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Auf gut 100 Seiten liest der Leser mit wenig Zeit Gereimtes und Ungereimtes aus angelanischer Politik und persönlichem Erleben. Am Anfang stehen Dreizeiler (Haikus), die nicht mehr als zwei Minuten Zeit erfordern - inklusive Überdenken. Es folgen "Anmerkungen einer Kanzlerin" zu ihrer Politik in den vergangenen zehn Jahren: Finanzkrisen, Ukraine, Umwelt, Griechenland, Personalpolitik. Der eilige Leser schafft die Lektüre eines Poems in drei Minuten. Am Ende des Buches stehen Reaktionen aus dem Volk auf diese Politik sowie persönliche Überlegungen zum Leben und Sterben in moderner Zeit. Auch hier benötigt der Leser für die Lektüre des längsten Gedichtes nicht mehr als fünf Minuten. Neben den vielen neuen Versen finden sich Übersetzungen aus anderen Sprachen und Parodien auf Gedichte bekannter Autoren (Shakespeare, Goethe, Heine...).
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Seitenzahl: 42
Vorwort
Unsere Welt
Anmerkungen einer Kanzlerin
Volkes Stimmen
Der Lehrer, der nun Pensionär,
Berufen, einst, Wissen zu mehren,
Der jungen Welt die alte zu erklären,
Läuft plötzlich irre hin und her:
Das Nichtstun fällt ihm sichtlich schwer.
Er hat jetzt alle Zeit der Welt.
Er weiß, was sie zusammenhält.
Er setzt sich nieder, schreibt, erhellt
Und unterhält.
Und zeigt:
Unsre Welt wär‘ sehr viel leerer
Ohne pensionierte Lehrer!
(Haikus)
Erklärung
Fünf, sieben und fünf
Silben in drei kurzen Zeilen:
Das ist ein Haiku.
365 Tage
Zahlen und Sprüche
stehn im Jahreskalender
zum Abriss bereit.
Erster Januar
Am Neujahrstag fließt
die schöne blaue Donau
durchs Strauß-Orchester.
Erneuerung
Der alte Schlitten
entrostet sich im Neuschnee
wie im Jungbrunnen.
Frühling
Mit Zündholz im Schnabel
fliegen die Elstern zum Baum.
Bald wird’s warm im Nest.
Umwelt
Die Umweltschützer
wollen keinen Kindergarten.
Sie hassen den Lärm
Abwesend
Das Waisenlamm blökt,
bettelt vergeblich um Wärme
beim Hirten am Smartphone.
Zwangsadoption
Das noch warme Ei
rollt der verdutzten Henne
für immer davon.
Aufbruch
Liebevoll kitzeln
die Wellen, bis er sich rührt,
den müden Nachen.
Ver-liebt
Ins Detail verliebt
filmt er den Akt seiner Frau
mit dem Studenten.
Technik
Das neue Leben
entsteht im Reagenzglas
ganz ohne Liebe.
Kindergarten
Der Apfelbaum blüht,
fröhlich lachen die Kinder
im Garten Eden.
Klassenzimmer
Lärmschutzkopfhörer
schotten Schüler und Lehrer
voneinander ab.
Sündenbock
Frau Sick drückt der Schuh.
Sie ärgert sich und tadelt
den Schuhauszieher.
Ewiges Leben
Die Verzinkerei
versilbert den Zahn der Zeit.
Altenheime schließen.
Flüchtlinge
Ob sie gut ankommt,
die Politik, das ist wichtig;
nicht ob sie ankommen.
Sicher?
Endlich in Deutschland
fühlt es sich sicher und wohl
im Leib seiner Mutter.
Dilemma
Zwei Herzen klopfen
an in der Notaufnahme.
Eins klopft nie wieder.
Verhältnis? Mäßig!
Vierhundert Euro
für die Abgeordnete;
und vier für ihr Kind.
Kalter Sommer
Die Sonne steht hoch,
über Spanien ein Hoch:
Die Deutschen im Tief.
Nasskalt
Für Michel am Pool,
der nassen Kälte entfloh’n,
ein kaltes Nass.
Spuren
Aus felsigem Strand
baut sich der Sonnengebräunte
sein eigenes Denkmal.
Unvergänglich?
Er stellt sein Denkmal,
errichtet aus Felsenstrand,
ins ewige Netz.
Verkehr(t)
Die Schlange ist lang;
Autos stehn in einer Spur.
Die Ölspur ist frei.
Heißer Sommer
Der Sommer ist heiß.
Die Deutschen gehen baden;
Die Griechen auch
Pech
Die blutjunge Möwe
schnappt sich den zappelnden Fisch
am Haken des Anglers.
Zeitmanagement
Vater auf dem Feld,
Mutter versorgt die Tiere,
die Kinder im Zwinger.
Heimweh
Den Wolken zu schwer,
auf der Erd‘ nicht zu Hause,
eilt das Wasser heim.
November
Hunderte Dohlen
lärmen am Abendhimmel.
Der Baum versteht sie.
Himmel?
Er schaut nach oben:
Mein Gott, dort soll ich hin?
Der Treppenlift hilft.
Sterben
Der Stute lauschen,
sie einmal noch betrachten
ist sein letzter Wunsch.
Schwarz auf Weiß
Den jungen Schwarzen
trifft der weiße Polizist
direkt in den Rücken.
Am Grabe des unbekannten S.
In feucht-kalter Erde
Erwärmt der Unbekannte
Die Herzen der Feinde.
Der Realist
Am geschenkten Leben
erfreut sich dankbar der Mensch
und stirbt in Frieden.
Der Optimist
Für ihn ist sein Leben
die holperige Straße
zum ewigen Leben.
Der Pessimist
Fremdbestimmt geboren,
eines langen Zwanges müde,
stirbt er selbstbestimmt.
Hilfe
Der Meisterkellner
mixt für den Mann an der Theke
den letzten Cocktail.
Verzweiflung
Ohne Kraft und Freunde
ist sein Leben vollendet.
Er trinkt es zu Ende.
Treue
Noch im Dezember
verharren weiße Rosen
auf dem Kindergrab.
Weihnachten
Plötzlich erhellen
die stille, heilige Nacht
Silvesterböller
Zeit
Das Jahr ist vergangen,
verflogen sind die Stunden;
ich kauf mir die ZEIT.
2005 - 2015
Soll ich mich mit der Königin vergleichen?
Bin ich nicht mächtiger und ebenso klug?
Bin eine vom Volk, zähl nicht zu den Reichen,
Und kenn beim ersten schon den letzten Zug.
Sie muss die Politik vom Blatt ablesen,
Die die Politiker sich ausgedacht.
So richtig frei ist sie noch nie gewesen,
So richtig froh hat sie noch nie gelacht.
Sie residiert in herrlichen Palästen,
Nennt hundert Länder, Schlösser, Burgen mein.
Sie ist die Königin auf allen Festen
Und muss doch Dienerin der Riten sein.
Solang er lebt, der Mensch, die Freiheit liebt,
Solang weiß er, wem er den Vorzug gibt.
(Nach Shakespeares Sonett Nr. 18 „Shall I compare thee to a summer‘s day…”)
Zwei Seelen wohnen, ach...
Bin wie das Licht:
Mal Welle, mal Korpuskel.
Und Emotionen kenn ich nicht.
Mein Herz ist nur ein Muskel.
Ich pflege das Sowohl-als-auch,
Das Heute so und morgen anders.
Was einst verpönt, ist heute Brauch
Und später wieder anders.
Nachdenklich
Ich denk nicht vor, ich denke nach;
Bin Teil des Stroms, und nicht der Bach,
Der an der frischen Quelle trinkt.
Der Strom ist’s, der Erfolg mir bringt
Macht
Ich bin die Königin der Macht,
Doch zeig sie nur, wenn’s dunkel ist.
Laut bin ich nie, verwende List,
Vor allem dann, wenn keiner wacht.
Populär
Christlich bin ich und liberal,
Konservativ und progressiv,
Dafür, dagegen, ganz egal:
So wie die Volksbefragung lief.
Ich lausche Springer, lausche Mohn
Und immer wieder Allensbach.
So treffe ich den richt‘gen Ton,
Meide Kritik und Ungemach.
Flexibel