Mensch Macht Mörder 2100 - Horst Hanisch - E-Book

Mensch Macht Mörder 2100 E-Book

Horst Hanisch

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Beschreibung

Ist der Mensch böse? Die Frage nach 'Gut' und 'Böse' ist so alt wie die Menschheit. Immanuel Kant sagte: "Der Mensch ist von Natur böse." Dem widerspricht Jean-Jacques Rousseau. Er vertrat die Meinung, dass der Mensch von Natur aus gut sei, erst die Gesellschaft ließe ihn böse werden. Was stimmt denn nun? Eine der beiden Behauptungen oder doch beide, gegensätzlich wirkende? Hat der Mensch sowohl das Gute als auch das Böse in sich? Der Buchtext ist in drei Kapitel gegliedert: Mensch, Macht und Mörder. Mensch - Damit er sich und seine Art erhalten kann, scheint er lügen, tricksen, manipulieren zu müssen. Wohlgemerkt - ob es will oder nicht. Macht - Welche Rolle nimmt die Ausübung von Macht, Status und Kraft im Leben ein und wie wird sie praktiziert. Hier heißt es: Das Überleben sichern. Mörder - Es geht um Mord und Totschlag, um Attentat und Krieg. Der Mensch ist fähig zu Machtmissbrauch, Gewaltausübung, Mordhandlungen und vielen anderen Straftaten mehr. Der Buchtitel "Mensch Macht Mörder" lässt sich auch so lesen: "Der Mensch macht den Mörder". Das soll heißen, dass der Einzelne und/oder die Gesellschaft den Nährboden bietet, das unschuldige Neugeborene auf böse Wege zu bringen. Bewusst werden sogenannte 'Szenische Rekonstruktionen' (fiktive Geschichten und Interviews) eingefügt, damit sich die Leserin, der Leser in die Gedankenwelt und die Gefühlswelt einzelner Personen und Situationen hineinversetzen kann. Sie sind manchmal bewusst 'schockierend' geschrieben, um Anstöße zum Nachdenken zu geben. Denn: Jeder kann mithelfen, die Zukunft ein wenig 'liebevoller' werden zu lassen.

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Inhaltsverzeichnis

PROLOG

„S

EID GUT ZUEINANDER

Unterstützendes zwischenmenschliches Miteinander

Z

WEIFELHAFTE

C

HARAKTEREIGENSCHAFT DES

M

ENSCHEN

?

Der Mensch ist böse?

Ü

BERSCHREITEN DER UNSICHTBAREN

G

RENZE ZUR

I

LLEGALITÄT

Ab wann ist der Böse böse?

TEIL 1 – MENSCH

D

AS

L

EBEWESEN

M

ENSCH

„Ich will und ich muss überleben.“

W

IE ALLES BEGANN

„Wir müssen uns wehren!“

E

MMA ENTWICKELT IHR

S

ELBST

-B

EWUSSTSEIN

B

ÜCHSE DER

P

ANDORA

„Nicht rauslassen!“

A

DAM

, E

VA UND DER

G

RANATAPFEL

„Probiere mal – er schmeckt so lecker!“

E

DEL SEI DER

M

ENSCH

,

HILFREICH UND GUT

„Sei lieb!“

A

LLE

M

ENSCHEN SIND GLEICH

„Du hast dieselben Rechte wie alle.“

W

IN

-W

IN

-S

TRATEGIE

„Ich bin besser als du!“

E

GOISTISCHES

S

ELBST

-B

EWUSSTSEIN

„Nur ich bin wichtig!“

E

GOISMUS VERSUS

A

LTRUISMUS

„Ich bin der Wichtigste!“

G

EMEINSAMKEIT ALS

S

CHUTZ

„Dank dir bin ich stark!“

K

RÄFTE ZEIGEN

„Ich bin stärker!“

K

RÄFTE MESSEN

„Zeig mal, was du drauf hast!“

D

IE

B

ELEIDIGUNG

– D

EN

H

ANDSCHUH WERFEN

„Du hast mich beleidigt!“

R

ESPEKTVERLUST

„Die anderen stören nur!“

R

ESPEKTLOSIGKEIT UND

B

EDROHUNG

„Die machen alle nur Kaffeepause!“

G

ESCHÖNTE

W

AHRHEIT

,

LIEBE UND BÖSE

L

ÜGEN

„Ich sage das, was andere hören wollen.“

D

IE BÖSEN

L

ÜGEN ZUR

S

TEIGERUNG DER EIGENEN

M

ACHT

„Ich lüge dich nicht an!“

Verleumdungen, üble Nachrede, Gerüchte

H

ASS

„Ich hasse dich!“

R

ITTER UND

R

AUBRITTER

„Ich kämpfe für Euch!“

Pirat/Seeräuber

S

TEHLEN

– D

AS

E

IGENTUM ANDERER

„Das nehme ich mir!“

Destruktiver Neid und Habsucht

D

IE

D

UNKLE

T

RIADE

– D

ER

D

UNKLE

D

REIKLANG

– D

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B

ÖSE IM

M

ENSCHEN

„Ich bin der Schönste!“

K

ONFLIKTAUF

-

UND ABBAU

„Du nervst mich!“

D

AS

S

CHLECHTE FÄLLT AUF

– V

ERSCHIEBUNG DER

N

ULLLINIE

„Ich werde gleichgültig dem Bösen gegenüber.“

A

UF DAS

G

UTE WARTEN

„Warte nicht zu lange!“

TEIL 2 – MACHT

S

ADIST UND

M

ASOCHIST

„Schlägst du mich – oder schlage ich dich?“

D

OMINANZ UND

U

NTERWERFUNG

„Ich mache, was du von mir verlangst!“

K

INDESMISSBRAUCH

„Ich mache mit dir, was ich will!“

S

TATUS

„Ich bin der Größte!“

G

ELD REGIERT DIE

W

ELT

„Geld stinkt nicht!“

B

ONUS

, M

ALUS

, R

ISIKO UND

M

OTIVATION

„Bist du gut, bekommst du etwas!“

D

AS KÖNIGLICHE

S

PIEL

„Auf die Strategie kommt es an!“

D

ER

A

BER

-G

LAUBE

„Das glaube ich nicht!“

Schreckung, Folter und blutige Strafen

G

OTTESURTEILE

„Wir finden die Wahrheit!“

D

ROHUNG

„Wenn du nicht sofort …!“

G

EWALT

MÄCHTIG UND ERDRÜCKEND

„Weg mit dir!“

K

EINE

C

HANCE GEGEN

E

INDRINGLINGE

„Wir zeigen euch, wo‘s langgeht!“

F

REMD GLEICH

G

EFAHR

– N

EUGIERDE

„Was machst du?“

S

PIONAGE

„Du kannst mir nichts verheimlichen.“

Widerstandskampf – missglückter Anschlag

J

OURNALISMUS

„Ich informiere dich.“

D

IE

M

ACHT DES

E

INZELNEN

„Ich bin stark!“

I

NQUISITION

„Ich spüre die Missstände auf!“

D

IKTATOR

,

DER UNEINGESCHRÄNKTE

H

ERRSCHER

„Ich führe euch!“

Putsch – Staatsstreich

S

KLAVEN

„Bin ich noch ein Mensch?“

G

ALEERENSTRAFE

„An die Ruder!“

M

OBBING

„Du bist schwach!“

D

ER

M

ÄCHTIGE

„Ich bin der Machthaber!“

R

OLLENKONFORMES

V

ERHALTEN

„Lasst mich nicht allein!“

B

ANDEN

, C

LANS

, G

ANGS

„Wir beherrschen euch!“

TEIL 3 – MÖRDER

T

IERE SIND DIE BESSEREN

M

ENSCHEN

„Zeige deine Krallen!“

I

NFANTIZID

– K

INDSMORD

„Der Kräftigere muss überleben!“

K

ANNIBALISMUS UNTER

M

ENSCHEN

„Ich hab‘ dich zum Fressen gern!“

R

ECHT UND

U

NRECHT

„Wir sorgen für Gerechtigkeit.“

S

TRAFE UND

T

ODESSTRAFE

„Das gehört sich nicht!“

D

U SOLLST NICHT TÖTEN

„Und willst du nicht gehorchen …!“

M

ORD UND

T

OTSCHLAG

„Ich könnte dich umbringen.“

T

ODESURTEIL

„Im Namen des Volkes …“

D

ER

K

AMPF ZUM

V

ERGNÜGEN

„Ich kämpfe um mein Leben!“

R

ELIGIÖSER

G

LAUBE UND

K

RIEG WEGEN DES

G

LAUBENS

„Ich kämpfe für den richtigen Glauben!“

S

TRATEGISCHE

V

ERNICHTUNG

„Der König will es!“

C

ONQUISTA

„Ich bringe dir den richtigen Glauben bei!“

V

ÖLKERMORD

„Weg mit dir!“

Königlich tödliche Familienverhältnisse

Skandalöse Vorkommnisse im Vatikan

M

ORD IN

M

ÄRCHEN

„Wer ist die Schönste im ganzen Land?“

M

ORD IM

K

RIMINALROMAN

„Ich will den Mörder küssen!“

S

ELBSTMORDATTENTÄTER

„Und wenn es mein Leben kostet …“

M

ORD OHNE

S

INN

„Weshalb mordest du?“

S

ERIENMÖRDER

„Einer ist mir nicht genug!”

O

PFER

„Du bist auserwählt!“

Übergriffe auf Obdachlose, Wohnungslose und andere Wehrlose

EPILOG

G

RÄUELTATEN PFLASTERN DEN

W

EG DER

M

ENSCHHEIT

Die Welt ist kein Ponyhof

W

EGSCHAUEN ODER AKTIV WERDEN

?

„Mich trifft keine Schuld!“

ANHANG

INDEX

Prolog

„Seid gut zueinander“

Glaube immer – und du wirst wohl dabei fahren – dass die Menschen nicht halb so gut sind

wie ihre Freunde sie schildern, und nicht halb so böse, wie ihre Feinde sie ausschreien.

Adolph Freiherr von Knigge

(1752 - 1796)

Unterstützendes zwischenmenschliches Miteinander

Das Wort Knigge steht als Synonym für zwischenmenschliche Umgangsformen. Wer sollte etwas gegen freundlichen und respektvollen Umgang miteinander einzuwenden haben? Trotzdem waren Knigges (Adolph Freiherr von Knigge, 1752 – 1796) Ideen nicht jedem recht und seine Ausführungen umstritten.

Knigge setzte sich scharfen Angriffen aus. Er ließ sich aber nicht beirren und setzte sich durch sein energisches Eintreten für die Ziele der Aufklärung ein.

Knigge arbeitete als Romanschriftsteller und Satiriker sowie als politischer Schriftsteller. Er gehörte den Freimaurern an.

Knigge ist auch heute noch vor allem durch sein Buch ‚Über den Umgang mit Menschen’ (1788) bekannt.

Er beschreibt darin eine praktische Lebensphilosophie im Umgang mit Mitmenschen. Er gibt gutgemeinte Anleitungen und vielfältige Anregungen, wie mit den Mitmenschen ‚vernünftig‘ umzugehen ist.

Knigges Hoffnung baute darauf, dass Menschen glücklich und froh zusammenleben könnten. Sein damals erschienenes Buch war für kurze Zeit in fast allen Haushalten zu finden. Über 230 Jahre lang prägten sich seine Ausführungen im Bewusstsein der Leser als praktisches Handbuch über gutes Benehmen ein.

Über den Umgang mit Menschen

In seinen Inhalten geht Knigge auf ganz unterschiedliche Zusammentreffen ein, wie beispielsweise:

Über den Umgang mit Leuten von verschiedenen Gemütsarten, Temperamenten und Stimmungen des Geistes und des Herzens (Erster Teil, 3. Kapitel)

Über den Umgang mit Frauenzimmern (Zweiter Teil, 5. Kapitel)

Über die Verhältnisse zwischen Herrn und Dienern (Zweiter Teil, 7. Kapitel)

Über das Verhältnis zwischen Wohltätern und denen, welche Wohltaten empfangen; wie auch unter Lehrern und Schülern, Gläubigern und Schuldnern (Zweiter Teil, 10. Kapitel)

Über den Umgang mit den Großen der Erde, mit Fürsten, Vornehmen und Reichen (Dritter Teil, 1. Kapitel)

Tausende Menschen schafften es, sich den Werten der sozialen Gesellschaft einzuordnen, sei es mit oder ohne Knigges Hilfe.

Tischsitten, Etikette, Umgangsformen bildeten sich im Laufe der Jahrhunderte – manchmal, wie in der politischen Diplomatie – bis ins kleinste Detail ausformuliert, aus. Die Regeln sorgten für Ordnung in Dörfern, Gemeinden, Städten und Staaten.

Festgelegte soziale Rolle

Allerdings waren auch vor Knigges Zeiten viele Regeln so strikt gefasst, dass sich der Einzelne aus seiner definierten sozialen Rolle kaum herausbewegen durfte.

Gut erkennbar ist das im Mittelalter bei den Ständen. Klerus, Adel, Bürger und Bauern – jeder befand sich in seiner ‚Kaste‘, hatte sich dementsprechend zu verhalten und sogar zu kleiden.

Hierarchien ergaben sich von Anfang der Menschheitsgeschichte an und wurden durch dieses Stände-Denken fast zur Perversion strikt durchgeführt. In den erwähnten Ständen zeigte sich klar, dass der Adelige mehr Rechte als der Bauer hatte. Die Hierarchie und damit die Macht und Kraft richteten sich eindeutig von oben nach unten.

Muckte einer aus der unteren Kaste auf, folgte sofort eine empfindliche Reaktion von oben. Der Höherstehende hatte (gesetzlich definierte) Macht über den anderen – und nutzte diese in der Regel schamlos aus.

Es war einfach so – bestimmt von einer göttlichen Macht; so war es zumindest, auch wenn die Regeln von Menschen geschaffen wurden.

Obwohl die detaillierten Regeln der Umgangsformen eine Ordnung in der sozialen Stellung und den daraus abzuleitenden Verhaltensmustern vorgaben, baute sich hierdurch ungewollt vielmals große Ungerechtigkeit auf. Angst, Betrügereien, Lügen, Diebstahl, Übergriffe, Strafen, Kämpfe, Kriege und andere waren – und sind nach wie vor – die Folgen.

Der heutige mündige Mensch hat die Möglichkeit, rückblickend die entstandenen Ungerechtigkeiten und Fehlentscheidungen zu analysieren. Er hat die Intelligenz, grausame Vergehen der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Er kann voraussehend planen, organisieren und so handeln, dass keine kriegerischen Auseinandersetzungen drohen.

Viele Einzelne und viele politisch Verantwortliche gehen entsprechend vor und sorgen für ein möglichst reibungsloses Miteinander.

Ein wirrer Kopf genügt

Bedauerlicherweise bedarf es nur eines ‚wirren Kopfes‘, um das feingliedrige Kartenhaus des friedlichen Zusammenlebens wackeln oder gar einstürzen zu lassen.

Die aktuelle weltweite Politik zeigt einige berüchtigte Beispiele diverser Staatenlenker. Diese betrachten nur ihre eigenen Vorstellungen als allein richtig, die sie anderen ohne jegliche Absprache aufzwingen wollen.

Sie erzeugen dadurch viel Durcheinander im Leben der Menschheit. Unglaublich hohe Geldsummen, kaum messbare materielle Werte und wichtige geschäftliche Beziehungen gehen für immer kaputt. Zulasten des Einzelnen und der Weltbevölkerung. Muss das so sein? Weshalb schafft es die ach so gebildete Menschheit nicht, in Frieden und zum Wohle aller miteinander umzugehen?

Selbstverständlich und glücklicherweise gibt es genügend Menschen, die ein angenehmes und wertschätzendes Miteinander pflegen, wo immer es geht.

Allerdings zeigt sich bei genauer Betrachtung, dass es unzählige Menschen gab und gibt, die sich in einer ‚Grauzone‘ bewegen und andere, die sich für illegales und strafbares Verhalten entschieden haben.

Machte sich jeder die Mühe, etwas mehr von Knigges Gedanken ins eigene – reale – Leben zu übertragen, könnte sich vieles verändern. Viel Kleines ergibt Großes. In diesem Sinne …

Zweifelhafte Charaktereigenschaft des Menschen?

Das Böse begehrt immer das Böse.

Euripides, gr. Dichter

(480 - 406 v. Chr.)

Der Mensch ist böse?

Der Mensch ist böse. Eine gewagte Behauptung. Oder doch nicht?

Die Frage nach ‚Gut‘ und ‚Böse‘ ist so alt wie die Menschheit. Immer wieder haben Wissenschaftler und Philosophen die Frage nach ‚Gut‘ und ‚Böse‘ gestellt. Eine eindeutige Definition scheint es offensichtlich nicht zu geben. Immanuel Kant (dt. Philosoph, 1724 – 1804) sagt: „Der Mensch ist von Natur böse.“

Dem widerspricht Jean-Jacques Rousseau, ein Schweizer Philosoph (1712 – 1778). Er vertrat die Meinung, dass der Mensch von Natur aus gut sei, erst die Gesellschaft ließe ihn böse werden. Er meinte: „Das Erste und das Wichtigste, was ein Kind lernen muss, ist, Leiden zu ertragen.“

Was stimmt denn nun? Eine der beiden Behauptungen oder doch beide, gegensätzlich wirkende? Hat der Mensch sowohl das Gute als auch das Böse in sich?

Schauen Sie sich ein Neugeborenes an. Was hat es Unrechtes getan? Nichts! Also ist es lieb.

Mehrere Jahre später kann das schon ganz anders aussehen. Das ehemalige „Ach so süße“ Baby hat bereits eine registrierte Serie von Straftaten vorzuweisen. Diebstahl, Bedrohung, Erpressung, tätlicher Angriff, versuchter Mord.

Wie konnte das geschehen?

Entwicklung der Charaktereigenschaften

Die Entwicklung des Kindes und damit sein Charakter werden zunächst durch die Eltern als Bezugsperson beeinflusst und später durch Erfahrungen in seinem sozialen Umfeld geprägt. Dabei können sich einschneidende Erlebnisse auf das spätere Leben als Jugendlicher und Erwachsener wie oben beschrieben auswirken.

Immer wieder behaupten Wissenschaftler, dass durch die Gene bestimmte Verhaltensweisen vorbestimmt seien. Sollte das so sein, haben sie einen Einfluss auf die Entwicklung der Persönlichkeit. Die Einbindung ins soziale Umfeld, die Erziehung und Ausbildung, die Geschehnisse im Leben lassen die möglicherweise schlummernden Charaktereigenschaften dadurch vielleicht etwas stärker ausgeprägt erscheinen als bei einem anderen Menschen.

Geklärt ist das alles noch lange nicht, sodass vorerst davon ausgegangen werden darf, dass jedes Individuum selbst aktiv dazu beiträgt, seine Verhaltensmuster auszuleben.

Mensch, Macht, Mörder

Der Buchtext ist in drei Kapitel gegliedert: Mensch, Macht und Mörder. Zuerst soll nachvollzogen werden können, weshalb es einem Individuum wichtig ist, zu überleben. Damit es sich und seine Art erhalten kann, scheint es lügen, tricksen, manipulieren zu müssen. Wohlgemerkt – ob es will oder nicht.

Nach wenigen Jahren kann der Mensch alle Tricks anwenden, um in der Gesellschaft bestehen und überleben zu können. Soweit kann das Verhalten als ‚in Ordnung‘ bezeichnet werden.

Im zweiten Schritt (und Kapitel) dreht sich der Themenbereich um Macht. In diesem Kapitel werden Beispiele gezeigt, welche Rolle die Ausübung von Macht, Status und Kraft im Leben einnimmt und wie sie praktiziert wird.

In dieser Phase ist nachvollziehbar, wie der Mensch seine Stellung in der Gesellschaft ausbaut. Einige Vorgehensweisen müssen als fraglich oder im Ansatz sogar als illegal bezeichnet werden.

Im dritten Kapitel, Mörder, geht es um Mord und Totschlag, um Attentat und Krieg. Es ist nicht immer leicht, manchmal sogar unmöglich zu entscheiden, ob das Vorgehen noch gut oder von vornherein (geplant) bereits böse ist.

Treffen zwei Kontrahenten aufeinander, empfinden sich (meist) beide im Recht. Sie fühlen sich ‚gut‘, sehen den anderen als schlecht, als ‚böse‘. Genügend Beispiele sind bekannt, die das Böse im (anderen) Menschen offenbaren.

Manches brutale und aggressive Verhalten wird durch die Regierenden legitimiert. Außerhalb dieser Legitimation wäre das Vorgehen als illegal zu bezeichnen. „Du darfst niemanden erschießen – im Krieg schon.“

Bedauerlicherweise lässt sich manches Individuum oder manche Organisation dazu hinreißen, bösartig, zulasten anderer, illegal vorzugehen. Tote säumen den Weg.

Dreiteilung

Mit dieser Dreiteilung soll der Gedankengang des Buches geordnet werden.

Der einzelne Mensch will überleben und seine Nachfahren überleben lassen. Dazu muss er sich durchsetzen, was Raffinesse, Energie und oftmals Geld bedarf. Je kräftiger einer wird, desto mehr Macht kann er ausüben und gleichzeitig das Fortkommen der ‚eigenen Sippe‘ garantieren.

Allerdings: Wer einmal Macht geleckt hat (analog zu ‚Blut lecken‘), will davon nicht mehr loslassen. Die erhaltene Macht wird gnadenlos geschützt und rigoros ausgebaut, wobei häufig die Grenze vom Legitimen zum Illegitimen überschritten wird.

Übergriffe, Verbrechen und Straftaten sind die Folgen.

Wer es zu weit treibt, wird zum Täter und – vielleicht – zum Mörder.

Überschreiten der unsichtbaren Grenze zur Illegalität

So wie das Wort ‚Gut‘ das Vollkommene meint, meint das Wort ‚Böse‘

nichts anderes als den Verlust des Vollkommenseins.

Thomas von Aquin, it. Philosoph

(1224 - 1274)

Ab wann ist der Böse böse?

Wurde die unsichtbare Grenze überschritten, sind alle Dämme gebrochen. Das verbrecherische Verhalten wird immer extremer und ist schließlich kaum mehr zu rechtfertigen.

Welches Verhalten ist denn nun tatsächlich böse? Ist ein Mörder automatisch böse? Auch dann, wenn er seine/n Lebenspartner/in im Falle eines bewaffneten Angriffs nur durch das Töten des Angreifers schützten kann?

Einige Beispiele im vorliegenden Buch mögen das verdeutlichen.

Manche Frage in dieser Richtung lässt sich nur schwer oder gar nicht ‚richtig‘ beantworten.

Weiter sind alle aufgeführten Beispiele im vorliegenden Buch nur als solche zu betrachten. Sie wurden exemplarisch ausgesucht aus einer unüberschaubaren Fülle an weltweiten Vorkommen der vergangenen Jahrtausende. Der vorliegende Text ist nicht als jugendliches Werk zu betrachten.

Szenische Rekonstruktionen

Bewusst werden sogenannte ‚Szenische Rekonstruktionen‘ (fiktive Geschichten und Interviews) eingefügt, damit die Leserin, der Leser sich in die Gedankenwelt und die Gefühlswelt einzelner Personen und Situationen hineinversetzen kann. Diese Textteile sind kursiv dargestellt. Sie sind manchmal bewusst ‚schockierend‘ geschrieben, um Anstöße zum Nachdenken zu geben.

Es wurde versucht, aus möglichst verschiedenen Themen Beispiele zu sammeln. Natürlich gibt es viel, viel mehr Beispiele, die zu jedem Thema gepasst hätten. Liebe Leserin, lieber Leser, betrachten Sie die Auswahl deshalb als subjektive Auswahl des Autors.

Einige dieser Geschichten/Interviews sind aus der Perspektive des Täters, andere aus der des Opfers betrachtet. Täter heißt in diesem Zusammenhang meist frei erfunden, trotzdem möglichst mit Bezug zum historischen Geschehen oder realen Vorkommnis.

Nachdenken oder Kopfschütteln

Diese Textparts sollen zum Nachdenken oder Kopfschütteln anregen. Einige Beispiele werden der Leserin, dem Leser bekannt vorkommen und führen zur Bestätigung von selbst Erlebtem.

Andere werden neue Erkenntnisse bringen und möglicherweise Verknüpfungen mit bisherigem Wissen herstellen.

Einige erhalten schockierende Momente oder Beschreibungen. „War das wirklich so?“, wird sich der eine oder andere fragen. „Wie kann jemand nur so etwas tun?“

Vielleicht schrecken manche der Informationen aus den Berichten auf, sodass ein eigenes Verhalten reflektiert wird. Dann ist ein großes Ziel dieses Buches erfüllt.

Es liegt nicht im Sinne des Autors, jede einzelne Situation als richtig oder falsch bewerten zu wollen. Das wäre sowieso eine subjektive Betrachtung und damit nicht allgemeingültig.

Es soll auch niemand in seiner eigenen Betrachtung oder politischen, religiösen, sexuellen oder gesellschaftlichen Einstellung beleidigt werden. Sollte sich trotzdem jemand beleidigt fühlen, gilt schon jetzt eine ehrlich gemeinte Entschuldigung.

Aha-Effekt

Vielleicht entsteht bei dem einen oder anderen ein Aha-Effekt, der zukünftiges Verhalten im Sinne des verstärkten, positiven Zusammenlebens fördert.

Deshalb werden immer wieder Hinweise gegeben, wie durch andere Einstellungen oder Betrachtungen zwischenmenschlicher Umgang optimiert werden könnte; beruflich wie gesellschaftlich. Natürlich bleibt die Entscheidung jedem selbst überlassen, ob und wie er sein Verhalten anpassen will.

Es ist kaum anzunehmen, dass nach 32 Millionen Jahren menschlichen Lebens mit den vorliegenden Überlegungen schlagartig alles ins Positive geändert werden könnte.

Könnte jeder Mensch ein klein weniger ‚böses‘ Verhalten zeigen, würde sich das menschliche Zusammenleben radikal ändern. Jeder trägt Verantwortung für die Zukunft.

Vielleicht lässt die Lektüre der vielen ungeheuerlichen Grausamkeiten unserer Vorfahren das eigene Verhalten in der Zukunft überdenken.

Wilhelm Richard Wagner (dt. Komponist, 1813 – 1883) meinte: „Wandel und Wechsel liebt, wer lebt.“

Lassen Sie uns leben!

Ich wünsche viele Gedankenanstöße

Horst Hanisch

Teil 1 – Mensch

Das Lebewesen Mensch

Keine Wesenheit ist in sich böse. Das Böse hat keine Wesenheit.

Thomas von Aquin, it. Philosoph

(1224 - 1274)

„Ich will und ich muss überleben.“

Die Natur hat es so eingerichtet, dass ein Lebewesen einer Spezies weiterleben soll. Da das Lebewesen seine Kräfte und Möglichkeiten nach einer gewissen Zeit aufgebraucht hat und schwächer wird, übergibt es der nachfolgenden Generation die Aufgabe, die eigene Art zu erhalten.

Dabei werden kleinere ‚Fehler‘ der Spezies korrigiert und neue Anpassungen im Verhalten und Körperbau vorgenommen. Das Lebewesen passt sich an; es optimiert sich.

Dieser Vorgang ist bei Pflanzen, bei einfachsten tierischen Lebensformen bis hin zum hoch entwickelten Homo Sapiens zu beobachten.

Vereinfacht ausgedrückt lässt sich behaupten, dass die Aufgabe des Lebewesens darin besteht, sich selbst beziehungsweise seine Art am Leben zu erhalten.

Widrige Natureinflüsse könnten einem Lebewesen die Lebensgrundlage entziehen. Die Art müsste sterben, genauer gesagt aussterben – und zwar für immer. Das widerspräche dem oben genannten Ziel des Überlebens.

Dem Menschen, der die Kraft der Reflexion besitzt, dürfte dieser Gedanke gar nicht zusagen. Aufgrund der menschlichen Entwicklung, der Entdeckungen und Erfindungen, die er im Laufe der Jahrhunderte machte, wird er alles Können und alle Macht daransetzten, seine Art zu erhalten.

Survival of the fittest

Dürfen wir den Erkenntnissen des britischen Evolutionsforschers Charles Robert Darwin (1809 – 1882) folgen, so bleibt dem Lebewesen – zur Erreichung des Ziels – lediglich übrig, sich den Gegebenheiten anzupassen.

Darwin nannte das ‚Survival of the fittest‘, übersetzt ‚das Überleben der Fittesten‘. Dabei ist nicht zwangsläufig der körperlich Kräftigste gemeint. Laut Darwin ist die Muskelkraft nicht (immer) ausschlaggebend. Unter ‚Fittest‘ ließe sich auch der ‚Anpassungsfähigste‘ verstehen. Darwin übernahm den Begriff vom britischen Sozialphilosophen Herbert Spencer (1820 – 1903).

Derjenige (das Lebewesen), der den für sich optimalen Weg findet, seine Art zu erhalten, überlebt; wenn es sein muss, mit aller Macht.

Das klingt nach einer gewissen Raffinesse oder sogar nach Cleverness oder Intelligenz.

Wie das bei Pflanzen funktioniert, versuchen Forscher noch zu klären. Beim Menschen scheint das leichter nachvollziehbar zu sein, besitzt er doch die fantastische Möglichkeit der oben erwähnten Reflexion. Er kann sein eigenes Handeln durchdenken und gezielt vorgehen.

Das Lebewesen sucht und findet (scheinbar) automatisch nach dem für sich besten Ort, weiterleben zu können. Übrigens ohne Rücksicht auf andere Kulturen oder die Natur.

Der 1. Platz

So weit, so gut – oder doch nicht? Der beste Platz ist der beste, er lässt sich nicht steigern. Aus Sicht des Individuums ist das wunderbar.

Ein anderes Individuum derselben Art kann den besten Platz nicht mehr wählen, denn dieser ist ja bereits belegt. Also muss es mit dem 2. Platz zufrieden sein; mit dem zweitbesten.

Das dritte Lebewesen nimmt den drittbesten Platz und so weiter.

Der Erste hat einen großen Vorteil, er entwickelt sich prächtig; er kann sich gut entfalten. Der Zweite und alle folgenden müssen sich zwangsläufig einschränken. Etwas brutaler ausgedrückt: Der Erste gewinnt und bringt die anderen in eine schwächere Position. Die anderen verlieren.

Lebensalternativen

Erkenntnis: Derjenige mit dem besten Platz überlebt am ehesten. Übertragen auf den reflektierenden Menschen ergibt sich Folgendes. Der Zweitplatzierte (und alle anderen auch) erkennt, dass der beste, der erste Platz vergeben ist. Hieraus ergeben sich zwei Handlungs-Alternativen. Erstens: Akzeptieren, aufgeben, resignieren, mit weniger im Leben auskommen, ein schwächeres oder kürzeres Leben haben. Oder: Den ersten Platz streitig machen.

Den 1. Platz streitig machen

Spielerisch zeigt sich das in allerlei sportlichen Wettkämpfen, bei denen es – trotz aller Behauptung „dabei sein ist alles“ – vorrangig um den Gewinn geht. Also kämpfen, kämpfen um des Überlebens willen.

Der erste Platz muss mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln erobert werden, und zwar psychisch und physisch.

Das heißt: Intrigen schmieden, Gerüchte verbreiten, am Stuhlbein sägen, verleumden, jemanden ins schlechte Bild stellen, verunglimpfen, übel nachreden, Mobbing aller Art und viele andere ‚Spielvarianten‘ mehr.

Oder aber auch Drohungen, körperliche Streitigkeiten, Handgreiflichkeiten, Über- und Angriffe, Attacken, Auseinandersetzungen unter Einsatz der Muskelkraft, Rempeleien, Schlägereien, Verletzungen und, und, und. Dem Menschen bieten sich zahllose Möglichkeiten.

Nicht vergessen: Es gibt nur einen 1. Platz – aber schier endlos viele ‚sonstige‘. Fast alle Menschen versuchen nach vorn beziehungsweise nach oben zu kommen.

Und weswegen dieses Vorgehen? Nun, ‚nur‘ um den ersten Platz zu erobern. Das eigene Leben und das weitere Fortkommen soll (und muss) optimiert werden.

Dieses beschriebene Verhalten ist nachvollziehbar und gehört offensichtlich zwangsläufig zum Ziel, die eigene Art überleben zu lassen.

Daraus abgeleitet folgen alle weiteren Überlegungen in diesem Buch.

Wie alles begann

Böse Werke machen nimmermehr einen bösen Mann, sondern ein böser Mann macht böse Werke.

Martin Luther, dt. Reformator

(1483 - 1546)

„Wir müssen uns wehren!“

Lucy wachte auf. Die ersten Sonnenstrahlen blinzelten am Höhleneingang. Lucy gähnte einmal ausgiebig, sprang von ihrer Schlafstätte auf und streckte ihre Muskeln.

Auch die anderen Mitbewohner der Höhle erwachten fast alle zur gleichen Zeit. Es wurde das eine oder andere morgendliche Begrüßungsritual ausgetauscht, und schon war jeder der 14-köpfigen Gruppe in seine Arbeit vertieft. Lucy trank etwas erfrischendes Wasser, das an einer Stelle der Höhlenwand in ein Becken hineinlief.

Dann machte sie sich mit einigen anderen Bewohnerinnen auf die Suche nach genießbaren Beeren, Früchten und Reptilien- beziehungsweise Vogeleiern, die alle so gerne aßen.

Zur selben Zeit bewaffneten sich die erwachsenen männlichen Gruppenmitglieder mit Schlagstöcken, Schleudern und Spießen, um in ihrem Jagdrevier etwas nahrhaftes Wild zu erledigen.

Ein Tagesablauf, so wie an jedem Tag. Aber diesmal sollte er anders verlaufen.

Lucy war mit ihren Gefährtinnen gerade zurückgekommen, als die Männer kreischend und lautstark artikulierend in die Höhle stürmten. Jeder realisierte sofort, dass etwas Schlimmes geschehen sein musste. Lauthals gestikulierend und wütende Schreie ausstoßend, erklärten die Männer allen anderen, was geschehen war.

Die Jagdgruppe war gerade auf dem Weg zu einer Wasserstelle, an der sich schweineähnliche Tiere zu suhlen pflegten. Die Männer wollten ein schmackhaftes Jungtier erlegen. Und tatsächlich – die Rotte stand optimal. Es konnte nichts schiefgehen. Die Jagdgruppe bereitete sich vor, unentdeckt der Beute näherzukommen.

Gerade in dem Augenblick, als die Gruppe attackieren wollte, wurden von der gegenüberliegenden Seite Speere und Stöcke auf die Tiere geschleudert. Es folgte ein regelrechter Beschuss mit großen Steine, die gezielt von Schleudern abgeschossen wurden.

Ein fürchterliches Chaos entstand unter den Tieren. Schmerzhaftes Aufkreischen, entsetztes Brüllen und hilfloses Auseinanderrennen waren die Folgen. Zwecklos. Eine Horde wild gestikulierender Männer stürmte bewaffnet auf die Tiere zu. Gnadenlos wurden die verletzten Tiere niedergeknüppelt und regelrecht abgeschlachtet. Es gelang ihnen, die komplette Tierherde zu erlegen.

Da lagen sie nun, die vor wenigen Minuten noch sich friedlich suhlenden Tiere. Blutüberströmt, im Todeskampf zuckend – die komplette Rotte war ausgerottet.

Lucys Jagdgruppe verharrte erschrocken im Schutz der Büsche und Bäume. Entsetzt musste die Gruppe mit ansehen, wie ihre lebensnotwendige Nahrung von einer fremden Gruppe geplündert wurde.

Was hatten die fremden Typen in ihrem Jagdrevier verloren? Die sollten gefälligst in ihrer eigenen Gegend bleiben.

Lautlos zog sich Lucys Gruppe zurück. Nachdem sich die Männer in Sicherheit fühlten und von den anderen nicht mehr gesehen oder gehört werden konnten, rannten sie auf kürzestem Weg zu ihrer Höhle zurück.

Fassungslos hatten sich alle Mitglieder der Gruppe um die Erzählenden gesammelt. Nach einer kurzen Schockstarre, in der kein Geräusch zu hören war, schrien plötzlich alle durcheinander. Etwas musste geschehen. Lucy schaffte es, die Gruppe zu beruhigen. Alle setzten sich auf den Boden und begannen eine Diskussion. Wie sollten Sie vorgehen?

Schnell war klar, dass sie der anderen Gruppe deutlich die eigene Überlegenheit zeigen mussten. Ob sie wollten oder nicht – sie mussten sich auf eine kriegerische Auseinandersetzung vorbereiten. …

Lucy – der erste Mensch

Lucys Geschichte ist natürlich erfunden. Aber tatsächlich könnte genau so etwas damals geschehen sein. Damals, vor 3,2 Millionen Jahren. Das ist eine Ewigkeit her.

Lucy gilt als erster Mensch der Welt, der manchmal auch Vormensch genannt wird. Dieser aufrecht gehende Vormensch erhielt den Namen ‚Australopithecus afarensis‘.

Im Jahre 1974 wurden von Donald Carl Johanson (*1943), einem US-amerikanischen Paläoanthropologen, bei Ausgrabungen in Hadar im Afar-Dreieck (im heutigen Äthiopien) Teile von Lucys Skelett gefunden.

Die Wissenschaftler sind der Meinung, dass Lucy etwa im Alter von 25 Jahren starb.

Das Unheil war absehbar

3.200.000 Jahre; eine ungeheure Zahl, die kaum vorstellbar ist. Die obige Geschichte soll zeigen, dass es zur Erhaltung der lebenswichtigen Grundlagen zu Auseinandersetzungen kommen musste.

Alternativ hätte Lucys Gruppe auf das bisherige Jagdrevier verzichten oder es verkleinern können. Dann hätte das Revier nicht mehr genügend Nahrung abgegeben, die Gruppe hätte gelitten.

Also hätte sich die Gruppe in eine andere geographische Richtung orientieren müssen, mit dem Risiko, dort in das Jagdrevier einer weiteren Gruppe einzudringen. Egal wie sie vorgegangen wäre, das drohende Unheil war absehbar.

Obwohl es im Vergleich zur heutigen Zeit damals mehr oder weniger menschenleer auf dem Planeten war, kollidierten die Interessen parallel lebender Gruppen. Heute, mit fast 12 Milliarden Menschen auf dieser Erde, treten diese sich zwangsläufig am laufenden Band auf die Füße. Demnach scheint es gar nicht verwunderlich, dass es zu ständigen Streitereien kommen muss.

Egal ob der Mensch will oder nicht – er muss um sein Daseinsrecht kämpfen.

Emma entwickelt ihr Selbst-Bewusstsein

Das Böse ist eine Ausstrahlung des menschlichen Bewusstseins in bestimmten Übergangsstellungen.

Franz Kafka, österr.-ung. Schriftsteller

(1883 - 1924)

„Ich weiß, wer ich bin.“

Das Wort Selbst-Bewusstsein steht hier im Sinne von ‚sich seiner selbst bewusst sein‘.

Ist das Selbst-Bewusstsein für jede Person eine Selbstverständlichkeit? Ist sich jeder seiner selbst bewusst? Nun vielleicht doch nicht immer und nicht jede Person.

Wie sieht es mit Säuglingen und Kleinstkindern aus? Weiß(!) ein Säugling, wer er ist – ist ihm bewusst, dass er ‚ist‘? Wie sieht es mit Personen im (Wach-)Koma aus? Wissen(!) sie, dass sie da sind, dass sie ‚sind‘? Einige wenige Patienten, die im Wachkoma liegen, scheinen die Umwelt wahrzunehmen. Gemeint ist, dass ihnen klar ist, im Koma zu liegen.

Für unsere Überlegungen ist der Gedanke um das Selbst-Bewusstsein bei Säuglingen vorrangiger. Denn: Nach gängiger Meinung der Wissenschaftler ist sich ein Säugling seiner selbst keineswegs bewusst. Ihm ist nicht bewusst, dass er ist. Der Wissenschaft ist bisher auch niemand bekannt, der sich beispielsweise an seine eigene Geburt erinnern kann.

Etwas älter geworden, wird das Kleinkind zuerst von sich selbst in der 3. Person reden. „Emma geht in den Garten.“ Das Kind nennt sich selbst bei seinem eigenen Namen. Erst einige Monate später wird Emma so formulieren: „Ich gehe in den Garten.“ Jetzt ist hörbar, dass Emma sich ihrer selbst bewusst ist, sich selbst als Individuum wahrnimmt.

Sie (er-)kennt nun sich, also das ICH und damit auch das DU. Sie kann sich selbst von anderen Personen deutlich unterscheiden. „Ich mache das – und du jenes.“ Der spannende Prozess des sich seiner selbst bewusst zu werden hat nun begonnen und nimmt seinen Lauf.

Wirkung auf andere

Emma beobachtet, entdeckt, kombiniert und wird Zusammenhänge in der Welt immer besser verstehen.

Nach und nach erkennt Emma auch, wie sie auf andere Menschen wirkt. Ihr wird bewusst, wie sie diese Wirkung gezielt einsetzen kann, um etwas zu erhalten. Etwas übertrieben ausgedrückt könnte behauptet werden, sie hat die Fähigkeit, andere um die Finger zu wickeln oder, noch krasser, zu manipulieren.

Obwohl der junge Mensch bei weitem sein Verhalten noch nicht so gut reflektieren kann wie der Erwachsene, entwickelt er die Fähigkeit, andere Menschen zu seinem Vorteil ‚zu benutzen‘. Schimmert hier das vorgegebene Ziel der Natur durch, überall Vorteile zu suchen, um das eigene Leben (und das Weiterleben der Art) abzusichern?

Um diese Entwicklung durchleben zu können, braucht Emma ein soziales Umfeld. Erst durch Aktion und Reaktion, also durch zwischenmenschliche Interaktion, kann Emma lernen.

Das Verhalten anderer prägt sie, formt ihre Charaktereigenschaften aus und vermittelt ihr Wertvorstellungen und Verhaltensmuster rund um das Thema Umgangsformen.

Gerade die Wahrnehmungen in den ersten Lebensjahren werden die zukünftige Denk- und Verhaltensstrukturen deutlich prägen. Höchstwahrscheinlich baut sich das komplette Leben besonders auf diesen ersten Prägungen auf.

Sind die Eltern verantwortlich?

Selbstverständlich darf das soziale Umfeld nicht, allen voran die Eltern, verantwortlich dafür gemacht werden, wenn der Nachwuchs später schrecklich Böses anstellt.

Die Schuldzuweisung an die Eltern ist zu einfach. Denn Emma erhält nicht zählbare ‚Inputs‘ jeder Person, mit der sie aktiv oder passiv zusammenkommt. Ergänzend werden Bilder, später Sendungen im Fernsehen und Internet dazu beitragen, die eigene Persönlichkeit zu formen. Die vererbten Gene nehmen natürlich auch Einfluss.

Eltern (und das nähere soziale Umfeld, das sich verantwortlich fühlt) können trotzdem dazu beitragen, Emma als authentischen, selbstbewussten Menschen zu erziehen, der andere Menschen achtet und wertschätzt.

Eigenverantwortliches Vorgehen

Spätestens nach der Pubertät hat der Jugendliche die eigene Kraft und Verantwortung über sein Handeln und seine zwischenmenschlichen Aktionen nachzudenken. Eigenverantwortliches Vorgehen ist möglich und wird erwartet.

Natürlich schließt das keineswegs aus, dass sich der Jugendliche weiterhin von seiner Umwelt beeinflussen lässt. Der Ausbau des Selbst-Bewusstseins hört nicht an einem Tag auf – er geht ein Leben lang weiter.

Je besser Emmas Selbst-Bewusstsein ausgeprägt ist, desto leichter wird es ihr fallen, auch auf neuartige oder unbekannte Situationen vernünftig reagieren zu können.

Dieses Verhaltensmuster gilt nicht nur für den Jugendlichen, sondern für jeden Erwachsenen. Solange ein Mensch aktiv am Leben beteiligt ist, wird er immer und immer wieder mit Neuem konfrontiert. Bleibt er mental flexibel, wird es ihm (trotz aller möglichen Mühen) gelingen, fair mit sich und anderen umzugehen.

Bei allen neuen Erfahrungen und Erkenntnissen wird er immer wieder mit der Überlegung konfrontiert, was richtig und falsch ist.

Schreitet der Mensch mit offenen Augen durchs Leben, wird er unter Umständen erkennen müssen, dass bisher etwas, was für ‚richtig‘ gehalten wurde, neuerdings nicht mehr ganz so richtig ist oder mittlerweile gar als falsch angesehen wird.

Starrsinnigkeit wie „früher war das aber so“ hilft hierbei nicht weiter. Mentale und analysierende Flexibilität ist gefragt.

Büchse der Pandora

Das Böse ist des Menschen beste Kraft.

Friedrich Wilhelm Nietzsche, dt. Philosoph

(1844 - 1900)

„Nicht rauslassen!“

Wie muss das Leben der Menschen schön gewesen sein, als es noch nicht Böses gab. Alle lebten in Frieden glücklich miteinander.

Ja, und dann kam Pandora (gr. ‚pan‘ für ‚all‘ und ‚doron‘ für ‚Geschenk, Gabe‘), die Allbegabte.

Aber von Anfang an: Der griechische Gott des Feuers Hephaistos war einer der 12 olympischen Gottheiten, deren Chef Zeus war. Zeus war übrigens auch Hephaistos Vater, mit dem er allerdings ständig in Konflikt lag.

Hephaistos war zuständig für die Schmiedekunst, die Architektur und die Vulkane. Er hatte viel zu tun, zog meist eine Handwerkerkappe über und hatte in der Regel einen Schmiedehammer dabei. Soweit war er immer einsatzbereit.

Obwohl er viel zu tun hatte, schuf Hephaistos eines Tages auf Befehl seines Vaters aus Lehm Pandora. Diese sollte für den Diebstahl des Feuers Rache an Prometheus nehmen.

Außerdem schuf er eine wunderschöne Büchse, in die alles Übel und alle Hoffnung der Welt gegeben wurde. Sozusagen handelte es sich um die Dose allen Übels. Weiter sind in der Büchse alle der Menschheit bis dahin unbekannten Übel wie Krankheiten, Seuchen und Tod aufbewahrt.

Pandora, die selbstverständlich wunderhübsch und verführerisch gestaltet war, sollte Prometheus diese Büchse als hinterhältiges Geschenk überbringen.

Liebe und Neugierde

Natürlich kam es anders, als Zeus geplant hatte. Pandora verliebte sich in Prometheus‘ Bruder Epimetheus und heiratete diesen auch.

Was sollte sie nun mit dem Geschenk tun? Nachschauen, was in der kostbar gestalteten Büchse ist? Kann ja nicht so schlimm sein, musste Pandora wohl gedacht haben. Also öffnete sie neugierig die Büchse. Schneller als sie sehen konnte, entwich alles Übel dieser Welt. Erschrocken klappte Pandora den Deckel wieder zu, sodass lediglich die Hoffnung in der Dose übrigblieb.

Das hat die Menschheit nun davon. Von diesem Tag an gab es auf der Welt Krankheiten, Mühen, alle Übel, Diebstahl, Mord und Totschlag.

Nach griechischer Mythologie wird es nie wieder gelingen, all das Böse einzufangen und auf Ewigkeit in einer Büchse gefangenzuhalten. Die Neugierde hatte gesiegt.

Vielleicht gelingt es ja doch eines Tages, die Welt von allem Übel zu befreien? Bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt. Die Hoffnung verharrt übrigens noch in der Dose.

Adam, Eva und der Granatapfel

Das böse Gewissen des Menschen hat die Tragödie erfunden.

Christian Friedrich Hebbel, dt. Dramatiker

(1813 - 1863)

„Probiere mal – er schmeckt so lecker!“

Der Granatapfel gilt als die älteste Frucht (und Heilfrucht) der Welt. Besonders gesund soll der Granatapfel, Punica granato, sein. Schon im alten Ägypten 1.500 v. Chr. half der Verzehr von Granatäpfeln gegen Darmparasiten.

Unabhängig davon schmeckte und schmeckt der Granatapfel frisch und belebend. War das ein Grund, weshalb der Granatapfel so verlockend auf Eva wirkte?

Baum der Erkenntnis

Laut Altem Testament (Genesis 3) lebten Adam und Eva glücklich und sorgenfrei im Paradies, im Garten Eden. Es gab keine Not, weder Stress noch Neid, alles Gewünschte war vorhanden. Alles durfte genutzt und benutzt werden.

Alles – außer der Frucht, die verlockend am Baum der Erkenntnis hing. Diese Frucht konnte Gutes von Bösem unterscheiden.

Da Adam und Eva gottesfürchtig lebten, hatten sie auch kein Verlangen nach diesem Apfel.

Zumindest solange nicht, bis die heimtückische Schlange auftauchte. Dummerweise gelang es ihr, Dank ihrer rhetorischen Überzeugungskraft, Eva zum Pflücken der Frucht zu verführen.

Nachdem Eva gekostet hatte, ließ sie auch Adam probieren. Danach bekamen beide ein schlechtes Gewissen, wussten sie doch, dass sie etwas Verbotenes gemacht hatten.

Er aber wird über dich herrschen

Sie versteckten sich hinter Bäumen, als Gott den Garten Eden betrat. Keine Chance. Gott war böse, er verwies beide aus dem Paradies, wobei er nicht versäumte, Adam zu beschimpfen: „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen … Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden.“

Zu Eva gewandt sagte er: „Viel Mühsal bereite ich dir, sooft du schwanger wirst. Unter Schmerzen gebierst du Kinder.“ Und als wäre das nicht genug, fügte er hinzu: „Du hast Verlangen nach deinem Mann; er aber wird über dich herrschen.“

Bei gleicher Gelegenheit verfluchte Gott übrigens auch die Schlange: „Weil du das getan hast, bist du verflucht unter allem Vieh und allen Tieren des Feldes.“

Beim Verlassen des Paradieses rief Gott der Herr ihnen nach: „Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist.“

Nachträglich überlegt, war es keine gute Idee Evas, von der Frucht zu kosten.

Verlockung und Macht

Obwohl in der Bibel lediglich von einer Frucht vom Baum der Erkenntnis gesprochen wird, wird bald der Apfel (malus domestica) auch für die Frucht eingesetzt. Interessanterweise tritt auch heute noch der Apfel stellvertretend für die Verlockung oder für Macht auf:

In Brauchtümern: Paradiesäpfel am Weihnachtsbaum

In Geschichten und Märchen: Wilhelm Tell, Schneewittchen, Der goldene Apfel

In der Wirtschaft: Big Apple (New York) und Apple (das Unternehmen)

In der weltlichen Macht der Herrscher: Reichsapfel

In der Religion: Granatapfelförmige Aufsätze der Rollstäbe einer Torarolle (Aufsatz Tora: Rimonim)

In der Mythologie: Iduna, Göttin der ewigen Jugend, Hüterin der goldenen Äpfel (bei Verlust beginnen die Götter zu altern)

In der menschlichen Anatomie: Adamsapfel, Augapfel

In der Tierwelt: Pferdeapfel

Im zwischenmenschlichen Umgang: Zankapfel, Äpfel mit Birnen vergleichen

In zahlreichen Redewendungen: „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.“ „Der schönste Apfel hat oft einen Wurm.“ „In den sauren Apfel beißen.“ „Ein Apfel am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen.“ „An apple a day keeps the doctor away.”

Das Apfelbäumchen

Selbst der Reformator Martin Luther (1483 – 1546) soll empfohlen haben, ein Apfelbäumchen zu pflanzen: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“

Abschließend noch ein kluger Spruch vom griechischen Philosophen Plato(n) (428/427 – 348/347 v. Chr.): „Wenn zwei Knaben jeder einen Apfel haben und sie diese Äpfel tauschen, hat am Ende auch nur jeder einen. Wenn aber zwei Menschen je einen Gedanken haben und diese tauschen, hat am Ende jeder zwei neue Gedanken.“

Kain und Abel

Adam und Eva waren aus dem Paradies vertrieben. Sie begannen ein ‚normales‘ Leben der Menschen.

Bald freuten sie sich über ihre ersten beiden Söhne: Kain und Abel. Beide entwickelten sich prächtig. Ihren Fähigkeiten entsprechend arbeiteten sie: Kain war zuständig für den Ackerbau, Abel hütete das Vieh.

Wie das Leben so spielt – der eine war neidisch auf den anderen. Kain war krankhaft neidisch auf seinen Bruder. Als beide ein Dankesopfer brachten und Gott Abels Opfer vorzog, hasste Kain seinen Bruder immer mehr und erschlug ihn schließlich. Laut Bibel wurde er damit zum ersten Mörder.

Kain erschlug seinen Bruder Abel. Der erste biblische, menschliche Mörder ist erfasst.

Gott verstieß daraufhin Kain und versah ihn mit einem Kainsmal (Kainszeichen), damit ein jeder die Schande sehen konnte. Gleichzeitig diente das Mal dazu, ihn zu schützen, selbst zu einem Todesopfer zu werden.

Dismas und Gestas

Dismas (Dysmas, Dimas) und Gestas sind zwei Verbrecher, die mit Jesus hingerichtet und ans Kreuz genagelt wurden. Dismas gilt als der gute Verbrecher, da er Reue zeigt. Sein Kreuz steht zur Rechten. Zur Linken hängt Gestas, der böse Verbrecher, der Jesus noch am Kreuz verspottete.

Rechts ist das Gute – links das Böse.

Western – der gemeine Schurke und der rechtschaffene Retter

In früheren Kinofilmen kämpfte der Gute (immer) erfolgreich gegen das Böse. In klassischer Form gab es immer ein Happy End. Für die Zuschauer war von Anfang an klar, wer zu den Guten und wer zu den Bösen gehört. Das äußere Erscheinungsbild, das zwischenmenschliche Auftreten, verbale Äußerungen und so weiter machten die Zuordnung sofort eindeutig.

Die bösen Revolverhelden terrorisierten die anständigen Bewohner des kleinen, aufstrebenden Städtchens in den Weiten des wilden Westens. Jedem Zuschauer war klar, wie gemein und unfair das Verhalten der randalierenden Cowboys war. Die Bewohner waren hilflos und versuchten sich dem dominierenden Auftreten unauffällig unterzuordnen.

Dann, endlich, erschien der einsame und edle Reiter wie aus dem Nichts. Er schaute sich das Treiben eine Weile an, um dann Partei für die unterdrückte Bevölkerung zu ergreifen.

Endlich konnte diese ob der unerwarteten Hilfe aufatmen. Nach etwa anderthalb Stunden Kinofilmzeit unerbittlichen Kampfs gegen die Bösen, obsiegte das Gute. Bewohner und Zuschauer konnten aufatmen. Der einsame Held und Retter ritt in den Sonnenuntergang, zufrieden, die Ungerechtigkeit besiegt zu haben.

„Das hätte ich von dem nicht erwartet.“

In späteren Kinofilmen waren die Filmemacher fies genug, den Guten und den Bösen nicht mehr sofort erkennen zu lassen. Der Böse sah anfangs harmlos, freundlich und hilfsbereit aus. Sein Auftreten und sein Outfit deuteten auf Gutes hin.

Dann – oh Schreck – konnte der Zuschauer erkennen, dass der Böse mit einer Maske seine Boshaftigkeit verborgen hatte. In manchen Filmen musste fast bis zum Ende gerätselt werden, wer nun der Gute und der Böse war. Zeigt sich in der Gesellschaft nicht genau solch ein Bild? Wer ist der, der sich richtig verhält und wer ist der, der die Regeln bricht? Oftmals ist das über Jahre nicht zu erkennen.

Wird dann jemandem bewusst, dass eine Person böse handelte, äußert der Nachbar in einem Interview der Presse: „Das hätte ich von ihm nicht erwartet.“ Die Öffentlichkeit war getäuscht. Mit jedem aufgedeckten Fall wird die Gesellschaft misstrauischer den Menschen gegenüber. „Ich kann ja niemandem hinter die Stirn schauen. Also lieber skeptisch sein.“

Edel sei der Mensch, hilfreich und gut

Der Mensch ist selten im Ganzen gut oder böse.

Sigmund Freud (Sigismund Schlomo Freud), österr. Psychiater

(1856 - 1939)

„Sei lieb!“

Wurde bis zur Vertreibung aus dem Paradies angenommen, der Mensch sei edel, hilfreich und gut, konnte er nun Gut von Böse unterscheiden. Demnach wusste er, wenn er Böses tat. Nun half kein Verstecken mehr.

„Edel sei der Mensch, hilfreich und gut; denn das allein unterscheidet ihn von allen Wesen, die wir kennen!“ Dieses Zitat stammt aus dem Gedicht ‚Das Göttliche‘ vom deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832).

Hört sich das nicht wunderbar an? Der edle Mensch, wobei edel von Adel abgeleitet sein dürfte. Ein adeliger, von vornehmer Gesinnung. Jemand, der anständig und uneigennützig für Ordnung sorgt. Eine Person, die in hochpolierter Rüstung gütig lächelnd auf seine Mitmenschen (herab-)schaut.

Hilfreich – er ist reich an Hilfe. Er ist sich nicht zu schade, andere zu unterstützen, ihnen Trost zu spenden und für sie einzutreten. Und gut; was das Gegenteil von böse sein sollte. Er ist ehrlich, kann gut zuhören, stiehlt nicht, übervorteilt seine Mitmenschen nicht und wertschätzt die anderen.

Müsste nicht jeder einen glücklichen Seufzer ausstoßen, der den Menschen und damit die Menschheit so betrachtet, wie es aus dem Zitat hervorzugehen scheint? Aber halt: Im Gedicht steht das Wort ‚sei‘, nicht etwa ‚ist‘. Goethe behauptet also nicht, dass der Mensch edel, hilfreich und gut ist. Nein, er verwendet bewusst die Möglichkeitsform. Der Mensch soll edel, hilfreich und gut sein.

Appell an die Menschen

Wenn sich Goethe genötigt fühlt, in seinem Gedicht seinen Wunsch nach diesen positiven menschlichen Eigenschaften festzuhalten, drückt er damit aus, dass er diese Eigenschaften bei Menschen vermisst. Offensichtlich sind seiner Meinung nach Menschen weder edel, hilfreich noch gut. Denn er beklagt die erwähnten Schwächen beim menschlichen Wesen.

Möglicherweise ist der Text auch als Appell an die Menschen aufzufassen. Zum Beispiel so: „Lieber Mensch, wir haben doch schon genügend Sorgen auf dieser Welt. Weshalb müssen wir uns zusätzliche Probleme bereiten? Können wir nicht anständig miteinander umgehen? Wirf doch nicht alles so pingelig auf die Waagschale. Lass doch mal fünf gerade sein. Zeige deinen Großmut, biete deine Hand den anderen zur Unterstützung an. Bleibe bei deinen Gedanken und Arbeiten in der legalen Welt.“

Jedem steht es frei, Goethes Aufruf als Gedankenanstoß zu nehmen und sein Handeln danach auszurichten. Wäre schließlich jeder edel, hilfreich und gut, hätten wir den ursprünglichen Zustand des Lebens im Paradies wiederhergestellt. Adam und Eva würden sich nachträglich freuen.

Mit ihnen dürfte sich die gesamte Menschheit freuen, wäre doch jeglicher Ärger verbannt. Alles nur eine Träumerei?

Alle Menschen sind gleich

Wer das Böse nicht verurteilt, lässt zu, dass es geschieht.

Leonardo da Vinci, it. Maler, Bildhauer, Baumeister

(1452 - 1519)

„Du hast dieselben Rechte wie alle.“

Ach, ist das so? Die Väter (und immerhin 4 Frauen) der deutschen Verfassung (23. Mai 1949) hielten in Artikel 3 fest: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (verkündet am 10.12.1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen) behauptet in Artikel 1 (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit): „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“

In beiden Fällen handelt es sich um eine Aussage, die einen Ist-Zustand ausdrücken soll. Gleich zu Beginn aller Ausführungen, nämlich einmal in Artikel 1, das andere Mal in Artikel 3, wird dieser Satz festgehalten. Das zeigt die Wichtigkeit dieser Vorgabe.

Gleichwertigkeit

Entsprechend dieser Aussage der Realität, gäbe es überhaupt keinen Anlass, die folgenden Seiten in diesem Buch zu schreiben. Es herrschten paradiesische Zustände. Wie schön.

Genauer betrachtet trübt ein Schatten diese Aussage, käme doch der Gedanke auf, alle Menschen seien in ihrem Verhalten und Gedankengut gleichartig. Nein, natürlich nicht. Das wäre auch total langweilig.

Hier geht es um die Gleichwertigkeit eines Menschen. Egal ob Mann oder Frau, jung oder alt, Inländer oder Ausländer, Vorgesetzter oder Mitarbeiter und so weiter … Jeder hat gleiche Rechte (und Pflichten). Egal was er tut, wie er aussieht, welche Werte er vorrangig betrachtet – er ist gleichermaßen zu wertschätzen wie jeder andere auch.

An sich müssten die meisten Menschen dieser Überlegung sofort zustimmen. Gleich darauf, nach etwas Nachdenken, würden sie eine Menge Beispiele finden, die zeigen, dass die Realität anders aussieht.

Täglich werden Menschen aufgrund ihres Aussehens, ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Religion, ihrer politischen Einstellung, ihrer sexuellen Orientierung gedemütigt, diskriminiert, beleidigt, körperlich oder seelisch verletzt, bekämpft, verhaftet, gefoltert.

Eine aufgeschlossene Gesellschaft tritt für die Benachteiligten ein und sorgt für ein Klima, das den oben zitierten Menschenrechten gerecht wird.

So bleibt auch dem Gesetzgeber nichts anderes übrig, als immer wieder, der Zeit folgende, Gesetze zu erlassen, die für die Gleichheit der Menschen rechtliche Grundlagen bilden.

AGG – Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

Seit dem 18.08.2006 (ergänzte Fassung 12.12.2006) ist die allgemeine Gleichbehandlung in Deutschland gesetzlich festgehalten. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), auch als Anti-Diskriminierungs-Gesetz (früher: ADG) bezeichnet, trat in Kraft. Die Gleichbehandlung bezieht sich auf die Rasse, die ethnische Herkunft, das Geschlecht, die Religion, die Weltanschauung, eine mögliche Behinderung, das Alter, die sexuelle Identität.