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Cassy fällt aus allen Wolken, als sie ihrem neuen Boss gegenübersteht: Genau dieser Mann ist ihr letzte Nacht im Traum erschienen - und zwar vor dem Altar, als sie selbst ein weißes Hochzeitskleid trug. Cassy ist sich sicher: Das kann kein Zufall sein! Adrian ist nicht nur ihr neuer Boss, sondern auch ihr zukünftiger Ehemann. Adrian kann sich nur in seinen schlimmsten Albträumen vorstellen, eine Beziehung einzugehen. Er ist ein unfassbar attraktiver Anwalt und ein Magnet für alle Frauen. Einem Abenteuer ist er allerdings nie abgeneigt, und seine neue Assistentin macht ihn ziemlich an. Cassy lässt sich auf die heißen Spiele mit ihrem Boss ein, doch irgendwann muss Adrian sich entscheiden, was er wirklich will – oder er verliert Cassy für immer …
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 - Cassy
Kapitel 2 - Cassy
Kapitel 3 - Cassy
Kapitel 4 - Adrian
Kapitel 5 - Adrian
Kapitel 6 - Cassy
Kapitel 7 - Cassy
Kapitel 8 - Cassy
Kapitel 9 - Adrian
Kapitel 10 - Cassy
Kapitel 11 - Cassy
Kapitel 12 - Cassy
Kapitel 13 - Cassy
Kapitel 14 - Adrian
Kapitel 15 - Cassy
Kapitel 16 - Cassy
Kapitel 17 - Cassy
Kapitel 18 - Adrian
Kapitel 19 - Cassy
Kapitel 20 - Cassy
Drei Jahre später
Impressum
„Weißt du, was ich letzte Nacht geträumt habe?“, begrüße ich meine Kollegin Vivian aufgeregt, als ich an einem Manic Monday pünktlich um neun Uhr im Büro einlaufe.
„Verschone mich mit solchen Fragen zu einer Zeit, zu der ich eigentlich noch schlafen sollte“, knurrt Vivian ungnädig und massiert ihre Schläfen.
„Ausgerechnet heute habe ich eine Stunde früher angefangen, weil Thore einen wichtigen Termin hat und ich einiges vorbereiten musste. Mir bleibt auch nichts erspart.“
Sie gähnt herzhaft und gibt sich keine Mühe, ihre Unlust zu verbergen. So beginnt eigentlich jeder Montag mit ihr. Man sollte sie generell nicht vor der Mittagszeit ansprechen – und montags am besten überhaupt nicht. Da muss sie sich von ihrem ausschweifenden Wochenende erholen.
Ich ziehe meine Jacke aus, hänge sie in den Schrank und schalte meinen Computer ein. Na, dann eben nicht. Vielleicht kann ich heute Nachmittag das Wort an Vivian richten, wenn sie wieder wach ist.
„Ich hasse diese rhetorischen Fragen“, höre ich Vivian fluchen. „Woher soll ich denn wissen, was du geträumt hast? Und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht.“
„Jaja, schon gut“, schnappe ich. „Ich kenne deine miese Laune am Montagmorgen, aber du musst sie nicht immer an mir auslassen. Ich kann nichts dafür, wenn du es am Wochenende derartig krachen lässt, dass man mit dir danach erstmal nichts mehr anfangen kann.“
„Ich genieße eben mein Leben“, murmelt Vivian mit geschlossenen Augen.
Sie sieht aus, als würde ihr Kopf jeden Augenblick auf die Tischkante knallen. Vielleicht sollte ich vorsichtshalber ein Kissen auf ihren Schreibtisch legen, damit sie sich nicht verletzt. Das hatten wir alles schon.
„Glaubst du nicht, dass du es ein bisschen übertreibst?“, frage ich nicht zum ersten Mal.
Ich habe nichts gegen Partys, aber sie müssen nicht bis morgens um fünf dauern – und das zwei Tage hintereinander. Kein Wunder, dass Vivian montags völlig neben der Spur ist.
„Nein, glaube ich nicht. Sonst würde ich es ja nicht tun“, erwidert Vivian, ohne ihre Augen zu öffnen.
Das war wohl die zweite unnötige Frage, die ich ihr heute gestellt habe.
Nun gut, Vivi muss selbst wissen, was sie tut. Seit sich ihr Freund Marc vor einem halben Jahr Hals über Kopf von ihr getrennt hat, ist sie irgendwie gar nicht mehr sie selbst. Vorher war sie Marc treu ergeben, und das sieben Jahre lang. Sie hat andere Männer nicht mal angeguckt. Aber seit er weg ist, schleppt sie einen Typen nach dem anderen ab. Wenn sie es genießen würde, würde ich ja gar nichts sagen, aber ich habe den Eindruck, dass sie lediglich ihren Schmerz über die Trennung betäuben will – was ihr meiner Meinung nach aber nicht gelingt. Insgeheim hängt sie nämlich immer noch an Marc und würde ihn sofort zurücknehmen, da bin ich mir sicher.
„Ich hole mir erstmal einen Milchkaffee“, verkünde ich. „Soll ich dir einen mitbringen? Mit der doppelten Menge Kaffee?“
„Der dreifachen“, nuschelt Vivian und fährt sich übers Gesicht. „Ja, danke, sehr gern, Cassy.“
Ich nehme Kurs auf die Küche und stoße fast mit Melanie zusammen. Melanie hat immer gute Laune, auch an einem Montagmorgen. Sie arbeitet für den obersten Boss und weiß immer als erste, was läuft.
Die Unternehmensberatung Abendroth & Partner hat zahlreiche Niederlassungen in ganz Europa und unsere in Berlin ist mit 200 Angestellten die größte in Deutschland. Viele der Führungskräfte sind Rechtsanwälte, die sozusagen „rotieren“, was bedeutet, dass sie mal in der einen, mal in der anderen Dependance arbeiten.
Leider hat es diesmal meinen Vorgesetzten Mike getroffen. Mike ist Brite und stammt ursprünglich aus London. Er war zwei Jahre in Berlin und in dieser Zeit habe ich für ihn gearbeitet. Das hat viel Spaß gemacht, denn er ist sehr umgänglich, gut strukturiert und ein super Chef. Letzte Woche ist er nach London zurückgekehrt und nun warte ich auf seinen Nachfolger.
„Guten morgen, Cassy“, begrüßt Melanie mich strahlend und schiebt sich einen Keks in den Mund. Sie nascht ständig und ist trotzdem gertenschlank, das ist wirklich beneidenswert. Wenn ich so viel Süßkram essen würde wie sie, würde ich schon längst nicht mehr durch die Tür passen.
„Bist du auch schon von Vivi angeraunzt worden?“, grinst Melanie. „Sie ist mal wieder übelst drauf und sieht es als persönlichen Affront an, dass sie heute eine Stunde früher aufstehen musste. Man traut sich bald nicht mehr, überhaupt noch was zu sagen.“
„Allerdings“, stimme ich Melanie zu und stelle eine Tasse unter die Espresso-Maschine. „Montags ist sie unausstehlich.“
„Mach dir nichts draus. Kommst du später mal zu mir ins Büro?“, lächelt Melanie. „Ich habe eine tolle Neuigkeit für dich.“
Ich drücke auf die Taste für Milchkaffee und sehe Melanie neugierig an.
„Eine tolle Neuigkeit? Welche denn?“, will ich wissen.
Melanie macht ein geheimnisvolles Gesicht.
„Das erzähle ich dir dann. Nur soviel: Du bekommst einen fantastischen neuen Boss!“
„Einen fantastischen neuen Boss?“, wiederhole ich aufgeregt. „Wie meinst du das? Was ist so fantastisch an ihm?“
„Das wirst du schon noch früh genug sehen“, verspricht Melanie mir. „Er ist eine echte Augenweide.“
Jetzt werde ich noch aufgeregter.
„Eine echte Augenweide?“, plappere ich wie ein Papagei. Zu mehr reicht es bei mir offensichtlich nicht mehr.
Melanie nickt. „Er sieht einfach unglaublich aus“, schwärmt sie. „Wenn man ihn sieht, kann man eigentlich nur noch an eins denken.“
Überrascht schaue ich Melanie an. Sie ist normalerweise nicht der Typ, der so etwas über einen Vorgesetzten sagt.
„Das ist Fluch und Segen zugleich“, zwinkert sie mir zu. „Einerseits ist es toll, für einen so attraktiven Mann zu arbeiten. Andererseits kann es schwierig werden, weil man sich kaum noch auf den Job konzentrieren kann.“
„Das werde ich schon schaffen“, bin ich zuversichtlich, nehme die Tasse vom Abtropfgestell und stelle die nächste hin. Wunschgemäß bereite ich den zweiten Milchkaffee mit der dreifachen Menge an Espresso zu und balanciere die beiden Heißgetränke in unser Büro. Was tut man nicht alles, um seine partysüchtige Kollegin ein bisschen aufzuheitern!
„Du bist ein Schatz“, empfängt Vivian mich, die inzwischen ihre Augen halb geöffnet hat.
„Sorry, dass ich eben so ungnädig zu dir war. Aber eine Stunde früher aufzustehen und mich mit einem 40-seitigen Vertrag zu quälen, übersteigt definitiv meine Kapazitäten an einem Montagmorgen. Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht anschnauzen. Also, wovon hast du geträumt?“
Dankbar greift sie nach der Tasse und inhaliert das köstlich duftende Getränk.
Ich lasse mich an meinem Schreibtisch nieder und gönne mir ebenfalls ein paar Schlucke, bevor ich antworte.
„Ich habe von meiner Hochzeit geträumt“, eröffne ich Vivian. „Ich stand in einem weißen Kleid in der Kirche vor dem Altar und ein unfassbar gut aussehender Mann stand neben mir. Er hat mich total verliebt angeguckt und mir einen Ring an den Finger gesteckt. Ich weiß, das hört sich furchtbar kitschig an, aber es war so irrsinnig real. Als ich wach wurde, dachte ich wirklich, ich hätte gerade geheiratet.“
Vivian zieht ihre Augenbrauen zusammen.
„Aber du willst doch gar nicht heiraten, oder?“, erkundigt sie sich und schüttelt den Kopf.
„Jedenfalls hast du noch nie etwas davon gesagt.“
Ich zucke mit den Schultern.
„Das ist ja gerade das Merkwürdige“, erwidere ich. „Ich bin wirklich die Letzte, die davon träumt, zu heiraten – und schon gar nicht in einem weißen Kleid. Diese typischen Hochzeiten sind für mich der Inbegriff von Spießigkeit. Das würde ich mir niemals antun. Aber warum träume ich dann so einen Quatsch?“
Vivian lehnt sich auf ihrem Stuhl nach hinten und blickt mich nachdenklich an.
„Vielleicht ist es nicht die Hochzeit selbst“, vermutet sie. „Selbst, wenn du für diese Zeremonie nichts übrig hast, kann es trotzdem sein, dass du dich nach dem sehnst, was dahinter steht: bedingungslose Liebe, ein gemeinsames Leben, eine Einheit mit einem anderen Menschen. Könnte das sein?“
Ich hole tief Luft. Damit hat Vivian höchstwahrscheinlich den Nagel auf den Kopf getroffen.
„Ja, das kann gut sein“, bestätige ich. „Bisher wollten sich die Männer ja nie so richtig auf mich einlassen.“
Das scheint das Schicksal meines Lebens zu sein. Ich bin immer diejenige, die man zwar toll findet, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Ich eigne mich für eine heiße Nacht oder für eine Affäre, aber niemals zu einer festen, langfristigen Beziehung. Wann immer ich einem Mann näherkomme, fällt ihm plötzlich ein, dass ich doch nicht die Frau seiner Träume bin oder er noch an seiner Exfreundin hängt.
Wie oft habe ich den verletzenden Satz „Tut mir leid, aber gefühlsmäßig reicht es einfach nicht aus“ schon gehört! Das tat jedes Mal verdammt weh.
Seitdem habe ich mich ziemlich zurückgezogen, was Männerbekanntschaften angeht. Ich möchte nicht immer als die zweite Wahl deklariert werden, und etwas anderes höre ich
sowieso nie.
„Mensch, Cassy, du bist eine tolle Frau“, versucht Vivian mich aufzuheitern, die offenbar merkt, wie elend mir gerade zumute ist.
„Es ist nicht schön, immer nur die ‚Besser als nichts Lösung‘ zu spielen. Lass dir eins gesagt sein, Süße: Es liegt nicht an dir, sondern an den bescheuerten Männern. Es gibt heutzutage kaum noch Männer, die sich wirklich auf eine ernsthafte Partnerschaft einlassen wollen.“
„Das glaube ich nicht“, widerspreche ich. „Es gibt genug Männer, die sich auf eine feste Beziehung einlassen wollen – nur eben nicht mit mir. Irgendetwas muss ich an mir haben, das die Männer abschreckt.“
„Bilde dir bloß nicht so einen Blödsinn ein“, weist Vivian mich zurecht. „Du hast den richtigen Mann nur noch nicht gefunden. Und ich auch nicht. Ich dachte zwar sieben Jahre lang, Marc sei der Richtige, aber das hat sich als größter Irrtum meines Lebens erwiesen.“
Ein bitterer Zug erscheint um ihren Mund. Offenbar müssen wir uns jetzt gegenseitig trösten.
„Marc wusste wohl nicht, was er an dir hatte“, sage ich. „Es ist bloß etwas seltsam, dass ihm das erst nach sieben Jahren eingefallen ist.“
Die Tasse in Vivians Hand beginnt zu zittern.
„Er fand unsere Beziehung in der letzten Zeit zu langweilig“, erklärt sie mir zum wiederholten Mal.
„Er meinte, er würde das Knistern und Prickeln vermissen, das am Anfang da gewesen ist. Wahrscheinlich hat ihm noch niemand erzählt, dass das irgendwann ganz automatisch aufhört. Wenn er das haben will, muss er alle zwei Jahre eine neue Beziehung eingehen. Viel Spaß dabei. Das ist nämlich echt anstrengend. Du musst erstmal jemanden finden, ihn dann besser kennenlernen, er muss dich auch wollen … Das alles dauert doch Jahre! Eigentlich kann man froh sein, wenn man jemanden hat, mit dem es ganz gut klappt. Aber nein, die Männer wollen immer alles haben – und werden am Ende mit gar nichts dastehen.“
Vivian sieht sehr verletzt aus. Ich kann sie gut verstehen. Es ist alles andere als einfach, den richtigen Partner fürs Leben zu finden. Und wenn man glaubt, dass man ihn gefunden hat, ist es besonders bitter, wenn er wieder geht.
Den richtigen Partner fürs Bett hingegen findet man sehr leicht. Aber das ist nicht das, was ich will. Und wenn Vivian ehrlich ist, ist es auch nicht das, was sie sucht.
„Er wird schon irgendwann merken, dass das nicht funktioniert“, glaube ich. „Dann muss er sich entscheiden, was ihm wichtiger ist – das kurzfristige Prickeln oder eine langfristige Partnerschaft. Beides zusammen geht nun mal nicht.“
Vivian holt tief Luft.
„Es ist schon krass, was unser Unterbewusstsein mit uns macht“, resümiert sie. „Ich glaube wirklich, der Traum von deiner eigenen Hochzeit war dein Unterbewusstsein, das dir klarmacht, dass du einen Kerl für eine feste Beziehung haben willst. Und dieser Wunsch hat sich in diesem Traum manifestiert. Vielleicht solltest du doch noch mal auf die Suche gehen?“
Ich lache bitter auf.
„Ehrlich gesagt habe ich den Glauben längst verloren, dass ich jemals einen Mann finden werde, der nicht nur ein flüchtiges Abenteuer sucht“, sage ich resigniert. „Ich bin es leid, immer nur Männer kennenzulernen, die sich auf nichts Festes einlassen wollen. Mir steht das bis ganz oben.“
Vivian schweigt eine Weile. Es ist genau das, was sie seit Monaten lebt: schnelle Nächte, heiße Flirts, wilde Affären. Bloß nichts Festes, Verbindliches, das auch nur ansatzweise wie eine Beziehung aussieht. Sie lebt genau das Gegenteil von dem, was ich im Grunde meines Herzens haben will.
„Eigentlich wollen wir alle doch nur das Eine“, sagt sie leise und ihre Augen werden blank. „Einen Menschen, der dich von ganzem Herzen liebt und immer bei dir ist. Auf den du dich in jeder Situation verlassen kannst und der immer für dich da ist. Der Partner fürs Leben halt.“
Ich nicke mit einem Kloß im Hals.
„Das wäre schön“, pflichte ich meiner Kollegin bei. „Aber wo soll man den bloß finden? Im Internet klappt das jedenfalls nicht. Ich weiß nicht, warum, aber dort tummeln sich nur Idioten.“
„Viele Paare lernen sich am Arbeitsplatz kennen“, teilt Vivian mir mit. „Vielleicht sollten wir uns hier mal umsehen. Genug Auswahl hätten wir zweifellos.“
„Die meisten Männer, die hier arbeiten, sind schon verheiratet“, wende ich ein. „Sonst wäre das keine schlechte Idee.“
„Vielleicht taucht irgendwann ein Mann auf, der infrage kommt“, hofft Vivian. „Hier rotieren doch so viele Anwälte. Möglicherweise kommt mal jemand Neues vorbei?“
Das erinnert mich an Melanies Neuigkeit.
„Es kommt tatsächlich jemand Neues“, informiere ich Vivian. „Melanie hat mir eben erzählt, dass der Nachfolger von Mike ein äußerst attraktiver Mann sein soll.“
Vivian grinst breit.
„Da hätten wir ja schon den geeigneten Kandidaten“, findet sie. „Du nimmst einfach deinen Boss.“
„Gute Idee“, sage ich lachend. „Man soll ja nach den Sternen greifen, stimmt’s?“
„So ist es“, bestätigt Vivian. „Immer hoch hinaus.“
Na, dann mal los!
Leider ist Melanie für den Rest des Tages so eingespannt, dass sie keine Zeit für einen Plausch über meinen neuen Boss hat. Jetzt weiß ich immer noch nicht, wer er ist und wie er aussieht. Aber das werde ich schon noch früh genug erfahren.
Immerhin erhalte ich eine Mail von Melanie mit der Info, dass ER voraussichtlich schon am nächsten Tag bei uns eintreffen wird. Ich bin sehr gespannt.
Als ich abends zu Hause angekommen bin und mich mit meinen beiden Katzen Snoopy und Putzel bei einem grünen Tee und meditativer Musik entspanne, muss ich wieder an Vivians Ansprache denken.
Ja, verdammt noch mal, sie hat recht! Ich sehne mich nach einem Mann, der zu mir gehört und mit dem ich mein Leben teilen kann. Ich habe genug von One-Night-Stands, Affären und leeren Versprechungen. Ich habe genug davon, auf Anrufe von irgendwelchen Typen zu warten, die sich nie wieder melden, obwohl sie es hoch und heilig versprochen haben. Ich bin es leid, immer wieder abserviert zu werden, weil andere Frauen scheinbar interessanter und faszinierender sind als ich.
Warum bin ich immer nur die zweite Wahl? Was ist an anderen Frauen besser als an mir?
Ein einziges Mal war es anders. Für meinen ersten Freund war ich tatsächlich die Frau, und nach sechs Jahren Beziehung sprachen wir sogar schon von Heiraten und Kindern.
Aber dann fiel ihm auf einmal ein, dass er mit seinen zarten 23 Jahren noch viel zu jung war, um sich fest zu binden. Tom bekam regelrecht Torschlusspanik, als er sich vorstellte, dass die erste Frau, mit der er jemals geschlafen hatte, auch die einzige Frau sein sollte. Er wollte plötzlich „noch etwas erleben“ – und das implizierte vor allem sexuelle Erlebnisse mit anderen Frauen. Er hatte Angst, dass er irgendwann feststellen würde, dass er etwas verpasst hatte.
Für mich war das ein sehr obskurer Grund, unsere Beziehung zu beenden, aber ich konnte ihn nicht zwingen, bei mir zu bleiben.
Das ist mittlerweile 13 Jahre her und seitdem habe ich keine ernsthafte Beziehung mehr gehabt. Langsam zweifele ich wirklich an mir selbst.
Alle in meinem Freundeskreis leben in festen, langjährigen Beziehungen, heiraten, bekommen Kinder, bauen ein Haus und sind glücklich. Nur ich bin und bleibe der ewige Single. Es ist wirklich zum Heulen.
Ganz egal, wie oft mir meine Freunde auch sagen, dass mit mir alles in Ordnung ist und es an den merkwürdigen Männern liegt – beruhigen können sie mich mit diesen Aussagen nicht. Vielleicht liegt es doch an mir. Vielleicht werde ich niemals den Richtigen finden, weil ich nicht die Richtige bin. Für niemanden.
Dabei hat es sich im Traum so schön angefühlt, als er mich warmherzig und voller Liebe anlächelte. Er – mein Mann. Selbst im Traum war dieses Gefühl ganz stark und mächtig.
Aber leider ist er nur ein Phantom. Den Mann aus meinem Hochzeitstraum gibt es in der Realität nicht. Und wenn es ihn doch irgendwo gibt, werde ich ihn wahrscheinlich niemals finden.
Der Traum verfolgt mich am nächsten Tag immer noch, obwohl ich mir dauernd sage, dass ich überhaupt nicht heiraten will, schon gar nicht in Weiß.
Aber die Sehnsucht, die dahinter steckt, sitzt tief in mir wie ein Stachel, den man nicht herausziehen kann. Entsprechend mies ist meine Laune, und auch Vivian kann mich nicht aufheitern.
„Irgendwann wird der Richtige schon kommen“, tut sie optimistisch. „Da bin ich ganz sicher. Du musst nur fest daran glauben.“
„Irgendwann ist zu spät“, murmele ich und begieße die Blumen, die unser Zimmer verschönern.
„Vergiss nicht – ich bin 35. Wenn ich Mister Right nicht in Kürze finde, ist es vorbei mit Kindern und einer Familie. Dann bin ich schlichtweg zu alt dafür. Ist das nicht ein grauenvoller Gedanke? Ich wollte nie heiraten, aber Kinder wollte ich immer haben. Bloß: Ohne Kerl ist das schwerlich möglich.“
„Du könntest dich von einem One-Night-Stand schwängern lassen“, schlägt Vivian vor, die heute wieder wach ist.
„Wenn es dir nur darum geht, Kinder zu bekommen, ist das die einfachste Möglichkeit. Du rechnest deine fruchtbaren Tage aus, gehst auf die Pirsch und zack – schon hast du einen Braten in der Röhre.“
Ich verdrehe meine Augen.
„Vivi, du weißt genau, dass ich das so nicht will. Ich will, dass meine Kinder in einer harmonischen Familie aufwachsen, mit einer Mutter und einem Vater. Das mag zwar heutzutage ein Auslaufmodell sein, aber da bin ich altmodisch. Ich bin der Überzeugung, dass die Kids sowohl einen weiblichen als auch einen männlichen Part haben sollten.“
„Besser alleinerziehend als gar kein Kind“, findet Vivian und hackt auf ihre Tastatur ein. „Ich würde mir das an deiner Stelle recht bald überlegen. Denn du hast recht – die biologische Uhr tickt. Meine übrigens auch. Ich will auch unbedingt Kinder haben. Vielleicht schleppe ich deshalb so viele Männer ab – ich suche unterbewusst den Vater meiner Kinder. Aber bisher habe ich noch keinen gefunden, der infrage kommt.“
Mein Telefon klingelt und ich drücke auf die grüne Taste.
„Cassandra Carstens, guten Tag“, melde ich mich.
„Hey, Cassy“, höre ich Melanies aufgeregte Stimme. „Es ist soweit: Dein Boss ist auf dem Weg zu dir. Zieh dir die Lippen nach und setz dein schönstes Lächeln auf – er ist es wert. Oh Mann, ich beneide dich echt, dass du für ihn arbeiten darfst.“
Sie klingt völlig überdreht. So kenne ich sie überhaupt nicht.
„Sieht er wirklich so gut aus?“, frage ich. „Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Mir ist hier noch kein Typ über den Weg gelaufen, der besser aussieht als allenfalls durchschnittlich.“
„Er ist der Hammer“, schwärmt Melanie. „Der absolute Oberknaller. Ich glaube, ich werde jetzt öfter bei dir im Büro vorbeischauen, um einen Blick auf ihn zu erhaschen. Und diese Stimme! Er hat eine unfassbar erotische Stimme. Und er riecht so gut. Das ganze Büro duftet nach ihm. Oje, ich bin völlig durch den Wind.“
Das scheint mir auch so. Ob Melanie nicht ein bisschen übertreibt?
Als ich Schritte auf dem Flur höre, stehe ich erwartungsvoll auf. Das wird er dann wohl sein, mein neuer Chef. Bis jetzt weiß ich nicht mal seinen Namen.
„Da bin ich ja mal gespannt“, sagt Vivian und schaut erwartungsvoll zur Tür.
Dann passiert es. Ein Mann betritt unser Zimmer und ich erstarre zur Salzsäule.
Melanie hat recht: Er sieht unfassbar gut aus. Breite Schultern, muskulöse Oberarme, über denen sich sein weißes Hemd spannt, unheimlich gut durchtrainiert, ein markantes Gesicht mit einem sexy Drei-Tage-Bart und hammermäßigen grünen Augen, dunkle Haare. Er sieht aus wie ein Model, das gerade vom Shooting kommt. Einfach zum Niederknien.
Das allein wäre Grund genug, um Herzflimmern zu kriegen. Aber es gibt noch einen anderen Grund, warum sich alles um mich herum plötzlich zu drehen beginnt.
Ich kenne diesen Mann. Ich habe ihn schon einmal gesehen. Er hat mich voller Liebe angelächelt und meine Hand gehalten.
Er ist der Mann aus meinem Hochzeitstraum!
„Guten Tag, meine Damen, ich bin Adrian Adelmeyer“, sagt eine erotische, tiefe Stimme, die mir sofort eine Gänsehaut am ganzen Körper beschert.
„Ich arbeite ab heute hier und hoffe, dass Sie mich tatkräftig unterstützen werden.“
Der Mann hat eine dermaßen umwerfende Ausstrahlung, dass ich ganz weiche Knie bekomme. Sein betörender Duft nebelt mich völlig ein, seine Stimme klingt in mir nach und der Blick aus seinen wunderschönen Augen geht mir durch und durch. Ich bin außerstande, irgendetwas zu sagen.
Vivian räuspert sich.
„Herzlich willkommen“, sagt sie mit piepsiger Stimme, die ich noch nie bei ihr gehört habe. Ihr Blick ist glasig – und merkt sie eigentlich, dass sie ihren Mund weit aufgeklappt hat? Es fehlt nur noch, dass sie anfängt zu sabbern.
„Natürlich unterstützen wir Sie tatkräftig“, beeilt sich Vivian zu versichern. „In jeder Hinsicht.“
Ihr entrückter Gesichtsausdruck lässt keinen Zweifel daran, wobei sie diesen attraktiven Mann am allerliebsten unterstützen würde.
Starre ich ihn eigentlich genauso hungrig an? Wir wirken bestimmt wie zwei chronisch untervögelte, frustrierte, bedürftige Weiber – was in meinem Fall auch stimmt.
Adrian nickt uns knapp zu.
„Das freut mich.“
Ich bin wie angewurzelt und kann mich nicht mehr bewegen. Wieso ist der Heiratsmann aus meinem Traum plötzlich mein Boss? Was hat das zu bedeuten? Hat es überhaupt etwas zu bedeuten? Habe ich neuerdings hellseherische Fähigkeiten? Oder sind es doch eher Halluzinationen? Ist das Schicksal? Hat soeben mein zukünftiger Mann das Büro betreten? Oder drehe ich langsam durch?
Adrians Blick wandert von Vivian zu mir und wieder zurück.
„Wer von Ihnen ist Frau Carstens?“, will er wissen.
Du liebe Zeit, wir haben uns ihm nicht mal vorgestellt, so paralysiert sind wir!
„Ich bin Frau Carstens“, erinnere ich mich gerade noch und strecke ihm meine Hand entgegen. „Cassandra Carstens.“
Mein Name ist Bond, Baby. James Bond.
Sein Händedruck ist fest und kräftig, der Blick aus seinen Augen jagt mir heiße Schauer über den Rücken.
„Angenehm“, sagt er mit seiner tiefen Gänsehaut-Stimme und lächelt mich an. Sofort geht die Sonne auf.
„Auf gute Zusammenarbeit.“
„Ja“, erwidere ich einfallsreich. „Auf gute Zusammenarbeit.“
Adrian lässt meine Hand los und geht ein paar Schritte auf Vivian zu, die wie angetackert auf ihrem Stuhl sitzt und offenbar genauso gelähmt ist wie ich. Sie starrt Adrian einfach nur an. Offenbar hat es ihr komplett die Sprache verschlagen.
„Und wie ist Ihr werter Name?“, erkundigt Adrian sich und streckt ihr ebenfalls seine Hand entgegen.
„Adrian Adelmann“, flüstert Vivian benommen.
Adrian grinst.
„Nein, das kann nicht sein“, entgegnet er. „Das ist mein Name. Zumindest fast. Ich heiße Adelmeyer, nicht Adelmann. Wobei mir Adelmann auch ganz gut gefällt.“
Ob er es gewohnt ist, dass die Frauen bei seinem Anblick völlig austicken? Oder sind wir zwei besonders schräge Exemplare?
„Ähm … ja … nein“, stottert Vivian. „Ich weiß schon, dass Sie Adrian Ackermann sind und nicht ich. Äh, ich meine Adelmann. Nein … öh ... Adelmeyer. So, jetzt habe ich es.“
Na, bravo! Wenigstens eine Gehirnzelle scheint ihre Arbeit noch nicht eingestellt zu haben. Weiter so! Wenn Vivi sich anstrengt, fällt ihr vielleicht sogar noch ihr eigener Name ein.
Nein. Er fällt ihr nicht ein. Es bleibt bei der einen einsamen Gehirnzelle.
„Vivian Vogel“, stelle ich Vivian vor und habe sofort die Assoziation zu ‚vögeln‘. Kein Wunder bei dem Ausbund an Männlichkeit, das vor uns steht und meinem nicht existenten Sexleben.
Ob Adrian Hochadel auch so unzüchtige Gedanken hat?
„Angenehm“, sagt er und schüttelt Vivians Hand, die ihn so verklärt ansieht, als würde er etwas ganz anderes mit ihr tun.
„Sie arbeitet für Herrn Nettig“, informiere ich Adrian, damit er erst gar nicht auf dumme Gedanken kommt.
Ich arbeite für ihn. Vivian hat dafür keine Zeit, denn sie ist Thore zugeteilt. Adrian kann sich mit allen Belangen an mich wenden.
Ich bin seine Sekretärin, niemand sonst. Er gehört mir! Mir ganz allein!
„Aber natürlich können Sie mich jederzeit ansprechen“, hat dieses Biest von Vivian auf einmal seine Sprache wiedergefunden.
„Ich habe sicher Zeit, dann und wann etwas für Sie einzuschieben.“
Klar, das kann ich mir lebhaft vorstellen, dass sie sich gern was von Adrian würde einschieben lassen! Das werde ich aber zu verhindern wissen! Schließlich stand ich mit ihm vor dem Traualtar! Keinesfalls wird sie mir meinen zukünftigen Ehegatten wegnehmen! Das kommt überhaupt nicht in die Tüte!
„Das wird nicht nötig sein, denn ich kann Herrn Adler… äh … Dingsda … meine volle Aufmerksamkeit widmen“, kanzele ich Vivian mit honigsüßer Stimme ab. „Schließlich bin ich seine Assistentin. Ich halte gern selbst alle Fäden in der Hand, damit nichts durcheinander gerät. Aber vielen Dank für dein liebenswürdiges Angebot, das ich jedoch dankend ablehne.“
Vivian guckt mich verdattert an. Bisher habe ich es noch nie abgelehnt, wenn sie mir arbeitstechnisch unter die Arme greifen wollte. Aber bisher hatte ich auch noch keinen Boss, bei dem man schon einen Orgasmus kriegt, wenn man ihn nur anschaut.
„Ich werde mich jetzt erstmal mit dem Computer vertraut machen“, eröffnet Adrian uns. „Frau Carstens, es wäre schön, wenn Sie heute Nachmittag zu mir kommen könnten. Richten Sie sich auf ein Zeitfenster zwischen 14 und 15 Uhr ein.“
„Ja, natürlich“, salutiere ich, während sich mein Blick an seinen Oberarmen festsaugt. Wenn er sie anspannt, reißt bestimmt der Stoff seines Hemdes. Er muss wahnsinnig viel trainieren.
Ich liebe disziplinierte Männer, die sich um ihren Körper kümmern! Leider scheitere ich selbst regelmäßig an diesem Vorhaben. Wenn es regnet, bringen mich keine zehn Pferde nach draußen, um zu joggen.
Adrian nickt mir zu, verschwindet dann in seinem Büro und schließt die Tür hinter sich. Vivian und ich starren uns benommen an.
„Der Typ ist der Hammer“, flüstert Vivian und verdreht die Augen. „Einen so heißen Mann habe ich in echt noch nie gesehen, höchstens auf irgendwelchen Werbeplakaten. Und du bist übrigens echt gemein. Warum hast du gesagt, dass ich dir nicht helfen soll? Wie kann man so egoistisch sein? Gönn mir doch auch mal was! Nichts gegen Thore, aber mit seinem dicken Bauch und der Halbglatze ist er nicht gerade ein Ausbund an Attraktivität.“
Mein Herz klopft mir bis zum Hals. Ich kann das alles immer noch nicht fassen. Was passiert hier gerade? Ist das ein Omen?
„Vivi“, krächze ich. „Ich habe dir doch von meinem Heiratstraum erzählt. Der Mann, der am Altar neben mir stand …. das war er. Adrian Adelmeyer.“
Na, bravo, wenigstens konnte ich mir den Namen meines Zukünftigen merken.
Cassandra Carstens-Adelmeyer. Man braucht schon etwas Zeit, um diesen Namen auszusprechen, aber die muss man sich eben nehmen. Das dachte sich Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sicher auch.
Vivian starrt mich an wie ein Auto im Kühlschrank. Dann kratzt sie sich am Kopf.
„Hä?!“, macht sie begriffsstutzig. „Wie meinst du das?“
„Wie soll ich das wohl meinen?“, erwidere ich ungeduldig. „Ich habe den Mann, den ich im Begriff war zu heiraten, im Traum deutlich vor mir gesehen. Ich konnte sein Gesicht genau erkennen. Und gerade habe ich dieses Gesicht wieder gesehen. Es ist das von Adrian. Adrian war der Mann vor dem Altar. Der, der mich heiraten wollte.“
Vivian runzelt die Stirn.
„So ein Quatsch. Das bildest du dir ein. Du projizierst deine Wünsche und Gefühle auf deinen neuen Boss“, spielt sie meine Therapeutin. „Wir haben gestern darüber gesprochen, dass sich viele Paare am Arbeitsplatz kennenlernen und ich habe dir gesagt, du sollst deinen neuen Boss nehmen. Da hat sich in deinem Gehirn alles vermischt und du bist etwas durcheinander gekommen. Dein Gehirn kann Traum und Wirklichkeit nicht mehr richtig auseinanderhalten.