Leon und Mick: 24/7 - Simon Rhys Beck - E-Book

Leon und Mick: 24/7 E-Book

Simon Rhys Beck

0,0

Beschreibung

Mick betreibt mit seinem Kumpel zusammen ein privates Tierasyl. Die beiden sind ständig knapp bei Kasse. Als Mick eines Nachts mit dem Wagen liegenbleibt, wird er von Leon von Dohlenstein aufgesammelt, der auf dem Rückweg von einem Interview ist. Der wohlhabende Leon ist gleichermaßen schockiert wie fasziniert von dem unkonventionellen Mick. Und da Mick dringend Geld benötigt, treffen die beiden eine pikante Abmachung. Mick geht darauf ein, obwohl er ahnt, dass Leons Wünsche ihn an seine Grenzen bringen werden. Doch nicht nur für Mick bedeutet diese Beziehung Neuland.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 558

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Simon Rhys Beck

Leon und Mick – 24/7

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2016

http://www.deadsoft.de

© the author

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte:

© javier brosch – fotolia.com

© glebTv – shutterstock.com

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-027-0

ISBN 978-3-96089-028-7 (epub)

Inhalt:

Mick betreibt mit seinem Kumpel zusammen ein privates Tierasyl. Die beiden sind ständig knapp bei Kasse.

Als Mick eines Nachts mit dem Wagen liegenbleibt, wird er von Leon von Dohlenstein aufgesammelt, der auf dem Rückweg von einem Interview ist. Der wohlhabende Leon ist gleichermaßen schockiert wie fasziniert von dem unkonventionellen Mick.

Und da Mick dringend Geld benötigt, treffen die beiden eine pikante Abmachung. Mick geht darauf ein, obwohl er ahnt, dass Leons Wünsche ihn an seine Grenzen bringen werden.

1. Kapitel

Mick

Die Geräusche, die mein alter Serena schon seit geraumer Zeit macht, sind nicht gerade vertrauenerweckend. Ich werfe einen Blick auf die Tankanzeige, Sprit hab ich noch genug. Zum Glück, denn nachdem mein Kumpel Mo mich ziemlich deutlich rausgeworfen hat, weiß ich gerade nicht, wo ich über Nacht bleiben soll. Zum Glück kann ich mich darauf verlassen, dass Mo die Tiere versorgt. Denn das ist eine der wenigen Gemeinsamkeiten, die wir haben: Wir lieben die Tiere, die wir eingesammelt haben. Und auch wenn wir uns mal zoffen – die Tiere werden nicht darunter leiden.

Ich seufze leise und der Wagen auch. Das ist nicht besonders beruhigend. Die Wischer quietschen ächzend und besser gewischt haben sie auch schon mal, wenn ich ehrlich bin. Aber Geld für neue Wischer hab ich nun auch keines.

Ein gelbes Ortsschild huscht an mir vorbei. Wo bin ich gerade – Kleingroßen Hunzingen? Keine Ahnung. Kommt davon, wenn man sich so aufgebracht hinters Steuer klemmt. Na ja, notfalls penne ich im Auto. Wenn ich morgen zurückfahre, hat Mo sich bestimmt schon wieder beruhigt. Weiß sowieso nicht, warum er so abgegangen ist. Ging mal wieder um Geld, nicht umsonst ist sein Spitzname „Money“. Aber ich will nicht ungerecht sein, im Geld schwimmen wir wirklich nicht und die Tiere fressen uns so langsam die Haare vom Kopf.

Ich verlasse die kleine Ortschaft wieder, es wird langsam dunkel. Na, eigentlich war es heute den ganzen Tag über nicht hell. So ein richtiger kack-verregneter Tag. Da war der Streit mit Mo der krönende Abschluss.

Mein Wagen macht schon wieder so ein seltsames Geräusch und dann nimmt er plötzlich kein Gas mehr an. Eine ganze Lightshow flammt auf dem Armaturenbrett auf. Ich wusste gar nicht, dass ich so viel Licht im Auto habe! Scheiße! Was jetzt?

Keine Chance, ich lasse den Wagen langsam auf dem Randstreifen ausrollen. Er ruckelt noch mal, dann geht er vollends aus. Kurz überfällt mich Panik – die Kiste wird ja jetzt hoffentlich nicht anfangen zu brennen oder zu explodieren oder so. Aber ich sehe keinen Qualm aufsteigen. Ehrlich gesagt sehe ich gar nicht besonders viel. Es gießt wie aus Eimern.

Total gefrustet ziehe ich mein Handy aus der Tasche. Ob Mo mich wohl abholt? So eine verdammte Kacke! Und ich weiß nicht mal, wo ich gelandet bin! Da werde ich wohl das Navi im Handy bemühen müssen …  Kaum hab ich die App gestartet, piept das Gerät zwei Mal verdächtig. Das kann doch jetzt nicht wahr sein – der Akku gibt auch noch seinen Geist auf! Ja, hat sich denn die ganze Welt gegen mich verschworen? Ich hätte Hilde, meine Schäferhündin, mitnehmen sollen. Wäre ich jetzt wenigstens nicht allein gewesen … im Nirgendwo … mit Weltuntergangsregen und so.

Ich starre auf das dunkler werdende Display. Das ist der Supersparmodus, kurz vor „ich mach jetzt mal aus“. Vielleicht kann ich doch noch bei Mo anrufen?

Der Regen lockt mich nicht gerade, aber ich steige aus. Vielleicht find ich hier irgendwo ein Straßenschild oder irgendetwas, an dem ich mich orientieren könnte. Dann spare ich das letzte Akku-Prozent für den Anruf auf.

Nach etwa zehn Minuten Sucherei rette ich mich sauer und total durchnässt wieder in den Wagen. Hier gibt es mal gar nichts, nur Bäume, Kuhweiden und Felder. Ich müsste wahrscheinlich eine halbe Stunde lang latschen, um zurück in die Ortschaft zu kommen, durch die ich eben gefahren bin. Oh Mann, Mick, denk nach, was stand auf dem blöden Ortsschild?

Vielleicht sollte ich jemanden anhalten? Das Problem: Seit ich hier stehe, ist kein einziges verdammtes Auto vorbeigekommen. Wie ich schon erwähnte, ich stehe im Nirgendwo.

Wenn ich hier übernachten muss, wird es eine Scheißnacht. Ich bin nass, es ist unangenehm kalt und ich habe auch nichts zu essen dabei.

Ganz toll, echt.

Es ist nicht so, als hätte ich solche Nächte nicht schon erlebt. Hey, ich hab schon Schlimmeres hinter mir. Aber das heißt nicht, dass ich jetzt total begeistert bin.

Sollte ich vielleicht mal ein Warndreieck aufstellen? Ich stehe ja nicht gerade auf einem Parkplatz … Auf der anderen Seite – es regnet immer noch und hier kommt eh keine Sau vorbei. Aber der Gedanke, dass mitten in der Nacht irgendein halb Besoffener in mich reindonnert, ist auch nicht gerade verlockend.

Ich entscheide mich mal für den Warnblinker, wobei mir das Getickere schon nach wenigen Sekunden mächtig auf die Eier geht.

Noch einmal ziehe ich das Handy heraus, nur um festzustellen, dass es sich mittlerweile ausgestellt hat. Und kein Flehen der Welt bringt es dazu, noch einmal anzugehen. Damit wäre das auch erledigt – Mo holt mich mit Sicherheit nicht ab. Ich werde die Nacht im Auto verbringen und mir warme Gedanken machen. Am besten denke ich an warmes Essen, damit hab ich zwei Probleme auf einmal erledigt.

Leon

Ich werde den Hersteller des Navis verklagen. Und meinen Agenten, der mir dieses Interview aufs Auge gedrückt hat. Und den Restaurantbesitzer, dem ich das Essen zu verdanken habe, das wie ein Stein in meinem Magen liegt. Den Koch gleich mit. Die Kellnerin auch …. Den Grund überlege ich mir später.

Es regnet. Okay, den Regen kann ich nicht verklagen. Im Grunde mag ich Regen. Ich bin auch gern draußen, wenn es regnet. Aber jetzt bin ich genervt, weil ich in der Dunkelheit nicht richtig gucken kann. Was eine schlechte Voraussetzung ist, wenn man den Weg nach Hause sucht. Ich bin irgendwo falsch abgebogen und das Navi ist nach dem dritten Bitte-wenden-Hinweis verstummt. Ich warte noch auf die Navis, die einen bei falschem Abbiegen mit Schimpfwörtern belegen. „Du blöder Hornochse, das waren keine 100 Meter!“ Ist vielleicht eine Marktlücke.

Letztendlich liegt meine schlechte Laune wohl daran, dass ich heute meinen Parttime-Lover abserviert habe. Das stelle ich jetzt mal ganz selbstkritisch in den Raum. Aber hey, ich hatte einfach keine Lust mehr auf Kimi. Also auf Kimis Kimme schon, aber er selbst ging mir einfach nur noch auf die Nerven. Ich weiß, das ist ungerecht, denn unsere Beziehung bestand aus klaren Regeln und Absprachen. Ich mag Regeln und Absprachen und ich kann nicht behaupten, dass Kim eine gebrochen hätte. Wäre vielleicht interessanter gewesen.

Ich hatte ihn einfach über. So wie das meist ist. Länger als ein paar Wochen kann ich niemanden in meiner Nähe ertragen. Nicht mal meinen Freund Max, den ich tatsächlich recht häufig sehe. Solange es nicht an einem Stück ist. Das ist bei Max allerdings sehr unwahrscheinlich, da er eine Tierklinik leitet und insofern ziemlich busy ist.

Okay, aber die Überlegungen, die Kim, Max und generell meine Beziehungen betreffen, helfen mir gerade kein Stück weiter.

Ich fahre noch ein bisschen auf dieser Straße, bis zur nächsten Kreuzung, beschließe ich. In diesem Moment erwacht Dirk, meine Navigationsstimme, aus seinem Dornröschenschlaf.

„Es gibt eine alternative Route.“

„Ach nee“, sage ich und will gerade auf dem Bildschirm genau diese Route anklicken, da sehe ich etwas direkt vor mir. Hey wow! Was …?! Im letzten Moment erkenne ich den am Straßenrand stehenden Typen, reiße das Lenkrad zur Seite und schleudere um ihn herum. Ein paar Meter dahinter steht ein Van mit Warnblinker. Scheiße, fast hätte ich ihn erwischt! Direkt hinter dem Fahrzeug komme ich zum Stehen. Ich spüre meinen Herzschlag, er wummert in meinem Hals. Ich atme tief durch und zählte langsam bis zehn. Dieser Kerl … fast hätte ich ihn umgenietet. Hat der nicht mehr alle Tassen im Schrank?!

Wütend, viel zu wütend, reiße ich die Tür meines Wagens auf. „Was soll denn so eine verdammte Scheiße!“, brülle ich in die Dunkelheit. Ich steige aus und stapfe durch den Regen auf diesen Kerl zu. „Bist du total bescheuert, du Vollhorst?!“ Ist jetzt vielleicht nicht so klug, jemand Fremdes derart anzupfeifen, aber mir gehen wirklich die Pferde durch.

Der Typ kommt langsam näher, ich erkenne trotz meiner Wut, dass er mich nicht angreifen will. „Mann, sorry, tut mir leid …“

„Ich hätte dich fast erwischt, du Idiot! Was kasperst du überhaupt an der Straße herum?“

„Ich musste mal pinkeln. Bin liegengeblieben.“

Mein Blick wandert zu seinem Wagen und zurück zu der Stelle, an der ich ihn fast auf der Kühlerhaube gehabt hätte. Dazwischen liegen locker 30 Meter.

„Und warum pisst du nicht an deinem Wagen?“

„Ich piss doch nicht an meinen Wagen!“, erwidert er empört.

„Nein, das meinte ich auch nicht.“ Ich versuche, das Grollen aus meiner Stimme herauszuhalten. Ich bin zwar immer noch aufgebracht, aber ich will ihn nicht zusätzlich erschrecken. Hat ihn sicher auch geschockt, unser Beinahe-Zusammenstoß. „Warum läufst du hier an der Straße entlang?“

Er wirft einen Blick über die Schulter. Da hinten steht tatsächlich ein Baum am Straßenrand. Ein Baum, ich muss mich zurückhalten, keinen Lachflash zu kriegen.

„Bitte sag mir nicht, dass du einen Baum zum Pinkeln brauchst.“

Er ist noch nähergekommen und ich sehe, dass er noch ziemlich jung ist, irgendwo so Anfang zwanzig. Und er ist total durchnässt, Wasser läuft ihm aus den Haaren durch das Gesicht. Auch sein Hoodie ist total nass.

Er strafft sich ein bisschen. „Wo du mich schon fast umgefahren hast – kannst du mich vielleicht mitnehmen? Ich steh hier seit Stunden, aber kein Schwein fährt hier lang. Mein Handy-Akku ist alle und der Wagen sagt keinen Piep. Das ist so ein verfickter Scheiß …“

Ich sehe mich rasch um. Für einen Hinterhalt mit räuberischer Absicht wäre diese Stelle tatsächlich völlig ungeeignet. Ich hab ja selbst seit Ewigkeiten keine Menschenseele mehr gesehen. „Wo musst du denn hin?“

Er zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung.“ Er schlingt die Arme um seinen Oberkörper, ganz offensichtlich friert er.

„Okay, hol dein Zeug. Wir setzen uns erst mal in meinen Wagen.“

Ich laufe rasch zurück zu meinem Wagen und setze mich hinein. Allein dieser kurze Ausflug hat mich schon ziemlich durchnässt. Mein Puls hat sich mittlerweile wieder normalisiert. Mal sehen, was ich da für ein kleines nasses Kätzchen aufgelesen haben. Was ich eben so sehen konnte, war schon ausgesprochen lecker.

Die Beifahrertür öffnet sich und mein Kätzchen schwingt sich pladdernass auf meine beigefarbenen Ledersitze. Und leider stinkt das Kätzchen nach ausgewachsenem Kater! Oh mein Gott, ich sterbe! Total geschockt halte ich die Luft an. Der Gestank ist nicht auszuhalten. Ich werde mein Angebot zurücknehmen und den Typen gleich wieder rausschmeißen. Himmel, ich kann nicht atmen. Okay, ja, mag sein, dass ich ein kleines bisschen geruchsempfindlich bin. Ich starte den Wagen und lasse sofort das Fenster herunterfahren.

„Ähm, es regnet“, werde ich informiert.

„Ja“, erwidere ich gepresst. „Aber mir scheint, als wäre die frische Luft plötzlich knapp geworden.“

Es dauert nur einen Moment, bis er versteht. Vorsichtig riecht er an seinen Sachen.

„Hm, sorry, kann sein, dass ich etwas … ähm, streng rieche.“

Ich wage kaum, mich zu meinem Navi nach vorn zu beugen, aus Angst, ihm näherzukommen. „Streng rieche?“, wiederhole ich schwach.

„Ich hab die Zimmer für die Tiere saubergemacht.“

Was auch immer das heißen mag … „Und, wo soll ich dich rausschmeißen … ähm, absetzen?“, frage ich und atme nur ganz flach durch den Mund.

Er seufzt herzerweichend. „Ich hab keine Ahnung. – Kannst du die Heizung etwas wärmer machen? Mir ist total kalt.“

Keine Ahnung? Wo soll das sein? Ich kann überhaupt nicht klar denken bei diesem Gestank! Mehr als Unwillen keimt in mir auf. Ja, ich geb zu, ich neige zu Reizbarkeit. Aber das ist wirklich hardcore.

Automatisch drehe ich die Heizung hoch. Der Stinkekater klappert nämlich bereits mit den Zähnen.

„Danke. Weißt du, ich … Mo hat mich nämlich rausgeworfen. Der ist nicht lange sauer, das weiß ich schon. Aber heute kann ich nicht zurück. Und der Wagen sagt echt keinen Mucks mehr, keine Ahnung, was der schon wieder hat. Aber ich weiß, was Mo sagen würde – musst ja auch keine Damenbinde fahren, Alter. Nur hilft mir das jetzt auch nicht weiter. Eigentlich wollte ich im Auto übernachten. Aber das ist so scheiße kalt! Aber ich hab auch nur noch …“ Er unterbricht seinen Redeschwall und zieht offenbar sein Portemonnaie aus seiner Hosentasche. Nach einer Pause sagt er: „Ich hab nur 13 Euro und 94 Cent. Damit kann ich auch nirgendwo übernachten.“

Mir schwirrt der Kopf, aber ich kann schon die Verzweiflung in seiner Stimme hören.

„Und dein Auto? Wie kriegst du das zur nächsten Werkstatt?“, frage ich matt.

„Werkstatt? Wer soll denn das bezahlen?“, fragt er zurück.

Oh. Mein. Gott. In was bin ich hier nur hineingeschlittert? Vielleicht sollte ich dieses räudige Etwas einfach mit nach Hause nehmen. Macht man das nicht so, wenn man was Hilfebedürftiges auf der Straße findet?

Man vielleicht, ich normalerweise nicht. Ich sollte ihn im Tierheim abgeben, den passenden Geruch hat er ja bereits.

„Willst du mit zu mir kommen?“, höre ich mich fragen. Oh nein, der Gestank hat mein Gehirn bereits vernebelt!

„Oh, äh, echt jetzt? Das wäre super! – Wie heißt du überhaupt?“

„Leon. Aber meine Freunde nennen mich Lee.“ Ich habe keinen blassen Schimmer, warum ich ihm das sage. Er wird mit Sicherheit nie dazugehören!

„Ich bin Mick.“

***

Mick betritt mit ehrfürchtigem Blick mein Haus. Ich bemühe mich noch immer, Abstand zu halten.

„Willst du vielleicht duschen?“

Er nickt sofort, aber wahrscheinlich eher, weil er so friert. Ich sehe, wie seine Kiefermuskeln zucken, damit seine Zähne nicht klappern.

Er ist ein hübscher Junge, stelle ich fest, als ich ihn endlich bei Licht betrachte. Kurze, dunkelblonde Haare, eine kleine Stupsnase und Sommersprossen – oder Dreck, das kann ich nicht so genau erkennen. Ein Augenbrauenpiercing und in seinem rechten Ohr sehe ich fünf kleine silberne Ringe übereinander. Kein Vergleich zum ätherisch schönen Kimi, aber der ist ja jetzt Geschichte. Ich mag exotische Männer, Kim war Halbasiate. Und er war nicht im Gesicht gepierct, dafür an anderen Stellen.

Mick ist nicht exotisch, es sei denn, man steht auf abgefahrene Gerüche. Na, vielleicht könnte man seinen abgerissenen Look auch als exotisch bezeichnen.

Aber ich will nicht ungerecht sein, er ist ein hübscher junger Mann.

Ich gehe vor ihm her und zeige ihm eines meiner Badezimmer.

„Handtücher und Duschgel findest du im Schrank.“

Er nickt etwas schüchtern. „Danke.“

Ich lasse ihn allein.

2. Kapitel

Mick

Ich stehe in diesem Wahnsinnsbadezimmer und kriege kaum den Mund zu. Ein Waschparadies! Ich hab sowas bisher nur im Fernsehen gesehen. Dieser Typ muss echt Schotter haben. Alles in Braun und Beige. Was ist das – Marmor?

Aber überraschen sollte es mich nicht – der Wagen, das Haus. Der Typ ist sicher Millionär. Und … eine echt Sahneschnitte. Aber leider ein Kotzbrocken, glaub ich zumindest. Egal, jetzt bin ich hier und ich friere mir die Eier ab. Muss unbedingt unter die heiße Dusche. Wenn er es schon anbietet, bin ich der Letzte, der so ein Angebot ablehnt.

Der Typ ist mein Retter, denke ich albern, und schäle mich aus den nassen Sachen. Die Dusche ist hightech, ich muss erst mal gucken, wo man überhaupt das Wasser anstellt. Und dann prasselt es ganz sanft in großen Tropfen auf meine eisige Haut. Allein dieses Gefühl lässt mich hart werden. Notstand? Vielleicht hätte ich Mo auch nicht so eine doofe Absage erteilen sollen, dann hätten wir uns nicht gestritten und ich wäre nie liegengeblieben. Aber hätte hätte Fahrradkette … Irgendwie war es mir gegen den Strich gegangen, dass er meinen Arsch schon eingeplant hatte. Obwohl, nee, meinen Arsch auch nicht, eher meinen Schwanz. Ja, ich will nicht undankbar sein. Verdammt, ich mag ihn ja auch. Und er verdient das Geld. Aber … ich weiß auch nicht. Manchmal fühlt es sich einfach nicht richtig an. Na ja, sieht man mal, was man davon hat, wenn man sich nicht zusammenreißen kann.

Ich dusche lange und sehr gründlich. Was Leon, Lee, wohl gerade macht? Würde mich mal interessieren, was er überhaupt macht. Scheint ja ’ne Menge Kohle zu haben, der Typ. Er sieht aus wie ein Börsenmakler. Total aufgestylt mit seinem perfekt sitzenden Anzug. Und das Auto … So ein Mega-Protz-Mercedes.

Aber er ist ein gutaussehender Kerl. Kantig, männlich, ziemlich schlank. Kann schlecht schätzen, wie alt er ist. Maximal Mitte dreißig. Hängt bestimmt immer im Fitness-Studio herum. Nee, er hat sicher so einen eigenen Fitness-Raum in seiner Villa. Ich konnte es ja fast nicht glauben, als er vor seinem Haus gehalten hat. Der Kerl ist reich! So sieht es aus. Es sollte mich nicht interessieren. Wenn ich Glück habe, krieg ich etwas zu essen und einen Schlafplatz. Das Problem mit dem Auto kann ich dann morgen angehen. Und das ist ein echtes Problem.

Doch, natürlich interessiert er mich. Würde gern wissen, ob er auf Männer steht. Aber ich hab sicher verschissen, so wie er mich angeguckt hat. Und ich geb zu, die Sachen stinken nach Katzenpisse. Ich habe nämlich heute die Katzenzimmer geschrubbt und die Katzenklos ausgewaschen. Das ist eine Scheißarbeit – und ja, ich hab richtig gestunken. Aber jetzt rieche ich ganz frisch nach Lees Duschgel. Ich seufze leise, als mein Magen knurrt. Ob er auch noch was zu essen für mich hat?

Ich steige aus der Dusche und da fällt mir auf, dass ich keine frische Kleidung dabei habe. Wenn ich in meine alten Sachen steige, schmeißt er mich sicher sofort achtkant raus. Nackt? – Wenn er nicht schwul ist, dann schmeißt er mich genauso raus.

Also wickel ich ein frisches Handtuch um meine Hüften.

Vorsichtig bewege ich mich über den Flur. „Leon?“ Ich zucke ein wenig zusammen, weil meine eigene Stimme so durch den Gang hallt. Fast wie in einem Schloss. Kann mir jetzt überlegen, ob Leon der Hausgeist ist. Hehe … oder der Alte Kastellan.

„Leon?“

„Ja, ich bin hier drüben.“

Klingt nicht gerade einladend. Ich folge seiner Stimme und lande in einem Wohnzimmer. Leon sitzt auf einer weißen Couch und hat ein Glas in der Hand, sieht nach Alkohol aus. Wahrscheinlich musste er auf den Schreck erst mal was trinken. Er mustert mich unverhohlen. Ich glaube, die Frage, ob er schwul ist, wäre damit beantwortet.

„Hast du vielleicht etwas zum Anziehen? Sonst muss ich mein altes Zeug …“

Leon springt fast vom Sofa hoch. „Ich hol dir was!“

Ein paar Minuten später kehrt er zurück, reicht mir eine graue Trainingshose und ein T-Shirt. Ich bin erstaunt, dass er so etwas Profanes überhaupt besitzt.

„Setz dich.“

Ich bleib stehen, trete von einem Bein auf das andere. „Ich will dir keine Umstände machen, aber – hast du irgendwas zu essen im Haus? Ich hab das letzte Mal heute Morgen was gegessen.“

„Klar. Zieh dir was an, ich guck mal, was der Kühlschrank so hergibt.“

Ich lass das Handtuch einfach von meinen Hüften rutschen und beobachte, wie er reagiert. Er bleibt einfach interessiert stehen, mustert mich von den Füßen bis zum Kopf. Dann schnalzt er und dreht sich um. Was soll das jetzt bedeuten?

„Rührei und Lachs okay?“

Das hört sich nach purem Luxus an und ich schlucke hastig, damit mir der Sabber nicht übers Kinn läuft.

„Gern. Mein Kumpel ist Veganer, wir essen gar nichts Tierisches.“

Ich höre leises Seufzen aus dem Nebenraum.

„Mein Beileid.“

Grinsend und angezogen folge ich ihm. Als ich die Küche betrete, klappt mir der Unterkiefer herunter. Dieser Raum ist so unfassbar groß und hell und … mir fehlen für einen Moment die Worte. Kommt auch nicht so häufig vor.

„Bist du Koch oder so?“

Leon dreht sich zu mir um. „Bitte?“

„Deine Küche … Mann, so ein Teil haben doch nur Starköche!“

Ein feines Lächeln entsteht auf seinen Lippen. „Du hast mein Teil doch noch gar nicht gesehen.“

Ich stutze. Hab ich das jetzt richtig verstanden?

„Dein Kumpel, der Veganer … ist das der Typ, der dich heute vor die Tür gesetzt hat?“

Ich nicke und beobachtete mit wachsender Faszination, wie er in der Küche hantiert. Macht das offensichtlich nicht zum ersten Mal. Hoffentlich bindet er sich nicht noch ne Schürze um. Obwohl, hey, nur Schürze hätte dann auch wieder was. Aber er hat lediglich das Jackett ausgezogen und die Ärmel seines Hemdes ein wenig aufgekrempelt. Er hat sehnige Arme mit dunklen Haaren darauf.

Schmale, aber sehr kräftige Hände. Und er trägt einen breiten Silberring. Ist er vielleicht vergeben?

„Warum?“

Ich setze zu einer Antwort an, beiße mir dann aber auf die Lippen. Das wäre jetzt vielleicht etwas zu viel Information. So gut kennen wir uns auch nicht. „Kleiner Streit“, weiche ich aus. „Haben wir öfter mal.“

„Ah.“

Er holt Brot aus dem Schrank, schneidet ein paar Scheiben ab. „Setz dich doch.“

Der Geruch des Rühreis lässt mich schon wieder sabbern. Ich hab so einen Kohldampf! Leon holt eine kleine Platte mit Lachs aus dem Kühlschrank. Ich hab das Zeug schon mal gegessen, ist aber ne ganze Weile her. Mir kommt es vor wie in einem anderen Leben.

Er richtet schließlich alles auf zwei Tellern an, das dunkle Brot, den Lachs, das Rührei. Für sich selbst nur eine Anstandsportion, so kommt es mir jedenfalls vor. Besteck fischt er aus einer der vielen Schubladen.

„Was ist jetzt dein Plan?“, fragt er mich, als wir uns an der Küchentheke gegenübersitzen. Er stellt ein Glas und eine Flasche Wasser auf den Tisch.

Ich hab mir den Mund derart vollgestopft, dass ich gar nicht antworten kann. Er nimmt es mit einem Grinsen zur Kenntnis.

„Boah, sorry, das ist voll lecker“, sage ich, als ich endlich irgendwas Verständliches sagen kann. „Was meinst du mit Plan?“

„Dein Wagen steht in der Wildnis und du musst dir wohl überlegen, wie es damit weitergehen soll.“

„Ach so …“ Etwas verlegen kratze ich mich am Kopf. Das ist ein echtes Problem. Ich muss Mo anrufen, aber im Moment sieht es finanziell nicht gerade rosig aus für uns.

„Ich … ähm … Wäre es okay, wenn ich heute Nacht bei dir bleibe? Über Nacht hab ich bestimmt eine Eingebung.“

Leon

Verdammt, er ist Zucker. Wie er so in meiner Küche sitzt und verlegen auf seinen Teller starrt. Na, ich habe es auch noch nicht häufig erlebt, dass sich jemand völlig Fremdes über Nacht bei mir eingeladen hat.

Ich bin gespannt, was ihm über Nacht einfallen soll. Mit 13 Euro wird er nicht weit kommen und ganz offensichtlich hat er auch keine Kreditkarte oder wenigstens eine EC-Karte, denn ansonsten wäre die Hotelübernachtung ja auch kein Thema gewesen. Das war mir sofort klar – ich bin ein ziemlich aufmerksamer Beobachter. Aber vielleicht ist ja sein veganer Kumpel die Lösung für alle Probleme.

„Okay, du kannst hierbleiben.“ Ich stehe auf, räume meinen Teller in die Spülmaschine. Als ich mich umdrehe, sehe ich, wie er sich Wasser in das Glas gießt.

„Danke“, murmelt er. Ich bin erstaunt, dass er so verlegen ist. Nach der Peepshow in meinem Wohnzimmer hatte ich ihn anders eingeschätzt.

Himmel, er hat schon einen geilen Körper. Schön definierte Muskeln, glatte Haut. Sehr sexy. Und er ist komplett rasiert. Auf seinen Armen sind Tattoos, auf der Innenseite seines rechten Unterarm steht „Animal lover“ in einer schönen schwarzen Schrift – auf den Oberarm des linken Arms sind einige Pfotenabdrücke tätowiert. Okay, das ist exotisch. Trotzdem ist er im Vergleich zu Kimi sehr natürlich, ich weiß noch nicht genau, woran das liegt.

Ich bin auf jeden Fall froh, dass er nicht mehr so bestialisch stinkt. Das war ein bisschen arg viel Natürlichkeit.

„Es gibt ein paar Regeln in meinem Haus. Okay für dich?“

Er sieht mich abwartend an.

„Fass nichts von meinen persönlichen Sachen an, ohne zu fragen. Wenn du was mitgehen lässt, reiß ich dir den Kopf ab. Und wenn ich was sage, meine ich das auch. Ich hab keine Lust auf Diskussionen.“

Er nickt vorsichtig. „Das sollte wohl machbar sein. Ich hoffe jedenfalls, dass ich nicht versehentlich irgendwas anfasse, was ich nicht anfassen soll. Aber eigentlich bin ich auch nur müde und will schlafen.“

Ich zeige ihm das Gästezimmer, in dem er übernachten kann. Als er sich dicht an mir vorbeischiebt, um den Raum zu betreten, atme ich seinen Duft ein. Er riecht nach dem Duschgel, das ich meinen Gästen zur Verfügung stelle. Aber auch nach sich selbst. Angenehm.

„Alles in Ordnung?“, fragt er.

„Ja.“ Ich nicke.

Er hat den Anstand rot zu werden. Wir verstehen uns ohne Worte, wie es aussieht. Sehr interessant.

„Zahnbürste findest du im Bad, in dem du geduscht hast.“ In der Tür drehe ich mich noch mal zu ihm um. „Musst du morgen früh zur Arbeit?“

Er schüttelt den Kopf. „Nein … ich … ich habe gerade keine Arbeit.“

„Aha.“ Warum hatte ich das nur geahnt? „Na dann gute Nacht.“

„Gute Nacht – und danke, dass ich hierbleiben darf.“

3. Kapitel

Leon

Die Nacht ist kurz, zu kurz. Sicher, weil ich noch lange über meinen Straßenfund nachdenken musste. Darüber habe ich die Trennung von Kim fast vergessen.

Aber als ich am nächsten Morgen aufwache und kein anschmiegsamer Junge neben mir liegt, erinnere ich mich. Morgens war Kim ein angenehmer Zeitgenosse. Ohne Allüren und große Ansprüche. Leider hatte er die unangenehme Eigenschaft im Laufe des Tages immer nerviger zu werden. Ich sage zwar ganz gern, wo’s langgeht, aber ich habe keine Lust das dauernd zu tun. Menschen, die sich nicht mit sich selbst beschäftigen können, gehen mir auf die Nerven. Ich bin doch kein Entertainer.

Im Grunde ist das Wort „Trennung“ schon zu stark. Eine Trennung würde implizieren, dass wir vorher ein Paar waren. Ich glaube nicht, dass man davon sprechen kann.

Gegen halb sieben schwinge ich die Beine aus dem Bett und gehe eine Runde Joggen. Mein Gast schläft mit Sicherheit länger und ich habe keine große Befürchtung, dass er sich unerlaubterweise in meinem Haus umsieht.

Als ich um halb acht wieder zurückkomme und unter die Dusche springe, ist von Mick noch immer nichts zu sehen. Gleich werde ich ihn noch aus dem Bett schmeißen müssen. Immerhin sollte er sich um die Sache mit seinem Wagen kümmern. Bin gespannt, was er für eine Idee ausgebrütet hat. Ich fürchte ja, dass da eher wenig bei herumgekommen ist. Nicht, dass ich ihn für schlicht halte. Okay, vielleicht doch.

Ich ziehe eine Jeans und ein schwarzes Poloshirt an und gehe ins Wohnzimmer. Ein Blick auf mein Handy zeigt mir einige neue E-Mails. Eine davon ist von meinem Freund Max.

*Guten Morgen. Denkst du an unser Mittagessen? Ich habe keine Lust, da allein zu sitzen wie bestellt und nicht abgeholt. M.*

Typisch für Max, mich an solche Termine zu erinnern. Dabei ist es doch eher er, der Termine verschludert. Was mit absoluter Sicherheit daran liegt, dass er nicht nur durch seine Arbeit extrem zeitlich eingespannt ist, sondern auch durch seine ausufernden sexuellen Aktivitäten.

Ich grinse in mich hinein. Wie oft er seine Dates wohl schon bestellt und nicht abgeholt hat? Aber ich date Max nicht. Dieser Versuch war ernüchternd und endete schließlich auch noch für mich auf einem der Tische in seiner Klinik, wo er mir die Augenbraue klammern musste.

Hinter mir höre ich ein Geräusch und drehe mich hastig um. Mick, ich hatte ihn kurzzeitig vergessen.

„Guten Morgen.“

„Morgen“, sagt er mit entzückend rauer Stimme. Er sieht total verschlafen aus. Ich glaube, er hat nicht mal in den Spiegel gesehen, wenn er überhaupt schon eine Runde durchs Badezimmer gedreht hat.

„Möchtest du frühstücken?“

„Mmh, wenn das möglich wäre …“ Er unterdrückt tapfer ein Gähnen, das ihm vermutlich den Kiefer ausgerenkt hätte.

„Milchkaffee, Cafe latte, Espresso, Cappuccino, Café americano, schwarz …“

Er unterbricht mich mit einem: „Äh, warte mal, das kann ich mir überhaupt nicht merken.“

Überrascht mich das?

„Du brauchst dir das nicht merken, das ist kein Intelligenztest. Sag mir einfach, was du für ein Heißgetränk zum Frühstück bevorzugst.“

„Heißgetränk?“, wiederholt er etwas hilflos.

Gut, da ist heute Morgen noch nicht allzu viel zu holen. Aber er ist süß. Das muss reichen.

„Ich zieh dir einfach einen Kaffee.“

„Okay, super.“ Er setzt sich so ungewaschen und verstrubbelt in meine Designerküche und ich schwöre, diesen Anblick muss ich erst mal sacken lassen. Ich bin fasziniert, wie er da so herumhängt, sich am Sack kratzt und nun doch endlich gähnt, dass ich bis in seine Speiseröhre gucken kann.

„Und, wie sieht dein Plan bezüglich deines Autos aus? Ich kann dich noch irgendwohin fahren, heute Mittag habe ich allerdings einen Termin.“

Mick

Der Kaffee ist klasse. Ich hab auch super geschlafen, das Bett war toll. Ich könnte sofort bei Leon einziehen. Leider nagt meine ‚super Idee‘ dann doch an meiner guten Laune. Die Idee hat nämlich einen Haken und der heißt Marco. Es ist Marcos Werkstatt und ich hab kein Geld, um seine Dienste zu bezahlen. Also wird der Deal wohl so laufen, dass ich meine Dienste anbieten muss.

Ich hab das schon öfter gemacht, eine schnelle Möglichkeit, um an Geld zu kommen. Aber ehrlich, mein Traumjob sieht anders aus. Und Marco ist auch irgendwie ein Scheißkerl. Leider hab ich keine andere Idee. Kurz habe ich darüber nachgedacht, Mo wieder anzuhauen. Wenn ich dem von Marco erzählen würde, hätte ich sogar gute Chancen, dass er zumindest sofort losrast, um mich abzuholen. Aber davon haben wir die Kohle für die Autoreparatur auch nicht zusammen. Und letztendlich haben wir uns ja genau deswegen gestritten: Mo meinte, dass ich mal mein eigenes Geld verdienen muss.

Ach scheiße, als wenn das so einfach wäre. Arbeiten liegt mir irgendwie nicht. Eine Zeit lang geht das gut und dann schießt mir irgendwas quer und ich kann mich nicht mehr aufraffen. Ist ja nicht so, als wäre ich arbeitsscheu. Bei Mo auf dem Hof da klotze ich ganz schön ran. Da gibt’s kein „mach ich morgen“.

Ich mustere Leon so unauffällig wie möglich. Mann, der Typ ist heiß. Selbst in Jeans und so’m spießigen Poloshirt sieht er geil aus. Aber ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll. Ehrlich gesagt weiß ich nicht mal mehr, ob er auf Männer steht. Gestern war ich noch ziemlich sicher, aber er hat überhaupt keine Anstalten gemacht, mir nachzusteigen. Hatte ich das gehofft? Ich kaue nachdenklich auf meiner Unterlippe.

Vielleicht. Scheiße Mann. Ich bin echt nicht untervögelt, wieso hab ich solche Gedanken? Wäre ohnehin mal besser, für ne Zeit lang gar nicht zu ficken. Irgendwie hab ich den Eindruck, als würde das nur noch mehr Probleme nach sich ziehen.

Zwischen Leon und mir wird ohnehin nichts laufen. Nicht mal, wenn er schwul wäre. Der Typ hat Kohle wie Heu und nur Mitleid gehabt … wahrscheinlich, weil er mich fast über den Haufen gefahren hätte.

Wenn ich Glück habe, setzt er mich bei Marco ab und ich krieg die Karre noch mal repariert. Für irgendeinen hoffentlich nicht so sehr unangenehmen Service. Himmel, Mo würde mir in den Arsch treten, wenn er wüsste, dass ich mich noch mal auf Marco einlassen will.

„Toast?“ Zwei perfekt geröstete Toastscheiben landen auf meinem Teller. Ich strahle Leon an, der Mann ist mein Frühstücksgott. Er ist überhaupt ziemlich göttlich.

„Was machst du eigentlich so?“, frage ich, während ich dick Butter auf meinen warmen Toast streiche.

„Meinst du beruflich?“

Komische Frage – was soll ich sonst meinen?

Ich nicke und kriege fast einen Geschmacksorgasmus, als ich in den Buttertoast beiße.

„Ich bin Autor.“

Diese Information muss ich mal verarbeiten. Wenn er Bücher schreibt und so viel Asche hat, muss er berühmt sein. „Kenne ich was von dir?“

Er lacht leise, was mir eine angenehme Gänsehaut entlang der Wirbelsäule beschert.

„Wenn ich es einschätzen sollte, würde ich sagen: Nein.“

Okay, er denkt sicher, dass ich gar nicht lesen kann. An dieser Stelle sollte ich beleidigt sein. Bin ich aber nicht, dafür schmeckt der Toast zu gut. Ich inhaliere beide Scheiben und schenke ihm ein treudoofes Lächeln.

„Möchtest du noch mehr?“

Viel mehr, denke ich. Wenn hier schon ein schnöder Buttertoast wie der Himmel schmeckt, dann muss das das Paradies sein. Ich nicke und versuche mich an einem wirklich verführerischen Lächeln. Das hat er verdient.

Und er bemerkt es. Einen kurzen Moment verharrt er, dann runzelt er die Stirn und wendet sich erneut dem Toaster zu.

„Wo ist die Werkstatt von diesem Typen?“

Leon

Ich bemerke seine Anspannung schon, als er in meinen Wagen steigt. Seine Idee, den Wagen bei einem Kumpel namens Marco reparieren zu lassen, scheint einen gewaltigen Haken zu haben. Hatte ich schon erwähnt, dass ich gut darin bin, Leute einzuschätzen? Ich mache das einfach gern. Manchmal setze ich mich nur ganz still in ein Café, um Leute zu beobachten. Das geht auch ganz hervorragend auf einer Buchmesse. Solange mein Pseudonym geschützt ist. Ich fürchte, sobald bekannt ist, wer L. A. Crow ist, wird es vorbei sein mit der Beschaulichkeit.

Meine Bücher sind zurzeit auf den Bestseller-Listen, international. Aber noch weiß niemand, wer hinter L. A. Crow steckt, nicht einmal, ob sich ein Mann oder eine Frau hinter dem Namen verbirgt. Mir gefällt das so. Warum ich das kann? Der Verlag gehört mir. Ein Verlagsimperium, das ich von meinen Eltern geerbt habe. Da ich jedoch kein großes Interesse am Verlagswesen habe, bin ich nur stiller Eigner, die Geschäfte führen die Leute, die davon Ahnung haben. Ich schreibe lieber.

Nicht einmal die Verlagsmitarbeiter wissen, wer sich hinter L. A. Crow verbirgt, da ich meine Skripte über meinen persönlichen Agenten habe vermitteln lassen. Ein bisschen absurd, da ich ja der Inhaber des Verlags bin, aber definitiv der sicherere Weg.

Ab und an muss ich ein Interview geben, da geht es ausschließlich um den Verlag und um einzelne Autoren, die gerade populär sind. Aber niemand weiß von meiner Autorenidentität.

Nur Max und mein Agent Kevin, genannt Kiwi. Kiwi ist ein ganz grandios trockener Literaturagent. Und Max würde mich ohnehin nie verraten, dafür teilen wir zu viele Geheimnisse.

„Nächste Abfahrt“, verkündet Mick neben mir und hört sich schon so ähnlich gequetscht an wie Dirk, meine Navi-Stimme.

„Alles klar mit dir?“

Er reibt seine Hände an seiner, nein, meiner Jeans ab. Ich hatte heute Morgen spontan beschlossen, ihm mit weiterer Kleidung auszuhelfen. In der Trainingshose kann er nicht unter Leute gehen und seine eigene Kleidung – ausgeschlossen!

Jetzt steckt er in meinen Levis, trägt meine Unterwäsche und eines meiner schwarzen T-Shirts. Da er einen Hauch muskulöser ist als ich, sitzen die Klamotten hauteng. Es fällt mir schwer, mich auf die Straße zu konzentrieren. Ich weiß allerdings noch nicht, wie ich damit umgehen soll, dass ich ihn so anziehend finde.

„Ja, klar, wieso?“, fragt er gespielt fröhlich.

Ich glaube, selbst das gefällt mir an ihm – dass er ein so verdammt schlechter Schauspieler ist.

„Ich habe mich gerade gefragt, wie du mit 13 Euro in der Tasche das Abschleppen und die Reparatur bezahlen willst.“

„13,94“, verbessert er mich stoisch.

„Oh hey, ich hatte deine Reichtümer falsch eingeschätzt.“

„Mmh“, brummt er unkommunikativ.

Ich setze den Blinker und fahre an der nächsten Ausfahrt raus.

„Also? Wie wolltest du deinen Werkstattmeister bezahlen?“

„Ich hoffe mal, dass ein Blowjob ausreicht“, sagt er schließlich genervt.

Ich fahre noch ein Stück schweigend weiter, aber in mir brodelt es. Das kann doch wohl nicht wahr sein! Der kleine Scheißer will sich prostituieren! Ich fühle die Anspannung, die sich in meinen Schultern festsetzt. Verdammt, ich kenne ihn gar nicht. Er muss sich mir gegenüber nicht rechtfertigen. Trotzdem fühlt es sich so an, als hätte ich einen Anspruch auf seinen Arsch oder seinen Mund. Gar nicht gut.

Bei der nächsten Gelegenheit fahre ich rechts ran und schaue ihn an. „So, du wolltest also ein bisschen blasen als Gegenleistung für die Autoreparatur?“

Er windet sich und sieht stur aus dem Fenster, antwortet aber: „Ja, bestenfalls.“

„Bestenfalls?“

„Na ja, schlechtestenfalls reicht das nicht und … dann könnte es etwas unangenehm werden.“

Was immer das auch heißen mag. Diese kalte Wut, die sich in mir ausbreitet, verstehe ich nicht. Woher kommt dieses Gefühl? Mick ist nicht mehr als ein kleiner Stricher, den ich zufällig aufgelesen habe. Ja, es interessiert mich, was er macht. Mich interessieren Menschen eben, vor allem solche, die ich üblicherweise nicht um mich herum habe. Er macht mich neugierig.

Mit einem Ruck lege ich den Gang wieder ein und fahre an.

„Weißt du, es sieht gerade etwas schlecht aus mit Geld“, fängt er jetzt doch an zu erklären. „Und ich brauche den Wagen. Mo brauche ich auch nicht zu fragen. Der finanziert sowieso alles allein und nicht umsonst ist sein Spitzname Money. Er guckt schon aufs Geld und er wird mir bestimmt keine Reparatur bezahlen. Auf meinem Konto ist auch Ebbe, falls du das fragen willst.“

Ich lasse diesen Redeschwall über mich ergehen und versuche, meine Schultern aktiv zu entspannen.

„Für einen Blowjob kann ich dir das Geld auch geben – wenn du gut bist.“

Ich sehe, dass er sein Gesicht zu mir dreht, ihm steht der Mund offen vor Verblüffung.

„Ich … ich bin gut, ehrlich“, stottert er. „Ich mach das sofort.“

„Nein, danke. Da stehe ich nicht drauf während der Fahrt.“

„Nee, schon klar, das meinte ich auch nicht.“ Jetzt klingt er tatsächlich verlegen. „Willst … willst du das wirklich? Ich meine, das … ich würde das echt gern machen. Weil mit Marco …“

„Ich will es nicht wissen!“, unterbreche ich ihn barsch.

Er sinkt ein wenig im Sitz nach unten.

Ich biege an der nächsten Kreuzung links ab, zur Werkstatt dieses Marco wäre es nach rechts gegangen. Aber ich habe meine Entscheidung schon getroffen. Ich werde Mick bei meiner Werkstatt rauswerfen. Da bekommt er dann auch einen Leihwagen, denn ich gehe nicht davon aus, dass sein Auto heute instandgesetzt werden kann. Und ich habe ihn dann von der Backe, immerhin wartet Max in einem der angesagten Bistros der Stadt auf mich. Es ist ohnehin besser, wenn ich mich erst einmal herunterfahre. Irgendeine kleine fiese Stimme in meinem Hinterkopf sagt mir, dass er einen dazu bringen könnte, ihm den Hals umzudrehen.

Mick schweigt wie ein ängstliches Häschen, bis wir auf den Hof meiner Werkstatt einbiegen. Ich parke meinen Wagen, steige aus, ohne Mick eines weiteren Blickes zu würdigen. Trotzdem bekomme ich mit, dass er mir folgt. Wie ein kleiner Junge im Auto warten möchte er ganz offenbar auch nicht.

„Ah, Herr von Dohlenstein“, werde ich vom Werkstattmeister begrüßt. „Gibt es Probleme mit Ihrem Wagen?“ Er linst neugierig an mir vorbei, ich kann mir selbst überlegen, ob er auf mein Auto starrt oder auf Mick, der mit Sicherheit hinter mir steht.

„Nein, mit meinem Wagen ist alles in Ordnung. Aber wir haben ein anderes Problem.“ Ich schildere ihm kurz die Situation, versuche ganz grob die Position des liegengebliebenen Wagens zu beschreiben.

„Na, dann hoffen wir mal, dass der Wagen noch dort steht und nicht mittlerweile abgeschleppt wurde. Das kommt teuer“, brummt Helmholz und verzieht das Gesicht. „Und dann? Was sollen wir mit dem Schätzchen machen? Ein Nissan Serena – oder was sagten Sie?“ Sein Mund verzieht sich zu einem abschätzigen Grinsen.

„Reparieren, wenn möglich. Und hier … der junge Mann braucht in der Zwischenzeit einen fahrbaren Untersatz.“

Helmholz mustert Mick über meine Schulter hinweg. „Ein Skateboard?“, schlägt er völlig respektlos vor.

Ich bedenke ihn mit einem strafenden Blick. „Nein, er braucht natürlich einen Leihwagen. Ich komme für die Kosten auf.“

Helmholz hebt beschwichtigend die Hände. „War nur ein Witz, Herr von Dohlenstein. Nichts für ungut.“

Ich bemerke einen leisen Kopfschmerz, der von meinen angespannten Schultern nach oben in meinen Hinterkopf kriecht. Ich weiß, was Helmholz denkt … Es sollte mir egal sein.

„Na, dann kommen Sie mal mit Herr …?“

„Alsmann“, sagt Mick leise.

„Sie fahren mit uns mit. Dann werden wir Ihren Wagen sicher finden.“

Er geht einige Schritte hinter Helmholz her, dreht sich dann aber um. „Wie … machen wir es jetzt?“, fragt er leise. Ich starre ihn an, lasse mich vom Blick seiner dunkelbraunen Augen einfangen. Seine Augen sind wirklich besonders.

„Ich streck dir die Reparatur vor“, sage ich knapp. Ich ziehe meine Visitenkarte aus der Tasche und reiche sie ihm. Meine Güte, wie spießig, denke ich insgeheim.

Er nickt und nimmt die Karte entgegen. „Danke. Ich … mach das wieder gut.“

Ich kann mir ein leises Lachen nicht verkneifen.

4. Kapitel

Mick

Wow, was für eine geile Karre! Ich geb richtig Gas auf der Autobahn. Hätte nicht gedacht, dass es so viel Spaß macht, eine A-Klasse zu fahren. Der Wagen hat aber auch alles an überflüssigem Schnickschnack. Sogar eine Sitzheizung! Ich bin total begeistert.

Der Gesichtsausdruck von diesem Helmholz hat aber auch alles gesagt – der hat sich seinen Teil gedacht. Als wenn er bei dem unsäglichen Gespräch zwischen Leon und mir im Auto dabei gewesen wäre.

Wir haben meinen Nissan ziemlich rasch gefunden, zum Glück stand er noch da, wo ich liegengeblieben war. Im Vergleich zu der schwarzen A-Klasse, mit der ich jetzt über die Autobahn heize, ist mein Wagen ein stinkender Misthaufen. Ich fürchte, die Mechaniker überlegen gerade, ob sie Folie auf die Sitze legen müssen, um sich überhaupt hineinsetzen zu können.

Na ja, könnte ihn wirklich mal aussaugen und etwas von innen saubermachen. Aber wir transportieren so häufig Tiere damit, irgendwie lohnt sich das Saubermachen auch nicht wirklich.

Mo wird Augen machen, wenn ich mit diesem Wagen auf seinen Hof fahre.

***

Und was er für Augen macht …

„Mick? Was ist das für ein Auto?“ Kopfschüttelnd und mit gerunzelter Stirn steht er vor dem Wagen.

„Verflucht, hast du jemanden überfallen? Wo warst du überhaupt gestern? Was sollte die Scheiße! Ich hab versucht, dich zu erreichen!“

Er mustert mich aus zusammengekniffenen Augen. „Was sind das für Klamotten, die du anhast? Hast du etwa … mit deinem Arsch dafür bezahlt?“ Er klingt plötzlich richtig angepisst.

„Hey Alter, jetzt beruhig dich mal.“

„Beruhigen? Ich hab mir voll Sorgen gemacht, Mick. Mann, ich meinte das gestern nicht so. Ich hab total übertrieben …“ Er kommt vorsichtig näher und ich lasse zu, dass er die Arme um mich legt. „Wo warst du letzte Nacht?“

Ich weiß, was er eigentlich fragen will: Warst du bei einem Freier?

„Verrückte Geschichte, kann ich dir sagen. Ich erzähl sie dir gleich, aber ich schätze, es gibt erst mal was zu tun, oder?“

„Ich hab die Tiere schon gefüttert, mach dir keine Gedanken.“ Mo seufzt leise. „Sollen wir ne Runde mit den Hunden gehen und reden?“

Ich nicke.

Das mag ich am meisten an dem alten Hof, den Mo geerbt hat: Er liegt mitten in der Wildnis, eine einzige geschotterte Zufahrt gibt es, ansonsten nur Felder, Wiesen und Wald. Es ist die reinste Idylle. Der Hof an sich ist weniger idyllisch, im Grunde ist er eine Ruine. Mo und ich wohnen im Nebengebäude, das wir so weit wie möglich renoviert haben. Ich weiß, dass er lieber gestern als heute in die Stadt ziehen würde. Aber er hat mich und die Tiere am Hals. Die Tiere … okay, die liegen ihm auch am Herzen.

Alles begann mit Hilde, meiner Schäferhündin, und dann kamen immer mehr Tiere hinzu. Tiere, die keiner mehr haben will, Fundtiere … Mittlerweile ist es das reinste Tierasyl, das wir haben. Leider kostet das einen Haufen Geld und nur Mo hat einen richtigen Job. Er arbeitet in einem Bioladen in der City.

Und ich stocke unser gemeinsames Geld gelegentlich auf mit … ähm, Dienstleistungen.

Wir leinen drei unserer Hunde an und lassen noch zwei weitere ohne Leine mitlaufen. Hilde ist natürlich mit dabei. Sie ist schon zehn Jahre alt und sieht nicht mehr so gut, daher leine ich sie lieber an.

„Na, hast du mich vermisst, Süße?“ Ich streichele ihr dichtes schwarzes Fell. Sie begleitet mich schon seit Jahren, selbst in der Zeit, in der ich auf der Straße übernachtet habe, ist sie immer bei mir gewesen. So ein großer Schäferhund ist beeindruckend und ein echter Schutz, wenn man auf der Straße lebt. Zum Glück musste ich das nur wenige Wochen. Bis ich Mo kennenlernte.

„Jetzt erzähl schon“, drängelt Mo, als wir nebeneinander den Feldweg entlanglaufen.

„Ich bin letzte Nacht mit dem Wagen liegengeblieben. Aber mein Handy war alle, daher konnte ich dich nicht anrufen. Eigentlich wollte ich im Auto übernachten, aber dann hat mich so ein cooler Typ aufgelesen.“

„Du bist mit einem fremden Typen mitgefahren?“, fragt Mo ungläubig nach. „Dir sollte man echt …“

„Der war harmlos, echt. Hat mich mit zu sich genommen. Ich konnte bei ihm pennen und er hat mir sogar Frühstück gemacht. Der hat eine Villa, Alter, ein halbes Schloss ist das! Ich glaub, der ist prominent oder so … ein Schriftsteller.“

„Aha. – Und wie bist du zu dem Wagen gekommen?“

„Leihwagen von der Werkstatt. Den muss ich zurückgeben, wenn mein Auto fertig ist … Oh Scheiße! Die wollten mich ja anrufen. Ich muss unbedingt mein Handy aufladen!“

„Wer bezahlt die Reparatur?“, fragt Mo sofort nach und seine Stimme klingt schärfer als bisher.

„Keine Bange, das zahl ich irgendwie allein ab. Erst mal streckt Leon das vor.“

„Warum?“

Ich zucke mit den Schultern, fühle mich ein wenig unbehaglich. „Ich weiß nicht genau. Ich glaube, er ist einfach nett und leiht mir das Geld … sozusagen.“

„Mick, verarsch mich nicht. Ich weiß, was das heißt … sozusagen. Du lässt dich ficken!“

„Nein, Mo, echt, ich schwör. Er hat mich nicht angefasst.“ Unser Gespräch im Auto übergehe ich an dieser Stelle gekonnt. Ich weiß selbst nicht, was ich von Leon halten soll. Ich weiß nicht mal, wie er genau tickt. Im Moment bin ich einfach froh, dass ich diesen Leihwagen habe und mein Wagen repariert wird. Alles Weitere wird sich zeigen.

„Und die Klamotten? Wart ihr gleich shoppen oder was?“

Okay, jetzt besteht kein Zweifel mehr – Mo ist eifersüchtig. Dabei sind wir gar nicht zusammen oder so. Ich unterdrücke ein leises Seufzen.

„Nein, die gehören ihm. Hat er mir geliehen, weil ich keine frischen Sachen dabei hatte.“

„Ah, okay, und du willst mir erzählen, dass ihr nicht gevögelt habt? Was soll das? Seit wann lügst du mich an?“ Jetzt klingt er tatsächlich eingeschnappt.

„Mo, ich geb dir mein Ehrenwort: Zwischen Leon und mir ist nichts gelaufen. Meine Klamotten waren nass, er hat mir ne Dusche angeboten. Ich hatte nichts Frisches zum Anziehen. Ende. Er hat in etwa die gleiche Statur wie ich. Es sind seine Sachen und ich geb sie ihm wieder.“

„Aber er steht auf dich“, behauptet Mo sofort.

„Nicht mal das weiß ich! Ich weiß nur, dass er einen Haufen Geld hat.“

Mo geht eine ganze Zeit lang schweigend neben mir her und ich sehe, wie es in seinem Kopf arbeitet. „Wenn er so viel Geld hat“, murmelt er schließlich. „Vielleicht ist das DIE Chance?“

Ich kapiere nicht, was er meint.

„Wenn er jetzt auf dich steht – meinst du … du könntest über ihn an Geld kommen?“

Oh wow, ich bin überrascht und eigentlich auch nicht. Wie schon erwähnt, Mos Spitzname ist Money, er hat ein Faible für Geld. Was leider nicht bedeutet, dass wir darin schwimmen. Aber doch, dass wir uns bisher über Wasser halten konnten.

„Wie genau?“, frage ich vorsichtig.

„Wenn er scharf auf dich ist, könntest du ihn ausnehmen“, schlägt Mo vor. „Er sieht bestimmt heiß aus, oder?“ Mo hat ins Schwarze getroffen. Dabei habe ich ihm quasi gar nichts von Leon erzählt – wahrscheinlich ist das genau der Grund, warum er das Richtige vermutet hat.

Ich nicke knapp.

„Warum besorgst du es ihm nicht ordentlich und lässt dich dafür bezahlen?“

Ich zucke bei seiner groben Wortwahl fast ein bisschen zusammen.

„Wann trefft ihr euch wieder?“

„Wir haben nichts vereinbart, aber ich hab seine Karte.“

„Nicht zufällig seine Kreditkarte, oder?“ Mo grinst ein wenig aufgesetzt. Er kann mir nichts vormachen. So sehr es ihn lockt, dass wir uns vielleicht endlich aus dieser Scheißsituation herausziehen können, so sehr quält ihn der Gedanke, dass ich mich dafür verkaufen muss.

In diesem Moment bleibt Hilde abrupt stehen.

„Komm weiter“, locke ich sie. Aber sie sieht aus, als hätte sie gerade den Leibhaftigen erspäht. Das leise Knurren entgeht mir keineswegs und auch nicht ihre ansatzweise hochgezogenen Lefzen. Ich suche den Weg ab nach irgendetwas, das ihre Aufmerksamkeit erregt haben könnte. Aber ich hab ja auch keine Hundenase. Keine Ahnung, was sie wittert.

„Lass uns zurückgehen“, schlage ich vor.

Mo nickt. „Das ist vielleicht deine Chance“, sagt er leise.

„Unsere“, verbessere ich.

***

Wir gehen zusammen ins Haus, und ich tausche Leons Klamotten gegen meine eigenen aus. Nicht, dass ich seine Sachen nicht gern noch getragen hätte, aber es ist sein Zeug. Ich will auch nicht, dass die Sachen dreckig werden.

Mo folgt mir in mein Zimmer, als ich mich umziehe. Er lehnt im Türrahmen und sieht mich mit diesem typischen Blick an. Ich weiß, was er bedeutet, kenn ihn ja schon lange genug.

„Willst du ficken?“

Er zuckt die Schultern und macht ein hilfloses Geräusch. Dann dreht er sich abrupt um und geht. Ich weiß nicht genau, was mit ihm ist. Aber ich hab nichts gegen ne Runde einzuwenden. Mo ist schon sowas wie mein Fuckbuddy, Beziehung würde ich das nicht nennen. Dazu gehört eindeutig mehr.

Ich ziehe meine eigenen Jeans an, lasse das T-Shirt aber auf dem Bett liegen.

In der Küche hab ich Mo dann eingeholt. Er steht am Kühlschrank und holt eine Flasche Wasser heraus. Unsere Küche ist auch so ein Fall von 100jähriger Katastrophe. Nur der Kühlschrank ist neu, den hat Mo mal ganz billig geschossen, ein Ausstellungsstück. Alles andere ist schon arg in die Jahre gekommen.

„Was ist überhaupt mit deinem Wagen?“, fragt er und betrachtet mich, lässt seinen Blick über meinen Oberkörper wandern. Mo ist etwas kleiner als ich, insgesamt schmaler, so von der rippigen Fraktion. Ich mag seine rotblonden Haare und die hellgrünen Augen. Er hat was Irisches, so wie die Typen bei Herr der Ringe. Also nicht Golum, sondern die anderen … Hab mal gesagt, dass er seine Haare lang wachsen lassen soll, aber die Idee fand er nicht so prickelnd.

„Keine Ahnung. Er hat komische Geräusche gemacht und dann ist er ausgegangen.“

Mo verdreht die Augen. „Wenn man schon mit ’ner Damenbinde unterwegs ist …“

„Hey, beleidige mein Auto nicht! Das ist superpraktisch!“

„Ja, wenn es fährt … Meinst du, bei deinem neuen Verehrer gibt es was zu holen?“

„Ich weiß es nicht … Vielleicht. Oder auch nicht.“

„Und du sagst, dass er gut aussieht?“

„Ja, ziemlich“, gebe ich zu. Bringt ja auch nichts, ihn anzulügen. Irgendwann sieht er Leon und dann ist er beleidigt, weil ich ihm nicht die Wahrheit gesagt habe.

„Wie alt ist er denn, dein neuer Sugardaddy?“

„Keine Ahnung, irgendwo um die dreißig, vielleicht etwas älter. Und sag nicht Sugardaddy zu ihm.“

„Ist er nicht?“

Ich gehe auf ihn zu. „Komm her, du eifersüchtige Tucke.“

Er zögert noch, aber ich sehe an seiner Körperhaltung und an seinem Gesichtsausdruck, dass er will.

„Los, Hose runter und mach dich lang auf dem Tisch.“

Ein Hauch von Rot zieht über sein Gesicht. Ich weiß, dass er darauf steht, wenn ich eine Ansage mache. Das ist nicht unbedingt mein Spielfeld, aber ich kann das. Hey, was das angeht, bin ich sowas von flexibel.

„Warte kurz“, presst er hervor und rennt fast aus der Küche.

Ich brauche nur etwas warten. Solange setze ich mich auf die Tischkante und streiche über meinen Schwanz. Er zuckt schon erwartungsvoll in meiner Hose. Ich mag Mos Arsch und freue mich darauf, dass er ihn mir gleich zur Verfügung stellen wird.

Vielleicht liegt es daran, dass ich doch ein bisschen auf Leon stehe. Da ist etwas an diesem Kerl, was mich echt anmacht.

Aber jetzt geht es um Mo.

Der kommt in diesem Moment zurück in die Küche, senkt den Blick und öffnet seine Hose.

Ohne etwas zu sagen, legt er sich auf den hölzernen Esstisch und präsentiert mir seinen festen, weißen Arsch. Die Hose hängt auf seinen Schuhen. Mann, sein kleiner Hintern ist wirklich geil. Ich bin sofort hart. Er legt das Kondom neben sich auf den Tisch.

In seiner Ritze schimmert es feucht, wahrscheinlich hat er eine hastige Runde durchs Bad gedreht. Er hat sich selbst vorbereitet. Denn eines will er auf keinen Fall – einen kuscheligen Fick mit Vor- und Nachspiel. Mo steht auf harten Sex. Und damit meine ich richtig hart. Wenn ich ihn auf dem Küchentisch durch die komplette Küche rocke, bis er mit dem Schädel irgendwo anstößt und sein Schwanz am Ende blaugequetscht ist, das ist so sein Ding. Ein Stück weit kann ich da mitgehen, aber irgendwann ist bei mir auch Schluss.

Da er nur ganz kurz im Bad war, gehe ich davon aus, dass er sich zwar etwas Gleitgel gegönnt hat, sich aber überhaupt nicht vorgedehnt hat. Ich weiß, dass er darauf steht, aber ich nicht so wirklich. Mag es nicht, wenn mein Schwanz so abgeklemmt wird.

Als ich mit den Fingerspitzen durch seine Poritze gleite, gibt er auch tatsächlich ein unwilliges Geräusch von sich.

„Wenn du willst, dass ich’s dir besorge, hältst du jetzt den Mund“, knurre ich ihn an. „Halt dich ordentlich fest, Hände an die Tischkante.“

Brav befolgt er meine Anweisung. Am liebsten hätte er Ringe am Tisch, an denen ich ihn richtig fesseln kann. Das hat er mir mal im in einem schwachen Moment anvertraut. Aber hey, Eisenringe am Küchentisch? Das geht echt nicht! Das kann man doch keinem erklären.

Ich ziehe ihn an den Hüften ein Stück zurück und greife um ihn herum. Sein Schwanz ist bretthart und feucht an der Spitze. Ich biege ihn nach unten, sodass er unter die Tischplatte kommt.

Mo stöhnt unterdrückt.

„Los, Arsch nach oben. Ich will sehen, was ich kriege.“

Er hat sich mit seinen Jeans, die ihm auf den Füßen hängen, eine Fußfessel gebastelt und ich könnte wetten, dass das Absicht war. Ich nehme mir extra viel Zeit, mir das Gummi überzustreifen. Dann lege ich beide Hände an seine Arschbacken. Ich glaube, ich kenne niemanden, der so einen weißen Arsch hat wie Mo. Glatt und weiß wie ein Puppenarsch. Mit beiden Daumen spreize ich sein Loch und schiebe die Fingerkuppen ein Stück in ihn hinein.

Sein Stöhnen ist leise und klingt sehnsüchtig, es jagt mir eine Gänsehaut über den Rücken. Wenn ich ihn jetzt ganz schnell zum Abspritzen bringen wollte, müsste ich nur etwas ganz unglaublich Versautes vom Stapel lassen. Dann geht er ab wie Schmitz’ Katze. Kenne keinen, der auf Dirty Talk so abgeht wie Mo.

„Willst du jetzt meinen Schwanz? Oder soll ich dich nur mit den Fingern vögeln?“

Mo schnaubt frustriert und biegt den Rücken noch weiter durch.

„Oh, ich sehe schon, du brauchst es. Du willst es … richtig hart, oder?“

„Ja.“ Seine Stimme zittert vor Verlangen.

Ich ziehe meine Daumen aus seinem Loch heraus und drücke sofort meinen Schwanz hinein. Eine einzige Bewegung, langsam, aber mit Nachdruck. Dann stecke ich bis zum Anschlag in ihm drin. Er wimmert leise. „Ja, gib’s mir.“

„Sag mir, wie du es brauchst“, fordere ich und halte ganz still.

„Ich brauche es hart, so verdammt hart“, keucht er und windet sich, versucht mich zu einer Bewegung zu animieren.

Ich lasse die Finger in einer federleichten Berührung über seine angespannten Arschbacken gleiten. Er zittert leicht. „So ein kleiner, geiler Arsch, der so viel verpacken kann …“

Und dann ziehe ich mich fast komplett aus ihm zurück und stoße mit einer einzigen Bewegung erneut in ihn hinein. Hinaus und hinein. Er stöhnt unterdrückt und klammert sich am Tisch fest. Meine Stöße sind gleichmäßig und kräftig und Mo verändert seine Haltung minimal, sodass ich den passenden Punkt in ihm treffe. Jetzt mischt sich ein anderer lustvoller Ton in sein Stöhnen.

„Mach härter!“, fordert er.

Ich stoße fester in ihn hinein, Schweißtropfen bilden sich auf meiner Stirn. Die Nummer ist echt anstrengend. Bei jedem Stoß schiebe ich den Tisch ein Stück weiter, das Quietschgeräusch lenkt mich nicht mehr ab. Beim ersten Mal musste ich so lachen, dass wir den Fick abgebrochen haben. Ich packe mir seinen Schwanz, der stramm unter der Tischplatte klebt und lasse ihn einmal gegen den Tisch flippen. Er jault leise auf. Dann fasse ich seine Eier und presse sie leicht zusammen. Das tut mir selbst weh, aber Mo fährt darauf ab. Sein Keuchen wird heftiger, als ich seine Hoden gegeneinander presse.

Ja, ich kann das. Ich kann Mo Lust bereiten, auch wenn mich das nicht so anmacht wie ihn. Aber er bringt die Kohle rein, ich revanchiere mich gern bei ihm. Wenn, ist er eher sowas wie mein Sugardaddy, mein Investor. Nicht Leon … Wobei … Investition klingt super.

„Das ist die Idee!“, entfährt es mir.

„Was … was meinst du?“, stöhnt Mo fahrig.

„Ach nichts.“ Ich widme mich wieder konzentriert seinem festen, kleinen Hintern und ziehe an seinen Eiern. Da bemerke ich, wie er sich anspannt. Mein Schwanz wird heftig zusammengepresst und er spritzt mit einem Ächzen seine Sahne unter den Tisch.

5. Kapitel

Leon

Pünktlich betrete ich das Bistro, in dem ich mit Max verabredet bin. Ich bin nicht erstaunt, dass er noch nicht da ist. Dafür ist es aber schon brechend voll, ich hoffe, dass Max wenigstens den Tisch reserviert hat.

Ein geschäftiger und verflucht junger Kellner steuert auf mich zu. „Kann ich Ihnen helfen?“

„Haben Sie einen Tisch auf Max Bahrendorf reserviert?“

Er flitzt hinter die Theke und kommt in wenigen Sekunden zurück zu mir. „Aber sicher, dort hinten am Fenster, Tisch 6. Ich bringe Sie hin.“

Ich lächele. Max hat tatsächlich den besten Tisch im ganzen Bistro reserviert – mit Ausblick auf die Altstadt, denn das Bistro befindet sich im 2. Stock. Für Max gibt es kein „ist schon okay, nehm ich auch“ – es muss immer das Beste sein. Er ist so ein verdammt erfolgreicher und ehrgeiziger Mann, der es auch gewohnt ist, dass alle nach seiner Pfeife tanzen.

Ich warte ungefähr fünf Minuten, dann betritt Max das Bistro. Ich muss nicht genau hinsehen, ich spüre es sofort. Er ist so eine Art Naturgewalt, was zum einen an seiner Körpergröße liegt, er ist an die zwei Meter groß, und auch daran, dass er sensationell gut aussieht. Männlich, mit perfektem Gesicht und Muskeln, die man quasi durch jedes Kleidungsstück hindurch sehen kann.

Ihm folgen die Blicke von Männlein und Weiblein, als er auf unseren Tisch zusteuert. Ich weiß, was jetzt kommt, als er mich mit einem breiten Grinsen vom Stuhl hochzieht. „Lee, du bist schon da …“ Er küsst mich wirklich auf die Wange zur Begrüßung. Damit wendet sich ein Teil der Bewunderer wieder ab. Fast kann ich das enttäuschte Seufzen hören.

„Max, du kannst es nicht lassen, was?“

Er zieht eine Augenbraue nach oben. „Keine Ahnung, was du meinst.“ Aber dabei grinst er von einem Ohr bis zum anderen.

„Tut mir leid, ich wäre fast pünktlich gewesen.“

„Das hätte mich nur erschreckt.“ Ich winke ab und mustere ihn kurz. Er ist ziemlich elegant gekleidet, trägt einen dunkelgestreiften Anzug und schwarze Schuhe. „Ist irgendwas? Ist irgendwer gestorben?“

Er grinst und setzt sich mir gegenüber an den Tisch. „Nein, ich hatte einen Termin bei meiner Bank. Denke über eine Erweiterung der Klinik nach.“

„Du erstaunst mich, Max. Ich hätte nicht gedacht, dass du dich für einen Termin mit deinem Bankberater in Schale wirfst.“

Sein Grinsen vertieft sich und zeigt ein einzelnes Grübchen an der linken Wange. Er ist ein höllisch attraktiver Mann und verdammt gefährlich. Ich werde das nie vergessen.

Ein amüsiertes Funkeln entsteht in seinen dunkelblauen Augen. „Du hast mich ertappt, Lee, tatsächlich wäre ein Lederoutfit angemessener gewesen, wenn ich zu meinem Bankberater gehe. Aber in diesem Fall wollte ich die Sache nicht überspannen.“

„Woah, du verprügelst deinen Berater?“, frage ich nicht wirklich erstaunt.

Er lacht. „Du hast eine so nette unverblümte Art. Hast du schon bestellt?“

„Nein.“

Wir widmen uns kurz den Karten, die uns eine süße Kellnerin gebracht hat. Großen Hunger habe ich nicht und das bemerkt Max. Nachdem wir bestellt haben, fragt er lauernd: „Ist irgendetwas? Immer wenn du so wenig isst, ist was im Busch.“