Martina, mein Engel, flieg - Anni Reinhardt - E-Book

Martina, mein Engel, flieg E-Book

Anni Reinhardt

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Beschreibung

Martina lebt in Kroatien, geht noch zur Schule und möchte die Sommerferien bei ihrer Tante in Oberschwaben verbringen. Sie bittet ihre Eltern um Erlaubnis und darf mit ihrer Tante nach Deutschland fahren. Sie möchte gern Fahrradfahren und übt es mit ihrem Onkel. Ein tragischer Unfall ereignet sich und das junge Mädchen stirbt. Tante und Onkel, Martinas Eltern, alle Angehörigen und Freunde sind tief betroffen. Martinas Beerdigung soll in Kroatien stattfinden. Die Trauer und die Anteilnahme sind überwältigend. Es heißt: Lebewohl, geliebte Martina, flieg, mein Engel, flieg, wir sehen uns im Himmel wieder.

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Das Schuljahr 1991 nähert sich seinem Ende. Der Schulbus sammelt nochmals an diesem letzten Junitag die Schüler ein. Eine aufgeweckte Schar Jungen und Mädchen steigen in den wartenden Bus ein. Unter ihnen ist auch Martina mit ihrem kleinen Bruder. Die beiden haben Glück, der Bus hält fast vor ihrer Tür. Es sind nur 2 Kilometer bis zu ihrer Schule in Kumrovec, dass im einstigen Jugoslawien ein sehr bekannter Ort ist. Es ist der Geburtsort des Präsidenten Josip Broz Tito, der nach der Gründung des neuen Staates Jugoslawien 1945 dort Präsident wurde und bis zu seinem Tod 1980 mit strenger Hand regierte. Sein Vater war Kroate, die Mutter Slowenin. Sein Geburtshaus ist schon seit Jahren ein Museum und ein Ausflugsziel vieler Schulklassen des ganzen Landes.

Die Kinder freuen sich auf ihre Ferien und heute am letzten Tag werden sie auch Zeugnisse bekommen. Martina gehört zu den besten Schülern. Heute ist ihr letzter Tag an dieser Schule. Schon in den nächsten Tagen wird sie zur Aufnahmeprüfung in die slowenische Kreisstadt Celje eingeladen. Sie will Krankenschwester werden, so wie ihre Tante in Deutschland. Der Abschied von ihrer besten Schulfreundin fällt ihr schwer. Beide weinen und umarmen sich. Sei nicht traurig, wir bleiben in Verbindung. Von dem, das kommen wird, ahnen sie nichts.

Einige Tage danach fährt Martina mit ihrem Opa, der in der Nähe des Grenzflusses Sotla wohnt, nach Celje. Das Mädchen beherrscht die kroatische, die slowenische und die englische Sprache. Sie ist dreisprachig aufgewachsen. Die Prüfung in slowenischer Sprache absolviert sie mit Bravour und wird für Herbst für das neue Schuljahr der Krankenpflege eingetragen. Überglücklich fällt sie ihrem Opa in die Arme. Ich habe bestanden, ruft sie laut und freut sich. Ihr braunes halblanges Haar glänzt in der Sonne und verdeckt ein wenig ihre traurigen Augen. Opa ist stolz auf seine hübsche Enkelin und freut sich mit ihr. Auf ihren Wunsch hin gönnen sich die beiden eine Portion Eis und Martina bekommt noch eine Cremeschnitte dazu, ihr Lieblingsgebäck.

Jetzt erst beginnen für sie die Ferien. Sie hilft ihrer Mutter im Haushalt, füttert die Schweine, Hühner, Katzen und ihren Hund, den sie über alles liebt. An heißen Tagen geht sie mit ihrem Bruder in dem Fluss schwimmen. Abends besucht sie ihre Großeltern drüben in Slowenien, über dem Fluss Sotla, den sie über die enge Brücke überquert. Alle habe sie gern, das Mädchen mit den traurigen Augen.

Jetzt hat sie nur noch einen Wunsch. Sie möchte einmal die Ferien bei ihrer Tante in Oberschwaben verbringen. Es ist ihr stiller Wunsch, verborgen in ihrem jungen Herzen. Die Tante hat den Besuch bereits angekündigt. Martinas liebevolles Herz hüpft vor Freude. Sie kann es kaum erwarten.

Die Tante und ihr Mann brauchen erst mal einige Tage Erholung. Beide sind in ihrem Berufsalltag sehr gefordert und freuen sich nun auf einige schöne Tage auf der Halbinsel Istrien. In einem Hotel der Stadt Porec haben sie ihr Zimmer für eine Woche reservieren lassen. Einmal an nichts denken, ausruhen, die Natur erleben und das Meer genießen. Die Kinder, Sohn und Tochter, sind längst aus dem Haus und gehen eigene Wege. Jetzt können sie einmal an sich denken. Von ihrem Fenster aus sehen sie das Meer. Sie genießen das reichhaltige Frühstück. Die beiden freuen sich über die köstlichen Früchte dieses Landes. Nach einer kurzen Pause packen sie die Badesachen und gehen zum Badestrand. Jetzt, am zeitigen Vormittag ist es noch kein Problem, einen schönen Liegepla, zu finden. Auf dem kurzen Weg zum Strand bieten Einheimische ihre Produkte zu günstigen Preisen an. Vor allem Wassermelonen und Trauben. Pero, so nennt Martina ihren Onkel, greift gerne zu. Endlich erreichen sie das Meer und können nur noch staunen. Auf den großen Steinen nehmen sie Platz und betrachten die unendliche Weite des Meeres. Einige Badegäste schwimmen bereits und in der Ferne ist ein Schiff zu sehen. Jetzt, sagt Pero, gehen wir auch ins Wasser. Sie sind beide keine guten Schwimmer, deshalb bleiben sie in der Nähe des Strandes. Die Sonne heizt schon mächtig auf und am Himmel ist kein Wölkchen. Sie cremen sich gegenseitig ein und gehen wieder Schwimmen. Die frische salzige Luft und das Wasser lassen den anstrengenden Berufsalltag ein wenig vergessen. Anne schmiegt sich eng an ihren Mann und er hält sie mit seiner starken Hand fest. Ihr Alltag ist anstrengend, sie haben wenig Zeit für einander. Sie genießen die Ferien. Keiner weiß, was der neue Tag bringen wird. Die Frage, wie es den Kindern geht, ist immer präsent. Nun wird es noch heißer und sie suchen wieder ihre Unterkunft auf.

Im Hotel angekommen sind sie über das Durcheinander entsetzt. Die einen weinen, die anderen schreien. Was ist geschehen, fragt Anne in ihrer Muttersprache. Es heißt, Serben haben Vukovar bombardiert. Seit Mai 1991 hat es dort Auseinandersetzungen gegeben. Der Krieg ist ausgebrochen.

Die beiden packen ihre Sachen und verabschieden sich.

Sie fahren durch die wunderschöne Natur in Richtung der Hauptstadt Ljubljana. Es ist sehr heiß. Auf den Feldern ist die Fruchternte in vollem Gang. Der Mähdrescher bewegt sich langsam vorwärts und eine Staubwolke schwebt hinter der Maschine. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Frucht reif ist. In der hügeligen Landschaft trotzen Weinreben der glühenden Sonne. Bald erreichen sie das Gestüt Lipizza, die Heimat der Lipizzaner Pferde. Schon die Habsburger haben hier ihre Pferde für die Wiener Hof- Reitschule gezüchtet. Weiße Stuten grasen auf der Koppe umgeben von ihren dunkelbraunen Fohlen. Diese toben wie kleine Kinder umher. Erst mit sieben Jahren bekommen sie ihre weiße Farbe. Kaum zu glauben, jedes Fohlen findet sofort seine Mutter und trinkt. Sie können nur staunen, wie liebevoll die Tiere hier miteinander umgehen. Es hilft alles nichts, sie müssen weiter in Richtung Ljubljana. Auf Deutsch Laibach oder auch klein Salzburg genannt. Ljubljana aber bedeutet die Geliebte. Eine kleine Metropole mit nur 250000 Einwohnern und vielen barocken Bauten. Ein mächtiger Drache ist das Zeichen der Stadt, über der sich eine mächtige Burg, auf der bereits Römer stationierten und im letzten Krieg auch Partisanen lebten, erhebt. Auch Gefängniszellen können dort besichtigt werden. Durch die Stadt fließt der Ljubljanica, Namensgeber der Stadt.

Die beiden müssen weiter. Bis zur nächsten Stadt, der Kreisstadt Celje, einst Cilli genannt, sind es noch über 70 Kilometer. Die Straßen sind nicht die besten und die Zeit drängt. Sie werden von Annes Eltern und der Schwester mit Familie erwartet.

Die Fahrt dauert einige Zeit. Durch das Savinja-Tal ragen rechts und links der Landstraße mächtige Hopfenpflanzen mit ihren Früchten. Es ist das größte Hopfenanbaugebiet Sloweniens. Sie sind mit Hopfenbauern in Tettnang verbunden. Es gäbe auch ein Hopfenmuseum zu besichtigen, aber sie haben keine Zeit. Schon von Weitem grüßt die mächtige Burg der Kreisstadt Celje. Dort lebten im Mittelalter die Grafen von Cilli unabhängig von den Habsburgern. Schauergeschichten wurden über sie erzählt, von Liebschaften, Eifersucht und Rachegelüsten.