Matti & Brian 6: Nur eine Band - Matti Laaksonen - E-Book

Matti & Brian 6: Nur eine Band E-Book

Matti Laaksonen

0,0
2,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

***Neuauflage Februar 2022*** Mike hat für Cigfrain einen Auftritt in Tokio klargemacht, doch es wartet noch viel Arbeit auf sie. In nur wenigen Wochen müssen die Jungs zu einer bühnenreifen Band werden. Wäre da nur nicht das Problem mit Mattis Lampenfieber. Noch dazu stehen die Leistungsüberprüfungen an. Zwischen Unterricht, Hausaufgaben und Bandproben bleibt kaum noch Zeit für Zweisamkeit und als wäre das nicht schon genug, fasst Matti einen Plan, der diesmal Brian an seine Grenzen bringt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Table of Contents

TAG 142: DER TEST

TAG 143: ÄRGER IM PARADIES

TAG 144: WENIG ZEIT

TAG 147: NERD

TAG 153: ERGEBNISSE

TAG 154: STANDPAUKE

TAG 161: BÜHNENANGST

TAG 163: VERSPRECHEN

TAG 165: BRIANS GEBURTSTAG

TAG 166: VALENTINSTAG

TAG 168: NICHT DRAN DENKEN

TAG 188: STRESS

TAG 196: DIE LETZTE PROBE

TAG 200: REISE, REISE

TAG 208: KISTEN PACKEN

TAG 210: MERCHANDISE

TAG 212: LICHTERMEER

TAG 215: SIGHTSEEING

TAG 216: DER HAARFALL

TAG 217: ÜBERRASCHUNG!

DANKSAGUNG

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

2. überarbeitete Neuauflage Februar 2022

Copyright ©2021 Matti Laaksonen

 

Herausgegeben von:

Matti Laaksonen

c/o WirFinden.Es

Naß und Hellie GbR

Kirchgasse 19

65817 Eppstein

E-Mail: [email protected]

 

Covergestaltung unter Verwendung folgender Bildmaterialien:

Creativeqube Design von creativemarket.com

 

Alle Rechte vorbehalten.

Nachdrucke, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors. Personen und Handlungen sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Markennamen sowie Warenzeichen, die in diesem Buch verwendet werden, sind Eigentum der rechtmäßigen Besitzer.

 

Content Notes:

 

In diesem Buch können potenziell triggernde Inhalte vorkommen. Bitte beachtet dazu folgende Punkte:

-

Beschriebene Panikattacke

 

Inhalt

TAG 142: DER TEST

TAG 143: ÄRGER IM PARADIES

TAG 144: WENIG ZEIT

TAG 147: NERD

TAG 153: ERGEBNISSE

TAG 154: STANDPAUKE

TAG 161: BÜHNENANGST

TAG 163: VERSPRECHEN

TAG 165: BRIANS GEBURTSTAG

TAG 166: VALENTINSTAG

TAG 168: NICHT DRAN DENKEN

TAG 188: STRESS

TAG 196: DIE LETZTE PROBE

TAG 200: REISE, REISE

TAG 208: KISTEN PACKEN

TAG 210: MERCHANDISE

TAG 212: LICHTERMEER

TAG 215: SIGHTSEEING

TAG 216: DER HAARFALL

TAG 217: ÜBERRASCHUNG!

DANKSAGUNG

 

-

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Alku aina hankala

(Finnisches Sprichwort)

 

 

 

 

McLair verteilte die Aufgabenblätter mit einem grimmigen Ausdruck im Gesicht, er wirkte fast schon bösartig mit den herabhängenden Mundwinkeln und diesem eigenartigen Funkeln in den Augen. Er legte sie mit dem Aufgabenteil nach unten auf den Tischen und stellte sich vor die Klasse. »Sie haben ab jetzt exakt vier Stunden Zeit. Wehe ich erwische jemandem beim Schummeln! Viel Glück.« Die letzten Wörter spuckte er nur so aus. Seine Lippen zuckten, als wüsste er, dass einige der Schüler in diesem Test schlecht abschneiden würden.

Vor etwas mehr als drei Wochen hatten Matti und Brian in Finnland das neue Jahr gefeiert. Und nun? Drehte er die getackerten Blätter vorsichtig um, so als würde ihm gleich ein Monster entgegenspringen. Er schluckte, als er die Menge an Aufgaben darauf sah. Volle drei Seiten. Das wäre in der vorgegebenen Zeit doch unmöglich zu schaffen. Das Zittern in seinen Fingern verstärkte sich, je mehr er sich ansah. Am Ende gab es sogar einen Teil mit Extraaufgaben für Sonderpunkte!

Es ist nur eine Leistungsüberprüfung, beruhigte er sich und atmete einige Male ein und aus. Um ihn herum raschelte es wie in einem Blätterwald, Stifte kratzten über das Papier und hin und wieder stöhnte ein Mitschüler verzweifelt auf. McLair wanderte durch die Reihen, seine Schritte hallten dabei unheilvoll von den Wänden wie das Ticken einer Zeitbombe, die jeden Augenblick explodieren könnte.

Matti blickte vorsichtig zu Brian. Er saß schon an der ersten Aufgabe und rieb sich mit dem Stift die Augenbraue. Dann schrieb er los, als wäre ihm die Lösung eingefallen, und hackte auf dem Taschenrechner herum.

Fast geräuschlos tauchte McLair hinter Matti auf und räusperte sich laut.

Er fuhr zusammen und drehte seinen Kopf wieder zum Tisch. Die schwarzen Zahlen und Schriftzeichen tanzten vor seinen Augen und ergaben keinen Sinn mehr. Er blinzelte, in der Hoffnung, dass es etwas bringen würde. Aber das tat es nicht. Die Zeichen und Grafiken verschoben sich zu einem Kunstwerk. Kurz schloss Matti die Augen und rieb sich über die Stirn, hinter der sein Gehirn pochte und sich schmerzhaft gegen den Schädel drückte.

Shit, wieso bekomme ich denn ausgerechnet jetzt Kopfweh?

Matti öffnete die Augen und sah auf das Papier. Sein Blick verschwamm immer wieder. Er atmete einmal tief durch und kritzelte los. Panik davor, die Aufgaben nicht zu schaffen, würde ihm nichts bringen. Er widmete sich der ersten Rechnung. Der Stift wirbelte auf dem Papier, in seinem Kopf drehten sich die Zahlen und verschoben sich zu einem chaotischen Wirrwarr, aus dem keine Lösung zu ersehen war. Er schrieb und schrieb und tippte auf seinem Taschenrechner, aber die Aufgaben wollten nicht aufhören. Unendlich langsam schienen der Stift über das Papier und seine Finger auf den Tasten zu schweben. Immer wieder vertippte er sich, weil er so zitterte, und musste erneut beginnen. Jedes Mal verfluchte er sich und jedes Mal wurde seine Furcht ein Stück weit größer. Sie blähte sich in Mattis Innerem auf wie ein Luftballon und drückte auf seine Lungen. Es fiel ihm immer schwerer, zu atmen und sich zu konzentrieren.

»Die Zeit ist um. Stifte weg! Kobayashi, Nakamura, einsammeln«, donnerte McLair. Der Henker bat zum Schafott.

Matti hob erschrocken den Kopf und sah auf sein Blatt.

Was? Wie weit bin ich? Habe ich überhaupt die Hälfte geschafft? Das waren doch nie im Leben vier Stunden?, überschlugen sich seine Gedanken mit einem letzten Blick auf das Papier, bevor ein Mitschüler es unter seiner Nase wegriss und die eingesammelten Exemplare nach vorn zum Lehrer brachte.

Die Luft entwich aus seinem Körper und Matti sackte auf dem Stuhl zusammen, ehe er seine Sachen zusammenschob, in der Tasche verstaute und den Klassenraum schlurfend verließ.

Was war nur los?

Er hatte nichts auf die Reihe bekommen und konnte sich nicht erklären, wieso. Er wusste nur, dass er in diesem Test, mit aller größter Wahrscheinlichkeit, eine miese Leistung abgeliefert hatte.

»Boah, das war ja megaanstrengend«, sagte jemanden aus seiner Klasse. »Wie hast du Aufgabe drei berechnet? Ich bin mir da echt unsicher, ob ich auf den richtigen Winkel gekommen bin.«

»Ich habe keine Ahnung«, meinte eine Mitschülerin. »Bis wohin bist du gekommen?«

»Bis zur dreiundzwanzig«, erklärte eine andere.

»Und diese Extraaufgaben waren echt mal ultraschwer, die habe ich nicht geschafft.«

»Ich habe die erste noch geschafft, aber dann war die Zeit um.« Immer mehr Stimmen gesellten sich dazu und verschmolzen zu einem Orchester der Berechnungen.

Mattis Nerven lagen blank. Seine Hände zitterten immer stärker, je mehr seine Mitschüler über die Ergebnisse und Lösungswege diskutierten, die er allesamt nicht zusammenbekommen hatte. Sein Kopf war leer und er wusste nicht, was er überhaupt geschrieben hatte.

»Wie ist es bei dir gelaufen?« Asuki stand plötzlich vor ihm und sah ihn lächelnd an, aber Matti brachte keinen Ton hervor. Seine Zunge hing taub in seinem Mund wie ein lebloser Fleischlappen. Er bekam schon wieder kaum Luft.

»Alles okay?«, hakte Asuki nach.

»Ehm … ja«, stammelte er. »Keine Ahnung. War irgendwie nicht so gut.« Er fixierte einen Punkt auf dem Boden und konzentrierte sich darauf, seine Atmung zu beruhigen. Der Boden ist grau, die Wände weiß und es riecht ein bisschen muffig, zählte er auf, um sich abzulenken.

»Oh, Mist! Hattest du einen Blackout?«, bohrte sie nach und musterte ihn mit zusammengeschobenen Augen.

Matti nickte. »Irgendwie so was.«

Oder du hast zu wenig gelernt, schaltete sich seine innere Stimme tadelnd ein. Sie hatte sich schon lange nicht mehr zu Wort gemeldet.

Matti ließ die letzten Tage Revue passieren. Er hatte sie hauptsächlich mit Brian und seinen anderen Freunden verbracht, anstatt etwas für den Unterricht zu tun.

Perkele!

»Hey moonshine. Wie war’s?« Nun tauchte auch noch Brian neben ihm auf und wollte ihm über den Kopf streicheln, Matti wich der Berührung jedoch aus. Die Idee, dass es Brians Schuld war, setzte sich wie ein Krähenfuß in Mattis Gedanken fest. Es gab kein Vor und kein Zurück.

Anstatt Brian eine Antwort zu geben, torkelte Matti den Flur entlang in Richtung Schlaftrakt. Er wollte seine Ruhe haben, damit er darüber nachdenken und sich abreagieren konnte. Denn eigentlich wusste er, dass es seine eigene Schuld gewesen war. Doch der irrationale Teil in ihm, suchte jemanden, den er schuldig sprechen und an dem er seine Wut herauslassen konnte.

»Matti?«, rief Brian ihm hinterher.

Er beschleunigte seine Schritte, er wollte nicht mit Brian reden. Nicht mit dieser komischen Mischung aus Zorn und Angst, die in ihm aufwallte, das würde nur in unfairen Schuldzuweisungen enden.

Als Matti das Zimmer endlich erreicht hatte, stürzte er sich ins Badezimmer. Er drehte die Armatur auf, um sich kaltes Wasser ins Gesicht zu schaufeln. Die kühle Nässe traf ihn wie ein Schlag, aber beruhigten die wirbelnden Gedanken nicht. Dann ließ er den eiskalten Strahl auf seine Unterarme fließen, bis ein stechender Schmerz entstand.

»Was ist los?« Blaue Augen sahen ihn über den Spiegel an. Brian stand hinter ihm und musterte ihn besorgt.

»Hab’s versaut«, murmelte Matti.

»Was?«

»Ich hatte einen Blackout.« Matti rieb sich über die Stirn. Ein paar Tropfen, die in seinen Haaren hängen geblieben waren, fielen auf das Hemd.

Brian legte seine Hände auf Mattis Oberarme und lächelte ihn beruhigend an. »Ist doch nur eine Leistungsüberprüfung. Wird schon nicht so schlimm sein.«

Matti hob seinen Blick und funkelte ihn an. »Ich hatte so was noch nie! Außerdem war das Mathe! Ich kann Mathe.« Er konnte sich nicht beherrschen. Die Wut platzte in ihm wie eine Bombe und hinterließ eine brennende Kugel in seinem Inneren.

»Mach dir doch keinen Kopf. So was kann ja mal passieren.«

Im Moment reizte Brian ihn mehr, als dass er ihm half. »Das kann mal passieren?«, fluchte er und raufte sich die Haare. Er wollte nicht laut werden, doch er konnte nicht an sich halten. »Das kommt davon, dass ich die letzten Tage kaum zum Lernen gekommen bin!«

Brian hob eine Augenbraue. »Was willst du damit sagen?«

»Da warst die ganze Zeit du«, erklärte Matti laut. »Mit deinem Gesäusel. Deinem Augenklimpern. Deinem … Penis.« Er wedelte mit seinen Händen in der Luft herum.

»Gibst du mir da gerade die Schuld?« Die Arme ineinander gekreuzt und mit einem wütenden Funkeln in seinen Augen sah Brian ihn an.

»Wir hätten einfach mal lernen sollen, anstatt die ganze Zeit rumzumachen«, platzte es aus Matti heraus, ohne, dass er die Worte aufhalten konnte. Er biss sich aber gleichzeitig auf die Zunge.

Moment, was tu ich da gerade?

»Jetzt mach mal einen Punkt. Wir haben doch gelernt. Ich hatte keine Probleme, während des Tests!« Brians Stimme war lauter geworden und er glotzte Matti sauer an. Absolut zu recht.

Matti schnaufte auf und stampfte aus dem Bad heraus. Er wollte seine Ruhe haben. Sein Kopf tat ihm weh und er war stinkwütend. Er musste sich beruhigen, bevor er noch mehr sagte, was er später bereuen würde.

»Sag mal, spinnst du?«, rief Brian ihm hinterher, aber Matti antwortete ihm nicht. »Du kannst mir doch jetzt echt keine Vorwürfe machen.«

Matti kletterte auf sein Bett und warf sich die Decke über den Kopf, als könnte sie die Welt um ihn herum aussperren. Er hörte, wie Brian die Luft zischend einsog und kurz danach, wie die Tür ins Schloss fiel. Es folgte eine gespenstige Stille, in der Matti nur seinem eigenen Pulsschlag lauschte, der in einem erbarmungslosen Takt auf ihn eindrosch. Doch je mehr Zeit verging, desto ruhiger wurde er und desto blöder fühlte er sich, weil er Brian so angefahren hatte.

Die Tür öffnete sich erneut. Mit der Hoffnung, dass es Brian war, schob Matti die Decke ein Stück zurück, sodass er mit einem Auge herauslugen konnte. Aber Daniel stand vor ihm. Die Enttäuschung darüber stach in seiner Brust.

»Hast du dich irgendwie mit Brian gezofft?«, fragte er, als er ihn unter der Decke ausgemacht hatte. »Der ist ziemlich angepisst an mir vorbeigerauscht.«

Matti biss sich auf die Lippe. »Hmm«, machte er. Sie hatten sich gestritten, weil er sich mal wieder nicht unter Kontrolle gehabt hatte. Die Wut war aus ihm gewichen. Als hätte Brian sie aus ihm herausgezogen, wie ein Ghostbuster einen Geist aufsaugte. Dafür herrschte da jetzt eine eigenartige Leere in ihm. Er fühlte nichts außer die Schuld und das schlechte Gewissen.

Daniel seufzte und Matti hörte, wie er sich auf einen Schreibtischstuhl fallen ließ. »Denkst du daran, dass wir uns gleich noch mit den Jungs treffen wollten?«

Matti erinnerte sich, dass Mike beim Frühstück aufgekratzt an ihrem Tisch erschienen war und eine dringende Bandversammlung einberufen hatte.

Er zog die Nase hoch und richtete sich langsam in seinem Bett auf. Ein bisschen Ablenkung von diesem furchtbaren Tag wäre sicher gut. »Was Mike wohl vorhat?«, murmelte er, um sich auf andere Gedanken zu bringen.

Daniel sah ihn an. »Du siehst scheiße aus.«

»Danke.« Matti rieb sich durch die Haare und über das Gesicht.

»Was ist mit dir und Brian?«

»Ich war scheiße zu ihm. Egal … ich spreche nachher mit ihm.« Ungelenk kletterte Matti vom Stockbett und tapste in das Badezimmer. Er hatte einen eigenartigen, abgestandenen Geschmack im Mund, den er unbedingt loswerden wollte. Im Spiegel sah ihm ein blasses Wrack entgegen. Seine Haare standen ihm wirr vom Kopf, die Augen waren gerötet und brannten. Er würde am liebsten heulen. Matti nahm sich eine Mundspülung und gurgelte. Der scharfe Minzgeschmack verbreitete sich in seiner Kehle und brannte angenehm.

»Wie ist der Test bei dir gelaufen?« Daniel hatte sich gegen den Türrahmen gelehnt und beobachtete ihn.

Matti spuckte aus und spülte sich den Mund. »Können wir bitte nicht darüber reden?«

»So schlimm?«

Matti antwortete nicht, denn die Wut wollte erneut ihre langen Krallen nach ihm ausstreckte.

Sein Mitbewohner musterte ihn mit schiefgelegtem Kopf, schien jedoch zu erkennen, dass er darüber nicht sprechen wollte. »Bist du dann fertig?«, fragte er und wechselte so das Thema.

Nickend lief Matti an ihm vorbei, um sich aus der Schuluniform zu schälen und sich in eine schwarze Hose und einen Pullover zu zwängen.

Zusammen gingen sie zum Musikraum. In den Fluren kamen ihnen immer wieder Schüler entgegen. Alle sprachen über die Tests und Matti wäre am liebsten schreiend weggelaufen. Stattdessen versuchte er, wegzuhören. Gar nicht so leicht, denn die Stimmen hallten von den Wänden wider. Immer wieder drangen Gesprächsfetzen zu ihm. Kleine Puzzlestücke, die in seinem Kopf keinen Zusammenhang hatten und ein wirres Durcheinander hinterließen. Er rieb sich die Stirn und konzentrierte sich auf seine Gedanken.

Ich habe immerhin ein paar Aufgaben geschafft. Gleich haben wir ein Bandtreffen. Mike hat bestimmt gute Nachrichten, sonst hätte er uns nicht zusammengetrommelt. Und mit Brian spreche ich noch.

Schon standen sie vor dem Musikzimmer und betraten es. Die anderen saßen bereits auf ihren Plätzen und sahen auf, als Matti und Daniel hereinkamen.

»Ah, endlich!« Mike strahlte sie an und bedeutete ihnen mit einem hektischen Händewedeln, dass sie sich setzen sollten.

Matti warf Daniel einen Blick zu, aber der zuckte nur mit den Schultern. Dann sah er zu Mike, der sich mit seiner Neuigkeit erstaunlich viel Zeit ließ und es anscheinend genoss, sie so lange im Dunkeln tappen zulassen, denn sein Grinsen wurde mit jeder vergangenen Sekunde breiter.

»Jetzt spann uns nicht weiter auf die Folter, Mann!«, brummte Björn und verschränkte die Arme vor der Brust, während er auf seinem Stuhl kippelte.

Mike zögerte einen weiteren Augenblick, er trommelte mit den Händen auf der Tischplatte, ehe er etwas aus einer Schublade kramte. »Okay, also …«, fing er an und schob einen Flyer in ihre Richtung. Automatisch beugten sich alle vor, um zu erkennen, was darauf zu erkennen war.

Der Flyer war dunkel gestaltet. Lila Punkte reflektierten im Licht der Scheinwerfer und die Silhouette einer Band auf einer Bühne waren zu erkennen. In großen, helllila Kanji stand darauf »8. Tokioter Bandclash« und weitere Informationen bezüglich des Wos und Wanns.

Nach kurzer Stille richtete Matti seinen Blick wieder auf Mike.

»Ich weiß. Wir sind noch ganz am Anfang und haben gerade erst zwei Songs aufgenommen, aber das ist eine wahnsinnige Chance und ich habe die Demos dahin geschickt. Ohne viel Hoffnung, ehrlich gesagt.«

»Du hast was?«, fragte Daniel ungläubig und glubschte Mike mit offenem Mund an.

Dieser nickte und sein Grinsen wurde noch ein bisschen breiter. Wenn er so weiter machte, würde er der Grinsekatze aus Alice im Wunderland Konkurrenz machen können. »Wir sind dabei!«, spuckte er endlich aus und seine Augen funkelten. »Wir haben die Vorauswahl überstanden!«

Matti blinzelte erst Mike an, dann wieder den Flyer. Er versuchte vergebens, die einzelnen Teile in seinem Gehirn zu sortieren, um daraus das große Ganze erkennen zu können.

»Wir sind bei einem Bandcontest dabei?«, hakte Hizumi ungläubig nach.

Mike lachte auf. »Ja!«

»In Tokio?«, überzeugte sich Michael mit einem Blick auf die Informationen.

»Jawohl!« Ihr Bandmanager strahlte und lachte ausgelassen.

»In den Frühlingsferien?«, bohrte Björn weiter nach.

Mikes Augen trübten sich und er leckte sich über die Lippen. »Ich weiß. Das ist nicht mehr viel Zeit und bis dahin ist noch eine Menge zu erledigen. Aber ich habe schon einen Plan gemacht. Wir müssen dreißig Minuten Show bieten, das können wir. Für die ersten Proben können wir eventuell die Schulhalle benutzen, ich habe die Direktorin gefragt, allerdings hat sie sich da noch ein bisschen Bedenkzeit erbeten und wollte sich erst einmal die Demo anhören. Ihr wisst schon, wegen der Regeln.« Er sprach schnell und musste einmal tief Luft holen. »Der Gewinn ist ein Plattenvertrag bei Shinju Records in Tokio. Die würden die Kosten für die erste Produktion übernehmen und vielleicht ergäbe sich daraus auch mehr. Aber auch sonst bringt das eben super viel Aufmerksamkeit!« Mikes Stimme überschlug sich fast, so schnell sprach er. »Entschuldigt, dass ich euch damit so überfalle und es vorher nicht mit euch abgesprochen habe, aber ich habe davon erst in letzter Minute erfahren und die Deadline drückte. Und na ja … ich wollte euch keine falschen Hoffnungen machen.« Verlegen rieb er sich den Nacken.

Die Nachricht war großartig, das war Matti klar, so richtig freuen konnte er sich jedoch nicht darüber. Der Tag war bisher nicht gut verlaufen und vor allem klang es nach einer Menge Arbeit und Stress, die die nächsten Wochen auf sie warteten.

»Aber wir haben noch nicht mal einen Social Media Kanal, wie machen wir die Leute auf uns aufmerksam?«, bohrte Daniel nach.

»Darum habe ich mich in den Ferien schon ein bisschen gekümmert, ich habe auch an einer Website gebastelt, die nur noch online gehen muss. Ich wollte euch das aber noch alles zeigen und mit euch besprechen.« Er zog ein iPad aus seiner Tasche und tippte ein paar Dinge ein, dann hielt er ihnen eine geöffnete Seite vor die Nase. Ihr Logo prangte auf der Startseite und darunter gab es einige Informationen, woher sie kamen, was sie machten, ein Musikplayer, der die erste Demo automatisch abspielte. »Es fehlen noch Fotos und so was, aber das wollte ich dann mit euch zusammen einpflegen. Vielleicht holen wir da auch Brian mit ins Boot, damit das alles im Stil des Artworks bleibt.«

»Alter, du bist in deinem Abschlussjahr. Du hast sicher andere Dinge zu tun, als so viel für die Band zu machen, oder?« Daniel sah Mike mit einer Mischung aus Strenge, Sorge, Begeisterung und Ehrfurcht an. Sein Blick wanderte dabei aber wieder zur Website, die er mit großen Augen betrachtete.

Mike winkte ab. »Das ist schon in Ordnung. Zwischen dem Lernen tut es mal ganz gut, sich damit zu beschäftigen. Außerdem war das alles mehr oder weniger ein Baukastensystem und echt nicht so kompliziert.«

»Du bist der Wahnsinn!« Daniel flogen die Herzen nur so aus den Augen, während er Mike stürmisch in den Arm nahm.

Matti wurde sich bewusst, dass er mit seinem Mitbewohner noch nicht darüber gesprochen hatte, wie und ob er bereits mit ihm geredet hatte.

»Aber keine Frage: Da kommt eine Menge Arbeit auf uns zu. Wir müssen an dem Liveauftritt arbeiten, Merch können wir auch verkaufen, vielleicht schaffen wir es, bis dahin auch eine CD pressen zu lassen mit der ersten Single. Das komplette Artwork muss dann auch stehen.« Mike warf Matti einen Blick zu. »Weißt du, wie weit Brian damit ist?«

Er sah auf seinen Schoß. »Ehm … nein, keine Ahnung, aber er hatte da noch eine ziemlich coole Idee. Anstatt Bandfotos, wollte er Zeichnungen anfertigen.« Er nahm sein Smartphone und suchte das Bild, das Brian ihm zu Weihnachten geschenkt hatte. »So in diesem Stil.« Er zeigte es ihnen.

»Das ist eine gute Idee und passt super«, sagte Daniel und nickte. Auch die anderen waren begeistert.

Matti schluckte schwer. Hoffentlich hatte sein blöder Ausbruch keinen Strich durch die Rechnung gemacht. Er verstand nun, warum Daniel sich so schwertat, mit Mike über seine Gefühle zu sprechen. Beziehungen zwischen Bandmitgliedern konnten kompliziert werden. Auch wenn Brian kein aktiver Teil der Band war.

»Dann sprecht doch mal mit Brian wegen der Bilder, er muss da eh jeden einzeln zeichnen«, murmelte Matti.

»Ja, klar!«

Sie sprachen über den bevorstehenden Auftritt. Seine Kollegen waren aus dem Häuschen, doch für Matti kam das alles viel zu plötzlich. Vorher waren sie nur fünf Jungs gewesen, die zusammen Musik gemacht hatten. Nun waren sie eine Band, die bald ihren ersten Auftritt haben würde. Der Umschwung kam zu schnell. Doch so, wie sich die anderen darüber freuten, war das nur sein Problem. Vielleicht war es für ihn der falsche Tag, um noch mit einer solchen Nachricht konfrontiert zu werden. Im Moment schien ihm jede Emotion abhandengekommen zu sein.

Sie verteilten ein paar Aufgaben untereinander, da sie noch viel erledigen mussten, bevor sie überhaupt an einen Auftritt denken konnten. Matti und Daniel bekamen den ehrenwerten Auftrag, sich um das Merch zu kümmern. Sie sollten schauen wie viel es kosten würde, T-Shirts und andere Kleinigkeiten drucken zu lassen, damit sie sich im nächsten Schritt um ihre Finanzierung bemühen konnten.

»Boah, jetzt habe ich aber einen Mordshunger«, bemerkte Björn und rieb sich den Bauch.

---ENDE DER LESEPROBE---