Larry Brent Classic 064: Der Vampir-Killer - Dan Shocker - E-Book

Larry Brent Classic 064: Der Vampir-Killer E-Book

Dan Shocker

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Beschreibung

Wien wird von bizarren Todesfällen erschüttert, und die dortige Kripo glaubt plötzlich an Vampire. Die PSA-Agenten Larry Brent und Iwan Kunaritschew versuchen die Zusammenhänge in diesem mysteriösen Fall zu entschlüsseln.

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Band 64

Dan Shocker

DER VAMPIR-KILLER

Erscheinungstermine „Marotsch, der Vampir-Killer“

05.03.1974 als Zauberkreis Grusel-Krimi Taschenbuch Nr.10

Februar 1975 im Rekord Verlag als Leihbuch (Drucklegung)

Februar 1975 im Rekord Verlag als Paperback (Drucklegung).

24.02.1976 als Silber Grusel-Krimi Nr.111

Oktober 1977 als Silber Grusel-Krimi-Neuauflage Nr.111

© 2014 by BLITZ-Verlag

Redaktion: Jörg Kaegelmann

Fachberatung: Robert Lindner

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Illustration: www.ralph-kretschmann.de

Titelbildgestaltung: Mark Freier

Satz: Winfried Brand

All rights reserved

www.BLITZ-Verlag.de

ISBN 978-3-95719-864-8

Als sich der Schlüssel im Schloss drehte, war Viola Kersky sofort hellwach. „Rolf? Bist du es?“ Sie richtete sich im Bett auf.

„Ja, Liebling“, vernahm sie die vertraute Stimme ihres Mannes. Vom Flur fiel gedämpftes Licht durch den Spalt unter der Tür. Sie blieb im Bett sitzen. Seit Tagen fühlte sie sich schwach und unwohl. Selbst ihr Mann, ein renommierter Arzt, der in Wien eine gut laufende Praxis betrieb, konnte ihr nicht helfen. Ihr Blick ging zum Leuchtzifferblatt des Weckers. Weit nach Mitternacht. Ihr Mann kam von einem Krankenbesuch zurück.

„Wie geht es dir, Liebling?“, fragte Dr. Kersky leise und setzte sich zu seiner Frau ans Bett.

„Nicht viel besser.“

„Du brauchst viel Ruhe.“ Zärtlich streichelte er über ihr schulterlanges Haar.

Sie schloss die Augen. „Das ist einfacher gesagt als getan.“ Sie machte eine Pause. „Gibt es Vampire, Rolf?“

Ihr Mann schreckte kaum merklich zusammen. „Wie kommst du darauf?“

Sie zuckte die Achseln. „Ich kann es nicht begründen. Es ist so ein Gefühl. Ich muss ständig daran denken.“

„Ich werde dir etwas geben“, murmelte er und erhob sich. „Ein Schlafmittel wird dir guttun.“

„Du gibst mir in den letzten Tagen sehr oft Schlafmittel.“ Sie ließ sich seufzend in die Kissen fallen. Selbst das Sitzen strengte sie an. Seit einer Woche schon konnte sie nur minutenweise auf den Beinen sein, und dann nur nachts. Tagsüber lag sie wie tot in ihrem Bett, und sobald es dunkel wurde, erfasste sie eine eigenartige Unruhe.

Ihr Mann kehrte zurück. In der Hand hielt er eine aufgezogene Spritze. Wortlos schob der Arzt seiner Frau den Ärmel in die Höhe, senkte die Nadel vorsichtig in die Vene und drückte den Kolben mit der klaren Flüssigkeit herunter.

„Du bist meiner Frage ausgewichen, Rolf.“ Violas bleiches Gesicht wirkte wie eine Maske.

„Es gibt keine Vampire, Liebes“, entgegnete Rolf. „Das ist Aberglaube! Unfug!“

Sie stöhnte. „Ich habe das Gefühl, als werde ich ausgesaugt. Mein Leben entweicht! Ich kann es nicht aufhalten. Immer, wenn der Morgen graut, ist dieses Gefühl ganz besonders stark in mir. Man sagt, dass Vampire sich tagsüber verstecken, weil sie das Sonnenlicht fürchten. Nachts aber erscheinen sie und schlagen ihre Zähne in anderer Leute Hälse, um sich von deren Blut zu ernähren.“

„Unfug, Viola!“ In den Augen von Dr. Rolf Kersky glitzerte es. „Du vermischst die Wirklichkeit mit deiner Phantasie. Du bist völlig entkräftet.“

„Aber … es gibt Vampire, Rolf! Und ich … habe das Gefühl, als ob ich zu ihnen gehöre.“ Violas Stimme wurde schwächer. Die Injektion wirkte. „Aber etwas hält mich davon ab … ich weiß nicht, was es ist … aber der Trieb … der Trieb ist vorhanden, Rolf! Pass gut auf mich auf! Bitte, sei mir nicht böse … verzeih deiner dummen, kleinen Frau …“ Ihr Blick schweifte ab. „Der Spiegel … warum hast du den Spiegel aus dem Zimmer genommen?“

„Ich hole dir einen.“ Doch der Arzt rührte sich nicht. Viola war eingeschlafen. Noch eine volle Minute blieb Kersky auf dem Bettrand sitzen, dann erhob er sich, zog die Vorhänge vor die Fenster und knipste die Nachttischlampe an. Der diffuse Schein fiel auf das entspannte Gesicht der Schlafenden. Seine Frau hatte die Decke bis zum Hals hochgezogen, sie schien zu frieren. Dabei war es eine angenehm laue Sommernacht.

Vorsichtig zog der Arzt die Decke ein wenig nach unten. Der Hals wurde sichtbar. Kersky hielt den Atem an. In Höhe der Schlagader, befand sich eine merkwürdige Wunde …

Peter Reisner hatte seinen Arm um die Schultern seiner Freundin Inge Merkant gelegt. Die beiden überquerten eine einsame Straße. Die Allee, durch die sie gingen, war mit Bäumen gesäumt. Nur wenige Straßenlaternen brannten. Sie kamen von einer Party und waren bester Laune. Das Mädchen blieb plötzlich stehen. „Da war doch etwas“, sagte sie. Ihre Blicke schweiften über die Friedhofsmauer, die sich scheinbar in unendlicher Ferne zu verlieren schien.

Ihr Freund hatte es auch gehört. Ein Geräusch, jenseits der Mauer. Als ob jemand grabe. „Da begibt sich einer auf Schatzsuche.“ Reisner grinste. „Vielleicht wird gerade ein reicher Kerl ausgegraben, der seine Beißerchen mit Goldkronen veredelt hat.“

Inge Merkant ging weiter bis sie ein großes Gittertor in der Mauer fand. Zwischen drei uralten Eichen nahm sie die Umrisse eines schmalen Schuppens wahr, in dem die Friedhofsgärtner ihre Geräte hineinstellten. Deutlich war zu hören, wie dort schwere Erde auf Rasen prasselte.

Die beiden jungen Leute sahen sich an.

Peter kratzte sich im Nacken. „Da ist tatsächlich einer, der schaufelt!“

„Hast du in den letzten Tagen Zeitung gelesen?“

„Mehr als der Sportteil interessiert mich nicht, Schatz. Was steht denn in der Zeitung? Gehen Grabräuber um? Braucht jemand Leichenteile?“

Inge schüttelte den Kopf. „Sei bitte ernst, Peter! Hier stimmt was nicht! Die Polizei fahndet seit Wochen nach einem Unbekannten. In Wien und Umgebung sind Grabschänder am Werk. Die Kripo steht vor einem Rätsel und vermutet einen Geisteskranken, der die Gräber öffnet. Es gibt sogar eine Belohnung.“

„Ah! Wie viel?“ Er gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze.

Sie entzog sich ihm. „Die genaue Höhe weiß ich nicht, aber es ist schon einiges.“

„Reicht es für unsere Aussteuer?“

Sie legte ihren Kopf schief. „Was meinst Du damit?“

„Kannst du dir das nicht denken?“ Er lachte. Die Gläser Wein auf der Party hatten ihn mutig gemacht. Er kletterte am Tor hoch. Ein Sprung und er befand sich auf der anderen Seite der Friedhofsmauer.

Inge hatte ihm erschrocken zugeschaut. „Peter! Nicht! Bitte komm zurück!“

Doch Reisner warf seiner Freundin durch die Zaunstangen einen Handkuss zu und huschte davon.

Peter Reisner näherte sich einer Gruppe von Weidenbäumen, blieb lauschend stehen und lief dann auf einem schmalen Seitenweg zwischen Grabsteinen und Kreuzen hindurch weiter bis zum Geräteschuppen. Hinter einem massigen Denkmal eines Familiengrabes verharrte er. Dann bemerkte er den Schatten hinter einer Baumreihe. Er sah einen Berg von Blumen und Kränzen auf einem Grab. Das Grab war – offen. Ihm lief ein kalter Schauer über den Rücken. Und im Grab selbst bewegte sich was! Ein Schatten wurde schräg gegen die Erdmauer geworfen. Ein lautes Knirschen erfüllte die Luft. Holz splitterte!

Reisner löste sich aus seiner Deckung, huschte auf die Bäume zu und erreichte den schmalen Weg vor der nächsten Grabreihe. Atemlos starrte er in die Grube. Der Sargdeckel lag auf der Seite, die Leiche wurde vom Mondlicht regelrecht angestrahlt. Das Totenhemd war zerrissen. Eine kleine Gestalt hockte auf der Leiche. Ein Messer blinkte. Mit geübten Schnitten öffnete das Wesen die Brust des Toten und zerrte wenig später das Herz heraus.

Reisner merkte, wie sich sein Magen umdrehte. „Was machen Sie da?“, rief er, bemüht seiner Stimme einen sicheren Klang zu geben.

Das bizarre Wesen neben dem Sarg warf den Kopf in die Höhe. Flink wie ein Wiesel huschte es mit dünnen Beinen die krumige Erde empor und stieg auf der gegenüberliegenden Seite des Grabes heraus, in der Hand das gestohlene Herz.

Das muss ein schlechter Traum sein!, dröhnte es in Reisners Hirn. Der junge Mann starrte wie gebannt auf dieses bizarre Lebewesen. Es schien einem Albtraum entsprungen. Die Gestalt war knapp einen Meter sechzig groß, Arme und Beine wirkten spindeldürr. Auf den Knien, der schmalen Brust und auf den Handrücken wuchsen hässliche Haarbüschel. Das Gesicht war furchtbar runzelig, der kleine Mund spitz.

Wie eine Ratte!, schoss es Reisner durch den Kopf.

Man musterte sich gegenseitig, dann rannte das unbekleidete Wesen davon.

Das war der Freak, den die Polizei sucht!, schoss es Reisner durch den Kopf. Mechanisch begann auch er zu laufen, und er rannte so schnell er konnte, schaffte es aber nicht, das Wesen einzuholen oder wenigstens den Abstand zu verringern. Der hässliche Gnom tauchte noch ein paar Mal zwischen Grabsteinen auf und war dann verschwunden.

Inge Merkant stand am Tor, starrte mit vor Angst geweiteten Augen auf den Friedhof. War es wirklich dieser Irre, den die Polizei suchte? Sie spürte die aufkommende Panik. Wo blieb Peter? Sie überlegte gerade, ebenfalls über das Tor zu klettern, um nach zu sehen, als sich hinter ihr, von der Straße her, Schritte näherten. Sie drehte sich um. Eine dunkle Gestalt kam direkt auf sie zu. Sie tat mutig einen Schritt nach vorn und musterte den Fremden. „Entschuldigen Sie …“ Fahrig strich sie sich das Haar aus dem Gesicht. „Ich …“ Unvermittelt versagte ihre Stimme. Der nächtliche Spaziergänger starrte sie mit bannenden Augen an. Ohne dass auch nur ein einziges Wort fiel, geriet sie in einen hypnotischen Zustand, dem sie sich nicht entziehen konnte. Die Macht, die der dunkle Fremde auf sie ausübte, war gewaltig.

Ein bleiches Gesicht näherte sich ihr. Die junge Frau blieb stumm und wehrte sich nicht, als der Unbekannte ihr seine Hände auf die Schultern legte und sie langsam zu sich heranzog. „Du wirst mir gehören“, sagte eine leise Stimme.

Inge nickte mechanisch und bog den Kopf zurück, als zärtliche Hände über ihre Schultern strichen, ihren Nacken erreichten und sanft massierten.

Die Lippen ihres Gegenübers öffneten sich, messerscharfe Zähne blitzten auf und schlugen sich mit einer wollüstigen Bewegung in ihren Hals. Das Gesicht des Mädchens verzerrte sich vor Lust und Schmerz. Das Wesen löste sich. Zurück blieben zwei dunkle Einstiche.

Inge taumelte leicht. Sie hatte das Gefühl zu schweben. Nur langsam kehrten ihre Sinne in die Wirklichkeit zurück, sie musste sich an der Friedhofsmauer stützen. Nur für einen kurzen Moment schloss sie ihre Augen, danach lag die Straße menschenleer vor ihr. Der Fremde war verschwunden.

Wenige Minuten später erkannte Inge ihren Freund, der sich dem Friedhofstor näherte. „Endlich!“ Ihre Stimme klang schläfrig. „Ich hab mir Sorgen um dich gemacht.“

Er antwortete nicht.

„Was war los? Sag was! Hast du was gesehen?“

„Gesehen schon …“, antwortete Reisner matt, hakte sich bei ihr unter und zog sie davon.

Um zehn Uhr dreißig landete ein Jumbo aus New York auf dem Flughafen Wien-Schwechat. Unter den Passagieren war ein sympathischer blonder Mann mit gesunder Gesichtsfarbe und einem perfekt sitzenden Maßanzug. Es handelte sich um Larry Brent alias X-RAY-3, Staragent der schlagkräftigen und erfolgreichen PSA. Die Abfertigung an der Passkontrolle ging für ihn problemlos über die Bühne. Larry brauchte kein Taxi, er wurde von dem Kommissar der Wiener Kripo, Anton Sachtler, in der Halle empfangen. Der Polizist war gut genährt, etwa fünfzig, und trug einen borstigen Schnauzbart, der ihm einen großväterlichen Anstrich verlieh. Er roch nach würzigem Tabak. Larry war der Kommissar als starker Raucher beschrieben worden, dem man eine Schwäche für gute Zigarren nachsagte. In seinem Gepäck schleppte X-RAY-3 aus diesem Grund als Begrüßungsgeschenk eine Kiste dicker Havannas mit.

Der Dienstwagen stand bereit. Larry warf sich in die Polster. „Nach so langer Zeit mal wieder in Wien.“ Der PSA-Agent studierte das Treiben vor dem Flugplatz. „Da freut man sich doch gleich auf die Hofburg, auf eine Galavorstellung der Spanischen Reitschule und auf einen gemütlichen Abend beim Heurigen. Ich denke, dass ich in Ihnen einen ausgezeichneten Führer bekomme, Kommissar. Vielleicht seh ich mir auf dem Zentralfriedhof auch noch die Grabmäler von Beethoven und Strauß an. Hm?“

Sachtler nickte. „Was die Grabmäler betrifft, Herr Brent, da kann ich Ihnen weiterhelfen. Auf Friedhöfen werden wir ohnehin genug zu tun haben. Und nicht nur auf einem!“ Anton Sachtler legte seine Stirn in Falten. „Wir sind mit unserem Latein am Ende. Es geht offenbar um Fälle von Vampirismus. Ihre Ankunft wurde mir von höchster Regierungsstelle mitgeteilt, und da ich ein gehorsamer Beamter bin, stelle ich keine unnötigen Fragen. Sie sind hier der Spezialist.“ Er holte tief Luft. „Zu Beginn dachte ich an einen schlechten Scherz. Aber scheinbar gibt es sie wirklich. Vampire! Wir haben Beweise, dass Verstorbene noch in der Nacht ihres Todes ihre Bahren verlassen und andere Menschen anfallen, um deren Blut zu trinken! Dazu läuft parallel eine Fahndung nach einem … Vampir-Killer.“

„Vampir-Killer?“ Larry horchte auf. „Was kann ich mir darunter vorstellen?“

„Jemand öffnet Gräber … und stiehlt Herzen! Die Toten seien allesamt Vampire, sagen unsere Spezialisten. Offenbar gibt es nur eine Möglichkeit, einen Vampir endgültig ruhig zu stellen, man schlägt ihm einen zugespitzten Pflock ins Herz. Aber unser Phantom schneidet den mutmaßlichen Untoten zusätzlich die Brust auf und nimmt ihnen das Herz heraus.“

Während der Fahrt erhielt Larry weitere Informationen, die dann im Büro von Kommissar Sachtler vertieft wurden. Larry erfuhr Namen und Adressen und wurde in den letzten Stand der Dinge eingeweiht. Demnach gab es einen jungen Burschen namens Peter Reisner, der in der letzten Nacht eine interessante Beobachtung gemacht hatte. Reisner hatte der Polizei von seiner makabren Begegnung auf dem Friedhof erzählt. Die eintreffenden Beamten hatten alles so vorgefunden wie von ihm berichtet. Aufgrund Reisners Aussagen war ein Phantombild des Mannes hergestellt worden, dem er angeblich begegnet sein wollte.

Sachtler fingerte während der Fahrt mit einer Hand die Zeichnung aus einem Umschlag, warf einen Blick darauf und meinte: „Wenn Sie mich fragen, halte ich das alles für etwas übertrieben. Was wir durch Reisner erfuhren, mag ja stimmen. Der Tote im Sarg war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Vampir. Man hat ihm das Herz entfernt, aber wenn Reisner dieser Gestalt begegnet sein will, dann frage ich mich, ob er an diesem Abend vielleicht nicht nur Alkohol, sondern auch noch etwas anderes zu sich genommen hat.“ Er reichte Larry die Zeichnung.

X-RAY-3 betrachtete das Phantombild, das ein seltsames Wesen zeigte. Die dünngliedrige Gestalt war nackt und ging gebeugt. Reisners Angaben waren offenbar sehr genau gewesen.

„Mehr oder weniger eine Phantasiegestalt!“ Sachtler entnahm aus der Zigarrenkiste, die Brent ihm mitgebracht hatte, eine dickbauchige Havanna, schnupperte daran und verdrehte genüsslich die Augen. Dann zog er die Havanna von einem Ende bis zum anderen an seiner Oberlippe vorbei. „Hm. Die Marke kenn ich noch nicht, wohl eine neue Blattmischung.“

„Vielleicht ist das der Vampir-Killer?“ Larry betrachtete noch immer das Bild.

„Der Tat nach ja! Aber ich frage mich, wieso ein solches … Wesen nicht auffällt?“ Er beäugte weiter liebevoll seine Havanna. „Wer diesen Freak mal gesehen hat, wird ihn nicht mehr vergessen. Bisher ist uns aber nichts davon bekannt geworden.“

„Tagsüber gibt er sich wohl anders“, meinte Larry. „Dieser Mann …“

„Reisner behauptet, dass die nackte Gestalt auf dem Friedhof geschlechtslos gewesen sei“, unterbrach ihn der Kommissar.

Larry nickte nachdenklich. „Gut. Warten wir auf Hinweise aus der Bevölkerung. Sobald es ähnliche Beschreibungen wie die von Reisner gibt, werden wir mehr erfahren.“

Wenig später verließ das Phantombild per Telefax das Wiener Polizeipräsidium in Richtung New York zur PSA. Dort wurden sofort die Computer gefüttert, die Arbeit begann.

Und dann hatte Sachtler bereits einen ersten Anhaltspunkt parat. „Seit vierundzwanzig Stunden lasse ich alle Leichen beschlagnahmen, bei denen die Todesursache zweifelhaft ist. Offenbar haben wir einen Volltreffer gelandet. Diese Leiche sollten wir uns mal ansehen.“

Mittags verließ Larry mit Sachtler das Kommissariat. Der PSA-Agent fuhr zunächst zu seinem Hotel. Man hatte in der Weißen Taube ein großes Zimmer mit Bad für ihn reserviert. Im Hotel angekommen, räumte Larry zunächst seine Kleidung in den Schrank, packte alles Nötige aus dem Koffer und überlegte, im Gartenrestaurant einen Snack einzunehmen. Da meldete sich sein PSA-Ring. „Hier X-RAY-3“, sagte Larry in die winzigen Rillen der kleinen Weltkugel, die in einer massiven goldenen Ringfassung ruhte.

„Hier Radio Eriwan. Beim letzten Ton des Zeitzeichens ist es dreiundzwanzig Uhr siebenundzwanzig … bong!“ Die vertraute Stimme von Iwan Kunaritschew, alias X-RAY-7.

„Wie kommst du in die Leitung?“, wunderte sich Larry. „Außerdem stimmt mit deiner Uhrzeit was nicht. Wir haben hier wenige Minuten nach eins.“

„Schon möglich. Hier geh’n die Uhren nicht immer richtig, Towarischtsch. Aber meine Sendekraft ist beachtlich, wie? Ich ruf dich aus Jolischka an.“

„Jolischka?“

„Kleines Dorf, anderthalb Autostunden von der österreichischen Grenze entfernt. Ungarn. Meine Schaltung läuft über die Zentrale in New York. Und gerade eben habe ich erfahren, dass wir gar nicht so weit voneinander entfernt recherchieren. Offenbar sogar an ein und demselben Problem. Ich habe das Gefühl, das wir uns irgendwo in der Mitte treffen werden.“

„Wie das?“, wunderte sich Larry.

„Was du suchst in Wien, ich haben festgestellt schon als Spuren aus Vergangenheit in altvertrautes Jolischka“, sprach Kunaritschew mit ungarischem Akzent.

„Moment. Ich muss kurz meinen Übersetzungscomputer einschalten …“

„Ich sprechen schon pärfäkt ungarisch, Towarischtsch. Bei Janosch in Weinstube man kann lernen säähr gut dieses Sprak. Ich sein auf Spur von komisches Mensch, von welches du hast gesendet Bild in Zentrale. Ist auch hier schon aufgetaucht. Vor fünfzig Jahr!“

„Das sind allerdings sensationelle Nachrichten!“, entfuhr es Larry.