Mit Christus in der Endzeit leben - Andreas Kleinschmidt - E-Book

Mit Christus in der Endzeit leben E-Book

Andreas Kleinschmidt

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Beschreibung

Mit Christus in der Endzeit leben - Interpretation der Offenbarung des Johannes Die Bibel sieht die Zeit zwischen Jesu Auferstehung und seinem Wiederkommen als Endzeit dieser Welt. In dieser Zeit wirkt der auferstandene Christus mit seinem Geist, den er den Seinen zurückgelassen hat, in seinem Endzeitreich auf Erden. Er tut dies sowohl in den Herzen der Menschen als auch in der Weltgeschichte. Die Offenbarung des Johannes gibt uns tiefe, ermutigende Einblicke in dieses Geschehen.

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Inhalt

Vorwort

Offb 12 als Schlüsselkapitel der Offenbarung

1. Die Endzeit als trinitarisches Geschehen in Gott

2. Die dramatische, bildhafte Sprache der Apokalyptik ergänzt die begriffliche des Paulus und entspricht der spannungvollen Existenz der Christen

3. Christliche Apokalyptik ist in ihrem Wesen geistlich

4. Die Darstellungsweise des geistlichen Endzeitgeschehens muss symbolhaft sein und mithilfe inhaltlich paralleler biblischer Texte geistlich verstanden werden: Beispiele

5. Die sieben Dimensionen des Engelkampfes in Offb 12

6. Gründe für die apokalyptische Darstellung des Engelkampfes in Offb 12

7. Die Bedeutung des Engelkampfes für Israel, Christus und die Christen

8. Jedes apokalyptische Ereignis beschreibt einen vollständigen Aspekt der endzeitlichen Auseinandersetzung zwischen Christus und Satan: Beispiele

9. Nur wer sich von Christus interaktiv in den geistlichen Kampf stellen lässt, versteht das geistliche Endzeitgeschehen

10. Die Zahl des Tieres; das sechste Siegel; die 144 000

11. Der Tag Christi, die erste Auferstehung der Christusgläubigen und das Lebendig-werden der Ungläubigen zum Gericht

12. Das tausendjährige Reich als geistliches, mehrdimensionales Heilshandeln Gottes

13. Das tausendjährige Reich und seine Vollendung in den Christusgläubigen

14. Das neue Jerusalem und der neue Himmel und die neue Erde

Vorwort

Ziel der vorliegenden Arbeit ist eine geistliche, interaktive Auslegung der Apokalypse des Johannes im Kontext der Bibel, besonders der paulinischen Briefe und der altestamentlichen Propheten, sodass daraus eine „synoptische Apokalyptik“ entsteht, die eine „Theologie der Apokalyptik“ möglich macht: „Enthüllung“, „Offenbarung“ und „Verkündigung“ der endzeitlichen Heilsgeschichte Gottes, die nach seinem Plan konsequent zu ihrem Ziel geführt wird. Das Heil Gottes ist in Kreuz, Auferstehung und Himmelfahrt seines Sohnes bereits vollkommen geschehen: „Es ist vollbracht“, Joh 19,30. Gott „mutet“ aber den Gläubigen bis zum Wiederkommen seines Sohnes in Macht und Herrlichkeit noch die Endzeit dieser Welt zu, in der sie unter Kampf und Leiden die Mächte und Menschen Satans überwinden. Er gibt ihnen dafür seinen „Mut“, d.h. die Kraft und die Erkenntnisse, die „Visionen“ seines Geistes auch über seine Plagen und Gerichte. Hierzu wird sein „Knecht Johannes“ vom Geist ergriffen am Tag des Herrn und hört hinter sich eine große Posaune, Offb 1,10.

Ausgehend vom zentralen Kapitel Offb 12 werden die bildhaften, metaphorischen, symbolischen, mehrschichtigen und mehrdimensionalen Strukturelemente mit ihrer literarischen Komposition in der apokalyptischen Sprache des Sehers aufgezeigt, um dann ihre theologischen Aussagen im Zusammenhang mit denen anderer neutestamentlicher Texte zu erheben.

Der griechische Text wird nach der 27. Auflage des Novum Testamentum Graece in der Nachfolge von Eberhard und Erwin Nestle gemeinsam verantwortet von Barbara und Kurt Aland, Johannes Karavidopoulos, Carlo M. Martini, Bruce M. Metzger zitiert, der deutsche Text nach der revidierten Fassung der Lutherbibel von 1984.

Die einzelnen Aspekte der Apokalypse des Johannes werden miteinander und mit den parallelen Aussagen in anderen neutestamentlichen Texten und in den alttestamentlichen Propheten „ins Gespräch“ gebracht: Dadurch entsteht ein „geistliches“ Verständnis der christlichen Apokalyptik als „geistliches“ Geschehen. Diese geistlich-symbolische Auslegung soll aus der Fixierung auf falsche Alternativen heraushelfen:

Entweder wird die Offenbarung als rein zeitgeschichtliches Dokument einer in den apokalyptischen Vorstellungen ihrer Umwelt Trost suchenden, verfolgten Christengemeinde unter Kaiser Domitian verstanden.

Oder die Offenbarung wird gleichsam als Deutungs- und Geschichtsbuch für gegenwärtige und zukünftige Endzeitszenarien und Erwartungen gebraucht, bzw. missbraucht.

Oder sie wird als rein symbolische Beschreibung rein innerlich-seelischer Vorgänge interpretiert.

Dagegen soll in der vorliegenden Arbeit dieses schwierige, aber auch aktuelle, symbolreiche und tiefsinnige Buch der Bibel in seiner ihm eigenen Intention, d.h. als geistlich-symbolische, apokalyptische Christusverkündigung im Gesamtzusammenhang des neutestamentlichen Christuszeugnisses verstanden werden. So kann es vielen nach Orientierung Fragenden neue Perspektiven eröffnen, für die die neutestamentliche Verkündigung ohne Erschließung ihrer endzeitlichen Dimension unvollständig bliebe, weil sie zu ihrem Wesen gehört. Schon der Apostel Paulus glaubte in der Endzeit zu leben: Er erwartete das Wiederkommen seines Herrn zu seiner Lebenszeit. Dieser Endzeitglaube in der Urgemeinde war für diese nicht etwas Nebensächliches im Christusgeschehen, es gehörte vielmehr zu seinem Wesen: Die „zeitliche“ Nähe des Weltendes und des Wiederkommens des „Retters“ war den ersten Christen durch die „inhaltliche“ Nähe der „Rettung“ gewiss:

„Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich euch: Freuet euch! Eure Güte laßt kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe!“, Phil 4,45. Als in Thessalonich die ersten Christen vor der Wiederkunft ihres Herrn verstarben („entschliefen“), entstand die Frage, was dies in Bezug auf die „Ankunft des Herrn“ bedeutete: „Denn das sagen wir euch mit einem Wort des Herrn, dass wir, die wir leben und übrigbleiben bis zur Ankunft des Herrn, denen nicht zuvorkommen werden, die entschlafen sind. Denn er selbst, der Herr, wird, wenn der Befehl ertönt, wenn die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom Himmel, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind, auferstehen. Danach werden wir, die wir leben und übrigbleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit. So tröstet euch mit diesen Worten untereinander“, 1. Thess 4,15-18.

Auch Jesus sprach vom Kommen des Menschensohnes mit großer Kraft und Herrlichkeit und dem Vergehen von Himmel und Erde als einem Tag, der jederzeit anbrechen kann: „Darum wachet; denn ihr wisst nicht, an welchem Tag der Herr kommt“, Mt 24,42.

Seit damals, seit den Anfängen der christlichen Gemeinde mit ihrer Naherwartung sind bald zwei Jahrtausende vergangen: Ist dies ein Beweis für den Irrtum, den überspannten religiösen Fanatismus, der Jesus, Paulus und auch die Apokalyptik des Johannes beherrschte? Müssen also doch alle apokalyptischen, endzeitlichen Aussagen ad acta gelegt werden, weil sie sich nicht erfüllt und deshalb als falsch erwiesen haben, müssen sie zumindest „uminterpretiert“, von ihrer mythologischen Vorstellungswelt „befreit“ werden? Sind auch die christlichen Erweckungsbewegungen im Laufe der Kirchengeschichte mit ihrer Wiederbelebung urgemeindlichen Geistes einschließlich des Endzeitglaubens nur Wiederholungen solcher Irrtümer gewesen?

Verfährt man so, führt dies in der Regel zum völligen Ausblenden der apokalyptischen Dimension als integraler Bestandteil des Christusgeschehens, wie es in den Evangelien, in den Briefen und der Offenbarung des Johannes bezeugt wird: Nimmt man aus diesem Heilshandeln Gottes in Kreuz, Auferstehung, Himmelfahrt und Wiederkommen Jesu Christi in Herrlichkeit diesen letzten Teil, seine Wiederkunft, heraus, so nimmt man dem Glauben nicht nur diesen wesentlichen Bestandteil, sondern auch alle anderen. Das Kreuz wäre dann nicht mehr der ausreichende Grund für ein vollkommenes Heil, denn Christi Sieg über Satan, Sünde und Tod wäre nicht vollständig, wäre nur „de iure“ nicht „de facto“. Genau dies aber behauptet der Seher der Offenbarung, wenn er in Kapitel 12 in dem Kampf der Engel Gottes gegen die Engel Satans von der endgültigen Niederlage und Überwindung Satans als „Ankläger“, durch „das Blut des Lammes“ schreibt.

Es bleibt also der Stachel: Ohne die endzeitlichen Aussagen des N.T. ist die neutestamentliche Verkündigung unvollständig, ja sie gehören mit zu ihrem Wesen. Deshalb ist eine Klärung im Sinne einer „Theologie der Apokalyptik“, in der man ihren Wahrheiten gerecht wird, unabdingbar, will man das Ganze des Evangeliums nicht verlieren. Die vorliegende Auslegung der Offenbarung versucht deshalb einerseits der Tatsache gerecht zu werden, dass seit der neutestamentlichen Apokalyptik mit ihrer Naherwartung bald zweitausend Jahre vergangen sind; andererseits stellt sie nicht etwa die Apokalyptik von hier aus in Frage, sondern sie interpretiert diesen „mikros chronos“ (Offb 20,3), diese kleine Zeit, die Satan am Ende der Weltzeit noch zur Verfügung hat, mit ihren geschichtlichen Inhalten und Ereignissen von den Grundaussagen der Apokalyptik her und kommt so zu erstaunlichen, vertiefenden Erkenntnissen bezüglich dieser apokalyptischen Aussagen über die Endzeit:

Gerade die Berücksichtigung der seit den Zeiten der Urgemeinde bereits vergangenen Welt-Zeiten führt zu einer Korrektur eines immer schon verkehrten, weil rein äußerlichen Endzeitverständnisses, das die christliche Apokalyptik in ihrer geistlich-symbolischen Sprache nie intendiert hat. Dadurch, dass das Wesen der Apokalyptik im Geistlichen gesehen wird, wird es angemessen verstanden, erhält alles – auch die Tatsache eines jahrtausendelang währenden Wartens auf das Weltende – seine richtige Einordnung: „Geistlich“ ist hierbei nicht mit „geistig“ oder „innerlich“ zu verwechseln, sondern es geht im Sinne der Offenbarung des Johannes um einen Kampf der Geistesmächte, der Gottes und der des Satans. Dieser Kampf um den Menschen bestimmt die Endzeit. Die real-geschichtliche Verwirklichung des Christussieges in der Beendigung dieser „gegenwärtigen bösen Weltzeit“ (Gal 1,4) bleibt bestehen, ist aber nur eine letzte Konsequenz des eigentlichen „geistlichen“, apokalyptischen Geschehens, das in dieser Auslegung der Offenbarung des Johannes entfaltet wird. Dabei ist das Kapitel Offenbarung 12 der Schlüsseltext zum Gesamtverständnis der Apokalyptik des Johannes.

Offb 12 ist deshalb der Schlüssel zum Verständnis der gesamten Apokalypse des Johannes, weil dieses Kapitel eine Zusammenfassung des geistlichhimmlischen Kampfes im Hintergrund der Endzeit mit seinen welt-und naturgeschichtlichen Auswirkungen gibt und dieses Geschehen als trinitarisches Geschehen darstellt: Als Folge seines Sieges erkämpft Christus mit seinem Geist und seinen Engelmächte in den Menschen, die durch das „Blut des Lammes überwunden haben“, den endgültigen Sieg über Satan und seine Engelmächte und die von ihm verführten Menschen, indem er die für Gott Versiegelten vollkommen und vollständig (Symbolzahl 144 000) zu dessen Thron und zu dem des „Lammes“ ( zu dem des erhöhten Christus) entrückt. Dieselbe Priorität des Geistlichen – d.h. die des Geistes Gottes und seines Wirkens in den Gläubigen, im Verhältnis zu dem natur- und weltgeschichtliche Ereignisse sekundäre Folgen sind – drückt Paulus an vielen Stellen in seinen Briefen aus, z.B. in Röm 8: „Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden“, Röm 8,19. „Wenn nun der Geist dessen, der Jesus von den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der Christus von den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt“, Röm 8,11.

Der Geist also ist die Ursache, das Movens, das Bewegende hinter allen Ereignissen der Endzeit einschließlich der leiblichen Auferstehung, die er in letzter Konsequenz der geistlichen Neuschöpfung im Wiedergeborenen wirkt, bei Paulus wie bei dem Seher Johannes. Er ist die entscheidende Macht in der Endzeit, von ihm aus ist zu denken: „Und nach drei Tagen und einem halben fuhr in sie der Geist des Lebens von Gott, und sie stellten sich auf ihre Füße; und eine große Furcht fiel auf die, die sie sahen“, Offb 11,11. „Und die Frau gebar einen Sohn, einen Knaben, der alle Welt weiden sollte mit eisernem Stabe. Und ihr Kind wurde entrückt zu Gott und seinem Thron“, Offb 12,5. „Diese wurden lebendig und regierten mit Christus tausend Jahre. Die anderen Toten aber wurden nicht wieder lebendig, bis die tausend Jahre vollendet wurden. Dies ist die erste Auferstehung. Selig ist der und heilig, der teilhat an der ersten Auferstehung. Über diese hat der zweite Tod keine Macht: sondern sie werden Priester Gottes und Christi sein und mit ihm regieren tausend Jahre“, Offb 20,4b-6.

So wird diese geistlich-symbolische Interpretation der ursprünglichen geistlichen Intention neutestamentlicher Apokalyptik und Endzeiterwartung gerecht, sie versteht die Offenbarung des Johannes deshalb als glaubensstärkende Verkündigung und nicht als spekulativen Bilderbogen zukünftiger historischer Ereignisse, die den Leser faszinieren, ja erschrecken, aber letztlich unbeteiligt lassen. Die Gemeinde Jesu soll sich in der Gewissheit trösten und freuen, dass sie bereits in der Endzeit lebt, dass das Ende der Welt, ihrer Mächte und Menschen, kommt und mit ihm Christus, der Herr der Welt (aramäischer Gebetsruf der Urgemeinde: Maranata, Unser Herr, komm! Offb 22,20) und: Der Herr ist nahe (Paulus: Phil 4,5). In diesen Aussagen – in der zeitlichen vom „Kommen“ und in der räumlichen vom „Nahe sein“ Christi – müssen beide Bestimmungen, die des Raumes und die der Zeit, aus der entrückten Perspektive des Sehers vom Himmel, vom Thron Gottes aus (Offb 4,2) in ihrer relativierenden, d.h. dem Kairos der Endzeit und seinem „Inhalt“, Christus, dienenden Funktion gesehen werden: „Eins aber sei euch nicht verborgen, ihr Lieben, dass ein Tag vor dem Herrn wie tausend Jahre ist und tausend Jahre wie ein Tag“, 2. Petr 3,8.

Aus dieser verkürzten, prophetischen Perspektive kann der Seher Johannes gerade zum Ende der Apokalypse hin deshalb in mehrschichtigen und mehrdimensionalen Symbolen die zeit- und raumübergreifenden Ereignisse der Endzeit „verdichten“, d.h. in mehrschichtigen und mehrdimensionalen Symbolen zusammenfassen.

So ist die literarische, redaktionelle Konstruktion, in der sich die Bilder, Metaphern, Zahlensymbole und Allegorien der Offenbarung des Johannes befinden, nicht als Wiedergabe eines linearen Gesamtgeschehens von einander bedingenden, in zeitlicher, logischer Abfolge stehenden Ereignisse zu verstehen, sondern als komplexe Sammlung von geistlichen Inhalten, die in apokalyptischer Sprache ausgedrückt werden. Sie sind jeweils für sich als selbständige Perspektiven auf das Gesamte der Endzeit zu lesen. –

Vielleicht wundert sich der Leser über die Fülle biblischer Zitate. Diese ist beabsichtigt und entspricht der Erkenntnis, dass die vom Geist Gottes inspirierten Worte der Heiligen Schrift mit den Inhalten eine Einheit bilden: D.h. verliert man die Worte, verliert man auch die Inhalte. Die vorliegende Interpretation der Offenbarung will den geistlichen Leser interaktiv mit dem Geist in den biblischen Texten verbinden in dem Sinn des Wortes des Apostel Paulus: „Und davon reden wir auch nicht mit Worten, wie sie menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen“, 1. Kor 2,13.

Die Interpretation der Offenbarung ist nicht in das Belieben der Christen gestellt, sondern ein Auftrag ihres Herrn an sie:

„Versiegle nicht die Worte der Weissagung in diesem Buch; denn die Zeit ist nahe!“, Offb 22,10. „Himmel und Erde werden verghen; aber meine Worte werden nicht vergehen“, Matt 24,35.

Offenbarung 12 als Schlüsseltext zum Gesamtverständnis der Offenbarung

Und es erschein ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen und auf dem Haupt eine Krone von zwölf Sternen.

Und sie war schwanger und schrie in Kindsnöten und hatte große Qual bei der Geburt.

Und es erschien ein anderes Zeichen am Himmel, und siehe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen,

und sein Schwanz fegte den dritten Teil der Sterne des Himmels hinweg und warf sie auf die Erde. Und der Drache trat vor die Frau, die gebären sollte, damit er, wenn sie geboren hätte, ihr Kind fräße.

Und sie gebar einen Sohn, einen Knaben, der alle Völker weiden sollte mit eisernem Stabe. Und ihr Kind wurde entrückt zu Gott und seinem Thron.

Und die Frau entfloh in die Wüste, wo sie einen Ort hatte, bereitet von Gott, dass sie dort ernährt werde tausendzweihundertundsechzig Tage.

Und es entbrannte ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpften gegen den Drachen. Und der Drache kämpfte und seine Engel,

und sie siegten nicht, und ihre Stätte wurde nicht mehr gefunden im Himmel.

Und es wurde hinausgeworfen der große Drache, die alte Schlange, die da heißt: Teufel und Satan, der die ganze Welt verführt, und er wurde auf die Erde geworfen, und seine Engel wurden mit ihm dahingeworfen.

Und ich hörte eine große Stimme, die sprach im Himmel: Nun ist das Heil und die Kraft und das Reich unseres Gottes geworden und die Macht seines Christus; denn der Verkläger unserer Brüder ist verworfen, der sie verklagte Tag und Nacht vor unserm Gott.

Und sie haben ihn überwunden durch des Lammes Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses und haben ihr Leben nicht geliebt, bis hin zum Tod.

Darum freut euch, ihr Himmel und die darin wohnen! Weh aber der Erde und dem Meer! Denn der Teufel kommt zu euch hinab und hat einen großen Zorn und weiß, dass er wenig Zeit hat.

Und als der Drache sah, dass er auf die Erde geworfen war, verfolgte er die Frau, die den Knaben geboren hatte.

Und es wurden der Frau gegeben die zwei Flügel des großen Adlers, dass sie in die Wüste flöge an ihren Ort, wo sie ernährt werden sollte eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit fern von dem Angesicht der Schlange.

Und die Schlange stieß aus ihrem Rachen Wasser aus wie einen Strom hinter der Frau her, um sie zu ersäufen.

Aber die Erde half der Frau und tat ihren Mund auf und verschlang den Strom, den der Drache ausstieß aus seinem Rachen.

Und der Drache wurde zornig über die Frau und ging hin, zu kämpfen gegen die übrigen von ihrem Geschlecht, die Gottes Gebote halten und haben das Zeugnis Jesu.

Und er trat an den Strand des Meeres.

1.Die Endzeit als trinitarisches Geschehen in Gott

Das Ziel der Offenbarung des Johannes ist dasselbe wie das des dargestellten endzeitliche Geschehens: Die wechselseitige Liebe des Vaters zum Sohn und des Sohnes zum Vater kommen zur Vollendung durch das Wirken des Heiligen Geistes – im Herzen der Erlösten wie in der Weltgeschichte, sowohl durch das Hören auf die Worte der Offenbarung wie durch das beschriebene Geschehen selber. Im Hören auf die Offenbarung wird der Hörer selbst Teil des Offenbarungsgeschehens. Dazu wird er ausdrücklich durch das abschließende Maranata (aramäischer Ruf im frühchristlichen Gottesdienst) aufgefordert: „Und der Geist und die Braut sprechen: Komm! Und wer es hört, der spreche: Komm!“, Offb 22,17a. Dies führt zur Notwendigkeit einer interaktiven Auslegung der Offenbarung als Interaktion Gottes, des Sohnes Gottes und des Heiligen Geistes miteinander, in die der Mensch einbezogen ist durch Jesus Christus, „der uns liebt und uns erlöst hat von unseren Sünden mit seinem Blut“, Offb 1,5b. Er „hat den Schlüssel Davids“, er ist der, „der auftut, und niemand schließt zu, der zuschließt, und niemand tut auf“, Offfb 3, 7b. Theologisch formuliert: Indem die Pneumatologie (Lehre vom Heiligen Geist) die Christologie (Lehre von Jesus Christus) als Soteriologie (Lehre von dem Erlösungswerk Christi) und Eschatologie (Lehre von den letzten Dingen) zur Verwirklichung bringt, werden Soteriologie und Eschatologie Teil der Trinitätslehre (Lehre von dem dreieinigen Gott) und ermöglichen diese und die Doxologie (die Lehre von der Lobpreisung und der Verherrlichung des dreieinigen Gottes). Mit Worten neutestamentlicher Verkündigung gesagt: Die Liebe Gottes und des Sohnes Gottes verwirklichen sich zur gegenseitigen Verherrlichung und endgültigen Vereinigung in der Kraft des Heiligen Geistes. In diese Verherrlichung und Vereinigung bezieht der Geist durch die Gnade alle versiegelten Überwinder ein, und schließt Satan und die von ihm Verführten durch das Gericht der ewigen Verdammnis und Gottesferne endgültig aus, z.B. Offb 20,7-10. Um es in Worten der Offenbarung zu sagen: Durch den Geist bewahrt Christus seine „Brautgemeinde“, Offb 21,9, in dieser gottlosen, antichristlichen, „gegenwärtigen, bösen Weltzeit“ (Gal 1,4) dennoch für Gott. Dazu erfüllt der Geist sie mit Hoffnung auf Jesu Wiederkommen in Macht und Herrlichkeit. „Und der Geist und die Braut sprechen: Komm!“ „Es spricht, der dies bezeugt: Ja, ich komme bald. - Amen. Komm, Herr Jesus!“, Offb 22,17a; 20. Durch den Geist versiegelt Gott auch die Schar derer, „die ihre Gewänder im Blut des Lammes gewaschen haben“, Offb 7,14. Dazu erfüllt der Geist sie mit der Hoffnung auf Gottes Macht und Herrlichkeit: „Und ich sah einen anderen Engel aufsteigen vom Aufgang der Sonne her, der hatte das Siegel des lebendigen Gottes und rief mit großer Stimme zu den vier Engeln, denen Macht gegeben war, der Erde und dem Meer Schaden zu tun: Tut der Erde und dem Meer und den Bäumen keinen Schaden, bis wir versiegeln die Knechte unseres Gottes an ihren Stirnen“, Offb 7,2-3. „Nun ist das Heil und die Kraft und das Reich unseres Gottes geworden und die Macht seines Christus“, Offb 12,10b. Der Heilige Geist also offenbart und verwirklicht gleichzeitig den vollständigen Sieg Christi, den er als das Lamm Gottes errungen hat, über alle Kreatur. Dieser Sieg verwirklicht sich allerdings in Bezug auf die Gemeinde Jesu, auf Israel, auf die Völker zu unterschiedlichen Zeiten auf jeweils unterschiedliche Weise und bringt darin die Herrschaft, Ehre und Herrlichkeit Gottes zur Vollendung. Da diese Herrlichkeit und Ehre Gottes durch ein Geschehen im Herzen des Menschen, durch die Sünde, verletzt wurde, kann beides auch nur durch ein Geschehen im Herzen jedes Menschen wiederhergestellt werden – entweder in der Annahme der Erlösung von ihren Sünden durch Christus, Offb 1,5, und der Überwindung Satans durch das „Blut des Lammes“, Offb 12, 11, oder in der Ablehnung des Zeugendienstes für Christus und der daraus folgenden Verdammnis, Offb 11,11,7-13. In beidem erweisen sich die Christusgläubigen durch das „Wort ihres Zeugnisses“, Offb 12, 11, für Gott als ein „Wohlgeruch Christi unter denen, die gerettet werden, und unter denen, die verloren werden“, 2.Kor 2,15. Dieses endzeitliche geistliche Kampfgeschehen wird in der Offenbarung mit symbolischen Bildern dargestellt, deren angemessene Interpretation in erster Linie durch Vergleichen und In-Beziehung-setzen der einzelnen Bilder miteinander und zueinander innerhalb der Offenbarung selber zu versuchen ist. Davon abhängig – d.h. immer mit der Fragestellung, zu welchem Ziel diese hier aufgenommen sind – werden „verwandte“ und „verwendete“ neutestamentliche und alttestamentliche Texte zu Rate gezogen. Dabei soll gezeigt werden, dass Offenbarung 12 der Schlüsseltext zum Gesamtverständnis der Offenbarung ist.

2.Die dramatische, bildhafte Sprache der Apokalyptik ergänzt die begriffliche des Paulus und entspricht der spannungsvollen Existenz der Christen

Zunächst ist die Frage zu beantworten, warum in der Urchristenheit die Darstellung des Christusgeschehens als apokalyptisches Geschehen notwendig wurde. Warum reichten die anderen neutestamentlichen Texte, reichten die Evangelien, die Briefe des Paulus der Gemeinde nicht als Zeugnis des Christusglaubens?

Diese Frage beantwortet sich einerseits aus dem historischen Anlass, d.h. aus der konkreten Not- und Verfolgungssituation der ersten Christengemeinden im römischen Kaiserreich: Irenäus berichtet, die Offenbarung des Johannes sei gegen Ende der Regierungszeit Domitians geschrieben, der von 81 bis 96 nach Christus römischer Kaiser war. Der Bezug auf Verfolgungen z.B. Kap. 6,9-11 und auf möglicherweise neue drohende Bedrängnisse durch den römischen Staat Kap 13, Kap. 16,6 und 17,6 lassen diese Datierung als sehr wahrscheinlich erscheinen. Domitian forderte als erster der römischen Kaiser göttliche Verehrung für sich. Er brachte so seine christlichen Untertanen in einen Gewissenskonflikt, der sie wegen ihrer Glaubenstreue bis ins Martyrium trieb. Diesen bedrängten christlichen Gemeinden in Kleinasien will der Seher der Offenbarung Glauben und Hoffnung stärker, dass sie trotz aller Macht und Machtanmassung des Kaisers und seines Reiches Gott, seinem Christus und seinem tausendjährigen Reich größere Macht, ja letztlich den Sieg zutrauen sollen, weil Satan, der dem Kaiser seine irdische Macht gibt, durch Christus bereits besiegt worden ist. 1

Hinter dem konkret-geschichtlichen „Anlass“ für die Entstehung der Offenbarung des Johannes als Trost- und Ermutigungsschrift im Kampf gegen die Bedränger und Bedrängnisse dieser Welt, wird also als grundsätzliche „Ursache“ ein Bedürfnis aller Christen aller Zeiten sichtbar: In einer Welt, die der Erfahrung nach durch andere Mächte und Mächtige regiert wird, soll dennoch der Glaube an den siegreich auferstandenen Christus und seine Weltherrschaft festgehalten werden. Wie kann dies gegen allen Augenschein, gegen alle gegenwärtige Welterfahrung gelingen?

Antwort der Apokalypse: Durch eine Sprache, die zusätzlich zur begrifflichtheologischen Sprache des Paulus die Gewissheit einer realen Veränderung der Machtverhältnisse eindringlich darstellzustellen vermag: Die Sprache der Apokalyptik, die die Endzeit als Drama, d.h. als spannungsvolle Handlung schildert, in der der Feind und seine Mächte zwar noch agieren, aber ebenso und mit weit stärkerer, letztlich überwindender Kraft der in seinem Geist gegenwärtige Christus. Die Apokalyptik war besonders durch das Spätjudentum den christlichen Gemeinden bekannt, z.B. in der Vorstellung vom tausendjährigen, messianischen Reich, dieses und anderes apokalyptische Erzählgut musste nun auf Christus und seine Erlösungstat bezogen werden. Auf die dramatische, d.h. spannungsreiche Situation einer innerlich im Glauben und äußerlich durch Verfolgung bedrängten Christengemeinde, die dringenden Handlungsbedarf ihres siegreich auferstandenen Herrn sah, musste eine Antwort gegeben werden. Wie wird das Geschehen auf der Weltbühne ausgehen: Wird Satan die Welt endgültig beherrschen in Gestalt der Weltherrscher, des Kaisers in Rom, wie man es gegenwärtig erlebte – oder wird Christus herrschen? Und wenn er im Augenblick scheinbar seine Herrschaft zumindest sichtbar noch nicht ausübt, – warum tut er dies nicht, oder anders gefragt, wie muss der Blick sein, der hinter dem Weltgeschehen das Christusgeschehen sieht, und was muss in der Zukunft noch geschehen, damit er herrschen kann und die Christen nicht den Glauben an ihn verlieren?

Darauf antwortet der Seher der Offenbarung mit seiner christlichen Apokalypse, mit seiner ihm von Christus, d.h. „am Tag des Herrn“ geschenkten Sicht auf die Weltzeit aus der Perspektive dessen, der „vom Geist ergriffen wurde“ und auf der Insel Patmos – also aus einem Abstand – auf die irdischen und himmlischen Dinge sieht: Ihm ist eine überlegene Sicht auf die Weltzeit nach Christi Auferstehung und Himmelfahrt als Endzeit und als vom Geist Christi bereits erfüllte und beherrschte Zeit geschenkt worden. Zu dieser geistlichen Sicht der Dinge will er die bedrängten Christen ermutigen. Der Seher der Offenbarung, das, was ihm offenbart wird, und die, denen er es offenbart, die es also mit ihm sehen dürfen, sind an „ihrem Ort“, der „ fern von dem Angesicht der Schlange ist“, Offb 12,4, d.h. sie leben bereits auf einer „geistlichen Insel“ (im Symbol: „ihr Ort“ bzw. „Patmos“), letztlich also unberührt von der Welt trotz aller Bedrängnisse, die sie durch deren Mächte und Menschen erfahren, und erleben das Endzeitgeschehen der Welt – die Verfolgung und Verführung durch Satan, den Fürsten dieser Welt (im Symbol: die Schlange) – aus sicherer Entfernung. Das ist die theologische Aussage, die Botschaft, das Evangelium der christlichen Apokalyptik: So dramatisch-spannungsgeladen, bedrohlich-verhängnisvoll und unentschieden das Weltgeschehen in der Frage des Sieges des Guten, Christus und der Seinen, über das Böse, Satan und die Seinen, auch scheinen mag, – es wird „von oben“, vom Himmel aus regiert: Satan hat nur noch eine begrenzte Zeit eine beschränkte Macht, deshalb gilt es nun, getrost, getreu (Offb 2,10) und geduldig zuzu-„sehen“ (aus der dem „Seher“ Johannes geschenkten „Sicht“, seiner Vision der Dinge), wie Gott sein endzeitliches Handeln zum Ende, zum endgültigen Sieg bringt. Dieser Sieg ist dann erreicht, wenn alle, die Christus durch das Leiden der Endzeit (Paulus: durch das Mit-gekreuzigt-werden mit Christus) zu sich führen wollte, zu ihm gekommen sind.

Es fragen die noch lebenden bedrängten Christusgläubigen, aber auch die Seelen derer, die schon gestorben sind: Warum zeigt sich jetzt noch nicht die Macht Christi sichtbar, und wann zeigt sie sich dann? „Ihnen wurde gesagt, dass sie ruhen müssten noch eine kleine Zeit, bis vollzählig dazukämen ihre Mitknechte und Brüder, die auch noch getötet werden sollten wie sie“, Offb 6,9ff.

Weil der Seher und die, denen er seine Sicht weitergibt, von ihrem erhöhten Standpunkt über den Dingen sehen können: Diese Erde wird vergehen (Offb 21,1), Christus hat sie bereits überwunden (Joh 16,33), sie kann ihnen mit all ihren Bosheiten und Anfechtungen in der aktiven Verwirklichung dieser geistlichen Sicht im guten Kampf des Glaubens nichts mehr anhaben, selbst wenn es durch Leiden und Sterben geht. Denn im geistlichen Endzeitreich Christi sind bereits alle miteinander geborgen, die noch lebenden und die bereits verstorbenen Christusgläubigen und die „Versiegelten aus allen Stämmen Israels“, sie haben den Satan „überwunden durch des Lammes Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses und haben ihr Leben nicht geliebt, bis hin zum Tod“, Offb 12,11, in der symbolischen Sprache der Apokalyptik: Sie sind auf der „Insel am Tag Christi“ (am Auferstehungs-, d.h. Siegestag Christi) vom Geist ergriffen der Welt bereits entrückt. D.h. sie befinden sich im vollkommenen Herrschaftsbereich Christi (im Symbol: dem tausendjährigen Reich) schon vor Beginn der endgültigen Herrschaft Gottes, die mit dem Gericht vor dem großen weißen Thron und der Flucht von Himmel und Erde beginnt. Dem Seher Johannes und den mit ihm Sehenden wird „eine Tür aufgetan im Himmel“, Offb. 4,1 ,also gleichsam eine himmlische Perspektive, ein Blick von Oben auf das Ganze der Endzeit geschenkt, sie sehen bereits das Weltgeschehen und den Kampf der Mächte vom Ende, vom Ausgang, vom vollständigen Sieg Christi und seiner Engelmächte und seiner Gläubigen über Satan und seine Engelmächte und die von ihm Gezeichneten, „Charakterisierten“ her: Das sind die, die seine böse, antichristliche Art, seinen „Charakter“ angenommen haben, Offb 13,16.

Dieser Blick hinter den Vorhang wird ihnen geschenkt, damit sie interaktiv in diesen Kampf eingreifen können, indem sie die Kräfte des Himmels bereits hier auf Erden in dem himmlischen, geistlichen Endzeitreich Christi im Glaubenskampf und in der „Geduld der Heiligen“ einsetzen und so das mit entscheiden und zu Ende bringen, was bereits entschieden ist: Ihr Maranatha, ihr Wunsch, dass der Herr kommt, reagiert nur interaktiv auf die aktive Zusage ihres Herrn: Ja, ich komme bald, Offb 22,20, d.h. der Seher lädt die Christusgläubigen2 aller Zeit ein, vom Sieg ihres Herrn her zu denken, zu leben und zu kämpfen.Der Blick durch die geöffnete Tür in den Himmel und von dort aus auf die Erde ist also nicht nur ein unbeteiligtes staunendes Sehen, sondern er soll eine Schleuse für die himmlischen Kräfte öffnen, damit sie zu den Christusgläubigen auf Erden strömen können: In Glaube, Hoffnung, Liebe, in der „Geduld der Heiligen“, im „Gerechtigkeit üben“ und im Überwinden Satans, des Verklägers „durch des Lammes Blut“, Offb 12,11. So stehen folgende Texte, die dieses je auf ihre Weise aussagen, im N.T. parallel zueinander und interpretieren sich gegenseitig, obwohl der eine in der dramatischen, anschaulich-bildhaften Sprache der Apokalyptik redet und der andere in der theologisch-begrifflichen Sprache des Paulus:

Der Seher: „Danach sah ich, und siehe, eine Tür war aufgetan im Himmel, und die erste Stimme, die ich mit mir hatte reden hören wie eine Posaune, die sprach: Steig herauf, ich will dir zeigen, was nach diesem geschehen soll. Alsbald wurde ich vom Geist ergriffen. Und siehe, ein Thron stand im Himmel und auf dem Thron saß einer“, Offb 4,1-2.

Paulus: „Seid ihr nun mit Christus auferstanden, so sucht, was droben ist, wo Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist. Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott. Wenn aber Christus, euer Leben, sich offenbaren wird, dann werdet ihr auch offenbar werden mit ihm in Herrlichkeit“, Kol 3,1-3. Gott auf seinem unerschütterlichen Herrschafts- „Thron“ im Himmel sehen, d.h. die Gewissheit haben, mit dem Auferstandenen einmal aus der „Verborgenheit“ in die „Herrlichkeit“ zu kommen und diese Herrlichkeit „droben“ hier schon in der Liebe, in dem „Band der Vollkommenheit“, Kol. 3,14, zu verwirklichen – dies bedeutet es, in der Not und Bedrängnis der Endzeit vom Sieg Christi her zu kämpfen. –

Auch in der Zahlensymbolik des Sehers finden sich Parallelen zu den Aussagen des Apostel Paulus: Die Zahl 144 000 ist eine Symbolzahl für die „Versiegelten“, d.h. Erwählten aus dem Volk Israel, entsprechend der im Römerbrief von Paulus genannten „vollen Zahl“ aus Israel (griech. pleroma auton), dem „ganzen Israel“ (griech. outos pas Israel): Es ist der gläubige auserwählte Überrest Israels (Röm 11,7), dem Gott nach Verstockung und Ungehorsam und nach dem Gelangen der Fülle der Heiden zum Heil (griech. pleroma ton etnon) wieder Barmherzigkeit schenken will (Röm 1,25ff): Aus jedem der 12 Stämme Israels 12 000 Versiegelte, d.h. insgesamt 144 000, beschreibt als Symbolzahl das „pleroma“, die Fülle, die Größe der Heilszuwendung Gottes in Christus und ist deshalb nicht quantitativ, sondern qualitativ zu verstehen: Die Zahl 12 für die 12 Stämme Israels,ergänzt durch die Symbolzahl 1000 für die göttliche Fülle, meint das „ganze Israel nach den Verheißungen“ (Paulus), d.h. sie besagt, dass Gott „alle“ seine Verheißungen und Gaben an Israel, „die ihn nicht gereuen können“, vollständig, zur „Gänze“ an Israel (outos pas Israel) erfüllt.

Die Zahl „1000“ ist nicht als quantitative Begrenzung zu verstehen, sondern als Symbolzahl für die geistliche Fülle und Vollständigkeit und End(zeit)gültigkeit des erwählten, an Christus gläubig gewordenen Restes aus Israel im geistlichen Endzeitreich Christi, dem „1000“-jährigen Reich, von Paulus wird diese Vollzahl und Fülle mit „pleroma“ beschrieben. Für den Seher und seine Gemeinde sind in der Symbolzahl 144000 gleichzeitig auch die Versiegelten aus den Heiden mit inbegriffen.

Entsprechend der Darstellung des Römerbriefes von der doppelten endzeitlichen Fülle (pleroma) der Erwählten aus Heiden und Juden wird nach der Aufzählung der 144 000 – d.h. des „pleroma“ aus Israel in Offb 7,4-8 in Offb 7,9ff – das Pleroma aus den Völkern beschrieben: „Danach sah ich, und siehe, eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen; die standen vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern und mit Palmzweigen in ihren Händen.“

Dabei ist die Zahl 1000 Symbol der Vollzahl und geistlichen Fülle der Erwählten sowohl in der ersten, der geistlichen Phase des Endzeitreiches mit ihrer Sammlung der Versiegelten aus den Heiden und Juden durch Geist und Glauben und in Verborgenheit , als auch in der zweiten, der messianischen Phase des irdischen Endzeitreiches Jesu, in dem er bei seinem Wiederkommen die Verheißungen Gottes in Macht und Herrlichkeit an einem gläubigen Überrest Israels und mit diesem an allen Völkern erfüllt: Mit den 144 000 sind deshalb sowohl die Erwählten aus den Juden als auch aus den Heiden in beiden Endzeitphasen gemeint, ebenso in der „großen Schar“ – wobei einmal die Erwählten aus Israel das pars pro toto sind (12 000 aus 12 Stämmen) und das andere Mal die Erwählten aus den Heiden (aus allen Nationen).

Beide, die Erwählten aus den Heiden und aus Israel, bilden den einen himmlischen Leib Christi auf Erden, dieser ist in der Offenbarung dargestellt im Symbol der 24 Ältesten vor dem Thron Gottes Offb 4,4,: „Auf den Thronen saßen 24 Älteste“; sie symbolisieren stellvertretend das „pleroma“ aus Juden, d.h. die 12 Stämme Israels, und das „pleroma“ aus den Heiden, d.h. die 12 Apostel und die, die durch ihr Zeugnis zum Glauben kommen.

Die Throne bezeichnen die Teilhabe der erwählten Christusgläubigen aus Juden und Heiden an der geistlichen Endzeitherrschaft Christi in seinem vollkommenen (im Symbol: 1000jährigen) Reich; die Frage, ob durch sie die Gemeinde Jesu bereits als in der Endzeit in den Himmel entrückt und damit aus den Gerichten entnommen zu verstehen ist, ist dem gegenüber irrelevant und entschieden: Es geht bei dem Sitzen auf den Thronen vor dem Thron Gottes bei konsequenter symbolischer, geistlicher Auslegung der Offenbarung um eine geistliche Herrschaft der Erwählten, um ein „Überwinden durch das Blut des Lammes“ (Offb12), für das die leibliche Auferstehung und das Ende dieses Himmels und dieser Erde nur die letzte Konsequenz ist. Dies bestätigt auch Offb 7: Die versiegelten Knechte Gottes aus allen Stämmen Israels werden keinen Schaden durch die Endzeitgerichte erfahren. Solches muss bei geistlicher Auslegung der Offenbarung als Versiegelung mit dem Geist, d.h. Schutz durch himmlische Geistes-Kräfte an „ihrem Ort“ und „fern von dem Angesicht der Schlange“ (Offb 12) hier auf Erden verstanden werden.

Sie sind bewahrt insofern sie „an ihrem Ort“ sind, d.h. in Christo und im Geist Christi leben, bewahrt vor Satan, vor seinen Geistesmächten und vor den von ihm besessenen Menschen und vor den Gerichten und Selbstzerstörungen und „Schäden“ geistiger und physischer Art, z.B. politische und religiöse Ideologien, Umweltzerstörungen, und vor den Plagen und Zornesschalen, die über die Weltmenschen kommen. Diese sind in ihrem Wesen geistliche Schäden, d.h. sie wollen die geistlichen Mächte Satans in den Menschen zur Herrschaft bringen, seinen gottlosen, antichristlichen Charakter (charagma, Offb 13,17), d.h. sie zielen darauf, den Geist des Menschen zu zerrütten, sie bewirken bei den Ungläubigen tiefe Verunsicherung und Furcht, bei den Christusgläubigen Hoffnung auf Erlösung, denn sie haben ja schon den himmlischen Geist ihres auferstandenen Herrn. „Und es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen, und auf Erden wird den Völkern bange sein, und sie weden verzagen vor dem Brausen und Wogen des Meeres, und die Menschen werden vergehen vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen. Und alsdann werden sie sehen den Menschenshn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit. Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhabt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht“, Luk 21,25-28.

Bedrücken, belasten und erschüttern die globalen Erschütterungen und Zerströrungen die Weltmenschen in ihren Herzen schwer, da sie ihr „Heil“ nur im „Wohl“ dieser Welt sehen, dieses aber in Frage gestellt ist, so werden die Christusgläubigen durch alles nur noch stärker auf ihren Herrn gewiesen und durch die Hoffnung auf sein baldiges Kommen und die damit verbundene Erlösung in ihren Herzen gestärkt und ermutigt durch den „Mut“, d.h. den Geist ihres Herrn, der nicht ein Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit ist, 2. Tim 1,7.

D.h. mit den Worten der Offenbarung: Die Versiegelten sind „fern“, unberührt, unverletzbar durch die Versiegelung mit dem Geist Gottes, oder anders gesagt: Sie gehören als geistlich vom Tode zum Leben Gekommene der ersten Auferstehung an, sie sind dadurch in das Endzeitreich Christi versetzt worden und sind darin geborgen (vgl. Offb 20,4 ff). Auch hier werden die in der Endzeit durch die erste Auferstehung zum ewigen Leben Gekommenen als solche gekennzeichnet, die sich auf ihre Throne setzen und geistlich herrschen, so wie die 24 Ältesten als im geistlichen Sinn auf Thronen sitzend beschrieben werden. Diese im qualitativen Sinn „erste“, geistliche Auferstehung beschreibt Paulus in seiner theologischen Sprache in Kol 2,11-13: „Mit Christus seid ihr begraben worden durch die Taufe; mit ihm seid ihr auch auferstanden durch den Glauben aus der Kraft Gottes, der ihn auferweckt hat von den Toten. Und er hat euch mit ihm lebendig gemacht, die ihr tot wart in den Sünden und in der Unbeschnittenheit eures Fleisches, und hat uns vergeben alle Sünden.“

In Offb 14,1 werden die 144 000 auf dem Berg Zion beschrieben, die ein neues Lied singen und von der Erde erkauft sind. Auch hier zeigt sich wieder: Die Frage, ob die 144 000 in der Endzeit schon im Himmel oder noch auf Erden sind, ist bei einer konsequenten Auslegung der Apokalyptik als geistliches Endzeitgeschehen irrelevant: Entscheidend ist ihr Geborgensein im geistlichen Endzeitreich Christi, „sie folgen dem Lamm nach, wohin es geht“, d.h. bleiben in seiner Nähe. Der Standort des Sehers auf der kleinen Insel Patmos entfernt vom Weltgetriebe mit einem weiten Blick über das (Völker)Meer macht deutlich: Geistliche Distanz, erhöhter Blick aus Gottes Warte auf diese Welt und auf Satan, den Fürsten dieser Welt, gibt göttliche Kraft und Macht und Sieg über diese Welt. (Epheserbrief: Ziehet an die geistliche Waffenrüstung Gottes). Gerade die Absonderung und Trennung von der „großen“ Welt auf einen kleinen, unscheinbaren, unbeachteten, machtlosen Ort in dieser Welt und der Sieg über Satan, den Fürsten dieser Welt, und die von ihm gezeichneten Menschen und großen Mächte dieser Welt schließen sich nicht aus, sondern bedingen einander: Dies ist ein göttliches Handlungsprinzip, das der geringen Anfänge mit großer Wirkung, das immer wieder anzutreffen ist, z.B. in der Erwählung und Absonderung Noahs, Abrahams und Israels, das „kleinste unter allen Völkern“, 5. Mose 7,7. In der Überwindung der Welt durch das Blut des Lammes (Offb 12) und nicht darin, in dieser Welt ein König unter anderen, ein Reich unter anderen – auch nicht das mächtigste – zu werden, wirkt sich der Sieg Jesu aus, dessen Reich nicht von dieser Welt ist (Joh 18,36):

Es geht dem „Seher“ der Offenbarung der Endzeit um eine abgesonderte, distanzierte, geistliche Besonnenheit, die unbeteiligt ist, wenn Menschen selbtherrlich die Kräfte dieser Welt – losgelöst von Gott und damit geprägt, charakterisiert (griech. charagma, Offb 13,17) von Satan – gebrauchen. Denn sie tragen dann sein Zeichen, bzw. das des Tieres an sich. Auch wenn diese Menschen, die so von dem „Tier“, d.h. dem eigenen, von Gott gelösten Willen zur Macht „charakterisiert“, beherrscht und motiviert sind, vielleicht sogar in ihrer satanischen Verblendung noch meinen, Gutes zu tun und die Welt verbessern zu können, tun sie doch auch darin „weiterhin Böses“ (Offb 22,11), sind darin „unrein“, denn diese Kräfte sind durch Satan und Sünde unheil geworden und richten neben zeitweiligen, oft nur scheinbaren Verbesserungen immer auch wieder neues Unheil an. Politische Systeme und Ideologien, „-Ismen“, Weltreligionen, Industrialisierung, Wissenschaft und Technik, z.B. Atomkraft haben nicht den erhofften, versprochenen Himmel auf Erden und Frieden gebracht, sondern andere, neue, größere, globale Zerstörungen und Zukunftsängste. Arbeitet der Christ gewiss auch immer an der Verbesserung der Welt mit, so tut er dies in dem Wissen, dass es dabei immer nur um ein Vorletztes, nicht schon um die einzige und letzte Wirklichkeit geht, denn er sieht primär nicht auf das Sichtbare, sondern vor allem auf das Unsichtbare. „Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig“, 2. Kor 4,18. Aktiv ist diese distanzierte geistliche Besonnenheit, indem sie interaktiv auf das Christusgeschehen, auf die Aktion Christi, seinen geoffenbarten endzeitlichen Kampf und Sieg mit Selbst- und Weltverleugnung, mit „Gerechtigkeit der Heiligen“, Offb 19,8, reagiert; die Erlösten tragen „weiße“ Kleider, „sie haben ihre Kleider hell gemacht im Blut des Lammes“, Offb 7,14b. Sie handeln eben nicht aus eigenem Vermögen, nicht unter dem Einfluss der Mächte und Kräfte dieser Welt und des Fürsten dieser Welt, sondern aus der Glaubensverbindung mit Christus, aus der dem Menschen allererst Gerechtigkeit und Heiligkeit zufließen müssen, damit aus seinem Tun Gutes hervorgehen kann: „Wer Böses tut, der tue weiterhin Böses, und wer unrein ist, der sei weiterhin unrein; aber wer gerecht ist, der übe weiterhin Gerechtigkeit, und wer heilig ist, der sein weiterhin heilig“, Offb 22,11. Genau durch diese Situation, dieser „Zwischen-Lage“ als „Zwischenzeit“ zwischen den beiden Möglichkeiten, des „Noch“ für das Böse, das seinem endgültigen Ende entgegengeht, und des „Schon jetzt“ für das Gute, das in der Vollendung des Heilswerkes Christi seiner Zukunft entgegengeht, ist die Endzeit und ihre Darstellung in der Apokalyptik bestimmt. Paulus beschreibt dieselbe gegensätzliche Grundsituation des Menschen unter dem „Charakter“ Satans oder unter der Herrschaft Christi durch den Gegensatz von „Geist“ und „Fleisch“ in Gal 5,16. 17a: „Ich sage aber: Lebt im Geist, so werdet ihr die Begierden des Fleisches nicht vollbringen. Denn das Fleisch begehrt auf gegen den Geist und der Geist gegen das Fleisch; die sind gegeneinander.“ Gal 6,7-8: „Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten. Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten.“ Das Verderben als „Ernte“, d.h. als Ergebnis, als Gericht der Selbstzerstörung des Fleisches, d.h. des unerlösten Menschen in seinen Begierden, in seiner Sündhaftigkeit, wird in der Offenbarung dargestellt in den Plagen und Zornesgerichten, die durch die geistliche Zerrüttung der Menschen Konsequenzen bis hin zum Seelischen und Physischen in seiner persönlichen und in der Natur- und Menschheitsgeschichte haben:

Die beiden Zeugen in Offb 11, die im Geist Gottes weissagen, d.h. die das Christus-Zeugnis glaubhaft in die Welt tragen (auf das Zeugnis zweier Menschen hin sollte vor Gericht in Israel geglaubt werden, dass die Wahrheit gesagt wurde), werden „gekreuzigt“ wie ihr Herr, Christus. Die auf Erden sind darüber fröhlich, d.h. das „Fleisch“ freut sich über seinen scheinbaren Sieg über den „Geist“, denn die beiden Zeugen haben geistliche Macht gehabt über die Wasser, d.h. die irdisch-weltlichen Geistes- und Lebenskräfte, sie in Blut zu verwandeln, d.h. sie letztlich als Todes- und Zerstörungskräfte aufzudecken, und so die Erde, d.h. die Menschheit mit Plagen zu schlagen. Sie haben gegen das „Fleisch“, gegen die vom Satan und seiner Gottesfeindschaft charakterisierten Menschen gekämpft und ihnen damit ihre hoffnungslose Lage vor Augen geführt und sie dadurch gequält: „Ihre Leichname werden ins Grab gelegt. Und die auf Erden wohnen, freuen sich darüber und sind fröhlich und werden einander Geschenke senden; denn diese zwei Propheten hatten gequält, die auf Erden wohnten“, Offb 11,9b.10. Am Ende siegt der „Geist“ über das „Fleisch“, denn die zwei Zeugen stehen auf und ihre Feinde müssen mit ansehen, wie sie in den Himmel, also zum Sieg und zu ihrem Recht kommen. –

Die Plagen mit ihren verschiedenen Bild-Symbolen sagen im Grunde immer wieder Dasselbe: Wenn z.B. in Offb 8,11 gesagt wird, dass ein Stern mit Namen Wermut vom Himmel fällt, der den dritten Teil der Wasser in „Wermut“ verwandelt, d.h. in bitteres, ungenießbares (Lebens) - Wasser, so bedeutet dies: Die Menschen bleiben davon unbefriedigt, geraten in Bitterkeit und verlieren wahre Lebensfülle und Freude ; wenn z.B. in Offb 8,12 gesagt wird, dass der dritte Teil der Sonne, des Mondes und der Sterne und des Tageslichtes vefinstert wird, bedeutet dies: Die Menschen sehen keinen Lebenssinn, keine Hoffnung, keine Zukunft mehr, wenn ihre Erkenntnis, ihr Verstand verdunkelt ist.

Aus der Annahme des „Charakters“ Satans, der Gottlosigkeit, folgt als göttliches Gericht ein Selbst-Gericht der Selbstzerstörung für diese Menschen in dem Sinne, den Paulus beschreibt: „Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten“, Gal 6,8. –

Das ist der Blick hinter den Vorhang der Weltgeschichte, hinter das irdischsatanische Welt-Geschehen, der dem Seher und seinen Mit-Sehern geoffenbart wird: Gott ist in seiner Erwählung und seinem Verderben souverän, er führt die Regie in dem Drama der Apokalyptik, er ist der Handelnde, seinem Einfluss durch seinen Geist in der Weltgeschichte wie in ihrem persönlichen Leben dürfen sich die bedrängten Christusgläubigen aus Heiden und Juden in der Endzeit öffnen und anvertrauen, aus seinem Erwählen strömen ihnen die himmlischen Kräfte des Auferstandenen zu jetzt schon in dieser Welt und einmal in der Ewigkeit des neuen Himmels und der neuen Erde. Aus der Entscheidung gegen ihn und für Satan und seine Macht und seinen Charakter (Kenn-„Zeichnung“) entsteht den so „Gezeichneten“ Gericht, Selbstzerstörung und Verderben in dieser Welt und in der ewigen Verdammnis.

Die apokalyptische, dramatische, anschauliche Darstellungsweise des Christusgeschehens war zur Gewinnung dieser Glaubensgewissheit bei allen äußeren und inneren Bedrängnissen in einer christusfeindlichen Umwelt als Ergänzung zur paulinisch-begrifflichen Darstellungsweise dringend notwendig. Das apokalyptische Erzählgut durfte aber nun kein Eigenleben, keine Eigendynamik mehr haben, sondern musste wie die Begriffe, die Paulus aus dem griechischen Denken entnahm, in den Dienst der dynamis theou in Christus und in den des Glaubens an ihn gestellt werden. Diese Indienstnahme der Apokalyptik für die Darstellung der Kraft des Christusgeschehens als Ergänzung zu den anderen neutestamentlichen Christuszeugnissen kann nur Eines bedeuten:

Die christliche Apokalyptik muss als symbolische, geistliche Darstellungsweise eines geistlichen Geschehens verstanden und im Zusammenhang mit den anderen neutestamentlichen Texten ausgelegt werden. Jede Auslegung der Offenbarung des Johannes ohne jeweiligen Bezug des in ihr Dargestellten zu den anderen, diesem inhaltlich entsprechenden Texten des N.T. – besonders die des Apostel Paulus – ist deshalb ein Irrweg, der leider nur zu oft gegangen wurde und der die Offenbarung bis hin zu einem „Zukunftsfahrplan“ entstellt hat.

Die Frage, warum die Apokalyptik am Ende der Regierungszeit Kaiser Domitians (81-96 n.Chr.) zur Darstellung des Christusgeschehens verwendet wurde, und dann die Entscheidung zur Aufnahme der Offenbarung des Johannes in den neutestamentlichen Kanon getroffen wurde, ist also so zu beantworten:

Weil mit ihrer Hilfe anschaulicher und eindringlicher als in theologisch-begrifflicher Sprache vermittelt werden kann:

Das Christusgeschehen ist ein real-veränderndes, machtvolles, d.h. wirkmächtiges Geschehen, auch wenn dies in der gegenwärtigen Weltzeit noch ganz anders auszusehen scheint. Nicht der Unglaube oder Kleinglaube, auch nicht der Rückzug in einen bloß innerlichen, gedanklichen Frömmigkeits-Bereich ist „not“-wendig, sondern der Glaube an den siegreichen Christus, der hinter und über allem Weltgeschehen bereits der eigentlich Handelnde, das Weltdrama letztlich Entscheidende ist, und der deshalb diese Zeit zur „Endzeit“ macht – auch in Bezug auf die Leiden und das Martyrium, das die Christen jetzt noch zu tragen haben. Denn da Jesus die Machtfrage in Folge der Klärung der Schuldfrage – die Schuld hat er stellvertretend gesühnt – grundlegend bereits durch seinen Sieg am Kreuz, durch seinen Opfertod entscheiden hat, beherrscht er schon jetzt in der Endzeit, d.h. in der Zeit nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt, Himmel und Erde. Und er wird einmal, wenn seine endzeitliche, geistliche Herrschaft zu Ende ist, diese Weltzeit beenden und einen neuen Himmel und eine neue Erde machen (Offb 21,5a: „Siehe, ich mache alles neu“) zur Ehre seines Vaters – ein trinitarisches Geschehen, in dem der Vater den Sohn und der Sohn den Vater verherrlicht.

Die apokalyptische Darstellungsweise entspricht also in ihrer Eindringlichkeit und Anschaulichkeit der Grundbefindlichkeit einer noch durch die „gegenwärtige böse Weltzeit“, Gal 1,4, bedrängten Christenheit, der im Glauben zugemutet wird, d.h. der „Mut“, die Kraft des Heiligen Geistes geschenkt wird, diese Welt als besiegt anzusehen.

Dabei darf die Darstellungsweise nicht gelöst werden von dem Ziel, das dadurch erreicht werden soll: Der Sieg Christi soll als geistlicher Sieg eindrücklich und zur Stärkung im eigenen Glaubenskampf fruchtbar gemacht werden, und dazu sollen die gebrauchten Bilder und Erzählungen dienen.

So ist dies die wichtige „Wahrheit der Apokalyptik“ und ihrer Darstellungsweise des Christusgeschehens: Es gibt für den Glauben eine Sicht von „oben“, vom Ende, vom Ziel her, das nicht in erster Linie innerweltlich-zeitlich, sondern geistlich gemeint ist: Dem Glauben wird durch die christliche Apokalyptik ein erhöhter Standort geschenkt, im Symbol: Die Insel Patmos und die Ergriffenheit im Geist am Tag des Herrn. Von diesem erhöhten Standpunkt, d.h. über den irdischen Dingen und Ereignissen stehend, sieht der Seher der Offenbarung in das Wesen der äußeren Erscheinungen, und diese Vision soll der bedrängten Gemeinde Jesu die tröstende Gewissheit schenken: Nicht diese Welt, nicht der Fürst dieser Welt und nicht die Mächte und Mächtigen dieser Welt entscheiden über das Schicksal der Welt, denn über ihr Schicksal ist bereits durch einen anderen entscheiden worden: Christus, das Lamm Gottes.

In Christi Sieg am Kreuz liegt die alles verändernde Kraft, die nur in kosmischen Dimensionen dargestellt werden kann. Diese Kraft beherrscht auch jetzt schon – noch nicht sichtbar, aber dennoch auf geistliche Weise alles durchdringend – diese Welt und alle ihre Mächte und Mächtigen: In der Symbolsprache der Offenbarung ist diese Herrschaft das tausendjährige Reich, in dem am Ende der Weltwoche, am „siebten Tag“, d.h. in der Endzeit dieser Welt, der Heilsplan Gottes, den er bereits vor Grundlegung dieser Welt gemacht hat, in der Erwählung der Christusgläubigen zur Erfüllung kommt. Dies stellt die christliche Apokalyptik als Drama, d.h. als eine spannungsvolle Handlung, die aber bereits durch ein abgeschlossenes himmlisches Epos entschieden ist. Goethe schreibt in seinem Aufsatz: „Über epische und dramatische Dichtung“ als allgemeine grundlegende Unterschiede zwischen Epos und Drama zusammengefasst hat: Der Epiker trägt die Begebenheit als vollkommen geschehen und vergangen vor, und der Dramatiker als vollkommen gegenwärtig. Insofern ist der Seher der Offenbarung sowohl Epiker als auch Dramatiker:

Er bedient sich der Darstellungsweise der Apokalyptik für das Christusgeschehen, um damit die vollkommene Gegenwärtigkeit und Wirkmächtigkeit Christi durch seinen Geist den bedrängten Christen nahezubringen, so wie er selbst vom Geist ergriffen ist am Tag des Herrn. Damit will er klar machen: Trotz anderem Augenschein gilt: Die notvolle, dramatische Gegenwart ist dennoch „Tag des Herrn“, unsichtbar aber wirkmächtig regiert der Herr schon in seinem Geist auch in der „gegenwärtigen bösen Weltzeit“ (Gal 1,4), und macht sie so zur Endzeit und Heilszeit: Aus himmlischer Sicht, zu der der Seher die angefochtene Gemeinde mit seiner Apokalypse einladen will, ist sie bereits eine vollkommen abgeschlossene und vergangene Begebenheit. Erlaubt die epische Darstellung dem Publikum Gelassenheit, wie Goethe feststellt, und kann auch der Christ angesichts der Vollkommenheit (Symbolzahl: 1000) des endzeitlichen Heilsplanes Gottes solche Gelassenheit haben, so schlägt das Drama – seine Handlung, seine innere und äußere Spannung und seine Konflikte – den Zuschauer in Bann bis hin zur Atemlosigkeit.3 Dieser Atemlosigkeit ist der bedrängte Christ ohnehin schon ausgesetzt, seinen Konflikt mit einer christusfeindlichen Umwelt, seinen Glaubenskampf, findet er z.B. wieder im apokalyptischen, kosmisch beschriebenen Geschehen des Engelkampfes im Himmel in Offb 12. Für die ersten Empfänger der Offenbarung des Johannes waren es die Christenverfolgungen unter der Regierung Domitians (81-96 n.Chr.).

Spannung, innere Bewegtheit sind Elemente des Dramas und finden sich ebenfalls in der Sprache der Apokalyptik, und weil Spannung, innere Bewegtheit zugleich auch Elemente des bedrängten Christseins in der Endzeit als Zeit letzter Auseinandersetzung zwischen Gott und Satan ist, kann das apokalyptische Erzählgut – besonders das der jüdischen Apokalyptik – der Darstellung und dem Verständnis für diese äußere und innere Spannung und dem Bedarf nach Hintergrundwissen der Christusgläubigen dienen: Der große Kampf zwischen Gut und Böse, Licht und Finsternis, Gott und Satan, sein Sturz vom Himmel auf die Erde, seine letzte, deshalb um so zornigere Machtentfaltung in den Mächten und Mächtigen auf Erden, die sich von ihm verführen lassen, und deren Plagen und Gerichte durch den Zorn Gottes.

Um die Offenbarung des Johannes „richtig“, d.h. in ihrer Grundintention als geistliche Darstellung eines geistlichen Geschehens zu verstehen (der Seher wurde vom „Geist ergriffen“), darf sie nicht isoliert werden von den anderen neutestamentlichen Zeugen des Christusgeschehens, sondern es gilt als Auslegungsprinzip: Nur in der gegenseitigen Durchdringung wird sie zu einem geistlichen, interaktiven Geschehen im Hörer bzw. Leser. Diese gegenseitige Abhängigkeit ist bei der Interpretation aller Texteinheiten der Offenbarung zu beachten, sie ist nicht beliebig, sondern zum rechten Verständnis notwendig. So werden zum Beispiel Offb 20,11 und Offb 21,1-2 nur im Zusammenhang mit der paulinischen Aussage in Kol 3,4 recht verständlich:

Offb 20,11 und Offb 21,1-2: „Und ich sah einen großen, weißen Thron und den, der darauf saß; vor seinem Angesicht flohen die Erde und der Himmel, und es wurde keine Stätte für sie gefunden.“ – „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann.“

Offb 19, 6b-7: „Halleluja! Denn der Herr, unser Gott, der Allmächtige, hat das Reich eingenommen! Lasst uns freuen und fröhlich sein und ihm die Ehre geben; denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Braut hat sich bereitet“.

Dazu die parallele Aussage in Kol 3,3-4: „Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott. Wenn aber Christus, euer Leben, sich offenbaren wird, dann werdet ihr auch offenbar werden mit ihm in Herrlichkeit.“

Beide, der Seher der Offenbarung wie Paulus, beschreiben hier – jeweils in unterschiedlicher Sprache, d.h. der eine anschaulich, der andere begrifflich – dasselbe Geschehen: Lässt man ihre Aussagen sich gegenseitig durchdringen, werden sie einander zur Interpretationshilfe und zur Vervollständigung der geistlichen Darstellung eines bestimmten Aspektes des Christusgeschehens: Der Vollendung des Christussieges am Ende dieser Weltzeit.

Diese Vollendung wird durch die apokalyptische Sprache vor dem Missverständnis eines rein geistigen, innerlichen, seelischen Vorgangs bewahrt, dem die begriffliche Sprache des Paulus anheim-fallen könnte. Stattdessen lässt die Durchdringung der paulinischen Aussage mit der apokalyptischen den Christusgläubigen beachten: Das geistliche Christusgeschehens der Endzeit – Christi geistliches, tausendjähriges, d.h. vollkommenes Endzeitreich – vollendet sich real wirkmächtig sowohl in der gegenwärtigen, bösen Weltzeit wie zuletzt in dem messianschen, alle Völker umspannenden Friedensreich bei seinem Wiederkommen in Macht und Herrlichkeit und nach dessen Ende in dem neuen Himmel und der neuen Erde. – Und andererseits wird durch die theologisch-begriffliche Sprache des Paulus das Christusgeschehen der Endzeit vor dem Missverständnis eines reinen Spektakulums bewahrt, das ohne Einfluss und innere Beteiligung vor dem Zuschauer auf der „Welt-und Himmelsbühne“ abläuft. Die Ergänzung der Sprache des Paulus durch die der Apokalyptik wurde durch die innere und äußere Anfechtung der verfolgten Christengemeinden im heidnischen römischen Reich notwendig: Das Offenbar-werden mit Christus in der Herrlichkeit „entschwindet“ nicht in ein realitätsfernes Geistiges, Abstraktes, sondern es wird durch die apokalyptische Sprache ergänzt und ausgelegt als machtvolles Heilshandeln Gottes an den Christen vor der Welt. Das Offenbar-werden der Herrlichkeit des Christus und der Christen vor der alten Welt im Übergang zur neuen Welt, dem neuen Himmel und der neuen Erde, entspricht exakt dem großen weißen Thron, auf dem Christus und die Christen sitzen, und von dem aus sie die geistlich Toten, d.h. Ungläubigen, richten und vor dem dann diese alte Welt fliehen muss und die neue beginnt. –

So will die christliche Apokalyptik durch ihre besondere Art der Darstellung des Christusgeschehens der bedrängten Gemeinde Jesu aller Zeiten Antwort auf ihre Frage geben: Warum gibt es nach dem Sieg Christi über diese Welt und über den Fürsten dieser Welt noch immer und immer wieder neu und in immer wieder sich wandelnder Gestalt die Realität gottfeindlicher Mächte und Menschen. Sie antwortet damit, dass sie der bedrängten Gemeinde Jesu einen Blick hinter den Vorhang der Realität dieser Welt gewährt, in die himmlischen Zusammenhänge, die nicht weniger real und mächtig sind.

Zu verheerenden Missverständnissen und verhängnisvollen Irrtümern bis hin zu „vermessenen“ Berechnungen des Weltendes kam es in der Kirchengeschichte immer wieder dadurch, dass die Hauptintention der Offenbarung fälschlicherweise in der Schilderung eines zukünftigen, äußerlichen Geschehens gesehen wurde. Die Zukünftigkeit der Darstellung des Endzeitgeschehens sollte in erster Linie aber die Wirkmächtigkeit der himmlischen Heilsereignisse, d.h. des Sieges Christi, eindrücklich machen: Durch diesen himmlischen Sieg behält Christus aus dem himmlischen Hintergrund alle Fäden auch auf Erden in der Hand. Um bedrängten Christen die Gewissheit dieses Sieges bei all seiner gegenwärtigen Verborgenheit zu stärken, wird das dramatischen Mittel der Auflösung der Spannung von Gegensätzen der Gegenwart in einer bereits im Himmel geschehenen, sich irdisch noch einmal zukünftig auswirkenden Entscheidungshandlung eingesetzt. So z.B. in Offb 12 im Engelkampf, d.h. in dem Sieg über Satan mit der Konsequenz seiner Versuche der Machtergreifung auf Erden über die Gemeinde Jesu; deren Bewahrungsort auf Erden und himmlische Existenz vor dem Thron Gottes, Offb 7,9, kann er aber in alle Zukunft nicht mehr zerstören. Parallel dazu steht das als zukünftig dargestellte Losgelassen-werden des Satans eine kurze Zeit lang, ohne dass dadurch die „tausend Jahre“ – d.h. die vollkommene, endzeitliche Sammlung der Christusgemeinde – gefährdet wird: „Und wenn die tausend Jahre vollendet sind, wird der Satan losgelassen werden aus dem Gefängnis“, Offb 20,7, d.h. erst nach der Vollendung dieser Sammlung; Offb 20,3 spricht von „danach“.

Im Himmel – nicht erst in der Zukunft – ist der Kampf bereits entscheiden, dies gilt auch jetzt in der bedrängenden Endzeit schon, in der es oft so ganz anders aussieht: Das geistliche Endzeitreich Christi auf Erden ist unzerstörbar, unüberwindbar, in der Zahlensymbolik der Apokalyptik: Tausendjährig, Offb 20,3. Denn Michael, der Engel Gottes, hat in Ausübung der Macht des Christussieges die Machtfrage im Kampf mit den Engelmächten Satans auch bereits für die Endzeit dieser Welt entscheiden: Wenn die Gemeinde Jesu auch immer wieder durch die Nachstellungen Satans von einem zum anderen „Ort“ auf dieser zerstörten Erde, d.h. in der „Wüste“, vertrieben wird, so ist sie doch immer mächtiger als Satan und seine Mächte und Menschen auf Erden. Es gibt für sie wie für jeden einzelnen Christusgläubigen durch die Hilfe der geistlichen Christusherrschaft jederzeit immer auch einen realen Ort, „ihren Ort“ in der Wüste, zu dem sie auf wunderbare, göttliche Weise (auf „Flügeln des Adlers“) geführt wird. Dieser ihr Ort ist der unter dem Kreuz Jesu in Selbstverleugnung, oft im Verlust weltlicher Macht und Güter. Dennoch aber ist es ein realer Ort mitten in der Welt, in der Wüste trotz aller Nachstellungen Satans, denen sie aber in Christus überlegen ist (Offb 12,13ff). So erfährt die Gemeinde Jesu und jeder Christusgläubige in seiner persönlichen Lebensgeschichte – bleibt er unter dieser geistlichen Herrschaft Jesu, also im Bereich des tausendjährigen geistlichen Endzeitreiches – auf wunderbare göttliche Weise „Ernährung“, Offb 12,12, d.h. Gottes siegreiche Kraft und Hilfe auch in allen irdischen Bedürfnissen. Satan wird dabei von Gott in der Endzeit für seine göttlichen Zwecke in Dienst genommen, ja selbst das Martyrium, das die Christusgläubigen durch ihn erleiden, muss denen, die Gott lieben noch zum Besten dienen, Röm 8,28. Denn die Christen ins Leiden zu bringen, ist dem Satan nur gestattet, weil Gott es so will, weil dahinter sein „Soll“, sein Wille steht. Offb 13,9.10: „Wenn jemand ins Gefängnis soll, dann wird er ins Gefängnis kommen; wenn jemand mit dem Schwert getötet werden soll, dann wird er mit dem Schwert getötet werden. Hier ist Geduld und Glaube der Heiligen“. Und darin liegt für ale Märtyrer aller Zeiten – sei ihr Martyrium schwerer oder leichter – bereits ein großer Trost und eine himmlische Geborgenheit mitten im Leiden. So erfuhr es Stephanus, der erste christliche Märtyrer, der in seinem Leiden aufsah zum geöffneten Himmel und die Herrlichkeit Gottes und Jesus stehen sah zur Rechten Gottes, so erfuhr es Dietrich Bonhoeffer, von dem ein Arzt, der ihn sterben sah, schrieb, er habe noch nie eine Menschen so gefasst sterben sehen, eine Frucht seines geistlichen Glaubenskampfes in seiner Gefängniszelle, in der Gott ihm die Gewissheit schenkte: „Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag“. Die Geborgenheit Gottes erfahren in einer Gefängniszelle kurze Zeit vor dem Märtyrertod – dies war „sein Ort“, an dem Dietrich Bonhoeffer „wunderbar“, wie er selber bezeugt, mitten in der ihn umgebenden „Wüste“ göttlich ernährt wurde (Offb 12,13 ff). –

Der Seher der Offenbarung sieht hinter den Vorhang, d.h. vom Himmel aus auf das Weltgeschehen, in der Sprache der Apokalyptik ausgedrückt: Von einer Insel aus, d.h. aus der Entfernung, aus der Distanz am Tag Christi im Geist, Offb 1,10. Er sieht und verkündigt: Diese Welt existiert im Großen wie im Kleinen, in der persönlichen Lebensgeschichte jedes einzelnen versiegelten Christusgläubigen, der durch das Blut des Lammes den Verkläger überwunden hat (Offb 12,11), wie in der Geschichte der Gemeinde Jesu, seinem Leib, und in der Geschichte seines ersterwählten Volkes Israel, nicht mehr um ihrer selber willen, sondern um der Verfolgung und Bewahrung der „Frau“ willen, d.h. um der geistlichen, irdischen Gegenwart Christi in den