Larry Brent Classic 082: Das Totenkopf-Roulette - Dan Shocker - E-Book

Larry Brent Classic 082: Das Totenkopf-Roulette E-Book

Dan Shocker

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Beschreibung

Iwan Kunaritschew ist in Paris dem mysteriösen Graf Leucate auf der Spur. In der Nähe wird ein Mann geköpft. Ein neuer Fall gewinnt rasant an Fahrt.

Das E-Book Larry Brent Classic 082: Das Totenkopf-Roulette wird angeboten von BLITZ-Verlag und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Larry Brent, Dan Shocker, PSA, Grusel, Romanheft, Jürgen Grasmück, Horror, Mystery

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Band 82

Dan Shocker

TOTENKOPF-ROULETTE

Erscheinungstermine von „Totenkopf-Roulette (Chaos-Zyklus, 2. Teil)“

Erschienen am 16.12.1975 als Silber Grusel-Krimi 106 im Zauberkreis-Verlag

August 1977 als Silber Grusel-Krimi-Neuauflage 106 im Zauberkreis-Verlag

© 2015 BLITZ-Verlag

Redaktion: Jörg Kaegelmann

Fachberatung: Robert Linder

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Illustration: Ralph Kretschmann

Titelbildgestaltung: Mark Freier

Satz: Winfried Brand

Alle Rechte vorbehalten

www.BLITZ-Verlag.de

ISBN 978-3-95719-882-2

Der Mann erschien pünktlich im Büro.

Anabelle Chantrue hob den Blick. In den dunklen Augen der attraktiven, grazilen Französin blitzte es kurz auf.

Was für ein Mann! Zwei Meter groß schätzte sie ihn. Der Besucher war breit wie ein Schrank und salopp gekleidet. Er trug einen roten, gepflegten Vollbart, hatte eine gerade, aristokratische Nase und der Duft eines dezenten Männerparfüms haftete ihm an.

„Sie sind Fürst Iwan.“ Es klang nicht wie eine Frage, sondern wie eine Feststellung.

Der kräftige Russe nickte und lächelte. Seine makellos weißen Zähne blitzten. Iwan Kunaritschew reichte der hübschen Französin die Hand.

Anabelle kam hinter dem Schreibtisch hervor. „Mein Vater erwartet Sie schon, Fürst. Vor wenigen Augenblicken hat er noch nach Ihnen gefragt.“

„Es ist schön, wenn man Freunde im Ausland hat“, sagte Iwan Kunaritschew. „Es ist dann leichter, Fuß zu fassen und seinen Geschäften nachzugehen. Ich bin Ihrem Vater sehr dankbar, dass er bereit ist, sich meiner anzunehmen. Er ist in Paris ein bekannter und einflussreicher Mann.“

Anabelle Chantrue lächelte, legte die schmale Hand auf die Klinke des Arbeitszimmers und drückte sie herab.

Kunaritschew nahm die Fingerspitzen der Französin und hauchte galant einen Kuss auf den Handrücken. „Sie sind zauberhaft, Mademoiselle! Ich hoffe, dass Sie mir die Gelegenheit geben, Sie mal in Paris auszuführen.“

„Darüber können Sie ja ein Wort mit meinem Vater reden.“

Sie öffnete die Tür ganz.

Iwan Kunaritschew, der sich seit drei Tagen in Paris aufhielt und im besten Hotel der Stadt abgestiegen war, hatte sich als Fürst Iwan bekannt gemacht. Dementsprechend war seine Ankunft auch aus Amerika angekündigt worden, wo die Familie seit fünf Jahrzehnten lebte.

Als jüngster Spross der Fürstenfamilie war Iwan Kunaritschew angeblich beauftragt, mit den Honoratioren der Stadt und den Finanzmagnaten bekannt zuwerden, um über ein millionenschweres Geschäft zu verhandeln, das auf privatwirtschaftlicher Basis durchgeführt werden sollte.

Das Geschäft und der Fürst waren allerdings nur Vorwand. Das einzig Echte war die Tatsache, dass Kunaritschew alias X-RAY-7 den Kontakt zu den Reichen und Finanzkräftigen suchte.

Eine bestimmte Spezies schien mehr zu sein als nur reich. Es gab bisher unbewiesene Hinweise darauf, dass sich bestimmte Leute trafen und eine Art Geheimloge bildeten. Es war durchgesickert, dass auch der legendäre Graf Leucate Angehöriger dieser Gesellschaft war, und Leucate wieder stand im Verdacht mit Mächten in Verbindung zu stehen, die nicht von dieser Welt waren.

Die PSA-Computer hatten ein paar Merkwürdigkeiten aufgedeckt, die der Überprüfung wert schienen, und so war es nicht verwunderlich, dass durch die Computerauswertungen zwei Agenten an verschiedenen Stellen Recherchen anstellten. Die Organisation in New York war deshalb so erfolgreich, weil hier nichts auf die lange Bank geschoben wurde, weil man Verdächtigungen sofort nachging und Spuren aufnahm, solange sie noch heiß waren. Trotz des akuten Mangels an hervorragenden Mitarbeitern wurden hier auf eine überlegte Art und Weise Kräfte eingesetzt.

Iwan Kunaritschew überschritt die Türschwelle.

„Guten Tag, Monsieur“, sagte er beim Eintreten, „ich freue mich …“

Mitten im Wort blieb er stecken.

Der Blick des PSA-Agenten wurde hart.

Iwan Kunaritschew schluckte … und glaubte zu träumen.

Hinter dem wuchtigen, ausladenden Schreibtisch, wo eigentlich der Fabrikant Chantrue hätte sitzen sollen … saß niemand.

Dafür lag der abgeschlagene Kopf des Fabrikanten auf dem Tisch. Weit aufgerissen starrten dunkle, unergründliche Augen den Besucher an.

Er war eingeschlossen in einer riesigen Götzenhand und die Finger schlossen sich enger und enger um ihn.

Larry Brent alias X-RAY-3 und seit kurzer Zeit auch X-RAY-1, nachdem er das Erbe des geheimnisvollen Leiters der PSA angetreten hatte, brach der Schweiß aus allen Poren. Todesangst erfüllte ihn.

Während ihm der Atem knapp wurde und das letzte Tageslicht durch die riesigen Finger Chaos’ abgedeckt wurde, so dass er in einem stockfinsteren Gefängnis zu sitzen glaubte, spielten sich vor seinem geistigen Auge noch einmal die dramatischen Ereignisse der letzten Minuten ab.

Er konnte nicht fassen, dass sich diese Dinge am helllichten Tag ereigneten, dass dies kein Nachtmahr war …

Larry Brent war nach Schottland gekommen, um die rätselhaften Wege des legendären Grafen Leucate zu verfolgen, von dem man behauptet, er sei mindestens zweihundert Jahre alt, wenn nicht noch älter. Es gab in der Tat Hinweise und Spuren in der Vergangenheit, die den Grafen erwähnten. Er war unter verschiedenen Namen aufgetreten. Hatte dieser Mann das Geheimnis oder das Elixier des ewigen Lebens entdeckt …? Oder war er ein Scharlatan und Bürger, gar ein Spielball in der Hand dämonischer Mächte, auf dessen Konto möglicherweise ungeklärte Todesfälle, Fälle von Wahnsinn und Fälle, in denen Menschen spurlos verschwanden und nie wieder gefunden wurden, gingen?

Dass er von Leucate zu Chaos gekommen war, dem steinernen Götzen, der durch ein bisher unbekanntes Ritual zum Leben erweckt werden sollte, beschäftigte ihn ebenfalls. Menschen aus Braemar, der kleinen schottischen Stadt in den Bergen, waren unwissentlich in Chaos’ Abhängigkeit geraten. Auf geheimnisvolle Weise, offenbar durch eine gewisse Cyrill Perkins, über die er sonst nichts Genaues wusste, war das grüne Blut des Götzen in die Adern der Unglücklichen gelangt, und sie waren von Stund an keine Menschen mehr, sondern sahen nur noch so aus.

Larry, der in dem Gasthaus To the Tree Oaks in Braemar abgestiegen war, hatte von dort aus die Verfolgung eines Mannes aufgenommen, der aus einem geheimen Schrankfach der McCoys, den Besitzern des Gasthauses, eine Chronik entwendet hatte, die bereits seit drei Generationen im Familienbesitz war. Der Flüchtling versuchte den PSA-Agenten, der auf die hintere Stoßstange des Fluchtfahrzeugs gesprungen war und sich an den Heckgepäckträger des alten VW klammerte, loszuwerden. Auf einem steppenartigen Plateau spielte sich daraufhin ein Kampf auf Leben und Tod ab. Schließlich stürzte der Dieb den Berghang hinunter und auch das Buch mit dem wertvollen Inhalt fiel in den Abgrund.

Dabei erlebte Brent eine Überraschung. Der Mann kam nicht als Leiche unten an, sondern löste sich in polternde Steine auf. Bei Larrys Versuch, die Chronik in seinen Besitz zu bringen, tauchten Chaos-Diener auf und schlugen ihn zusammen.

Als er wieder zu sich kam, stellte er fest, dass er auf einem riesigen Götzenaltar lag. Er konnte sich frei bewegen. Wahrscheinlich rechnete niemand damit, dass er den Versuch unternahm, etwas gegen die Verwandlung des Titanengötzen, dessen Stunde gekommen war, zu tun. Dennoch riskierte er es. Niemand hielt ihn auf, denn die dreihundert Opfer, alles infizierte Bewohner aus Braemar und Umgebung, die Chaos sich erwählt hatte, wurden eines nach dem anderen zu Stein und schenkten dem unheimlichen Koloss ihr Leben, so dass dieser Stück für Stück erwachte.

Nur die Flucht aus der Tempelhalle bot Larry die Chance, sein eigenes Leben zu retten. Dabei kam ihm eine verzweifelte Idee. Er packte Sandra McCoys Hand und nahm das Mädchen kurzerhand mit. Sandra spielte in der McCoy-Familie eine besondere Rolle.

In einer prophetischen Weissagung ihres Urgroßvaters war zum Ausdruck gekommen, dass nur in der dritten Generation dem Grauen, das durch Chaos auf die Erde gekommen war, Einhalt geboten werden könne. Aber auch Chaos, der viele Jahrtausende Zeit gehabt hatte, über seine Lage nachzudenken und nach einem Ausweg zu suchen, wusste um das Gebot der Stunde.

Durch seine Dienerin Cyrill Perkins hatte er es geschafft, Sandra McCoy, die Auserwählte, in seine Abhängigkeit zu bringen. Larry versuchte, das junge Mädchen zu retten, gleichzeitig den anderen Hilfe zu bringen und die Verwandlung des steinernen Götzen in ein lebendes Monstrum zu verhindern, indem er Sandra McCoy mit sich zerrte und die Treppen aus der unterirdischen Halle nach oben jagte.

Dabei kam ihm der Zufall zu Hilfe. Er erreichte jene Waffenkammer, in der seit über hundertfünfzig Jahren die Armbrust bereit lag, die nur für einen bestimmten Zweck dorthin gelegt worden war und die nur eine Person bedienen konnte: Sandra McCoy!

Unter Larrys Drängen nahm sie die Waffe an sich und sie eilten nach draußen, um den Ausbruch des steinernen Riesen aus seiner Felsenhalle zu bremsen und ihn an der Schwelle zu stoppen. Dort hatte sich ein ähnlich dramatischer Vorgang schon einmal abgespielt, als Sandras Urgroßvater, Derrick McCoy, diese besondere Armbrust einsetzte. Doch diesmal war Chaos schneller. Er verwandelte die Schützin in Stein, ehe sie den magischen Pfeil abschießen konnte.

In diese schrecklichen Ereignisse war gegen ihren Willen eine weitere Person gezogen worden: May Thompson, die Larry schon während der Fahrt nach Braemar kennengelernt hatte. Sie hatten sich beide das Abteil mit dem rätselhaften Graf Leucate geteilt.

Die junge Frau war nach Braemar gekommen und im Gasthaus To the Three Oaks abgestiegen, weil vor rund drei Monaten ihr Bruder in dieser Gegend auf mysteriöse Weise verschwunden war. Die Nachforschungen der Polizei verliefen im Sand, man fand keinen Anhaltspunkt, weder für einen Unfall noch für ein Verbrechen. Am Ende eines Schotterwegs stellte man das Fahrzeug von Reginald Thompson sicher. Dieser Schotterweg endete gute hundert Meter vor dem unbefestigten Pfad, der genau zu einer steinernen, schmalen Brücke über einen Abgrund führte und vor einem gewaltigen Burgtor mündete.

Die Beamten, die Reginald Thompson seinerzeit suchten, fanden keine logische Erklärung für das Verschwinden des begeisterten Amateur-Fotografen, der sich über die Warnungen aus der Bevölkerung hinweggesetzt hatte. Seit jeher hatte diese Burg, die im Volksmund nur Sword Castle – die Schwerter-Burg – genannt wurde, einen schlechten Ruf, ohne dass jemand eine vernünftige Erklärung dafür wusste. Die Menschen, die hier lebten, wussten jedoch eine Menge merkwürdiger Vorgänge über die Burg zu berichten, die im Lauf ihrer wechselvollen und nie ganz geklärten Geschichte viele Herren gesehen hatte.

May Thompson glaubte nicht an den Tod ihres Bruders. Ihre ungestillte Neugierde ließ sie eine lange und beschwerliche Reise antreten, weil sie der Meinung war, dass die beauftragten Beamten seinerzeit aus Furcht nicht gründlich genug zu Werke gegangen waren. Und wie sich nun zeigte, war ihr Verhalten nicht einmal so unrichtig gewesen.

Nicht die Burg selbst bewahrte das Geheimnis einer grauen, unseligen Vergangenheit, sondern der Bauch des über 1300 Meter hochragenden Ben Macdhui, der die höchste Erhebung in dieser Gegend war. In den Fels hinein gebaut, war die trotzige Burg einst uneinnehmbar für Feinde, denn von ihr aus ließen sich vortrefflich die Hügel, die schmalen Täler und Ebenen überblicken, ohne dass sie selbst leicht wahrgenommen werden konnte, so versteckt lag sie.

Noch ehe die Burg stand, gab es diesen verfluchten Ort. Fliehende Druidenpriester, die ihre blutdurstigen Götter anriefen, verbargen sich hier, fanden die natürlich gewachsene Höhle und richteten sie als Tempel zu Ehren Chaos’ ein. Der Geist des Druidengötzen verwirrte die Geister anderer, schuf urwelthafte Zustände und stürzte die Feinde in Angst und Verderben.

Diese Dinge, die Larry Brent jetzt durch den Kopf gingen, waren reine Spekulation. Was er wusste, war zu wenig, als dass er Chaos und alles, was mit dem Titanen zusammenhing, in ein bestimmtes Schema pressen konnte.

Larrys Gedanken drehten sich in diesen Sekunden, während der Tod für ihn nur noch eine Frage der Zeit war, besonders auch um May Thompson.

Wieso war die junge Frau hierhergekommen? Was wollte sie hier? Weshalb trug sie nur ein Nachthemd? Was hatte das alles für eine Bedeutung?

Aber wahrscheinlich würde er diese, wie viele andere Fragen, unbeantwortet mit ins Jenseits nehmen.

Die Luft wurde ihm knapp.

Er fühlte den Druck der sich schließenden Hand.

Chaos war grausam! Chaos kannte keine Gnade und konnte nicht wie ein menschliches Wesen empfinden. Er war aus einem schwarzen, dämonischen Reich auf diese Welt gekommen und Menschen waren für ihn nichts anderes als Ungeziefer, das er vernichten musste oder das er beobachtete wie ein Forscher unter dem Mikroskop.

Menschliches Leben war für ihn nichts wert.

Larry Brents Herz schlug bis zum Hals. Das dumpfe Pochen dröhnte durch seinen ganzen Körper und er glaubte, im Innern der hohlen Hand des unheimlichen Widersachers würde es widerhallen wie in einer Höhle.

Der Schweiß lief ihm in Bächen übers Gesicht und er schmeckte ihn salzig auf seinen Lippen. Die Haare hingen in seiner nassen Stirn. Seine Muskeln spannten sich. Er stemmte sich gegen die Pressbewegung, aber es war das gleiche, als ob er sich einem Elefanten entgegenstemmen würde, der die Absicht hatte, ihn zu zerstampfen.

Hier konnte er weder mit Kraft noch mit List etwas ausrichten. Er war diesem Ungetüm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

Aber das wollte er nicht wahrhaben. Solange er im Dienst der PSA stand, hatte er viele Kämpfe und Auseinandersetzungen ausgefochten und seinen eisernen Willen, seine Zähigkeit und Ausdauer mehr als einmal unter Beweis gestellt. Haarsträubende Situationen hatte er gemeistert und war oft nur mit knapper Not dem sicheren Tod entronnen …

Sollte es diesmal das Ende bedeuten? War das die Sackgasse, aus der nichts und niemand ihm heraushalf?

Er ließ es auf einen letzten, verzweifelten Versuch ankommen und aktivierte seine Laserwaffe.

Wenn er allerdings bedachte, dass Derrick McCoy und die Familienmitglieder der späteren Generationen sich völlig sicher waren, dass es keine Waffe gegen Chaos gab außer dem magischen Pfeil, den Sandra McCoy nicht hatte abschießen können, dann hatte er nichts mehr in petto.

Er drückte ab. Hell und gleißend stach der Laserstrahl in die dunkle Hand und bohrte sich in die gewaltige Innenfläche, die ihn völlig abdeckte.

Irrte er sich oder war es tatsächlich so?

Lief nicht ein leises Zucken, eine ruckartige Bewegung durch die Hand?

X-RAY-3 drückte ein zweites Mal ab. Im Licht des grellen Strahles sah er die Handlinien, das graurote Fleisch, das sich aus dem Stein des Ungeheuers entwickelt hatte und das sich anfühlte wie hartes, rissiges Leder.

Der Strahl ging durch die Lederhaut und er hoffte, dass Chaos so etwas wie Schmerz empfand.

Die Laserwaffe hatte in den meisten Fällen ihre Wirkung unter Beweis gestellt, doch gegen eine geistige Kraft ließ auch sie sich nicht einsetzen.

Träge tropfte etwas auf ihn herab. Eine zähe, dickflüssige Masse. Grünes Blut! Der Strahl riss die lederartige Oberschicht der Haut des Götzen auf, aber sonst geschah nichts.

Die Hand öffnete sich nicht, die Finger lagen eng aneinander, und es schien, als ob es dem Wesen aus der Tiefe und dem Anfang des unerforschten Kosmos satanische Freude bereitete, den Menschen in seiner hohlen Hand leiden zu lassen, seine Angst auf ein unerträgliches Maß zu vergrößern.

Larry löste einen dritten und vierten Impuls aus.

Die Tropfen wurden größer. Aber das war auch alles. Der Unheimliche zuckte nicht zusammen, gab keinen Schrei von sich und öffnete die Hand nicht. Er kannte keine Schmerzen und die Tatsache, dass das grüne Blut des steinernen Götzen sichtbar wurde, war offenbar ohne jegliche Bedeutung für dessen Wohlbefinden, für seine Kraft und Stärke.

Was Larry nicht sehen konnte, war dies: die Wunden, die er mit dem Laserstrahl, der sich wie ein Schneidbrenner in Chaos’ Haut fraß, verursachte, schlossen sich ebenso schnell wieder, wie sie entstanden waren. Eine teuflische geistige Kraft, die in und durch Chaos wirkte, sorgte für das erstaunliche Regenerationsvermögen.

Wie Nadelstiche empfand der Riese den Angriff und sein dröhnendes Lachen hallte wie Donnergrollen durch das Gebirge. Larry Brent erschauerte.

Er keuchte.

Chaos verstärkte den Druck und Larry glaubte, eine Felsplatte würde sich auf seine Brust herabsenken.

Jetzt machte Chaos ernst.

Der PSA-Agent saß fest wie zwischen zwei Schraubzwingen. Er wurde durch die gewaltigen Finger daran gehindert, auch nur die geringste Bewegung auszuführen. Seine Arme lagen an den Körper gepresst und es kostete ihn unendliche Mühe, die Hand herumzudrehen und die Laserwaffe in eine andere Stellung zu bringen. Aber seine Bewegungsfreiheit war nun so eingeschränkt, dass er nicht mehr riskierte, die Waffe noch mal einzusetzen. Die Gefahr, dass er sich selbst traf, war größer als alles andere.

Eine verzweifelte Idee kam ihm in diesen düsteren Augenblicken seines Lebens. Selbstmord! Einfach allem ein Ende bereiten, kurz und schmerzlos … lieber das als diese Qual, dieses Hinauszögern durch Chaos, noch länger zu erdulden!

Seine Lippen wurden schmal, bildeten einen dünnen Strich in seinem schweißüberströmten, bleichen Gesicht und in seine Augen trat ein harter Zug.

In der Hand, die den Smith & Wesson Laser hielt, zuckte es, und es gelang Larry, die Finger so weit herumzudrücken, dass die Mündung der tödlichen Waffe genau in sein Gesicht zeigte. Zu einem genaueren Zielen war er nicht mehr imstande.

Sein Hirn fieberte, in seinen Ohren rauschte das Blut, und X-RAY-3 glaubte, in einem Heizkessel eingesperrt zu sein, in dem die Temperatur rasend schnell anstieg.

Erregung, Todesangst und Ratlosigkeit bildeten eine Mischung, die ihn in eine Benommenheit trieb, dass er zu keinem klaren Gedanken mehr fähig war.

Die Mündung der Waffe wies mitten auf seine Stirn, aber das wusste er nicht mehr. Er handelte rein mechanisch.

Sein Finger krümmte sich …

„Neeeeiiiin!“ Ihr Schrei gellte in seinen Ohren.

Iwan Kunaritschew warf seinen Kopf herum.

Neben ihm stand Anabelle Chantrue und genau in ihrem Blickfeld befand sich der Schreibtisch mit dem makabren Fund.

Sie wurde von einer Sekunde zur anderen kreideweiß. Iwan registrierte noch, wie sie krampfartig die Hand an die Herzgegend presste, wie sie pfeifend die Luft einsog und dann die Augen verdrehte.

„Sie haben … es wahrgemacht … diesmal … war er … beim Totenkopf-Roulette … fällig …“ Die Worte, die zuletzt über ihre zitternden Lippen kamen, waren kaum verständlich. Doch dem geschulten Gehör des Russen entgingen sie nicht.

Zwischen seinen Augen entstand eine steile Falte.

Offenbar sagte das Mädchen etwas, das sie ursprünglich gar nicht hatte sagen wollen. Er registrierte noch den entsetzten Ausdruck in ihren Augen, als ihre Blicke sich trafen.

Dann brach die schlanke Französin wie vom Blitz gefallt zusammen.

Iwan Kunaritschew alias X-RAY-7 fing sie auf.

„Nein!“ Hart und bestimmt war der Gedanke, der sich an die Oberfläche seines Bewusstseins drängte und es schien, als würde er sich aus dem Wust, in dem seine Seele und sein Geist steckten, befreien. „Nein! Nicht so!“

Für den Bruchteil eines Augenblicks fand Larry zu sich selbst zurück und die innere Spannung, unter der er stand, lockerte sich. Der Zeigefinger, der schon Druckpunkt genommen hatte, kehrte in seine Ausgangsstellung zurück.

Seine Lider zitterten wie Schmetterlingsflügel. Unerbittlich wurde Larry Brents Blick.

Nicht aufgeben, hämmerte es in seinen Schläfen.