Leuchtspuren - Jürgen Werth - E-Book

Leuchtspuren E-Book

Jürgen Werth

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Beschreibung

Jürgen Werth nimmt mit hinein in persönliche geistliche und menschliche Begegnungen, in Erkenntnisse und Erfahrungen seines Lebens. Er stellt vierzehn Menschen vor, die sein Leben, seinen Glauben und seine Art zu denken und zu schreiben geprägt haben: Dankbarsein mit Paul und Monika Deitenbeck, Impulsgeber für den eigenen Glauben entdecken mit Billy Graham, versöhnt leben mit Corrie ten Boom, ausdauernd hoffen und glauben mit Dietrich Bonhoeffer, alles auf Gottes Gnade setzen mit David, seiner Fürsorge vertrauen mit Henri Nouwen, Gedanken auf den Punkt bringen mit Max Frisch. Ein Buch voller Geschichten und Impulse, das den eigenen Lebens- und Glaubenshorizont erweitert.

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Seitenzahl: 126

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Über den Autor

Jürgen Werth war bis 2014 Vorstandsvorsitzender bei „ERF Medien“ und ist als Liedermacher, Moderator und Autor unterwegs. Viele seiner Lieder haben sich zu Klassikern entwickelt. Und auch im Geschichtenerzählen hat er es zur Meisterschaft gebracht. Jürgen Werth ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Für die Bibelzitate wurden, wo nicht anders angegeben, folgende Übersetzungen verwendet:Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 by Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.Darüber hinaus wurde folgende Bibelübersetzung verwendet: Basisbibel, © 2023 by Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

Copyright der deutschen Ausgabe © 2024 by Gerth Medien in der SCM Verlagsgruppe GmbH, Berliner Ring 62, 35576 Wetzlar

Erschienen im August 2024

ISBN 978-3-96122-641-2

Umschlaggestaltung: Andreas Sonnhüter ∙ grafikbuero-sonnhueter.de

Umschlagmotiv: Shutterstock, Net Vector

Lektorat: Verena Keil

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

www.gerth.de

Inhalt

Ein Wort zuvor

David – mein Sänger, mein König

Alles auf Gottes Gnade setzen

Paul und Monika Deitenbeck

Kleine Leute mit großem Herzen

Richard Rohr

Wer bin ich und wer soll ich werden?

Oma Friede

Immer eine Tasse Kaffee und etwas zum Lachen

Henri Nouwen

Gottes barmherziger Fürsorge vertrauen

Corrie ten Boom

Versöhnt leben und lieben lernen

Billy Graham

Impulsgeber für den eigenen Glauben entdecken

Herbert Dawin – mein guter, strenger Nebenpapa

Mich persönlich prägen und korrigieren lassen

Paul Freed – der Vater des Evangeliums-Rundfunks

Von Visionären lernen, sich nicht aufhalten zu lassen

Der Jünger Thomas

Zweifeln erlaubt!

Martin Luther

Alles durch Christus – lernen, was unverdiente Gnade ist

Dietrich Bonhoeffer

Ausdauernd hoffen und niemals aufgeben

Meine Sprachlehrer

Gedanken auf den Punkt bringen

Paul Simon – der Musiker

Wenn nach dem Ende noch was kommt

Ein Wort zum Schluss

Quellenverzeichnis

Ein Wort zuvor

Es waren Menschen. Immer sind es Menschen. Wenn einer erzählt, was ihn fürs Leben geprägt hat, wie er sich selbst entdeckt und entwickelt hat, seine Talente gefördert und seine Torheiten gebremst hat – vor allem auch, wie er seine eigene Gestalt des Glaubens gefunden hat –, dann erzählt er meistens von Menschen.

Was ja passt. Weil alles wirkliche Leben Begegnung ist. Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber hat das gesagt. Und auch dieses Wort stammt von ihm: Der Mensch wird am Du zum Ich.

Von einigen dieser Dus erzähle ich in diesem Buch. Es waren und sind meine Augenöffner und Beinemacher, meine Denk- und Glaubenslehrer, meine Lichtanknipser und Horizonterweiterer. Einige waren mir ganz nah, mit ihnen habe ich, Seite an Seite, eine ordentliche Strecke meines Lebens zurückgelegt. Andere sind von fern immer wieder in mein Leben hineingeplatzt. Manchmal „nur“ durch Geschriebenes und Gesungenes.

Menschen. Mit Macken und mit Marotten. Mit Schrammen und mit Schuld. Mal selbstlos und mal selbstverliebt. Aber immer lichtdurchlässig. Durch ihre irdische Gestalt blitzte das Licht des Himmels.

Nein, dieses Buch erzählt nicht von meinen Helden. Die gibt es ja auch gar nicht. Es erzählt von Menschen, die so sind wie ich, wie wir alle. Und die uns deshalb den Weg weisen zu neuen Gedanken über uns selbst, über die Welt und über Gott. Die meisten sind längst heimgegangen. Allen voran der biblische König David. Er steht in diesem Buch zusammen mit Thomas, den man auch „den Zweifler“ nennt, stellvertretend für die vielen biblischen Personen, die mich immer neu inspirieren und provozieren.

Ich habe mich in „Leuchtspuren“ auf einige Menschen beschränkt. Ich stelle sie vor; ich teile sie mit Ihnen, meinen Leserinnen und Lesern. Weil ich sicher bin: Einige von ihnen werden auch Ihr Leben ein kleines bisschen reicher und heller machen. Und wer weiß: Vielleicht sind wir es ja auch für andere: lichtdurchlässig. Dann hätte unser Leben einen besonderen, bleibenden Wert.

David – mein Sänger, mein König

Alles auf Gottes Gnade setzen

David, zweiter König von Israel und Psalmdichter, um 1.000 vor Christus.

„Hallo David!“ Ein alter Weggefährte begrüßt mich so bis heute. Dabei ist es nun fast vierzig Jahre her, dass ich als David in einem kleinen Musical auf der Bühne gestanden habe: „David – ein Sänger, ein König“. Ich hatte die Texte geschrieben und Johannes Nitsch die Musik. Ich war David. – War ich David?

Tatsächlich hat mich der Sänger, der schließlich König wurde, schon immer fasziniert; seit ich mich erinnern kann, spüre ich eine eigenartige Seelenverwandtschaft. So eine facettenreiche Persönlichkeit! Ein unbedeutender Hirtenjunge, der zum Herrscher gesalbt wird, ein unbekümmerter Draufgänger, der den Philister-Riesen Goliath mit einer schlichten Steinschleuder besiegt, ein sensibler Liederdichter und Harfenspieler, der die bösen Geister des Noch-Königs Saul vertreibt, ein an Gott und seiner Berufung Verzweifelnder, der sich immer wieder vor denen verstecken muss, die ihm ans Leben wollen, ein marodierender Bandenchef, der hart und gnadenlos agiert und dann wieder weich und barmherzig ist. Ein König, der die zerstrittenen Stämme Israels vereint, der dem Land eine Hauptstadt gibt, die Grenzen des Reiches weiter zieht und sichert. Einer, der alles erreicht hat, was man erreichen kann, der alles besitzt, was man besitzen kann, und der trotzdem zum Ehebrecher und Mordanstifter wird, weil ihm das alles nicht reicht, weil er mehr will, anderes. David, ein von Sehnsucht Getriebener, der immer wieder erkennt, dass die tiefste Sehnsucht des Herzens nur im Himmel gestillt werden kann, weil es wirkliche Fülle und dauerhafte Erfüllung nur bei Gott gibt.

David – einer der sich verirrt, aber immer wieder zurückfindet. Der sich überführen lässt von Menschen und von Gott und öffentlich zu seiner Schuld steht. Ein Suchender, ein Irrender, ein Liebeshungriger, ein Ängstlicher, ein Achtloser, ein Hochsensibler und ein Tollkühner. Ein Staatsmann und ein Künstler. Mensch David!

Von solchen Menschen erzählt die Bibel. Sie ist kein Heldenepos. Sie preist nicht die Großen in Gottes Welt, sie preist die Kleinen, die auf die Barmherzigkeit ihres großen Gottes vertraut haben. Gott will nicht die Perfekten, die sich selbst vergotten, er will die Gebrochenen, die sich an ihn klammern. Mit ihnen schreibt er Geschichte. Für sie gilt, was über David gesagt wird: Er war ein Mensch nach Gottes Herzen. Das hat Davids Herz berührt.

In der Geschichte Israels wird David zu den ganz Großen gezählt. Der erwartete Messias ist der „Sohn Davids“. Der gekommene Messias Jesus hat sich widerspruchslos so ansprechen lassen.

Aber wie war ich dazu gekommen, ein Musical über diesen alttestamentlichen Hirtenjungen zu schreiben? Ich war, wie meistens, nicht selbst darauf gekommen, ich war dazu gedrängt worden. Ende der Siebzigerjahre fragte mich mein schwedischer Musikproduzent Nils Kjellström, ob ich nicht die Texte zu einem David-Oratorium schreiben könnte. Ich fühlte mich geehrt – und überfordert. Wer war denn ich, dass ich so etwas schreiben könnte! Aber dann hat mich der Gedanke nicht mehr losgelassen und ich habe mich an die Arbeit gemacht. Nach ein paar Monaten wollte Nils anfangen zu komponieren. Etwas wirklich Großes sollte entstehen. Immer wieder hatten wir zusammen gesessen und gehirnt, geplant und geträumt. Ein großes Orchester würden wir engagieren. Cliff Richard sollte den David singen.

Doch wie das manchmal im Leben so ist: Wenn etwas besonders Großes entstehen soll, entsteht überhaupt nichts.

Nach vielen Monaten Zögern und Warten und Planen und Verwerfen war’s schmerzhaft klar: Das wird nichts. Uns fehlen schlichtweg die finanziellen Mittel. Noch ein paar Monate später haben der wunderbare Johannes Nitsch und ich dann beschlossen, dass das jetzt unser gemeinsames Projekt werden sollte. Viel kleiner und bescheidenerer als ursprünglich gedacht. Statt Nils Johannes als Komponist und Produzent, statt Cliff Richard als David – ich.

Fünf Jahre später, 1982, konnten wir dann die fertige Schallplatte präsentieren. Den Untertitel hatte sich Jan Vering einfallen lassen, er sang in der Produktion den Propheten Nathan: „David – Ein Sänger, ein König“. Auf der wunderschön gestalteten Plattenhülle steht:

„Ein Sänger, ein König. Ehrgeizig, unbeherrscht, angefochten, zweifelnd, verzweifelt, hoffend, weinend und lachend. Ein Sänger, ein König. Ein Mensch. Kein Gott. Ein Mensch Gottes. Von ihm ausgesucht, von ihm begabt, gesandt, beschützt. Einer, mit dem Gott Geschichte macht. David. Israels zweiter König. Einer, der uns hilft zu glauben, zu vertrauen gegen allen Schein. Der uns hilft zu beten, mit Gott zu leben, alles von ihm zu erwarten, immer zu ihm zurückzukommen.“

Wir haben das Stück ein paar Mal aufgeführt. Unter anderem beim großen christlichen Jugendkongress „Explo 85“ in Berlin.

Seit dieser Zeit begrüßt mich der alte Weggefährte, von dem ich eingangs erzählt habe, mit „Hallo David!“ Er hatte im Chor mitgesungen.

Ein Lied aus dem Musical sollte viele Jahre später eine besondere Bedeutung für mich bekommen. Der Aufsichtsrat des Evangeliums-Rundfunks hatte im Herbst 1992 beschlossen, mich zum neuen Direktor des Unternehmens zu machen. Aber natürlich wollte ich nicht. Ich war Liedermacher, Texte-Ausdenker, Redakteur, Gestalter. Ein Künstler. Ein Menschenmensch. Sensibel, dünnhäutig, allzu dünnhäutig häufig genug. Ich war kein Manager, kein Konzernlenker. Ein Pfarrer aus der Schweiz konnte mich gut verstehen: „Jemand wie Sie wird es schwer haben in einem solchen Amt. Andererseits braucht es in solchen Ämtern Menschen wie Sie!“

Nach langen Kämpfen habe ich dennoch zugesagt. Weil Menschen mir versichert haben, dass sie genau mich wollen auf diesem Platz und dass sie an meiner Seite sind. Und dass diese Berufung letztlich Gottes Angelegenheit ist. Und nicht zuletzt darum, weil ich in jenen Tagen an das Lied gedacht habe, das David in unserem Musical nach seiner Amtseinführung singt:

Nun bin ich König, ausgerechnet ich.Was hat sich Gott dabei gedacht, als er mich rief?War’s ein Versehn nur, unbedacht und impulsiv?Nun bin ich König. Herr, gebrauche mich.

Nun bin ich König, ausgerechnet ist.Mein Vater Isai ist stolz auf seinen Sohn.Und alle wünschen Glück für mich und die Nation.Nun bin ich König. Herr, gebrauche mich.

Ich sehe meine Grenzen, manchmal halten sie mich auf.Mal möchte ich sie sprengen, mal nehm ich sie in Kauf.Doch manchmal denk ich leise: Irgendwann muss einer her,Der anders ist als David, vollkommener als er.

Nun bin ich König, ausgerechnet ich.Ein kleiner Hirtenjunge hat’s zu was gebracht.Doch das ist falsch, denn du, mein Gott, hast es gemacht.Nun bin ich König. Herr, gebrauche mich.[1]

Natürlich war ich nicht „König“ geworden. Doch ich hatte Verantwortung auf die Schultern geladen bekommen, die für mich allein zu schwer war. Immer wieder in den folgenden Jahren und Jahrzehnten habe ich mich darum in diesen Gedanken gerettet: Du, mein Gott, hast es gemacht. Gemacht und gewollt. Deshalb gib jetzt auch die nötige Durchhaltekraft. Und die richtigen Leute an meiner Seite. Du trägst die letzte Verantwortung für alles.

Noch einmal habe ich mich an unser Musical erinnert: 21 Jahre später bei der Übergabe meines Leitungsamtes an meinen Nachfolger. Mein Vermächtnis hätte ich kaum treffender formulieren können als mit den Worten, die David am Ende seines Lebens singt:

Das war mein Leben, Salomo,Das Kämpfen ist vorbei.Ich leg die Macht in deine Hand.Das Amt lässt mich nun frei.Es geht zu Ende, Salomo,Ich habe gern gelebt.Doch stirbt man leichter, wenn man weiß,Wohin die Reise geht.

Nun bist du König, Salomo,Sei Gottes Untertan!Denn unsre Augen sehn doch nur, was sie schon immer sahen.Bleib ihm gehorsam, Salomo,Dann bringt er dich zum Ziel.Denn man verläuft sich, geht man nur,Wohin man selber will.

Mein Weg war steinig, Salomo,Ging oft durch dürres Land.Doch hielt ich durch, ich wusste ja:Gott selbst hat mich gesandt.Er sendet dich nun, Salomo,Sein Segen bleib dir treu!Auch wenn du fällst, such seine Hand,Gib ihm dein Leben neu.

Vergiss es niemals, Salomo:Du lebst, weil er dich liebt.Und du regierst nur, weil er dirDazu den Auftrag gibt.Dein Land, es blüht nur, Salomo,Wenn er den Regen schickt.Gib ihm die Ehre, leb für ihnIn jedem Augenblick.

Ich bin nicht David, nein! David war David und ich bin Jürgen. Aber beide leben wir von der Gnade und Barmherzigkeit Gottes. Und an die klammern wir uns bis zum letzten Atemzug.

Zum Weiterdenken

Haben Sie schon einmal eine Aufgabe übernommen, die Ihnen anfangs viel zu groß erschien? Wie hat Gott Sie dabei geführt und unterstützt?Mit welcher Person aus der Bibel können Sie sich derzeit am besten identifizieren?

Paul und Monika Deitenbeck

Kleine Leute mit großem Herzen

Paul Deitenbeck (1912–2000), evangelischer Pfarrer und Evangelist, geboren und gestorben in Lüdenscheid. Monika Deitenbeck (1955–2020), evangelische Pfarrerin, ebenfalls geboren und gestorben in Lüdenscheid.

Er war ein Kleiner. Aber ein kleiner Großer. Klein die Gestalt, groß das Herz. Manchmal, wenn er sich vorstellte, zitierte er verschmitzt Wilhelm Busch: „Schnell wachsende Keime welken geschwinde; zu lange Bäume brechen im Winde. Schätz nach der Länge nicht das Entsprungne! Fest im Gedränge steht das Gedrungne.“

Er hatte manchen Winden standgehalten. Im Krieg, in russischer Kriegsgefangenschaft, im Studium, im Kirchenkampf in der Nazizeit und in den Sechziger- und Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts. Und auch beim frühen Tod einer seiner Töchter. Paul Deitenbeck war nicht gebrochen. Im Gegenteil, er stand fest im Gedränge, denn er hatte sich umso fester an den himmlischen Halt geklammert.

Mit meiner Band, den „Dynamic News“, spielten wir, als ich noch jung war, regelmäßig bei einem übergemeindlichen Jugendgottesdienst in seiner Kirche. Er saß dann meistens auf der Empore. Aber hinterher kam er stets herunter und strahlte. „Herrlich!“, sagte er dann, was nicht nur daran lag, dass seine jüngste Tochter Monika mitgesungen hatte. Eigentlich konnte er unsere Musik gar nicht herrlich finden – er liebte eher Posaunenchöre und Choräle. Aber er meinte es ernst. Sein persönlicher Geschmack war für ihn nie das Maß aller Dinge. Was er sagte, kam aus seinem großen Herzen. Dabei begnügte er sich nie nur mit freundlichen Worten. Meist öffnete er sein Portemonnaie und zog einen Schein heraus, zehn oder zwanzig Mark: „Hier, kauf allen ein Eis!“

Das geöffnete Portemonnaie war sein Markenzeichen. Es war der sichtbare Ausdruck seines geöffneten Herzens. Pfarrer Paul Deitenbeck, den alle „PD“ nannten, war schon zu Lebzeiten eine Legende in Lüdenscheid, der Stadt, in der ich aufgewachsen bin.

Wir hatten nicht allzu viele Begegnungen damals. Sie wurden erst mehr, als ich von Lüdenscheid mit meiner Frau nach Wetzlar gezogen war und dort beim „Evangeliums-Rundfunk“ als Redakteur arbeitete. Da schrieb er mir eines Tages: „Du sagst ab sofort ‚Paul‘ zu mir – sonst wirst du erschossen.“ Das war sein herzhafter und zuweilen derber sauerländischer Humor. Heute hätte er einen solchen Satz mit ein paar Smileys garniert.

Dass ich überhaupt nach Wetzlar gegangen bin, hatte dann aber doch auch wieder etwas mit ihm und einem seiner Merksätze zu tun: „Ich habe mir die entscheidenden Türen im Leben nie selber aufgemacht.“ Das hatte auch ich nicht. Horst Marquardt, damals Programmdirektor in Wetzlar, hatte den jungen Zeitungsredakteur Jürgen Werth schriftlich zum Vorstellungsgespräch eingeladen – ohne dass der irgendetwas dazu beigetragen hatte.

Ich habe mich an diesen Merksatz auch später gehalten, etwa bei meiner Berufung zum Direktor des ERF oder bei meiner Wahl zum Vorsitzenden der Deutschen Evangelischen Allianz. Ich bin dankbar für diesen Satz. Denn ich habe immer wieder erlebt, dass der Kandidat, der sich allzu eifrig für eine Aufgabe bewirbt, meist nicht der Richtige ist.

„PD“ hat viele wunderbare Weisheiten hinterlassen! Ich glaube, niemand sonst zitiere ich so häufig wie ihn. Seine Tochter Monika hat viele dieser Sätze gesammelt und auf kleine Spruchkarten drucken lassen.