Lea & Mark: Mächte der Vergangenheit - Charlotte Peters - E-Book
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Lea & Mark: Mächte der Vergangenheit E-Book

Charlotte Peters

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Beschreibung

Und wenn es Jahre dauerte – er würde bezahlen. Mit der Person, die er am meisten liebte. Und dann mit seinem Leben.

LEA & MARK
Eine alte Schuld
Eine neue Liebe
Der Kampf um eine Zukunft
ohne die
MÄCHTE DER VERGANGENHEIT

Die Suche nach einem Geschenk führt einen Fremden in Leas Laden: Mark. Landschaftsgärtner. Naturschützer. Ein Mann mit seltsam scharfen Sinnen – und mit vielen Geheimnissen.
Vom ersten Moment an fühlen sich beide zueinander hingezogen. Doch dann kommt es zu einem Unfall, der Lea die Augen über Mark öffnet.
Ihre Gefühle für ihn ermutigen sie, sich dennoch auf ihn und seine Welt einzulassen. Ihre Entscheidung wird belohnt, als Mark öffentlich demonstriert, dass er ihre Liebe erwidert. Er ahnt nicht, dass er sie dadurch in tödliche Gefahr bringt.
In den nächsten Wochen gibt es Anzeichen dafür, dass sich um beide eine Schlinge zuzieht. Wer – oder was – hält die Fäden in der Hand? Und wer ist das nächste Opfer?

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Charlotte Peters

 

 

 

 

Lea & Mark:

 

Mächte der Vergangenheit

Hinweis:

Die handelnden Personen und alle Geschehnisse sind frei erfunden und haben kein Vorbild in der Realität. Orte sowie Unternehmen, Behörden, Organisationen und andere Gruppen sind ebenfalls frei erfunden oder werden fiktiv genutzt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Copyright © 2019 Charlotte Peters

 

Charlotte Peters

c/o AutorenServices.de

Birkenallee 24

36037 Fulda

Inhaltsverzeichnis

 

PROLOG

Kapitel 1: LEA

Kapitel 2: MARK

Kapitel 3: LEA

Kapitel 4: MARK

Kapitel 5: LEA

Kapitel 6: MARK

Kapitel 7: LEA

Kapitel 8: MARK

Kapitel 9: LEA

Kapitel 10: MARK

Kapitel 11: LEA

Kapitel 12: MARK

Kapitel 13: LEA

Kapitel 14: MARK

Kapitel 15: LEA

Kapitel 16: MARK

Kapitel 17: LEA

Kapitel 18: MARK

Kapitel 19: LEA

Kapitel 20: MARK

Kapitel 21: LEA

Kapitel 22: MARK

Kapitel 23: LEA

Kapitel 24: MARK

Kapitel 25: LEA

Kapitel 26: MARK

EPILOG: LEA

 

Leseprobe – ANNA & SIMON: NARBEN DER VERGANGENHEIT

PROLOG

 

Wie von Sinnen rannte sie durch die mondhelle Dezembernacht. Wolken zogen über den Himmel, und geisterhafte Schatten folgten ihr über die unberührte weiße Decke, die sich über die Landschaft breitete.

Ihre Füße versanken tief im Schnee, doch der Hass in ihrer Brust loderte so heiß, dass sie die Kälte nicht spürte. Ihr Keuchen klang laut in ihren Ohren, das einzige Geräusch, das die Stille der Nacht durchbrach.

Ihr Atem sammelte sich um sie, als sie stehen blieb, und machte sie zu einem Phantom in der Weite der Landschaft. Zusammenhanglos zogen die Bilder der vergangenen Stunden durch ihren Geist, und sie hatte den Geruch von Blut und Tod noch in der Nase.

Er hatte ihr den Mittelpunkt ihres Lebens genommen, und der Schmerz war unerträglich. Sie warf den Kopf in den Nacken und stieß einen langgezogenen Klagelaut aus.

Und wenn es Jahre dauerte – er würde bezahlen. Mit der Person, die er am meisten liebte. Und dann mit seinem Leben.

Kapitel 1: LEA

 

Der Kunde beugte sich vor und roch an der Kerze. Ich sah, wie er zurückfuhr, und runzelte leicht die Stirn, bevor ich innerlich mit den Achseln zuckte. Meiner Ansicht nach war der Duft dieser Kerze eher sanft, aber Männer hatten ja grundsätzlich weniger ein Faible für Duftkerzen.

Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder den beiden anderen Kunden in meinem Laden zu: ein gestyltes Pärchen, das seit einer geschlagenen halben Stunde an den Tischen entlangstrich und sich nicht entscheiden konnte, was es kaufen wollte. Und ob es überhaupt etwas kaufen wollte.

Ich seufzte und trat an das breite Schaufenster, auf dem in großen Buchstaben der Name meines Ladens stand: ›Laden an der Landstraße‹. Vielleicht nicht die originellste Bezeichnung, die je vergeben wurde, aber auf jeden Fall eingängig. Und in meinen Augen besser als ›Leas Laden‹. Oder gar ›Lea’s Laden‹.

Der kleine Parkplatz vor dem Laden lag jetzt am Nachmittag in der Sonne, die schon seit Tagen von einem wolkenlosen Himmel herabschien und die Temperaturen stetig weiter in die Höhe getrieben hatte. Der schicke schwarze BMW, in dem das Kundenpärchen vorgefahren war, würde vermutlich … Ich kniff die Augen zusammen. Auf der Rückbank des BMWs hatte sich etwas bewegt.

Was zum Teufel?

Ich fuhr herum und ging rüber zu den beiden. Sie sah ungehalten auf, als ich herankam. »Wir schauen uns noch –«

»Haben Sie einen Hund im Auto?«, unterbrach ich sie.

Sie blickte verblüfft zu ihrem Begleiter. »Ja, warum?«

»Weil Sie dann jetzt sofort gehen und ihn hierher ins Kühle holen, bevor er an einem Hitzschlag stirbt. Sie können natürlich auch den Laden verlassen und wegfahren. Ich gehe davon aus, dass Sie die Klimaanlage laufen lassen, wenn Sie selbst im Auto sitzen.«

Ich baute mich vor den beiden auf und verschränkte die Arme. »Oder ich rufe die Polizei.«

»Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst«, fuhr er auf. »Was geht es Sie an, wenn –«

Ich zog mein Smartphone aus der Tasche und begann zu tippen. »Eins, eins –«

Er nahm seiner Begleiterin den bemalten Teller aus der Hand und hob ihn mit zwei Fingern vor meinem Gesicht hoch. Langsam öffnete er seinen Griff und ließ den Teller auf den Boden fallen, wo er klirrend zersprang.

»Sie können mich mal am Arsch lecken«, sagte er, griff nach ihrem Arm und zog sie hinter sich her aus dem Laden. Ich folgte ihnen bis zur Tür und beobachtete, wie sie in den Wagen stiegen und davonfuhren.

Kochend vor Wut schlug ich mit der flachen Hand gegen den Türrahmen. Dann fuhr ich herum und ging hinter die Verkaufstheke, um Handfeger und Kehrblech zu holen. Theodor, mein schwarzer Labrador, stand auf und steckte die Nase in meine Hand.

»Ist gut, Theo.« Ich kraulte ihn unterm Kinn. »Bleib hier, bis ich die Scherben weggeräumt habe.«

Als ich wieder hinter der Theke hervorkam, fiel mein Blick auf meinen anderen Kunden, den ich in meiner Wut völlig vergessen hatte. Er stand noch immer bei den Kerzen und betrachtete mich mit einem durchdringenden Blick.

Ich hob die Schultern. »Ich entschuldige mich für die Szene. Keine Sorge, ich werfe nicht alle meine Kunden so aus dem Laden.«

Er lächelte schwach, bevor er nach der Kerze griff und zu mir herüberkam.

»Ich bin froh, dass Sie es in diesem Fall getan haben.« Er stellte die Kerze auf die Theke und schaute über sie hinweg zu Theo hinab. Ich sah, wie er die Augenbrauen hob, und folgte seinem Blick. Mein ruhiger, schon fast phlegmatischer Theo, der typische Labrador, den so schnell nichts aus der Ruhe bringen konnte, hatte die Lefzen zurückgezogen und starrte den Mann neben mir mit krauser Nase und aufgestelltem Nackenfell an.

»Was ist denn hier heute los? Theo, entspann dich.«

Ich drehte mich zu meinem Kunden um und legte den Handfeger beiseite. »Es tut mir leid. Lassen Sie mich eben kassieren, dann können Sie diesem Irrenhaus entfliehen.«

Er zuckte die Achseln. »Kein Problem. Könnten Sie mir die Kerze wohl trotzdem als Geschenk einpacken?«

»Gerne.« Ich griff zu dem Geschenkpapier und den bunten Bändern, die neben der Kasse bereitlagen. »Neutral oder floral?«

»Hm? Oh … Floral.« Er wies auf die Brust seines erdverschmierten T-‍Shirts, und sein plötzliches Lächeln war voller Charme. »Passt besser, finden Sie nicht auch?«

Ich warf einen Blick auf das Logo, das stilisiert einen einzelnen Baum hinter einem bunten Blumenbeet zeigte. Darunter stand ›Bracht Garten- und Landschaftsbau‹.

»Sie sind Gärtner?« Ich nickte und griff nach dem geblümten Papier. »Dann definitiv das hier.«

Um den Eindruck, den er von mir bekommen haben musste, wieder etwas gutzumachen, gab ich mir besondere Mühe beim Einpacken. Ich überreichte ihm das hübsch verzierte Päckchen, bevor ich den Kaufbetrag kassierte.

Er bedankte sich und ging hinaus zum Parkplatz, wo ich ihn in einen weißen Lieferwagen mit demselben Logo wie auf seinem T-‍Shirt steigen sah.

Ich machte mich daran, die Scherben zusammenzufegen und fragte mich mal wieder, was mich geritten hatte, einen Laden aufzumachen.

 

* * *

Zwei Tage später war ich dabei, neu einsortierte Ware mit Preisschildchen zu versehen, als die kleine Glocke am Türrahmen das Eintreten eines Kunden meldete.

Ich sah auf und lächelte. Obwohl er heute sozusagen in Zivil gekleidet war – Jeans und ein blau-weiß kariertes Hemd mit kurzen Ärmeln – hatte ich ihn auf Anhieb wiedererkannt.

»Dass Sie sich aber nochmal hertrauen.«

»Ich habe keinen Hund im Auto.« Er kam zu mir herüber und hielt mir einen Strauß Blumen unter die Nase.

Automatisch nahm ich sie entgegen. »Für mich? Warum?«

»Für Ihre Courage gegenüber den beiden Vollidioten. Und als Ausgleich für den kaputten Teller.«

Er nickte zu dem niedrigen Stapel von Tellern hinüber, die dasselbe Motiv zeigten wie der vorgestern zerstörte. Einen Blumenstrauß, der identisch mit dem war, den ich in der Hand hielt, wie ich verblüfft feststellte. Wie hatte er das auf die Entfernung erkennen können?

»Sie haben offensichtlich ein Auge fürs Detail. Vielen Dank!«

Er zuckte nur die Achseln. Dann drehte er sich halb zum Tresen um. »Bin schon wieder weg, Theo.«

Er nickte mir zu und verließ ohne ein weiteres Wort den Laden.

 

* * *

»Wenn ich’s dir sage, Saskia.« Ich rückte mein Headset zurecht und sah in die Webcam. »Er hat mir die Blumen in die Hand gedrückt und ist ohne ein weiteres Wort gegangen.«

Ich grinste. »Nicht ganz. Er hat sich von Theo verabschiedet.«

In dem kleinen Videofenster sah ich Saskia ihre Augen rollen. »Na klar. Er redet nicht mit dir, aber mit deinem Hund.«

Ich nickte zustimmend und gab den Namen der Landschaftsgärtnerei, wo der mysteriöse Fremde arbeitete, im Browser ein.

»Treffer.«

»Surfst du wieder parallel?« Saskia verzog in gespielter Empörung das Gesicht. »Deine Eltern haben dich schlecht erzogen, weißt du das?«

»Das hast du dir ganz allein selbst zuzuschreiben«, gab ich ungerührt zurück, während ich die Informationen auf der Website überflog. »Wer musste denn unbedingt nach Berlin ziehen? Wärst du hiergeblieben, säßen wir jetzt mit einer Pizza am Küchentisch und du hättest meine volle Aufmerksamkeit. Der Mister Misterioso heißt übrigens Mark Bracht und ist der Inhaber des Unternehmens.«

Ich kopierte ihr die URL in den Chat.

»Sieh ihn dir selbst an. Unter ›Team‹ ist ein Foto von ihm.«

Während ich auf ihre Reaktion wartete, betrachtete ich den Blumenstrauß neben mir auf dem Esstisch. Ich hatte ihn nach Ladenschluss mit nach oben genommen, um möglichst viel davon zu haben. Es war ein prachtvolles Arrangement aus Rosen, Glockenblumen und ein paar anderen, deren Namen ich nicht kannte.

»Heeey«, sagte Saskia, die offensichtlich gerade das Foto gefunden hatte. »Nicht schlecht. Wie groß?«

Ich überlegte. »Größer als ich. Haha. Vielleicht einen Kopf größer?«

»Also groß, dunkel und … hm, vielleicht nicht klassisch gut aussehend, aber zumindest sehr interessant.«

»Interessant ist besser als gut aussehend.«

»Besser als ein gelackter Anzugträger wie Alex, meinst du?«

Ich zog eine Grimasse. Saskia hatte aus ihrer Abneigung gegenüber Alex nie ein Geheimnis gemacht. Selbst bevor ich mich von ihm getrennt hatte.

Ich klickte mich einmal quer durchs Menü der Website, bis ich zum Punkt ›Sonstiges‹ kam. Statt einer Übersicht über ergänzende Dienstleistungen oder etwas in der Art fand ich mich auf einer Seite mit Informationen zu Naturschutzgebieten in der näheren Umgebung wieder. Interessiert scrollte ich durch die Inhalte.

»Hast du die Infos unter ›Sonstiges‹ gesehen? Offensichtlich ist er im Naturschutz aktiv und bietet Wanderungen an. Eine Waldwanderung bei Nacht.«

Ich blendete den Kalender ein. »Nächsten Samstag.«

Drei freie Plätze wurden angezeigt. Kurzentschlossen klickte ich auf den ›Hier anmelden‹-Link und trug meine Kontaktdaten in das Formular ein.

›Herzlichen Glückwunsch. Ihre Anmeldung war erfolgreich. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme.‹ stand auf dem Bildschirm, und die Anzahl der freien Plätze hatte sich auf zwei reduziert.

»So, angemeldet.«

»Was?« Saskia lachte. »Du bist doch sonst nicht so spontan. Offensichtlich ist dein GaLaBauer nicht ganz ohne.«

Ich lächelte in die Kamera und lehnte mich in meinem Stuhl zurück. »Genug von mir. Was hast du denn diese Woche so gemacht?«

 

* * *

Ich fuhr auf den kleinen Parkplatz am Waldrand, der als Treffpunkt für die Nachtwanderung diente. Irgendwo in meinem alten Möhrchen klapperte es, als ich über den groben Schotter rollte. Mit einer leichten Jacke über dem Arm und meinem Rucksack über der Schulter ging ich zu der kleinen Gruppe in der Nähe des Rastplatz-Schildes. Ich hatte Mark sofort erkannt, obwohl er mir den Rücken zuwandte.

Ich war noch einige Meter von ihm entfernt, als er plötzlich seine Unterhaltung mit zwei anderen Teilnehmern unterbrach, den Kopf drehte und mich ansah.

Mit einer kurzen Entschuldigung ließ er seine bisherigen Gesprächspartner stehen und ging auf mich zu. »Lea, richtig? Schön, dass du da bist.«

Ich wich seinem direkten Blick aus, plötzlich verlegen. »Ich bin gespannt, was wir zu sehen bekommen.«

Er nickte, dann sah er zu einem Auto hin, das gerade auf den Parkplatz einbog. »Damit sind wir komplett.«

Er lud mich mit einer Kopfbewegung ein, ihm zu den anderen zu folgen und wartete, bis auch die Neuankömmlinge zu uns gestoßen waren.

»Willkommen«, begann er dann. »Wenn es euch recht ist, duzen wir uns. Ich bin Mark, wie ihr ja wahrscheinlich schon wisst.«

Er wartete ab, bis alle ihren Namen gemurmelt hatten, dann fuhr er fort: »In den nächsten eineinhalb bis zwei Stunden werden wir gemeinsam durch den Wald gehen. Wir bleiben dabei immer auf den Wegen. Wenn ihr eine Taschenlampe dabeihabt und euch damit sicherer fühlt, könnt ihr sie gern anmachen. Die Atmosphäre kommt aber bei möglichst wenig Licht am besten rüber. Ich werde auf jeden Fall eine Lampe benutzen und gehe voran. Da heute keine Kinder in der Gruppe sind, ist jeder selbst dafür verantwortlich, dass er nicht verlorengeht.«

Er zog eine stabile Lampe aus einer Tasche seiner Cargoshorts. »Los geht’s. Wenn ihr Fragen habt, immer her damit.«

Wir folgten ihm im Gänsemarsch in den Wald. Außer ihm hatte nur noch eine der Frauen ihre Lampe eingeschaltet, sodass wir von zwei wabernden Lichtflecken begleitet wurden, die über den nach längerer Trockenheit harten Boden des Pfades, das angrenzende Unterholz und die Zweige über uns huschten. Mehr als einmal zuckte ich zusammen, als etwas unvermittelt meine Haare streifte.

»Gibt es hier Fledermäuse, oder werde ich von den Bäumen betatscht?«, wollte einer der Männer wissen.

»Sowohl als auch.« Mark ging ruhig weiter. »Fledermäuse leben und jagen gern im Wald oder in der Nähe davon. Aber keine von ihnen hat es auf unsere Haare abgesehen.«

»Ich habe gehört, dass es Geräte gibt, mit denen Fledermausrufe für menschliche Ohren hörbar gemacht werden?«, fragte eine der Frauen.

»Das ist richtig. Aber auch ohne technische Hilfe können wir manche ihrer Rufe hören. Nicht, wenn sie auf der Jagd sind, aber wenn sie Smalltalk machen. Je jünger jemand ist, desto besser hört er die hohen Frequenzen. Fragt mal eure Kinder, falls ihr welche habt.«

Er sah hoch in die Baumkronen, und ein flüchtiges Lächeln ging über sein Gesicht. »Manchmal ist es besser, wenn man nicht so viel von dem Geschrei mitbekommt.«

»Kann es sein, dass wir Tiere zu Gesicht bekommen?«, wandte ich mich an ihn. »Oder nimmt alles Reißaus, sobald es uns hört?«

»Nicht alles.« Der Strahl seiner Taschenlampe schwenkte hoch und traf zielsicher eine Eule, die uns aus einer Astgabel heraus beäugte.

»Ein Waldkauz. Ein paar Eulenrufe werden wir sicher noch zu hören bekommen, vielleicht sogar einen Uhu.«

Er ging ein Stück weiter, dann traf der Lampenschein einen Igel, der einige Meter vom Pfad entfernt unterwegs war.

»Was ist mit Wildschweinen?«, fragte einer der Männer.

»Nicht, wenn wir Glück haben.« Mark drehte sich halb zur Gruppe um und grinste. Ich schnappte nach Luft. Er hob fragend die Augenbrauen, und ich lachte etwas verlegen und schloss zu ihm auf.

»Deine Augen haben das Licht der Lampe hinter uns reflektiert«, erklärte ich ihm. »Ich kenne das von meinem Hund, aber bei einem Menschen habe ich es noch nie gesehen.«

Ich lächelte vor mich hin. »Mein Bruder hatte als kleines Kind eine Zeitlang Angst vor unserem Dackel, weil er gesehen hatte, wie dessen Augen im Licht leuchteten. Und weil er panische Angst vor Wölfen hatte, nachdem ihm unser Opa gruselige Geschichten erzählt hatte.«

»Angst vor Wölfen?« Ich hörte die Belustigung in seiner Stimme. »Hat sich das irgendwann gelegt?«

»Offensichtlich. Ein paar Jahre später wollte er unbedingt Förster werden.«

»Und was macht er jetzt?«

»Er ist IT-Profi.«

»Ein Karriereknick?«

Ich lachte. »Er ist immer noch gern in der Natur unterwegs, vor allem, um Vögel zu fotografieren.«

Eine Weile schwiegen alle, und nur das Rascheln unserer Kleidung und das Knacken und Knistern von Ästchen und Laub unter unseren Füßen waren zu hören. Ich atmete tief die nachtkühle, aromatische Waldluft ein und sah hinauf zu den Sternen, die zwischen den Baumwipfeln zu erkennen waren.

Aus großer Entfernung war der typische Ruf eines Uhus zu vernehmen.

»Da ist er ja«, sagte Mark und blieb stehen. Die Gruppe hielt ebenfalls an und lauschte in der Stille auf die klagenden Rufe.

»Gibt es viele Uhus in der Gegend?«, fragte jemand.

»Nicht viele, nein. Soweit ich weiß, gibt es zwei Brutpaare in der Nähe, die in den meisten Jahren auch je mindestens ein Junges großbekommen. Die Jungen suchen sich dann ein neues Revier, sobald sie flügge sind.«

»Wo brüten sie?«

»Das ist ein Geheimnis.« Mark lächelte. »Tut mir leid, aber das darf ich meinen Wandergruppen wirklich nicht erzählen. Dazu sind sie zu selten und zu anfällig für Störungen.«

Wir gingen weiter und hörten noch andere Eulenrufe, die Mark als die von Waldkäuzen identifizierte.

»Hier in der Nähe gibt es einen Dachsbau«, sagte er einige Minuten später und zeigte uns kurz darauf ein Loch in einer Böschung.

»Das ist aber groß«, meinte jemand.

»So ein Dachs ist auch nicht gerade klein. Sie können eine Körperlänge von knapp neunzig Zentimetern erreichen und im Herbst über zwanzig Kilo wiegen, wenn sie sich für den Winter Fettreserven angefressen haben«, sagte Mark.

»Dachsbaue können riesig sein und mehrere Meter in die Tiefe gehen. Sie werden zum Teil über Jahrzehnte hinweg immer weiter ausgebaut.«

Während wir weitergingen, fragte ich mich, wie viele Augen uns wohl aus der Dunkelheit heraus folgten und wie viele Tiere erleichtert aufatmeten, wenn wir endlich wieder verschwunden waren.

Nach gut eineinhalb Stunden standen wir unvermittelt wieder auf dem Rastplatz.

»Da sind wir wieder. Ich hoffe, es hat sich für alle gelohnt und wünsche euch noch einen schönen Abend«, sagte Mark.

Ich verstaute meinen Rucksack im Auto und trödelte bewusst etwas herum, bis die anderen Teilnehmer den Parkplatz verlassen hatten. Wie ich gehofft hatte, kam Mark zu mir herüber.

»Hat es dir gefallen?«, fragte er, und ich nickte.

»Es war ein Erlebnis. Ich bin sehr gern draußen und gehe mit meinem Hund oft im Wald spazieren, aber nachts waren wir noch nie unterwegs.«

Einige Augenblicke lang standen wir nebeneinander, ohne dass ein Wort gesprochen wurde. Von der Seite her fiel der schwache Schein der einsamen Straßenlaterne auf Marks Gesicht und veränderte es so, dass ich in ihm kaum den Mann erkannte, der bei Sonnenschein in meinen Laden gekommen war. Etwas spät wurde mir bewusst, dass ich nachts mit einem fast Fremden auf einem einsamen Parkplatz im Wald stand.

Ich hörte, wie er tief einatmete. »Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte er dann leise. »Hier gibt es nichts, was dir etwas tun würde.«

»Ich habe keine Angst«, behauptete ich.

Er neigte den Kopf und schwieg. Er schien mit sich zu ringen, bevor er erneut sprach.

»Wenn du die Natur magst, hättest du vielleicht Lust, dir den Schaugarten in meiner Firma mal anzusehen?«, fragte er. »Jetzt im Sommer ist er besonders schön«, setzte er schnell hinzu, als wollte er mich überzeugen.

»Sehr gerne!«, sagte ich sofort. »Die Adresse kenne ich aus dem Internet. Wäre Montag am frühen Abend möglich, nachdem ich meinen Laden geschlossen habe?«

»Ja klar. Bis Montag dann also.« Er ging zu seinem Auto, und ich stieg in meines und fuhr davon, ein breites Lächeln auf meinem Gesicht.

Kapitel 2: MARK

 

»Kann übrigens sein, dass nachher eine Bekannte von mir vorbeikommt.« Ich fuhr fort, den verblühten Lavendel zurückzuschneiden, und atmete tief den intensiven Duft ein.

Ralf hatte sich ein paar Meter entfernt auf einer Bank niedergelassen und sah mir bei der Arbeit zu. »Wer?«

»Ihr gehört der Laden, wo ich vergangene Woche wegen Marions Geburtstagsgeschenk war.«

»Da, wo du die Kerze herhast, die uns jetzt das Haus verpestet?«

»Die Kerze, von der Marion findet, dass sie ganz wunderbar duftet?«

Ralf grinste. »Naja, ich habe sie nicht ihrer Nase wegen geheiratet.«

»Lea war am Samstag bei meiner Nachtwanderung dabei. Da habe ich sie eingeladen, sich den Garten mal anzusehen.«

»Sie war bei deiner Wanderung dabei? Na, so ein Zufall aber auch.«

Ich warf einen Blick zu ihm hinüber und sah, dass er mich eindringlich musterte. Ich schaute fort und begann, die auf den Boden gefallenen Triebe mit gespreizten Fingern zusammenzurechen und in den Korb neben mir zu werfen. Mir war klar, dass er sich wunderte, wieso ich nach so langer Zeit plötzlich Interesse an einer Frau zeigte.

Die Chuzpe, mit der sie den beiden Arschlöchern entgegentrat, hatte zuerst meine Aufmerksamkeit erregt – und meine Bewunderung. Leider war nicht jeder über die Not eines fremden Hunds so empört, dass er dem Verursacher direkt an die Gurgel ging. Und ihr anschließender Wutausbruch spiegelte genau das wider, was ich auch gefühlt hatte. Sie war ganz offensichtlich jemand, der sich nicht unterkriegen ließ, so klein und zierlich sie auch sein mochte.

Dadurch, dass Lea über ihrem Laden wohnte, hatte ich ihre Adresse auf der Anmeldeliste erkannt und schon vor der Wanderung gewusst, dass sie mein Interesse erwiderte. Denn dass ihre Teilnahme Zufall war, glaubte ich ebenso wenig wie mein Bruder. Doch ich war selbst überrascht gewesen, wie sehr ich mich darüber freute.

Ich hielt in meiner Arbeit inne und richtete mich auf. »Findest du es falsch, dass ich mich mit ihr treffe?«, fragte ich, ohne Ralf anzusehen.

Er stand auf und kam um mich herum, damit er mir ins Gesicht blicken konnte. »Du bist ein Idiot, wenn du das glaubst«, sagte er. »Es sind bald fünfzehn Jahre vergangen. Denkst du nicht, dass es Zeit ist, dass du dir selbst vergibst?«

Ich gab keine Antwort. Es gab Tage, an denen mir auch weitere fünfzehn Jahre nicht lang genug schienen, um meine Schuld zu tilgen.

Ich brachte den Grünschnitt zu einem der Komposthaufen und kam gerade rechtzeitig zurück, um Lea in ihrem alten Kompaktwagen auf den Kundenparkplatz einbiegen zu sehen.

Ich zog die Handschuhe aus und steckte sie in eine Tasche meines Werkzeuggürtels, während ich die nackten, langen Beine bewunderte, die zum Vorschein kamen, als sie ausstieg. Ich wäre kein Mann gewesen, wenn mir nicht auch ihr Äußeres gefallen hätte. Heute trug sie knappe Shorts und ein figurbetontes T-‍Shirt, und ihre braunen Haare lockten sich wild um ihr Gesicht.

Automatisch sog ich die Luft ein, als ich zu ihr ging, und genoss den weiblichen Duft, der von der Sommerhitze verstärkt wurde.

»Schön, dass du da bist«, sagte ich wie am Samstagabend und ärgerte mich im selben Moment. Fiel mir denn nichts Originelleres ein?

Sie lächelte mich an und strich ihre Haare zurück. »Ich habe mich drauf gefreut.«

Sie deutete zum Fond des Wagens, der vom vorderen Teil durch ein Gitter abgetrennt war. »Darf Theo mit in den Garten?«

»Klar.« Ich hörte, wie Ralf hinter mir näherkam.

Lea öffnete die Tür und ließ den Hund herausspringen. Als Theo sich nicht nur mit mir, sondern auch noch mit meinem Bruder konfrontiert sah, fletschte er die Zähne. Knurrend und mit gesträubtem Fell baute er sich zum Schutz vor Lea auf – doch die angelegten Ohren und der eingekniffene Schwanz verrieten, wie ihm wirklich zumute war.

»Was hat er denn bloß?« Lea trat neben ihn und legte ihm beruhigend die Hand auf den Kopf.

»Mutiger Hund«, kommentierte Ralf so leise, dass Lea ihn nicht hören konnte.

Ich ging in die Hocke, wandte meinen Blick ab und hielt Theo meine Hand entgegen. »Wir haben uns nur noch nicht richtig kennengelernt.«

Der Hund kam zögernd näher und beschnüffelte mich ausgiebig, bevor er Ralf einer ähnlichen Musterung unterzog.

Dann schüttelte er sich, und sein Körper entspannte sich.

»Nachdem wir das dann geklärt hätten …«, murmelte Ralf und trat neben mich.

»Lea, das ist Ralf, mein Bruder«, stellte ich vor.

Sie reichte ihm die Hand, und ich sah, wie er sie aufmerksam und wohlgefällig musterte.

»Ralf wollte gerade gehen«, sagte ich, und er drehte den Kopf nach mir um und zog die Augenbrauen hoch.

»Gut, dass du mich daran erinnerst«, sagte er. »Lea, es war schön, Sie kennenzulernen. Mark, wir hören voneinander.«

Ja, davon ging ich aus. Ich lud Lea mit einer Handbewegung ein, mir zum Garteneingang zu folgen.

»Ich habe den Garten anlegt, um unseren Kunden mögliche Pflanzpläne und andere Gestaltungsmöglichkeiten zu zeigen«, begann ich. »Daher haben wir hier verschiedene voneinander abgetrennte Bereiche. Jeder bringt mit seinen Pflanzen, Materialien und Accessoires einen bestimmten Stil zum Ausdruck. Der Garten ist aber nicht nur zum Gucken da. Wir ziehen uns hier auch die Pflanzen heran, die wir für unsere Aufträge brauchen.«

Ich führte sie zunächst ins Gewächshaus. Der typische Duft nach Erde und Pflanzen schlug uns entgegen, intensiviert durch die Wärme und die hohe Luftfeuchtigkeit, und wie immer atmete ich ihn tief ein.

Auf langen Tischen standen hier die Paletten mit Pflanzen in verschiedenen Größen. »Das hier sind die Zweijährigen, die dann im nächsten Jahr blühen. Die Einjährigen haben wir Anfang des Jahres gesät, und sie blühen diesen Sommer über und bis in den Herbst.«

Tobias, der gerade beim Bewässern war, hob den Kopf und grüßte.

Lea erwiderte seinen Gruß und sah sich neugierig um. »Das ist beeindruckend. Wie viele Arten von Pflanzen habt ihr hier?«

Ich musste einen Moment überlegen. »Fünfzig, sechzig, vielleicht? Was wir nicht selber haben, kaufen wir zu. Wenn also ein Kunde spezielle Wünsche hat oder ein Grundstück besondere Herausforderungen mit sich bringt, haben wir auch dafür unsere Quellen.«

»Züchtet ihr auch?«

»Nein, wir vermehren nur. Wir ziehen unsere Pflanzen aus Samen, Stecklingen, Ablegern oder Ausläufern, oder wir teilen Stauden, die zu groß geworden sind.«

Wir verließen das Gewächshaus wieder und betraten den Englischen Garten, der sich auch jetzt im Spätsommer noch in voller Pracht zeigte.

»Hier haben wir Stauden und ein- und zweijährige Sommerblumen nach Höhe gestaffelt«, erklärte ich Lea den Aufbau der Beete. »Bei den Farben ging es uns darum, entweder dieselbe Grundfarbe von Pastell- bis zu kräftigeren Tönen zu nehmen, oder aber die Wirkung von Komplementärfarben und anderen Kontrasten zu zeigen. Die niedrigen Buchsbaumhecken, die die Beete von dem Kiesweg trennen, sind typisch für einen Englischen Garten.«

Die vielen Blüten waren ein Magnet für Bienen und Schmetterlinge, und Lea blieb mit einem Laut des Entzückens vor einem Sommerflieder stehen, an dessen Blütenständen Kleine Füchse und Tagpfauenaugen saßen.

Dann beugte sie sich vor und roch an einem hochgewachsenen Stauden-Phlox, dessen würziger Duft bis zu mir vordrang.

»Es ist wunderbar. Hast du hier meinen Blumenstrauß gepflückt?«

Ich nickte und zog eine Dose Bindedraht aus der Tasche, um den langen Trieb einer Kletterrose zu befestigen, der sich im Wind gelöst hatte.

»Was sind deine Lieblingsblumen?«, fragte sie, und ich dachte nach.

»Schwer zu sagen. Kommt immer auf den Gesamtzusammenhang an. Aber der Phlox gehört auf jeden Fall mit dazu«, ich nickte zu der Pflanze vor Lea hinüber, »wegen des Dufts und der leuchtenden Farben. Und weil es ihn in verschiedenen Höhen gibt, ist er sehr vielseitig einsetzbar.«

Wir gingen weiter zum angrenzenden Wassergarten, dessen Mittelpunkt ein unregelmäßig geformter Naturteich bildete. Leuchtend orangefarbene Goldfische schwammen in dem dunklen Wasser. Theo nutzte die Gelegenheit, um ausgiebig zu trinken.

»Hier haben wir die Wasserpflanzen der verschiedenen Zonen – Uferzone, Feuchtzone, Sumpfzone, Tiefwasserzone und Schwimmpflanzenzone. Außerdem Gräser wie einige Bambusarten und die Stauden und Gehölze, die sich optisch gut in diesen Rahmen einfügen, wie zum Beispiel der Schlitzahorn da.« Ich deutete zu dem Ahorn, der sich mit seinen rötlichen Blättern über das Wasser neigte. »Zusammen mit der Steinlaterne und dem dunkelroten Bambuselement gibt er diesem Garten einen asiatischen Touch.«

»Solchen Bambus habe ich noch nie gesehen«, sagte Lea. »Er sieht aus wie Mikadostäbe.«

Ich betrachtete die gestreiften Halme. »Stimmt, aber ist mir noch nie aufgefallen. Er heißt Zebra-Bambus, vielleicht habe ich deswegen immer eher an das Tier gedacht.«

Wir gingen einen kleinen Hang hinauf zum nächsten Bereich.

»Der Gegenentwurf zum Wassergarten ist der Steingarten, wo mit Kieseln, Steinblöcken und nährstoffarmem Boden eine Gebirgslandschaft nachgebildet wird.«

Lea sah sich mit offenem Mund um. »Ich hätte nicht gedacht, dass in einem Steingarten so viel blüht.«

Ich lächelte. »So richtig beeindruckend ist er im Frühjahr, wenn die Beete im Englischen Garten noch ziemlich kahl sind. Dann stehen hier die Bodendecker in voller Blüte.« Ich deutete auf die großen Polster, die jetzt etwas unansehnlich wirkten.

»Das Beste ist also, wenn man verschiedene Gartentypen kombiniert.«

»Wenn das Grundstück groß genug ist, ist das perfekt«, stimmte ich zu. »Eine Böschung an einer Stelle des Gartens reicht schon aus, um dort einen kleinen Steingarten anzulegen.

---ENDE DER LESEPROBE---