Larry Brent Classic 067: Die Jenseitsparty - Dan Shocker - E-Book

Larry Brent Classic 067: Die Jenseitsparty E-Book

Dan Shocker

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Beschreibung

Wer möchte nicht ewig leben? Jemand scheint ein Mittel gegen den Tod gefunden zu haben. Die Dämonengöttin Rha-Ta-N my erweckt die Toten wieder zum Leben, aber ihr Preis dafür ist hoch. Schaffen es die PSA-Agenten, den Wahnsinn zu stoppen?

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Band 67

Dan Shocker

DIE JENSEITS-PARTY

Erstveröffentlichung „Die Jenseits-Party“

© 2014 by BLITZ-Verlag

Redaktion: Jörg Kaegelmann

Fachberatung: Robert Linder

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Illustration: www.ralph-kretschmann.de

Titelbildgestaltung: Mark Freier

Satz: Winfried Brand

All rights reserved

www.BLITZ-Verlag.de

ISBN 978-3-95719-867-9

„Es gibt keinen Tod! Wer nicht sterben will, braucht es auch nicht.“ Der Mann, der das sagte, tat es mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte er wie ein Verkäufer einem Kunden ein Pfund Butter angeboten.

Frederic Apant, dreiunddreißig Jahre alt und als Versicherungsvertreter unterwegs, starrte sein Gegenüber an wie einen Geist. Der Mann, der die ungewöhnliche Behauptung aufgestellt hatte, war ein Kollege von ihm und stammte aus Kopenhagen. Sie hatten sich zufällig in einem kleinen Restaurant direkt an der dänisch-deutschen Grenze getroffen. Pieter Delonk war gut fünfzehn Jahre älter. Sein aschblondes Haar schimmerte schon grau, seine Haut war welk, und er wirkte wesentlich älter.

„Das ist das Tollste, was ich je gehört habe“, erwiderte Apant und schüttelte den Kopf. „Wenn der Sensenmann anklopft, sagt man einfach: Hör zu, altes Knochengestell, ich hab noch keine Lust, den Löffel aus der Hand zu legen … Frag bei nächster Gelegenheit noch mal an. Und wenn es mir dann immer noch nicht passt, machen wir nen anderen Termin aus …“

„So in etwa. Ganz so einfach ist es allerdings nicht“, schränkte der Ältere ein. „Man muss natürlich etwas dafür tun.“

„Einfach und bescheiden leben, sich den Stress vom Hals halten, nicht zu fett, zu süß, zu … na, was weiß ich alles … nicht essen …“

Frederic Apant unterbrach sich, als sein Kollege zu jedem seiner Worte heftig den Kopf schüttelte. „Falsch, Frederic! Ich habe nicht davon gesprochen, was man alles tun kann, um sich gesund, fit und leistungsfähig zu halten. Mit all dem, was du da aufzählst, kannst du dein Leben sicher verlängern und uralt werden. Vielleicht achtzig … oder neunzig … oder bei geistiger und körperlicher Frische sogar hundert. Aber irgendwann ist‘s dann doch mal aus, und genau das soll eben nicht sein.“

„Aber es ist doch so.“

„Für die meisten. Nicht für alle.“

Die Blicke der beiden Männer begegneten sich. Frederic Apant musterte Pieter intensiv.

Delonk hatte grün-braune Augen, die eine eigenartige Kälte ausstrahlten. Apant merkte, wie es ihn förmlich fror, als er den Blick seines Gegenübers erwiderte. Dies war nicht seine erste Begegnung mit Delonk. Bei Konferenzen und Ausflügen waren sie schon einige Male zusammengetroffen. Das letzte Mal hatte er den Mann vor sieben oder acht Monaten in einem Kopenhagener Nobel-Hotel, anlässlich einer Tagung der Versicherungsgesellschaft, getroffen. Frederic Apant konnte sich nicht daran erinnern, dass Delonk damals schon die kalten Augen hatte. Der Mann schien verändert. Apant konnte nicht sagen, was es war. Er hatte es nur so im Gefühl, hervorgerufen durch Delonk, der seinen Gesprächspartner mit den Augen fast sezierte.

„Du machst dich über mich lustig“, sagte er schnell. „Du tust gerade so, als würdest du Leute kennen, die dem Tod ein Schnippchen geschlagen haben.“

„Genau so ist es.“

„Würdest du mir diese Leute zeigen, wenn ich dich darum bitte?“

„Kommt darauf an …“

„Worauf kommt‘s an?“

„Wie weit du zu gehen bereit bist.“

„Das verstehe ich nicht, Pieter.“

„Dann will ich‘s dir erklären. Zumindest so viel, wie du wissen musst, um mit uns in Kontakt zu treten. Nur Eingeweihte, das musst du verstehen, dürfen und können vollen Einblick haben.“

„Du machst‘s ja spannend. Hört sich an, als wärst du Mitglied einer Geheimgesellschaft.“

„Genau so ist es. Nicht jeder kann Unsterblichkeit erlangen. Ich sagte dir schon: Nur wenn man etwas dafür tut, kommt man in den Genuss, nicht sterben zu müssen.“

„Und was muss man tun?“, wollte Apant wissen. Er fragte ganz mechanisch.

„Sich mit den Mächten verbünden die in der Lage sind, Kräfte zu verleihen, die den Alterungsprozess stoppen und tödliche Krankheiten eliminieren.“ Er sagte es mit solcher Überzeugungskraft, dass sich Apant fragte, ob Delonk verrückt oder von einer Idee besessen war, oder ob es für seine sensationellen Worte wirklich einen Beweis gab.

„Was sind das für Mächte, Pieter?“

„Sie sind zu Hause in den Praktiken der Magie und des Okkultismus. Sie sind in uns drin. Das hört sich vermessen an, ist aber so. Sie schlummern gewissermaßen und müssen nur erweckt werden.“

„Das Ganze hat etwas Faustisches an sich“, murmelte Apant. „Du sprichst praktisch von einem Pakt mit dem Teufel.“

„Nein, nicht mit ihm. Es gibt jemand, der manches noch besser kann.“

„Und den kennst du?“

„Natürlich, Frederic. Sonst würde ich nicht so überzeugend daherreden können.“

„Und wer ist das?“

„Sie heißt Rha-Ta-N‘my … und sie ist älter als die Erde und die Menschheit.“

Delonk hob sein Glas und trank es leer. Er reichte Apant seine Karte. „Du kennst meine Adresse und meine Telefonnummer“, erklärte er dazu. „Auf dieser Karte ist jedoch eine andere Nummer angegeben, die ich nur bestimmten Leuten gebe, und unter der ich nur abends in der Zeit zwischen acht und zehn zu erreichen bin. Wenn es dich interessiert, was ich dir da erzählt habe und du gern mehr darüber wissen möchtest, ruf mich an. Ich nehme dich mit zur Versammlung. Vielleicht brauchst du auch selbst mal Hilfe … oder für einen Verwandten, für einen Bekannten, für einen Freund … Du kannst sie jederzeit erlangen. Diese Telefonnummer ist die Verbindung zu einer Chance, die jedem offen stehen kann.“

Frederic Apant warf nur einen flüchtigen Blick auf die Visitenkarte. Er war mit seinen Gedanken ganz woanders. „Wenn das alles so einfach ist, Pieter, dann frage ich mich, warum nicht jeder von der Möglichkeit Gebrauch macht, nicht sterben zu müssen.“ Er hatte einen Punkt erreicht, wo ihm das Gespräch langsam lächerlich vorkam.

„Weil die meisten es nicht wissen … oder sich davor fürchten, diesen Schritt zu gehen, der einfach notwendig ist.“

„Das Ganze hat also einen Haken?“

„Keinen Haken, sondern eine Bedingung. Es müssen einfach bestimmte Gesetzmäßigkeiten eingehalten werden, um jene Kräfte zu aktivieren, die schließlich benötigt werden.“

„Und, Pieter, was sind das für … Gesetzmäßigkeiten?“

„Kann ich dir nicht sagen, noch nicht. Erst dann, wenn‘s soweit ist.“

„Wenn was soweit ist?“

„Dass du die Hilfe von Rha-Ta-N‘my in Anspruch nehmen willst.“

Apant kraulte sich im Nacken und kam sich vor, als würde er das alles nur träumen. Diesen Tag, der sowieso nicht so gut gelaufen war, das Bier in der Kneipe, das Treffen mit Delonk und das Gespräch mit ihm. Vielleicht war auch die gesundheitliche Verfassung seiner geliebten Frau Vivi nur ein Traum. Er machte sich Sorgen und hatte sich heute nicht so auf seine Arbeit konzentrieren können wie sonst. Er hatte auch viel weniger Kunden besucht. Er musste ständig an Vivi denken. Seit Wochen klagte sie darüber, dass sie sich nicht wohlfühle. Sie schien matt und abgeschlagen, konnte nicht mehr richtig schlafen und war blass. Als er am Morgen das Haus verließ, hatte Vivi sich wieder hingelegt und wollte etwas ausruhen. Er hatte sie um zehn und um zwölf noch mal angerufen. Ihre Stimme hatte schwach geklungen, und er wurde das Gefühl nicht mehr los, dass alles viel schlimmer war, als sie beide wahrhaben wollten. Gerade heute fühlte er sich so unruhig, dass er sich entschloss, früher nach Hause zu kommen. Es zog ihn förmlich in heimatliche Gefilde. Apant leerte sein Glas und winkte dann der drallen Kellnerin. „Ich muss los, Pieter.“ Er steckte die Visitenkarte mit der Spezialnummer in seine Brieftasche. „Sag mal, eine letzte Frage noch …“

„Ja? Schieß los!“

„Bist du selbst auch einer, der nicht mehr sterben wird?“

Um Delonks schmale Lippen spielte ein undefinierbares Lächeln. „Entschieden habe ich mich, aber eintreten wird der Fall erst dann, wenn ich im Sarg liege.“

Da war es wieder: Dieses fröstelnde Gefühl, das nicht nur Frederic Apants Rücken erfasste, sondern seinen ganzen Körper. Es gab keinen Zweifel, Pieter Delonk war nicht mehr Herr seiner Sinne. Wenn einer erst im Sarg lag, war er mausetot, und dann half ihm auch keine Rha-Ta-Sowieso, oder wie immer sie heißen mochte, mehr.

Apant ließ die offenen Fragen im Raum stehen. Er hätte noch stundenlang mit Delonk über die mysteriöse Angelegenheit sprechen können, und doch wären sie zu keinem befriedigenden Ergebnis gekommen. Apant verabschiedete sich.

„Auch ich werde gleich gehen. Ich habe noch einen langen Weg vor mir“, sagte Delonk. „Und vielen Dank für das Bier! Wenn wir uns das nächste Mal wiedersehen, bin ich an der Reihe.“

„Wer weiß, wann das sein wird.“

„Vielleicht schneller, als du denkst, Frederic. Erinnere dich an mein Angebot. Kein Mensch muss sterben, wenn er nicht will.“

Apant hatte es aufgegeben, darauf noch etwas zu sagen. Er grinste nur, schüttelte den Kopf und ging ungläubiger als während ihres Gespräches nach draußen. Er stieg in seinen grauen Peugeot und fuhr los.

Pieter Delonk blickte ihm nach. Im Gesicht des Neunundvierzigjährigen regte sich kein Muskel. „Doch, doch, Frederic … wir sehen uns bald wieder. Das ist auch etwas, was ich weiß. Du wirst meine Hilfe in Anspruch nehmen und erkennen, dass ich nicht verrückt bin, sondern recht hatte mit jedem Wort, das ich dir sagte.“

Auf dem Parkplatz vor dem Gasthaus standen noch zwei weitere Fahrzeuge. Eines davon gehörte Pieter Delonk. Er fuhr ebenfalls los. Die Schnellstraße führte direkt auf die Autobahn. Bevor jedoch die Auffahrt kam, lagen links und rechts der Fahrbahn kleine Häuser. Sie bestanden alle nur aus einer Etage. In ihnen gab es Keramik- und Silberwaren preisgünstig, Zeitschriften, Postkarten und Souvenirs aller Art. In Grenznähe existierten auch noch andere Geschäfte, unter anderem dänische Sex-Shops, die bunte Magazine, Filme und Videobänder verkauften.

Delonk saß lässig am Steuer, hatte sich zurückgelehnt und fuhr nicht sonderlich schnell. Er ließ seine Blicke über die weit vom Straßenrand zurückgebauten Häuser gleiten. Große freie Flächen lagen vor den Gebäuden, um möglichst vielen Besuchern Gelegenheit zu geben, ihre fahrbaren Untersätze abzustellen. Pieter Delonk rollte auf einen befestigten Platz. Staub wirbelte auf. Weit und breit stand kein anderer Wagen. Delonk stellte seinen BMW 520i an der Hausseite ab.

Es war früher Nachmittag und in den Shops noch nicht viel los, erst recht nicht um diese Jahreszeit. Die Urlaubs-Saison neigte sich ihrem Ende zu. Die Geschäfte im grenznahen Raum waren zurückgegangen, seit in Deutschland selbst mit Sex-Artikeln frei gehandelt werden konnte. Nur die oft günstigeren Preise für Magazine und Filme ließen manchen Interessenten hier halten und einkaufen.

Im Schaufenster warben bildhübsche junge Frauen und Mädchen in aufreizender Pose für die Ware in der Show. Bilder aus Filmen und Plakate waren angebracht, auf einer Tafel standen die Titel der fünf neuesten Filme. Der Sex-Shop bot noch einiges mehr an. Es standen Kabinen zur Verfügung, in denen man für einen bestimmten Betrag einen Film ansehen konnte. Der Preis war höher, wenn man sich dafür eine Begleiterin auserkor.

Im Laden arbeiteten zwei junge Däninnen. Die eine war blond, die andere brünett. Beide waren schlank und ausgesprochen hübsch. Sie begrüßten den Eintretenden mit freundlichem Lächeln, und die Blonde wandte sich mit der Frage an ihn, was man für ihn tun könne.

Delonk schmunzelte. „Ob Sie etwas für mich tun können, wird sich gleich zeigen. Ich habe draußen auf dem Plakat gesehen, dass es unter anderem zwei neue Video-Filme von Bruno Anask gibt. Ich hätte mir gern mal einen angeschaut.“

„Natürlich … Welcher Titel soll‘s denn sein?“, fragte ihn die Blonde, während die Brünette neben ihr stand und nur lächelte. Sie trugen beide recht offenherzige Blusen, die einen tiefen Einblick gewährten und blaue, engsitzende Miniröcke, die von einem breiten Gürtel mit auffallender Zierschnalle gehalten wurden. Die Blondine, deren schulterlanges Haar wie Gold schimmerte, nahm die beiden Hüllen aus dem Regal und legte sie dem Kunden vor. Sex-Sommer und Mini-Mädchen und Nächte mit Tanja, las die Blondine ihm die Titel vor.

„Welcher ist besser?“

„Sie sind beide gut, wie von Anask nicht anders zu erwarten. Er hat wieder wunderschöne Modelle für seine Rollen verpflichtet.“

„Um mir beide anzusehen, fehlt mir die Zeit …“

„Dann sehen Sie sich heute den einen an … und das nächste Mal den anderen.“

Delonk wählte den Titel Nächte mit Tanja. Kabine 3 wurde ihm zugewiesen.

„Wie sieht‘s aus mit einer Begleiterin?“

„Blond? Dunkel? Schlank oder üppig?“, fragte die Blondine. „Ich kann Ihnen Fotos vorlegen und die Mädchen anrufen, die infrage kommen. Rasch ist Ihre Auserwählte hier.“

„Ich habe bereits gewählt“, entgegnete Delonk. „Wie wär‘s denn mit uns beiden? Ich mag nicht so allein in der Kabine sein …“

„Das reimt sich nicht nur, das stimmt auch.“ Die attraktive Blondine nickte ihm zu. „Okay, gehen wir.“ Sie hakte sich bei ihm unter, zog einen Vorhang zurück und ging mit Delonk in den hinteren Teil des Hauses. Es gab insgesamt fünf Filmkabinen. Sie waren klein, schummrig und eingerichtet mit einem Zweiersitzsofa und einer Getränkebar.

Delonk steckte seine Geldbörse ein. Den Mietbetrag für den Film hatte er wie verlangt, im Voraus entrichtet. Was es jetzt noch an Extras gab, würde später abgerechnet werden.

Sie nahmen beide nebeneinander Platz. Die Stärke der Helligkeit konnten sie selbst bestimmen.

Der Film fing fünf Minuten später an. Verführerische Musik und eine wohlklingende Frauenstimme, die von ihren amüsanten Abenteuern berichtete, erklangen aus den versteckt angebrachten Stereolautsprechern.

Delonk trank Champagner. In den Augen des Mannes glitzerte ein kaltes Licht, als er mit ihr anstieß. „Mach dir ein paar schöne Stunden … geh ins Kino“, flüsterte er ihr zu. „Es wird bestimmt nett werden mit uns beiden …“

„Oh ja“, antwortete die Blondine, „bestimmt sehr, sehr nett …“

Ihre Gläser klirrten silberhell, als die beiden Ränder sich berührten.

Delonk nahm einen großen Schluck. Die Blondine nippte nur an ihrem Glas.

„Zieh dich aus“, sagte er dann. „Erst die Bluse, dann den Rock.“

Sie machte das gekonnt wie eine Striptease-Tänzerin. Der Stoff der dünnen Bluse raschelte in der schummrigen Kabine und ihre samtene, duftende Haut kam zum Vorschein.

„Du hast mir deinen Namen noch nicht gesagt.“

„Ich heiße Anita.“

„Schön, Anita. Mach weiter.“

Sie löste ihre Gürtelschnalle und legte den breiten Gürtel über die Seitenlehne des Sofas.

Pieter Delonk griff über sie hinweg und nahm den Gürtel an sich, während sie den Minirock abstreifte. Das Licht von der Leinwand spielte auf ihren langen, nackten Schenkeln. Sie trug einen Slip aus schwarzer Spitze. Einen Augenblick lang war die Blondine abgelenkt, als sie ihren Rock auf den Boden fallen ließ.

Delonk nutzte diese Sekunde. Er zog den schwarzen Gürtel stramm und schlang ihn blitzschnell um den Hals seiner Begleiterin, die von dem Angriff völlig überrascht wurde. Der Film lief. Die Musik war noch laut, trat dann aber in den Hintergrund und die Stimmen der Darsteller und Geräusche wurden mehr hervorgehoben. Die Augen der Blondine weiteten sich vor Entsetzen, und sie versuchte noch, ihre Finger unter den Gürtel zu schieben, um den Zwischenraum zu erweitern. Aber Delonk, dessen Gesicht eine einzige bleiche, teuflisch verzerrte Maske war, blieb unerbittlich. Er zog den Gürtel so straff es ging.

Frederic Apant war in Apenrade zu Hause. Das Städtchen hatte etwas Industrie, lag direkt an einer Bucht der Ostsee und knappe dreißig Kilometer von der Grenze bei Flensburg entfernt.

Der Himmel spannte sich blassblau über die Stadt, vom Meer wälzten sich dicke Wolken auf die Bucht zu, und es sah nach Regen aus. Die nach Apenrade hineinführende Straße lag direkt am Meer, ein bisschen Sandstrand zu ihrer Rechten. Ein Rohrgestell war dort errichtet. Im Sommer, wenn er abends nach Hause kam, war der Strand oft noch bevölkert, und an dem Metall-Objekt turnten die Kinder herum. Bis auf einen einsamen Spaziergänger, der seinen Hund an der Leine ausführte, war weit und breit kein Mensch zu sehen. Die Luft war schon empfindlich kühl, und vom Kleinen Belt her wehte ein scharfer Wind. Apant wohnte im Zentrum der Stadt, unweit eines Antik-Shops, wo seine Frau manchmal als Aushilfe tätig war. Sie kannten die Besitzerin, Frau Burman, die zwei gut gehende Ladengeschäfte in Apenrade und in Stubbaek, einem kleineren Ort, wenige Kilometer davon entfernt, besaß. Frederic Apant hatte ein komisches Gefühl, als er seinen Peugeot vor dem Haus parkte. Wahrscheinlich hing seine Stimmung mit Delonks blödsinnigem Gequatsche zusammen … Der Kollege sollte mal einen Nervenarzt aufsuchen. Irgendwas stimmte nicht mit ihm. Einige Minuten … und das musste Apant sich im Stillen zu seiner Schande eingestehen … hatte er sogar selbst an den Unsinn geglaubt. Auf einmal hatte alles so plausibel geklungen. Woran man glauben wollte, daran konnte man glauben … Delonk hatte seine Darlegungen überzeugend vorgetragen. Nur fünfzig Schritte von seinem Haus entfernt befand sich ein freier, gepflasterter Platz mit einem Springbrunnen. Im Sommer saßen dort die jungen Leute, sangen zur Gitarre, tranken Coke oder Bier und flirteten. Jetzt war der Platz verwaist. Das Wasser plätscherte über den Sandstein, durch den Tingleevvej liefen einige Leute. Dort vorn lagen alle Geschäfte. Das alte Haus, das Frederic Apant vor sechs Jahren gekauft hatte, gehörte einst einem Export-Kaufmann, der später in ein Seniorenheim gezogen war. Das rote Ziegelsteingebäude mit den weiß umrandeten Fenstern und der großen Eingangstür gehörte zu den schönsten Häusern in der Straße. Apant war mit Recht stolz auf seinen Besitz.

Der Heimkehrer betätigte den Klingelknopf. Vivis Kopf würde im nächsten Moment hinter dem ersten Fenster der Haustür auftauchen. Seine Frau blickte grundsätzlich erst auf die Straße, ehe sie öffnete. Man konnte heutzutage ja nicht vorsichtig genug sein. Zwielichtiges Gesindel lief herum, Diebe und Betrüger. Der weiße, dicht gewebte Vorhang hinter dem Fenster bewegte sich nicht. Vielleicht hatte Vivi das Klingeln überhört? Also läutete Frederic ein zweites Mal. Kein Gesicht erschien aber am Fenster, kein Türöffner wurde betätigt.