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In Legenden steckt oft ein Körnchen Wahrheit, so sagt man... Einige dieser Legenden ranken sich um das Bordmaskottchen der Soleil Royal. Diese Ente soll etwas ganz Besonderes sein, angeblich hat sie schon Leben gerettet! Manche vermuten, der Erpel wäre der Klabautermann! Was ist dran an den Geschichten über den schneeweißen Leviathan? Legenden von Kanthorus- taucht hinein in die Geschichten der Charaktere aus "Die Abenteuer von Freya Warmherz"
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Seitenzahl: 44
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Es war Herbst in Aritholka. Die Bäume waren wunderschön bunt und leuchteten in allen nur erdenklichen Farben.
Der Wind war mild und rauschte sachte zwischen den Blättern hindurch. Am Boden bewegte er die bereits gefallenen Blätter verspielt von rechts nach links. Selbst die hartgesottenen Bürger der Dörfer genossen dieses Schauspiel, selten war die Landschaft so bunt, wie zu diesder Zeit. Während die Natur sich langsam auf den Winter vorbereitete, begannen auch die Fischer sich langsam darauf vorzubereiten. Doch in der Natur, besonders bei manchen Tieren begann jetzt die Balzzeit. Auch die Enten suchten sich nun langsam ihre Partner.
Eine dieser in der Natur lebenden Enten hatte eine eigenartige Farbe. Üblicherweise waren wildlebende Enten braun gesprenkelt und gut getarnt, doch diese war weiß. Schneeweiß. Das lag daran, dass sie eigentlich eine Hausente war. Doch sie war ausgebüchst, schon vor einiger Zeit und kam in der Natur sehr gut zurecht. Sie hatte schnell gelernt und entkam so ihren typischen Freßfeinden, dem Fuchs, dem Waschbären und auch dem Greifvogel.
Sie schlief nicht wie die meisten Tiere ihrer Art auf dem freien Wasser, sondern suchte sich meist ein von Schilf überwuchertes Stück Land am Ufer. Dort konnte sie von oben nicht gesehen werden, trotz ihres leuchtenden Gefieders.
Genau aufgrund dieses Gefieders war sie aber sehr beliebt bei den Erpeln.
Tagsüber befand sie sich, wie fast alle anderen Enten aus dieser Gegend auch, in der großen Ansammlung am kleinen See.
Den Tag verbrachte sie üblicherweise viel mit der Pflege ihres Gefieders. Es war ihr wichtig, ihre Federn mit dem Sekret der Burzeldrüsen besonders geschmeidig zu halten, denn etwas eitel war sie schon.
Zudem wollte sie ja auch satt werden, also gründelte sie oft mit der Hilfe ihrer Schnabellamellen im flachen Wasser des Sees. Man nennt es „gründeln“, wenn Enten den Bodenschlamm nach Wasserinsekten, Krebstieren und Pflanzenteilen ab.
So nennen die Völker des Planeten Kanthorus das zumindest.
Ihr als Ente war das aber herzlich egal. Sie hatte Hunger, also machte sie das was sie konnte, um satt zu werden.
Auch das Gründeln musste sie erst lernen. Früher lebte sie auf einem kleinen Bauernhof, und dort fütterte sie ein kleiner freundlicher Mann.
Aber so schön es dort auch war, es war keine Freiheit.
Und sie sehnte sich nach der Freiheit. Am liebsten würde sie auf dem Meer leben, aber das kam für eine Ente nicht in Frage. Das würde sie nie überleben.
Sie wusste, dass die komischen Zweibeiner auf merkwürdigen Holzschalen über das Meer schwimmen konnten, aber das traute sie sich nicht.
Also blieb sie an ihrem kleinen See und genoß dort ihre Freiheit.
Und es war tatsächlich schöner als das Leben auf dem Bauernhof. Es war zwar gefährlicher und auch etwas anstrengender, aber das war es ihr wert.
Ab und zu flog sie zu diesem Bauernhof und schaute aus sicherer Entfernung zu dem netten kleinen Mann herab.
Wenn er sie sah, winkte er ihr zu und lachte. Das machte sie glücklich. Sie wollte ihm nicht wehtun, damals, als sie wegflog.
Aber dieses Leben kam für sie nicht mehr in Frage.
Sie genoß diese kurzen Momente, freute sich aber noch mehr, wenn sie wieder an dem kleinen See war, bei ihren Freunden, den anderen Enten.
Wenn man es genau betrachtete, war sie schon etwas merkwürdig. Sie war anders als die anderen Enten, das wusste sie genau.
Aber es machte ihr nichts aus. Sie lebte sehr gut damit.
Manchmal dachte sie, es gäbe nichts schöneres, als anders als andere zu sein.
Dann schüttelte sie ihren Kopf, quakte einmal laut und schwamm zur Ansammlung der Enten auf den See hinaus. Wenn sie in der Mitte ihrer Freunde war, fühlte sie sich mehr wie ein Teil der Allgemeinheit und vergaß ihre Andersartigkeit. Für Flausen im Kopf hatte sie nicht viel übrig.
Dort war sie eine Ente wie alle anderen auch. Trotz des weißen Gefieders.
Mit den Kameraden wurde geschnattert, um die Wette geschwommen und nach Futter gesucht.
Das Leben war einfach, aber schön.
So lebte sie in den Tag hinein und war – das wusste sie ganz genau – die glücklichste Ente der Welt.
Diesen Herbst aber war etwas anders. Sie hatte noch nie darauf geachtet, aber in diesem Herbst nahm sie das erste Mal bewusst wahr, wie die anderen Erpel auf dem Wasser tanzten. Die männlichen Enten lösten sich regelmäßig von der Gruppe und begannen mit einem kompliziert anmutenden Ritual. Die Weibchen sammelten sich dann in einiger Entfernung und beobachteten die Erpel.
Ohne es zu merken, begann sich die kleine weiße Ente für einen der Erpel zu interessieren. Er tanzte so hingebungsvoll und wunderschön, das musste ihr einfach ins Auge fallen.
Sie fand ihn definitiv sehr interessant. Auch sein leuchtend gelber Schnabel gefiel ihr. Prachtvoll war er!
Ihre Augen ruhten nur auf ihm, wenn die Erpel tanzten. Ihm, und ihm allein, gehörte ihr Herz. Es klopfte laut in ihrer Brust und sie sah sich ab und an um, ob es einer anderen Ente auffallen würde.
Aber das schien nicht der Fall zu sein.