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Dr. Satanas Killercomputer Auf Mallorca geht Larry der Spur eines mysteriösen Ereignisses nach. Ein merkwürdiger Mann, namens Hopeman verspricht zwei älteren Frauen des gehobenen Standes, ihnen den Mann ihrer Träume zu verschaffen. Doch der Euphorie folgt alsbald die Ernüchterung, denn die Traummänner entpuppen sich als mordende Roboter. Gebeine aus der Hexengruft Morna Ulbrandson, alias X-GIRL-C, und ihr Kollege Larry Brent fahren in das kleine englische Dorf Brimsley, um dort eine Jugendfreundin Mornas zu besuchen, Peggy Langdon. Die ist allerdings erkrankt und leidet unter einer rätselhaften Schwäche, der auch ein Jahr zuvor die Frau des Apothekers zum Opfer fiel. Die Schwäche befiel die junge Frau nachdem sie die entweihte Kapelle der Cynthia Maniot besichtigt hat, welche vor über 300 Jahren als Hexe verbrannt werden sollte, aber vorher verstarb. Vor ihrem Tod hat sie sich nach wochenlanger Folter dem Teufel verschrieben und Rache geschworen. Seitdem sterben immer wieder Menschen, die sich der Kapelle näherten.
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Seitenzahl: 258
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DAN SHOCKERS LARRY BRENT
BAND 38
© 2014 by BLITZ-Verlag
Redaktion: Jörg Kaegelmann
Fachberatung: Robert Linder
Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati
Titelbildgestaltung: Mark Freier
All rights reserved
www.BLITZ-Verlag.de
978-3-95719-838-9
von
Dan Shocker
Er fühlte sich schon seit Tagen nicht richtig gesund.
Bill Morgan lebte allein. Von Beruf war er Vertreter und konnte sich seine Touren einrichten, wie er wollte. Allerdings musste er einen bestimmten Umsatz vorweisen, um sich das Wohlwollen seines Chefs zu sichern. Dem war es egal, ob er in der Woche zwei, fünf oder sieben Tage arbeitete. Hauptsache, am Monatsende stimmte die Kasse.
Als Bill an diesem Nachmittag aus dem Bett stieg, fühlte er sich schwach und kraftlos. Ich muss etwas essen, dachte er, sonst wird's überhaupt nicht besser.
Benommen saß er minutenlang auf dem Bettrand und starrte vor sich hin.
Sein Schädel brummte, und Bill hatte das Gefühl, er trüge ein Zentnergewicht auf seinen Schultern. Er atmete tief durch und griff sich an die Stirn, um festzustellen, ob sie sich heiß anfühle.
Das war zwar nicht der Fall, aber trotzdem stutzte er, als er seinen Kopf betastete.
Die Stirn befand sich so weit hinten und oben.
Funktionierte etwa sein Tastsinn nicht mehr? War seine Erkrankung doch ernsthafterer Natur und es angebracht, einen Arzt aufzusuchen? Viel hielt er nicht davon, aber manchmal war das nicht zu vermeiden.
Verflucht! Dass es ihn so erwischen musste!
Sein Blick fiel auf die Uhr. Es war bereits nachmittags. Seit gestern Abend lag er im Bett und hatte noch nichts zu sich genommen.
Mühsam richtete er sich auf. Der Druck in seinem Schädel verstärkte sich, als er durch das Zimmer wankte. Um zur Küche zu kommen, musste er den Korridor durchqueren. Dort hing ein mannshoher Spiegel.
Es traf ihm wie ein Blitz, als er sein Abbild – genau genommen seinen Kopf – sah.
An ihm war nichts Menschliches mehr. Auf seinen Schultern zeigte sich ein Pferdeschädel mit großen, rollenden Augen.
Panikartig riss er die Arme hoch und beobachtete, wie seine Hände den kantigen, länglichen Schädel betasteten. Er fühlte jede Einzelheit, die Knochen, die Haut – deshalb war ihm vorhin alles so merkwürdig erschienen.
Es war wie ein Fiebertraum. Er sträubte sich gegen das, was er erblickte, aber das teuflische Bild verschwand nicht. Was ist los mit mir?, fragte er sich und versuchte, seine Gefühle zu ordnen. Alles war so unlogisch, so unverständlich und ließ kein Schema erkennen. Eine Mischung aus Angst, Ratlosigkeit, Verwunderung und Ungläubigkeit überkam ihn.
Als es auf einmal klingelte, ruckte Bills Pferdekopf herum und er erstarrte.
Besuch am späten Nachmittag? Das konnte nur Judy sein. Auch das noch!
Wieder klingelte es.
Schwerfällig bewegte sich Bill auf die Tür zu und griff mechanisch nach dem Hörer der Sprechanlage.
»Ja? Wer ist da?« Seine Stimme klang unverändert, trotzdem sie aus dem Pferdemaul kam.
»Ich bin's, Judy!« Also doch! Bill atmete tief durch. »Du ...«, begann er und wollte sagen:
»Du musst gehen, Judy. Tut mir leid! Ich fühle mich nicht wohl und kann niemand empfangen.« Aber aus seiner Kehle drang etwas völlig anderes.
»Ah, Judy, mit dir hatte ich nicht gerechnet.«
»Umso größer muss die Überraschung für dich sein. Ob im positiven oder negativen Sinn, das überlasse ich dir.« Sie lachte leise. Er mochte dieses Lachen. »Du hast hoffentlich im Augenblick keinen Damenbesuch?«
»Nein, wie kommst du denn darauf?«
»Man kann nie wissen! Nun drück schon auf den Knopf! Oder willst du mich hier unten versauern lassen?«
»Natürlich nicht.« Seine Hand lag bereits auf dem Türdrücker, und wenig später hörte er den Lift nach oben rauschen.
Bill Morgan handelte nicht nur gegen seinen ursprünglichen Willen, er merkte auch, dass es ihm beinahe satanische Freude bereitete, Judy in seine Wohnung zu locken. Er reagierte völlig anders, als es sonst seine Art war.
In seinen Augen glomm ein wildes Licht, als er hörte, wie die Aufzugstür zurückwich und sich leichte Schritte der Wohnungstür näherten.
Als er öffnete, blieb er aber hinter der Tür stehen.
Judy war hochgewachsen, schlank, und um ihre langen Beine hätte sie jedes Mannequin beneidet.
»Hast du vor, mich zu überraschen?«, fragte die charmante dunkelhaarige Amerikanerin, noch ehe sie vollends im Raum stand.
Da knallte die Tür hinter ihr zu.
Judy blieb kerzengerade stehen und schloss die Augen. »Du wusstest, dass ich komme, nicht wahr?«, fragte sie leise. »Und du hast natürlich eine Überraschung für mich vorbereitet.«
Sie öffnete die Augen wieder einen Spalt, wandte sich aber noch immer nicht um. Das war auch nicht mehr nötig. Von der Stelle aus, an der sie stand, konnte sie in den Flurspiegel sehen. Und sie gewahrte das Ungeheuer, das hinter ihr stand, sie um Haupteslänge überragte und einen Pferdekopf auf den Schultern trug.
Sie zuckte zusammen, überlegte, ob sich Bill einen Scherz erlaubte und eine Maske aufgesetzt hatte, oder ob ...Zu weiteren Überlegungen kam Judy nicht, denn Bill Morgans Hände legten sich blitzschnell um ihren Hals und drückten hart und unerbittlich zu. Verzweifelt wehrte sie sich, schlug mit der Handtasche um sich, traf den riesigen Schädel, vermochte aber nichts auszurichten. Bill würgte sie, bis kein Leben mehr in ihr war, schleifte den schlaffen Körper durch die Wohnung und warf ihn achtlos in seinen Kleiderschrank. Der Mann mit dem Pferdekopf hatte zum ersten Mal zugeschlagen.
»Meinst du, dass er heute kommt?«, fragte die achtundfünfzigjährige Anna Lehner ihre Gesprächspartnerin Melanie Burgstein. Die beiden Frauen saßen auf der Frühstücksterrasse des Hotels Sol auf Mallorca.
Warm schien die Sonne, das Meer schimmerte blau wie Tinte, und sanft spielten die Wellen an den Klippen. Um diese Jahreszeit waren die Strände noch nicht überfüllt, und die Bedienung reagierte besonders freundlich, weil niemand überarbeitet war. Im Frühjahr konnte man sich noch Zeit für die Gäste nehmen.
»Warten wir es ab«, sagte Melanie Burgstein. Sie war einige Jahre älter und ihr silbergraues Haar mit violettgefärbten Strähnen durchsetzt. Beide Frauen machten einen gepflegten, eleganten und wohlhabenden Eindruck.
Dieser Eindruck war berechtigt.
Anna Lehner war Besitzerin einer gut florierenden Boutique in München.
Melanie hatte als junge Frau einen reichen Industriellen geheiratet – nicht der Liebe, sondern des Geldes wegen. Seit ihr Mann vor fünfzehn Jahren das Zeitliche gesegnet hatte, war sie Alleinerbin eines ansehnlichen Vermögens. Sie behängte sich mit Schmuck, ließ ihre Modellkleider nur im Salon von Anna Lehner fertigen und führte ein sorgloses Leben.
Regelmäßig fuhren beide Frauen zur Kur in deutsche Badeorte und machten jeweils im Frühling und im Herbst Urlaub im Süden.
Trotz ihres Geldes waren sie oft allein. Sie erzählten sich aus ihrer Jugend, von den Liebhabern, die sie hatten, und von den Abenteuern, die sie erlebt hatten und noch erleben mochten. Sie sprachen an diesem Morgen besonders von dem Fremden, dessen Bekanntschaft sie in den letzten Tagen gemacht hatten, der sich als hervorragender Unterhalter erwies, weit gereist, belesen und recht intelligent war.
Man konnte über alles mit ihm reden. In einer Bodega, wo die gut situierten Damen Calamare gegessen und einen vorzüglichen Rotwein getrunken hatten, war das Problem der Liebe ab einem bestimmten Alter zum ersten Mal angesprochen worden.
Jede von ihnen sollte schildern, wie sie sich den Mann ihrer Träume vorstellte. Dabei kam heraus, dass beide Frauen eine Schwäche für junge Männer hatten.
Anna Lehner war die Idee mit dem Katalog gekommen. Sie scherzte damit, dass es wohl eines Tages möglich sein werde, einen Mann nach Maß aus dem Versandhaus zu erhalten.
Der seltsame Begleiter hatte charmant gelächelt, über sein dünnes Lippenbärtchen gestrichen und gemeint: »Wenn Sie mir Ihre Wünsche äußern, könnte ich vielleicht etwas für Sie tun.«
Der Rotwein hatte ihre Gemüter erhitzt und sie ließen sich ausgiebig und scherzhaft über dieses Problem aus. Mister Hopeman, wie er sich ihnen vorgestellt hatte, nahm aber das Ganze verteufelt ernst – und die Frauen nahmen ihn beim Wort!
Melanie Burgstein belegte ein knuspriges Brötchen, warf dabei einen Blick über die Terrassenbrüstung und stutzte. »Hola«, sagte sie, sich unwillkürlich eines spanischen Wortes bedienend. »Da kommt unser geheimnisvoller Mister Hopeman. Aber allein.«
Anna Lehner setzte die Tasse ab und wandte den Blick in die angegebene Richtung. »Er hat den Mund ein bisschen zu voll genommen«, meinte sie, atmete tief durch, und ihr üppiger Busen hob und senkte sich. Sie trug für ihr Alter und ihre eher üppige Figur einen viel zu knappen Pulli, und wenn man sie zum ersten Mal sah, gewann man den Eindruck, dass sie von Eleganz und Schick keine Ahnung hatte. Umso erstaunlicher, dass ausgerechnet sie einen eigenen Modesalon unterhielt und die bessere Gesellschaft Münchens und Umgebung zu ihrem Kundenstamm zählte. Sie lachte leise. »Ich habe ihn ohnehin nicht ernst genommen.«
Melanie Burgstein blickte sie von unten herauf an. »Na, na, na«, entgegnete sie und spielte mit dem Saphirverschluss ihrer sündhaft teuren Perlenkette. »Ich hatte einen völlig anderen Eindruck. Mir kam es so vor, als ob du es kaum erwarten könntest, bis Mister Hopeman seine Supermänner vorstellt.«
»Schön, Melie, vielleicht hast du recht.« Anna Lehner spitzte die Lippen. »Er kam mir ein bisschen wie ein Zauberer vor. Ein Mann, der zu Dingen fähig ist, die man sich erträumt. Komisch – er hat so überzeugend gewirkt.«
Bert Hopeman ging durch den Speisesaal über die Terrasse, begrüßte die Damen jovial und war bester Stimmung. »Wunderschöner Morgen! So kann man es aushalten«, sagte er fröhlich und blickte sich in der Runde um.
»Sind Sie nur gekommen, um uns das zu sagen?«, fragte Anna spitz. Der Unterton in ihrer Stimme war unüberhörbar. Alles war schließlich nur ein Witz gewesen, den sie sich in ihrer ausgelassenen Stimmung erlaubt hatten. Sie musterte Hopeman, wie er an der Brüstung stand und den Blick weit über das Meer richtete. Seine Augen befanden sich in stetiger Bewegung. Die Ausstrahlung des Dunkelhaarigen und die Aura, die ihm anhaftete, unterschied ihn von anderen Männern.
Um Hopemans Lippen zuckte es. »Sie denken, ich hätte mein Versprechen nicht gehalten?« Die Freundinnen warfen sich einen schnellen Blick zu.
»Sie kommen gleich, meine Damen. Der Trip vom Flugplatz braucht seine Zeit«, fuhr Hopeman unbeirrt fort. »Ah, aber da kommt das Taxi schon!«
Melanie Burgsteins Messer klapperte gegen den Teller. Sie reckte den Kopf, sah den Wagen an der Palmengruppe am Ende des asphaltierten Weges, aus dem zwei Männer stiegen.
Melanie Burgstein fiel auf, dass das Taxi sofort wieder davonfuhr, ohne dass einer der beiden Insassen, die kein Gepäck bei sich trugen, bezahlt hatte, aber vielleicht war dies auch schon im Wagen geschehen.
Anna Lehner setzte ihre Brille auf. »Das gibt es doch nicht«, entfuhr es ihr. Sie sah abwechselnd von Bert Hopeman zu ihrer Freundin und schließlich zurück zu den beiden Männern, die sich angeregt unterhielten, als hätten sie sich zufällig getroffen. Einen der Fremden musterte sie besonders intensiv.
Er war groß, hatte breite Schultern und schmale Hüften – ein athletischer Typ. Das Alter des dunkelblonden Hünen lag etwa zwischen fünfunddreißig und vierzig.
Genauso hatte Anna ihn sich gewünscht. Ein Mann wie aus dem Bilderbuch.
Der zweite war dunkel, wesentlich schmaler und machte einen ruhigeren und sensibleren Eindruck.
Melanie Burgstein hatte sich einen Mann von vornehmer Lebensart gewünscht, einen, mit dem sie über Kunst und Literatur sprechen konnte, der klug und intelligent war, verbunden mit einigen körperlichen Vorzügen.
»Ihre Supermänner, meine Damen«, meldete sich Hopeman wieder, und in seinen dunklen, unergründlichen Augen blitzte es kurz auf, was den Frauen jedoch entging. »Genau wie Sie sich den Mann Ihrer Träume vorgestellt haben. Dort unten wartet er auf Sie.«
»Wo haben Sie die Burschen aufgetrieben, Mister Hopeman?«, fragte Anna Lehner interessiert und mit einem Lächeln auf ihren Lippen. »Sie sind ein Hexenmeister. Er entspricht genau meiner Vorstellung.« Sie presste mehrmals die Augen zusammen und kniff sich in die Seite. »Sonderbar«, fuhr sie fort. »Zuerst dachte ich, alles sei nur ein Spaß, dann war ich überzeugt, Sie könnten tatsächlich zaubern, und jetzt kommt mir wieder alles wie ein Traum vor.«
»Sie träumen nicht, Frau Lehner!« Hopeman hielt es für angebracht, einige genaue Daten zu geben. Er beschrieb zuerst den Dunkelblonden, dann den Schwarzhaarigen, nannte Körpergröße, Augenfarbe und Konfektionsgröße. Er wusste über die beiden Männer genau Bescheid.
»Sind Sie Arzt?«, fragte Anna Lehner.
»Sie kommen mir langsam unheimlich vor«, warf Melanie Burgstein ein, noch ehe die Frage der Freundin beantwortet wurde. »Es stimmt alles so genau, als hätten Sie die beiden Körper nach unserem Wunsch wie Frankenstein zusammengeflickt!«
»Vielleicht aus den besten Leichenteilen, die er erwischen konnte, wie?« Anna Lehner rümpfte die Nase.
»Wie haben Sie das geschafft?«, wollte Melanie Burgstein wissen.
Hopeman ging auf keine der Fragen ein. »Ich wollte Sie überraschen, das hatte ich Ihnen versprochen.«
»Die Überraschung ist Ihnen gelungen«, sagten die Frauen wie aus einem Mund.
»Und wie lernen wir die beiden Prachtexemplare jetzt kennen?« Anna zog ihren Pulli nach unten, so dass er noch strammer saß.
»Einfach an ihnen vorübergehen! Die Herren werden Sie ansprechen. Ich konnte sie schließlich nicht heraufbitten, ohne zu wissen, ob sie Ihnen auch zusagen.«
»Sie sind ein Zauberer, Mister Hopeman«, warf Melanie Burgstein ein.
»Sagen wir, ich habe vielleicht die Möglichkeit, zukünftige Dinge vorauszunehmen. Die Gesetze, die jetzt bestehenden Gesetze«, berichtigte er sich, »sind veränderbar. Man muss nur wissen wie.«
»Manchmal glaube ich, dass ich verrückt bin«, sagte Melanie Burgstein, »wenn ich über ein paar Dinge nachdenke. Wir treffen uns zufällig, kommen ins Philosophieren und äußern Wünsche. Und Sie erfüllen diese – wie in einem Märchenspiel. Sie könnten der Dr. Mirakel aus der Oper Hoffmanns Erzählungen sein oder sonst eine undurchsichtige und unerklärliche Figur, wie zum Beispiel der Mann, der seinen Schatten verkauft. Irgendwie passen Sie nicht in das Schema eines normalen Menschen.«
Sie taxierte ihn.
Hopeman lächelte noch immer. »Wir sollten sie nicht zu lange da stehen lassen, meine Damen«, mahnte er. »Ich glaube, Sie werden erwartet.«
Anna Lehner setzte ihre Brille ab. »Ich habe schon viel erlebt, Mister Hopeman, aber so etwas noch nicht. Aber wir sind keine Spielverderber. Wir haben den Spaß angefangen, und wir führen ihn auch zu Ende. Komm, Melie, auf in den Kampf – doch zuerst ziehe ich mich um, man kann nie wissen.«
Bevor sie gingen meinte sie noch, dass sich nun herausstellen würde, ob nicht nur die körperlichen Vorzüge stimmten, sondern auch die geistigen und charakterlichen. »Wollen doch mal sehen, ob es den Herren nicht um unser Geld geht. Vielleicht denken sie, zwei abgetakelte Fregatten vor sich zu haben, die noch mal der Hafer sticht. Wir sehen uns Ihre Wundermänner sehr genau an, Mister Hopeman, und dann sprechen wir uns wieder.«
»Tun Sie das«, bemerkte Hopeman leise, aber niemand hörte ihn mehr, denn Anna und Melanie waren bereits außer Hörweite. Der rätselhafte Mann mit den dunklen Augen und dem sezierenden Blick blieb an der Brüstung stehen und blickte nach unten.
Minuten später verließen die beiden Freundinnen das Hotel.
Sie schlenderten die Straße entlang, die zu beiden Seiten mit blühenden Blumenbeeten und Palmen flankiert war.
Der dunkelblonde Hüne trat auf die Frauen zu. Er schien sich nach etwas zu erkundigen. Man kam ins Gespräch. Auch der dunkelhaarige Mann schaltete sich ein.
Zehn Minuten später stand die Gruppe noch immer beisammen.
Dann hörte Hopeman das erste leise Lachen. Später gingen die beiden Paare weiter zum Strand hinunter. Hopeman verließ seinen Beobachtungsplatz und tauchte in der Nähe eines kleinen Strandcafés auf. Dort entdeckte er die vier Menschen wieder, die sich angeregt unterhielten und Eis aßen.
Hopeman verzog die Lippen. Es lief alles wunschgemäß. Sein unheimlichstes Experiment zeigte die ersten Früchte. Der Killercomputer funktionierte.
Aber noch stand er am Anfang. Mehr Menschen mussten in seine Gewalt geraten, dann würde es kein Entrinnen mehr aus dem Teufelskreis geben, der sich langsam schloss und von dem noch niemand ahnte, dass er überhaupt existierte.
Anna Lehner und Melanie Burgstein waren zufrieden mit ihren neuen Bekanntschaften.
In einer Bar amüsierten sie sich köstlich, und Anna Lehner kam, als sie kurz am Tisch alleine saßen, darauf zu sprechen, dass dies offenbar der netteste Urlaub würde, den sie auf dieser Insel verbracht hatte.
Sie wusste, es war keine Seltenheit, dass ältere Frauen weitaus jüngere Männer zu Geliebten nahmen, und sie hatte diesbezüglich selbst schon Erfahrungen gesammelt. Aber nie war der Richtige darunter gewesen. Diesmal stimmte alles, und sie spielte mit dem Gedanken, ihren Urlaub zu verlängern.
Am zweiten Abend war sie sich sicher, dass sie das machen würde.
Dann kam der dritte Tag.
Hopeman hatte sich nicht mehr sehen lassen, auch im Hotel war er nicht anzutreffen.
An diesem dritten Abend ging Anna Lehner zum ersten Mal allein mit ihrem Begleiter aus. Der Hüne nannte sich Edwin und war Deutscher. Anna wollte wissen, seit wann er Hopeman kenne. Das sei eine komplizierte Geschichte meinte Edwin und ließ erkennen, dass er darüber nichts sagen wollte. Er wisse aber, dass sich Hopeman mit ungewöhnlichen Experimenten mit Menschen beschäftige. »Er will wohl menschliche Idealbilder schaffen«, schloss Edwin, und Anna erinnerte sich an die Bemerkung mit Frankenstein. Edwins hundertprozentige Übereinstimmung mit ihrer Vorstellung, gab ihr immer wieder zu denken.
War Edwin Bargner wirklich ein Mensch?
Diese Frage drängte sich ihr mehr als einmal auf. War er ein Homunkulus – ein künstliches Geschöpf?
Der Gedanke daran machte sie unruhig. Trotzdem verdrängte sie diese Überlegungen immer wieder. Das wäre dann doch zu phantastisch, sagte sie sich. Aber ebenso wundersam war die Tatsache der Existenz dieses Hünen und auch des Mannes, der Melanie Burgsteins Interesse weckte, und der ebenfalls genau ihren Vorstellungen entsprach. Sie waren beide übereingekommen, mit niemandem über ihre Phantasien zu sprechen. Keiner hätte ihnen geglaubt, sie wären nur ausgelacht worden.
Für diesen Abend hatte Edwin einen Wagen geliehen. Gemeinsam wollten sie eine Spazierfahrt an der Küste machen, verschwiegene Buchten aufsuchen und in der Bodega eines kleinen, verträumten Fischerdorfs zu Abend essen.
Es dunkelte, als Edwin Bargner den Wagen über die kurvenreiche Strecke lenkte. Es war wenig Verkehr. Nur hin und wieder begegnete ihnen ein Fahrzeug, und einmal wurden sie auf der schmalen Küstenstraße überholt.
Das Autoradio spielte, der Himmel war voller Sterne, die Welt schien in Ordnung.
Anna Lehner dachte an vergangene Zeiten und sagte sich, dass für sie das Leben noch einmal anfing.
Der Mann, der den Wagen steuerte, war erst seit drei Tagen ihr Begleiter. Er hatte keine Familie, war alleinstehend und verstand es, auf sie einzugehen. Es stimmte alles.
Kein hässliches Wort fiel, es herrschte stille Harmonie und Sympathie.
Aber das änderte sich von einer Sekunde zur anderen.
Wie zwei riesige flackernde Augen tauchten Scheinwerfer vor ihnen auf.
Anna Lehner schrie, da krachte es auch schon.
Reifen und Bremsen quietschten.
Der Wagen vor ihnen schoss wie eine Rakete um die steile Kurve. Mit überhöhter Geschwindigkeit raste der fremde Fahrer an ihnen vorbei.
Edwins Leihwagen geriet ins Schleudern, kam von der Fahrbahn ab.
Die Tür flog auf. Wie von einer Faust gepackt, wurde Anna vom Beifahrersitz gerissen und landete auf steinigem Boden neben dornigem Gebüsch. Sand und Steine wurden aufgewirbelt und schlugen gegen ihren Körper und in ihr Gesicht.
Der Leihwagen wurde herumgedrückt und blieb krachend an einem Baumstumpf am Straßenrand hängen.
Die roten Lichter des Wagens, der mit überhöhter Geschwindigkeit um die Kurve gefegt war, verschwanden in der Ferne. Der Fahrer kümmerte sich nicht um das Unfallfahrzeug. Er fuhr weiter!
Anna blieb benommen liegen, konnte sich dann aber vorsichtig aufrichten. Das rechte Schienbein und die Hände schmerzten, sie schien sich aber nichts gebrochen zu haben und war nicht ernsthaft verletzt, wenn man von den Schürfwunden absah.
Aber ihr Begleiter saß noch im Auto! Deutlich war seine Silhouette hinter dem Lenkrad zu erkennen. Doch er rührte sich nicht mehr.
Mit unsicheren Schritten ging sie zur Fahrertür.
»Edwin! Edwin?!« Sie riss an der Klinke und musste alle ihre Kräfte einsetzen, um die Tür aufzuziehen. »Hast du dich verletzt?«
Wie erstarrt hockte er hinter dem Lenkrad. Seine Finger hielten das Steuer umklammert und lösten sich steif und roboterartig, als sie ihn ansprach. Er wandte den Kopf und bewegte sich. Er lebte!
Seine Augen erwiderten ihren Blick. Blut lief über seine Stirn und seinen Hinterkopf, tropfte auf den weißen Kragen seines Hemdes und verschwand in seinem Nacken.
Anna zuckte zusammen, als sie die breite Platzwunde an Edwins Hinterkopf entdeckte.
Er tastete nach seinem Kopf und fühlte klebriges Blut, das sich auch am Holm der Fahrertür befand gegen die er geschleudert worden war. »Es ist nicht so schlimm«, sagte er leise und versuchte zu lächeln, aber es gelang ihm nicht überzeugend.
Anna bückte sich nach dem Verbandskasten. Mit einer Mullbinde tupfte sie zunächst das Blut rund um die Wunde ab.
Edwin saß vor ihr, und das indirekte Licht der Scheinwerfer sowie der helle Sternenhimmel ermöglichten ihr eine einigermaßen gute Sicht.
»Es ist schon in Ordnung, danke«, wehrte er ab. »Das ist alles nur äußerlich.« Diesmal gelang ihm sein Lächeln.
Tatsächlich war alles nur halb so schlimm. Offenbar waren einige Blutgefäße geplatzt und das sofort herausschießende Blut hatte alles viel gravierender erscheinen lassen. Die Kopfhaut war aufgerissen, und die blutverschmierten Haare klebten daran. Dazwischen funkelte etwas wie ein Golddraht. Anna hielt es im ersten Moment für ein besonders kräftiges und hellblondes Haar.
Aber dann fuhr sie zusammen – das war ein Draht! Er ragte ein wenig aus der Platzwunde!
Anna blieb keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, denn Edwins Hände griffen nach ihr. Er riss sie blitzartig heran. Sie fiel auf die Knie und schrie.
Wie Zangen legten sich seine Hände um ihren Hals.
»Edwin!«, gurgelte sie und riss die Augen auf. »Du willst ... mich ... umbringen?« Ihre Stimme wurde zu einem Keuchen, und eisiges Entsetzen peitschte durch ihren Körper.
Die Augen des Mörders flackerten wild, als sich Anna heftig zur Wehr setze, aber ihre Kräfte schwanden.
Da schnellte etwas wie ein schwarzer Blitz durch die Luft. Aus den Augenwinkeln heraus nahm sie eine Bewegung wahr, fühlte, wie Edwins Hände von ihrem Hals gerissen wurden. Anna taumelte auf die Seite, und wie durch einen Schleier sah sie einen Fremden, der ihren Angreifer emporriss und einen Haken versetzte, dass ihm der Kopf nach hinten gerissen wurde.
Edwin griff nach der offenen Fahrzeugtür und wollte sich festhalten, aber er wurde kraftlos und kippte auf die Seite. Mit dem Rücken schlug er auf die Kühlerhaube und rutschte dann langsam nach vorn auf den Boden.
Der mutige Helfer kümmerte sich derweil um Anna, die unter Schock stand. »Wie fühlen Sie sich?«, fragte er mit ruhiger Stimme.
Anna Lehner zitterte. Sie war im ersten Moment unfähig, etwas zu sagen. »Danke«, krächzte sie dann und hustete. Ihr Hals fühlte sich an wie ein Reibeisen. »Sie sind ... gerade zur rechten Zeit gekommen ... er wollte ... mich töten.«
Der Retter in der Not war ihr behilflich, auf die Beine zu kommen. Er flößte ihr auf den ersten Blick Vertrauen ein. »Es tut mir leid, dass ich nicht schon früher gekommen bin, dann wäre es vielleicht nicht passiert«, sagte er. »Ich beobachte Sie schon seit zwei Tagen.«
Anna Lehners Augen wurden schmal. »Seit zwei Tagen?«
»Und heute Abend bin ich Ihnen nachgefahren. Dass ich erst jetzt komme liegt daran, dass ich nur knapp einem Unfall entging. Ich hörte den Schlag, als Ihr Wagen zum Stehen kam. Hier an der Küste vernimmt man um diese Zeit kilometerweit jedes laute Geräusch. Ich sah den roten Wagen auf mich zuschießen und steuerte so weit nach rechts wie möglich. Zum Glück war an dieser Stelle die Straße etwas breiter, es gab eine Ausweichmöglichkeit. Durch das heftige Bremsmanöver ist jedoch ein Reifen meines Wagens geplatzt, und ich musste zu Fuß weitergehen. Leider war es weiter, als ich zunächst glaubte.«
»Dann ist Ihnen der Kerl also auch begegnet«, sagte Anna und spielte auf den Unfallfahrer an. »Ein Verrückter oder Betrunkener! Er scheint sich vorgenommen zu haben, die Küstenstraße als Rennstrecke zu benutzen.« Anna blickte den Mann vor sich aufmerksam an. »Wer sind Sie? Wieso beobachten Sie mich seit zwei Tagen? Sind Sie von der Polizei? Detektiv? Hat Mister Hopeman Sie engagiert?«
»Ich heiße Larry Brent«, stellte sich ihr Gegenüber vor. »Ich gehöre nicht zur Polizei, Detektiv kommt der Sache schon näher. Und was Mister Hopeman betrifft, den Sie gerade erwähnt haben so muss ich sagen, dass ich diesen Herrn nicht kenne. Wieso ich Sie beobachte: Vielleicht hängt das mit Ihrem Mister Hopeman zusammen!«
»Aber eben sagten Sie noch, dass Sie ihn nicht kennen.«
»Das schließt jedoch nicht aus, dass dieser Mister Hopeman vielleicht schuld daran ist, dass ich zwei Tage lang praktisch nicht von Ihrer Seite gewichen bin.«
»Hat das mit Edwin zu tun? Er wollte mich ermorden, ich begreife das nicht, ich ...« Ihr fehlten die Worte, und sie konnte nicht ausdrücken, was ihr durch den Kopf ging.
»Ich erkläre Ihnen das alles später, Mrs. Lehner.«
»Sie kennen meinen Namen?«
X-RAY-3 lächelte. »Einem guten Detektiv bleibt das nicht verborgen.«
Sie fuhr sich durch das Haar. »Wenn Sie uns beobachtet haben, dann haben Sie doch etwas gewusst oder geahnt. Der Mordanschlag ... war er vorauszusehen?«
Larry Brent zuckte die Achseln. »Ein Mordanschlag – das wage ich nicht zu sagen. Es hätte auch etwas anderes sein können. Zum Beispiel eine Entführung.«
Anna Lehner dachte kurz nach. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich bin zwar nicht unvermögend, aber da gibt es niemand, der ein Lösegeld zahlen würde. Ich habe keine Angehörigen.«
»Man kann Menschen aus verschiedenen Gründen entführen. Zum Beispiel auch, um verbotene Experimente mit ihnen durchzuführen. In der letzten Zeit verschwanden viele Personen, gleich welchen Alters und Standes – weltweit.«
»Experimente mit Menschen?« Anna Lehner fror. Schreckliche Gedanken kamen ihr, und sie musste wieder an die Gespräche mit Hopeman denken. Die beiden nach Maß bestellten und gelieferten Männer! Versuche mit Fleisch und Blut, mit Genveränderungen? Hopeman, ein moderner Frankenstein?
Larry Brent ging an ihr vorüber, um sich Edwin anzusehen. Sie folgte dem PSA-Agenten.
Sie wollte an ihm vorbei, aber Larry hielt sie am Arm fest. »Nicht, lassen Sie! Ich glaube, es ist besser, wenn Sie nicht hinsehen.«
Aber Anna befolgte diesen Rat nicht. Sie reckte den Kopf und blickte über Larrys Schultern – und schrie auf.
Der Mann, mit dem sie seit Tagen zusammen war, veränderte sich auf schreckliche Weise.
Seine glatten Gesichtszüge wurden faltig, die Augen wichen zurück, und der dicht behaarte Schädel zeigte mit einem Mal nur noch vereinzelt ein paar Haare, die anderen fielen aus.
Ein alter, ausgesprochen hässlicher Mann lag vor dem eingedrückten Wagen und hatte nicht mehr die geringste Ähnlichkeit mit dem athletischen Edwin!
Anna Lehner wollte etwas sagen, aber kein Laut drang über ihre Lippen. Das war alles zu viel für sie. Larry sah, wie sie schwankte und fing sie auf.
Als Anna Lehner wieder zu sich kam, lag sie in ihrem Hotelzimmer. Es war alles nur ein Traum, dachte sie erleichtert.
»Wie fühlen Sie sich, Mrs. Lehner?«, fragte eine Stimme neben ihr. Der Mann aus dem Traum, Larry Brent, dessen Stimme sie kannte, saß neben ihrem Bett.
Anna fuhr erschreckt zusammen, aber der Amerikaner gab ihr zu verstehen, dass sie keine Angst zu haben brauchte und die Gefahr gebannt sei.
»Der Unfall ... Edwin ... alles ... war wahr?«
»Ja.«
»Wie komme ich hierher?«
»Es gelang mir, kurz nach Ihrer Ohnmacht einen Wagen anzuhalten, und der Fahrer nahm uns mit. Ich habe umgehend die Guardia Civil informiert und die Sache mit dem Unfall wird bereits geregelt. Den verrückten Fahrer haben sie in der Zwischenzeit auch geschnappt. Er fuhr die gesamte Küstenstraße entlang, hat zwei Radfahrer gerammt und drei weitere Autos in den Straßengraben gedrückt. Man kann von Glück reden, dass nicht mehr passiert ist.«
»Trotz allem hatte die Angelegenheit auch ihr Gutes«, sagte Anna Lehner mit schwacher Stimme. »Der Unfall mit Edwin. Er hat etwas Schreckliches an den Tag gebracht, nicht wahr?«
»Das ist richtig. Aber die wahren Hintergründe wären vielleicht doch noch an den Tag gekommen. Allerdings viel später. Etwas sollte mit Ihnen exerziert werden. Wenn ich nur wüsste was! Deshalb aber bin ich hier, Mrs. Lehner. Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten und habe einige Fragen an Sie. Die Beantwortung ist unter Umständen sehr wichtig. Lebenswichtig für Sie und andere.«
»Melie!«, entfuhr es Anna, als käme ihr plötzlich eine Erleuchtung.
»Die Polizei sucht bereits nach Melanie Burgstein. Ich habe nach dem Vorfall mit Ihnen sofort alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den momentanen Aufenthaltsort Ihrer Freundin festzustellen. Leider war das nicht möglich. Ich konnte mich vorerst nur auf eine Person konzentrieren, das sind Sie gewesen, Mrs. Lehner. Leider ist es mir nicht möglich, an zwei Orten gleichzeitig zu sein.«
Bevor er seine Fragen stellen konnte, wollte Anna Näheres darüber wissen, was nach ihrer Bewusstlosigkeit geschehen war. Vor allen Dingen interessierte sie sich für den Mann, von dem sie nur den Vornamen kannte: Edwin.
»Er lebt. Man wird ihn beobachten. Die Polizei hat ihn in Gewahrsam«, erklärte Larry Brent.
Mit leiser Stimme und geschlossenen Augen sagte Anna Lehner: »Er ist kein normaler Mensch. Hopeman ist ein Teufel! Der Vorschlag, den wir ihm gemacht haben, war ungeheuerlich und einer Laune entsprungen. Aber er hat es ernst genommen und geliefert: Menschen! Sie sind halb Mensch, halb Roboter, nicht wahr?«
»Ich weiß es nicht. Ich hoffe, mehr von Ihnen zu erfahren.«
»Doch, doch, ich weiß es. Ich habe das Blut von seiner Kopfwunde abgetupft. Dabei habe ich den Draht gesehen.«
»Bitte, erzählen Sie mir alles der Reihe nach.«
Larry Brent erfuhr die ganze Vorgeschichte, die erste Begegnung der beiden befreundeten Frauen mit Bert Hopeman, von dem sich keine ein richtiges Bild machen konnte. Anna Lehner schilderte den angeblichen Amerikaner als eine undurchsichtige und rätselhafte Persönlichkeit, der mit finsteren Mächten in Verbindung stehen könnte.
Nach dem Gespräch verließ X-RAY-3 das Hotel. Nachdenklich lief er zum Strand hinunter, wo sich kein Mensch mehr aufhielt. Hier in der Einsamkeit hatte Larry die nötige Ruhe, seinen Überlegungen nachzuhängen.
Und unten am Ufer bot sich eine ausgezeichnete Möglichkeit, mit dem geheimnisvollen Leiter seiner Abteilung Kontakt aufzunehmen. Er aktivierte den Mikrosender in seinem PSA-Ring und erstattete Bericht.
»Es scheint sich zu bewahrheiten, dass wir es tatsächlich mit einem Gegner zu tun haben, der uns immer größere Schwierigkeiten bereitet«, sagte X-RAY-3 abschließend und seine Worte wurden tausende von Kilometern entfernt auf der anderen Seite des Ozeans klar und deutlich empfangen. »Keinen Hinweis gibt es auf die Entführung, aber das hoffe ich noch zu erreichen. Wer war zum Beispiel dieser Mann, der sich Edwin nannte, aber nicht der Edwin war, den er darstellte? Wie weit ist inzwischen Iwan Kunaritschew in New Jersey, Sir?«
»Er hat den Mann mit dem Pferdekopf noch immer nicht gefunden, X-RAY-3.«
Larry hoffte, durch die Nachforschungen seines Freundes, der in den Staaten einer geheimnisvollen Sache auf der Spur war, weitere Erkenntnisse für seine Arbeit zu erhalten, wie Iwan umgekehrt von Larrys Hinweisen profitieren konnte.
Der geheimnisvolle, bisher nicht gefasste Erzfeind Nummer eins der PSA schien dieses Mal zu einem großen Schlag auszuholen, und man musste alles daransetzen, seine finsteren Pläne noch in der Entwicklung zu stören. Vorausgesetzt, dass man sein Vorhaben rechtzeitig erkannte.
Larry hatte kein gutes Gefühl. Es zeigte sich, dass bereits sehr viel passiert war, ehe die PSA trotz aller Aufmerksamkeit den richtigen Ansatzpunkt gefunden hatte.
Dr. Satanas war wieder aktiv geworden, daran gab es keinen Zweifel!
Satanas war der Mann der tausend Gesichter, und niemand wusste, in welcher Maske er gerade auftrat.