Laura rockt! - Thorsten Peter - E-Book

Laura rockt! E-Book

Thorsten Peter

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Beschreibung

Die dreizehnjährige Laura und ihre gleichaltrige Freundin Jule verlieben sich beide zum ersten Mal. Während Laura mit ansehen muss, wie sich ihr Schwarm Max mit der Oberzicke Jacky einlässt, hat Jule mehr Glück und kommt mit Luca, einem Freund und Bandkollegen von Max aus der Schulband, zusammen. Laura verkriecht sich und spielt fast nur noch auf ihrer Gitarre um ihren Kummer zu vergessen. Um sich etwas abzulenken, lässt sich Laura von Jule zum Fußballtraining überreden. Dort lernen sie mit Lena und Jana zwei neue Freundinnen kennen und Laura fängt an wieder Freude am Leben zu haben. Als sie dann noch durch Jule auf die Geburtstagsparty von Luca eingeladen wird und dort etwas geschieht, das sich Laura nicht einmal im Traum ausgemalt hätte, wendet sich plötzlich das Blatt …

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 – (K)ein ganz normaler Tag

Kapitel 2 – Die große Enttäuschung

Kapitel 3 – Jule´s Geheimnis

Kapitel 4 – Abenteuer Fußball

Kapitel 5 – Schmerzen und Schmetter

Kapitel 6 – Die Beichte

Kapitel 7 – Lauras Abend

Kapitel 8 – Das Leben nach der Party

Kapitel 9 – Kabinenfest und Weih

Kapitel 10 – Das große Zittern am

Kapitel 11 – Soundcheck

Kapitel 12 – Das Turnier

Kapitel 13 – Silvesterparty und Eisdisco

Kapitel 14 – Aufregung in der Schulband

Kapitel 15 – Lessons in Rock

Kapitel 16 – Die große Chance

Kapitel 17 – Die erste Probe

Kapitel 18 – Eine Überraschung für

Kapitel 19 – Das Aus für Laura?

Kapitel 20 – Laura gibt nicht auf

Kapitel 21 – Ben

Kapitel 22 – Christina – Die Heldin

Kapitel 23 – Jule hat eine Idee

Kapitel 24 – Der große Tag

Kapitel 25 – LAURA ROCKT!

Die kleinen Geschichten hinter den Geschichten

LAURA ROCKT! Ein Abenteuer zwischen Musik und erster Liebe

Kapitel 1 – (K)ein ganz normaler Tag

Montagmorgen, 6.15 Uhr, der Wecker klingelte und Laura tastete mit der Hand nach dem schrecklichen Ding, das sie so unsanft aus ihren Träumen gerissen hatte. Dabei räumte sie noch eine CD und ein Buch vom Nachttisch, ließ sich dadurch aber überhaupt nicht aus der Ruhe bringen und fand mit geschlossenen Augen die Taste des Radioweckers, die sie suchte. So verschaffte sie sich noch mal fünf Minuten, in denen sie versuchte, wieder in ihren Traum einzutauchen.

Laura steht verschwitzt, aber überglücklich auf einer großen Bühne. Vor ihr Hunderte wenn nicht sogar Tausende Menschen, die ihr zujubeln und eine Zugabe fordern. Laura streckt die Faust in die Höhe, der Schlagzeuger zählt ein, und ...

»LAURA!!! ... AUFSTEHEN!«

»Nein, das kann nicht sein«, dachte sich Laura, als ihre Mutter mittlerweile schon zum dritten Mal nach ihr rief, und vergrub ihren Kopf unter dem Kissen. Mit Sicherheit hatte sie den Wecker mal wieder versehentlich ganz ausgeschaltet und war erneut tief eingeschlafen. Aber es half alles nichts. Nachdem ihre Mutter nun schon zum vierten Mal rief, und das mit deutlichem Ärger in der Stimme, quälte sie sich aus dem Bett und schleppte sich ins Bad.

»Ich bin wach«, rief sie, kaum lauter als ein Flüstern, ihrer Mama zu, als diese schon zur Hälfte die Treppe oben war.

»Jetzt musst du dich aber beeilen, sonst verpasst du den Bus und ich hab heute Morgen keine Zeit dich in die Schule zu fahren. Nimm dir was zu essen mit und frühstücke am besten auf der Fahrt. Ich hab dir was hingerichtet, denn ich muss jetzt los. Tschüss Laura.«

»Bye Mami ... ich schaff das schon noch rechtzeitig, mach dir keine Sorgen.«

Laura war nicht wie alle in ihrem Alter. Die meisten anderen dreizehnjährigen Mädchen aus ihrer Klasse, hatten schon lange angefangen sich zu schminken, auf Marken Klamotten zu stehen und kleine Damen zu werden. Sie trug meistens ihre Lieblingsjeans, bei der sich ihre Mutter am liebsten weigern würde sie zu waschen, weil sie schon ziemlich viele Löcher hatte. Und dazu eins ihrer vielen Avril Lavigne T-Shirts. Das war nämlich ihr absolutes Idol. Einmal so wie sie auf der Bühne zu stehen war ihr großer Traum. Mit hübsch machen und dem üblichen „Mädchenzeugs“, wie sie es selbst nannte, verschwendete Laura nicht viel Zeit. Sie war deshalb zwar nicht unbeliebt, aber es beachtete sie auch fast niemand. Was ihr eigentlich sogar manchmal recht war, denn dann hatte sie wenigstens ihre Ruhe.

Laura schaute sich im Spiegel an. Sie sah ein ziemlich hübsches Mädchen, das allerdings noch unglaublich verschlafen aus den Augen schaute. Laura hatte dunkelbraune, glatte, lange Haare, die sie fast immer zu einem Pferdeschwanz zusammenband, weil ihr für alle anderen Frisuren meistens die Geduld fehlte. »Gut siehst du aus«, sagte Laura zu ihrem Spiegelbild. »Und deshalb wirst du auch nicht so angemalt wie die ganzen anderen Zicken.« Nur eine Vorliebe für Ohrringe konnte Laura nicht verheimlichen. Mittlerweile hatte sie links vier und rechts zwei Ohrringe. Wenn es nach ihr ginge, hätte sie noch mehr, aber nach dem letzten Ohrring hatte Lauras Mutter gesagt, dass es nun mal reichen würde. Doch jetzt hieß es erst einmal Gas geben. Schnell waschen, Zähne putzen, in die Klamotten springen und nichts wie los zur Bushaltestelle.

Auf den letzten Drücker kam sie an die Haltestelle gehetzt. Dort sah sie, wie jeden Morgen, den Jungen den sie bewunderte und für den sie heimlich schwärmte. Das war Max. Er war zwei Jahre älter als sie, vielleicht nicht der Hübscheste, aber er sang in der Schulband. Und das auch noch ziemlich gut. Max war ein großer schlanker Junge mit braunen, schulterlangen Haaren, die wegen seiner leichten Naturlocken immer recht eigenwillig zerzaust waren. Genau das gefiel Laura so an ihm. So wie er da stand, mit seiner Schultasche locker über der Schulter hängend, der schon etwas abgewetzte Parka, das alles fand sie einfach cool. Irgendwie sah er für Laura aus wie ein kleiner Rockstar und trotzdem wirkte er einfach nett und natürlich.

Die Schulband war vor einem Jahr gegründet worden und war sogar schon am Sommerfest der Schule mit ein paar Coversongs aufgetreten. Seitdem war Max Lauras Held. Die Band hatte zwar immer noch keinen Namen, weil der erste Auftritt auch gar nicht so früh geplant gewesen war, doch trotzdem hatte das kleine Konzert, vor allem auf die weiblichen Schülerinnen, Eindruck gemacht. Und die Jungs hatten an der Schule schon eine gewisse Popularität erreicht. Aber zu ihrer großen Enttäuschung hatte Max sie noch nie richtig wahrgenommen. Manchmal kam ein fast zufälliges Hallo, aber das war dann auch schon alles. Da war sie sich dann nicht mal sicher, ob er sie überhaupt gemeint hatte. Um ihn einfach anzusprechen, fehlte ihr leider noch der Mut. Aber irgendwann, das schwor sie sich, würde sie es schaffen.

Im Bus setzte sie sich, wie immer, neben ihre beste und auch fast einzige Freundin Jule. Sie besetzte wie jeden Morgen Laura einen Platz, weil sie schon eine Haltestelle vorher einstieg. Jule gehörte seit Kurzem zwar auch zu den Mädchen, die sich schick anzogen und ein wenig schminkten, aber bei ihr sah Laura darüber hinweg. Bei Jule fiel das auch gar nicht so auf, weil sie es irgendwie schaffte, trotzdem ganz natürlich zu wirken. Das lag mit Sicherheit auch an ihrer wilden Kurzhaarfrisur. Die blonden Haare standen Jule in alle Richtungen, was ihr ein unglaublich freches Aussehen verlieh.

»Hast du ihn gesehen?« flüsterte Laura ihrer Freundin zu.

»Ja, hab ich. Wie jeden Morgen im Bus. Wann willst du endlich mal deinen Mut zusammen nehmen und ihn ansprechen? «, antwortete Jule etwas genervt.

»Ich trau mich doch nicht. Was soll ich denn sagen?« fragte Laura.

»Das weiß ich doch nicht. Lass dir halt mal was einfallen. Redet doch über Musik. Er steht doch auf den gleichen Krach wie du.«

»Ist ja schon gut. Und Rockmusik ist kein Krach.«

»Ja, ja, entschuldige.«

So, oder so ähnlich verliefen oft die ersten Minuten im Bus. Und Laura dachte sich schon, dass Jule irgendwann genervt sein könnte, wenn sie jeden Morgen vom gleichen Thema sprach. Deshalb musste jetzt schnell ein Themawechsel her, dachte sich Laura.

»Und, hast du alle Hausaufgaben gemacht für heute?«, erkundigte sich Laura, obwohl ihr in dem Moment als sie es aussprach, nicht einmal einfiel, was sie denn selbst gemacht hatte. Jule schaute sie ungläubig an und fragte: »Hausaufgaben? Was für Hausaufgaben? Wir hatten doch übers Wochenende gar nichts auf, dass wir uns auf die Englischarbeit heute vorbereiten können.«

»Ach du Scheiße, das hab ich ja total vergessen«, entgegnete Laura erschrocken.

»Aber das ist bei dir doch nicht so schlimm. Mit Englisch hast du doch am wenigsten Probleme«, versuchte Jule ihre Freundin ein wenig zu beruhigen. Was irgendwo auch stimmte, denn Laura hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, alle Songtexte, die ihr gefielen, aus dem Englischen ins Deutsche zu übersetzen. Daher hatte sie auf jeden Fall einen guten Grundwortschatz, der ihr schon das ein oder andere Mal geholfen hatte, einen schlechteren Grammatikteil auszugleichen. Sie hoffte, dass es auch heute wieder so wäre, denn um vor der Schule noch einmal in die Hefte zu schauen, war es jetzt eh zu spät. Die Fahrt war ohnehin fast zu Ende und bei der nächsten Haltestelle würden sie schon aussteigen.

Laura ging in die siebte Klasse des Gymnasiums und war eine durchschnittlich gute Schülerin. Was mit etwas mehr Ehrgeiz sicherlich noch zu verbessern gewesen wäre. Aber Laura verbrachte lieber ihre Zeit mit Jule oder mit ihrer Gitarre, anstatt nach den Hausaufgaben noch mal die Hefte und Bücher durchzublättern.

»Eigentlich bin ich ja schon dämlich«, sagte Laura ganz leise zu sich selbst. »Jetzt kann ich zwar schon fast perfekt meinen ersten Song von Avril auf der Gitarre spielen und den Text auswendig, aber für Englisch hat es mal wieder nicht gereicht.«

»Alles klar bei dir? «, fragte Jule beim Hineingehen ins Klassenzimmer. »Wenn du weiter Selbstgespräche führst, bekommst du noch einen schönen weißen Kittel und die Hände auf dem Rücken verknotet.«

Sie gab Laura einen freundschaftlichen Stoß mit dem Ellenbogen in die Seite und lachte. Auch Laura musste lachen und dachte sich, das mit der Englischarbeit würde schon klappen.

Als die Blätter ausgeteilt wurden, kaute Laura zwar noch ein wenig nervös auf ihrem Füller herum und hoffte, dass sie halbwegs vernünftig durchkam, aber nachdem sie die ersten Aufgaben überflogen hat, keimte Hoffnung in ihr auf. Sie war sich fast sicher, dass sie der Arbeit einigermaßen gewachsen war. Und so war es dann auch. Alles hatte sie zwar nicht gewusst, aber es würde reichen, um nicht ganz schlecht zu sein. Und in diesem Fall konnte Laura damit auch zufrieden sein.

Am Montagnachmittag hatte Laura immer Gitarrenunterricht. Sie spielte für ihr Leben gern Gitarre, übte auch fleißig, aber ihrer Meinung nach würde es nach fünf Jahren klassischem Gitarrenunterricht endlich Zeit für etwas Neues werden. Laura wollte unbedingt E-Gitarre spielen und wusste, dass ihre Gitarrenlehrerin auch das unterrichtete. Nur ihre Eltern hatte sie, so glaubte sie zumindest, noch nicht ganz davon überzeugen können, dass eine E-Gitarre das beste Weihnachtsgeschenk für sie wäre. Ist ja auch nicht ganz billig, sagte sie sich, hoffte aber gleichzeitig, dass hier ihr Dasein als Einzelkind hilfreich sein könnte. Sie wollte endlich rocken!

»Oh nein, die hat mir jetzt gerade noch gefehlt«, dachte sich Laura, als sie nach dem Gitarrenunterricht nach Hause lief. Jaquelin, die von ihren Freundinnen nur Jacky gerufen wurde, weil sie das cooler fand, kam ihr geradewegs entgegen. Jacky war nach Lauras Meinung eine arrogante, verwöhnte und stinkreiche Zicke, die zu allem Elend auch noch wunderhübsch war. Als ob eines dieser Merkmale, wenn man jemanden nicht leiden konnte, nicht schon schlimm genug wäre. Jedes Mal wenn Laura Jacky und ihrer Clique begegnete, musste sie gemeine Lästereien über sich ergehen lassen. Und das nur aus dem Grund, weil sie lieber mit ihrer durchlöcherten Jeans aus dem Haus ging und sich nicht das ganze Gesicht mit Schminke anmalte. Dann noch das Geschwätz wegen ihrer Musik, die Jackys Clique immer nur als Kopfschüttlermusik bezeichnete. Aber sie trug es mit Fassung und nahm sich auch dieses Mal vor, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Zumal Jacky heute eh alleine war. Sie war sich sicher, dass nicht mal eine der sogenannten Freundinnen von Jacky ihr nachlaufen würde, wenn sie nicht das reichste Mädchen weit und breit wäre. Aber leider war es nun mal so und nicht anders. Jacky war vierzehn und ging auf die gleiche Schule wie Laura. Sie war das genaue Gegenteil von ihr. Ihre Frisur saß immer perfekt, die blonden langen Haare waren mit riesigen Mengen Haarspray in Form zementiert, sodass es Laura manchmal in den Fingern juckte, an einer Strähne zu ziehen, nur um zu sehen, ob die komplette Haarpracht in Bewegung kam. Selbst die Fingernägel waren immer perfekt lackiert. Alles in allem ergab das zusammen mit den gemeinen Lästereien gegen Laura das perfekte Feindbild. Laura hasste Jacky.

»Hallo Laura! Wie geht’s? Alles klar bei dir?«, fragte Jacky mit einem Grinsen im Gesicht, das Laura nicht deuten konnte.

Laura brachte kein Wort heraus, so überrascht war sie. Sie hatte keine Ahnung, was das jetzt wieder sollte und stand mit einem ziemlich belämmerten Gesichtsausdruck da, als sie Jacky anschaute, wie diese in ihren neuen Designerjeans an ihr vorüber stolzierte. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen, und beschloss, das eben Erlebte schnell wieder zu vergessen.

So ganz ging ihr die Sache aber dann doch nicht aus dem Kopf und sie grübelte noch den ganzen Weg nach Hause darüber nach. Da fiel Laura plötzlich ein, dass Jacky heute Morgen an der Bushaltestelle schon so komisch zu ihr rüber geschaut hatte. Aber auch mit dieser neuen Erkenntnis kam Laura nicht weiter und beschloss die Sache vorerst mal abzuhaken.

Jetzt wurde es erst einmal Zeit, dass sie nach Hause kam. Es war ein ziemlich ungemütlicher Herbsttag und der Wind trieb die Blätter vor sich her durch die Straßen. Laura hoffte, dass sie vor dem Regenguss, der sich am Himmel ankündigte, zu Hause sein würde.

Als Laura die Haustür hinter sich zu machte, hörte sie, wie der Regen draußen niederprasselte. »Puh, geschafft«, sagte sie zu sich selbst. »Hallo, ich bin zu Hause«, rief Laura und aus der Küche kam ein einstimmiges »Hallo, wir sind auch zu Hause« ihrer Eltern zurück. Laura musste bei diesem, sich ständig wiederholenden, Ritual immer wieder grinsen und freute sich, zu Hause zu sein. Ihre Eltern waren zu ihrer großen Freude sehr modern eingestellt. Im Sommer waren sie sogar alle drei gemeinsam auf ein Konzert von Avril Lavigne gegangen, was Laura immer noch ihren schönsten Tag im Leben nannte. Bettina und Axel, so hießen die beiden, waren im Gegensatz zu Laura sportbegeisterte Menschen und sie versuchten auch immer, ihre Tochter in dieser Hinsicht etwas zu motivieren. Aber bislang ohne Erfolg. Mit ein paar kleinen Ausnahmen, die sich mit einem pubertierenden Teenager nicht vermeiden ließen, hatten die drei ein sehr harmonisches Familienleben und verbrachten relativ viel Zeit miteinander. Laura antwortete beim Essen noch geduldig auf alle Fragen, die ihr ihre Eltern stellten. »Wie war es in der Schule?« »Wie war es im Gitarrenunterricht?« »Hast du deine Hausaufgaben gemacht?«, und so weiter und so weiter. Manchmal wünschte sich Laura, dass ihre Eltern ihr nicht immer so viele Fragen und vor allem nicht immer die gleichen stellen würden. Aber auf der anderen Seite war sie froh darüber, dass sich ihre Eltern für alles, was sie machte, interessierten. Das war nämlich bei ihrer Freundin Jule nicht immer der Fall. Und die sagte ihr immer, sie wäre froh, ihre Eltern würden sich so für sie interessieren. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf war sie dankbar für die Aufmerksamkeit und versuchte immer freundlich von ihren Erlebnissen zu erzählen.

Nach einem anstrengenden langen Tag konnte sich Laura nun endlich auf ihr Bett legen, Musik hören und ihre Gedanken ordnen. Von ihrem Bett aus konnte Laura durch ein Dachfenster in die Sterne schauen. Das war heute bei diesem Sauwetter leider nicht möglich, aber die Regentropfen, die nur knapp über ihr auf die Scheibe prasselten, beobachtete Laura beim Musikhören genauso gerne. Lauras Bett stand in der Mitte eines ziemlich großen Zimmers. Auf der einen Seite war der Kleiderschrank und auf der anderen Seite der Schreibtisch mit Laptop und ihrem Schulzeug. Es war noch gar nicht so lange her, dass die Pferdeund Diddl-Poster, die handbemalten Holzkommoden und die letzten Überreste ihrer Barbiesammlung weichen mussten. Der ganze Kinderkram musste weg, um aus ihrem Kinderzimmer ein Jugendzimmer zu machen. Nachdem ihr Vater einen neuen Boden verlegt und die Wände in einem kräftigen Rot gestrichen hatte, hing Laura unzählige Poster ihrer musikalischen Idole an die Wand. Die meisten natürlich von Avril. Obwohl sie normalerweise beim Musikhören völlig entspannen konnte, ging ihr die Sache mit Jacky nicht aus dem Kopf. Nicht einmal als sie sich zum Schlafen hinlegte. »Jetzt muss ich auch noch beim Einschlafen an diese blöde Kuh denken. Kann die mich nicht mal mehr zu Hause in meinem Bett in Frieden lassen?«, dachte Laura und kam irgendwie nicht zur Ruhe. Aber irgendwann, nachdem sie sich eine ganze Weile hin und her gewälzt hatte, gelang es ihr endlich einzuschlafen.

Kapitel 2 – Die große Enttäuschung

Am nächsten Morgen war Laura wie gerädert. Irgendwie war ihr Schlaf alles andere als erholsam gewesen. Sie konnte sich auch kaum erinnern, was sie geträumt hatte. Irgendwelches zusammenhangloses Zeug. Aber egal, wie immer drängte die Zeit und Laura konnte gerade noch rechtzeitig in den Bus springen. Jule schaute sie an und fragte: »War wieder ziemlich knapp heute Morgen, oder?«

»Ja, ja, aber es hat ja noch gereicht«, entgegnete Laura, rieb sich noch mal die Augen und ihr Blick blieb wie versteinert auf Max haften. Sie traute ihren Augen nicht, aber der saß heute Morgen im Bus neben Jacky und die zwei schienen sich prächtig zu amüsieren. Mit offenem Mund starrte sie erst zu den beiden, dann zu Jule. Jule wusste gar nicht, wie sie anfangen sollte. »Ähm, also gestern, als du in den Gitarrenunterricht gegangen bist, hab ich die beiden schon zusammenstehen sehen. Aber frag mich nicht, was die von ihm will. Ist ja normalerweise gar nicht ihr Typ.« Als Laura wieder fähig war zu sprechen, sagte sie: »Wenn sie wüsste, dass ich auf Max stehe, wäre das wohl der Grund. Einfach nur so, um mir eins rein zu würgen. Aber woher soll sie das denn wissen? Ich hab das doch niemandem gesagt, außer dir.«

»Also Laura, manche sind vielleicht blind, aber ich glaube, die meisten, die dich kennen, können sich das denken. Immer wenn Max irgendwo auftaucht, kannst du deine Augen nicht mehr von ihm abwenden. Manchmal reagierst du nicht mal, wenn dich jemand anspricht. Ich glaube schon, dass das ein offenes Geheimnis ist.«

»Dieses Miststück«, fluchte Laura. »Jetzt weiß ich auch, warum sie gestern so gespielt freundlich zu mir war«. Laura erzählte Jule die Geschichte, die ihr gestern nach dem Gitarrenunterricht auf dem Heimweg passiert ist. Dabei konnte sie ihre Gefühle nur schwer unter Kontrolle halten und es kullerte ihr trotz aller Bemühungen eine Träne über die Wange.

»Was soll ich denn jetzt nur tun? Jetzt hab ich doch überhaupt keine Chance mehr an Max heranzukommen, wenn diese falsche Schlange ihn so anmacht.«

Kaum hatte Laura ausgesprochen, drehte sich Jacky auch schon um und warf Laura einen triumphierenden Blick zu. In dem Moment wussten Jule und Laura, dass es genauso war, wie sie es vermutet hatten. Für Laura brach eine Welt zusammen. Warum musste das passieren? Warum machte Jacky so etwas?

Laura zerbrach sich den ganzen Tag den Kopf darüber. Sie konnte sich einfach keinen Reim darauf machen. In der großen Pause musste sie die beiden schon wieder zusammen sehen. Dieses Mal waren die Freundinnen von Jacky auch noch dabei und die restlichen Mitglieder der Schulband. Die waren natürlich mehr als froh, dass gleich eine ganze Horde Mädels um sie herumstand. Allen voran natürlich Jacky. Sie war ein Jahr älter als Laura und ging in die achte Klasse. Aber rein äußerlich und vor allem körperlich war sie Laura weit voraus. So wie sie hergerichtet war, würde sie locker als junge Frau durchgehen und diese Reize setzte sie sehr bewusst und gekonnt ein. Max schien die Situation zu genießen. Soweit Laura wusste, hatte Max bisher noch keine feste Freundin. Und sie hatte so gehofft, dass sie das einmal sein könnte. Aber Laura sah nun keine Möglichkeit mehr, wie sie das anstellen sollte. Sie war noch viel mehr ein Mädchen als eine junge Frau. Und außerdem legte Laura nicht wirklich viel Wert auf Äußerlichkeiten. Aber das war es wohl, was den Jungs auffiel. Selbst Max, und da hatte Laura eigentlich gedacht er wäre anders. Aber wie sollte er auch auf sie aufmerksam werden, wenn sie sich fast nicht traute zu ihm Hallo zu sagen.

Die ganze Sache bereitete Laura Kopfschmerzen und sie bekam den ganzen Tag nicht wirklich viel mit im Unterricht. Es kam ihr vor, als würden tausend Dinge auf einmal durch ihren Kopf rasen, aber sie konnte nichts davon festhalten. Alles erschien ihr völlig wirr und es war ihr absolut unmöglich ihre Gefühle einzuordnen. Laura war ein Mensch, der den Ärger gern in sich hineinfraß. Und so legte sie sich, nachdem sie die Hausaufgaben gemacht hatte, in ihr Bett, legte Musik ein und starrte in den Himmel. Mit ihrem Blick durch das Dachfenster schweiften ihre Gedanken wieder zu Max. Sie wusste nicht, ob sie traurig oder wütend sein sollte. Vielleicht sollte sie auch wütend auf sich selbst sein. Denn schließlich war sie es ja, die nie ihren Mund aufgemacht, ihn einfach mal angesprochen oder sonst irgendwie die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte.

Auf einmal klingelte es an der Haustür. Laura hörte, wie ihre Mutter Jule hereinließ. Sie wusste nicht, ob sie sich freuen sollte, oder ob sie jetzt lieber alleine wäre. Aber sie hatte ja keine Wahl. Und wenn Laura schon jemanden sehen musste, dann war auf jeden Fall Jule das Beste, was ihr passieren konnte. Obwohl Laura nicht immer wusste warum, hatte Jule immer Verständnis für sie und fand auch meistens die richtigen Worte um sie wieder ein bisschen aufzumuntern. Und wenn nicht, war es auch schön mit Jule zusammen auf dem Bett zu liegen und einfach mal nichts zu sagen. Die Tür ging auf und Jule kam herein. Sie schaute besorgt zu Laura und sah aus, als ob sie genauso traurig wäre. Jule konnte sich immer sehr gut in Laura hineinversetzen und deshalb wusste sie in diesem Moment auch, dass Laura jemanden brauchte, der sie etwas trösten würde.

»Hi Laura, wie geht’s dir denn? Ich hab mir ein bisschen Sorgen um dich gemacht.«

»Ich weiß auch nicht«, antwortete Laura. »Ich kann gar nicht klar denken. Solange man sich nicht traut jemanden anzusprechen und ihn heimlich beobachtet, ist das eine Sache. Aber wenn ich mir jetzt vorstelle, dass diese blöde Kuh ihn vielleicht wirklich um den Finger wickelt, dann ist das schon was ganz anderes. Mir kommt es gerade vor, als ob ich ihn verloren hätte, obwohl ich ihn ja noch gar nicht gehabt habe. Findest du das dämlich?«

»Das ist überhaupt nicht dämlich«, sagte Jule. »Ich kann dich gut verstehen. Nur hab ich ehrlich gesagt gar nicht gedacht, dass das so schlimm für dich ist.«

»Das konnte ich mir genauso wenig vorstellen. Jeder von uns hat doch immer mal wieder einen Schwarm und das geht dann auch wieder vorbei. Aber da ist es jetzt anders. Ich weiß nicht warum.«

Laura spürte, wie sie immer trauriger wurde, und bekam ganz wässrige Augen. Jule nahm Laura in den Arm und die beiden ließen sich einfach rückwärts aufs Bett fallen und sagten eine ganze Weile nichts mehr. Laura war jetzt richtig froh, dass ihre Freundin vorbei gekommen war. Auch wenn sie ihr ihre Traurigkeit nicht abnehmen konnte, war es schön, jemanden bei sich zu haben.

»Auf jeden Fall hab ich heute mal wieder gesehen, wie wichtig es ist, eine so gute Freundin wie dich zu haben, Jule. Ich weiß im Moment gar nicht, was ich ohne dich machen sollte.«

»Jetzt sei mal nicht ganz so sentimental«, sagte Jule mit einer leicht zittrigen Stimme. »Sonst kommen mir auch noch die Tränen.«

»Doch, das meine ich ernst. Ich bin froh, dass ich dich hab.« Jetzt hatte auch Jule mit den Tränen zu kämpfen und konnte sie gerade noch zurückhalten.

Jule blieb noch zum Abendessen. Lauras Mutter hatte einfach ein bisschen mehr gekocht, weil sie sich schon dachte, das Jule vielleicht mitessen wollte. Ihre Eltern hatten bis jetzt noch nicht gemerkt, dass Laura sehr bedrückt war. Das war aber auch kein Wunder, denn sie konnte das recht gut überspielen. Nach dem Essen mussten sich die beiden trennen, denn am nächsten Tag war ja wieder Schule. Laura brachte Jule noch zur Tür, und die beiden nahmen sich zum Abschied in den Arm.

Laura wusste noch gar nicht, wie sie das aushalten sollte, Max und Jacky morgen wieder zusammen zu sehen.