Liebe per Mausclick - Ira Fay - E-Book

Liebe per Mausclick E-Book

Ira Fay

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Beschreibung

Ira trennt sich mit Ende 40 von Ihrem viel jüngeren Partner. Jetzt soll das schöne Single-Leben beginnen. Schnell findet sie aber heraus, dass weder Kino noch Restaurantbesuche allein wirklich Spaß machen. An Verehrern mangelt es nicht. Der neue Partner sollte aber der Mann für den Rest des Lebens werden ... aber ihn zu finden, wird zu einem schwierigen Vorhaben. Wird sie es schaffen, vor dem 50. Geburtstag die große Liebe zu finden?

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Prolog

Endlich wieder Single!

Diesen Beziehungsstatus hatte ich schon viele

Jahre nicht mehr. Jetzt freute ich mich auf die Zeit, in der ich keinen Mann mehr fragen musste, wann er sein Frühstück möchte oder ich die leeren Wasserflaschen aus dem Kühlschrank räumen musste.

Jetzt konnte ich aufstehen wann ich wollte und hatte das Badezimmer morgens für mich.

Das fühlte sich gut an.

Als der Makler mir damals die Wohnung zeigte war ich gleich verliebt. Es gab ein großes Schlafzimmer, ein Badezimmer mit Badewanne, ein kleines Gästezimmer sowie ein schönes Wohnzimmer mit einer angrenzenden, zugegeben sehr kleinen Küche. Ich hatte sogar einen sonnigen Balkon.

Das Haus, in der sich meine Wohnung im ersten Stock befand, lag in einer ruhigen Seitenstraße im Süden von Köln. Sie war nicht weit vom Rhein entfernt und mit dem Fahrrad war man schnell in der Innenstadt.

Wenn ich aus dem Schlafzimmerfenster schaute, sah ich auf ein Bürogebäude. Da es dort an den Fenstern keine Gardinen oder Jalousien gab, konnte ich den fleißigen Menschen bei der Arbeit zuschauen. Ab und zu winkte mal Jemand zu mir herüber und ich natürlich zurück.

Die Bäume am Straßenrand waren noch ohne Blätter. Aber man konnte sich schon vorstellen wie es aussah, wenn sie voller Laub waren.

Etwas weiter entfernt gab es eine Schule, an der schon meine Schwester und später auch mein Sohn, von den Lehrern auf das Leben vorbereitet wurden.

In den Pausen hörte ich durch das geöffnete Fenster das Geplapper und Lachen der Kinder.

Auch das gefiel mir sehr.

Es gab sechs Wohnungen im Haus. Außer mir wohnten im Erdgeschoß eine WG, bestehend aus drei Studentinnen. Daneben wohnte eine ältere Dame mit ihrem Hund.

Neben mir im ersten Stock wohnte eine alleinerziehende Frau mit zwei kleinen Kindern. Es gab oft Geschrei und Türenknallen. Vor allem wenn die Kinder morgens in die Schule geschickt wurden.

Der ältere Junge war wohl von einem anderen Mann als der jüngere Sohn. Er hatte eine deutlich dunklere Hautfarbe.

Die Mutter, eine kräftige Frau um die Vierzig, war sehr mürrisch. Als ich mich als neue Nachbarin vorstellte brummte sie nur: „Treppenhausreinigung alle zwei Wochen. Das machen wir hier abwechselnd“

Über mir lebte ein junges russisches Ehepaar mit einem Säugling. Da die Beiden kaum Deutsch sprachen war unser Kontakt sehr mühsam. Aber das Baby war ein goldiges Mädchen, das ich sofort adoptiert hätte.

Daneben gab es dann noch einen jungen, alleinstehenden Mann. Er ging morgens immer sehr früh aus dem Haus. Er war Bäcker. Nachmittags saß er dann oft auf dem Balkon und rauchte.

Vom Einkaufen hielt er nicht viel, denn schon in der ersten Woche fragte er mich nach Eiern, Salz und nach einer großen Schüssel.

Vielleicht wollte er aber auch nur den Kontakt suchen.

Ich fühlte mich hier von Anfang an wohl. Meine neue kleine Wohnung konnte ich jetzt ganz nach meinen Wünschen einrichten, weil mich keiner kritisierte, dass es zu viel Deko und Topfpflanzen gab. Herrlich!

Ich ging mit Feuereifer an die Sache heran und war der beste und ausdauerndste Kunde in den Möbelhäusern rund um Köln. Die Küchenplaner machten mittlerweile einen großen Bogen um mich oder retteten sich in die Frühstückspause wenn sie mich kommen sahen.

Dabei konnte ich doch nichts für meine Mini Küche, die eingerichtet werden musste.

Schlimm war nur, das sich auch der alte Bekanntenkreis dezimierte und ich zum ersten Mal allein für Renovierungsarbeiten zuständig war. Jetzt wäre eine helfende Männerhand nicht schlecht gewesen. Aber irgendwann stand alles an seinem Platz, die Lampen hingen, wenn auch etwas schief unter der Decke, und die Küche wurde geliefert.

Geliefert, nicht aufgebaut. Und die Arbeitsplatte gehörte auch nicht wirklich dazu.

Meine Nerven lagen blank, denn nun musste ich die nächsten Wochen um Kartons und Hängeschränke turnen und bekam nur Butterbrote zu essen. Ich fühlte mich immer noch nicht angekommen in der neuen Wohnung. Die Lebensmittel lagen auf der Fensterbank, denn auch der Kühlschrank fehlte.

Jetzt war guter Rat teuer, im wahrsten Sinne des Wortes. Durch meine Schwester bekam ich die Telefonnummer eines pensionierten Handwerkers, der sich noch nebenbei etwas dazu verdienen wollte.

Nach kurzem Anruf machten wir einen Termin zur Besichtigung aus. Da war ich war noch guten Mutes.

Zwei Tage später klingelte es pünktlich an der Tür.

Manchmal kann man sich ja doch auf Handwerker verlassen, dachte ich. Ich betätigte den Türöffner und wartete….und wartete….und wartete.

Nach fünf Minuten schaute ich dann doch ins Treppenhaus und sah, wie sich ein asthmageplagter Senior die Treppe hinaufschleppte. Nun hatte ich auch noch ein schlechtes Gewissen, dass ich mich nicht vorher nach seinem Gesundheitszustand erkundigt hatte.

Nachdem Herr Berg, so hieß der Handwerker, in der Wohnung angekommen war, musste er erst verschnaufen und brauchte eine Extra Portion Asthmaspray. Wie sollte der denn meine Küche aufbauen?

Ich sah mich noch bis zur Rente zwischen den Möbelkartons sitzen.

Da die Kaffeemaschine funktionierte machte ich uns erstmal einen Espresso, um dann vorsichtig nachzufragen, wie sich Herr Berg den Küchenaufbau vorstellte.

„Ja haben Sie denn keinen kräftigen Bekannten?“ kam dann die rhetorische Frage. „Ich dachte ich bekomme Unterstützung?“

Davon hatte ich nie gesprochen. Wenn ich über solch einen Bekannten verfügt hätte dann würde meine Küche schon stehen. Herr Berg hatte wohl zum Asthma auch noch ein Hörproblem.

So musste ich den guten Mann mit zwei Espressos und einer Anfahrtspauschale von zwanzig Euro entlohnen und saß leicht depressiv in meinem Wohnzimmer.

Zur Beruhigung gönnte ich mir ein Glas Rotwein und überlegte mir eine Strategie.

Nach dem zweiten Glas war mir die Küche schon fast egal und ich nahm mir vor, mir einen alleinstehenden Koch zu angeln. Das würde das Küchenproblem lösen….ich könnte mich bekochen lassen. Aber ich wäre dann auch kein Single mehr.

Und ich hatte mich doch gerade an die neue Situation gewöhnt.

Am nächsten Tag studierte ich die Zeitung und siehe da, lesen bildet und verhilft zu einer Küche.

Da suchte doch ein Student einen Job als Helfer beim Küchenaufbau.

Student klang nach einem jungen Mann der hoffentlich kein Asthma hatte und nach einem Handwerker, den ich auch bezahlen konnte.

In meinem Job als Arzthelferin verdiente ich keine Reichtümer und als Single muss man alle Ausgaben allein stemmen. Also gab es keinen Spielraum für Sonderausgaben.

Der junge Mann ging auch gleich an sein Handy als ich anrief und bei der Küche gleich ans Werk.

Er war kerngesund und unermüdlich, so dass die Küche nach zwei Tagen eingebaut war.

Lediglich die Arbeitsplatte musste ich austauschen.

Die hatte mir sowieso nicht gefallen. Sven, so hieß der Student, fuhr mich noch in den Baumarkt um mir beim Transport der Arbeitsplatte zu helfen und hatte sich seinen Lohn mehr als verdient.

Auf meinem neuen Herd kochte ich ihm aus voller Dankbarkeit noch ein 3 Gänge-Menü um ihn dann wieder an seinen Schreibtisch zu entlassen.

Was für ein Gefühl…mein Prinzessinnen Domizil war fertig und ich zum ersten Mal seit meinem Einzug total glücklich.

Aber jetzt war alles getan. Ich konnte mich über nichts mehr aufregen und meine Ausflüge in Möbelhäuser und Baumärkte waren erstmal abgeschlossen.

Ich fiel in ein Loch und die Langeweile packte mich mit voller Wucht. Das war der Anfang von dem was dann passieren sollte…

Es geht los ……

Sie haben durchgehalten und sind schon auf Seite sieben, dann möchte ich mich jetzt vorstellen:

Ich heiße Ira, bin 49 Jahre, geschieden, habe einen erwachsenen Sohn und bin jetzt, nach acht Jahren Zusammenleben mit einem zwanzig Jahre jüngeren Mann, wieder Single.

Paul, mein letzter Partner und ich haben uns getrennt. Ich konnte mir so kurz vor meinem 50.

Geburtstag nicht vorstellen mit ihm den Rest meines Lebens zu verbringen. Der Altersunterschied wurde immer deutlicher. Nicht im Aussehen aber in unseren Vorstellungen vom Leben.

Ein paar Wochen vor der Trennung hatte ich einen anderen Mann kennengelernt. Andreas, nichts Ernstes, aber Grund genug Paul die Wahrheit zu sagen und nach Tränen auf beiden Seiten war uns schnell klar, dass es so das Beste ist.

Mein Sohn Tim konnte Paul nie leiden und gratulierte mir herzlich zur Trennung. Seitdem kam er mich auch wieder öfter besuchen. Das schlechte Verhältnis zu Paul hatte ihn von häufigen Besuchen abgehalten. Auch ein weiterer Grund nicht länger an dieser Beziehung festzuhalten.

Tim macht mir große Freude. Er zog sein Studium mit einem Feuereifer durch, den ich ihm nie zugetraut hätte. In der Pubertät hatte er Null Bock auf alles, was nur nach Schule und lernen aus-sah, so dass sein Vater und ich ihm schon eine steile Karriere beim Arbeitsamt vorhergesagt haben.

Wie man sich täuschen kann.

Und nun sitze ich in meiner schönen schnuckeligen Wohnung habe nichts mehr zu beklagen und habe auf Grund meiner finanziellen Lage auch wenig Möglichkeiten der Zerstreuung.

Genau an diesem Punkt rief mich ein paar Wochen später Andreas an.

Kino, Essen gehen oder vielleicht mal eine Radtour wollte er mit mir unternehmen. Ich sei doch jetzt Single und müsste nichts mehr heimlich machen… Das und die Tatsache, dass mir die Decke auf den Kopf fiel, haben mich überzeugt.

Wir verabredeten uns locker für das Wochenende und wollten bei schönem Wetter eine Tour mit seinem Motorroller machen. Irgendwie freute ich mich darauf ihn wieder zu sehen und wieder einmal unter Menschen zu kommen. Allein machten weder Kino noch Essen gehen Spaß. Das wurde mir relativ schnell bewusst.

Am Samstag brezelte ich mich auf und wartete auf Andreas. Das hätte ich mir sparen können!

Er rief an und erklärte mir in epischer Breite, das der Roller defekt sei und das Wetter sowieso nicht für eine Tour geeignet sei. Komisch, bei mir schien die Sonne und er wohnte nur auf der anderen Rheinseite. Musste eine hartnäckige Wolke über Köln-Porz sein…

Ziemlich enttäuscht legte ich auf und wollte mich schon in meine Schmollecke zurückziehen da flüsterte mein persönlicher imaginärer Coach mir ins Ohr:

„Jetzt erst Recht! Geh wenigstens in die nächste Eisdiele“

Recht hatte er, wer braucht schon einen Mann um vor die Tür zu gehen?

Um es mir selbst zu beweisen zog ich noch meine hochhackigen neuen Sandaletten an und schloss die Wohnungstür hinter mir.

Die Sonne lachte vom Himmel, die Menschen strahlten mit ihr um die Wette und ich fühlte mich wieder zufrieden. Ich zog es vor zu Fuß in die City zu gehen und genoss die bewundernden Blicke des ein-oder anderen Mannes. Einer pfiff mir sogar hinter her. Nicht übel für eine End-Vierzigerin dachte ich und Andreas war schon fast vergessen.

Mich zog es in die Südstadt. Hier war ich schon immer Zuhause und die Menschen waren mir vertraut.

Frau Prinz aus der Bäckerei winkte mir zu, als sie die Rollos herunter ließ. Man sah ihr an, das auch sie sich auf den Feierabend freute.

Auf der Straße wechselten sich Modegeschäfte mit Restaurants und Trödelläden ab. Es herrschte hier ein buntes Treiben. Ein alter Mann unterhielt sich mit einer asiatisch aussehenden Frau über die Preise des Gemüseladens. Ein Junge fuhr mit einem Roller wie der Blitz an mir vorbei.

Er versuchte seiner Mutter zu folgen die zwei schwere Einkaufstaschen nach Hause schleppte.

Als ich an der Severins Kirche vorbei ging kam gerade ein Brautpaar aus dem Portal. Die Braut und ihr Mann lachten glücklich. Als die Gäste Reis warfen applaudierten alle Umstehenden und einige riefen: „Viel Glück“

Ich schaute noch eine Weile zu, wie ein Mann Fotos vom Brautpaar und den Gästen machte und schlenderte dann weiter.

In meiner Lieblings-Eisdiele war es rappelvoll. Ich fragte zwei junge Mädchen ob ich mich zu ihnen an den Tisch setzen durfte. Sie waren einverstanden und sowieso nur mit ihren Handys beschäftigt.

Abwechselnd zeigten sie sich ihre Nachrichten und kicherten ununterbrochen. Fast wurde ich neidisch.

Mir hatte schon lange keiner mehr etwas aufs Handy geschickt was mich zum Lachen gebracht hätte.

Entschädigung folgte aber in Form eines Erdbeer-Bechers Deluxe. Der brachte gute Laune und mindestens tausend Kalorien mit. Aber egal, manchmal muss man sich auch etwas gönnen.

Die Mädchen hatten mittlerweile ausgekichert und bezahlt. Nun saß ich allein am Tisch und hatte Lust und Zeit die vorbei gehenden Menschen zu beobachten. Die Sonne brachte nicht nur schöne Dinge ans Licht. Auch die obligatorischen Sandalen- und Sockensünder waren schon unterwegs. Die Liebhaberinnen von Kleidergröße 38 bei eigentlich realen 44 marschierten ebenfalls an mir vorbei.

Das Eiscafé gab es schon, seit ich mit 12 Jahren mit meinen Eltern und meiner Schwester nach Köln gezogen bin.

Mein Vater, der Berufssoldat war, ist damals nach Köln versetzt worden. In den ersten Monaten hatte ich große Probleme mit der Verständigung. In den siebziger Jahren wurde noch viel mehr Dialekt gesprochen als heute. In der Schule wurde Annemie, meine persönliche Dolmetscherin und meine erste Schulfreundin.

Ich wurde in Niedersachsen geboren. Hier sprach man das reinste Hochdeutsch. Heute spreche ich besser Kölsch als die meisten Ur Kölner. All das ging mir nun durch den Kopf.

Als ich mir gerade überlegte ob ich bezahlen sollte, kam der Kellner an meinen Tisch.

Er stellte mir ein Glas Prosecco vor die Nase. Er grinste und meinte der wäre von dem Herrn hinter mir.

Ich drehte mich um und sah einen smarten Herrn mit grauen Schläfen. Irgendwie der Typ Kavalier alter Schule. Er lächelte und prostete mir mit seinem Glas zu. Ich erwiderte den Gruß und wie erwartet stand er auf und kam an meinen Tisch.

„Hallo, ich bin Rainer“ „ mit ai“ sagte er und setzte sich ungefragt neben mich.

„Ich heiße Ina“ antwortete ich.

Nun muss ich erwähnen, dass ich fremden Männern zuerst nie meinen richtigen Namen sage. Denn der Name Ira ist selbst in Köln selten und ich hatte immer Angst, dass mich mal Jemand stalked.

Ich hatte mal sowas von einer Bekannten gehört.

Seitdem bin ich vorsichtig. Da ich ein schlechtes Gedächtnis habe wählte ich deshalb Ina. Den Namen gab es öfter und ich konnte ihn mir merken.

„Warum sitzt denn eine so hübsche Frau wie sie allein in der Sonne“ kam prompt die wenig originelle Frage. Dabei glotzte er mir ungeniert in den Ausschnitt. „Sie haben so wunderschöne blaue Augen“ kam noch der lapidare Spruch hinterher. Wo denn? Zwischen meinen Brüsten?

Ich dagegen konnte mich kaum von seinen Füßen losreißen, denn er trug….. Sandalen. Zwar ohne Socken aber das machte die Sache auch nicht besser. Nackte Füße müssen auch vorzeigbar sein.

Sonst sind Socken definitiv die bessere Wahl.

„Danke für das Kompliment und den Prosecco“ sagteich und wühlte in der Tasche nach meinem Portemonnaie um meinen Eisbecher zu bezahlen.

„Wie? War das jetzt alles?“ „Sie wollen gehen?“ fragte Rainer „Ich muss leider los, ich habe noch eine Verabredung mit meinem Freund“ sagte ich und nahm ihm so gleich alle Illusionen auf ein weiteres Date.

„Da hätte ich mir ja den Prosecco sparen können“ jammerte er und stand auf. „Den bezahle ich selbst“ konterte ich. Schade um die fünf Euro. Der Prosecco war warm und viel zu süß.

Ich winkte dem Kellner und zahlte die Rechnung.

Schnell raffte ich meine Tasche vom Stuhl, winkte Rainer nochmal zu und suchte das Weite.

Ich bemerkte noch wie er langsam hinter mir her kam als ich durch das Severins Tor ging. Ich legte einen Zahn zu und stieg schnell in den Bus der gerade an der Haltestelle wartete.

Durch die Scheibe sah ich noch Rainer, wie er enttäuscht wieder Richtung Eisdiele ging.

Wahrscheinlich suchte er dort nach einem neuen Opfer.

Ich hatte keine Lust mehr allein in der Sonne zu sitzen und fuhr nach Hause.

Im Bus war es schwül und stickig. Eine ältere Frau wedelte sich mit einem Fächer Luft zu.

Als ich zu ihr hinüber schaute sagte sie: „Nee wat is dat hück widder für en Hitz“ was heißt, das es heute wieder furchtbar heiß war.

Als ich an der Wohnung ankam lag ein Strauß Blumen vor meiner Tür. Was war denn heute los?

Prosecco und Blumen? Ich hob die Blumen auf und schaute ob ein Kärtchen mir verrät wer der edle Spender gewesen war.

„Sorry das es heute nicht geklappt hat mit unserem Treffen. Bekomme ich eine neue Chance? Andi“ stand auf der Karte.

Also hatte Andreas doch ein schlechtes Gewissen.

Und die Blumen waren wirklich schön. Ich schloss die Tür auf und suchte in der Wohnung gleich nach einer passenden Vase. Leider musste der schöne Strauß erstmal mit einem Übertopf Vorlieb nehmen.

Ich nahm mir vor gleich am Montag eine passende Vase zu kaufen. Vielleicht bekam ich ja demnächst öfter Blumen?

Als ich noch darüber nachdachte klingelte mein Handy. „Hi, ich bin, s Andi“ „Gefallen Dir die Blumen?“

„Ja vielen Dank, sie sind sehr schön“ „Wie kommen die vor meine Tür?“ fragte ich.

„Ich war vorhin doch noch einmal kurz bei Dir und wollte mich entschuldigen“ „Aber Du warst ja nicht da.“ sagte er ein wenig vorwurfsvoll.

„Ich wusste nicht, dass ich zuhause auf Dich warten muss“ kam es zickig von mir zurück.

„Sorry, natürlich kannst du machen was Du willst“ sagte er kleinlaut. „Ich habe leider dieses Wochenende keine Zeit mehr aber hättest Du Lust auf Kino am Montag?“

„Da kommt mein Sohn zum Essen“ sagte ich und wollte dieses Treffen auf keinen Fall verschieben.

Ich freute mich immer auf unsere gemeinsamen Abende. Endlich konnte ich selbst bestimmen was ich mit meiner Freizeit machte.

„O.k. dann melde ich mich einfach nochmal nächste Woche“ sagte Andi und legte beleidigt auf.

Der ruft wieder an dachte ich und machte es mir auf dem Balkon mit einem Glas kalten Prosecco gemütlich. Ich hatte von dort einen direkten Blick auf einen Biergarten. Hier oben hatte ich so das Gefühl, ich sei mittendrin und genoss den Abend.

Single sein hatte auch seine guten Seiten.

Am Sonntag besuchte ich dann meine Eltern und hatte einen schönen Nachmittag bei Kaffee und Kuchen.

Meine Eltern wohnten am Stadtrand, aber nicht weit entfernt von mir, in einer wunderschönen Wohnung.

Hinter dem Haus beginnt gleich eine Grünanlage.

Hier hat man überhaupt nicht das Gefühl in einer Großstadt zu wohnen. Von der Terrasse konnte man auf große Kastanienbäume und Platanen blicken.

Ich ließ mich bemuttern und war froh zu sehen, dass sie gesund und munter waren. In den letzten Jahren hatten die Beiden einige ernste Erkrankungen. Meine Schwester und ich machten uns Sorgen. Ich versuchte sie so oft es ging zu besuchen.

Meine Eltern ließen sich aber nicht unterkriegen.

Sie fuhren gern und oft in Urlaub und waren immer für uns da. Sie haben mich sehr oft unterstützt und Tim nach Strich und Faden verwöhnt.

Meine Mutter packte mir später noch den restlichen Kuchen ein und ich machte mich auf den Heimweg.

Ich radelte durch die Grünanlage und war mit mir und meinem Leben zufrieden.

Ich überholte die Nachbarn meiner Eltern die einen Abendspaziergang machten. Frau Schneider winkte mir und rief: „Ach Ira, jetzt hab ich Dich erst erkannt. Wie geht es Dir?“

Ich hielt an und unterhielt mich kurz mit den Beiden.

Herr Schneider war ebenfalls früher bei der Bundeswehr und auch Patient in der Praxis in der ich arbeitete. „Schön das Du Deine Eltern besucht hast. Ich wünschte unser Sohn käme auch öfter vorbei“ sagte Herr Schneider.

Ich nickte und konnte sie gut verstehen. Ich verabschiedete mich und fuhr nach Hause.

Am Abend hatte ich es mir zuhause gerade gemütlich gemacht, da klingelte mein Handy.

Unbekannter Teilnehmer. Da gehe ich nicht dran.

Soll derjenige auf den Anrufbeantworter sprechen.

Dann entscheide ich ob ich zurück rufe.

Nach ein paar Minuten signalisierte mir dann das Gerät das jemand eine Nachricht hinterlassen hatte.

Es war Paul, der mir nur mitteilen wollte, dass er eine neue Handynummer hatte.

Wenn ich Lust hätte, könnte ich ja mal zurück rufen.

Wir verstehen uns nach der Trennung immer noch gut, vielleicht sogar besser als früher.

Er hatte in der Zwischenzeit auch eine Frau kennengelernt. Es war noch in der Frühphase und es gestaltete sich wohl schwierig.

Ich hatte keine Lust darauf, mir seine Probleme anzuhören. Er hatte mich in den letzten Wochen schon öfter um meinen Rat gefragt, dann aber doch genau das Gegenteil gemacht.

Das war typisch für ihn und auch ein weiterer Grund für unsere Trennung.

Am Anfang unserer Beziehung hatte mich gerade das fasziniert. Er war ein Freigeist der immer gegen den Strom schwimmen wollte. Das war spannend aber auch auf Dauer sehr anstrengend.

Vielleicht hatte ich doch den großen Altersunterschied unterschätzt.

Ein Rückruf kam erstmal nicht infrage.

Ich nahm mein Laptop und stöberte etwas bei Ebay und anderen Shoppingseiten. Mein finanzielles Budget machte es aber nicht leicht. Günstig etwas zu ersteigern war die bessere Idee. Ich hatte ein Auge auf ein süßes Sommerkleid geworfen. Die Auktion lief in dreißig Minuten aus und es stand noch bei 5,60 Euro. Vielleicht konnte ich es ergattern.

Tatsächlich konnte ich es für unter zehn Euro ersteigern und freute mich total.

Mir kam plötzlich in den Sinn, dass ich auch viele Kleidungsstücke nicht mehr trug. Schon war ich auf dem Weg zum Kleiderschrank um auszumisten.

Vielleicht konnte ich so mein Konto etwas aufstocken.

Jetzt stellte sich heraus, dass es sich lohnt Markenkleidung zu kaufen. Die waren bei Auktionen gefragt.

Ich fotografierte die Stücke von der besten Seite und hatte schnell 12 Auktionen eingestellt. Jetzt hieß es warten und Daumen drücken ob Jemand Interesse hat und möglichst viel bietet.

So ging der Sonntag zu Ende und ich ging zufrieden ins Bett. Ich träumte vom großen Geld und das sich die Leute beim Bieten übertrafen.

Am Montag war wie immer in der Praxis die Hölle los. Am Vormittag hatten wir noch einen Notfall, der die ganze Sprechstunde durcheinander gebracht hat. Die notorischen Nörgler waren auch wieder am Start. Also ein Tag zum Vergessen, deshalb freute ich mich umso mehr auf den Abend mit Tim.

Auf dem Weg nach Hause ging ich noch Einkaufen, denn ich hatte versprochen meine weltberühmte Lasagne zu machen. Im Supermarkt war es, wie immer um diese Uhrzeit voll und die Verkäuferinnen an der Kasse waren genauso genervt wie ich. Ich packte alles in meine Einkaufstasche und hastete nach Hause, damit ich endlich anfangen konnte zu kochen.

Ich goss mir ein Glas Weißwein ein. Das hatte ich mir heute auch redlich verdient.

Als Tim klingelte, war ich fast fertig und wir machten es uns erstmal auf dem Balkon gemütlich. Das Wetter war für April schon richtig schön und wir deckten draußen den Tisch. Bei Wein und Kölsch ließen wir es uns schmecken.

Tim erzählte vom Studium und ich kleine Praxis-Anekdoten. Es wurde so ein richtiger Mutter-Sohn-Abend. Später half mir Tim noch beim Spülen, denn eine Spülmaschine passte nicht in meine kleine Küche.

Ich setzte mich, als Tim gegangen war, nochmal auf dem Balkon. Da es kühl wurde holte ich mir eine Decke und ein Buch und versuchte etwas zu lesen.

Das wollten mir meine Nachbarn nicht gönnen, denn kurz darauf hatte das russische Ehepaar über mir einen lautstarken Ehestreit. Das Baby fing auch noch an zu schreien. Die erhoffte Ruhe war dahin.

Ich war froh, dass ich solche Streitereien erstmal hinter mir hatte. Ich gab das Lesen auf und ging ins Bett.

Die Woche plätscherte vor sich hin, ich ging abends mit meinem schwulen Freund Ralf in das Fitness-Studio. Ich machte Sport und er flirtete mit dem Trainer. Er war auch Single und ständig auf der Suche nach dem Mann fürs Leben. Wir kannten uns schon viele Jahre. Nachdem Ralf sich vor ein paar Monaten von seiner großen Liebe getrennt hatte, war ich fast jeden Tag bei ihm oder wir telefonierten. Er war damals am Boden zerstört.

Jeden neuen Mann den er kennen lernte verglich er mit Frank. So konnte das natürlich nichts werden.

Nach dem Training tranken wir noch einen Kaffee an der Bar des Studios und Ralf meinte: „Das war ja heute wieder anstrengend.“ Ich musste laut lachen, denn er hatte nur ein paar Minuten auf dem Stepper verbracht und sich dabei pausenlos in den großen Spiegeln, die den Raum vergrößern sollten, betrachtet.

„Wenn Du so weiter machst wirst Du bestimmt nächstes Jahr Mr. Universum“ ärgerte ich ihn.

Er zwickte mich in den Arm und drückte mich dann.

„Ich hab Dich lieb“ sagte er und ich antwortete:

„Nicht so doll wie ich Dich“

Da das Wetter weiterhin schön war, fuhr ich am Donnerstagabend noch mit dem Fahrrad zum Decksteiner Weiher und sonnte mich auf einer Parkbank.

Ein älterer Mann setzte sich irgendwann neben mich und wir beide unterhielten uns eine Weile über Gott und die Welt. Es stellte sich heraus, dass er ein pensionierter Lehrer war und eine Menge interessanter Dinge zu erzählen hatte. Er war viel gereist und kannte die halbe Welt. Wir saßen fast eine Stunde zusammen und verabschiedeten uns mit den Worten. „Es hat mich sehr gefreut sie kennengelernt zu haben. Vielleicht sehen wir uns mal wieder hier auf der Bank?“

Ich hatte nichts dagegen. Er war ein sehr netter Mann. Als er gegangen war setzte ich mich auch kurz darauf wieder auf mein Rad und fuhr nach Hause.

Auf halber Strecke klingelte mein Handy. Ich angelte es aus meinem Fahrradkorb und versuchte es mir ans Ohr zu drücken. Dabei wäre ich fast in den Graben gefahren und ich stieg lieber ab.

„Hi, hier ist Andi, wie geht es Dir? Ich hatte ja versprochen Dich anzurufen“

Stimmt, dass hatte er. Ich hatte es fast vergessen und nicht wirklich damit gerechnet. Er hatte sich auch früher nur sporadisch gemeldet.

„Alles klar bei mir. Ich bin gerade mit dem Fahrrad unterwegs“ sagte ich.

„Hast Du nächste Woche Zeit für ein Treffen? Am Wochenende kann ich leider nicht.

Ich habe den Kindern versprochen etwas mit Ihnen zu unternehmen.“

Andreas hatte Zwillinge. Er lebte getrennt und hatte die Kinder jedes zweite Wochenende.

„Nächste Woche ist o.k. Ich habe bis auf Mittwochabend noch nichts vor“ antwortete ich.

„Dann weiß ich Bescheid. Schönes Wochenende für Dich“ sagte Andi und legte auf.

Am nächsten Tag hatte meine Kollegin Simone Geburtstag. Nach der Sprechstunde gab es Sekt und Schnittchen und wir alle gingen froh gelaunt ins Wochenende. Für Abends war eine Feier geplant.

Simone und ich trafen uns in der Altstadt. Sie hatte noch weitere Freundinnen eingeladen. Die anderen 3 Frauen waren Britta, eine kleine pummelige frühere Kollegin von Simone. Marie war eine Freundin aus Kinderzeiten. Sie war groß und schlank und trug ihr Haar Raspel kurz und blondiert.

Conny war eine Nachbarin von Simone. Sie hatte einen brasilianischen Vater und einen wunderschönen kaffeebraunen Teint und schwarze Augen. Leider hatte sie ziemlich abstehende Ohren und versuchte pausenlos ihre Haare darüber zu zupfen. Ich kannte alle schon von früheren Treffen.

Mit ihnen wollten wir uns direkt im Brauhaus treffen.

Es war wie immer überfüllt und voller Touristen aus aller Welt. Es herrschte eine Geräuschkulisse wie im Fußballstadion, wenn ein Tor gefallen ist.

Simone hatte einen Tisch reservieren lassen und bestellte erst einmal eine Runde Kölsch. Der Köbes hatte gute Laune und stellte sich als Trinkgeldschwätzer heraus. Er hatte jede Menge gute Tipps für Sehenswürdigkeiten in Köln parat.

Wahrscheinlich hat er nicht mit Original Kölnerinnen gerechnet. Wir ließen ihn in dem Glauben und amüsierten uns köstlich. Am Nebentisch saß eine Gruppe Japaner die sich gegenseitig fotografierten und später ungläubig schauten als ihre Speisen serviert wurden. Wer gerne Sushi und leichte asiatische Küche aß, bekam erstmal Angst beim Anblick riesiger Haxen und Schweinebraten mit Klößen.

Nachdem wir ein paar Bier getrunken und eine Kleinigkeit gegessen hatten entlohnten wir den geschwätzigen Kellner großzügig und machten uns auf den Weg zu einem nahegelegenen Club.

Als wir ankamen mussten wir erst durch die Gesichtskontrolle und am Türsteher vorbei.

Das *Rheingold* war ein Club für Besucher die überwiegend älter als dreißig waren.

Hier fühlten wir Mädels uns wohl, da wir alle über vierzig sind. Die üblichen Clubs und Diskotheken waren nichts mehr für uns. Wer will schon gerne milde belächelt werden wenn man tanzen geht. Da hatte man immer den Eindruck, dass die Jugend nur darauf wartet, dass man mit Herzproblemen oder Hexenschuss von der Tanzfläche getragen werden musste.

Im Rheingold war das Publikum gesetzt aber die Preise dafür gesalzen.

Das war für uns heute kein Problem. Kurz nachdem wir uns an einen kleinen Tisch gesetzt hatten, wurden wir von einer Gruppe Männer fröhlich begrüßt und zum ersten Drink eingeladen. Das taten die Herren gern, denn es ging alles auf die Spesenrechnung einer Versicherungsgesellschaft.

So hatten wir Glück und Simone atmete auf. Sie hatte schon befürchtet, dass die Rechnung an ihr, dem Geburtstagskind, hängen blieb.

Unter den Männern der Gruppe war Einer, der sich immer mehr in meine Nähe vorschob.

Er grinste mir über die Köpfe der Anderen zu.

Irgendwann stand er dann neben mir und stellte sich als Jens vor. Ich blieb wieder bei Ina. Wir unterhielten uns eine Weile, als er mich fragte ob ich mit ihm tanzen möchte. Und tanzen konnte er.

Der Mann hatte wirklich den Rhythmus im Blut und es machte richtig Spaß sich von ihm führen zu lassen. Er verriet mir später, dass er lange die Tanzschule besucht hatte und vor kurzem mit einem Tango Kurs begonnen hatte.

Leider teilte er mir dann in einem Nebensatz mit, dass er das gemeinsam mit seiner Frau tat. Es wäre ja auch zu schön gewesen. Ein gutaussehender Mann in meinem Alter der auch noch tanzen konnte. Der musste ja verheiratet sein.

Trotzdem war es ein sehr schöner Abend. Die Männergruppe war sehr nett und unterhaltsam.

Außerdem war keiner von Ihnen anzüglich oder versuchte uns zu bedrängen. Wir Mädels verabschiedeten uns weit nach Mittenacht und als ich schon meinen Mantel an der Garderobe holte, stand Jens plötzlich hinter mir.

„Meinst Du wir können uns mal wiedersehen?“ hörte ich ihn fragen.

„Ich glaube, das ist keine gute Idee. Tanz den Tango lieber mit Deiner Frau!“

Ich gab ihm einen Kuss auf die Wange, winkte und ging zum Ausgang.

Ich verabschiedete mich vor der Tür von den anderen Frauen und schlenderte die Straße Richtung Taxistand hinunter. Es waren noch viele Menschen unterwegs. Überwiegend junge Leute, die sich lauthals unterhielten und lachten. Die meisten machten den Eindruck mehr getrunken zu haben als gut für sie war. Es war sehr schwül und ich war froh, dass der Taxifahrer die Klimaanlage eingeschaltet hatte.

Er fuhr mich schweigend zu meiner Wohnung und kassierte ohne ein Wort sein Trinkgeld.

Ich ärgerte mich, dass ich ihm überhaupt eins gegeben hatte.

Ich ging gleich unter die Dusche, zog mir ein langes T-Shirt über und setzte mich ins Wohnzimmer. Da ich noch nicht schlafen konnte, machte mir einen Tee und schnappte mir mein Laptop.