Metamorphosen - Ovid - E-Book

Metamorphosen E-Book

Ovid

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Beschreibung

Ovids 'Metamorphosen' ist ein Klassiker der antiken römischen Literatur, der eine faszinierende Sammlung von mythologischen Geschichten darstellt, die sich um das Thema der Transformation drehen. Der Autor präsentiert diese Geschichten in einem eleganter, poetischen Stil, der von vielen als Meisterwerk der lateinischen Dichtung angesehen wird. Mit einem reichen Vokabular und kunstvoller Verwendung von Metaphern entführt Ovid den Leser in eine Welt voller Götter, Helden und unerklärlicher Verwandlungen. Diese epische Dichtung reflektiert auch die politischen und kulturellen Entwicklungen des antiken Roms, was sie zu einem wichtigen literarischen Werk ihrer Zeit macht. Detailliert und mit großem Gespür für die menschliche Natur erzählt Ovid Geschichten von Liebe, Eifersucht, Rache und Erneuerung, die auch heute noch aktuell sind. Die 'Metamorphosen' sind ein zeitloser Klassiker der Weltliteratur, der sowohl Literaturbegeisterte als auch Studenten der antiken Mythologie fesseln und inspirieren wird.

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Ovid

Metamorphosen

Mythologie: Entstehung und Geschichte der Welt von Publius Ovidius Naso

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-1075-6

Inhaltsverzeichnis

Erstes Buch
Die Schöpfung
Die Weltalter
Lykaon
Deukalion
Daphne
Io
Zweites Buch
Phaeton
Kallisto
Der Rabe und die Krähe
Ocyrhoe
Battus
Aglauros
Europa
Drittes Buch
Kadmus in Thebe
Kadmus in Illyrien
Aktäon
Semele
Narcissus und Echo
Pentheus
Viertes Buch
Des Minyas Töchter
Leukothoe
Ino und Athamas
Fünftes Buch
Perseus
Die Musen
Ceres
Sechstes Buch
Arachne
Niobe
Die Frösche
Marsyas
Prokne und Philomela
Orithya
Siebentes Buch
Medea
Die Myrmidonen
Cephalus und Prokris
Achtes Buch
Scylla und Minos
Dädalus
Meleagros
Achelous
Erisichthon
Neuntes Buch
Des Herkules Tod
Galanthis
Dryope
Iphis
Zehntes Buch
Orpheus und Eurydice
Cyparissus
Hyacinthus
Pygmalion
Venus und Adonis
Elftes Buch
Midas
Thetis und Peleus
Cëyx und Halcyone
Der Taucher
Zwölftes Buch
Fama
Die Lapithen und Zentauren
Ajax und Ulysses
Dreizehntes Buch
Ajax und Ulysses
Polyxena
Acis und Galatea
Glaukus und Scylla
Vierzehntes Buch
Glaukus und Scylla
Picus
Des Äneas Vergötterung
Pomona und Vertumnus
Romulus und Hersilia
Fünfzehntes Buch
Pythagoras
Cäsars Vergötterung
Sphragis

Erstes Buch

Inhaltsverzeichnis

Die Schöpfung

Inhaltsverzeichnis

Vor dem Meer und der Erd' und dem allumschließenden Himmel, War im ganzen Bezirk der Natur ein einziger Anblick, Chaos genannt, ein roher und ungeordneter Klumpen: Nichts mehr, als untätige Last, nur zusammengewirrte Und mißhellige Samen der nicht einträchtigen Dinge. Niemals kreisete jetzt ein welterleuchtender Titan, Noch erneuere Phöbe des Monds anwachsende Hörner. Auch nicht schwebte die Erd' in rings umgossenen Lüften, Wägend sich selbst durch eignes Gewicht; noch streckte die Arme Weit um den Rand der Länder die mächtige Amphitrite. Wo die Erde nun war, dort war auch Luft und Gewässer. Nicht zum Stehn war jetzo das Land, noch die Woge zum Schwimmen, Noch voll Lichtes die Luft: kein Ding hatt' eigne Gestalt noch. Anderes war dem anderen feind: in dem selbigen Körper Übete Kaltes den Kampf mit Hitzigem, Feuchtes mit Trocknem, Weicheres rang mit Hartem, und Lastendes gegen das Leichte.

Solchen Streit hub endlich die beßre Natur und die Gottheit: Welche vom Himmel das Land, von dem Land abtrennte die Wasser, Und von der dunstigen Luft den gekläreten Himmel emporhub. Dieses nunmehr entwickelt, und frei aus der blinden Verwirrung, Schied sie in eigenen Räumen, und stiftete Frieden und Freundschaft. Siehe die feurige Kraft des gewichtlos wölbenden Himmels Schimmert' empor, und wählte den obersten Ort in den Höhen. Ihm ist nahe die Luft, wie an Leichtigkeit, also an Wohnung. Dichter denn beid' ist die Erd', und zog den gröberen Urstoff, Niedergedrückt durch Schwere von sich; die umflutende Nässe Nahm den äußersten Sitz, und band den gediegenen Erdkreis.

Als in Ordnungen nun, wer jener auch war von den Göttern, Abgeschichtet den Wust, und die einzelnen Schichten gegliedert; Formt' er die Erd' im Beginn, und schuf, daß nirgend ihr ungleich Wär' ein Teil, die Gestalt der groß gerundeten Kugel. Dann ergoß er die Sunde, damit sie empor in den Sturmwind Schwöllen, und rings die Gestad' umwalleter Lande bestürmten. Sprudel auch rief er hervor, Landseen und unendliche Sümpfe; Und abschüssige Ström' umdämmt' er mit schlängelnden Ufern: Die in verschiedenem Lauf teils untergeschlürft sich verlieren, Teils in das Meer ausgehn und, geherbergt von dem Gefilde Freierer Flut, anschlagen für grünende Borde den Felsstrand. Weit auch streckt' er die Ebenen aus, und senkte die Täler, Deckte mit Laube den Wald, und erhob die steinigen Berge. Wie zwei Zonen zur Rechten, und zwei zur Linken den Himmel Quer durchziehn, und dazwischen die heißere fünfte sich ausdehnt: So begrenzte die innere Last mit der selbigen Anzahl Sorgsam der Gott; und es ruhn gleichviel Erdgürtel darunter. Die in der Mitte sich dehnt, ist unbewohnbar vor Hitze; Zwei deckt türmender Schnee; zwei ordnet' er zwischen den beiden, Welchen er Mäßigung gab, mit Frost die Flamme vermischend. Über sie raget die Luft: die so viel, als gegen die Erde Leichter wiegt das Gewässer, an Last vor dem Feuer gewinnet. Dort auch hieß er die Nebel, und dort die Gewölke sich lagern, Und, um menschliche Herzen zu bändigen, hallende Donner, Und mit leuchtenden Blitzen die kalt anstürmenden Winde. Diesen auch verstattete nicht der Erschaffer des Weltalls, Wild zu durchschwärmen die Luft. Kaum jetzt wird ihnen verwehret, Da doch jeder für sich herweht aus gesonderter Gegend, Daß sie die Welt nicht zerreißen: so uneins toben die Brüder. Eurus entwich zu Aurora, zur nabathäischen Herrschaft, Und zu dem Persergebiet, und den Höh'n am Lichte des Morgens Hesperus, und die Gestade, von westlicher Sonne gewärmet, Sind dem Zephyrus nah. Der schaudernde Boreas nahm sich Szythia samt dem Wagen des Pols. Im entgegenen Lande Trieft aus stetem Gewölk der regenstürmende Auster. Oben verbreitet' er dann die geklärete Reine des Äthers, Ohne Gewicht, und ganz von irdischer Hefe geläutert. Kaum nun hatt' er das alles verzäunt in sichere Grenzen, Als, die lange gepreßt in der wirrenden Masse sich bargen, Alle Gestirn' anfingen hervorzuglühen am Himmel.

Daß auch keinerlei Raum lebendiger Wesen entbehrte, Herrschen Stern' auf himmlischer Flur, und Gestalten der Götter; Eigen ward das Gewässer den blinkenden Fischen zur Wohnung; Tiere durchstreiften die Erd', und die Luft ein Gewimmel von Vögeln.

Aber ein heiligeres, hochherziger denkendes Wesen Fehlt' annoch, das beherrschen die anderen könnte mit Obmacht. Und es erhub sich der Mensch: ob ihn aus göttlichem Samen Schuf der Vater der Ding', als Quell der edleren Schöpfung; Oder ob frisch die Erde, die jüngst vom erhobenen Äther

Die Weltalter

Inhaltsverzeichnis

Erst entsproßte das goldne Geschlecht, das, von keinem gezüchtigt, Ohne Gesetz freiwillig der Treu und Gerechtigkeit wahrnahm. Furcht und Strafe war fern. Nicht lasen sie drohende Worte Auf dem gehefteten Erz; nicht bang vor des Richtenden Antlitz Stand ein flehender Schwarm: ungezüchtiget waren sie sicher. Nie vom eignen Gebirg', um der Fremdlinge Welt zu besuchen, Stieg die gehauene Fichte hinab in die flüssige Woge: Außer dem ihrigen kannten die Sterblichen keine Gestade. Noch umgürteten nicht abschüssige Graben die Städte. Nicht die grade Drommete von Erz, noch gewundene Hörner, Auch nicht Helm war jetzo, noch Schwert: und der Söldner entbehrend, Lebeten nun sorglos in behaglicher Ruhe die Völker. Selbst annoch, unbeschatzt, und dem Karst nie pflichtig, noch jemals Wund vom schneidenden Pflug, gab freudiger alles die Erde; Und mit den Speisen vergnügt, die sonder Zwang sich erhuben, Pflückten sie Arbutusfrucht, und des Bergtals würzige Erdbeern, Auch des rauhen Geranks Brombeer, und die rote Kornelle, Und vom gebreiteten Baume des Jupiter fallende Eicheln. Ewig waltete Lenz, und sanft mit lauem Gesäusel Fächelten Zephyrus Hauche die saatlos keimenden Blumen. Bald auch gebar Feldfrüchte der ungeackerte Boden, Ohn' Auffrischung ergraute die Flur von belasteter Ähre. Rings nun Bäche von Milch, rings walleten Bäche von Nektar; Rings auch tröpfelte gelb aus grünender Eiche der Honig.

Als Saturnus versank in des Tartarus Dunkel, und herrschend Jupiter lenkte die Welt; da erwuchs die silberne Zeugung, Weniger köstlich denn Gold, doch mehr als rötliches Erz noch. Jupiter engte nunmehr der Urwelt ewigen Frühling, Sonderte Winter, und Gluten, und herbstliche Ungewitter Vom kurzblühenden Lenz, und schuf vier Räume des Jahres, Jetzo geschah, daß die Lüfte, von trockener Schwüle gesenget, Glüheten, und vor dem Winde das Eis hartstarrend herabhing. Jetzo suchten sie Häuser zum Schirm: ihr Haus war die Höhle, Oder ein dichtes Gestaud', und mit Bast verbundene Reiser. Jetzt ward Samen der Ceres in langgezogenen Furchen Untergescharrt, und es seufzt' im drängenden Joche der Pflugstier.

Hierauf folgte das dritte Geschlecht, von eherner Zeugung, Wütender schon von Natur, und gewandt zu schrecklichen Waffen; Doch unsündig annoch. Darin schloß die eiserne Abart.

Stracks nun stürmte daher in die Zeit der schlechteren Ader Jeglicher Greu'l: es entflohen die Scham, und die Treu', und die Wahrheit; Deren Stell' einnahmen der laurende Trug und die Arglist, Heimliche Tück', und Gewalt, und die frevelnde Sucht zu gewinnen. Unbekannteren Winden entfaltete Segel der Schiffer; Und da sie lang' untätig auf luftigen Bergen gestanden, Wagten die Kiele den Sprung durch nie erkundete Wasser. Auch die Erde, zuvor wie Luft und Sonne gemeinsam, Zeichnete jetzt vorsichtig mit langer Grenze der Messer. Auch nicht Saaten allein und schuldige Nahrung erzwang man Herrisch vom reichen Gefild: man drang in die Tiefen der Erde, Und wie sorgsam versteckt, und entrückt zu den stygischen Schatten, Grub man die Schätze hervor, Anreizungen aller Verbrechen. Schon war schädliches Eisen, und Gold, heilloser denn jenes, Ausgewühlt; da erhub sich der Krieg, und kämpfte mit beidem; Und in der blutigen Hand erschüttert' er rasselnde Waffen. Nun lebt alles vom Raub, kein Gastfreund schonet den Gastfreund,

Lykaon

Inhaltsverzeichnis

Als von den obersten Höh'n Saturnius schaute die Greuel, Seufzet' er auf, und was, neulich geschehn, noch wenig bekannt war, Denkend den gräßlichen Schmaus des lykaonischen Tisches, Faßt' er im Geist endlosen und Jupiters würdigen Unmut. Schleunig beruft er den Rat; und es eilt die berufne Versammlung.

Hoch erstreckt sich ein Weg, am heitern Himmel erscheinend, Der, Milchstraße genannt, durch schimmernde Weiße sich ausnimmt. Hierauf gehn die Götter zur Burg des donnernden Vaters, Und in den Königspalast. Rechts wimmeln und links an dem Wege Vorhöf' edeler Götter mit offener Pforte des Saales. Abwärts wohnt die Gemeinde; doch vorn die Gewalten des Himmels, Groß an Macht und berühmt, in geheiligten Wohnungen hausend.

Als sich die Oberen dort im marmornen Raume gesetzet, Drauf, erhabner an Sitz, mit elfenbeinenem Zepter, Schüttelte dreimal und viermal des Haupts graunvolle Umwallung Jupiter, daß ihm die Erde, das Meer und der Himmel erbebten. Also entströmte nunmehr unwilligen Lippen die Rede:

Nicht um die Weltherrschaft war sorgenvoller in jenem Laufe der Zeit mein Herz, da der Schlangenfüßigen jeder Hundert Arme beschloß zum eroberten Himmel zu heben. Denn so wild auch tobte der Feind, so hing doch von einem Stande des Reichs, von einer gemeinsamen Quelle, der Krieg ab. Jetzo muß ich, so weit als Nereus hallt um den Erdkreis, Ganz austilgen das Menschengeschlecht. Bei den Fluten des Abgrunds Schwör' ich, die unter der Erd' im stygischen Haine sich winden: Alles versucht' ich zuvor. Doch unausheilbaren Schaden Müsse der Stahl abschneiden, daß nicht mitkranke Gesundes. Hab' ich ja doch Halbgötter, und ländliche Mächte, die Nymphen, Faunen und Satyre auch, und das Berggeschlecht der Silvane: Diese, von uns noch nicht der olympischen Ehre gewürdigt, Sollten zum wenigsten frei die verliehene Erde bewohnen. Glaubet ihr aber genug, ihr Oberen, jene gesichert; Da mir selbst, der den Donner, der euch handhabe und lenket, Meuchlerisch nachgestellt, voll ruchtbarer Wildheit, Lykaon?

Ringsum braust die Versammlung; in glühendem Eifer verlangt man Ihn, der solches gewagt. Mit Hand und Stimme bezähmte Jupiter jenes Gemurmel; und lautlos saßen sie alle. Als nun schwieg das Geschrei, durch Königswürde gebändigt, Brach von neuem die Stille Saturnius, also beginnend:

Schon hat jener die Straf' (entschlagt euch der Sorge!) gebüßet. Aber die Missetat und die ahndende Rache vernehmt jetzt. Unsere Ohren erreichte der Ruf des verdorbenen Alters: Diesen gefälscht mir wünschend, entschweb' ich den Höhn des Olympus, Und durchspähe die Erd', ein Gott in menschlicher Bildung. Säumnis wär' es, wie groß die Verschuldungen rings ich gefunden, Aufzuzählen; es war das Gerücht selbst unter der Wahrheit. Über den Mänalus ging ich, den struppigen Nährer des Wildes, Über Cyllene daher, und die Fichtenhöh'n des Lycäus. Jetzt in den unwirtbaren Palast des Arkaderkönigs Trat ich hinein, als Nacht der späteren Dämmerung folgte. Zeichen gab ich, ein Gott sei genaht; und die Menge begann mich Anzuflehn. Erst lachte des Flehns und Gelübdes Lykaon. Bald: Es entscheid' ein Versuch, so redet er, ob er ein Gott sei, Oder ein sterblicher Mensch; hier gilt's ungezweifelte Wahrheit Mich im Schlummer bei Nacht durch plötzlichen Tod zu verderben Trachtet er: also gefällt's den Versuch zu machen um Wahrheit! Noch nicht hatt' er genug: vom molossischen Volke gesendet War ein Geißel daselbst; dem bohrt' er den Dolch in die Gurgel; Und die zerhauenen Glieder, die halb noch lebenden, kocht' er Teils in siedender Flut, teils brät er sie über dem Feuer. Wie er das Mahl auftischte, da warf ich mit rächendem Strahle Auf die Penaten das Haus, die würdig waren des Eigners. Doch der Erschrockene flieht; und die Stille der Flur nun erreichend, Heulet er auf, und müht sich umsonst zu reden; es sammelt Wut von ihm selber der Mund; und er rennt in gewöhnlicher Mordlust Gegen das schwächere Vieh, und freut sich auch jetzo des Blutes. Rauh in Zotten zergehn die Gewand', und in Beine die Arme. Auch als Wolf behält er die Spur der vorigen Bildung: Gleich ist die Gräue des Haars, und gleich der Trotz in dem Antlitz,

Deukalion

Inhaltsverzeichnis

Jetzo beschloß der Vater, das frevle Geschlecht zu vertilgen Unter der Flut, Platzregen vom ganzen Himmel entsendend. Eilig sperrt er nunmehr in des Äolus Höhlen den Nordwind, Und was sonst für Hauche den Zug der Gewölke verscheuchen. Notus allein wird gesandt: und mit triefenden Schwingen entfleucht er, Sein scheusäliges Haupt pechschwarz in Dunkel gehüllet; Schwarz von Güssen der Bart; den greisenden Haaren entströmt Flut; Nebel umlagern die Stirn, ihm taut's von Gefieder und Busen; Und wie in breiter Hand abhängende Wolken er drückte, Donnert es; dicht nun stürzen die Regenschauer vom Äther. Auch die Botin der Juno, mit mancherlei Farben bekleidet, Iris schöpft nun Gewässer, und reicht den Wolken die Nahrung. Schon sind die Saaten gestreckt, schon liegen beweint des Bestellers Wünsch' und Gelübd', und des Jahrs langwieriger Schweiß ist verloren.

Nicht vorn Himmel allein zürnt Jupiter; sondern ihm sendet Sein blaulockiger Bruder des Meers mithelfende Fluten. Schnell die Götter der Ströme berufet er. Als sie versammelt Nun den Palast anfüllten des Königes: Langer Ermahnung, Sprach er, bedürfen wir nicht. Willfahrt mit aller Gewalt nun! Solches ist not! Eröffnet die Wohnungen eures Gestrudels, Räumt die Dämme hinweg, und spornt die entzügelten Ströme!

Jener gebot's, sie kehren zurück, und lösen der Quellen Mündungen; und mit Getümmel entrollen sie all in die Meerflut. Selbst nun schwang in die Feste der Gott den gewaltigen Dreizack; Und sie erbebt', und spaltet Raum weitbusigen Wassern. Über die Bord' entstürzen durch offene Felder die Ströme; Und mit der Saat Weinbäume zugleich, und das Vieh, und die Männer Raffen sie, Wohnungen auch, und der Götter geheiligte Kammern. Wenn ja der Häuser noch eins ausdauerte, und unerschüttert Trotzte dem Jammergeschick; doch überwallte den Giebel Höhere Flut, und es wankten im drückenden Strudel die Türme. Nirgend erschien durch Grenzen das Meer und die Erde gesondert: Offene See war alles, und flutete sonder Gestad' auf Einer erklimmt den Hügel voll Angst; der andere rudert Dort im gebogenen Kahn, wo er jüngst Pflugstiere gelenket. Über die Saaten hinweg und das eingesunkene Landhaus Schiffen sie dort und fangen den Fisch in dem Wipfel der Ulme. Oft, wie es trifft, wird der Anker in grünende Wiesen geheftet, Oft auch scharrt anstoßend der Kiel an dem unteren Weinberg. Und wo eben ihr Gras die schmächtigen Ziegen gerupfet, Lagern jetzt den gedunsenen Leib mißförmige Robben. Nereus' Töchter erstaunen, die Hain', und die Städt', und die Häuser Unter den Wellen zu sehn; in dem Bergwald hausen Delphine, Springen in hohem Gezweig' und stoßen an bebende Eichen. Schafe durchschwimmet der Wolf; gelbmähnige Löwen und Tiger Führet die Flut; nichts frommt die Gewalt des Blitzes dem Eber, Nichts dem enttragenen Hirsche der leichtgehobene Schenkel. Lange nach Erd' umbiegend, wo auszuruhen vergönnt sei, Sinkt mit ermatteten Schwingen ins Meer der streifende Vogel. Über die Höh'n stieg tobend der Tief' unermeßlicher Aufruhr, Und von befremdender Brandung erscholl das geschlagene Berghaupt. Meist entrafft das Gewoge die Sterblichen: welcher die Woge Schonete, diese bezähmt mit dürftiger Nahrung der Hunger.

Zwischen Hämonias Flur und der attischen breitet sich Phokis, Ehmals fruchtbares Land, da es Land war; aber anjetzo Meer, und ein breites Gefilde der schnell einbrechenden Wasser. Siehe, da klimmt zu den Sternen ein Berg mit doppeltem Gipfel. Schroff, Parnassus genannt, und überschauet die Wolken. Als Deukalion hier (denn das übrige deckte die Meerflut) Samt dem vermähleten Weib anhaftete, fahrend im Schifflein; Flehn den korycischen Nymphen sie beid' und den Mächten des Berges, Themis auch, der erhabnen Verkündigerin am Orakel. Nie war besser gesinnt, noch mehr auf Billigkeit achtend, Irgendein Mann, nie frömmer ein Weib in Verehrung der Götter. Jupiter, der weitsumpfend den überschwemmeten Erdkreis, Und nur überig sah von so viel Tausenden einen, Und nur überig sah von so viel Tausenden eine: Ganz unsträflich sie beid', und beid' Anbeter der Gottheit, Trieb die zerstreuten Gewölk', und, die regnenden Lüfte mit Nordwind Reinigend, zeigt er dem Himmel die Erd', und der Erde den Himmel.

Ausgezürnt hat endlich das Meer. Hinlegend den Dreizack, Sänftigt der Herrscher die Wog'; und ihn, der empor aus dem Abgrund Ragte, die Schulter bedeckt mit angewachsenen Muscheln, Ruft er, den bläulichen Triton, heran; und die Schneckendrommete Heißt er ihn füllen mit Hauch, und zurück durch lautes Geschmetter Brandungen rufen und Ström'. Er faßt das gehöhlete Meerhorn, Welches gedreht in die Breit' anwächst von der untersten Windung: Welches Horn, wann Atem auch mitten im Meer es empfangen, Alle Gestad' umhallt vom Niedergang bis zum Aufgang. Jetzt auch, sobald es den Mund im triefenden Taue des Bartes Rührte dem Gott, und gehaucht ausrief den befohlenen Rückzug, Ward es von allem Gewässer der Land' und der Meere gehöret; Und so weit das Gewässer es hörete, ward es gebändigt.

Schon hat Ufer das Meer; voll wallen die Ström' in den Betten; Niedriger rollen die Bäche; hervor gehn sichtbar die Hügel; Mählich steigt das Gefild', und wächst aus versiegenden Wassern; Und nach daurender Frist hebt endlich der Wald die entblößten Wipfel empor, und zeigt nachbleibenden Schlamm auf den Blättern. Hergestellt war die Erde. Doch jetzt die Leere betrachtend, Und wie in Totenstille der Welt Einöde verstummt war, Sprach Deukalion so mit quellender Träne zu Pyrrha:

O du, Schwester und Weib, du einzige jetzo der Frauen, Welche gemeinsamer Stamm mir erst, und vervetterte Sippschaft, Dann das Lager verband, nun selbst die Gefahr mir verbindet! Rings in den Landen der Welt, die der Morgen bestrahlt und der Abend, Sind wir beide das Volk; das übrige raubte die Meerflut! Nicht ist auch noch jetzo die Sicherheit unseres Lebens Völlig gewiß; uns schrecken hinfort noch Wolken die Seele. Was, wenn ohne den Gatten verschont dich hätte das Schicksal, Was, Unglückliche, wäre dein Mut? Wie könntest du einsam Dann ertragen die Angst? durch wessen Tröstung den Kummer? Denn ich (glaube mir das), wenn dich auch hätte der Abgrund, Folgete dir, o Gattin, und mich auch hätte der Abgrund! Könnt' ich doch die Völker der Welt durch Künste des Vaters Wieder erneu'n, mit Seelen gebildete Erde belebend! Wir nun sind, wir beide, der Rest des Menschengeschlechtes, (Also gefiel's dort oben!) und Beispiel' unserer Gattung!

Jener sprach's; sie weinten. Der Schluß war jetzo, die Gottheit Anzuflehn, und Hilfe durch heilige Lose zu suchen. Ohne Verzug nahn beide sofort den cephisischen Wassern, Noch nicht lautere Bäche, doch schon bekannte, durchwatend. Als sie nunmehr dem Sprudel entschöpfete Taue gesprenget Auf die Gewand' und das Haupt; zum Tempel der heiligen Göttin Wenden sie jetzo den Schritt: dem oben das Dach in des Mooses Schändendem Wuste sich barg, und glutlos jeder Altar stand. Dann den geweiheten Stufen genaht, sank nieder aufs Antlitz Mann und Weib, und küßte das kalte Gestein mit Erzittern. Und: Wenn billigem Flehn, so sagten sie, himmlische Mächte Freundlich erweichen ihr Herz, wenn Zorn der Götter gebeugt wird; Sag', o Themis, wodurch der Verlust der Sterblichen heilbar Sei, und rette die Welt, o du Gütige, nun aus der Sintflut!

Aber die Göttin, gerührt, antwortete: Weicht aus dem Tempel; Hüllt euch beide das Haupt, und löst die gegürteten Kleider; Werft sodann die Gebeine der großen Erzeugerin rückwärts.

Lange stauneten sie; nun brach die schweigende Stille Pyrrha zuerst, und versagte dem Götterspruche Gehorsam; Und um Verzeihung bittet ihr ängstlicher Mund, wenn sie schaudre, Durch zerstreutes Gebein der Erzeugerin Schatten zu kränken.

Beide durchdenken indes die in wirrendes Dunkel gehüllten Worte des göttlichen Spruchs, und erwägen sie wohl miteinander. Dann zur Epimethide begann der Sohn des Prometheus Also mit sanfterem Laut: Entweder uns täuscht die Besinnung, Oder Frömmigkeit will, nicht Freveltat, das Orakel. Zeugerin ist ja die Erd', und die Stein' in dem Leibe der Erde Sind, wie mir deucht, das Gebein: dies sollen wir hinter uns werfen.

Ihres Gemahls Auslegung vernahm zwar froh die Titanin, Nur war in Zweifel die Hoffnung: so sehr mißtrauen sie beide Noch dem Göttergebot. Doch harmlos wird der Versuch sein.

Talwärts gehn sie, verhüllen das Haupt, und entgürten die Kleider, Heben gebotene Stein', und werfen sie hinter den Rücken. Alles Gestein (wer glaubt' es, wofern nicht zeugte die Vorwelt?)

Daphne

Inhaltsverzeichnis

Phöbus liebte zuerst die peneïsche Daphne: wofür nicht Blindes Geschick ihn entflammt, nein wütender Zorn des Kupido. Delios schaut' ihn neulich, noch stolz von der Schlange Besiegung, Als er das schnellende Horn einbog mit gestrengeter Senne; Und: Was soll, mutwilliger Knab', ein so tapfres Gerät dir? Spottet' er: das zu tragen geziemt nur unseren Schultern, Die wir scharf das Gewild und scharf die Feinde verwunden! Die wir ihn, der Hufen mit gräßlichem Bauche belastet, Jüngst mit unzählbaren Pfeilen gestreckt, den geschwollenen Python! Wenn dein Fackelchen dir, ich weiß nicht, welcherlei Liebe Aufreizt, sei du vergnügt, ohn' unseren Ruhm zu begehren!

Drauf der Cypria Sohn: Und trifft dein Bogen, o Phöbus, Alles; der meinige dich! So weit dir alles, was lebet, Nachsteht, ebensoweit verschwindet dein Ruhm vor dem unsern!

Amor sprach's; und die Luft mit geschwungenen Fittichen schlagend, Kam er in Eil', und stand auf dem schattigen Haupt des Parnassus. Und er enthob zween Pfeile dem schmerzbeladenen Köcher, Beide verschiedener Kraft: der scheucht, und jener erregt Glut. Der sie erregt, ist golden, und blinkt mit spitziger Schärfe; Der sie verscheucht, ist stumpf, und enthält Blei unter dem Rohre. Diesen entsandte der Gott der peneïschen Nymphe; doch jenen Schnellet' er durch die Gebein' in das innerste Mark dem Apollo. Stracks ist einer verliebt; und den Liebenden meidet die andre, Nur an Gehölz, und an Jagd, und an prangender Beute des Wildes, Labend ihr Herz, nacheifernd der stets unbräutlichen Phöbe. Jüngferlich fesselt ein Band die gesetzlos hängenden Haare. Viel zwar warben um jene; doch sie, den Werbenden abhold, Flüchtig und scheu vor dem Manne, durchstreift Einöden der Wälder; Und nicht Hymen noch Amor bekümmert sie, noch die Vermählung. Oftmal sagte der Vater: Gewähre mir, Tochter, den Eidam! Oftmal sagte der Vater: Mein Kind, gewähre mir Enkel! Jene, die gleich dem Verbrechen die ehliche Fackel verabscheut, Färbt ihr schönes Gesicht mit schamhaft glühender Röte; Und um den Hals dem Vater die schmeichelnden Arme geschlungen: Gib mir, sprach sie, beständig, Geliebtester unter den Vätern, Mädchen zu sein! Dies gab ihr Vater vordem der Diana!

Zwar willfährt dir jener; doch hemmt dir, Mädchen, die Anmut Deinen Wunsch, und es strebt dem Gelübd' entgegen die Schönheit.

Phöbus liebt, und begehrt der gesehenen Daphne Vereinung; Was er begehrt, das hofft er; ihn täuscht sein eignes Orakel. Wie nach genommener Ähre die nichtige Stoppel verbrannt wird; Wie von der Fackel der Zaun aufflammt, die der Wanderer sorglos Näherte, oder vielleicht in dämmernder Frühe hinwegwarf: Also entbrannt' in Flamme der Gott; durch Mark und Gebeine Lodert er auf, und nährt unfruchtbare Liebe mit Hoffnung.

Kunstlos schaut er das Haar um den Hals ihr schweben: O was erst, Rufet er, wär' es gelockt! Er sieht, voll strahlenden Feuers, Äugelein, hell wie Gestirn; er sieht das rosige Mündlein, Was nicht genüget zu sehn; er lobt die Finger und Hände, Lobt die gerundeten Arm', und die halb vorscheinende Achsel. Besser scheint das Verborgene noch. Sie entflieht, wie des Windes Hauche dahin, nicht achtend des Flehenden, der sie zurückruft:

Bleib, peneïsche Göttin, o bleib! nicht feindlich verfolg' ich! Göttliche, bleib! So fliehet das Lamm vor dem Wolfe, die Hindin So vor dem Leun, und die Taube mit zitterndem Flug vor dem Adler; Jedes dem Feind zu entgehn: mich nötiget Liebe zu folgen. Wehe mir! falle doch nicht; und die Füß', unwürdig der Kränkung, Ritze kein Dorn! nicht sei ich dir selbst Ursache des Schmerzes! Rauh sind dort, wo du eilest, die Gegenden: mäßiger, fleh' ich, Lauf', und hemme die Flucht; dann mäßiger folg' ich dir selber. Wem du gefällst, erkundige doch! Nicht haus' ich in Berghöhn, Nicht hier schalt' ich als Hirt, nicht weidende Rinder und Schafe Hüt' ich in wüster Gestalt! Nicht weißt du es, Törin, du weißt nicht, Welchen du fliehst: das macht dich entfliehn! Mir huldiget Delphos, Klaros und Tenedos mir, und die pataräische Hauptstadt! Jupiter zeugete mich! Was war, was ist, und was sein wird, Weissag' ich, und heiße das Lied einstimmen den Saiten! Treffend ist unser Geschoß; nur war ein einziger Pfeil noch Treffender, welcher die Wund' in das ruhige Herz mir gebohret! Ich erfand die heilende Kunst; Heilbringer und Retter Nennt mich die Welt; und die Kraft der Genesungskräuter gehorcht mir! Ach, kein linderndes Kraut erwächst für die Gluten der Liebe, Und nichts frommt dem Besitzer die Kunst, die allen umher frommt!

Mehreres strebt' er zu reden; da ängstlichen Laufs die Penidin Floh, und mit jenem verließ die unvollendeten Worte. Hold erschien sie auch jetzt; es enthülleten Winde die Glieder, Vor dem begegnenden Hauch entflatterten ihre Gewande, Und ihr wallte das Haar rückwärts in dem leisen Gesäusel. Eile vermehrte den Reiz. Nicht trug's der unsterbliche Jüngling, Daß er noch länger umsonst liebkosete; sondern wie Amor Antrieb, folgt' er den Spuren mit angestrengterem Schritte. Wie wenn der gallische Hund im freieren Felde den Hasen Sah, und jener um Raub sich beschleuniget, dieser um Rettung; Immer erscheint anhaftend der Hund, nun, nun zu erhaschen Hofft er, und streitet die Spur mit weit vorragendem Maule; Jener dünkt sich beinah ein Gefangener, aber er reißt sich Selbst aus den Bissen hinweg, und verläßt den berührenden Rachen: Also der Gott und das Weib, die vor Angst hinstürmen und Sehnsucht. Doch der Verfolgende rennt, wie mit Amors Fittichen fliegend, Schneller daher, und versaget ihr Ruh; schon nahe dem Rücken Hängt er, und atmet den Hauch in die fliegenden Haare des Nackens.

Jetzt, nach geschwundener Kraft, erblaßte sie, matt von der Arbeit Jenes geflügelten Laufs, und schauend die Flut des Peneos: Rette mich, rief sie, o Vater, wenn Macht euch Ströme beseelet! Du, wo zu sehr ich gefiel, zerspalte dich unter mir, Erde! Oder verwandele diese Gestalt, die mir Kränkungen bringet!

Kaum war geendet das Flehn; und gelähmt erstarren die Glieder. Zarter Bast umwindet die wallende Weiche des Busens; Grün schon wachsen die Haare zu Laub', und die Arme zu Ästen; Auch der so flüchtige Fuß klebt jetzt am trägen Gewurzel; Und ihr umhüllt der Wipfel das Haupt: nur bleibt ihr die Schönheit. Phöbus liebt auch den Baum; und mit angelegeter Rechte Fühlet er noch aufheben in junger Rinde den Busen. Und mit zärtlichen Armen die Äst', als Glieder, umschlingend, Reicht er Küsse dem Holz; doch entflieht vor den Küssen das Holz auch.

Jetzo sagte der Gott: Da du mein als Gattin nicht sein kannst,

Io

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Einen hämonischen Hain, dem ringsher starret ein Bergwald, Nennt man tempische Tale: wodurch Peneos, vom untern Pindus hervorgestürzt, mit schaumigen Wogen einherrollt, Und in gewaltigem Fall von flüchtigen Dämpfen umwallte Wolken zusammenzieht, und hoch mit Bespritzung die Wälder Übertaut, mit Getöse nicht bloß das Nähere müdend. Hier ist Wohnung und Sitz, hier stehn die Gemächer dem großen Stromgott: hausend allhier in der felsgewölbeten Grotte, Gab er den Wogen Gesetz, und dem Nymphengeschlecht in den Wogen.

Dorthin kamen zuerst die versammelten Ströme des Landes, Zweifelnd, ob Trost sie dem Vater, ob Glückwunsch, brächten um Daphne: Dort Spercheos in Pappeln, und dort der Stürmer Enipeus, Greisend Apidanos auch, und sanft Amphrysos und Äas; Bald auch andere Ströme, die, wo sie das wilde Gelust trug, Niederlenken ins Meer die der Windungen müden Gewässer.

Inachus fehlet allein. Denn tief in der Grotte verborgen, Mehrt er mit Tränen die Flut: voll Schmerz, als eine Verlorne, Klaget er Io, die Tochter. Er weiß nicht, ob sie noch lebe, Ob bei den Manen sie sei. Doch sie, die er nirgendwo findet, Scheint ihm nirgend zu sein; und er hegt nur düstere Ahnung.

Jupiter schaute jüngst, wie zurück vom Strome des Vaters Io ging, und: o Mädchen, die, Jupiters würdig, ich weiß nicht, Welchen Gemahl beseligen wird, komm, sprach er, zum Schatten Jenes erhabenen Hains (und er wies den Schatten des Haines), Während der Glut, die Sol von der Mittagshöhe daherstrahlt. Wenn du zagest allein in die Lager zu gehn des Gewildes; Sicher geleitet ein Gott dich tief ins geheimere Dunkel: Und kein niedriger Gott; nein, der den Zepter des Himmels Hält in gewaltiger Hand, der schlängelnde Strahlen entsendet. Fliehe mich nicht! Denn sie floh. Schon Lernas grasige Weiden Ließ sie zurück, und die Felder des baumbepflanzten Lyrkeos, Siehe, da hüllte der Gott in umzogene Nacht die Gefilde Weit umher, und hemmte die Flucht, und beschämte die Jungfrau.

Grad indessen herab auf die Gegenden schauete Juno. Voll Verwunderung nun, wie aus flüchtigem Nebel gedrängt sei Dunkele Nacht in der Helle des Tages, erkennet sie deutlich, Daß kein Fluß das Gedünst, kein sumpfiges Land es gesendet. Und, wo ihr Ehegenoß sich beschäftige, spähet sie ringsum, Weil sie die Schliche verstand des oft ertappten Gemahles. Als sie nirgend im Himmel ihn schauete: Trügt mich nicht alles, Sprach sie, so werd' ich gekränkt! und im Schwung aus der Höhe des Äthers Fuhr sie zur Erde hinab, und ein Wort verscheuchte den Nebel. Ahnend der Gattin Besuch, verwandelte Jupiter plötzlich Zur hellschimmernden Starke die inachidische Jungfrau. Auch als Kuh ist jene noch schön. Saturnia lobet, Ungern zwar, die Gestalt, und fragt, unkundig zum Anschein, Wessen sie sei, und woher, und zu welcherlei Trift sie gehöre? Aus der Erde gezeugt! lügt Jupiter, daß die Erkundung Endige. Schenke sie mir! antwortet Saturnia schmeichelnd. Was zu tun? Die Geliebte hinwegzuschenken, wie grausam! Nicht zu verleihn, wie verdächtig! Ihn drängt zuratende Scham hier, Dort abratende Liebe. Die Scham zwar wiche der Liebe: Doch würd' ein leichtes Geschenk der Genossin des Stamms und des Lagers, Eine Kuh, ihr versagt; nicht Kuh dann möchte sie scheinen.

Juno empfing die schöne Verführerin; dennoch entschwand nicht Ganz ihr die Furcht; sie besorgte von Jupiter heimliche Tücke: Bis sie Arestors Sohne die Hut vertraute, dem Argos. Rings war das Haupt dem Argos mit hundert Augen erleuchtet, Deren zween umeinander die wechselnde Ruhe genossen; Wachsam spähten indes die übrigen, haltend die Obhut. Wie er auch immer sich stellt', er schauete immer auf Io; Und vor den Augen erschien, auch selbst dem Gewendeten, Io. Weiden läßt er sie tags; doch sinkt die Sonne vom Himmel, Schließt er sie ein, und fügt unwürdige Band' um den Nacken. Sprossen des Erdbeerbaums und bittere Kräuter genießt sie; Statt der schwellenden Lager, ein oft nicht grasiger Boden, Dient der Armen zur Ruh'; und sie trinkt aus schlammigen Bächen. Wann sie flehend die Händ' emporzustrecken zum Argos Trachtete, hatte sie nicht emporzustreckende Hände; Und wann Klagen ihr Mund anstimmete, scholl ein Gebrüll auf; Und sie erschrak dem Getön, vor dem eigenen Laute sich fürchtend.

Jetzo kam sie zum Ufer, wo oft zu spielen sie pflegte, Zum inachischen Ufer: sobald in der Flut sie die neuen Hörner gesehn, da erschrak sie, und zuckte bestürzt vor sich selber. Keine Najad' erkennt, nicht Inachus selber erkennt sie; Dennoch folgt dem Vater sie nach, und folget den Schwestern, Läßt sich auch gern anfühlen, und kommt den bewundernden näher. Inachus reicht ihr gerupfetes Gras, der altende Stromgott; Jene leckt ihn am Knöchel, und küßt die Hände des Vaters. Kaum auch hält sie die Trän', und wenn die Worte nur folgten, Ach, so flehte sie Hilf', und meldete Namen und Schicksal. Aber ein sprechender Zug, den der Fuß im Staube gezeichnet, Gab die traurige Kunde des umgewandelten Leibes.

Weh mir Armen, o weh! ruft Inachus; und an den Hörnern Hangend der seufzenden Kuh, ihr den schneeigen Nacken umschlingend: Weh mir! erneut er den Ruf. Bist du's, die in allen Gefilden, Trautes Kind, ich gesucht? O du Nichtgefundene warst mir Weniger Gram, denn entdeckt! Du schweigst, und versagest die Antwort Unserem Wort; nur Seufzer, gepreßt aus der Tiefe des Herzens, Gibst du, und, was du vermagst, dem Redenden brummst du entgegen! Ich Unwissender sorgte für Hochzeitkammer und Brautkien, Hoffend von dir den Eidam zuerst, dann blühende Enkel! Jetzt von der Herd' ist ein Mann, von der Herd' ein Geschlecht dir beschieden? Auch nicht endigen darf ich durch Tod mein Leiden; zum Unheil Bin ich unsterblicher Gott! die verschlossene Pforte des Todes Dehnt von Ewigkeit uns zu Ewigkeit dauernden Jammer!

So wehklaget der Greis; da entfernt ihn der funkelnde Argos, Reißt von dem Vater sein Kind, und hinweg in entlegene Weiden Schleppt er sie. Selber sodann abwärts auf ragendem Berghaupt Wählt er den Ort, wo er sitzend die Gegenden alle durchspähet.

Jupiter, der nicht länger die Qual der phoronischen Jungfrau Duldete, rief nun den Sohn, den ihm die helle Plejade Einst gebar, und befahl, durch Mord zu vertilgen den Argos. Ohne Verzug ist die Fers' ihm gefittichet, und in der Rechten Sein schlafbringender Stab, und der schirmende Hut um die Haare. Als er solches vollbracht, sprang Jupiters Sohn von des Vaters Burg zu der Erde hinab. Dort legt' er den schirmenden Hut ab, Auch die Flügel entfernt' er, und trug nur den Stab in den Händen. Hiermit treibt er als Hirt durch wildernde Fluren die Ziegen, Die er im Kommen geraubt, und bläst die geordneten Halme.

Zauberisch klang das neue Getön dem Junonischen Hüter: Wer du auch seist, rief Argos, du könntest mit mir auf dem Felsen Wohl ein weniges ruhn; denn üppiger wächst für die Herde Nirgend das Gras; und den Hirten erfreut, wie du siehst, die Umschattung.

Neben ihm saß der atlantische Gott; durch mancherlei Reden Hielt er den gehenden Tag; und die wohlvereinigten Rohre Blasend, versucht er in Schlaf die bewachenden Augen zu tönen. Jener sträubt sich indes dem sanfteinwiegenden Schlummer, Und, wenn schon in Betäubung ein Teil der Augen dahinsank, Wacht doch der andere Teil. Auch fraget er, denn die Syringe War erst neulich entdeckt, auf welcherlei Art sie entdeckt sei.

Drauf erzählte der Gott: In Arkadiens kalten Gebirgen War die berühmteste einst der nonakrischen Hamadryaden Eine Najad' an Gestalt; die anderen nannten sie Syrinx. Oft vereitelte sie nachstellender Satyre Hoffnung, Und was sonst für Götter im schattigen Wald und im Fruchtfeld Wohnen. Sie dienete treu der ortygischen Göttin mit Jagdlust Und jungfräulichem Sinn. Auch geschürzt nach der Weise Dianas, Täuschte sie leicht, und gölte sogar für Latonia, wenn nicht Diese von Horn ein Geschoß, nicht jen' ein goldenes trüge. So auch täuschte sie noch. Als einst vom Lykäus sie heimging, Schauet sie Pan, und das Haupt mit stachlichter Fichte gegürtet, Redet er. – Überig war, die geredeten Worte zu melden; Und wie verachtend die Nymph' unwegsame Wüsten hindurchfloh, Bis zum ruhigen Strom des sandigen Ladon sie endlich Flüchtete, und, als dort ihr den Lauf abschnitten die Wasser, Um Verwandelung bat die lauteren Schwesternajaden; Und wie Pan, da er eben gehascht nun glaubte die Syrinx, Statt der blühenden Nymphe das Rohr umarmte des Sumpfes; Und, weil seufzend er stand, wie die wallenden Wind' in dem Rohre Leises Geflüster erregt, der lispelnden Klage nicht ungleich; Dann wie der Gott im Entzücken der neuerfundenen Tonkunst: Diese Vereinigung soll mit dir mir bleiben! gesaget, Und wie so, durch bindendes Wachs abstufende Rohre, Wohl aneinander gereiht, des Mägdeleins Namen behielten. Solches zu melden bereit, sah schon der Cyllenier sämtlich Hingesunken die Augen, und tief umschattet von Schlummer. Plötzlich hemmt er die Stimm', und kräftiger jene Betäubung, Sanft mit zaubrischem Stabe die schmachtenden Augen berührend. Rasch den Nickenden haut er mit sichelförmigem Säbel, Dort wo dem Hals angrenzet das Haupt; und den Blutenden stürzt er Nieder vom Fels, und rötet die zackige Klippe hinunter.

Argos, du ruhst, und das Licht, das so vielfach leuchtend dir strahlte, Ward gelöscht; und zugleich die hundert Augen umhüllt Nacht. Aber sie nimmt, und verschont dem Lieblingsvogel die Federn, Juno, den Schweif anfüllend mit farbiger Steine Gefunkel.

Schleunig entbrannt' ihr das Herz, und sie eilte den Zorn zu vollenden. Schweben vor Augen und Geist die Schreckengestalt der Erinnys Hieß sie dem Mädchen von Argos, und drängt ihr Stacheln des Wahnsinns Tief in die Brust, und scheuchte sie wild durch die Lande der Welt hin. Du warst übrig zuletzt dem unendlichen Leiden, o Nilus. Als sie auch diesen berührt', und matt an dem Borde des Ufers Sank, die Kniee gebeugt, und, rückwärts hebend den Nacken, Was allein sie vermochte, das Antlitz streckte zum Himmel, Und mit Geseufz und Tränen und dumpf aufbrummender Wehmut Jupiters Härt' anklagt', und ein End' erflehte des Jammers;

Zweites Buch

Inhaltsverzeichnis

Phaeton

Inhaltsverzeichnis

Jupiters Sohn, wie man glaubt, war Epaphus, welchen ihm Io Fern in Ägyptus gebar: wo, der Mutter gesellt, er in Städten Tempel beherrscht'. Ihm war gleichalterig, gleich an Gesinnung, Phaethon, stammend von Sol. Als der mit prahlender Rede Trotz ihm bot, hochmütig des Vaters Phöbus sich rühmend, Trug's nicht Inachus Enkel: Du glaubst doch, sprach er, der Mutter Alles, o Tor; und blähst dich vom Schein des falschen Erzeugers.

Phaethon glüht' im Gesicht; doch hemmte den Zorn die Beschämung; Und zur Klymene flog er, des Epaphus Lästerung meldend. Daß du, o Mutter, es fühlst; sieh, redet er, ich Ungebundener, Ich Auffahrender schwieg! Es beschämt, daß solcherlei Schmähung Einer wie wir anhören, und nicht abfertigen konnte! Doch du, wenn ich gewiß aus himmlischem Samen gezeugt bin, Gib mir Beweis so hohen Geschlechts, und erhalt' mich dem Himmel!

Phaethon sprach's, und umschlang der Gebärerin Hals mit den Armen; Und bei dem eigenen Haupt, und des Merops Haupt, und der Schwestern Hochzeitfackel beschwur er, ihm wahr zu bezeichnen den Vater.

Klymene weniger nicht von Phaethons Flehn, wie vom Zorne Aufgeregt der gehörten Beschuldigung, streckte die Arme Beide zum Himmel empor; und das Licht der Sonne betrachtend, Sagte sie: Ja bei dem Glanze der schimmernden Herrlichkeit oben Schwör' ich dir, trautester Sohn, die uns anhöret und siehet: Er dort welchen du schaust, er dort, der Ordner des Kreislaufs, Zeugte dich, Sol! Ist Erdichtung mein Wort, dann weigere jener Selbst sich mir; dann tag' es zuletzt heut unseren Augen! Auch nicht lang ist die Mühe, den Vaterpalast zu erforschen; Nahe grenzet das Haus, wo er aufsteigt unserem Lande. Wenn ja das Herz dir gebeut; geh hin, und erkund' es von jenem!

Schleunig hüpft er empor, da der Zeugerin Red' er vernommen, Phaethon, fröhliches Sinns, und faßt den Äther im Geiste. Äthiopen, sein Volk, und von näheren Sternen entbrannte Indier, strebt er hindurch, und ereilt Sols östliche Wohnung.

Königlich ragt' auf Säulen die Burg des Sonnenbeherrschers, Hell von schimmerndem Gold' und feuerrotem Pyropus. Elfenbein umhüllte mit Glanz den oberen Giebel; Silbernes Licht entstrahlte des Eingangs doppelten Flügeln. Aber den Stoff besiegte die Kunst. Denn Mulciber hatte Dort des Ozeanus Gurt um den Rand der Erde gemeißelt, Auch der Lande Bezirk, und das Dach des gewölbeten Himmels. Rings hat bläuliche Götter die Flut: den ertönenden Triton, Proteus Wechselgestalt, und Ägäon, welcher dem Walfisch Drückt mit Riesenarmen den ungeheueren Rücken; Doris auch, und die Töchter, die teils wie schwimmend erscheinen, Teils auf dem Riffe gesetzt, und grünliche Haare sich trocknend, Teils auch vom Fische geführt: nicht gleich ist allen, noch ungleich, Ihre Gestalt, nein ähnlich, wie leiblichen Schwestern es ansteht. Männer trägt und Städte die Erd', auch Wälder und Bergwild, Ströme zugleich, und Nymphen, und andere Mächte des Feldes. Oben herum erhebt sich das Bild des leuchtenden Himmels: Sechs der Zeichen zur Rechten, und sechs zur Linken des Eingangs.

Als nun der Klymene Sohn hieher auf steigendem Pfade Ankam, und in die Burg des bezweifelten Vaters hineinging, Wendet' er stracks die Schritte zum Angesicht des Erzeugers, Und blieb stehen von fern: denn des näheren Lichtes Bestrahlung Duldet' er nicht. Dort saß in umhüllendem Purpurgewande Phöbus auf fürstlichem Thron, der leuchtete, hell von Smaragden, Rechts ihm standen und links der Tag, und das Jahr, und der Monat; Auch Jahrhunderte standen, und gleich geordnete Horen; Jugendlich stand auch der Frühling, den blumigen Kranz um die Scheitel; Auch der nackende Sommer, im Schmuck umwindender Ähren; Auch der Herbst, mit der Kufen getretenem Moste besudelt; Und der beeisete Winter, umstarrt von grauendem Haupthaar. Sol in der Mitte des Raums, mit alldurchschauendem Blicke, Sah vor der Neuheit der Dinge verzagt annahen den Jüngling.

Was will, sagt er, dein Gang? was suchest du hier in der Felsburg, Phaeton? wertes Geschlecht dem nicht ableugnenden Vater!

Jener beginnt: O du Licht des unermeßlichen Weltalls! Vater Phöbus, wofern du des Namens Gebrauch mir vergönnest, Und nicht Klymene Schuld in gefabelte Täuschungen einhüllt: Gib mir, Erzeuger, ein Pfand, daß man für dein wahres Geschlecht mich Anerkenn', und vertilg' aus unserem Herzen den Irrtum!

Phaethon sprach's, und der Vater enthüllte sich aller Bestrahlung, Welche sein Haupt umglänzt', und gebot ihm, näher zu treten. Dann in die Arm' ihn schließend: Nicht du bist meiner Verkennung Würdig, und Klymene hat dir wahr verkündet den Ursprung. Daß dir schwinde der Zweifel; so fordere, was du auch wünschest, Und ich gewähre den Wunsch: Sei Styx mir Zeugin des Wortes, Furchtbar dem schwörenden Gott, und unseren Augen ein Abscheu!

Kaum war alles gesagt; da wünscht' er den Wagen des Vaters Einen Tag, und die Lenkung der fußgeflügelten Rosse.

Phöbus bereute den Schwur, und schüttelte dreimal und viermal Sein mildleuchtendes Haupt: Unbedachtsam, rief er, und Leichtsinn Ward mein Wort durch das deine! Gestatte mir, Sohn, die Verheißung Nicht zu verleihn! Ich bekenne, dies einzige möcht' ich dir weigern. Aber ich darf abraten. Gefahrvoll ist, was du wünschest! Viel zu Großes begehrst du, ein Amt, das solcherlei Kräften, Phaethon, wenig geziemt, noch so unmännlichem Alter. Dir ward sterbliches Los; doch sterblich ist nicht dein Bestreben. Höher sogar, als Ewigen selbst zu gelangen vergönnt ist, Trachtest du ohne Bedacht. Es gefalle sich jeder nach Willkür: Doch zu stehen vermag auf der glutbelasteten Achse Keiner, denn ich! Ja selber der Fürst des weiten Olympus, Der aus schrecklicher Hand fernschmetternde Leuchtungen sendet, Lenkt nicht dieses Gespann: und wer mißt Jupiters Allmacht? Steil ist der Weg im Beginn, wo kaum noch frisch mir die Rosse Frühe hinaufarbeiten. Dann schreckt die Höhe des Mittags, Wo mir selbst, tief unten das Meer und die Lande zu schauen, Oftmals graut, und das Herz aufbebt vor banger Besorgnis. Jäh ist endlich der Weg, und bedarf der sichersten Lenkung. Jene sogar, die drunten, die Arm' ausbreitend, mich aufnimmt, Tethys pflegt, daß im Sturz ich enttaumele, nun zu befürchten. Denke dazu, daß, gerafft von beständigem Schwunge, der Himmel Hohe Gestirn' hinzieht, und in hurtigem Wirbel herumdreht. Ich nur streb' anwärts; und dem Sturm, der alles besieget, Trotz' ich allein, und fahre der raffenden Kreisung entgegen. Sei dir der Wagen gewährt; was meinest du? Kannst du hinangehn Wider den rollenden Pol, unentführt von der reißenden Achse? Ja wer weiß, auch Haine sogar und Städte der Götter Träumt sich dein Herz dort oben, und prangende Tempel mit Reichtum? Schau', Nachstellungen drohn auf der Fahrt, und Gestalten des Wildes! Ob du die Bahn auch hältst, und nie ausbeugend verirrest; Dennoch mußt du hindurch am Gehörn des begegnenden Stieres, An des Hämoners Geschoß, und dem Rachen des grausamen Löwen, Auch an dem Skorpion, der die Klau'n in entsetzlichem Umfang Krümmt, und dem gräßlichen Krebs, der sie krümmt in anderer Windung! Wähn' auch nicht, daß die Rosse, von Mut beseelet und Feuer, Welches ihr Busen verschließt, und aus Maul und Nase hervorhaucht, Leicht dir zu bändigen sein! Kaum dulden sie mich, wann entflammter Ihnen der Mut aufglüht; und es sträubt sich der Nacken den Zügeln. Laß doch nicht von mir selber ein trauriges Ehrengeschenk dir Kommen, o Sohn; und verbeßre den Wunsch, da die Zeit es gestattet! Siehe, damit man erzeugt aus unserem Blute dich glaube, Willst du ein sicheres Pfand: ich gebe das Pfand durch Besorgnis! Wohl beweis' ich den Vater, mich väterlich ängstend! O schau doch, Schau mein Gesicht! Und o möchtest du auch in das innerste Herz mir Senken den Blick, und drinnen die Vatersorgen erkennen! Endlich betracht' umher, was die Welt einschließet an Reichtum: Aus so vielen und großen, der Erd' und des Meers und des Himmels, Fodre dir einiges Gut; nicht Weigerung soll dich betrüben! Diesem nur, fleh' ich, entsage: was richtiger Strafe, denn Ehre, Würde genannt! Ach, Strafe, mein Phaethon, soll dir Geschenk sein! Was umschlingst du den Hals, Unweiser, mit schmeichelnden Armen? Zweifele nicht, du erlangst (bei den stygischen Fluten beschwur ich's!), Was du auch immer gewünscht; doch laß verständig den Wunsch sein!

Also endigte Sol die Ermahnungen. Jener verschmäht sie, Hält den beschlossenen Zweck, und glüht in Begierde des Wagens. Als nun, was er gekonnt, Sol zauderte, führt' er den Jüngling Hin zu dem hohen Geschirr, dem vulkanischen Ehrengeschenke. Lauteres Gold war die Achs', und Gold die Deichsel, und Gold auch Üben dem Rade der Kranz; die geordneten Speichen von Silber. Chrysolith' um das Joch, und funkelnde Stein in der Ordnung, Spiegelten hell den Phöbus in widerstrahlender Klarheit. Während Phaethon dies voll Mut anstaunt', und die Arbeit Musterte; siehe, da öffnet', erwacht im rötlichen Aufgang, Schon Aurora das purpurne Tor, und den rosenbestreuten Vorhof. Schleunig entfliehn die Gestirn', und es treibet den Heerzug Lucifer, welcher zuletzt abzieht von der Wache des Himmels.

Aber sobald der Vater die Erd' und den Himmel erröten Sah, und schwinden am Rand die erblassenden Hörner der Luna; Schnell zu schirren die Rosse gebot nun Titan den Horen. Schnell ist vollbracht das Gebot: die feuerschnaubenden Renner, Mit Ambrosiasaft an erhabenen Krippen gesättigt, Führen die Göttinnen her, und legen die klirrenden Zäum' an.

Jetzo berührt der Vater mit heiliger Salbe das Antlitz Seines Sohns, und stärkt es, die reißende Flamme zu dulden. Hierauf krönt er mit Strahlen sein Haar, und aus innerstem Herzen Bang' aufziehend des Grams vorahnende Seufzer, beginnt er:

Magst du, wenigstens hier, die Ermahnungen hören des Vaters; Meid', o Knabe, den Sporn, und kräftiger brauche die Zügel! Selbst schon eilen sie fort: sie im Flug zu hemmen ist Arbeit. Auch nicht wähle die Bahn durch fünf gradlaufende Gürtel. Schlängelnd windet sich schräg ein breitgebogener Querweg, Welcher, auf drei der Zonen den Lauf einschränkend, die Kreisung Meidet des südlichen Pols, und der nördlich stürmenden Bärin: Dort sei die Fahrt; du erkennst die deutlichen Spuren des Rades! Und daß Himmel und Land gleichmäßige Wärme gewinnen, Senke du weder den Wagen, noch schwing ihn empor in den Äther. Allzu hoch verbrennst du der Himmlischen wölbende Wohnung, Aber zu tief die Länder; am sichersten gehst du im Mittel. Daß dir weder zur Rechten, wo weit die Schlange sich windet, Noch linksab zum gesenkten Altar ausbeuge der Wagen, Halt' durch beide den Strich. Des übrigen walte Fortuna, Die mit besserem Rat, als du, dir helfe: das wünsch' ich! Während ich rede, berührt am hesperischen Ufer die Säulen Schon die Leuchtende Nacht, und verbeut uns längere Säumnis. Auf denn, es gilt! Dort strahlt aus zerstreuetem Dunkel Aurora! Fass' in die Hand das Geriem! Doch falls du lenkbaren Herzens Bleibst, nimm unseres Rates, und nicht des Wagens, Gebrauch an: Weil du es kannst, und fest auf gediegenem Boden noch dastehst, Eh' du, nach törichtem Wunsch, auf der Achs', Unkundiger, schwebest! Anschaun magst du es sicher, doch mich laß leuchten dem Erdkreis!

Aber im Sprunge besteigt den ätherischen Wagen der Jüngling, Steht nun empor, und berührt mit der Hand die gegebenen Zügel Fröhlich, und dankt von oben dem ungern schenkenden Vater. Doch die geflügelten Rosse, der Pyroïs, und der Eous, Äthon zugleich, und Phlegon, erfüllen die Luft mit Gewieher Flammenden Hauchs, und schlagen die Huf' an die hemmenden Barren.

Als nun zurück die Barren, das Los mißkennend des Enkels, Tethys drängt', und der Raum unermeßlicher Himmel sich auftat, Raffen sie schleunig den Weg, und die Luft mit den Füßen durchstampfend, Spalten sie dick vorstehend Gedünst, und auf hebenden Flügeln Rennen sie mutig voran dem zugleich ausstürmenden Ostwind. Doch leicht war das Gewicht, und ganz unkennbar dem edlen Sonnengespann; es gebrach an gewohnter Schwere des Joches. Wie der gebogene Kiel hinschwankt mit dürftiger Ladung, Und von zu leichtem Gewicht unstet durch die Wellen umhertreibt: Also, der vorigen Last entlediget, sprang in die Luft nun Hüpfend in Stößen empor, wie mit eiteler Leere, der Wagen.

Aber sobald dies merkte das Viergespann, da entstürzt es Wild dem gebahneten Raum, nicht laufend in voriger Ordnung. Jener erschrickt, ratlos die gewirreten Zügel zu lenken, Und unkundig des Wegs, und kennt' er ihn, doch des Befehles. Jetzo zuerst erwärmten die frostigen Stiere des Wagens, Und versuchten umsonst in verbotene Flut sich zu tauchen.