Liebst Du Mich? (Leidenschaft in Kalifornien) - Bella Andre - E-Book

Liebst Du Mich? (Leidenschaft in Kalifornien) E-Book

Bella Andre

0,0

Beschreibung

Der Lust nach sinnlichen Freuden sollte man sich nie verweigern ... Lily Ellis hat weiche, wunderschöne Kurven. Und sie fürchtet, dass Travis Carson, der Mann, den sie stets aus der Ferne geliebt hat, einen so üppigen Körper wie ihren niemals begehren würde. Allerdings wird die zurückhaltende Innenarchitektin aus San Francisco bald eines Besseren belehrt. Lilys Abenteuer beginnt, als sie sich bereit erklärt, für ihre Schwester, die Modedesignerin ist, bei einer Modenschau ein Kleid vorzuführen. Als Travis dieses sinnlich-schöne Model auf dem Laufsteg erblickt, kann er nicht glauben, dass es dieselbe Lily ist, die er seit einer Ewigkeit kennt – und stets abgewiesen hat. Die magnetische Anziehungskraft zwischen den beiden wird zu einem Wirbelsturm und bald stöhnt Lily Travis Namen nicht mehr nur in ihren heißen Träumen, sondern in seinem Bett. Dass sie nicht wie alle seinen früheren Gespielinnen ist, weiß sie jedoch zu genau. Sie ist entschlossen, Travis mit seinen eigenen Waffen zu schlagen und ihre wahren Gefühle für sich zu behalten. Also tut sie sich geschäftlich mit ihm zusammen und reist mit ihm bis nach Italien. In der verführerischen Wärme der toskanischen Sonne spielt Lily mit dem heißblütigen Travis ein Spiel des Begehrens. Wird sie sich in verzehrender Ekstase die Finger verbrennen oder wird Travis der aufregend erotischen und gleichzeitig beständigen Liebe, die sie ihm bieten kann, sein Herz öffnen? *** Leidenschaft in Kalifornien *** Liebst Du Mich? Schenk mir deine Liebe Wie schön du bist Gib mir mehr von dir *** Flammen der Leidenschaft *** Feuer in meinem Herzen Gefährliche Liebe in den Rocky Mountains Ein brandheißer Sommer am See *** Die Sullivans *** Liebe in deinen Augen Ein verfänglicher Augenblick Begegnung mit der Liebe Nur du in meinem Leben Sag nicht nein zur Liebe Nur von dir hab ich geträumt Lass dich von der Liebe verzaubern Du gehst mir nicht mehr aus dem Sinn Eine perfekte Nacht Nur du allein Deine Liebe muss es sein Dir nah zu sein Ich mag, wie du mich liebst Ohne dich kann ich nicht sein Vier Herzen vor dem Traualtar Bilder von dir Weil es Liebe ist Die Süße der Liebe Das Beste kommt erst noch Liebe ist kein Marchen Wer Liebe sät Irgendwo auf der Welt Halt mich Mit Leib und Seele Herzbeben *** Die Sullivans aus London *** Solange ich dich habe *** Bad Boys of Football *** Spiel um alles Spiel der Verführung Spiel der Liebe *** Die Maverick Milliardäre *** Verliebt bis über beide Ohren Liebe ist nur was für Mutige Keine Angst vor der Liebe Keine Chance gegen die Liebe Grenzenlos verliebt Im Bann deiner Liebe

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 327

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.

Beliebtheit




LIEBST DU MICH?

Leidenschaft in Kalifornien

Bella Andre

Inhaltsverzeichnis

Bucheinband

Titelseite

Copyright

Über das Buch

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Vielen Dank

Auszug aus Schenk mir deine Liebe

Alle Bücher von Bella Andre in deutscher Sprache

Über die Autorin

Liebst Du Mich?

© 2021 Bella Andre

Übersetzung Christine L. Weiting – Language + Literary Translations, LLC

Melden Sie sich an für Bellas Newsletter

[email protected]

www.BellaAndre.com

Bella bei Twitter

Bella auf Facebook

Der Lust nach sinnlichen Freuden sollst du dich nie verweigern …

Lily Ellis hat weiche, wunderschöne Kurven. Und sie fürchtet, dass Travis Carson, der Mann, den sie stets aus der Ferne geliebt hat, einen so üppigen Körper wie ihren niemals begehren könnte. Allerdings wird Lily bald eines Besseren belehrt. Ihr Abenteuer beginnt, als sich die sittsame Innenarchitektin aus San Francisco bereit erklärt, für ihre Schwester – eine Modedesignerin –, auf einer Modenschau ein Kleid vorzuführen.

Als Travis diese verführerische Schönheit auf dem Laufsteg erblickt, kann er gar nicht glauben, dass es dieselbe Lily ist, die er schon seit Ewigkeiten kennt – und die er stets abgewiesen hat. Als die magnetische Anziehungskraft zwischen den beiden zu einem Sturm der Leidenschaft wird, stöhnt Lily Travis’ Namen nicht mehr nur in ihren heißen Träumen, sondern in seinem Bett. Aber sie weiß nur zu gut, dass sie nicht so ist, wie alle seinen früheren Gespielinnen.

Allerdings ist sie entschlossen, Travis mit seinen eigenen Waffen zu schlagen, indem sie ihre wahren Gefühle für sich behält. Also tut sie sich geschäftlich mit ihm zusammen und die beiden gehen auf Geschäftsreise nach Italien. In der verführerischen Wärme der toskanischen Sonne spielt Lily mit dem heißblütigen Travis ein Spiel des Begehrens. Wird sie sich in verzehrender Ekstase die Finger verbrennen oder wird Travis der aufregend erotischen und gleichzeitig beständigen Liebe, die sie ihm bieten kann, sein Herz öffnen?

KAPITEL 1

„Ich? Als Model? Du hast sie wohl nicht mehr alle?“

Janica Ellis‘ Unterlippe zitterte. „Bitte, Lily. Sonia hat einen Magen-Darm-Infekt. Du bist meine letzte Hoffnung.“ Sie wies auf die knappen, bunten Kleider, die an dem Kleiderständer neben ihr hingen, und fügte hinzu: „Das wird mein großer Durchbruch. Meine erste große Modenschau, es sind wichtige Einkäufer im Publikum. Du brauchst nur ein Kleid für mich vorzuführen.“

Unter normalen Umständen hätte Lily Ellis alles darangesetzt, ihrer kleinen Schwester zu helfen. Wenn „alles daransetzen“ jedoch hieß, dass sie mit ihrer Konfektionsgröße 46 in Stiletto-Absätzen über den Laufsteg staksen und ihren Körper im gleißenden Scheinwerferlicht vor allen zur Schau zu stellen sollte, dann nicht.

Bereits in Gesellschaft all dieser top-aktuellen Designer und Künstler fühlte sie sich echt uncool, und das schmerzte. Allein schon vom Parkhaus durch die zwei belebten Straßenzüge zum Moscone Center in South of Market, einem überaus hippen Stadtteil von San Francisco, zu gehen, hatte Lily das Gefühl gegeben, als stünde ihr „graue Maus“ quer über die Brust geschrieben.

Sie schüttelte entschieden den Kopf und übertönte dann das Stimmengewirr der Models, Make-up-Künstler und Designer hinter der Bühne: „Ich bin hergekommen, um im Publikum zu sitzen und deinen unglaublichen Kleider Beifall zu klatschen, nicht um in einem hautengen, durchsichtigen Kleid vor lauter fremden Leuten zu paradieren!“

Warum, fragte sich Lily einen Moment später, werde ich dann jetzt mit Stecknadeln gepiekt und von einer Visagistin geschminkt?

Eine sarkastische Stimme in ihrem Innern hatte gleich die Antwort parat: Weil du ein Schwächling bist, deshalb.

Janica schob Lilys zusammengesackte Schulterblätter sanft gegeneinander. „Du musst deinen Rücken gerade halten, damit ich es dir richtig anpassen kann.“

Aber als Lily in den Spiegel schaute und nichts als riesige, von einem bunt bedruckten, durchscheinenden Meshgewebe umhüllte Brüste sah, wäre sie an einem hysterischen Lacher fast erstickt.

„Janica, hör auf“, flehte sie. „Meine Brust sieht aus wie das Ballonsegel an einem großen Schiff.“

Ihre Schwester blickte in den Spiegel und sagte entschieden: „Die meisten Frauen würden dafür sterben, solche Brüste zu haben.“ Dabei wies Janica auf ihre eigenen A-Körbchen. „Wie ich zum Beispiel. Außerdem, wer würde nicht deine prachtvollen Locken und deinen Pfirsich-Teint haben wollen? Der, falls du es noch nicht bemerkt haben solltest, durch diesen Stoff besonders gut zur Geltung kommt.“

Janica trat einen Schritt zurück, um sich Lily genauer zu besehen, und holte tief Luft. „Wow, du siehst unglaublich aus. Du wirst all den anderen Models da oben die Schau stehlen. Dieses Kleid ist wie für dich gemacht.“

Lily öffnete den Mund, um zu widersprechen, da wurde sie von der Visagistin angefahren: „Halten Sie den Kopf still. Ich ziehe Ihnen jetzt die Lippen mit dem Lipliner nach.“

Lily wagte kaum zu atmen und beschloss, dass ein paar Minuten extremer öffentlicher Demütigung es wert waren, wenn sie den Menschen, den sie auf der Welt am meisten liebte, damit glücklich machen konnte.

Sie dachte an den Tag zurück, an dem Janica ihr erstes Kleid genäht hatte, vor fast zwanzig Jahren, als sie nach dem Tod ihrer Eltern zu Großmutter Ellen gezogen waren. Lily, die selbst erst zehn Jahre alt war, war sehr stolz auf ihre talentierte, lebhafte fünfjährige Schwester gewesen. Ab und zu, wenn sie den Eindruck hatte, Janica würde bald erwachsen und sich immer weiter von ihr entfernen, zog Lily das weiche rot-weiß-karierte Strandkleid aus der staubigen Kiste unter ihrem Bett und drückte den Stoff an ihre Wange.

Du musst jetzt die Zähne zusammenbeißen und dich zusammenreißen, sagte sich Lily mit fester Stimme, als ein Model in Größe 30 mit langen Beinen und Schmollmund an ihr vorbeihüpfte.

Prompt ging Lily ihr künstliches Selbstvertrauen wieder verloren. Ihre Beine wurden zittrig und das Kleid flatterte im Gleichtakt mit ihrem bebenden Bauch um ihre Knie.

„Würde es helfen, wenn Luke hier wäre, um dich anzufeuern?“, fragte Janica besorgt.

Lily hörte auf, sich auf die Lippen zu beißen. Keine Frage, ihr bester Freund Luke wäre genau der Richtige, der ihr helfen könnte, diese schreckliche Tortur zu überstehen. Er würde irgendeinen albernen Witz über die ganze Sache machen, und sie würde vergessen, wie deplatziert sie sich in dieser Designer-Mode fühlte.

Lily wurde etwas ruhiger, nickte und setzte ein gewollt strahlendes Lächeln auf, während sie sich Janicas Handy schnappte und Lukes Nummer wählte. Sie erklärte ihm kurz die Situation und, nachdem sie aufgelegt hatte, fühlte sie sich tausendmal besser.

Gott sei Dank hatte sie ihren besten Freund. Niemals würde er sie im Stich lassen.

* * *

Luke Carson klappte sein Handy schwungvoll zu, stand auf und warf einen Zwanziger auf den Tisch. „Entschuldige, dass ich gleich nach dem ersten Glas abhaue, aber ich habe im Moment Wichtigeres zu tun.“

„Musst du wieder den Retter in der Not spielen?“, fragte Travis Carson und ein Grinsen spielte um seine Mundwinkel.

Luke ignorierte Travis, so wie er ihn in den letzten dreißig Jahren immer ignoriert hatte, wenn er sich wie ein Idiot aufführte. Also stichelte Travis weiter, wie er es in den letzten drei Jahrzehnten bei seinem sechzig Sekunden jüngeren Bruder immer getan hatte.

„Du hättest im ersten Schuljahr niemals ihre Katze vom Baum retten sollen“, bemerkte er lässig. „Damit hast du einen unguten Präzedenzfall geschaffen. Einen sehr unguten Präzedenzfall.“

Travis nahm einen Schluck von seinem Bier, behielt aber seinen Zwillingsbruder im Auge, um dessen Reaktion auf seine Seitenhiebe abschätzen zu können. Luke war seit fast fünfundzwanzig Jahren mit Lily befreundet. Travis fragte sich, warum sie noch nicht verheiratet waren.

Oder es nicht wenigsten ab und zu miteinander trieben.

Denn, obwohl sie fast nie über Lily sprachen und Travis es darauf anlegte, ihr wann immer möglich aus dem Weg zu gehen, hatte Luke meistens schon etwas mit Lily vor, wenn er ihn einlud, mit ihm und den anderen Jungs abzuhängen.

„Du könntest doch zugeben, dass sie deine Freundin ist.“

„Das würde ich auch, wenn sie es wäre“, sagte Luke, der sich an Travis’ Sticheleien nicht im Geringsten störte. „Wir sehen uns morgen zum 1-1-Basketball“, fügte Luke hinzu, doch bevor er vom Tisch weggegangen war, wurde er durch das Klingeln seines Handys unterbrochen, das nicht aufhörte.

Er klappte den Deckel wieder auf. „Jetzt? Das soll wohl ein Witz sein? Nein, keine Sorge, ich bin in zehn Minuten da.“ Er sah Travis mit seinen hellgrünen Augen an.

Travis stellte die leere Bierflasche ab und schüttelte den Kopf. „Du weißt, ich kann es nicht ab, wenn du mich so anschaust. Und die Antwort ist Nein.“

Luke schenkte Travis ein versöhnliches Lächeln. „Lily braucht mich, Travis. Und da ich in der Notaufnahme sein muss, musst du für mich einspringen.“ Auf Travis’ skeptischen Blick hin sagte Luke: „Weißt du noch, wie oft wir das als Kinder durchgezogen haben? Außerdem wird es da drin sicher dunkel sein. Setz dich gerade so nah an die Bühne, dass sie dich sehen kann.“

„Aber nicht so nah, dass sie mich erkennt“, beendete Travis den Satz an seiner Stelle. „Ich weiß noch, wie es geht.“

„Und du musst auf jeden Fall winken, wenn sie rüberschaut. Hoffentlich ist es im Zuschauerraum so dunkel, dass sie nicht merkt, dass du nicht ich bist, bevor die Modenschau vorbei ist.“

„Hört sich gut an“, sagte Travis, aber dann schüttelte er den Kopf. „Aber ich habe eine Verabredung.“

„Ich werde persönlich bei deiner neuesten Sexbombe anrufen und für dich absagen“, sagte Luke. „Und um dir den Deal zu versüßen, lasse ich dich morgen Nachmittag beim Basketball gewinnen.“

Travis dachte darüber nach, wie es sein würde, den ganzen Abend mit Lily festzusitzen. Sterbenslangweilig. Besonders im Vergleich zu dem, was er mit der gut gebauten Bardame vorhatte, die ihm bereits ihre Telefonnummer gegeben hatte.

Aber ein weiterer Blick auf seinen Zwillingsbruder reichte aus, um Travis zu überzeugen, dass er im Namen der Brüderlichkeit nachgeben musste. Auch wenn sie nicht immer einer Meinung waren, war Luke der einzige Mensch, für den Travis alles tun würde. Travis hielt sich, alles in allem, für einen ziemlich netten Kerl. Er leistete ehrenamtliche Arbeit beim Bau von Sozialwohnungen und egal wie viel er zu tun hatte, war er sich nie zu schade, mit auf der Straße herumhängenden Jugendlichen einen Fußball herumzukicken.

Und er fühlte sich durchaus als Wohltäter, als er zustimmte, sich einen Abend lang für seinen Bruder auszugeben. „Okay. Ich mache das. Aber morgen werde ich dich auf dem Platz fair und anständig besiegen.“

Luke klopfte ihm auf die Schulter. „Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann. Auf jeden Fall wird das Ganze genau deine Kragenweite sein. Du gehst nämlich zu einer Modenschau im Stadtzentrum. Ins Moscone Center.“

Travis lachte laut. „Lily ist bei einer Modenschau? Sie traut sich doch kaum auf die Straße, geschweige denn auf einen Laufsteg.“

„Ich warne dich, Travis“, erwiderte Luke, dessen rechte Hand sich bereits zur Faust ballte.

Travis trat einen Schritt zurück. Wenn es um Lily ging, verstand Luke keinen Spaß. „War nur ein Witz“, sagte er. Er war zwar eine Minute älter als Luke, aber sein Zwillingsbruder hatte einen fiesen rechten Haken.

Luke lockerte seine Finger und trat ebenfalls zurück. „Ich hoffe, sie verzeiht mir, dass ich heute Abend dich an meiner Stelle schicke.“ Luke fuhr sich mit den Fingern durch die dunklen Haare. „Obwohl ich so eine Ahnung habe, dass sie möglicherweise nie wieder mit mir sprechen wird, wenn sie herausfindet, dass du nicht ich bist.“

Es gab Travis ein Stich, zu hören, wie wenig Lily ihn leiden konnte. Aber er versuchte, das zu ignorieren. Warum sollte es ihn kümmern? Schließlich war er derjenige, der vor langer Zeit den Kontakt zu ihr abgebrochen hatte. Als sie zehn Jahre alt waren, hatte Luke einmal versucht, Travis zu fragen, warum er nicht mehr mit Lily befreundet sein wollte, zumal sie bis zur fünften Klasse alle so gute Freunde gewesen waren. Aber da Travis nie antwortete, hörte Luke auf zu fragen.

„Ich wette, ihre verwöhnte kleine Schwester nutzt sie mal wieder nach Strich und Faden aus“, sagte Luke. „Lily braucht heute Abend jemanden, der zu ihr hält. Ich wünschte, ich könnte dabei sein, aber die Notaufnahme ist überfüllt.“

Travis verspürte einen Anflug von Mitleid für Lily, aber kaum hatte er sich dabei ertappt, verdrängte er dieses Gefühl schnell wieder. Frauen eigneten sich großartig für einen Ausgehabend in der Stadt und für eine heiße Nummer unter der Bettdecke. Nicht für emotionale Verstrickungen. Travis konnte sich nicht vorstellen, sein restliches Leben lang an eine einzige Frau gefesselt zu sein.

„Versuch nur einmal, nett zu sein, Trav“, fügte Luke hinzu. Dabei versprach sein Blick ernstliche Konsequenzen, wenn Travis irgendetwas täte, das Lily ärgern könnte.

Voller Unschuld sah Travis seinem Zwillingsbruder in die Augen. „Mach dir keine Sorgen. Wenn all diese Models um mich herum sind, werde ich mich definitiv von meiner besten Seite zeigen.“

„Darauf könnte ich wetten“, murmelte Luke, ging vor seinem Bruder aus der Bar und hielt ein Taxi an, das ihn zum Krankenhaus bringen würde.

Travis grinste seinem Bruder hinterher. Wie immer genoss er es, wenn er seinen Zwillingsbruder ärgern konnte. Doch als er daran dachte, dass er Lily dabei zusehen müsste, wie sie sich bei einer Modenschau zum Narren machte, war seine Schadenfreude wie weggeblasen.

Er stieg in das nächste verfügbare Taxi und eine Viertelstunde später war er mitten im bunten, lauten Trubel der Innenstadt von San Francisco. Er sog das Chaos der Straßen in sich auf, die Verkehrsstaus und die lauten Bässe der Stereoanlagen, die aus den Märkten und den Wohnungen der oberen Stockwerke dröhnten.

Mein Leben ist in letzter Zeit nicht wild genug gewesen, erkannte er. Daran schuld waren zu viele Nächte, in denen er im Büro über Blaupausen gebrütet hatte.

Nicht, dass er sich über den Erfolg seines Architekturbüros hätte beschweren können. Im Gegenteil, Travis blühte auf im Konkurrenzkampf und der innovativen Kreativität, die mit dem Aufbau von Lebenswelten für seine Kunden einhergingen. Er war der geborene Verkäufer, der noch nie von einem Kunden ein Nein als Antwort bekommen hatte. Er liebte die Präzision beim Entwerfen und Bauen perfekter Strukturen und war bekannt für seine klaren Linien und weiträumige Aussichten.

Das Taxi hielt vor dem Moscone Center, und Travis bezahlte den Fahrer. Er gab dem Türsteher den Namen seines Bruders und ging auf die riesige Tanzfläche, wo er einen Moment brauchte, um sich an die bunte Lichterwelt und die ohrenbetäubende, elektronische Tanzmusik zu gewöhnen, die aus den Lautsprechern an der Decke dröhnte. Drei gertenschlanke Frauen gingen an ihm vorbei, die mutigste im kürzesten Kleid musterte ihn von oben bis unten und gab deutlich zu erkennen, dass ihr gefiel, was sie sah. Travis grinste. Vielleicht wäre das heute gar kein verschwendeter Abend.

Von einem vorbeigehenden Kellner schnappte er sich einen Martini und suchte sich dann einen freien Platz, der gerade so weit von der Bühne entfernt war, dass Lily ihn für seinen Zwillingsbruder halten könnte, wenn sie in seine Richtung blickte. Niemand war je in der Lage gewesen, die beiden Brüder auseinanderzuhalten, also machte sich Travis keine Sorgen, dass sie die Täuschung bemerken könnte. Er war sich sowieso ziemlich sicher, dass ihr vor lauter Nervosität das Publikum vor den Augen zu einer großen, anonymen Masse verschwimmen würde. Wie sollte sie in der Lage sein, ihn in der Menschenmenge zu erkennen? Wie auch immer, sobald sie wohlbehalten wieder hinter der Bühne gelandet wäre, würde er sich aus dem Staub machen. Und dann könnte in Zukunft wieder Luke für Lily den Retter spielen.

Als Travis einen leeren Sessel zwischen einer zierlichen Blondine und einer gut gebauten Brünetten entdeckte, ging er direkt auf diesen zu und setzte sich. Er zog die Lederjacke aus, stützte eins seiner jeansbekleideten Beine an der Rückenlehne eines anderen Sessels ab und genoss die Wirkung des Gins in seiner Kehle.

Ihm entging nicht, wie die Blondine zu seiner Linken die Muskeln in Augenschein nahm, die sich unter seiner Kleidung deutlich abzeichneten. Obwohl er aussah, als ginge er täglich ins Fitnessstudio, hatte er das meiste in Wirklichkeit seinen Genen zu verdanken. Er spielte viel lieber eine Partie Basketball, als ein organisiertes Trainingsprogramm zu absolvieren.

„Hallo, du Hübscher“, sagte die Blondine. „Bist du mit einem der Models hier?“

Travis ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Er fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe und leckte den Rest Alkohol ab. Mit offensichtlichem Hunger verfolgte die Blondine das Geschehen.

„Eigentlich nicht“, sagte er.

Sie beugte sich nah heran und ermöglichte Travis einen direkten Einblick in ihr Dekolleté, was ihn jedoch völlig kaltließ.

Überrascht nahm Travis seine eigene Apathie zur Kenntnis. Kein Interesse an einer richtig schönen Frau, die ihm genau das bot, was er wollte? Nicht anspringen auf das Angebot von uneingeschränktem, anonymem Sex?

Er hatte definitiv im Büro zu viele Überstunden gemacht.

Die Musik wurde schlagartig zehn Dezibel lauter, als das erste Model die Bühne betrat. Travis ließ sich noch tiefer in seinen Sessel sinken. Er zählte bereits die Sekunden, bis die Show vorbei wäre und er die Blondine oder die Brünette – oder beide – ins Bett bekommen könnte.

In seinem Kopf klang Lukes Stimme nach. „Versuch nur einmal, nett zu sein“, hatte sein Bruder gesagt. Er wusste nicht, warum Lily bei ihm immer völlig falsche Reaktionen auslöste, aber so war es nun einmal. Es war alles an ihr, von ihrem Körper mit den überaus großzügigen Rundungen über ihren sanften Mund bis hin zu ihren weichen Locken. Selbst ihre blauen Augen schienen zu groß für ihr Gesicht.

Aber vor allem konnte Travis es nicht ertragen, wie sie ständig an seinem Zwilling hing. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass es Luke nicht zu stören schien. Travis schüttelte den Kopf und leerte sein Martiniglas. Wie sein Bruder so eng mit so einer Unschuld vom Lande befreundet sein konnte, würde er nie verstehen. Aber andererseits war Luke schon immer ein Kümmerer gewesen, der Typ Mann, der die Außenseiter unter seine Fittiche nahm. Irgendwie hatte Luke schon im Mutterleib alle Nettigkeitsgene abbekommen.

Travis grinste und lehnte sich entspannt zurück in seinen Sessel, vollkommen zufrieden mit dem, was er war, innerlich und äußerlich. Nur Lily war ihm ein Dorn im Auge. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich immer unbehaglich, wenn sie mit ihm in einem Raum war. Er konnte spüren, dass ihr Blick auf ihm ruhte, fast so, als könnte sie Dinge sehen, die er niemandem zeigen wollte.

Natürlich war das lächerlich. Travis hatte keine Geheimnisse. Was ihn selbst anging, so war er ein offenes Buch. Tüchtig in seinem Beruf und auch sonst hart im Nehmen. Er entschuldigte sich nie, weil es nichts gab, für das er sich hätte entschuldigen müssen.

Trotz allem musste er in der nächsten Stunde so tun, als sei er hier, um Lily zu unterstützen, weil ihm sein Bruder sonst das Leben zur Hölle machen würde. Also rückte er seine Gesichtszüge zurecht, um Interesse und Wohlwollen zu demonstrieren.

* * *

Auf den über zehn Zentimeter hohen Pfennigabsätzen hätten Lilys Füße sie vor Schmerz fast umgebracht. Am liebsten hätte sie sich hingesetzt, aber sie hatte Angst, das Kleid zu zerknittern. Und dann würde Janica sie tatsächlich umbringen. Sie lehnte sich gegen die Wand, ihr Herz klopfte wie wild.

Lily, die niemals trank – weil sie unter Garantie irgendetwas sagen oder tun würde, was sie am nächsten Morgen nicht mehr zurücknehmen könnte, wenn sie auch nur einmal ihre Zurückhaltung aufgab – wusste, dass sie den reichlich vorhandenen Alkohol hinter der Bühne nicht hätte anrühren sollen. Aber sie war so nervös, dass sie, als die Maskenbildnerin ihr ein Glas Champagner in die Hand drückte und befahl: „Trink das, sonst siehst du gleich aus wie ein Gespenst, mit so einem weißen Gesicht“, nichts anderes tun konnte, als es hinunterzukippen. Das leere Glas wurde augenblicklich durch ein volles ersetzt. Sie nahm einen weiteren großen Schluck von dem süß-säuerlichen Champagner und fühlte sich gleich unendlich viel besser.

„Luke ist hier“, sagte Janica und zog den Kopf wieder zurück, nachdem sie durch die Vorhänge in den Zuschauerraum gelugt hatte. „Er ist rechts von der Bühne, vierte Reihe.“

Lily lächelte und wollte ihrer Schwester mit erhobenem Daumen danken, vergaß jedoch das Sektglas in ihrer Hand. Es brummte in ihrem Kopf und sie schaute überrascht auf das umgedrehte, leere Glas.

Janica eilte herbei. „Was machst du da? Du betrinkst dich doch nicht etwa?“

„Nein“, sagte Lily und errötete. „Ich wollte es nicht einmal trinken“, beteuerte sie, während sie das leere Glas mit einer bewusst kontrollierten Bewegung abgab.

„Das ist witzig, denn dein Glas ist leer“, sagte Janica, wobei aus jedem ihrer Worte Sarkasmus triefte. „Du weißt doch, dass du keinen Alkohol verträgst.“

„Ach nein?“, war alles, was Lily herausbrachte.

Janica sah so gereizt aus, als wollte sie gleich losschreien, aber stattdessen schlang sie ihre Arme um Lily und sprach ihr lieber Mut zu. „Vielen Dank, dass du das für mich tust. Ich weiß, wie schlimm es für dich ist, vor einer Menschenmenge zu stehen, aber du wirst dich heute Abend auf der Bühne großartig schlagen. Habe ich dir in letzter Zeit eigentlich gesagt, dass du die beste große Schwester auf der ganzen Welt bist?“

Lily wurde etwas nüchterner und blickte tapfer. „Mach dir keine Sorgen um mich, mein Schatz. Du wirst stolz auf mich sein. Das verspreche ich dir.“ Mit einer Handbewegung scheuchte sie Janica weg. „Nun geh schon. Deine Kollektion kommt als nächste. Ab an die Arbeit.“

Janica drückte ihr einen leichten Kuss auf die Wange und huschte los, um sich zu versichern, dass ihre Hauptmodels für den Laufsteg bereit waren. Lily wollte sich schon müde die Augen reiben, da fiel ihr gerade noch rechtzeitig ein, wie viel Make-up sie trug. Als ein Kellner mit einem Tablett voller Champagnergläser um die Ecke kam, griff ihre Hand wie von selbst danach.

„Einer mehr kann nicht schaden“, sagte sie, während sie den Rand des Glases an ihre Lippen führte. Außerdem kam es ihr auf einmal gar nicht mehr so schlimm vor, als Model für einen Abend an einer Modenschau teilzunehmen. Sie musste es nur bis zum Ende des Laufstegs schaffen, um dort für Fotos zu posieren. Höchstens sechzig Sekunden würde es dauern, und dann würde sie zu Luke gehen und sich gemeinsam mit ihm darüber kaputtlachen.

Solange er nur seinen Zwillingsbruder nicht mitbrachte. Immer, wenn Travis ihr einen seiner verächtlichen Blicke zuwarf oder, schlimmer noch, sie komplett ignorierte, fühlte sie sich wie Dreck. Sogar noch geringer als Dreck.

Lily kannte keine zwei Menschen, die sich unähnlicher waren als die beiden. Das war besonders merkwürdig, da Luke und Travis eineiige Zwillinge waren. Luke war warmherzig, lustig und verurteilte nie jemanden. Travis, mit seinen scharfen Urteilen, befand sich genau am anderen Ende des Spektrums. Lily hatte ihn lange genug aus der Ferne beobachtet, um sicher sein zu können, dass es ihm immer nur um sein eigenes Vergnügen ging und darum, sich schöne Dinge anzuschauen. Und genau das war der Knackpunkt des Problems zwischen ihr und Travis, das wusste Lily.

Sie war nicht hübsch genug für ihn. Nicht frech genug. Nicht selbstbewusst genug. Und nichts davon würde sich jemals ändern.

Als Kinder waren sie, Luke und Travis unzertrennlich gewesen. Die drei Musketiere. Aber dann starb die Mutter der Jungs, als sie zehn waren, und alles änderte sich. Nein, dachte sie und seufzte, nicht alles. Sie und Luke waren sich unglaublich nahe geblieben, als beste Freunde, bis zum heutigen Tag. Aber Travis war danach nie mehr derselbe gewesen. Und egal, wie sehr sie sich ihre alte Beziehung zu Travis zurückwünschte, egal, wie sehr sie versuchte, ihm zu zeigen, dass sie für ihn da war, wies Travis sie immer wieder zurück. Und wandte sich von ihr ab. Lily sagte sich, dass sie ihn aufgegeben hatte, aber ganz tief in ihrem Herzen wusste sie, dass das nicht stimmte.

Konnte man überhaupt jemanden, den man liebte, komplett aufgeben? Nach ihrer schmerzlichen Erfahrung mit Travis glaubte Lily das nicht.

Janica kam atemlos zu Lily zurückgerannt und steckte ihr etwas in ihre freie Hand. „Ich hätte fast vergessen, dir die zu geben.“

„Was ist das?“, fragte Lily und ergriff den Rand einer lila Feder.

„Das ist deine Maske. Eigentlich sollte ich sie dir wohl lieber anziehen, damit du dir die Frisur und das Make-up nicht in Unordnung bringst.“ Janica schob die Maske über Lilys rote Löwenmähne, legte sie ihr sanft aufs Gesicht und band das Band hinter ihrem Kopf zusammen.

„Wow“, hauchte Janica. „Ich fand, du sahst schon vorher umwerfend aus, aber jetzt siehst du richtig edel aus. Wie eine Königin!“

Kaum waren Janicas Worte verklungen, wurde sie auch schon vom Stage Manager an der Schulter gepackt. „In sechzig Sekunden bist du dran“, sagte er, und Janica drehte sich um und rannte los, um ihr erstes Model startbereit zu machen.

Ich sehe richtig edel aus? Wie eine Königin? Die Worte schwirrten in Lilys ohnehin schon leicht benebeltem Gehirn umher.

Etwas in ihr hätte Lust gehabt, sich umzudrehen und in einem Spiegel nachzusehen, ob ihre kleine Schwester die Wahrheit sagte. Aber der überwiegende Teil von ihr, derjenige, der immer das große Wort führte, war wie immer voller Verachtung.

Eine vollschlanke Königin, sagte dieser Teil von ihr.

An jedem anderen Abend hätte Lily dieser inneren Stimme geglaubt. Ein Leben lang hatte sie die Schultern eingezogen, um ihre zu großen Brüste zu verbergen, und die Haare übers Gesicht fallen lassen, damit man ihre zu strahlenden blauen Augen und die zu großen roten Lippen nicht sah. Doch plötzlich durchströmte sie ein ungewohntes Gefühl der Kühnheit, von den Zehenspitzen bis zu der Federmaske über ihrem geschminkten Gesicht.

Sie schnappte sich ein weiteres Glas Champagner vom Tablett eines vorbeikommenden Kellners, trank es in einem Zug aus und spürte, wie die mittlerweile vertraute Wärme und Leichtigkeit sie durchströmten. Ohne sich noch einen weiteren Moment dem Zweifel hinzugeben, drehte sich Lily zu dem Ganzkörperspiegel hinter ihr um.

Ihr stockte der Atem. Die Frau im Spiegel war eine Fremde.

Eine schöne, atemberaubende, sexy Fremde.

Ihre Hände tasteten unwillkürlich nach ihrer Frisur. Ihre Haare waren gebürstet und mit Haarlack gestylt worden, bis ihre Locken besser aussahen als in jeder Shampoo-Werbung und ihr glänzend und leuchtend über die Schultern fielen. Hinter der Maske leuchteten ihre Augen wie das blaue Meer der Karibik, und ihre Lippen bildeten einen vollen Kussmund.

Sie sah genau richtig aus. Nicht zu groß. Nicht zu klein. Mit ihren Kurven überall an den richtigen Stellen: große Brüste und runde Hüften, wohlproportiert ausgeglichen durch ihre Taille.

Aber noch während sie sich im Spiegel betrachtete, wusste Lily, dass Janicas Kleid für die erstaunliche Veränderung verantwortlich war. Sie hatte zwar schon immer gewusst, dass ihre Schwester unglaublich talentiert war, doch zu sehen, wie Janicas Kleid sie von Übergröße in genau richtig verwandelt hatte, schockierte sie zutiefst.

Hinter Lily erschien im Spiegel eines der Models aus Janicas Vorführung, dessen lange, dünne Gliedmaßen durch das kurze, trägerlose Kleid in Szene gesetzt wurden. „Wow, du siehst toll aus“, sagte sie zu Lily.

Als ihr ein „Danke“ entschlüpfte, biss Lily sich völlig überrascht selbst auf die Lippen. Wann hatte sie eigentlich das letzte Mal ein Kompliment angenommen?

Genauer gesagt, wann hatte sie das letzte Mal jemandem ein Kompliment wirklich abgenommen?

Das Model ging wieder und Janica rief Lily aus einigen Metern Entfernung etwas zu. „Du musst dich hinter Ellen anstellen.“

Lily holte tief Luft und ein verrückter Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Was wäre, wenn sie auf dem Laufsteg auch das Model spielen würde? Was wäre, wenn sie beschließen würde, einmal im Leben ein paar Minuten lang super-sexy zu sein? Wem würde es schaden?

Das Kleid könnte sie vielleicht wirklich unbesiegbar machen.

Sie hatte die Proben gesehen und wusste, dass das Model, dessen Stelle sie jetzt einnahm, vorgehabt hatte, mit schwingenden Hüften im Takt der Musik über den Laufsteg zu tänzeln. Janica hatte sie nicht gebeten, es zu versuchen, weil sie wusste, dass Lily sich definitiv geweigert hätte.

Aber Das Kleid würde in seinem ganzen Glanz zur Geltung kommen, wenn das Publikum sehen könnte, wie herrlich es die Formen und Rundungen einer echten Frau umspielte.

Als nur noch wenige Sekunden fehlten, bevor sie auf den Laufsteg musste, fasste Lily ihren Entschluss. Sie würde es tun.

Solange sie Das Kleid anhatte, würde sie sich wie eine Königin benehmen.

Wie eine Sexkönigin, die kein Pardon kannte.

Und wenn die Nacht vorbei war, würde sie wieder die alte Lily sein, die sie immer gewesen war. Aber zumindest wäre sie in den Genuss von etwas Gefährlichem und Wildem gekommen, das sie für den Rest ihres Lebens würde auskosten können.

KAPITEL 2

Als der Moderator die „Frühjahrskollektion von Janica Ellis“ ankündigte, rutschte Travis tiefer in seinen Sessel. Ihm graute vor dem Augenblick, in dem Lily den Laufsteg betreten würde.

Er konnte kaum glauben, dass sie sich von ihrer kleinen Schwester zur Teilnahme an einer Modenschau hatte überreden lassen. Rückgrat würde Lily niemals beweisen, eher ginge die Welt unter. Aber in einer Modenschau das Model zu spielen, nur um Janica den Hintern zu retten, das ging dann doch zu weit. Selbst für Lily.

Travis hatte sich oft gefragt, wie aus den gleichen Genen zwei so verschiedene Schwestern wie Lily und Janica hervorgehen konnten. Janica war das perfekte Gegenteil von Lily – eine winzig kleine Brünette mit großer Klappe und scharfem Verstand. Sie war Lilys grimmigste Beschützerin und hatte definitiv einen Hass auf Travis.

Einige Models waren bereits über den Laufsteg gegangen, und er fing gerade an, sich wohlzufühlen, da verstummte die Musik und eine Rothaarige tauchte von hinter dem Vorhang auf. Eine funkelnde Maske aus Federn und Pailletten bedeckte die obere Gesichtshälfte. Ihre prallen, roten Lippen glänzten im Scheinwerferlicht. Die Lichter gingen von wilden Grün- und Blautönen in ein tiefes, warmes Rot über und hüllten die Frau in einen sexy Nebel ein. Die melodischen Klänge einer spanischen Gitarre zur schmelzenden Stimme eines Tenors schenkten allen Zuhörern im Raum die Verheißung von Sex.

Von heißem, feuchtem, rhythmischem Sex.

Die Frau hatte sich noch nicht einmal bewegt. Noch hatte sie keine Anstalten gemacht, über den Laufsteg zu flanieren, um ihr Outfit zur Schau zu stellen, und doch versiegte das Stimmengewirr und es wurde still. Jeder Nerv in Travis erwachte zum Leben, während er darauf wartete, sie über den Laufsteg spazieren zu sehen.

Sie enttäuschte nicht. Das bedruckte Meshgewebe umschmiegte liebevoll jede ihrer Kurven, als sie sich aufreizend über den Laufsteg bewegte. Ihre Hüften schwangen von einer Seite zur anderen, eine Hand mit rotlackierten Nägeln und Edelsteinringen fuhr über ihre Taille nach oben und stoppte erst am Ansatz ihrer Brüste, während die andere über die Rundung ihrer Hüfte streichelte.

Travis beugte sich auf seinem Sessel nach vorne. All seine geschulte Gelassenheit war auf einmal verschwunden. Er musste diese Frau haben. Mit ihren üppigen Kurven und ihrer sanften Verheißung war sie das genaue Gegenteil aller Frauen, mit denen er je zusammen gewesen war. Das Verlangen nach dieser rothaarigen, vollschlanken Göttin verzehrte ihn.

Der Rhythmus der Flamenco-Gitarre wurde immer wilder, je näher das schöne Model dem Ende des Laufstegs kam. Im perfekten Takt zur leidenschaftlichen Musik bewegte sie sich jetzt in einem exotischen Tanz und warf ihren Kopf in verzücktem Lachen zurück. Travis wartete darauf, dass sie die Maske fallen ließ und hielt zum zweiten Mal an diesem Abend den Atem an.

Die Frau hörte auf zu tanzen und griff nach ihrer gefiederten Larve. Als sie sich mit der Zungenspitze über die Lippen fuhr, löste sich ein leiser Laut tief in Travis’ Kehle.

Dann warf sie die Maske auf den Boden, und ungestümer Applaus brach los. Sie war noch prachtvoller, als sie es mit ihrer Verkleidung gewesen war.

Travis hörte auf zu klatschen und traute seinen Augen nicht.

Lily Ellis, die sanftmütige beste Freundin seines Zwillingsbruders, sah ihm direkt in die Augen.

Und er begehrte sie mehr, als er jemals eine andere Frau begehrt hatte.

* * *

Die Modenschau endete, und die Party begann. Die Musik legte noch einen Zahn zu, und als die Stühle weggeräumt waren, fingen alle an zu tanzen. Vielleicht lag es am Champagner, vielleicht an dem gewagten Outfit, das ihr das Gefühl gab, so stark zu sein, so hungrig, und so voller Unruhe. Auf jeden Fall fühlte sich Lily zum ersten Mal in dreißig Jahren der Situation gewachsen und einsatzbereit.

Solange sie Das Kleid anhatte, konnte sie alles tun, was sie schon immer hatte tun wollen, aber wovor sie immer Angst gehabt hatte.

Da draußen im Publikum war Travis. Sobald sie auf den Laufsteg getreten war und in die vierte Reihe rechts geschaut hatte, hatte sie gewusst, dass es Travis war. Sie hatte ihn und Luke immer auseinanderhalten können, auch wenn es sonst niemand konnte. Beide waren groß, schlank und muskulös. Beide hatten dichtes schwarzes Haar, das ihnen bis über die Augen fiel.

Aber nur Travis löste in Lily dieses heiße Prickeln aus.

Lily wünschte, sie hätte sich in Luke verlieben können. Er war so freundlich und sanft. Da ihr seit den ersten Anzeichen von Erregung bewusst gewesen war, dass die Anziehungskraft, die Travis auf sie ausübte, niemals zu irgendetwas führen würde, hatte Lily sich mit aller Kraft bemüht, Luke als sexy zu sehen und als jemanden, der für eine Beziehung infrage käme. Aber es ging einfach nicht. Schaudernd dachte sie an den Kuss zurück, den sie Luke in ihrer Highschoolzeit gegeben hatte, als sie eines Abends spät unter dem riesigen Apfelbaum im Vorgarten ihrer Großmutter miteinander geredet hatten. Er hatte stocksteif dagestanden und offensichtlich genauso wenig Lust auf diesen Kuss gehabt wie sie.

Sie hatte nichts gespürt. Kein Kribbeln. Kein bebendes Verlangen in seiner Umarmung. Stattdessen spürte tief in sich eine irrsinnige Lust auf einen Mann, der ihre Gefühle auch in tausend Jahren noch nicht erwidern würde.

Lily hätte sich hundertmal dafür verfluchen können, dass sie so dumm war, sich weiterhin der Hoffnung hinzugeben, eines Tages könnte der nette Travis wieder zum Vorschein kommen. Und aus dem kalten, distanzierten Mann, der er geworden war, könnte wieder der lebenslustige Junge, mit dem sie als Kind befreundet war, hervorkommen.

Das Herz raste in ihrer Brust, und Lily war ziemlich geschockt von dem, was sie jetzt vorhatte. Sie wusste nicht, warum Travis statt Luke zur Modenschau gekommen war. An jedem anderen Abend wäre sie wegen des Zwillings-Täuschungsmanövers wütend auf Luke gewesen.

Aber dies war kein gewöhnlicher Abend. Der heutige Abend war etwas Besonderes. Und obwohl es der reine Wahnsinn war – und obwohl sie genauso gut ein Messer nehmen und es sich ins Herz hätte rammen könnte, um Zeit zu sparen – dankte Lily Gott, dass Luke ihr seinen sexy Zwillingsbruder geschickt hatte.

Dreißig Jahre ihres Lebens hatte sie damit verschwendet, darauf zu warten, dass Travis auf sie aufmerksam wurde. Nicht eine Sekunde würde sie mehr verschwenden. Denn sie und Das Kleid hatten einiges mit ihm vor. Große Pläne, die ihr Herz dreimal schneller schlagen ließen.

Das Kleid sollte Travis dazu bringen, sie zu begehren.

Es musste.

Eine plötzliche Welle des Zweifels überrollte sie, als sie die Hand ausstreckte, um den dicken roten Samtvorhang zu öffnen. Immerhin war die Wahrscheinlichkeit groß, dass Travis einen Blick auf sie werfen und in Lachen ausbrechen würde. Oder noch schlimmer, dass er sich wegdrehen würde, als wäre sie unsichtbar. Das war mehr als nur wahrscheinlich, dachte sie erschrocken. Jeder professionelle Glücksspieler hätte verrückt sein müssen, auf Lily zu setzen, wo Travis sich doch jede andere Frau im Raum aussuchen konnte.

Sie schloss die Augen und befeuchtete ihre Lippen. Nein, sagte sie sich, du wirst diesen Ängsten nicht nachgeben. Jetzt oder nie. Willst du es wagen? Oder willst du auch die nächsten dreißig Jahre als Weichei verbringen?

Das brachte die Entscheidung. Lily schob sich durch die Vorhänge, trat auf die Tanzfläche hinaus und ihr geschulter Blick fand sofort sein Ziel. Travis stand zwischen lauter Frauen, eine schöner als die andere, die alle verzweifelt um seine Aufmerksamkeit buhlten.

Aber sie wusste, dass er auf sie wartete.

Oder zumindest hoffte sie es.

Als sie auf dem Laufsteg war, hatte Travis’ Anwesenheit sie eher ermutigt, als ihren Fluchtinstinkt zu wecken. Lily hatte es geschafft, tief aus sich selbst die sinnliche Frau hervorzubringen, die sie so gut versteckt gehalten hatte.

Endlich würde sie Travis zeigen, wovon er sich so lange abgewendet und was er verpasst hatte.

Lust.

Lily wusste, dass die meisten Leute sie als schüchterne, graue Maus sahen. Sie sagte selten ihre Meinung, und an der Kinokasse drängelten sich bei ihr immer alle vor. Am Anfang hatte es weh getan, aber als sie sich daran gewöhnt hatte, übersehen zu werden, wurde es fast zu einem Trost. Lily konnte immer im Hintergrund verschwinden, und sie nutzte ihre Unsichtbarkeit wie eine Rüstung, um sich zu schützen.

Und ihr größtes Geheimnis, das, was niemand auch in einer Million Jahren hätte erraten können und was sie nie mit jemandem geteilt hatte, war, wie sinnlich sie eigentlich war. In kalten Nächten schloss sich Lily am liebsten im Badezimmer ein, legte sich in das warme, nach Rosen duftende Wasser der Badewanne und erfand dabei in ihrem Kopf fantasievolle Sexszenen, in denen immer Travis die Hauptrolle spielte.

Sie erinnerte sich immer noch an den Abend vor so vielen Jahren nach ihrem ersten Footballspiel an der Highschool. Sie hatte so getan, als würde sie sich das Spiel ansehen, aber ihr Blick hatte den ganzen Abend nicht von Travis abgelassen, der mit den harten Jungs abhing. Jedes Mal, wenn seine Finger über die Schultern der Cheerleaderin strichen, mit der er zusammen war, schoss Lily ein Schauer über den Rücken. Nach der ersten Hälfte des Spiels war er mit der Cheerleaderin im Schlepptau hinter der Tribüne verschwunden. Unauffällig hatte sich Lily aus der Menge gelöst. Sie hatte im Schatten gestanden und beobachtet, wie Travis das Mädchen streichelte und küsste und sie schließlich mit seinem Mund zum Orgasmus brachte.

Seit dieser Nacht hatte Lily davon geträumt, dass Travis sie berührte und streichelte. Immer und immer wieder brachte sie sich selbst zum Höhepunkt der Erregung und während sie sich dem Orgasmus hingab, kam Travis’ Name über ihre Lippen.

Lily war nie in der Lage gewesen, ihr Verlangen nach Travis zu überwinden und sich in einen anderen zu verlieben. Aber auch wenn sie nicht auf der Suche nach Liebe war, war sie nicht abgeneigt, einen Liebhaber zu haben. In den letzten zehn Jahren hatte sie mit einigen Männern ihr Bett geteilt, aber keiner der Männer, mit denen sie zusammen gewesen war, hatte ihr jemals die aufregenden Gefühle geschenkt, von denen sie träumte.

Niemand würde je erfahren, wie sehr sie sich Travis als ihren Liebhaber wünschte, den einen Mann, den sie niemals würde haben können, weil er in der fünften Klasse irgendwann beschlossen hatte, dass sie nicht mehr existierte.

Aber seit sie Das Kleid trug, hatte sich alles verändert. Ihre Träume konnten in Erfüllung gehen. Aber nur, wenn sie den Mut aufbringen würde, sie wahr zu machen.

Lily bewegte sich auf ihn zu, und hielt, voller sinnlicher Vorfreude, seinem Blick stand. Ihre üblichen Zweifel, dass er sie nicht wollen würde, schob sie beiseite. Egal, was sie tun müsste, egal, wer sie sein müsste, sie würde Travis in dieser Nacht für sich gewinnen.

Travis’ Blick hatte sie dazu auserkoren, ihm zu gehören, ihm allein. Endlich glaubte sie, dass sie einander als Mann und Frau verstanden. Und jetzt stand sie nur um Zentimeter von ihm entfernt, ihre vollen Brüste drückten sich gegen sein T-Shirt, und seine Hitze brannte in ihr.

Zwanzig Leidensjahre lösten sich in Nichts auf. Das Einzige, was für Lily zählte, war die Lust, die jetzt durch ihre Adern strömte.