larry Brent Classic 033: Die Vampirklinik E-Book

Dan Shocker

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Beschreibung

Vampirklinik des Dr. Satanas Dr. Satanas! Unberechenbarer Menschenfeind, Wahnsinniger, Dämon. Niemand ahnt welches Ziel er sich als nächstes aussucht, wo er auftauchen wird. Dieses Mal hat er sich die Privatklinik eines Arztes ausgesucht, der sich mit Mutationsforschung befaßt. Nahe der Kariba-Schlucht in Rhodesien spielt sich ein schicksalhaftes Geschehen ab, das die PSA in New York auf den Plan ruft. Riesige Spinnen und Insekten, ja sogar Menschen werden zu Blutsaugern, fallen ahnungslose Einheimische oder Touristen an und töten sie. Ihren Ursprung haben die seltsamen Wesen in der Vampirklinik des Dr. Satanas, dessen Plan es ist, auch Morna Ulbrandson und Larry Brent in Vampire zu verwandeln. Als ihm Morna in die Hände fällt hat er den Köder, um auch X-RAY-3 in die Falle zu locken und sein Schicksal zu besiegeln! Nakor - Echse des Grauens Oliver Gaddock, ein Mann mit tödlichem Fieber behaftet, trägt ein gefährliches Geheimnis in sich. Er weiß das Nakor, ein schreckliches Wesen aus der Vergangenheit unseres Planeten tief in der Erde schlummert und nur darauf wartet durch das Aussprechen eines einzigen Wortes wieder zum Leben zu erwachen. Er will es verhindern, doch die Gefahr ist schon zu übermächtig. Als der Dreißigjährige, vom Fieber geschwächt mit einem Krankenwagen in eine Klinik gebracht wird, mag ihm sein Alter keiner glauben. Er sieht aus, als ob er die siebzig schon längst überschritten hätte. Doch seine Krankheit ist nur eine Begleiterscheinung von dem, was noch kommen wird. Nakor, die VERGESSENE STADT und der Name der Dämonengöttin Rha-Ta-N my lösen bei der PSA Alarm aus. Larry Brent ahnt nicht, wie groß und mächtig der Gegner wirklich ist, dem er schon bald gegenüberstehen wird.

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DAN SHOCKERS LARRY BRENT

BAND 33

© 2014 by BLITZ-Verlag

Redaktion: Jörg Kaegelmann

Fachberatung: Robert Linder

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Titelbildgestaltung: Mark Freier

All rights reserved

www.BLITZ-Verlag.de

978-3-95719-833-4

Dan Shockers Larry Brent Band 33

DIE VAMPIRKLINIK

Mystery-Thriller

Vampirklinik des Dr. Satanas

von

Dan Shocker

Prolog

Dr. Satanas?

Existiert er wirklich, oder ist er nur eine Erfindung? Es gibt Menschen, die haben schon von ihm gehört und fürchten sich vor ihm.

Doch die meisten sind ahnungslos. Niemand weiß, wo und wann der Unheimliche wieder auftaucht. Er ist ein Mann der tausend Masken und Gesichter. Und dort, wo man ihn am wenigsten erwartet, schlägt er zu. Auch in jener Nacht.

»Achtung!« Brad Hawton hörte den schrillen Aufschrei seiner Freundin, die auf dem Beifahrersitz neben ihm saß. Der weinrote Jaguar jagte auf der nächtlichen Straße, die kerzengerade zwischen den Bäumen entlangführte, dahin.

Brad sah die dunkle Gestalt, die, wie aus dem Boden gewachsen, plötzlich im Lichtkreis der Scheinwerfer seines Fahrzeugs auftauchte.

»Wo kommt denn der her?«, rief er erschrocken und handelte rein instinktiv.

Er bremste und umklammerte das Lenkrad mit beiden Händen.

Da krachte es auch schon.

Der Körper wurde über die Kühlerhaube gehebelt und schlug dumpf gegen die Windschutzscheibe.

Terry Greese, Brads Freundin, zog unwillkürlich den Kopf ein und riss schützend die Arme vors Gesicht.

Der Angefahrene rutschte über Windschutzscheibe und Dach hinweg, während der schlingernde Wagen noch immer nicht an Geschwindigkeit verlor. Der Jaguar drehte sich einmal um die eigene Achse, und Brad Hawton brachte ihn erst rund hundertzwanzig Meter weiter zum Stehen.

Sekundenlang saß Brad wie gelähmt hinter dem Lenkrad. Die Hände des Einunddreißigjährigen zitterten, und er war weiß wie ein Leichentuch.

Dann flog sein Kopf herum.

Hinten auf der Straße lag verkrümmt und reglos eine dunkle Gestalt.

»Du hast ihn getötet, Brad, o mein Gott!«

»Ich konnte nichts dafür«, stieß der dunkelhaarige Mann hervor. »Ich weiß nicht mal, wo er herkam. Auf einmal stand er mitten auf der Straße.«

Er riss die Tür auf, stürzte nach draußen und rannte auf das Unfallopfer zu. Terry Greese, von kräftigem Wuchs, und mit kurzer rothaariger Frisur, folgte ihm.

Das Opfer war ein Mann.

Er lag auf der rechten Seite, hatte Beine und Arme gespreizt und weit von sich gestreckt.

Sein Gesicht war blutüberströmt und auch aus den Hosenbeinen sickerte das Blut.

Brad Hawton sah auf den ersten Blick, dass kein Arzt der Welt mehr etwas für den Fremden tun konnte. »Er ist tot«, sagte er mit belegter Stimme. »Ich kann nichts dafür. Du hast es selbst gesehen, Terry. Es ging wie durch Zauberei, plötzlich tauchte er mitten auf der Straße auf.«

Wie hypnotisiert starrte Terry auf den Toten.

Brad blickte sich um. Nach wie vor war alles still. Langsam fasste er seine wie erstarrt stehende Freundin am Arm. »Komm«, sagte er nur.

»Du kannst ihn hier doch nicht liegen lassen«, protestierte Terry Greese.

»Er ist tot. Ich kann nichts dafür ...«

»Das ist doch kein Grund, um ...«

»Wir verschwinden von hier«, knurrte Brad. »Es hat niemand etwas gesehen.«

»Fahrerflucht?«

»Ich will keinen Ärger mit der Polizei haben, schließlich habe ich zwei oder drei Sherry getrunken. Sie können mir nichts anhaben. Aber dieser Unfall wird Folgen haben. Wenn die Sache erst bekannt wird, komme ich die nächste Zeit aus England nicht raus. Du weißt, dass ich nach Johannesburg will. Mein Flugzeug startet nächsten Freitag. Ich lasse mir durch diese Geschichte meine Pläne nicht vermasseln. Mich trifft keine Schuld.«

»Man wird dich suchen«, wisperte Terry benommen.

»Niemand hat etwas gesehen, niemand weiß etwas. Vielleicht ist er ein Landstreicher, den niemand kennt. Er hatte nicht mal Papiere bei sich.«

Terry merkte, dass es Lücken in ihrer Erinnerung gab. Sie konnte sich nicht entsinnen, gesehen zu haben, dass Brad die Taschen des Toten untersucht hatte.

»Es wird Ärger geben«, protestierte sie.

»Ja, wenn wir uns hier noch länger aufhalten. Es ist weit nach Mitternacht, trotzdem ist es möglich, dass noch jemand unterwegs ist. Dann wird's erst kritisch.«

Er drängte sie förmlich auf den Beifahrersitz, ging um den Wagen, inspizierte ihn und ihm fiel ein Stein vom Herzen.

Das Fahrzeug war unbeschädigt. Es gab keinen Kratzer, keine Delle, nichts, was man mit dem Unfall hätte in Verbindung bringen können.

Brad hatte es plötzlich sehr eilig.

»Ich fühle mich nicht wohl bei dem Gedanken, Brad.«

»Ich tue das einzig Richtige, glaub es mir.« Mit diesen Worten startete er, warf noch einen letzten Blick in den Innen- und dann in den Außenspiegel und sah die dunkle Gestalt des Toten auf der Straße.

Weit und breit gab es keine Anzeichen, dass noch jemand in der Nähe weilte. Es wäre auch ungewöhnlich gewesen, wenn sich um diese Stunde in dieser abgeschiedenen Gegend noch jemand aufgehalten hätte.

Und doch war es der Fall! Weder Brad Hawton noch seine Freundin hatten die Gestalt bemerkt, die nur einen Steinwurf weit von dem Unfallort und dem Toten entfernt aus dem Schatten zwischen den Stämmen hervortrat.

Die Person war schlank, hochgewachsen und hob sich kaum von der Dunkelheit ab.

Regungslos blickte der Fremde dem Jaguar nach, dessen Rücklichter in der Ferne verschwanden.

Terry Greese atmete kaum, und ihre Gedanken bewegten sich ständig im Kreis.

»Wir sind da«, hörte sie plötzlich wie aus weiter Ferne Brads Stimme und fuhr zusammen.

»Schon?«, fragte sie.

»Mir kommen die letzten dreißig Minuten vor wie eine Ewigkeit.«

Die siebenundzwanzigjährige Schottin aus Edinburgh stieg aus.

»Schließ schon mal die Haustür auf«, raunte Brad ihr zu, obwohl es keinen Grund gab, leise zu sprechen. Das Hawton'sche Landhaus lag eine Meile vom nächsten Nachbarn entfernt. Dazwischen gab es nur Wiesen und Felder.

Der alte Landsitz stammte aus dem frühen achtzehnten Jahrhundert. Eine breite Zufahrt führte direkt zum Haus. Vor dem Gebäude gab es ein Rondell, das früher mit Blumen geschmückt war. Der parkähnliche Garten lag vollkommen im Dunkeln.

Neben dem Wohnhaus stand ein schuppenähnlicher Anbau, der als Garage diente.

Der Besitz wirkte ungepflegt und verwaist.

Auf den Wegen rund um das Haus lag faulendes Laub, wuchsen Unkraut und Gräser. Fensterläden und Verputz hätten einen neuen Anstrich vertragen. Über die gesamte Hausfront rankte wilder Wein, der bereits über die Fensterläden im ersten Stock in die Dachrinne wuchs und schon über dem Oberteil der Eingangstür hing.

Dies war auch ein Zeichen, dass das Landhaus nicht mehr bewohnt war.

Einst waren hier viele Menschen aus- und eingegangen, und es hatte Bedienstete gegeben. Das schien eine Ewigkeit her zu sein. Vor fünfzehn Jahren hatte Professor Jonathan Hawton dieses Haus und England verlassen.

Seine Frau war an einer rätselhaften Krankheit gestorben. Der damals erst einundvierzigjährige Mann hatte ihren frühen Tod nicht verwunden, und es schien, als wolle er vor der Vergangenheit und der Erinnerung fliehen.

Brad Hawton war damals sechzehn Jahre alt gewesen und besuchte noch das College. Er lebte bei Verwandten und stand mit seinem Vater fast nur brieflich und telefonisch in Verbindung. Zweimal im Jahr sahen sie sich, dabei wechselten die Treffpunkte anfangs häufig.

Jonathan Hawton bestellte seinen Sohn während der Ferien einmal nach Paris, ein anderes Mal nach Sidney, dann hielt er sich in Neuseeland oder Südafrika auf. Er war zu einem richtigen Globetrotter geworden.

Das Landhaus in England schien er völlig vergessen zu haben. Während der Sommermonate hielten sich sein Sohn Brad und eine alte, kränkelnde Tante dort auf. Sie bewohnten nur einen Flügel des großen Gebäudes, in dem alles noch so eingerichtet war wie damals, als die Familie intakt war. Jonathan hatte nur persönliche Utensilien, wie den Schmuck und andere kostbare Erinnerungsstücke entfernt und in einem Banktresor deponiert. Alle Einrichtungsgegenstände, Möbel, Teppiche und Bilder, hatte er in dem verwaisten Haus zurückgelassen.

Er hatte nie etwas verkauft und schien offensichtlich einzuplanen, eines Tages wieder auf den Landsitz zurückzukehren, um dort seinen Lebensabend zu verbringen.

Bekannte und Freunde hielten ihn für verrückt. Aber Brad hatte sich an die sonderbare Verhaltensweise seines Vaters gewöhnt.

Er beendete sein Studium, reiste als Ingenieur durch die Welt und benutzte das Landhaus nur noch als Schlafstelle und Unterkunft, wenn er sich für ein paar Tage in England aufhielt.

Oft stand das Haus sieben bis acht Monate im Jahr leer, und kein Mensch kümmerte sich darum. Es grenzte an ein Wunder, dass bisher noch nicht eingebrochen wurde.

Terry Greese war zum zweiten Mal hier. Sie kannte Brad Hawton seit Anfang der Woche. Auf einem Empfang im Astor hatte sie ihn kennengelernt. Sie war als Sekretärin in der Auslandsabteilung tätig. Brad und sie verstanden sich sofort. Jeder hatte das Gefühl, den anderen seit Urzeiten zu kennen. Sie waren sich begegnet und mochten sich vom ersten Augenblick an.

Was Terry nicht gefiel, war der alte, einsame Landsitz in seinem jetzigen Zustand.

Für sie war es ein Synonym für Verfall und Tod.

Ein Haus, das nicht bewohnt wurde und in dem doch noch alle Möbel standen, verbreitete eine eigenartige, bedrückende Atmosphäre.

Sie empfand dieses Gefühl auch wieder, als sie die Tür aufschloss.

Das einsame Licht in der schmalen Diele wirkte kalt und fahl. Ein kleiner Schrank gleich rechts in der Ecke war mit einem verstaubten Laken zugehängt. Alles, was Brad während seines stets kurzfristigen Aufenthaltes in England nicht direkt benötigte, rührte er nicht an.

Über dem verhängten Schränkchen in der Nische hing ein Spiegel.

Im Vorübergehen blieb Terry kurz davor stehen und warf einen kritischen Blick hinein.

Sie erschrak, als sie sich sah – müde und erschöpft. Das hinter ihr liegende Ereignis hatte Spuren in ihrem Antlitz hinterlassen.

Terry begriff nicht, dass dies alles wirklich geschehen sein sollte.

Es fiel ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen, und sie fragte sich, ob Brad richtig oder falsch gehandelt hatte. Sie billigte sein Vorgehen nicht, begriff aber, dass er sich vor der unweigerlich anlaufenden Polizeiaktion fürchtete.

Auch wenn es keine Zeugen gab: Sie konnten nicht sicher sein, dass der Unfall keine Spuren hinterlassen hatte. Wenn man etwas fand, wurde alles noch viel schlimmer. Vielleicht konnte sie Brad dazu bewegen, sich am nächsten Morgen bei der Polizei zu melden.

Sie löste sich von ihrem Spiegelbild und ging zur Tür des Wohnzimmers, die dem Hauseingang gegenüber lag.

Gedankenversunken tastete sie nach dem Lichtschalter.

Als sie die Tür aufdrückte, stand der Mann vor ihr.

Terry Greese stand wie festgenagelt.

Der Mann!

Er trug eine dunkle Hose, gesteppte Jacke, ein gelb-braun kariertes Hemd.

Es war der Tote von der Straße!

Terry schrie wie von Sinnen.

Brad Hawton war gerade damit beschäftigt, die Wagentür abzuschließen, als er den Schrei hörte. Im ersten Moment glaubte er, sich getäuscht zu haben.

Aber dann war es wieder da.

Markerschütternd hallte ein weiterer Schrei durch das einsame Haus.

»Terry!«

Brad warf sich herum, stürzte auf das Haus zu und durch die offene Eingangstür. Eine Gestalt lief ihm schreiend in die Arme.

»Terry!«, brüllte Brad aufgebracht. »Warum schreist du denn so? Was ist los?« Sie hörte nicht auf – da schlug er zu. Terrys Schrei brach abrupt ab.

»Im Wohnzimmer ... der Mann ...«, stammelte die rothaarige Schottin.

»Ein Mann?« Brad ließ sie los und lief auf die weit offenstehende Wohnungstür zu.

»Sei vorsichtig!«, bat Terry mit schwacher Stimme. »Der Tote! Es ist der Mann, den du vor einer halben Stunde überfahren hast!«

Brad Hawton merkte, wie sich bei diesen Worten seine Nackenhaare sträubten. Er blieb stehen, als wäre er gegen eine unsichtbare Mauer geprallt, dann wandte er sich um und ging auf sie zu.

Erschreckt, die Augen weit aufgerissen und mit fahlem Gesicht stand seine Freundin zwischen Tür und Angel.

»Du hast geträumt, Terry«, sagte er mit ruhiger Stimme und lächelte sie an. »Es ist niemand hier!«

»Brad, ich habe ihn leibhaftig vor mir gesehen! Er war's, ich bin nicht verrückt. Halte von mir, was du willst, ich weiß genau, was ich sage.«

Sie zwang sich zur Ruhe, aber in ihrem Innern brodelte ein Vulkan.

»Du warst in Gedanken«, sagte er kopfschüttelnd und immer noch ruhig. »Deine Reaktion ist ganz natürlich, es war kein schöner Anblick, so etwas kann man nicht so leicht vergessen.«

»Ich hatte keine Vision!« Es war erstaunlich, mit welcher Sicherheit sie bei ihrer Darstellung blieb. »Ich phantasiere nicht und bin bei klarem Verstand. Alles in mir sträubt sich zu glauben, dass der Fremde, der Tote, wirklich hier gewesen ist. Aber er ist es, Brad!«

»Und wo ist er jetzt?«

Sie hob die Schultern. »Ich weiß es nicht.« Mit ihren immer noch unnatürlich weit aufgerissenen Augen sah sie auf die schmale Treppe, die rechts zwischen Diele und Wohnzimmertür in die obere Etage führte. »Vielleicht oben, vielleicht in einem anderen Zimmer hier unten ...«

»Hast du ihn davonlaufen sehen?«

»Nein. Ich bin doch vor ihm geflohen und muss entsetzlich geschrien haben.«

»Das kann man wohl sagen. Unser nächster Nachbar wohnt eine Meile entfernt. Sollte mich nicht wundern, wenn der davon aus dem Bett gefallen ist.«

Es sollte scherzhaft und erheiternd klingen, aber Terry verzog keine Miene. »Ich weiß, dass es nicht möglich ist, dass Tote wiederkommen«, sagte sie betont ruhig. »Es sei denn, in diesem Haus spukt es!«

Er streichelte ihr über das weiche, seidig glänzende Haar. »Hier spukt es nicht, Terry, deine Nerven sind überreizt. Du machst dir Gedanken über das, was passiert ist. Wenn du dich besser dadurch fühlst, dass ich der Polizei den Unfall melde okay, dann werde ich es tun.«

»Ich würde mich besser fühlen, wenn ich wüsste, wo er sich in diesem Augenblick aufhält, Brad. Er muss noch im Haus sein oder hast du jemand davonlaufen sehen?«

»Nein. Wäre er an dir vorbeigerannt, hätte ich nur die Arme aufhalten müssen.«

»Gibt es einen Hinterausgang?«

»Ja, aber der ist verschlossen, ebenso wie alle Fenster. Wenn sich da jemand zu schaffen machte, würden wir es hören. Ich sehe nach, damit du beruhigt bist. Und dann werden wir noch mal über alles reden.«

Sie nickte.

Er ließ sie nicht allein zurück. Sie schloss sich ihm an und wich nicht von seiner Seite, als er in den unten liegenden Räumen mit der Suche nach dem mysteriösen Gast begann.

Brad Hawton schaltete sämtliche Lichter an.

Schattenlos wurden die Winkel und Ecken der Zimmer ausgeleuchtet, die während der letzten Jahre nicht mehr betreten worden waren.

Auf den abgedeckten Möbel und auf dem Fußboden lag zentimeterdick der Staub. Seit dem Tod der alten Tante wohnte niemand mehr auf dem Landsitz, um die Räume in Ordnung zu halten.

Brad und Terry konnten durch die Staubschicht erkennen, ob jemand diesen oder jenen Raum betreten hatte. Sie mussten nur nach Fußspuren Ausschau halten.

Der Staubteppich war unbeschädigt.

»Hier ist der Bursche jedenfalls nicht gewesen. Es sei denn, er hätte Flügel ...«

Als Brad das sagte, sah er seine Freundin unauffällig von der Seite an. Er hoffte, dass sie durch diese Worte nachdenklich wurde. Auch Terry musste sich schließlich fragen, wie der Fremde, selbst wenn sie ihn für tot gehalten hatten, ohne dass er es wirklich gewesen wäre, hierher gekommen sein könnte. Schließlich war ihnen auf dem Weg zum Landsitz kein Fahrzeug gefolgt.

»Ich habe auch überlegt«, erwiderte sie. »Nichts passt zusammen. Wenn er uns nicht in einem Auto folgte, wie kam er dann hierher? Vielleicht war's doch nur eine Geistererscheinung. Ein Toter, der im Haus desjenigen, der ihn getötet hat, stumm und anklagend auftaucht.«

Brad Hawton sagte nichts dazu.

Wortlos setzten sie die Suche nach dem Mann fort, der auf unheimliche Weise aufgetaucht und nicht minder rätselhaft wieder verschwunden war. Besonders aufmerksam untersuchte Brad das Wohnzimmer, die Küche und das Schlafzimmer. Er öffnete jeden Schrank, schaute hinter die Gardinen und unter die Betten.

»Nichts«, sagte er schließlich achselzuckend.

Noch immer hielt er einen schmiedeeisernen Schürhaken in der Rechten, den er vom Kaminbesteck mitgenommen hatte, um sich verteidigen zu können, wenn es zu einer Begegnung mit dem Eindringling kam.

Brad ging in das obere Stockwerk.

Auf der Treppe sahen sie es.

Der dichte Staubteppich, der auch hier oben lag, wurde zum Verräter.

»Fußabdrücke«, sagte Brad Hawton mit belegter Stimme und weigerte sich zu glauben, was er sah.

1. Kapitel

New York, die Weltstadt am Hudson River, war mit Hektik und Leben erfüllt. Tausende von Autos quälten sich durch die Straßen.

Zum Wochenende schien alles unterwegs zu sein.

In den Vergnügungsvierteln der Stadt mit den riesigen Wolkenkratzern waren die Kinos, Theater, Bars und Etablissements geöffnet.

Mit Einbruch der Dunkelheit ging es hier erst richtig los und währte bis in die frühen Morgenstunden.

In einem kleinen Theater am Broadway, dem Modern House wurden oft und gern Künstler aus dem Ausland vorgestellt. Das kleine Privattheater, in dem nur hundert Besucher Platz fanden, zeichnete sich dadurch aus, dass es ein abwechslungsreiches Programm bot.

Mal gab es Kabarett, bekannte Rock-Gruppen, Tanzdarbietungen, humoristische Sketche, ein andermal ein Theaterstück mit Horror oder Krimi-Einschlag.

Im Modern House wurde man stets überrascht.

Die Vorstellung begann pünktlich um 20 Uhr.

Das Haus war bis auf den letzten Platz besetzt.

Unter den Zuschauern befand sich auch ein Paar, das sonst keine Zeit fürs Theater hatte: Larry Brent und Morna Ulbrandson.

Alle waren elegant gekleidet. Seit der glanzvollen Eröffnung vor drei Jahren war es ein ungeschriebenes Gesetz, ins Modern House ging man nur in festlicher Garderobe.

Für den heutigen Abend stand ein Bauchredner auf dem Programm, der mit seinen Darbietungen Begeisterungsstürme entfachen sollte. In den Ankündigungen der Presse und auf Waschzetteln, die vor dem kleinen, mit schwarzem Marmor verkleideten Theater verteilt worden waren stand zu lesen, dass Arturo einmalig sei.

Arturo war der Künstlername eines Mannes, der mit seinen Puppen und seiner Stimmenwandlungsfähigkeit durch die Kontinente reiste, sich in keiner Stadt länger als zwei Tage aufhielt und von Fachleuten als der beste Bauchredner der Welt bezeichnet wurde. Mit insgesamt zwölf verschiedenen Puppen und Stimmen sprach er, imitierte darüber hinaus Geräusche und Tierstimmen. Alle Puppen hatte er selbst entworfen, und es wurde erzählt, dass Arturo kein starres Programm hatte, sondern immer wieder neue Gestalten entwarf.

Und dies war der Grund, weshalb Morna Ulbrandson und Larry Brent an diesem Abend das Modern House besuchten. Sie waren nicht allein zur Zerstreuung und Unterhaltung dort, sondern wollten gleichzeitig überprüfen und herausfinden, was gerüchteweise bis in die Computer der PSA gedrungen war. Demnach sollte eine Puppe, mit der der Bauchredner auftrat, eine Darstellung des rätselhaften und gefährlichen Dr. Satanas sein.

Darauf waren Morna und Larry gespannt.

Nach dem ersten Auftauchen von Dr. Satanas, von dessen Existenz niemand wusste, wurde dieser wie die berühmte Nadel im Heuhaufen gesucht. Wenn Arturo eine Puppe besaß, die angeblich das wahre Aussehen eines unheimlichen Menschen zeigte dann bedeutete dies, dass er Dr. Satanas kannte.

Die Lichter erloschen. Einige Sekunden war es stockfinster, ehe sich der Vorhang hob. Auf der kleinen Bühne stand ein helles Sofa, auf dem zwei Personen saßen. Der Hintergrund war wie ein Raum aus der Zeit eines französischen Königs gestaltet. Die Männer auf dem Sofa passten auch in diese Zeit. Sie waren in elegante, seidig schimmernde Kleider gehüllt und trugen weiße Perücken.

Das kreisrunde Lichtfeld eines Scheinwerfers war auf das Sofa gerichtet.

Es fiel schwer zu unterscheiden, wer der Bauchredner und wer die Puppe war.

Beide saßen mit übereinandergeschlagenen Beinen bequem zurückgelehnt in den weichen Polstern. Der eine hatte den Arm um die Schulter des anderen gelegt. Das konnte Arturo sein. Vielleicht gab es im Nacken oder der Schulterpartie der Puppe einen Mechanismus, mit der der Bauchredner für die Bewegung des Kopfes der Puppe und deren Lippen und Lider sorgte.

Die Gesichter beider Gestalten waren maskenhaft starr und gepudert. Arturo benahm sich ganz wie eine Puppe, um es seinen Zuschauern so schwer wie möglich zu machen.

Beide begrüßten die Anwesenden höflich und kamen dann ins Plaudern. Die Stimmen waren gut voneinander zu unterscheiden. Die eine dunkel, ein wenig schwerfällig, die andere beschwingt, fast keck.

Sie unterhielten sich über Intrigen am Hof des Königs, und die sehr witzig geführten Dialoge lösten ersten Beifall aus.

Fünfzehn Minuten dauerte die Darbietung.

Doch die wirkliche Überraschung kam noch.

Hinter dem Sofa erhob sich eine dritte Gestalt.

Einfach, beinahe schlicht gekleidet, das Haar streng gescheitelt wie ein Konfirmand, verbeugte er sich scheu und zurückhaltend.

»Arturo!«, entfuhr es Morna halblaut. »Er saß die ganze Zeit hinter dem Sofa und hat beide Puppen bedient.«

»Eine großartige Leistung«, bemerkte Larry Brent, der wie alle anderen in dem kleinen Theater nach dieser Darbietung und perfekten Überraschung begeistert Beifall klatschte.

Arturo hatte sich die Herzen der Zuschauer im Sturm erobert.

Seine Sketche und Dialoge erfolgten Schlag auf Schlag, waren klug formuliert, brillant und gekonnt vorgetragen. Arturo blieb stets zurückhaltend im Hintergrund. Farbig, auffällig und jeder Situation gewachsen zeigten sich seine Puppen. Manchmal waren sie wirklich nur so klein wie Puppen, dann wieder standen sie groß wie Menschen auf der Bühne.

Es wurde unheimlich – der Scheinwerfer erlosch und auf der Bühne wurde es dunkel.

Etwas raschelte und bewegte sich. Die eilige Betriebsamkeit konnte man mehr ahnen als sehen. Obwohl Morna und Larry in der zweiten Reihe saßen, hätten sie nicht zu sagen vermocht, was sich tat.

Eine Minute später glühte eine Lichtquelle auf. Die Bühne war jetzt wie das Innere eines großgemauerten Verlieses gestaltet. In den Ecken hingen gewaltige Spinnennetze, und in dem brüchig dargestellten Gemäuer klebten fette Insekten. Auf einem Mauervorsprung stand eine Kerze, die wie durch Zauberei von selbst anging. Gedämpfte Hintergrundmusik untermalte den Eindruck der Gespenstigkeit.

Mit einer fast lebensgroßen Puppe trat Arturo in seiner letzten Szene vor der Pause auf. Beide waren dunkel gekleidet, und dies verstärkte den Eindruck der düsteren Szene.

»Dies ist Dr. Satanas«, sagte Arturo. »Der Mann ohne Gesicht!« Während er dies sagte, drehte er die Gestalt, deren Antlitz ihm halb zugewandt war dem Publikum zu.

Durch die Zuschauerreihen ging ein Raunen.

Der Anblick dieser Puppe unterschied sich von allen anderen, die der Bauchredner bisher vorgestellt hatte.

Die Dr. Satanas-Puppe hatte kein Gesicht.

Grau und blasig war die Fläche unterhalb des Haaransatzes – ohne Mund, Nase und Augen.

Larry spürte, wie die ältere Dame zu seiner Linken die Schultern hochzog. Sie grauste sich bei dem Anblick. Vielen erging es so.

»Dr. Satanas hat kein Gesicht, und doch deren Hunderte, Tausende ...« fuhr Arturo mit geheimnisvoller Stimme fort. »Er steht mit dem Teufel im Bund, und der hat ihm die Fähigkeit verliehen, das Aussehen jeder Person anzunehmen, die er für seine Zwecke braucht. Ich werde Ihnen, meine Damen und Herren, beweisen, dass ich in wenigen Sekunden in der Lage bin, jede anwesende Person zu kopieren. Dr. Satanas wird dann nicht mehr gesichtslos sein, sondern das Gesicht desjenigen tragen, der sich bereit erklärt, an diesem Experiment teilzunehmen. Wer sein Gesicht auf einer Puppe wiederfinden möchte, den bitte ich auf die Bühne. Wollen wir gemeinsam erleben wie Dr. Satanas ein Gesicht bekommt? Ich verspreche, dass ich keine drei Minuten benötige, um das Antlitz lebensecht auf diese – noch gesichtlose – Masse zu übertragen.«

Im Zuschauerraum machten sich Unruhe und leises Gelächter bemerkbar.

Arturo nicke. »Sie glauben mir nicht, wie?«

Vereinzelte Zurufe bestätigten ihm dies.

»Das Lachen wird Ihnen vergehen«, sagte da eine eisige, unheimlich klingende Stimme. Die Dr. Satanas-Puppe richtete sich langsam auf und wandte die graue, blasige Fläche dem Zuschauerraum zu. Die Stimmenwandlung war gewaltig.

»Ich versuch es ... die Sache sehe ich mir aus der Nähe an.« Larry Brent erhob sich, doch er schaffte es nicht.

Die Leute in der ersten Reihe waren zuerst am Bühnenaufgang. Eine langbeinige Frau in glitzerndem Kostüm und dazu passender Handtasche war zuerst auf der Bühne.

Insgesamt fünfzehn weitere Interessenten kehrten auf ihre Plätze zurück.

Arturo lachte leise und schlug vor, im zweiten Teil seiner Show nochmals einen Versuch zu unternehmen. »Es ist nicht ausgeschlossen, dass Dr. Satanas erneut sein Aussehen verändern will. Zuerst aber muss er sich mit einem Gesicht begnügen.«

Der Bauchredner erhob sich von seinem Platz und ließ seine Puppe auf der harten, grob zusammengezimmerten Bank zurück, auf der sie beide die ganze Zeit über gesessen hatten, nahe am vorderen Bühnenrand.

Arturo begrüßte die junge Frau, die sich für das Experiment zur Verfügung stellen wollte und bat sie, sich vorzustellen.

»Ich heiße Glenda Milford, und ...« Weiter kam sie nicht. Viele Leute lachten und spendeten spontan Beifall. Arturo hob kaum merklich die Augenbrauen. »Sie scheinen hier nicht ganz unbekannt zu sein!«

Glenda Milford ließ ein silberhelles Lachen hören und zupfte ihren engen Rock zurecht. Mit kecker Handbewegung strich sie das locker fallende, brünette Haar aus ihrem Gesicht. »Nicht ganz, Mister Arturo. Ich bin Journalistin und arbeite für die New York Post. Meine Kolumne Was in der Stadt passiert ist sehr bekannt. Es kommen oft recht unangenehme Dinge zur Sprache. Manchmal auch heitere. Ich bin gespannt, was ich über mein erstes Bühnenerlebnis berichten kann.«

Glenda Milford war eine gutaussehende Frau jenseits der Dreißig. Lampenfieber hatte sie nicht, und sie redete locker, als führe sie eines ihrer Interviews.

Arturo forderte alle auf, sich das Gesicht der offensichtlich bekannten Frau genau einzuprägen.

Dann führte er Glenda in die Bühnenmitte zurück und klatschte in die Hände.

Von der Seite her strahlte ein bernsteinfarbenes Licht.

Nun war zu sehen, dass sich außer dem Bauchredner, der Journalistin und der Dr. Satanas-Puppe noch zwei lebensgroße Puppen auf der Bühne befanden. Sie hielten ein schwarzes Tuch in den Händen, das wie eine Trennwand zur Bühne wirkte.

»Ich werde Miss Milford jetzt hinter diese Wand führen«, erklärte Arturo. »Dann kehre ich zur Bank zurück, auf der die gesichtslose Puppe sitzt und mich erwartet. Ich verspreche Ihnen, dass die Puppe in drei Minuten das Aussehen von Miss Milford erhält. Zu diesem Zweck muss ich sie mir jedoch einen Moment genau ansehen. Bitte haben Sie dafür Verständnis.«

Er führte die schlanke Frau hinter das schwarze Tuch. Sie wurde den Blicken des Publikums entzogen, und nur sie bekam in diesen Sekunden mit, was wirklich geschah.

Glenda Milford stand vor den beiden mannsgroßen, maskenhaft starren Puppen. Sie fühlte sich hinter dem schwarzen Vorhang mit einem Mal unbehaglich und hatte das Gefühl, nicht mehr auf der Bühne zu stehen.

Nach Arturos Worten war im Zuschauerraum erwartungsvolle Ruhe eingetreten.

»Darf ich Ihre Handtasche haben?«, wisperte der Bauchredner.

Aus der Nähe, trotz des geisterhaften Zwielichts auf der Bühne diesseits des schwarzen Vorhangs, konnte Glenda Milford erkennen, dass er nicht mehr der Jüngste war. Er hatte ein zerfurchtes Gesicht, und wenn er redete, war zu erkennen, dass seine Zähne ungleichmäßig lang waren. Auffallend waren die herausragenden Schneidezähne, und Glenda drängte sich unwillkürlich der Gedanke auf, dass der Mann eine gewisse Ähnlichkeit mit dem berühmt-berüchtigten König der Vampire, Graf Dracula, hatte.

Sie registrierte aus der Nähe auch Hautwucherungen an Augen und Wangen. Selbst das dick aufgetragene Make-up konnte die Mängel nur schwer verbergen.

Glenda Milford lächelte flüchtig und reichte die Tasche wunschgemäß dem Bauchredner.

»Die Puppe soll Ihnen doch so ähnlich wie möglich sein, nichtwahr?«, fragte der Mann leise, und als er sprach, verzog er die Oberlippe so sehr, dass sie wieder die beiden herausragenden Schneidezähne sehen konnte.

Arturo war kein schöner Mensch!

Wahrscheinlich war dies der Grund, warum er seine Puppen umso auffallender gestaltete und nur auf einer schlecht ausgeleuchteten Bühne auftrat. Er lenkte von sich ab. Glenda überlegte noch, ob sie ihre Beobachtungen und Stimmungen in ihrem Bericht über ihre Begegnung mit Arturo schildern sollte. Sie nahm normalerweise kein Blatt vor den Mund, und ihre spitze Feder war gefürchtet.

Aber zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie das Gefühl, dass es besser war, sich zurückzuhalten. Sie bereute ihre Entscheidung, sich gemeldet zu haben.

Arturo nahm die Tasche an sich, und sie hatte das Gefühl, als wäre gleichzeitig eine schattenhafte Bewegung neben ihr. In dem gläsernen Auge der direkt vor ihr stehenden Puppe sah sie es aufleuchten und zuckte zusammen.

Dann erkannte sie, dass es nur die Lichtreflexe waren, die durch die unruhig flackernde Kerze auf dem Sockel verursacht wurden. Sie schalt sich eine Närrin, dass sie sich so kindisch benahm.

Glenda lächelte.

Sie hätte es nicht getan, wäre ihr die Bewegung zwischen den beiden leblos stehenden Puppen aufgefallen. Die linke Hand einer Puppe kam lautlos und langsam aus dem Schatten hervor. Zwischen den hölzernen Fingern schimmerte ein kleiner gefiederter Pfeil. Glenda Milford war noch auf den Bauchredner fixiert, so dass ihr die Bewegung entging. Der Pfeil wurde geworfen. Die Spitze traf die Journalistin oberhalb des Gesäßes.

Glenda fühlte einen kurzen, spitzen Schmerz.

Die Nadel war mit dem starken Betäubungsgift getränkt, das unverzüglich in die Blutbahn und von dort in das Hirn und Nervenzentrum gelangte.

Die Journalistin wäre zu Boden gestürzt, doch die Hände der Puppen griffen schnell zu.

Arturo grinste teuflisch. Er hielt eine winzige, rasiermesserscharfe Klinge in der Hand, die er blitzschnell hob.

Das starke Gift wirkte sich bereits auf ihren ganzen Organismus aus.

Die Journalistin spürte nicht, wie die Klinge angesetzt und ein schneller Schnitt vollzogen wurde. Der unheimliche Bauchredner löste ein etwa daumennagelgroßes Hautstück von ihrer linken Halsseite und trat dann vor den schwarzen Vorhang.

Das indirekte Licht erlosch automatisch.

Mit schnellem Schritt trat Arturo vor das Publikum und schwenkte fröhlich die Handtasche der Journalistin.

Seit Glenda Milfords Abwesenheit war noch keine Minute vergangen.

»Ich soll Sie herzlich von Glenda Milford grüßen!«, rief er.

»Sie hat mir ihre Tasche mitgegeben. Wenn Dr. Satanas schon ihr Aussehen annimmt, soll er wenigstens auch einen persönlichen Gegenstand von ihr besitzen. Umso echter wirkt sie. Leider ist es mir nicht gelungen, sie davon zu überzeugen, dass die Puppe auch ihr Kostüm tragen müsse.«

Gelächter kam auf.

Arturo wandte sich der Puppe zu, hängte ihr die Tasche ans Handgelenk und bearbeitete dann mit den bloßen Fingern das Gesicht, das, wie die Zuschauer im Saal meinten, aus einer formbaren Plastilinmasse zu bestehen schien.

Was niemand sah, war die Manipulation, die Arturo mit unglaublicher Fingerfertigkeit zustandebrachte.

Die Bühne war zu dunkel und das Hautstück zu klein, als dass man diese Einzelheiten hätte sehen können.

Man sah nur die beweglichen, schmalen Finger des Mannes, der das Gesicht formte.

In Wirklichkeit brauchte er nur das frische, noch blutige Hautstück auf die Stelle in die gesichtslose Fläche zu setzen, wo in etwa der Punkt zwischen den Augen lag.

Die graue Masse veränderte sich in dem Augenblick. Sie bewegte sich unter den Fingern des Mannes, der von sich behauptete, in drei Minuten das Gesicht einer ihm zuvor wildfremden Person modellieren zu können. In Wirklichkeit geschah durch das Hautstück alles von allein.

Unter Arturos Händen entstand meisterhaft nachgebildet Glenda Milfords Gesicht.

Sogar die Frisur stimmte.

Auf der Bank in der Nähe des Bühnenrands saß täuschend ähnlich jene Frau, die vor drei Minuten die Bühne betreten hatte. Nur die Kleidung stimmte nicht.