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Nachdem in Lauras Leben endlich alles so war, wie sie es sich vorgestellt hatte, steht sie plötzlich vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens. Sommercamp oder Bandcontest? Beides findet zur selben Zeit statt. Soll sie ihre beste Freundin Jule enttäuschen, mit der sie sich für das Fußballcamp angemeldet hat? Soll sie die Band im Stich lassen? Oder gibt es einen Masterplan? Als ob das alles nicht schon schlimm genug wäre, überschattet ein schwerer Unfall auch noch den Beginn der so heiß ersehnten Sommerferien und ein Wiedersehen mit Ben wirbelt ihre gerade erst geordnete Gefühlswelt wieder völlig durcheinander.
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Seitenzahl: 182
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Kapitel 1 – Laura auf DVD
Kapitel 2 – Überraschung für Laura
Kapitel 3 – Jackys Intrige
Kapitel 4 – Das Beste
Kapitel 5 – Wiedersehen mit Ben
Kapitel 6 – Das Angebot
Kapitel 7 – Das nächste Angebot
Kapitel 8 – Christina und ?
Kapitel 9 – Klassenparty
Kapitel 10 – Das Gerücht
Kapitel 11 – Lessons in Rock unplugged
Kapitel 12 – Jules Auftritt
Kapitel 13 – Das Sommerfest
Kapitel 14 – Die Geburtstagsparty
Kapitel 15 – Der Unfall
Kapitel 16 – Proben, Proben, Proben.
Kapitel 17 – Das Sommercamp
Kapitel 18 – Probenfrust
Kapitel 19 – Nadine
Kapitel 20 – Alltag im Camp
Kapitel 21 – Ein Abend mit Folgen
Kapitel 22 – Der Morgen danach
Kapitel 23 – Laura wird nervös
Kapitel 24 – Die Konkurrenz
Kapitel 25 – Überraschung
Kapitel 26 – Der Bandwettbewerb
Kapitel 27 – Die Entscheidung
Die kleinen Geschichten hinter den Geschichten
LAURA ROCKT! 2 – Sommercamp und Bandcontest
Gespannt sahen Lauras Eltern zum Fenster hinaus. Draußen konnten sie schon die ersten Anzeichen des Frühlings erkennen. Es war eine Mischung aus Wolken und blauen Stellen am Himmel zu sehen, die gelegentlich die Sonne hindurchließen. Erste Blüten kämpften sich sonnenhungrig den vereinzelten, aber wärmenden Sonnenstrahlen entgegen und an den Bäumen kamen die ersten Knospen zum Vorschein. Doch all das war gerade völlig uninteressant für Axel und Bettina. Sie warteten auf etwas ganz anderes. Lange genug hatte es schon gedauert, bis sie endlich in den Genuss des ersten Auftritts ihrer Tochter kommen sollten. Sie hatten keine Ahnung mehr, wie oft ihnen Laura schon davon erzählt hatte. Jetzt war es endlich so weit. Wenn Luca sein Wort hielt, dann würde Laura heute mit dem Video vom Faschingsball nach Hause kommen. Dort hatte Laura als Gastsängerin von Lessons in Rock nämlich genau diesen ersten Auftritt, den sie nun endlich sehen wollten. Sie kamen sich beide vor wie Teenager, die vor einer großen Halle auf ihr erstes Konzert warteten. Doch irgendwie war das alles noch viel aufregender. Ihre eigene Tochter hatte gerockt! Und das scheinbar auch noch richtig gut, wenn man den vielen Erzählungen, die nicht nur von Laura selbst kamen, glauben schenken konnte.
Als Laura um die Ecke bog, konnte sie schon sehen, wie plötzlich die Haustür aufging und ihre Eltern erwartungsvoll herausschauten. So aufgeregt waren die beiden noch nie zuvor gewesen. Zumindest konnte sie sich nicht daran erinnern.
»Hast du es dabei?«, rief ihre Mutter ihr fragend entgegen.
»Was meinst du denn?«, stellte Laura die Gegenfrage und setzte eine unwissende Miene auf. Es bereitete ihr eine diebische Freude, ihre Eltern noch ein wenig auf die Folter zu spannen.
»Das weißt du doch ganz genau«, sagte Lauras Mama und die Ungeduld war ihr beinahe auf die Stirn geschrieben. »Jetzt spann uns doch nicht so auf die Folter. Zu viel Aufregung ist in unserem Alter gar nicht gut, das weißt du doch. Hast du es jetzt dabei, oder nicht?«
»Ach ja? Ich dachte ihr fühlt euch noch so jung und sportlich«, antwortete Laura nun mit einem frechen Grinsen im Gesicht. Die erneute Frage, die natürlich nur auf die DVD bezogen war, ignorierte sie absichtlich komplett. Sie konnte fast spüren, dass ihre Eltern schon vor Ungeduld platzten, auch wenn ihr Papa krampfhaft versuchte, eine coole Miene aufzusetzen. Noch ein kleines Bisschen. Nur noch einen kurzen Moment wollte sie die Spannung steigern. Dann erlöste sie ihre Eltern ganz plötzlich von ihren Qualen.
Laura griff in ihre Jacke und hielt die DVD, auf die alle schon so lange warteten, ihren Eltern mit ausgestrecktem Arm entgegen. Ihr Papa schaute ganz kurz auf das Cover, auf dem auch ein einzelnes Bild seiner Tochter mit der Akustikgitarre zu sehen war, riss ihr die DVD aus der Hand und rannte ins Wohnzimmer. Dort warteten schon der Fernseher und der DVD-Player in betriebsbereitem Zustand, um ja keine Zeit zu verlieren. Laura musste schmunzeln, als sie ihren Papa, wie einen kleinen Jungen, der sein Weihnachtsgeschenk bekam, durch die Wohnung flitzen sah. Normalerweise waren die Rollen genau anders herum verteilt. Bis Laura ihre Schuhe ausgezogen und die Jacke an den Haken gehängt hatte, hörte sie schon ihren Vater aus dem Wohnzimmer rufen.
»Na los, kommt schon. Sonst geht es ohne euch los.«
»Das liegt ja wohl an dir«, antwortete Laura. »Oder hat sich die DVD etwa selbst eingelegt, obwohl du es gar nicht wolltest?«
Laura lief lachend mit ihrer Mama ins Wohnzimmer. Sie konnte es ja selbst nicht erwarten, endlich ihren Auftritt zu sehen. Sie hatte zwar schon einzelne Sequenzen gesehen, aber noch nie das ganze Video am Stück. Ihre Aufregung war fast so groß, wie am Faschingsball selbst. Aber eben nur fast.
Nach einem kurzen Intro, das Luca aus ganz vielen Fotos zusammengeschnitten hatte, kam ein Menü, auf dem man die einzelnen Songs anwählen konnte. Ohne die anderen zu fragen, wählte Lauras Papa sofort Skater Boy aus und drückte auf Play.
»Ich bin ja so gespannt«, sagte Bettina und rieb sich nervös die Hände.
Auf dem Bildschirm war die ganze Bühne zu erkennen. Die Kamera war glücklicherweise so eingestellt gewesen, dass man auch die ersten Reihen der Zuschauer sehen konnte. Zumindest deren Umrisse. Die jubelten wie verrückt, als Max, der Sänger der Schulband, Laura lauthals angekündigte. Laura lief auf die Bühne und hängte sich ihre Gitarre um. Wie sie es zuvor schon so oft geträumt hatte, stand sie nun auf der Bühne. Sie streckte die Faust in die Höhe, Daniel zählte ein und auf einen Schlag legten sie los. Man konnte die Energie sogar vor dem Fernseher noch spüren. Lessons in Rock fegten über die Bühne, als ob sie schon unzählige Auftritte hinter sich gehabt hätten. Laura wunderte sich selbst ein wenig, dass man ihre Nervosität gar nicht wirklich erkennen konnte. Es sah sogar ziemlich locker aus. Ihre Gitarre hing recht weit unten und beim Singen schaute sie etwas nach oben. Doch plötzlich veränderte sich ihr Blick.
»Seht ihr, wie ich da schaue?«, fragte Laura und wartete erst gar keine Antwort ab. »Das war genau da, als ich die Mädels mit den LAURA ROCKT! Shirts gesehen habe. Da bin ich vor Schreck fast von der Bühne gefallen. Ich hab gedacht, ich komm gar nicht mehr in den Text rein.«
Laura nahm ihren Blick vom Fernseher und schaute zu ihren Eltern, weil nicht einmal ein Gemurmel als Zustimmung gekommen war. Sie kam sich vor wie ein Geist, der nicht fähig war, mit den realen Menschen zu sprechen. So wie die beiden aussahen, hatten sie Laura wohl noch nicht einmal gehört. Sie starrten beide völlig regungslos auf den Fernseher und konnten es beinahe nicht fassen, ihre Tochter über die Bühne rocken zu sehen. Ihnen wurde schlagartig bewusst, dass das kleine Mädchen wohl Vergangenheit war.
Beim zweiten Song, als Laura auf Drängen von den Jungs noch ganz alleine „When you´re gone“ spielte, bekam sie, wie so oft, wenn sie nur an diese Stelle dachte, ganz glasige Augen. Und ihrer Mama erging es nicht anders. Als das Lied zu Ende war und Laura an den Bühnenrand lief, stockte ihr fast der Atem. Sie hatte die Geschichte des Abends zwar schon oft von Laura gehört, aber sie konnte es sich nie richtig vorstellen. Das hörte sich immer alles viel zu sehr nach einem Kinofilm und nicht im Geringsten real an. Sie kämpfte gegen die Tränen der Rührung an, schluckte ein paar Mal, aber es nutzte nichts. Als sie sah, wie Laura sich von der Bühne fallen ließ und das direkt in die Arme von Max, konnte sie die Tränen nicht mehr halten und nahm ihre Tochter in den Arm.
Auch für Laura war es ein sehr intensiver Moment. Den Anfang ihrer Beziehung zu Max noch einmal auf dem Fernsehbildschirm mitzuverfolgen, war schon etwas ganz besonderes. Hier nahm sie auch erst richtig wahr, wie groß der Jubel in der Halle gewesen war. Das hatte sie vorher gar nicht realisieren können, weil sie die Situation selbst wie in Trance erlebte. Irgendwie war es ihr fast ein bisschen peinlich, das alles jetzt mit ihren Eltern zusammen zu sehen. Obwohl sie ja eh schon alles wussten und zu ihrer großen Freude Max mit offenen Armen empfingen, war es ihr ein bisschen unangenehm.
»Du glaubst gar nicht, wie stolz ich auf dich bin«, sagte Lauras Mama und nahm sie schon wieder in den Arm. Sie drückte sie so fest, dass Laura fast keine Luft mehr bekam.
»Und ich erst«, fügte ihr Papa, mit einem breiten Grinsen im Gesicht hinzu. Der war mindestens genauso stolz wie ihre Mama.
In den Wochen nach dem Faschingsball waren die Schulband und auch Laura zu kleinen Berühmtheiten an der Schule geworden. Es wurde viel geredet. Vor allem wenn Laura und Max Hand in Hand über den Schulhof schlenderten, konnten sie immer wieder andere Schüler hinter vorgehaltener Hand tuscheln sehen. Dass Laura von der Bühne in die Arme von Max gesprungen war, gehörte lange zu den großen Gesprächsthemen in der Schule. Wie in einem Märchen sei es gewesen, erzählten sich die Schüler, die dabei waren. Oder der Vergleich zu Highschool Musical war oft zu hören. Und immer wieder kamen ein paar winzige Details hinzu, von denen nicht einmal Laura und Max selbst etwas wussten. Aber damit musste man wohl leben, wenn man zum Gesprächsthema Nummer eins geworden war.
Und eine kam nach wie vor nicht damit zurecht. Man merkte es Jacky ganz offensichtlich an, das sie es überhaupt nicht akzeptieren konnte, dass Laura jetzt mit ihrem Ex-Freund zusammen war. Laura bekam immer ein ganz komisches Gefühl, wenn sie an Jacky vorbeilief. Sie konnte es sich selbst nicht erklären, aber ihr war jedes Mal unwohl. Irgendwo im Unterbewusstsein wartete Laura immer auf eine böse Überraschung. Sie konnte es noch nicht glauben, dass ihre Erzfeindin sich so einfach geschlagen geben würde. Jacky störte nicht einmal so sehr, dass Laura jetzt mit Max zusammen war. Sie hatte mit ihrer Beziehung zu ihm ja eh nur Laura eins auswischen wollen. Das war ihr auch gelungen. Zumindest für eine kurze Zeit. Und irgendwann war es dann auch genug gewesen. Schließlich war ja Max nicht wirklich Jackys Typ. Vielmehr störte sie, dass Laura plötzlich in aller Munde war. Jeder schwärmte von ihr. Es war fast nicht zu ertragen, wie sie auf einmal von allen angehimmelt wurde. Jacky platze fast vor Wut.
Guten Morgen«, sagte Laura etwas gequält, als sie sich völlig verschlafen neben Jule auf den freien Platz im Schulbus fallen ließ. Ihre Augen waren noch dick geschwollen und sie sah aus, als hätte sie in der Nacht kein Auge zugetan. Laura sah eigentlich fast immer ziemlich verschlafen aus, wenn sie sich in den Bus schleppte. Aber an diesem Morgen war es ganz besonders schlimm.
»Morgen«, antwortete Jule und sah ihre Freundin fragend an. »Aber ob der wirklich gut wird, weiß ich noch nicht, so wie du gerade aussiehst.«
»Danke für das Kompliment. Du musst aber auch nicht gleich so früh am Morgen schon so nett sein.« Laura legte ihren Kopf an Jules Schulter und schlief fast wieder ein. An dieser Schulter lehnte sie oft, wenn es ihr mal nicht gut ging. Jule hatte immer tröstende Worte im richtigen Moment für sie gehabt. Sie war einfach die beste Freundin, die man haben konnte. Heute lehnte sie aber einfach nur an Jules Schulter, weil sie hundemüde war. Aber auch dafür war ja die Schulter der besten Freundin da.
»Sorry, aber du siehst wirklich schrecklich aus. Und ich darf das sagen, schließlich bin ich ja deine Freundin. Was hast du denn heute Nacht gemacht? Mit Schlafen war ja nicht viel, oder?«
»Nee, nicht wirklich. Ich hab heute Nacht noch ewig mit Max gechattet. Ich wollte gar nicht aufhören«, säuselte Laura vor sich hin. Sie stieß einen tiefen Seufzer aus, lächelte zufrieden und kuschelte sich nun noch etwas fester an Jules Schulter.
»Klar, und er kann ausschlafen. Die Jungs haben ja heute erst zur zweiten Stunde Schule.«
»Genau, aber das macht nix. Es war so schön. Aber wem erzähl ich das? Du weißt ja, wie das ist.«
»Stimmt«, antwortete Jule und die beiden verbrachten den Rest der Fahrt aneinander gelehnt und schweigend. Laura war wieder eingeschlafen und Jule musste schon etwas heftiger an ihr rütteln, dass sie rechtzeitig zum Aussteigen wieder wach wurde.
»Oh je, wie willst du denn diesen Tag heute durchstehen?« fragte Jule besorgt.
»Keine Ahnung. Du musst mich halt ab und zu mal wecken«, entgegnete Laura mit einem müden Grinsen.
»Und dann hat Max auch noch gesagt, ich soll heute nach der Schule mal wieder bei der Probe vorbeischauen. Warum, hat er mir nicht verraten. Aber das ist ja auch egal. Ich hab das Proben schon richtig vermisst und freue mich darauf, vielleicht endlich wieder etwas singen zu können.«
Jule antwortete nicht darauf, obwohl sie genau wusste, warum Laura zur Probe kommen sollte. Aber es sollte eine Überraschung werden und daher schwieg Jule. Auch wenn es ihr noch so schwer gefallen war.
Der Vormittag zog sich wie Kaugummi und Laura wehrte sich eisern gegen die Müdigkeit. Das war nicht immer einfach. Vor allem in Geschichte. Sie konnte sich nach der Stunde zwar an überhaupt gar nichts mehr erinnern, aber sie hatte noch das Bild vor Augen, wie sie ihren Lehrer wahrnahm. Laura schaute vor Müdigkeit sowieso nur durch ihn hindurch. Um sie herum bewegte sich irgendwann alles nur noch in Zeitlupe. Es kam ihr vor, als würde sich seine Stimme immer mehr verlangsamen, bis sie so tief und unverständlich war, dass sie ohne Probleme zu einem Monster in einem schlechten Horrorfilm passte. Doch als sie dann in einer Vertretungsstunde einen Film schauten, konnte sie nicht mehr gegen ihre Müdigkeit ankämpfen. Wie ein dunkler Mantel wickelte sie der Schlaf ganz langsam ein und sie wehrte sich überhaupt nicht, als sie spürte, wie ihr die Augen schwer wurden. Den Kopf hatte sie sowieso schon auf dem Tisch liegen gehabt und so dauerte es auch nicht mehr lange, bis Laura im Land der Träume verschwunden war. Ausnahmsweise träumte sie einen Traum, indem sie nicht mit einer Gitarre um den Hals auf einer Bühne stand. Dieses Mal lag sie mit Max auf einer endlos groß erscheinenden Wiese und schaute mit ihm in den Himmel. Sie hatten einfach nur die Nähe und die absolute Ruhe genossen, die nur gelegentlich durch den Wind, der sanft ihre Nasenspitzen kitzelte, unterbrochen wurde. Es war eine Situation, wie sie ein Liebesfilm nicht besser beschreiben konnte. Doch irgendwann war ein leises, aber extrem störendes Geräusch zu hören. Laura konnte anfangs nicht einschätzen, was es war und woher es kam. Dann wurde es lauter. Immer lauter. Es war ein Brummen, wie es eigentlich nur zu einem Rasenmäher gehören konnte. Aber was zum Teufel hatte ein Rasenmäher in ihrem Traum zu suchen? Sie setzte sich auf und schaute sich in alle Richtungen um. Und da war die Ursache des Übels. Ein riesengroßer Aufsitzrasenmäher bahnte sich seinen Weg durch die wunderschön blühende Naturwiese und mähte einfach alles ab. Laura wollte gerade rufen und versuchen die Wiese zu retten, als sie plötzlich sah, wer da am Steuer saß. Es war Jacky. Ihr Lachen war dämonisch und Laura lief ein kalter Schauer über den Rücken.
Plötzlich und für ihre Begriffe viel zu schnell, wurde sie wieder aus dem Schlaf gerissen. Sie konnte nicht sagen ob es der Gong oder Jule gewesen war. Was eigentlich auch völlig egal war, denn nach einer kurzen Anlaufzeit spürte sie, dass sie deutlich erholter war. Doch das kam etwas spät, denn der Schultag ging an ihr vorüber und keine Information blieb in ihrem Gedächtnis haften. Alles war wieder weg. Als ob sie heute gar nicht da gewesen wäre. Das bedeutete, dass sie einmal mehr die Hefte von Jule brauchen würde. Und vielleicht bald einen Psychiater, wenn sie darüber nachdachte, was für einen Mist sie da gerade geträumt hatte.
Jetzt war aber zuerst etwas anderes wichtig. Es war Zeit für die Probe und sie lief zusammen mit Jule in den Musikraum. Diese begleitete Laura unter dem Vorwand, ihren Freund Luca, der ja auch in der Schulband spielte, sehen zu wollen. Da waren die idiotischen Gedanken aus Lauras Traum in Windeseile verdrängt.
»Hi Laura, schön, dass du da bist«, sagte Max zur Begrüßung, nahm sie in den Arm und gab ihr einen Kuss. Das war anfangs für Laura noch etwas ungewohnt. Sie hatte immer das Gefühl, dabei beobachtet zu werden. Aber mittlerweile war das schon ganz normal. Und jedes Mal noch genauso schön wie zu Beginn ihrer noch jungen Beziehung. Gleich darauf ließ er sie wieder los und stellte sich grinsend zu seinen Bandkollegen. Irgendwie sahen alle aus, als ob sie nur mit allergrößter Mühe einen heftigen Lachanfall unterdrücken konnten. Ihre Mundwinkel zuckten etwas. Laura wunderte sich schon, was das sollte und schaute fragend zu Jule. Die schaute aber nicht weniger dämlich als die Jungs. Plötzlich kamen Max, Luca, Daniel und Flo geradewegs auf Laura zu. Kurz vor ihr blieben sie stehen und ließen sich völlig synchron vor ihr auf die Knie fallen. Das Fragezeichen in Lauras Gesicht wurde derweil immer größer. Wie es sich für echte Musiker gehörte, nahm Daniel seine Drumsticks und gab mit vier Schlägen den Takt vor. Nur, dass dieses Mal kein Lied begonnen wurde, sondern alle vier fingen gleichzeitig an zu reden.
»Willst du, Laura, die hier anwesende Band Lessons in Rock, bestehend aus Max, Luca, Daniel und Flo heiraten? Willst du sie lieben und ehren, in guten und in schlechten Tagen? Willst du deine Freizeit in Zukunft mindestens einmal in der Woche mit der dir angetrauten Band verschwenden und jede Menge Spaß als Gitarristin und Sängerin haben? Dann antworte mit: Ja, ich will!«
Die vier brachten ihre Rede fast ohne Lacher durch. Nur Jule konnte sich kaum mehr halten und Laura beobachtete, wie sie beide Hände vors Gesicht schlug und krampfhaft versuchte, sich zu beherrschen. Die Jungs hingegen hatten scheinbar ihre Fassung wiedergefunden und schauten allesamt mit treudoofem Blick zu Laura.
»Ja, ich will«, antwortete Laura und fügte nahtlos hinzu: »Ihr Vollidioten.«
Kaum war der Satz beendet, sprangen die Jungs auf und fielen ihr um den Hals. Sie hüpften wie die Bekloppten um Laura herum und die stellte sich jetzt schon spaßeshalber die Frage, ob das wirklich eine gute Entscheidung gewesen war. Doch, das war es bestimmt. Eigentlich war es ja genau das, was sie schon immer wollte. Richtig in einer Band spielen. Und dieser Traum ging soeben in Erfüllung. Auch wenn es noch ein ganzes Stück von einer Karriere als Rockstar entfernt war, war es immerhin ein Anfang. Und dafür war es nach Lauras Meinung sogar ein recht guter.
»Und ich hab zur Feier des Tages noch eine kleine Überraschung für dich«, sagte Jule und nahm Laura nun auch endlich in den Arm.
»Oh je, was kommt denn noch? Ich bin eigentlich schon genug überrascht für heute«, antwortete Laura.
»Keine Angst, ist nichts Schlimmes.« Jule hielt ihr ein Päckchen hin.
Laura nahm es ihr aus der Hand und riss es sofort auf. Zum Vorschein kam ein LAURA ROCKT! Shirt, wie sie es schon bei ihren Freundinnen am Faschingsball gesehen hatte. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass auf der Rückseite noch der Schriftzug von Lessons in Rock stand.
»Ich danke euch.« Laura umarmte noch einmal einen nach dem anderen. Jetzt war die Band komplett und die Probe konnte beginnen.
Als Laura am nächsten Morgen in die Schule kam und mit Jule über den Hof lief, kam ihr irgendetwas komisch vor. Sie hatte sich zwar daran gewöhnt, dass die Leute über sie, Max und den Faschingsball redeten, aber heute war es anders. Normalerweise war es ein heimliches Tuscheln und die meist weiblichen Mitschüler drehten sich mit einem verlegenen Grinsen wieder weg, wenn Laura sie anschaute. Vor allem war immer ein Anflug von Bewunderung in den Blicken zu erkennen. Aber an diesem Morgen war irgendwie alles anders und Laura versuchte ihrer Freundin Jule zu schildern, was ihr aufgefallen war.
»Ich glaube, das bildest du dir nur ein«, versuchte Jule sie zu beruhigen. »Warum sollten sie dich den böse anschauen? Bis gestern warst du noch die Heldin der Schule und heute sollen sie über dich herziehen? Das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Ich kann mir das ja auch nicht erklären. Mir kommt es halt so vor. Fällt dir das nicht auf, wie die schauen? Da stimmt doch irgendwas nicht.«
Sie wünschte Max wäre hier, aber der hatte heute schon wieder erst zur zweiten Stunde. Sie kam sich vor wie bei einem Spießroutenlauf. Die Blicke waren stechend. Laura konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, in Deckung gehen zu müssen, um den giftigen Pfeilen auszuweichen, mit denen nach ihr geschossen wurde. Auch Jule fielen nun, bei näherem Hinschauen, die abwertenden Blicke auf.
»Das gibt’s doch nicht. Jetzt sehe ich es auch. Aber mir fällt noch etwas auf. Dir auch?«, fragte Jule und Laura schaute sie fragend an.
»Was meinst du? Mir reicht das eigentlich schon, dass sie mich ansehen, als würde ein Fahndungsfoto von mir am schwarzen Brett hängen.«
»Na schau sie dir doch an. Sind das nicht alles Mädels, die irgendwas mit Jacky zu tun haben? Aus unserer Klasse hat noch niemand so übertrieben unfreundlich zu dir herüber geschaut.«
»Stimmt, jetzt wo du es erwähnst. Aber was soll denn das Ganze? Ich bin echt gespannt, was da jetzt wieder dahinter steckt.«
»Das werden wir mit Sicherheit bald erfahren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jacky irgendetwas tut, ohne dass es die halbe Schule mitbekommt. Sie wird sich mit Sicherheit bald zu erkennen geben.«
»Na prima. Du machst mir ja Mut.«