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SINNLICHE NÄCHTE IM INSELPARADIES von SUSAN STEPHENS Niemals! Wütend sucht Lisa den Tycoon Konstantin Zagorakis auf seiner Insel in der Ägäis auf, um ihn von der Übernahme ihres Konzerns abzuhalten. Ein brisantes Spiel mit dem Feuer! Denn Lisa ist ganz allein mit ihrem mächtigen Gegner auf seinem sinnlich sonnigen Eiland … FLUCHT IN DIE OASE DER LIEBE von SANDRA MARTON Entführt und in einen Harem verkauft ... Das Schicksal der schönen Balletttänzerin Leanna scheint besiegelt. Bis der attraktive Cameron in ihr Leben tritt. Unter Einsatz seines Lebens befreit er sie aus der Gewalt des Sultans von Baslaam. Auf einer dramatischen Flucht durch die Wüste kann Leanna sich der faszinierend männlichen Ausstrahlung ihres Retters von Tag zu Tag weniger entziehen, in einer märchenhaften Oase gibt sie sich schließlich seinen Verführungskünsten hin. Doch als sie ihm nach einer berauschenden Nacht überglücklich ihre Liebe gesteht, weist er sie eiskalt zurück ... SÜßE NÄCHTE IN RIO von SARAH MORGAN Sie hat ihn belogen, doch vergessen konnte Luciano sie nie! Jetzt braucht Kimberley seine Hilfe, da sie erpresst wird und ihr Sohn in Gefahr schwebt. Der Milliardär will die Gunst der Stunde nutzen: Er wird ihr die Summe geben – dafür soll sie ihm süße Nächte schenken! GEFANGENE DER LIEBE von SANDRA MYLES Noch nie zuvor hat der sympathische Unternehmer Matthew Knight eine hinreißendere, erotischere Frau getroffen als Mia Palmieri! Im Strudel seiner leidenschaftlichen Gefühle entführt er die sinnliche Schönheit in sein einsam gelegenes Haus und erobert ihr Herz. Ihre Liebe ist explosiv, wild und zärtlich zugleich. Nie wieder möchte er Mia gehen lassen. Doch sie hat ein brisantes Geheimnis, und er muss einen Auftrag erfüllen: ihr dieses Geheimnis zu entlocken. Wird ihre Liebe dieser Zerreißprobe standhalten? SPIEL MIT DEM FEUER von CAROL MARINELLI Geliebte eines feurigen italienischen Millionärs? Um den vermögenden Hotelier Alessandro Santini vor einem Anschlag zu schützen, muss die Polizistin Lydia sich als seine neue Eroberung ausgeben. Ein heißes Spiel, aus dem schnell Wirklichkeit wird. Denn Alessandro ist der aufregendste Mann, den Lydia je kennengelernt hat. Doch auch wenn sie in seinen Armen nie gekannte Leidenschaft findet, glaubt sie: Für Alessandro und eine einfache Polizistin wie sie gibt es keine gemeinsame Zukunft. Erst als die Ereignisse eine dramatische Wende nehmen, wird Lydia klar, dass Liebe alle Grenzen überwindet ... TAUSENDUNDEINE NACHT IN DEINEN ARMEN von MIRANDA LEE Tausendundeine Nacht mit Scheich Bandar sind Samantha nicht genug. Ganz verzückt gibt sie sich immer wieder der Leidenschaft in seinen Armen hin. Bis Bandar überstürzt abreisen muss und sie erfährt, welch tragisches Geheimnis er ihr verschwiegen hat … ENTFÜHRUNG AUF DIE INSEL DES GLÜCKS von SANDRA MARTON Als der Sicherheitsexperte Alexander Knight die temperamentvolle Cara Prescott zu ihrem Schutz auf seine Privatinsel in Florida entführt, ahnt er noch nicht, dass dieser Auftrag der schwerste seines Lebens sein wird. Denn die hinreißend schöne Cara weckt in ihm ein verzehrendes Verlangen, das zu einem Sturm der Leidenschaft wird, als er erkennt, dass sie seine Gefühle erwidert. Nie zuvor hat er so intensive sinnliche Nächte erlebt - fast vergisst er, warum sie hier sind. Doch ein Anruf versetzt Alexander in höchste Alarmbereitschaft: Die Frau seiner Träume ist in Gefahr ... WILDROMANTISCHES WIEDERSEHEN von PENNY JORDAN Sasha ist jung und schön, doch voller Angst - Angst vor der Rache des Mannes, den sie einmal so sehr liebte: Gabriel Calbrini, der nun als Vormund ihrer beiden kleinen Söhne wieder in ihr Leben tritt. Niemals hat Gabriel ihr verziehen, dass sie ihn damals verlassen hat - verlassen musste. Doch als sie sich nun am smaragdgrünen Meer an Sardiniens wildromantischer Küste wiedersehen, flammt erneut heiße Leidenschaft zwischen ihnen auf ...
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Seitenzahl: 1552
Veröffentlichungsjahr: 2021
Susan Stephens, Sandra Marton, Sarah Morgan, Carol Marinelli, Miranda Lee, Penny Jordan
Liebe wie ein ungeschliffener Diamant (8-teilige Serie)
IMPRESSUM
Sinnliche Nächte im Inselparadies erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2005 by Susan Stephens Originaltitel: „Virgin for Sale“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe 2006 in der Reihe JULIA, Band 1736 Übersetzung: Sabine Reinemuth
Umschlagsmotive: dmbaker/ Getty Images
Veröffentlicht im ePub Format in 04/2021
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751506564
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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„Du musst flüchten, Lisa, schnell, bevor sie dich holen …“
Eloisa Bond packte ihre Tochter so heftig, dass Lisa Tränen in die Augen traten.
„Nur bei deinem Vater bist du sicher. In der Stadt.“ Verzweifelt redete sie auf sie ein.
„In der Stadt? Bei meinem Vater?“ Entsetzt sah Lisa ihre Mutter an, riss sich jedoch schnell wieder zusammen und setzte eine gleichgültige Miene auf. Ein ausdrucksloses, maskenhaftes Gesicht war in der Welt, in der sie lebten, der beste Schutz vor öffentlichen Erniedrigungen.
Lisa befand sich in ständiger Angst vor ihrer „Familie“, der Kommune. Niemals könnte sie es übers Herz bringen, ihre Mutter dort allein zurückzulassen. Doch auch die Vorstellung, zu ihrem Vater zurückkehren zu müssen, versetzte sie in Schrecken. Er war für sie nur ein Fremder. Vor sieben Jahren hatte sie ihn zusammen mit ihrer Mutter verlassen und konnte sich nur noch schemenhaft an ihn erinnern. War er nicht ebenso grausam wie die Männer in der Kommune gewesen?
Furchtsam blickte sie zur offenen Tür – es war verboten, sie zu schließen oder gar zu verriegeln.
„Bitte, Lisa, bitte! Du musst weg sein, bevor sie kommen.“
Die Stimme ihrer Mutter hatte wieder jenen verzweifelt weinerlichen Ton, den Lisa so hasste, weil sie ihn mit schrecklichen Erlebnissen verband. Eloisas einst schönes Gesicht wirkte eingefallen, ihre Augen waren blutunterlaufen und die Lippen von der letzten Bestrafung noch immer geschwollen.
Das trockene Schluchzen ihrer Mutter brach Lisa das Herz. Da sie jedoch nicht wusste, wie sie ihr helfen konnte, blieb sie stumm.
„Ich habe etwas Geld von meinen Marktverkäufen zurückbehalten.“ Eloisa griff in die Falten ihres weiten Gewandes.
„Aber das ist Diebstahl! Du hast dich am gemeinsamen Eigentum vergriffen – dafür wird man dich bestrafen!“
„Wenn du mich liebst, Lisa, nimmst du das Geld und flüchtest.“
Lisa sah ihrer Mutter ins Gesicht, die Münzen in ihrer Hand fühlten sich kühl und hart an. „Nur, wenn du mitkommst“, erwiderte sie fest.
Einen Moment lang leuchteten Eloisas Augen auf, doch dann waren von Weitem die Stimmen der Männer zu hören.
„Klettere durchs Fenster! Beeil dich!“ Das erste Mal in Lisas Leben übernahm ihre Mutter das Kommando. „Lauf, so schnell du kannst, zur Bushaltestelle, bleib vorher auf keinen Fall stehen! Hast du mich verstanden?“ Sie drückte ihr einen Zettel in die Hand. „Das ist die Adresse deines Vaters.“
„Und du?“
„Ich bleibe hier … ich lenke sie ab, bis du weit genug weg bist.“
Mutter und Tochter warfen sich einen letzten intensiven Blick zu. Für mehr war keine Zeit. Der Leiter der Kommune hatte für den Abend ein großes Fest angekündigt, zu dem alle eingeladen waren: Lisas rituelle Entjungferung.
„Ich muss zu meinem Vater. Ich muss zu meinem Vater.“ Wie im Wahn redete sich Lisa dies ein, während sie in der Dunkelheit über die einsame Landstraße lief. Nur so konnte sie ihre innere Stimme übertönen, die sie anflehte, umzudrehen und in die Kommune zurückzukehren, um ihrer Mutter zu helfen. Gleichzeitig wusste sie jedoch auch, dass sie mit ihrer Rückkehr Eloisa nur noch größeren Schmerz zufügen würde.
Als sie die Lichter der Haltestelle aus dem Dunkel der Nacht auftauchen sah, mobilisierte sie ihre letzten Kräfte und erreichte gerade noch rechtzeitig den letzten Bus in die Stadt. Endlich war sie in Sicherheit. Die Kommune besaß kein Auto, mit dem man ihre Verfolgung hätte aufnehmen können …
Kommentarlos händigte der Busfahrer ihr das Ticket aus. Sosehr er sich auch über das schmutzige Mädchen, das krampfhaft einen Zettel umklammerte und entschlossen die Lippen aufeinandergepresst hatte, wundern mochte, er sagte kein Wort.
Lisa blickte ausdruckslos vor sich hin. Sie spürte, wie ihre Mutter ihr in Gedanken gut zuredete und sie aufforderte, einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen und die Lisa Bond zu werden, die schon immer in ihr schlummerte.
In der Kommune hatte sie sich sorgsam um die zarten Setzlinge kümmern müssen, damit sie sicher wachsen und gedeihen konnten. Sie hatte das Unkraut von ihnen ferngehalten und sie verantwortungsvoll gehegt und gepflegt, bis sie zu großen Pflanzen herangewachsen waren. Und genau das Gleiche würde sie nun mit ihrem eigenen Leben tun.
„Sie kommt …“
Konstantin Zagorakis verzog nicht die kleinste Miene, als sein persönlicher Assistent seine Verhandlungspartnerin ankündigte. Doch als Lisa Bond schließlich den Raum betrat, weiteten sich seine Augen für einen Moment.
Das Schicksal meinte es gut mit ihm, dass jetzt eine Frau den Aufsichtsrat von Bond Steel führte. Jack Bond war ein schwieriger Verhandlungspartner gewesen – mit der Tochter würde es ein leichteres Spiel werden.
Lisa Bond eilte zwar der Ruf voraus, eine eiskalte Geschäftsfrau zu sein, die ihrem verstorbenen Vater ebenbürtig war. Doch so abgebrüht sie auch sein mochte, sie war eine Frau und somit von ihren Gefühlen gelenkt. Und genau diese Tatsache hatte er schon früher zu nutzen gewusst.
Kühl und souverän schritt Lisa in den Konferenzraum. Ihr selbstbewusstes Auftreten imponierte und reizte Konstantin gleichermaßen. Sie war eine Herausforderung, doch er war sich sicher, wenn er seine altbewährten Verführungskünste anwendete, würde sie unter seinen Händen so geschmeidig wie Seide.
Lisa hatte eine schwere Kindheit durchlebt, das wusste er, aber auch seine Jugend war beileibe nicht leicht gewesen. Es gab nur zwei Frauen auf der Welt, denen er vertraute. Lisa Bond gehörte nicht dazu.
Sie war eine Frau mit Vergangenheit. Bevor sie zu ihrem Vater zurückgekehrt war, hatte sie mit ihrer Mutter in einer anarchistischen Kommune gelebt. Lisa hatte eine Mauer zwischen sich und dieser Vergangenheit errichtet, aber einem Mann wie ihm konnte sie nichts vormachen. Hinter ihrer kühlen Fassade verbarg sich zweifellos eine sensible Frau. Und Konstantin wollte beides: das Feuer in ihr entfachen und gleichzeitig Bond Steel zu einem Spottpreis an sich reißen.
Was geschäftliche Verhandlungen anging, kannte Konstantin keine Skrupel. Sein persönlicher Sieg war das Einzige, das ihn interessierte.
Lisa umgab eine Aura von Macht vermischt mit dem süßen Duft ihres Parfums. Männer in dunklen Anzügen folgten der kleinen, zierlichen Frau. Aber so deutlich sie sie körperlich auch überragten, es war ganz offensichtlich, wer hier die Zügel in der Hand hielt.
In Wirklichkeit war Lisa Bond noch schöner als auf dem Foto, das er von ihr kannte. Sie trug ein schwarzes maßgeschneidertes Kostüm und hatte ihr dichtes haselnussbraunes Haar zu einem raffinierten Knoten zusammengefasst. Konstantin war es gewohnt, dass Frauen ihm gegenüber ihren Charme und ihre Reize ausspielten. Lisa bildete jedoch eine Ausnahme. Sie verhielt sich distanziert, und ihre faszinierenden grünen Augen blickten ihn kühl an.
Sie reizte ihn, und er wusste, auch von ihr würde er sich lediglich nehmen, was er wollte, mehr nicht. Konstantin fühlte sich von den Frauen verraten, gleich nach seiner Geburt hatte ihn die wichtigste Frau seines Lebens verlassen. Nie wieder würde er einer Frau trauen. Lediglich in zwei Fällen war er von diesem Grundsatz abgewichen, eine dritte Ausnahme würde es nicht geben.
In einem Punkt waren sich Boulevardzeitungen und seriöse Fachmagazine einig: Lisa Bond besaß männliche Führungsqualitäten gepaart mit weiblicher Raffinesse, und darauf beruhte ihr Erfolg. Als Konstantin ihr Dekolleté erblickte, musste er diesem Urteil zustimmen. Es war unwahrscheinlich, dass sie lediglich vergessen hatte, den obersten Knopf ihres Blazers zu schließen. Wahrscheinlicher war, dass sie ihre Verhandlungspartner absichtlich mit dem Anblick ihrer vollen Brüste zu verwirren versuchte.
Was immer auch während der Konferenz passieren mochte, Konstantin würde sich durch ihre Tricks nicht ablenken lassen, sondern die Schwachstellen ihres Unternehmens schonungslos offenlegen. Er und seine Leute würden die Unterlagen durchkämmen, bis sie den kleinsten Fehler in der Firmenpolitik gefunden hätten. Die bevorstehende Verhandlung über die Übernahme einiger Zulieferbetriebe war nur ein Ablenkungsmanöver. Sobald er die Schwachstelle von Bond Steel entdeckt hatte, würde er zuschlagen und sich den gesamten Konzern einverleiben.
Inwieweit Lisas eigener Arbeitsplatz in Gefahr war, würde sich noch zeigen. Es hing davon ab, wie kooperativ sie sich verhielt. Eins jedoch stand jetzt schon fest, wenn er mit Lisa Bond fertig war, würde Zagorakis International Inc. um eine weitere mächtige Firma größer sein.
Gleichzeitig machte sich Lisa ihre eigenen Gedanken zu der momentanen Situation. Es fiel ihr allerdings schwer, dabei einen kühlen Kopf zu bewahren, denn Konstantin Zagorakis machte sie wütend. Er war früher als verabredet in ihrem Büro erschienen und hatte damit ihren minutiös geplanten Tagesablauf durcheinandergebracht.
Bond Steel hatte Betriebsteile zu verkaufen, und Zagorakis International Inc. war an solcherart Geschäften immer interessiert. Weder sie noch ihre Mitarbeiter hatten jedoch mit dem persönlichen Erscheinen von Konstantin Zagorakis gerechnet, dazu ging es um zu wenig. Für einen Mann wie ihn hing von dem Erwerb der kleineren Firmen, die nicht mehr in das Konzept von Bond Steel passten, nicht viel ab. Lisa dagegen war auf den Verkauf angewiesen, um dem Mutterkonzern die dringend benötigte Kapitaleinlage zu beschaffen.
Familienunternehmen erfreuten sich an der Börse derzeit keiner großen Beliebtheit, und die Aktien von Bond Steel waren im Kurs stark gefallen. Die Lage war angespannt, und weitere Bieter für die Zulieferbetriebe gab es nicht. Sollte es Lisa nicht gelingen, den Handel mit Zagorakis perfekt zu machen, war Bond Steel stark gefährdet. Damit hätte sie nicht nur die Existenzgrundlage ihrer Arbeiter und Angestellten vernichtet, sondern auch eine persönliche Erniedrigung erlitten. Wollte sie nicht dem alten Vorurteil gerecht werden, Frauen hätten in der Stahlbranche nichts zu suchen, musste es unbedingt zu einem Abschluss kommen.
Lisa überlegte fieberhaft. Weshalb war Konstantin Zagorakis persönlich gekommen? Ging es ihm um mehr als die Zulieferbetriebe? Wollte er Bond Steel komplett übernehmen?
Sie begegnete seinem Blick und erstarrte. Zagorakis stand in dem Ruf, seine Beute wie eine Schlange erst zu hypnotisieren und dann zu verschlingen. Lisa hatte das in einem Artikel über ihn gelesen und hatte lachen müssen. Jetzt fand sie den Vergleich nicht mehr so lustig.
Widerwillig, aber wehrlos spürte sie sein Charisma. Konstantin Zagorakis war ein typischer Großindustrieller: rücksichtslos, ehrgeizig und ohne einen Funken Mitgefühl. Doch auch sie war eine erfahrene und unnachgiebige Verhandlungspartnerin, was die Aufregung unter den Anwesenden erklärte. Die bevorstehende Auseinandersetzung versprach, spannend zu werden.
„Guten Tag, meine Herren.“
Obwohl Lisa ihre Stimme nicht erhoben hatte, herrschte nach einem letzten Rücken der Stühle sofort absolute Stille. Sie mochte souverän wirken, aber sie fühlte sich unsicher. Zagorakis, der ihr genau gegenübersaß, sandte mit jeder Bewegung erotische Signale aus, und ihr Körper reagierte darauf. Das musste sie sofort unterbinden.
Glücklicherweise beherrschte sie die Kunst meisterhaft, ihre Gefühle zu unterdrücken – nicht umsonst war sie durch Jack Bonds harte Schule gegangen. Lisa lächelte bitter. Ihr Vater hatte ihr demonstriert, wie ein Mann eine Frau zugrunde richten konnte, ohne die geringsten Gewissensbisse dabei zu haben. Lisa hatte sich geschworen, niemals dem Beispiel ihrer Mutter zu folgen, sondern zu kämpfen, anstatt sich willenlos in den Ruin treiben zu lassen.
Konstantin war der Schatten nicht entgangen, der über Lisa Bonds Gesicht geflogen war, und er war enttäuscht. Er hatte eine stolze, herausfordernde Frau erwartet. Eine geschwächte Beute verdarb den Spaß an der Jagd, bevor sie überhaupt begonnen hatte.
Zu seiner Erleichterung fasste Lisa sich jedoch sofort wieder.
Betont entspannt lehnte Lisa sich zurück, denn Zagorakis gegenüber Schwäche zu zeigen schien nicht ratsam. Dieser Mann hatte etwas an sich, das Erinnerungen an ihre Kindheit weckte.
Es musste an seiner maskulinen Präsenz liegen, an der Aura von Macht und Stärke, die ihn umgab. Unwillkürlich schüttelte sie den Kopf, um die unliebsamen Bilder zu verscheuchen, die sich ihr plötzlich aufdrängten. Der Anführer der Kommune war ein mächtiger, Gehorsam gebietender Mann gewesen, der keinerlei Moral und Anstand kannte und sein Charisma nutzte, um seine Anhänger von ihm abhängig zu machen.
Unglücklicherweise hatte Lisa seine Aufmerksamkeit erregt, da sie sich körperlich schneller als die anderen Mädchen der Kommune entwickelt hatte. Das hatte ihn auf die Idee gebracht, speziell für sie ein Einweihungsritual vor den Augen der gesamten Kommune stattfinden zu lassen. Bis an ihr Lebensende würde Lisa ihrer Mutter dafür dankbar sein, dass sie ihr geholfen hatte, dieser öffentlichen Vergewaltigung zu entkommen …
Abrupt kehrten Lisas Gedanken in die Gegenwart zurück, und sie blickte sich besorgt um. Doch alle waren mit ihren Unterlagen beschäftigt, und niemand schien ihre geistige Abwesenheit bemerkt zu haben.
Sie atmete tief durch und spürte, wie ihre Energie zurückkehrte. Ihre Vergangenheit würde sie immer wieder einholen, das wusste sie, aber sie würde sie auch davor bewahren, sich falschen Illusionen hinzugeben.
„Mrs Bond?“ Konstantin Zagorakis war aufgestanden und streckte ihr über den Tisch hinweg die Hand entgegen.
Lisa empfand diese Gebärde als bedrohlich. Unwillkürlich musste sie an ihre Mutter denken, die an dem autoritären Benehmen ihres Ehemannes zerbrochen war. Jack Bond war ein großzügiger Förderer vieler karitativer Einrichtungen gewesen, aber das seelische Leiden seiner eigenen Frau war ihm verborgen geblieben. Die Rolle, die er für sie vorgesehen hatte, konnte und wollte Eloisa nicht erfüllen. Sie empfand sie als inhaltsleer und befremdlich. Um ihrem Leben einen neuen Sinn zu geben, war sie in die Kommune geflüchtet.
„Von jetzt an werde ich ein selbstbestimmtes Leben führen“, hatte Eloisa ihrer Tochter gesagt, als sie mit ihr in die Kommune floh. Was für eine Illusion! Die Frauen mussten arbeiten, die Männer tranken – und durften bestimmen, wann und mit wem sie schlafen wollten.
Ihrer Meinung nach hatte ihre Mutter damals lediglich eine Form der Sklaverei gegen eine andere eingetauscht. Lisa hatte sich geschworen, ein derartiges Schicksal für sich selbst niemals zuzulassen. Seit sie aus der Kommune geflohen war, hatte sie sich niemals wieder jemandem untergeordnet, und das sollte auch so bleiben.
Konstantin Zagorakis tat nur das, was alle von ihm erwarteten, als er Lisa Bond zu Beginn der Konferenz die Hand schüttelte. Doch der körperliche Kontakt elektrisierte Lisa. Ihr war, als hätte sie einen schlafenden Löwen berührt, der jeden Moment zu einem tödlichen Sprung ansetzen könnte …
„Es freut mich, Sie hier begrüßen zu dürfen“, meinte sie und lächelte. Beide wussten, dass es lediglich eine Floskel war, und maßen sich mit abschätzenden Blicken.
Lisas Recherchen über das Privatleben von Konstantin Zagorakis hatten zu keinem Ergebnis geführt – anscheinend besaß er keins. Keine Familie, keine Geliebte, keine Skandale, dafür ein Wirtschaftsimperium, das bis in den entferntesten Winkel der Welt reichte. Mit fünfunddreißig war er einer der finanzkräftigsten Männer dieser Erde.
Doch Bond Steel ist nicht käuflich, dachte sich Lisa, genauso wenig wie sie selbst. Ohne mit der Wimper zu zucken, hielt sie seinem durchdringenden Blick einen Moment lang stand. Dann setzte sie sich wieder.
Die Sitzordnung ermöglichte es ihr, Konstantin Zagorakis genau zu beobachten. Schon allein seine Kleidung war eine Provokation. Er trug Jeans und unter dem hellen Leinensakko nicht einmal ein Hemd, sondern lediglich ein schwarzes T-Shirt. Seine Garderobe entsprach keineswegs dem bei einem solchen Anlass üblichen Standard. Dennoch musste Lisa anerkennend feststellen, dass jedes Kleidungsstück von einem der teuersten Designer stammte. Alles in allem glich er eher einem Golfprofi als einem der weltbesten Topmanager. Sein dichtes, leicht gelocktes und pechschwarzes Haar berührte fast den Kragen seines Jacketts, und seinem Kinn war anzusehen, dass er sich mindestens einen Tag lang nicht rasiert hatte.
Als sich ihre Blicke zufällig trafen, zuckte Lisa zusammen. So dunkel, weich und ausdrucksvoll Konstantin Zagorakis’ Augen auch wirken mochten, es lag etwas gefährlich Lauerndes darin. Er ist nicht hier, um über die Übernahme von Betriebsteilen zu verhandeln, erkannte Lisa, er ist hier, um die Schwachstellen von Bond Steel herauszufinden. Er ist hier, um meine Schwachstellen herauszufinden.
Lisa war es gewohnt, von männlichen Verhandlungspartnern als leichte Beute angesehen zu werden. Normalerweise hatte sie keine Probleme damit und lehrte ihre Gegner schnell das Fürchten. Doch dieser Zagorakis schien aus anderem Holz geschnitzt zu sein – und das nicht nur wegen seiner erotischen Ausstrahlung. Dieser Mann war mit allen Wassern gewaschen.
Allein durch sein Auftreten zeigte er, dass er Bond Steel für ein Unternehmen auf dem Abwärtskurs hielt. Um mit der leitenden Geschäftsführerin zu verhandeln, hatte er sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, sich anständig zu rasieren – und auf den obligatorischen Anzug hatte er auch verzichtet.
Konstantin Zagorakis’ Absichten waren leicht zu durchschauen. Er wollte Bond Steel komplett übernehmen. Die zum Verkauf stehenden Zulieferbetriebe bildeten für ihn nur den Aufhänger.
Als die Verhandlungen gegen Mittag ins Stocken gerieten, stand Konstantin Zagorakis auf. „Ich gehe jetzt“, erklärte er unvermittelt.
„Wir haben doch noch keine Einigung erzielt, Mr Zagorakis.“ Lisa hatte sich ebenfalls erhoben. „Nebenan wartet ein kleiner Imbiss auf uns. Lassen Sie uns eine Pause machen und anschließend die letzten Einzelheiten klären.“
„Ich betrachte die Angelegenheit als abgeschlossen.“ Überheblich musterte er sie von oben bis unten.
Lisa wurde blass. Eine solche Behandlung war sie nicht gewohnt. Normalerweise war sie es, die die Spielregeln festsetzte. Doch für Zagorakis war Bond Steel ein kleiner Fisch, den er sich skrupellos schnappen würde. Das Familienunternehmen und die vielen Angestellten, die hier ihren Lebensunterhalt verdienten, zählten für ihn nicht.
„Es tut mir leid, Mrs Bond, ich habe noch einen anderen Termin.“
Offensichtlich eine Lüge, was Lisa ihm allerdings nicht nachweisen konnte. Geschickt hatte er sie in eine peinliche Situation gebracht und auf subtile Weise auch ihre Autorität bei ihren Mitarbeitern untergraben, die den Wortwechsel natürlich mit angehört hatten.
Stolz richtete Lisa sich auf. Sie würde nicht dulden, dass Bond Steel von einem eiskalten Geschäftsmann vereinnahmt würde, für den das alte Familienunternehmen nicht mehr als eine Reihe von Zahlen darstellte. Zagorakis hatte sich offensichtlich allein deshalb dazu herabgelassen, persönlich an diesem Meeting teilzunehmen, um sie, die geschäftsführende Direktorin, besser einschätzen zu können. Wenn er sie als ungefährlich und harmlos eingestuft hatte, war das sein Fehler. Sie würde Bond Steel bis zum Letzten verteidigen.
Nach den Erfahrungen in der Kommune war die Firma ihre Rettung gewesen. Während andere Teenager von der großen Freiheit träumten, hatte sie sich nach Disziplin und Grenzen gesehnt. Sie hatte einen Rahmen gebraucht, der solide war und ihr das Gefühl von Sicherheit vermittelte, nur so hatte sie nachts ruhig schlafen können. Ihr Vater hatte es ihr ermöglicht, dieses Bedürfnis zu befriedigen.
Zuerst hatte er sie auf ein strenges Internat geschickt, das sie mit einem hervorragenden Abschluss verlassen hatte. Anschließend musste sie in der Firma ganz unten anfangen und sich allmählich hocharbeiten, denn Jack Bond behandelte seine Tochter genau wie jeden anderen Mitarbeiter auch.
Als sie nach seinem Tod seinen Platz einnahm, war sie bestens vorbereitet, denn das Erfolgsrezept ihres Vaters war ihr in Fleisch und Blut übergegangen: Zielstrebigkeit, harte Arbeit und keine gefühlsgesteuerten Entscheidungen.
„Träumen Sie, Mrs Bond?“ Konstantin Zagorakis lächelte nachsichtig.
Lisa holte tief Atem und ballte wütend die Hände zur Faust. „Lassen Sie sich bitte nicht aufhalten, Mr Zagorakis. Anscheinend war Ihr Entschluss, persönlich an den Verhandlungen teilzunehmen, etwas übereilt. Sollten wir beide uns wirklich noch einmal treffen müssen, um strittige Punkte zu klären, werden unsere Assistenten bestimmt einen geeigneten Termin finden.“
„Sagen wir Dinner um neun? Dabei könnten wir die Verhandlungen zum Abschluss bringen. Mein Chauffeur wird Sie abholen.“
Lisas Wangen röteten sich vor Zorn. „Nein, ich …“, Lisa sprach ins Leere, denn Konstantin Zagorakis war bereits auf dem Weg zur Tür.
Lisa hatte sich schnell wieder unter Kontrolle. „Die Sitzung ist hiermit beendet, meine Herren“, kündigte sie an. „Morgen Vormittag um zehn treffen wir uns zur Nachbesprechung. Mike, Sie sind für die Tagesordnung verantwortlich.“
Es war neun Uhr abends. Lisa hatte ein heißes Bad genommen, sich in einen flauschigen Bademantel gewickelt und es sich bei einem Glas Rotwein auf der Couch bequem gemacht. Dennoch war sie alles andere als entspannt und las in ihrem neuen Roman, ohne dem Inhalt wirklich folgen zu können.
Endlich geschah, worauf sie die ganze Zeit gewartet hatte – die Klingel ertönte. Das musste der Chauffeur sein, den Konstantin Zagorakis angekündigt hatte. Lisa stand auf, um die CD zu wechseln. Vera, Vertraute und Haushälterin in einer Person, würde den Mann an der Tür abfertigen, wie sie es besprochen hatten. Beruhigt griff Lisa wieder zu ihrem Buch. Konzentrieren konnte sie sich jedoch immer noch nicht, denn ein markantes Gesicht mit dunklen, faszinierenden Augen schob sich immer wieder zwischen sie und die Buchzeilen.
Als es wieder klingelte, hob sie unwillig den Kopf. Was bildete sich dieser Zagorakis ein, seinen Fahrer ein zweites Mal zu ihrem Penthouse hochzuschicken? Neugierig schlich sie sich zur Tür, um zu hören, was auf dem Flur vor sich ging. Sie glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen: Konstantin Zagorakis persönlich – und Vera schien nicht in der Lage, mit ihm fertig zu werden!
Wutentbrannt riss Lisa die Wohnzimmertür auf. Zagorakis war noch lässiger gekleidet als am Vormittag und wirkte – sofern das möglich war – noch männlicher. Auf ein Jackett hatte er ganz verzichtet, und unter seinem figurbetonten T-Shirt zeichneten sich seine Muskeln deutlich ab.
„Wir waren zum Dinner verabredet“, meinte er selbstbewusst und lächelte.
„Sie vielleicht, ich nicht, Mr Zagorakis.“
„Nennen Sie mich doch bitte Tino, so wie all meine Freunde.“
„Es ist schon spät …“
„Genau, deshalb sollten wir die offenen Fragen auch schnellstens klären, Lisa.“
Lisa? Seit wann hatte sie es ihm erlaubt, sie beim Vornamen zu nennen? Auch im Umgang mit ihren Mitmenschen hielt sie sich an die Maxime ihres Vaters und wahrte stets Distanz. Erst als ihr Blick auf seinen Aktenkoffer fiel, beruhigte sie sich etwas. Anscheinend ging es Tino doch nicht um einen Flirt. Trotzdem, sie hatte den Termin auf zehn Uhr am nächsten Morgen festgesetzt, und dabei sollte es bleiben.
„Es war vereinbart, die strittigen Punkte morgen im Beisein unserer Berater zu klären“, bemerkte sie kühl.
„Wenn Sie meinen … Essen müssen wir aber trotzdem.“
„Ich möchte mich nicht wiederholen, Mr Zagorakis, aber es ist bereits spät und …“
„Ganz richtig, deshalb lasse ich das Dinner auch liefern. Um nichts in der Welt möchte ich Ihrer Haushälterin Ungelegenheiten bereiten.“
Vera erwiderte sein Lächeln, und Lisa wurde blass. War das eine Verschwörung?
„Es tut mir leid. Es ist schon spät, und ich möchte bald ins Bett gehen“, versuchte sie noch einmal, ihn zum Verlassen ihrer Wohnung zu bewegen.
„Das sehe ich.“ Anzüglich betrachtete er sie nun von Kopf bis Fuß.
Unwillkürlich blickte Lisa an sich hinunter. War ihr Bademantel richtig geschlossen? Hatte Zagorakis vielleicht sehen können, dass sie nichts darunter trug? Diesen Augenblick nutzte der Chauffeur, der bisher schweigend hinter seinem Chef gestanden hatte, um ebenfalls den Flur zu betreten.
„Wo soll ich den Korb hinbringen, Sir?“, erkundigte er sich.
„Dort hinein.“ Als sei er hier zu Hause, wies Zagorakis zum Wohnzimmer und stellte sich so vor Lisa, dass sie den Mann nicht am Betreten des Raums hindern konnte.
Lisa wollte widersprechen, unterließ es dann aber doch – sie würde sich nur lächerlich machen. „Ihre Unverschämtheit ist wirklich kaum zu übertreffen“, bemerkte sie lediglich spitz.
„Keine unnötigen Komplimente, bitte.“ Abwehrend hob er die Hände und folgte seinem Chauffeur, um ihm weitere Anweisungen zu geben.
Diskret zupfte Vera Lisa am Ärmel. „Willst du die Gelegenheit nicht nutzen und dich anziehen?“, fragte sie leise. „Oder soll er sehen, dass du nichts außer einem Bademantel trägst, der noch nicht einmal Knöpfe hat?“
Schnell lief Lisa in ihr Ankleidezimmer. Spontan wollte sie nach Jeans und T-Shirt greifen, überlegte es sich dann aber doch anders und kleidete sich übertrieben korrekt: dunkelblaue Hose mit Bügelfalte, brave weiße Hemdbluse und flache Schuhe. Sie verzichtete auf jegliches Make-up, selbst auf Lippenstift, kämmte ihr Haar streng aus der Stirn und fasste es straff mit einem Band im Nacken zusammen. Sie war die geschäftsführende Direktorin von Bond Steel und keine Frau, die Männer durch ihr Äußeres beeindrucken wollte, das sollte Tino ruhig sehen.
Die Vorhaltungen, die sie ihm wegen seines aufdringlichen Benehmens machen wollte, erstarben ihr auf den Lippen, als sie das Wohnzimmer erneut betrat. Der Raum wirkte wie verwandelt, da jetzt allein Kerzen das Zimmer erhellten.
Aus dem silbernen Sektkühler ragte eine Flasche Champagner, auf dem flachen Couchtisch zwischen den beiden Sofas stand eine Platte mit erlesenen Meeresfrüchten, und frisches Weißbrot und Butter vervollständigten das Angebot. Alles sah nicht nur schön aus, sondern duftete auch so verführerisch, dass Lisa unwillkürlich das Wasser im Mund zusammenlief. Erst jetzt merkte sie, wie hungrig sie war – hoffentlich knurrte ihr nicht gleich der Magen!
„Kann ich Sie wirklich nicht in Versuchung führen?“, fragte Konstantin leise. „Vielleicht einige Shrimps?“ Er griff nach einem Teller, setzte ihn jedoch sofort wieder ab, als Lisa den Kopf hob und zur Tür gehen wollte.
„Was ist los?“ Er legte ihr die Hand auf den Arm, um sie zurückzuhalten.
„Ich muss mich wohl getäuscht haben.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich bildete mir ein, Vera hätte gelacht und wäre mit Ihrem Chauffeur aus der Wohnung gegangen.“
„So ist es auch gewesen.“
„Unmöglich. Vera würde niemals gehen, ohne sich von mir zu verabschieden.“
„Sie ist lediglich um Diskretion bemüht.“
„Diskretion?“
Er zuckte mit den Schultern. „Für meinen Chauffeur ist es wirklich kein Problem, Vera nach Hause zu bringen. Er muss noch nicht einmal einen Umweg machen.“
Entgeistert sah Lisa ihn an. „Was nehmen Sie sich eigentlich heraus? Sie können doch nicht einfach über meine Haushälterin verfügen!“
„Es ist schon dunkel, und wenn mein Fahrer sie nicht mitgenommen hätte, hätte sie sich ein Taxi nehmen müssen. Was könnten Sie dagegen haben, Lisa?“
„Nichts, Tino! Ganz im Gegenteil, ich bin Ihnen sogar ausgesprochen dankbar dafür, wie gut Sie mitdenken.“
Als hätte er den Spott nicht gehört, beugte er sich vor und gab ihr einen Handkuss. „Können Sie mir die Störung zu so später Stunde noch einmal verzeihen?“
Ruckartig zog Lisa die Hand zurück. „Laden Sie sich immer selbst ein?“
Er lächelte entschuldigend. „Ich dachte, wir beide hätten uns nach den anstrengenden Verhandlungen eine Auszeit verdient, Lisa. Entspannen Sie denn nie?“
„Wenn ich Sie darauf hinweisen darf, habe ich genau das getan – bis Sie mich gestört haben.“
Er lachte. „Ich weiß, manchmal bin ich unausstehlich.“
Lisa seufzte frustriert. Konstantin Zagorakis war nun einmal in ihrer Wohnung und damit theoretisch ihr Gast. Außerdem besaß er das Geld, das sie brauchte, um Bond Steel zu retten. Sie durfte ihn nicht allzu sehr verärgern. Hinzu kam, dass sie wirklich hungrig war und die Meeresfrüchte ausgesprochen verlockend aussahen …
„Einige von den Shrimps würde ich wohl nehmen“, kam sie nach kurzem Zögern auf sein Angebot zurück.
„Mit dem größten Vergnügen. Es kann Ihnen nicht schaden, sich ein bisschen verwöhnen zu lassen.“
Lächelnd sah er sie an, und Lisa war fasziniert von seinen tiefgründigen Augen. Ob sie wollte oder nicht, sie fühlte sich in Konstantins Nähe ausgesprochen wohl und war nahe dran, zu vergessen, dass sie es mit ihrem Rivalen zu tun hatte. Sie brach den Blickkontakt ab und trat einen Schritt zurück.
„Champagner?“, fragte er, nachdem er ihren Teller gefüllt hatte.
„Danke, gern“, antwortete sie höflich, weil sie ihn nicht verärgern wollte.
Eigentlich hätte sie lieber auf Alkohol verzichtet, um einen klaren Kopf für die kommende Unterhaltung zu bewahren. Konstantin war für sie ein höchst gefährlicher Gegner, sowohl in geschäftlicher als auch in privater Hinsicht.
Sie stieß mit ihm an und setzte sich dann mit ihrem Teller in den Lesesessel, der in der äußersten Ecke des Zimmers stand. Sie brauchte einen Moment Ruhe, um die Situation zu überdenken. Mit Männern hatte sie bislang lediglich auf geschäftlicher Ebene Erfahrungen gesammelt. Ein Liebhaber existierte nur in ihrer Fantasie.
Lisa liebte ihr Leben, so wie es war: ordentlich, erfolgreich und überschaubar. An einer Partnerschaft war sie nie interessiert gewesen, dazu war ihr die Zeit zu kostbar und das Risiko zu groß.
„Finden Sie es gemütlich in Ihrer dunklen Ecke?“
Konstantins Stimme schreckte Lisa aus ihren Überlegungen auf, und ihr Herz begann, aufgeregt zu klopfen. Lisa machte sich nichts vor: Konstantin Zagorakis würde in ihren nächtlichen Fantasien mit Sicherheit eine Hauptrolle spielen.
„Ja“, antwortete sie kurz.
„Noch etwas Champagner?“
„Warum nicht?“ Lisa zuckte die Schultern. Ich werde die Situation schon in den Griff bekommen, dachte sie, und diesen Mann auch.
Lautlos und geschmeidig wie ein Panther kam er zu ihr und schenkte ihr nach. Dann setzte er sich wieder aufs Sofa und aß schweigend weiter.
Das vorzügliche Essen und der Alkohol führten dazu, dass Lisas Selbstdisziplin mehr und mehr wohliger Entspannung wich. Verträumt betrachtete sie Konstantins wohlgeformte Hände, den sinnlichen Schwung seiner Lippen …
„Lisa?“ Er hatte ihren Blick bemerkt. „Darf ich Ihnen noch etwas reichen?“
Sie winkte ab. „Nein. Das Essen war ausgezeichnet, doch jetzt bin ich wirklich satt.“
„Dann wird es Zeit, dass wir uns etwas näher kennenlernen, meinen Sie nicht auch?“
Nachdem Konstantin Lisa den Teller abgenommen und beiseitegestellt hatte, ging er auf sie zu. Da sie befürchtete, er wolle sie berühren, versteifte sie sich. Doch er bückte sich lediglich nach dem Aktenkoffer neben ihrem Sessel und zog einige Unterlagen hervor.
„Ich will Ihnen nichts vormachen, Lisa. Ich bin über die angespannte finanzielle Situation, in der Bond Steel sich derzeit befindet, bestens informiert“, er reichte ihr ein eng mit Zahlen beschriebenes Blatt. „Es ist nur fair, wenn ich Ihnen zeige, was ich herausgefunden habe.“
Als ob das etwas mit Fairness zu tun hätte, dachte Lisa bitter. Für sie war klar, dass Konstantin ihr drohen und so den Preis für die Zulieferbetriebe drücken wollte. „Wie anständig von Ihnen“, entgegnete sie ruhig und ohne sich ihre Gedanken anmerken zu lassen.
„Behalten Sie die Papiere, und gehen Sie die Aufstellung in aller Ruhe durch.“ Er schloss den Aktenkoffer.
„Sie wollen schon wieder gehen?“
„Möchten Sie mich lieber hierbehalten?“ Er lächelte verführerisch. Mit bewundernswerter Leichtigkeit war er aus der Rolle des eiskalten Geschäftsmanns in die des unwiderstehlichen Charmeurs geschlüpft. Die Wirkung auf Lisa hatte er nicht verfehlt: Ihr Herz schlug plötzlich heftig in ihrer Brust.
Nimm dich zusammen, ermahnte sie sich, deine Reaktion auf diesen Konstantin Zagorakis ist nicht nur dumm, sondern auch hochgradig gefährlich. Dennoch flammten beim Anblick seiner schönen kräftigen Hand, die bereits auf der Türklinke ruhte, die wildesten Fantasien in ihr auf.
„Ich begleite Sie hinaus.“ Lisa bemerkte, wie abwesend das geklungen hatte. Es kam ihr vor, als würde sie sich selbst beobachten – besser gesagt, nicht sich, sondern die Frau, die sie hätte sein können, wenn ihr Leben anders verlaufen wäre.
Im Grunde ihres Herzens wollte sie Konstantin nicht gehen lassen, denn ohne ihn würde sie sich in ihrem Penthouse wieder einsam und verlassen fühlen – einsam, aber sicher.
Konstantin war mit der Absicht gekommen, seine Chancen bei Lisa auszuloten, und war von dem Ergebnis überrascht. Sie hatte schneller kapituliert, als er es zu hoffen gewagt hätte.
Geschäftliches und Privates zu vermischen war stets ein Tabu für ihn gewesen, doch dies war ein Ausnahmefall, denn er begehrte beides: die Frau und den Konzern. Noch nie hatte er ein geschäftliches Ziel verfehlt, und da Lisa Teil des Deals war, würde er auch sie bekommen.
Er würde schon noch herausfinden, wie stark und dominant sie in Wirklichkeit war. Lisa Bond zu unterwerfen reizte ihn – allein der Gedanke daran ließ sein Blut pulsieren. Auch Lisa würde von seinen Plänen profitieren. War sie vernünftig und setzte ihm keinen Widerstand entgegen, hatte sie die Chance auf eine Affäre, um die andere Frauen sie glühend beneiden würden.
Als er ihr zum Abschied die Hand auf den Arm legte, schreckte sie aus ihren Träumen auf. „Das tun Sie jetzt schon zum zweiten Mal“, herrschte sie ihn an. „Merken Sie denn nicht, wie unangenehm mir das ist?“
„Wirklich? Dann verzeihen Sie mir bitte.“ Der spöttische Unterton seiner höflichen Worte war deutlich hörbar.
Trotz seiner Entschuldigung rührte Konstantin sich nicht von der Stelle und zog auch die Hand nicht zurück. Sein Atem streifte warm Lisas Wange, sein Daumen berührte wie zufällig ihre Brust, und Lisa musste unwillkürlich seufzen. Konstantin spürte, wie Lisa ihn am liebsten von sich gestoßen hätte, es jedoch nicht tat.
Er war erleichtert. Die Erfahrungen in der Kommune hatten Lisas Sinnlichkeit nicht im Keim erstickt, sondern lediglich ihre Sensibilität erhöht – ihre Sensibilität für die Empfindungen, die er ihr bereiten würde.
Unverhohlen betrachtete er die Rundungen ihrer vollen Brüste, die sich unter der korrekten weißen Hemdbluse deutlich abzeichneten. Zu seiner Freude bemerkte er, wie sich ihre Brustspitzen unter seinen Blicken deutlich aufrichteten. Auch Lisas heftig pochender Puls und ihre plötzlich hochroten Wangen erfüllten ihn mit freudiger Erregung. Konstantin wusste genau, was Lisa in diesem Moment fühlte, und er wollte sie die süße Qual voll auskosten lassen.
Um seine Vorfreude abzurunden, befeuchtete sie sich sogar noch mit der Zungenspitze ihre Lippen. Es verlangte sie danach, dass er sie küsste! Doch dazu war es ihm noch zu früh, so verlockend dieses Angebot auch war. Er schaute ihr lediglich tief in die erwartungsvollen Augen. Lisa atmete stoßweise, und die Knöpfe ihrer Bluse spannten sich. So gern er ihr das züchtige Kleidungsstück auch vom Körper gerissen hätte, er verbot es sich – es war nämlich genau das, was Lisa sich insgeheim wünschte.
Lisa machte eine ganz neue und unangenehme Erfahrung. Noch nie war es einem Mann gelungen, sie sexuell so zu erregen. Bisher hatte sie jede Situation, vor die sie das Leben gestellt hatte, auch gemeistert. Doch jetzt geriet ausgerechnet ihr plötzlich alles außer Kontrolle. Wieso wollte Konstantin Zagorakis sie nicht küssen? Nur einmal wollte sie seinen Kuss schmecken, um diesen Mann dann für immer aus ihrem Leben zu verbannen. Noch einmal befeuchtete sie die Lippen und stellte triumphierend fest, dass er wie gebannt zusah.
Konstantin war zufrieden. Für ihn lief alles nach Plan. Dennoch fiel es ihm schwer, seine Selbstbeherrschung zu wahren. Lisas verführerischer Mund brachte ihn fast um den Verstand, und nur mit Mühe brachte er es fertig, seine Leidenschaft zu zügeln. Trotzdem ging er noch einen Schritt weiter und zog Lisa so eng in seine Arme, dass sich ihre Lippen fast berührten.
Die erotische Spannung zwischen ihnen war kaum zu ertragen. Doch noch bevor er Lisa eine Lektion erteilen und die Umarmung mit gespielter Gleichgültigkeit lösen konnte, stieß sie ihn heftig von sich.
„Verschwinden Sie!“ Obwohl sie leise sprach, klang ihre Stimme scharf und feindselig.
Irritiert sah Konstantin sie an. Lisa hatte den Blick gesenkt und hielt den Mund mit der Hand bedeckt, als könne sie so ihr Verlangen verbergen. Sie hatte sich nach einem Kuss gesehnt, das war offensichtlich – mindestens ebenso heftig wie er selbst.
„Verschwinden Sie!“, herrschte sie ihn ein zweites Mal an.
Konstantin wurde wütend. „Warum?“, fragte er eisig. „Weil ich beinahe schneller gewesen wäre und Sie geküsst hätte, bevor Sie mich küssen konnten?“
„Eingebildet sind Sie wohl gar nicht?“ Mit blitzenden Augen sah sie ihn an.
Konstantin biss sich auf die Lippe. Irgendwie schien er die Lage falsch eingeschätzt zu haben, denn Lisas Empörung wirkte echt. „Erzählen Sie mir nicht, Sie hätten meinen Kuss nicht gewollt“, verteidigte er sich.
Lisa erblasste, richtete sich dennoch angriffslustig auf. „Als Nächstes behaupten Sie noch, eine bessere Behandlung hätte ich nicht verdient“, erwiderte sie.
„Wie bitte?“ Ungläubig runzelte er die Stirn. „Bezeichnen Sie Zärtlichkeiten zwischen Mann und Frau als Bestrafung?“ Abfällig musterte er sie von Kopf bis Fuß. „Für solche Spielchen habe ich nichts übrig, Lisa.“
„Und worauf warten Sie dann noch? Gehen Sie doch endlich!“
„Eins müssen Sie noch lernen, Mrs Bond, nicht alle tanzen nach Ihrer Pfeife.“
„Ach, und Sie müssen das hiermit unter Beweis stellen, Mr Zagorakis?“
„Anscheinend müssen Sie immer das letzte Wort behalten, Lisa. Ich glaube, ich gehe jetzt lieber.“
„Das ist der erste vernünftige Satz, den ich heute von Ihnen gehört habe, Tino.“
„Lisa Bond ist einfach nicht erschienen? Was soll das heißen, Andreas?“
Konstantin hielt sein Satellitentelefon dichter ans Ohr und blickte zum Fenster hinaus. Sein Jet befand sich im Anflug auf Stellamaris, und es herrschte strahlender Sonnenschein. Von der wunderschönen Landschaft seiner Privatinsel nahm er jedoch nichts wahr, weder sah er den herrlich weißen Sandstrand noch die blühenden Pflanzen im Garten der Villa.
„Sie soll krank sein“, erklärte Andreas zögernd.
„Krank?“
„Es tut mir leid, Konstantin. Genaueres konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Doch etwas Ernstes ist es nicht, so viel ist sicher – wahrscheinlich Migräne oder andere Frauenprobleme.“
„Das reicht mir leider nicht, Andreas. Finde die Wahrheit heraus, und ruf mich sofort wieder an. Und noch etwas: Signalisiere unser Interesse an Clifton Steel.“
„Clifton? Ich dachte, wir hätten es auf Bond abgesehen!“
„Denk nicht, sondern tu, was ich dir sage, Andreas. Hast du mich verstanden?“
„Ja, Boss.“
Ärgerlich steckte Konstantin das Telefon wieder in die Tasche. Ein Mann wie er ließ sich nicht zum Narren halten – und von Lisa Bond, die ihm nicht aus dem Kopf gehen wollte, schon lange nicht. Um sein inneres Gleichgewicht wiederzugewinnen, musste er das Problem grundsätzlich lösen. Deshalb würde er beide Firmen kaufen, Bond und Clifton Steel. Dann würde er ein für alle Mal seine Ruhe haben. Wenn er mit dieser Frau fertig war, würde sie seinen Namen nicht mehr hören wollen.
Konstantin saß in dem Ledersessel, den er benutzte, wenn er nicht selbst flog, lehnte sich zurück und schloss die Augen. In den vergangenen achtundvierzig Stunden hatte sich Unglaubliches ereignet: Eine Frau hatte ihn auf eine falsche Fährte gelockt und im letzten Moment ausgetrickst. Das war bisher noch nicht einmal einem Mann gelungen.
Lisa Bond war Ende zwanzig – in diesem Alter hielten die Frauen normalerweise auch, was sie versprachen. Warum hatte Lisa erst Bereitschaft signalisiert, ihn dann jedoch vor den Kopf gestoßen? Sie war ihm ein Rätsel, und er mochte keine Rätsel. Lisa Bond wurde ihrem Ruf nicht gerecht, denn sie benahm sich wie ein unsicherer Teenager und nicht wie eine rücksichtslos leidenschaftliche Frau.
Und warum musste er dennoch ständig an sie denken? War es ihr gelungen, ihn mit seiner eigenen Taktik zu schlagen? Seit seiner Kindheit hatte er solche Gefühle nicht mehr gespürt. Denn Lisa Bond war für ihn mehr als nur eine Konkurrentin um Geld und Macht. Unwillig schüttelte er den Kopf. Er durfte auf keinen Fall weich werden.
Noch ehe der Jet aufsetzte, öffnete er den Gurt und stand auf. Er konnte es kaum erwarten, endlich die klare, würzige Luft seiner geliebten Insel zu atmen.
Wenn Lisa Bond das nächste Mal in sein Leben trat, würde er gerüstet sein, das schwor er sich. Und es würde ein nächstes Mal geben, dessen war er sich ganz sicher. Denn auch sie brauchte von ihm, was alle brauchten – Geld.
„Was soll das heißen, Zagorakis ist einfach nicht erschienen?“ Lisa, die noch im Bett lag, rollte sich auf den Bauch, stützte das Kinn in die Hand und sah ihren Assistenten verständnislos an.
„Genau das, was ich gesagt habe“, entgegnete Mike ungerührt. „Alle waren pünktlich zum vereinbarten Termin erschienen – nur ihr beide nicht.“
„Mike, bring mich bitte nicht mit diesem Mann in Verbindung! Ich habe ihn nicht unter meiner Decke versteckt, das kann ich dir versichern – und es wäre schön, wenn du den Rest der Welt auch davon überzeugen könntest.“
„Was ist los mit dir, Lisa? Du hast dir vorher noch nie freigenommen, weil du krank warst.“
Mike hatte recht. In dieser Beziehung glich sie ihrem Vater, solange sie nicht auf der Intensivstation lag, erschien sie im Büro. Dass Konstantin ausgerechnet beim heutigen Termin den gleichen Trick wie sie angewendet hatte, machte ihr mehr zu schaffen, als sie zugeben wollte.
„Ich höre, Lisa.“
Sie riss sich zusammen. „Ich habe Halsschmerzen, das ist alles.“
„Halsschmerzen? Du Ärmste.“ Sehr überzeugt klang Mike nicht.
Mike und Lisa kannten sich noch aus der Schule, und sie hasste es, ihn zu belügen. Außerdem hatte sie das Gefühl, er verheimlichte ihr etwas, obwohl er sie über die Ergebnisse der Besprechung bereits ausführlich informiert hatte. „Was gibt es Neues in der Gerüchteküche?“, fragte sie ihn daher direkt.
„Leider ist es mehr als nur ein Gerücht.“ Das Lächeln aus Mikes Gesicht verschwand. „Ich habe einen Anruf bekommen.“
„Weiter“, forderte Lisa ihn auf.
„Von meinem Freund, der bei Clifton Steel arbeitet.“ Er machte eine kleine Pause, um diese Information wirken zu lassen. „Zagorakis International hat den Aufsichtsratsvorsitzenden um ein Gespräch auf Vorstandsebene gebeten.“
Lisa wurde es flau vor Angst. „Bestimmt geht es um einen der Zulieferbetriebe.“
„Nein, Lisa. Es geht um Clifton Steel als Paket.“
Also doch! Jetzt war ihr Zagorakis doch noch zuvorgekommen – wie hatte er ihren Plan nur so schnell durchschauen können?
„Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für dich, Lisa. Welche möchtest du zuerst hören?“
„Die schlechte.“
„Anscheinend ist Zagorakis nicht mehr an unseren Zulieferfirmen interessiert. Die Beute ist ihm nicht fett genug, deshalb will er Clifton … und … uns dazu.“
„Nein!“ Wie elektrisiert richtete Lisa sich auf und blieb kerzengerade sitzen. „Bond Steel steht nicht zur Debatte, Mike. Ich möchte mich nur von einigen Betriebsteilen trennen, um mit dem Verkaufserlös den Konzern wieder zu dem zu machen, was er einmal war.“
„Dazu ist es vielleicht schon zu spät.“
„Niemals! Ich dulde einfach nicht, dass Bond Steel vor die Hunde geht! Rufe sofort bei Zagorakis an!“
„Wen möchtest du sprechen?“
„Konstantin, natürlich!“
„Das geht nicht so einfach.“
„Dann mach seine Privatnummer ausfindig. Mit mir wird er reden, davon bin ich überzeugt.“
„Mach dir keine falschen Hoffnungen, Lisa. Konstantin Zagorakis ist bereits gestartet, um nach Stellamaris, seiner Privatinsel in der Ägäis, zu fliegen. Niemand weiß, wie man ihn dort telefonisch erreichen kann. Selbst seine engsten Mitarbeiter müssen darauf warten, von ihm angerufen zu werden.“
„Das ist doch lächerlich!“
„Nenn es, wie du willst, es ist jedenfalls die Wahrheit. Ich weiß es aus zuverlässiger Quelle, von einem Freund, der bei Clifton arbeitet.“
Lisas Gedanken überschlugen sich. „Der kaufmännische Direktor? Der große, attraktive Blonde?“
„Er ist mein Lebensgefährte, Lisa.“
„Das habe ich schon vermutet.“ Trotz ihrer Verzweiflung musste Lisa lächeln. „Ich wünsche euch viel Glück.“
Mikes Informationen stammten also aus absolut zuverlässiger Quelle und machten Lisas Hoffnungen zunichte. Würde sie die fraglichen Betriebsteile nicht verkaufen können, steuerte Bond Steel unweigerlich in den Konkurs.
„Soll ich dir jetzt die gute Nachricht mitteilen?“, unterbrach Mike ihre Gedanken. „Du bist gesund genug, um zu fliegen.“
„Soll das ein Scherz sein?“
„Der Privatjet der Firma ist fertiggestellt worden und steht dir auf Abruf zur Verfügung.“
„Das ist ja wohl ein schlechter Witz. Wir trennen uns doch nicht von wichtigen Zulieferbetrieben, um ebendieses Geld in einen Privatjet zu investieren. Die Maschine wird sofort wieder verkauft.“
„Meinetwegen tu das, aber eben nicht jetzt. Stellamaris ist eine relativ kleine Insel, die von Linienmaschinen nicht angeflogen wird.“
Lisa begriff sofort. „Mike, du bist ein Engel! Für meine Vorbereitungen brauche ich einen Tag, das heißt, ich möchte Sonntagmorgen in aller Frühe starten. Informiere bitte den Piloten.“
Mikes Plan hatte sofort Lisas Kampfeslust geweckt. Sie würde sich nicht nur damit begnügen, den Abschluss unter Dach und Fach zu bringen, sie würde dem selbstgefälligen Zagorakis eine Lehre erteilen, die er nie vergessen sollte.
Stellamaris war ein landschaftliches Juwel, doch Lisa hatte wenig Sinn für die Reize der kleinen ägäischen Insel. Was bildete sich Konstantin eigentlich ein? Glaubte er wirklich, sich in diesem kleinen Paradies verschanzen und die Geschicke der von ihm abhängigen Mitarbeiter und Geschäftspartner nach Gutdünken lenken zu können?
„Wir sind gleich da, Mrs Bond. Schon in der nächsten Kurve können Sie die Villa sehen.“
Lisa nickte dem Taxifahrer freundlich zu und machte sich auf eine pompöse und aufdringliche Millionärsvilla gefasst. Bestimmt würde auf dem Dach eine Flagge gehisst, um zu zeigen, wann Konstantin Zagorakis persönlich anwesend war.
„Das ist die Villa Aphrodite.“ Stolz, als gehöre sie ihm persönlich, deutete der Fahrer durch das Seitenfenster.
Überrascht beugte Lisa sich vor. „Wie schön!“, rief sie unwillkürlich aus.
Konstantins Villa bestand aus hellem, sanft schimmerndem Marmor, der sich der Umgebung wunderbar anpasste. Das Haus war groß, wirkte jedoch keineswegs aufdringlich, und Lisa vermutete, dass sich hinter der eleganten Fassade nicht nur stilvoll repräsentative, sondern auch behaglich wohnliche Zimmer verbargen. Gewiss, die Auffahrt und die Stufen zum Eingang waren breit und imposant, doch bestimmt gab es auch noch einen versteckten Zugang für den privaten Gebrauch.
„Konstantin ist wahrscheinlich am Strand.“
Lisa schreckte aus ihren Gedanken auf. Der schon etwas ältere Taxifahrer sprach von seinem Arbeitgeber mit einer Liebe und Wärme, als handele es sich um seinen eigenen Sohn. Lisa wurde sich bewusst, dass Konstantin eine Person mit vielen Gesichtern sein musste – was ihn zu einem äußerst gefährlichen Gegner machte.
„Er ist erst seit Freitag wieder auf der Insel“, redete der Fahrer weiter. „Es wird daher sicherlich noch einige Tage dauern, bis er den Stress seiner täglichen Arbeit abgebaut hat.“
Das wird ihm diesmal nicht gelingen, dachte Lisa und lächelte grimmig, denn sie wollte Konstantin unter Druck setzen. Darum war sie hier. Wenn er sich einbildete, er könne auch sie wie eine Marionette manipulieren, während er am Strand im Liegestuhl in der Sonne lag, sollte er sich getäuscht haben.
„Konstantin liebt seine Heimat wie jeder andere Grieche auch.“ Der Taxifahrer ließ sich durch Lisas Schweigsamkeit nicht beeindrucken. „Ohne das Meer könnte er nicht leben. Sein erster Weg auf der Insel führt ihn immer zum Wasser.“
Redete der Mann wirklich von dem Konstantin, den sie kannte? Lisa hätte wetten können, dass ein geschäftstüchtiger Millionär wie Konstantin Zagorakis nur aus dem Koffer lebte und überhaupt nicht wusste, was ein Zuhause war.
Sie lehnte sich in ihrem Sitz zurück und atmete tief durch, denn der Wagen passierte jetzt das schmiedeeiserne Tor und bog in die von Bäumen beschattete Auffahrt ein. Auf satten grünen Rasenflächen blühten farblich perfekt aufeinander abgestimmte Blumen in verschwenderischer Pracht. Was für einen Aufwand allein die Bewässerung bei diesem Klima erfordern musste, fuhr es Lisa unwillkürlich durch den Sinn.
„Es ist schon alles für unser Inselfest hergerichtet“, erklärte der Fahrer, als hätte er Lisas Gedanken erraten. „Es findet jedes Jahr im Mai statt, weil dann die Gärten am schönsten sind.“
Er blickte Lisa im Rückspiegel an. „In den nächsten Tagen werden die Bewohner die Blumen körbeweise in die Häuser tragen, um die Räume damit zu schmücken. Sie sind wirklich zu einer sehr romantischen Zeit auf die Insel gekommen.“
Lisa biss sich auf die Lippe, denn dieses Thema wollte sie lieber nicht vertiefen. „Die Villa scheint auf einer Klippe zu stehen“, lenkte sie ab. „Wie kommt man denn von dort aus überhaupt an den Strand?“
„Über die Stufen, die in den Stein gehauen sind. Doch letztes Jahr hat Konstantin eine Kabinenbahn installieren lassen.“ Der Fahrer schaltete den Motor ab. „Wir sind da.“
Lisas Herz klopfte zum Zerspringen. Obwohl sie sich fest vorgenommen hatte, Ruhe zu bewahren und ihren Plan konsequent durchzuziehen, konnte sie ihr Herzklopfen nicht kontrollieren. Plötzlich stieg Panik in ihr auf. Warum war sie hier? Wie hatte sie nur auf eine so abwegige Idee kommen können? Sie hätte Konstantins private E-Mail-Adresse herausfinden und mit ihm auf diese Weise verhandeln sollen – das wäre unpersönlicher gewesen.
Aber dafür war es jetzt zu spät. Sie schloss ihren Blazer – der zwar korrekt, aber für das Wetter viel zu warm war –, bezahlte den Fahrer und winkte ihm zum Abschied zu. Anschließend versuchte sie mehrmals, Mike anzurufen, doch ihr Handy hatte keinen Empfang. Sie war also tatsächlich ganz auf sich allein gestellt.
Nachdem sie noch einmal tief Atem geschöpft hatte, ging sie die Stufen zum Eingang hinauf, den Blick entschlossen auf die imposante Tür gerichtet.
Lisa bemerkte, wie entsetzt ihr Gesichtsausdruck sein musste. Auf diesen Augenblick war sie nicht vorbereitet gewesen. So stand sie der jungen Frau, die ihr die Tür geöffnet hatte, fassungslos gegenüber.
Die Fremde war bestimmt nicht älter als Anfang zwanzig, groß, schlank und unbeschreiblich schön. Das rabenschwarze Haar fiel ihr offen über die Schultern, und ihre Haut war von der Sonne gleichmäßig gebräunt. Die Frau duftete frisch wie eine Meeresbrise, trug den knappsten Bikini, den Lisa je gesehen hatte, und darüber einen hauchzarten Sarong aus seegrünem Chiffon. Sie war barfuß, und die Nägel ihrer auffallend zierlichen Füße waren korallenrot lackiert. Und ganz dicht hinter dieser zauberhaften Erscheinung stand Konstantin, seine Hand auf ihrer Hüfte, und blickte ihr über die Schulter.
Lisa traute sich nicht, ihm ins Gesicht zu sehen. Aus einem ihr unerfindlichen Grund war sie bis ins Innerste erschüttert. Wieso schmerzte es sie, Konstantins Hand auf der Hüfte dieser Frau liegen zu sehen? Ausgerechnet jetzt dachte sie an nichts anderes als an den Moment, als Konstantin sie berührt hatte.
Seine besitzergreifende Geste erboste sie ungemein, zumal Konstantin keinerlei Anstalten machte, ihr die Frau an seiner Seite vorzustellen. Doch ihre Wut gab ihr die Kraft, endlich die Initiative zu ergreifen. „Hallo, ich bin Lisa Bond“, stellte sie sich betont reserviert vor. „Ich bin gekommen, um mit Konstantin etwas Geschäftliches zu besprechen.“
„Arianna weiß, weshalb Sie hier sind, Lisa.“
Auch Konstantin wirkte, als sei er geradewegs vom Strand gekommen. Seine nackten Füße waren sandig, und sein weißes Hemd stand offen, als habe er sich weder die Mühe gemacht noch die Zeit gefunden, es zuzuknöpfen …
Lisa konnte nur daran denken, wie Konstantin sie nur wenige Tage zuvor leidenschaftlich fest im Arm gehalten hatte – wie konnte er da nach Hause zur nächsten Frau fliegen, als sei nichts geschehen?
Mit eiserner Selbstdisziplin zwang sie sich zur Ruhe. Hier ging es um Geschäftliches, nicht um Gefühle. Eifersucht war fehl am Platz, wenn das dringend benötigte Kapital für Bond Steel beschafft werden musste. Sie wollte von Konstantin nur eins: Er sollte die Zulieferbetriebe kaufen. Bevor er das nicht tat, würde sie nicht gehen.
Angestrengt überlegte sie, in welcher Beziehung Konstantin und Arianna wohl stehen mochten. Bruder und Schwester waren die beiden allem Anschein nach nicht, Konstantins ganzes Verhalten sprach dagegen. Zufällig streifte ihr Blick seine verblichene Leinenhose, die bis zum Knie hochgekrempelt war. Seine fast nackten Beine weckten verzehrende Sehnsucht und brennende Eifersucht in ihr – Arianna kannte das Gefühl, zwischen diesen muskulösen Schenkeln zu liegen …
Konstantin war von Andreas bereits vorgewarnt worden, daher war er von Lisas plötzlichem Besuch nicht überrascht. Besser hätte die Sache für ihn gar nicht laufen können. Lisa so verstört auf seiner Türschwelle stehen zu sehen gab ihm die Gewissheit, sie richtig eingeschätzt zu haben. Jemand musste ihr zeigen, dass sie nicht jeden Kampf gewinnen konnte, egal wo er ausgetragen wurde.
Ganz offensichtlich war Lisa verunsichert, weil sie ihn in Ariannas Gesellschaft angetroffen hatte. Gut so, denn das war die erste Lektion. Lisa war es gewohnt, die Fäden in der Hand zu halten und die Geschehnisse zu lenken. Hier würde ihr das nicht gelingen.
Nur seine allerengsten Freunde kannten seine familiären und privaten Verhältnisse. Lisa konnte daher nicht wissen, wie Arianna zu ihm stand, und würde sich bestimmt vor Neugier und Eifersucht verzehren. Bei diesem Zustand würde er es möglichst lange belassen.
Lisa konnte Konstantins Gesichtsausdruck nicht deuten. Dass sie persönlich in seiner Privatvilla erschienen war, um Verkaufsverhandlungen zu führen, war taktisch gesehen ein Nachteil. Doch es war ihr egal. Erstens war eine Einigung mit Zagorakis International zu wichtig, um die Angelegenheit zu delegieren, und zweitens hatte sie bisher noch jede Schwierigkeit als Herausforderung angenommen.
Ich bin lediglich irritiert, beruhigte sie sich, weil ich von falschen Voraussetzungen ausgegangen war. Auf die Idee, dass Konstantin Zagorakis einen anderen Lebensstil pflegte als sie, war sie bisher nicht gekommen. Sie hatte nicht daran gedacht, dass einem Mann wie ihm die Frauen bestimmt in Scharen nachliefen.
Diese traute Zweisamkeit nun so offensichtlich vor Augen geführt zu bekommen schmerzte Lisa tief. Sie hatte erwartet, von einem Butler empfangen und zum Warten aufgefordert zu werden. Nur allzu gern hätte sie Zeit gehabt, um sich umsehen zu können. Die Einrichtung, die Bilder an den Wänden hätten ihr wichtige Aufschlüsse über Konstantins Persönlichkeit gegeben. Was für die bevorstehenden Verhandlungen sicherlich hilfreich gewesen wäre.
Lisa riss sich zusammen und redete endlich weiter. „Es ist sehr nett von Ihnen, mich hier zu empfangen“, meinte sie und lächelte Konstantin und Arianna zu. Der Klang ihrer Stimme stärkte ihr Selbstvertrauen und ließ sie ihre Eifersucht zunächst vergessen. Lisa zwang sich, sich darauf zu konzentrieren, weswegen sie hergekommen war – um die Verhandlungen zu ihren Gunsten abzuschließen.
„Sie sind mir stets willkommen, Lisa.“ Konstantin verbeugte sich leicht. „Andreas hat uns Ihren Besuch schon angekündigt.“
„Es wird nicht lange dauern.“ Entschuldigend blickte Lisa zu Arianna und bemühte sich, in der jungen Frau keine Rivalin zu sehen. Damit hätte sie Konstantin nur in die Hände gespielt.
„Ich habe mir im Hotel Zagorakis ein Zimmer genommen“, fügte sie hinzu. Er sollte ja nicht glauben, sie habe es darauf abgesehen, für die Zeit ihres Aufenthalts in die Villa eingeladen zu werden.
Lisa war sehr zufrieden mit sich, denn Konstantin wirkte überrascht.
„Bitte, Konstantin!“ Arianna legte ihre Hand auf seinen Arm. „Lisa sieht so blass und abgespannt aus, sie hat einen anstrengenden Flug hinter sich.“
Sie war blass und abgespannt? Wenn, dann nur weil sie so wütend war.
„Du hast recht“, pflichtete Konstantin ihr bei. „Bitte treten Sie doch ein, Lisa.“
Bildete sie es sich nur ein, oder war wirklich eine feine Ironie aus seinen Worten herauszuhören? Ohne sich ihre Unsicherheit anmerken zu lassen, betrat sie in betont aufrechter Haltung das Haus. Sie würde sehr achtsam vorgehen müssen. Mochte dies alles für Konstantin nur ein Spiel sein, für sie war es bitterer Ernst. Es ging um nichts weniger als um die Existenz von Bond Steel.
Die Eingangshalle war lichtdurchflutet und nur durch Glaselemente von dem üppig bepflanzten Innenhof getrennt. Als Lisa sich bewundernd umblickte, bemerkte sie, wie Arianna sich diskret zurückzog. Die Frauen in Konstantins Leben schienen sehr wohl zu wissen, dass seine Geschäfte sie nichts angingen und sie dahinter zurückzustehen hatten.
Neben der Freitreppe, die in die obere Etage führte, stand ein Flügel, der offensichtlich auch benutzt wurde. Der Deckel war hochgeklappt, und neben dem Hocker lagen Noten – ein Heft mit romantischen Sonaten von Brahms ganz obenauf.
Lisa spürte Konstantins Blicke im Rücken. „Interessieren Sie sich auch für Musik?“, fragte er.
„Ja.“ Sie schluckte. „Spielt Ihre … Freundin Klavier?“
„Sprechen Sie von Arianna?“
Lässig zuckte sie mit den Schultern. Konstantin sollte sich bloß nicht einbilden, sie sei eifersüchtig! „Ja, ich dachte, die Noten gehörten vielleicht ihr.“
„Arianna spielt nur selten und dann auch nur, um sich zu begleiten – sie ist Opernsängerin.“
„Ah.“ Dies überraschte Lisa nicht sonderlich. Hatte die schöne schwarzhaarige Arianna sie nicht sofort an die von ihr so verehrte Maria Callas erinnert? Hielt das Schicksal vielleicht auch für Arianna eine unglückliche Liebe zu einem griechischen Millionär bereit?
„Begleiten Sie Arianna, wenn sie auf Tournee ist?“, erkundigte sich Lisa beiläufig. Doch Konstantin ging auf ihre Frage nicht ein. Stattdessen öffnete er die Tür zu seinem Arbeitszimmer und forderte sie auf, einzutreten.
Der Raum war angenehm kühl und überraschend gemütlich. Zwei Sofas mit weichen Kissen standen rechtwinklig zu einem gemauerten Kamin, in dem zu dieser Jahreszeit natürlich kein Feuer brannte. Die Fenster waren weit geöffnet, und durch die schmalen Lamellen der hölzernen Jalousien drang das Zirpen der Zikaden.
„Machen Sie es sich bequem, Lisa.“
„Danke.“ Erleichtert ließ sie sich auf eins der Sofas sinken. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie erschöpft sie eigentlich war. Es kostete sie all ihre Kraft, sich auf die anstehende Aufgabe zu konzentrieren. Ihr Herz hatte Konstantin zwar mit Leichtigkeit gestohlen, aber mit Bond Steel sollte ihm das nicht gelingen.
„Ich werde uns etwas zu trinken holen. Ist Ihnen Weißwein recht?“
Wein um diese Tageszeit? Wollte Konstantin sie gefügig machen? Sie bereute immer noch den Champagner, den sie am Donnerstag mit ihm getrunken hatte. „Nein danke. Ich hätte lieber ein Glas Wasser.“
Nachdem er das Zimmer verlassen hatte, wurde ihr plötzlich in aller Deutlichkeit bewusst, welch wichtige Informationen ihr trotz gründlichster Vorbereitung fehlten. Wie weit waren Konstantins Verhandlungen mit Clifton Steel vorangeschritten? Mit welchen Argumenten ließ Konstantin sich davon überzeugen, dass es für Zagorakis International weitaus günstiger wäre, lediglich die Zulieferbetriebe von Bond Steel zu kaufen, statt sich mit einem riesigen Konzern zu belasten?
Übermächtige Selbstzweifel drohten ihre Kampfbereitschaft im Keim zu ersticken.
„Weiß Arianna, wo Sie am Donnerstagabend waren?“, fragte sie daher aggressiv, als Konstantin, ein Tablett in der Hand, das Zimmer wieder betrat.
Erstaunt zog er die Brauen hoch und sah sie an. „Ich wüsste nicht, weshalb Arianna das interessieren sollte.“
Selbstkritisch musste sich Lisa eingestehen, dass sie genau das tat, was sie auf alle Fälle hatte verhindern wollen: Sie brachte einen persönlichen Ton in die geschäftliche Auseinandersetzung. Doch so professionell sie bei Verhandlungen normalerweise auch war, sie war und blieb eine Frau. Und sie war eifersüchtig.
Wäre die Situation nicht so verworren, hätte sie Konstantin ganz offen gefragt, wie er zu Arianna stand.
Dieser hatte inzwischen das Tablett abgeräumt und den Tisch gedeckt. Dort standen jetzt zwei Karaffen, eine mit Wein und eine mit Wasser, Obst und ein Kuchen, der duftete, als sei er gerade erst aus dem Ofen gekommen.
Erst jetzt merkte Lisa, wie hungrig sie war, denn sie hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Doch der Gedanke, Arianna habe den Kuchen allein für Konstantin gebacken, verschlug ihr den Appetit.
Konstantin nahm sich ein Stück und biss herzhaft hinein. „Greifen Sie zu“, forderte er sie auf.
„Nein danke.“ Mit einer entschiedenen Geste lehnte Lisa ab. „Erzählen Sie mir lieber, weshalb Sie Clifton umgarnen.“
„Es könnte so nett mit Ihnen sein, Lisa, wenn Sie nur ein Mal Ihre Firma vergessen würden.“ Konstantin seufzte übertrieben dramatisch und stellte seinen Teller zurück auf den Tisch. Zweideutig lächelnd sah er Lisa an. „Sie wollen mir einen Handel vorschlagen?“
„Meinen Informationen nach haben Sie Ihre Absichten geändert und möchten nun statt unserer Betriebe Clifton Steel im Paket erwerben. Stimmt das?“
„Ich sehe mich immer um, was auf dem Markt zu haben ist.“
„Sind Sie nun an unseren Zulieferbetrieben interessiert oder nicht?“, fragte sie ihn geradeheraus.
Konstantin zögerte lange mit der Antwort – Lisa befürchtete schon, er habe ihr gar nicht zugehört. „Ich habe noch keine definitive Entscheidung getroffen“, erwiderte er schließlich gedehnt.
„Außer Ihnen gibt es auch noch andere Bewerber.“
„Wirklich? Bond Steel steckt mitten in einer Krise, Lisa. Die Aktien fallen ins Bodenlose.“
„Wenn wir beide uns handelseinig werden, bekomme ich die Probleme wieder in den Griff.“
„Und wenn nicht? Sind die Mitbewerber, von denen Sie sprechen, so finanzkräftig wie ich? Können auch sie das erforderliche Kapital von einem Tag auf den anderen bereitstellen?“
„Wahrscheinlich nicht.“ Lisa versuchte gar nicht erst, die Fakten zu beschönigen.
Sie griff nach ihrem Aktenkoffer, um ihre Unterlagen hervorzuholen und den Blickkontakt mit Konstantin zu brechen. Seine Art, sie anzusehen, machte sie nervös, und das konnte sie sich bei einem so gefährlichen Verhandlungspartner nicht leisten. „Wenn Sie vielleicht einen Blick auf diese Zahlen werfen wollen …“
„Sie sind ja wirklich fleißig gewesen.“ Er sah sich die Papiere an.
Lisa ließ ihn dabei nicht aus den Augen. Einige Seiten überflog er nur flüchtig, andere las er sehr genau. Schließlich legte er den Stapel säuberlich geordnet auf den Tisch, verschränkte die Hände im Nacken und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
„Sie sind auf den sofortigen Verkauf – und damit auf mich – angewiesen, Lisa“, stellte er fest.
Das wusste sie selbst, ließ es sich jedoch nicht anmerken. Außer von Zagorakis International hatte sie kein ernsthaftes Angebot bekommen – und erst recht keins mit prompter Überweisung des gesamten Kaufpreises.
„Wie beurteilen Sie die Lage jetzt, nachdem Sie die Zahlen gesehen haben?“
„Das kann ich noch nicht sagen, ich brauche noch etwas Zeit, um die Unterlagen genauer zu studieren. Die nackten Zahlen sind für mich auch nicht alles, Lisa. Ich hätte gern Ihre Argumente gehört, weshalb ich das, was mir fehlt, ausgerechnet bei Ihnen kaufen soll.“
Lisa dachte an all die Arbeitsplätze bei Bond Steel, die von diesem Deal abhingen, und sammelte sich. „Gut, dann lassen Sie mich die Fakten nennen, die dafür sprechen, dass …“