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Das Geheimnis Christi-Reihe AZNT-Auslegung Zentraler Neutestamentlicher Texte in 6 Bände 1.Bd: Auslegungen zu den Spitzensätzen des Apostel Pauls 2.Bd: Gebete und Meditationen zu den Ich-Bin-Worten Jesu 3.Bd: Predigten zu den letzten Worten Jesu am Kreuz 4.Bd: Die weiten Perspektiven der Petrusbriefe 5.Bd: Predigten zu den wichtigsten Texten der Offenbarung 6.Bd: Predigten zu den wichtigsten Festen des Kirchenjahres
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Seitenzahl: 175
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1.Band: Auslegungen zu den Spitzensätzen des Apostel Paulus
2.Band: Gebete und Meditationen zu den Ich-Bin-Worte Jesu
3.Band: Predigten zu den letzten Worten Jesu am Kreuz
4.Band: Die weiten Perspektiven der Petrusbriefe
5.Band: Predigten zu den wichtigsten Texten der Offenbarung des Johannes
6.Band: Predigten zu den wichtigsten Festen des Kirchenjahres
Andreas Kleinschmidt
Reihe AZNT: Auslegungen Zentraler Neutestamentlicher Texte Band 1
Zu seinen „Spitzensätzen“, d.h. zu höchsten Höhen theologischer Erkenntnis kommt der Apostel Paulus durch die tiefsten Einsichten in das Geheimnis Christi: Indem er diesem vom Kreuz zur Auferstehung Jesu, von seiner Erniedrigung am Kreuz bis zu seiner Erhöhung in den Himmel folgt.
Denn es ist hier kein Unterschied: Sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie vor Gott haben sollen, und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist. Römer 3,22c-24.
Bisher in dieser Welt Unerhörtes, Ungehörtes hören wir hier: Nicht wir Menschen vermögen diese Welt heil zu machen, sondern allein Gott.
Dies geschieht durch seine Gnade.
Und seine Gnade ist unsere Erlösung durch Christus.
So wie sein Wort die erste Schöpfung ins Dasein rief, so schafft sein Gnadenwort in Christus die zweite Schöpfung:
Zunächst in seinem Geist im Herzen der Christusgläubigen, und dann bei seinem Wiederkommen in Macht und Herrlichkeit auch in ihrem himmlischen Leib im Reich Gottes.
Erlösung meint hier von der ursprünglichen Wortbedeutung her: Freigebung für Lösegeld, Loskaufung und übertragen: Erlösung.
Durch Christus werden wir befreit, „erlöst“ von den Mächten dieser Welt, von Satan, Sünde, Leid und Tod, das „Löse“-geld, das Christus für unsere Befreiung zahlen musste, war sein Tod in Gottverlassenheit am Kreuz.
Nun hat er allein alles Recht auf uns, Satan, der Ankläger, der uns immer wieder vor Gott wegen unserer Sünden verklagte, muss endgültig schweigen, denn nun kommt es für uns nicht mehr darauf an, dass wir uns die Gerechtigkeit bei Gott verdienen, sondern wir sie uns von Gott in Christus schenken lassen.
Wenn sich dies für uns zunächst sehr theologisch und abstrakt anhört, so werden in unserem Leben immer wieder konkret mit den Angriffen Satans zu tun haben, der es sehr listig vermag, uns unsere Glaubensgewissheit durch die Erfahrung eigener Schwachheit und eigenen Versagens in Frage zu stellen, der uns immer wieder „unseren Schneid abkaufen will“, um es in einem Bild zu sagen, d.h. der uns unseren Mut, unsere Tatkraft rauben will, die uns als Christen nicht durch die eigene Kraft, sondern durch Christus und seinen Geist geschenkt wird: Es beginnt bei unseren Gedanken, etwa dem Zweifel, ob Gott uns wirklich in dieser oder jener Situation helfen kann, sobald aber nur ein wenig Zweifel gesät ist, werden wir verunsichert, verlieren wir unseren „Schneid“, unsere Glaubenskraft, der die Welt überwindet, ähnlich wie Petrus, der nur solange auf dem Wasser wandeln konnte, wie er im festen Glauben auf Jesus sah. Der Blick aber auf die Wellen, der Blick auf die Mächte dieser Welt lassen Satan, den Fürst dieser Welt, und ihre Mächte und Menschen wieder über uns mächtig werden.
Neue Kraft uns festes Vertrauen gewinnen wir nur durch das Wort Jesu, und unser festes, unerschütterliches Vertrauen darauf, dabei sollten wir eben von Petrus lernen, dass es bei unseren Gedanken beginnt, die ja eine reale Macht über uns haben, dass wir uns in ihnen nicht ablenken lassen vom Glaubensgehorsam, zu dem wir auf durch das Hören auf das Wort Christi befähigt werden.
Worauf also sehen, woran denken wir:
Auf uns selbst, auf unsere Sündhaftigkeit und Ermangelung des Ruhmes, den wir vor Gott haben sollten – und verstricken wir uns dann in Selbstvorwürfen, Anklagen und Ängsten und Sorgen und Mühen, uns selbst zu helfen.
Oder sehen wir auf die Erlösung, die durch Christus geschehen ist, lassen sie so durch den Glauben an uns wirksam werden und erfahren das Gerecht-werden aus Gnade ohne unser Tun, unseren Verdienst. Gnade heißt dabei nicht, untätig, sondern Gott in uns und durch uns wirken zu lassen und ihm dabei alle eigenen Kräfte zur Verfügung zu stellen, aber das was, wir tun, bestimmt er allein, und nie sind wir selbst und unser Tun die Voraussetzung für unsere Gerechtigkeit, sondern immer nur allein Gott selbst und seine Gnade in Christus. Wenn aber alles Gnade Christis ist, die uns allerdings nicht untätig macht, sondern alle unsere Kräfte für Christus einsetzen lässt dann, dort und auf die Weise, die uns sein Geist offenbart, dann hat Satan keinen Angriffspunkt mehr bei uns, wir können uns jederzeit auf das Blut Jesu berufen, das für uns geflossen ist, und schon ist Satan besiegt, denn „Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid, damit will ich vor Gott bestehn, wenn ich zum Himmel wird` eingehn. Drum soll auch dieses Blut allein mein Trost und meine Hoffnung sein. Ich bau im Leben und im Tod allein auf Jesu Wunden rot. Solang ich noch hienieden bin, so ist und bleibet das mein Sinn: Ich will die Gnad in Jesu Blut bezeigen mit getrostem Mut.“ (Nikolaus Ludwig von Zinzendorf) So vermag uns der Teufel nicht mehr „den Schneid abzukaufen“, d.h. er kann uns nicht mehr vor uns selber schlecht machen, uns zu demoralisieren, denn nun leben nicht mehr wir, sondern Christus lebt in uns und damit ist ihm jede Angriffsfläche bei uns genommen. Und Christus hat uns zu einer neuen Kreatur gemacht ganz aus Gnade und in Gnade: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur, das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. … Darum kennen wir von nun an niemanden mehr nach dem Fleisch, schreibt Paulus im 2.Korintherbrief.
Das ist Erlösung, das ist Gerechtigkeit, die uns in Ewigkeit niemand mehr nehmen kann, weil sie nicht auf uns, sondern allein auf Christi Werk für uns beruht. Und was Erlösung und Gerechtwerden durch Christus für uns bedeutet – die Erkenntnis darüber werden wir in unserem Leben immer wieder konkret von unserem Herrn geschenkt bekommen, indem er uns erlöst von uns selbst, unserer alten, sündigen Natur, unserer Ichund Welthaftigkeit, unserer Hab- und Machtsucht, unserer Ungeduld und Eitelkeit.
Diese unsere alte, sündige Natur vermag sich in unterschiedlichster Weise, ja auch in einem moralischen, ja auch frommen Gewand tarnen, die Gerechtigkeit und Erlösung in Christus aber wird und uns recht ausrichten allein auf ihn und zur Ganzhingabe an ihn. In dieser Ganzhingabe, in dieser Kreuzesnachfolge sprechen wir wie Paulus: Nun lebe nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir. Was wir jetzt noch in dieser Welt leben, leben wir im Glauben an unseren Herrn Jesus Christus, so vermögen wir viel zu haben und wenig, wir vermögen Freud und Leid aus Gottes Hand zu nehmen in dem Wissen, dass uns beides zum Besten dienen musss, zum gerechten, erlösten Leben, das uns Gott in seinem Sohn schenkt.
Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht. Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja mehr noch, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und für uns eintritt. Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert. Wie geschrieben steht: Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet wie Schlachtschafe.
Aber in dem allen überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächtige noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn. Römer 8, 31b-39
Was ist das für ein ungeheuer steiler Satz, welche „einsame“ Höhe erklimmt Paulus, besser in „zweisamer“ Höhe, auf diesem Bergesgipfel gibt es nur noch die Auserwählten und Gott selbst, die ganze Welt verschwindet unter ihm, weil er bis in den Himmel aufgestiegen ist: Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein.
Aber woher weiß ich, dass ich auch zu diesen Erwählten gehöre, woher weiß ich, dass ich auch diese Höhe erreichen kann, in der ich diese ganze Welt unter mir und überwunden habe und Gott allein alles für mich ist?
Die Antwort ist so leicht wie sie schwer ist.
Schwer ist sie, weil ich sie mir nicht selbst geben kann, schwer ist sie, weil Christus für sie das schwerste Werk hat tun müssen, den Opfergang für uns ans Kreuz, das je getan wurde und nie mehr wieder getan werden kann.
Und leicht ist die Antwort, weil es mich nur den Glaubensblick auf Christus und sein Werk für mich bedarf, um mich meiner Erwählung gewiss zu machen. Sobald ich wieder auf mich und meine Schwachheit, mein Unvermögen sehe, wird meine Erwählung schwer, ja unmöglich, denn in mir kann Gott keinen Grund für seine Erwählung finden: Gott ist hier, der gerecht macht. Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja mehr noch, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und für uns eintritt.
Nun ist die logische, besser theo-logische Konsequenz, die Paulus aus dem Handeln Gottes in seinem Sohn zieht: Wenn Gott uns so liebhat, dass er sogar das Liebste, das er hatte, seinen Sohn hingibt für uns, dass wir ihm also so viel wert sind und wenn er ihn für uns nicht verschont hat, wird er uns mit ihm dann nicht alles schenken?
Alles – was auch immer sich nun ein Gläubiger wünscht - wenn es geläutert ist durch den Glauben an Christus, wenn er es sich also in seinem Namen wünschen kann, wird er geschenkt bekommen.
Gott ist hier, der gerecht macht – nur deshalb, weil er uns läutert, weil er an uns handelt, kann uns niemand mehr beschuldigen, weil er unsere Schuld und unser Gericht seinem Sohn auflud, dieser sie sich gehorsam aufladen ließ, weil er sprach: Nicht wie ich will, sondern wie du willst. Wie auf eine Waage legt Paulus nun auf die eine Schale alles, was es geben mag, alles, was uns je „zu schaffen“ gemacht hat, zu schaffen macht oder zu schaffen machen wird – weil es nur Kreatur, „Erschaffenes“ ist, vermag es nichts auszurichten gegenüber dem Schöpfer aller Kreatur und dessen Liebe zu uns, die er auf die andere Waagschale legt.
Und nun ist es an uns durch unseren Glauben immer wieder das scheinbare Übergewicht des Bösen zu überwinden, durch ihn, unseren Glauben, beteiligt uns Gott am Erlösungswerk seines Sohnes, besser gesagt, durch unseren Glauben lassen wir die Liebe Gottes in Christus an uns und durch uns wirken, diese Liebe motiviert, d.h. bewegt uns durch ihren Geist zu ganzer Hingabe im Dienst für Gott und an unserem Nächsten.
Das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden, uns aber, die gerettet werden, ist es eine Gotteskraft. 1.Korinther 18
Schwachheit und Torheit in den Augen der Welt ist Weisheit und Kraft bei Gott, ja, so sagt Paulus aus eigener Erfahrung, die Kraft Gottes kommt erst zu ihrer ganzen Entfaltung, zu ihrem Ziel, wo er uns Menschen unsere Schwachheit erfahren lässt: Nur unsere Sterbenswege kann Gott zu seinen Lebenswegen machen, unsere eigene Weisheit und Kraft sind dagegen ein Hindernis für Gott, in uns und durch uns zu wirken:
Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an unserm Leibe, damit auch das Leben Jesu an unserm Leibe offenbar werde. Denn wir, die wir leben, werden immerdar in den Tod gegeben um Jesu willen, damit auch das Leben Jesu offenbar werde an unserm sterblichen Fleisch, 2.Kor 4, 10-11.
Um Jesu willen – d.h. weil Jesus, unser Herr, von der Welt verworfen und gekreuzigt wurde, erfahren wir dasselbe Schicksal wir unser Herr, denn ein Diener steht nicht über seinem Herrn, sondern er wird da sein, wo sein Herr auch ist, so wie Jesus selbst es seinen Jüngern in Johannes 12 sagt –aber nachdem er wie er gestorben ist, wird er auch wie er auferweckt werden zum ewigen Leben, nachdem er durch die Welt und auf der Welt erniedrigt wurde, wird er wie sein Herr zu Gott in den Himmel erhöht werden.
Torheit oder Gotteskraft – dazwischen gibt es nichts, nur die „Entscheidung“ zwischen dem einen und dem anderen, die dann zur „Scheidung“ führt zwischen denen, die sich das Wort vom Kreuz sagen lassen und denen, die nicht darauf hören wollen, zwischen denen, die sich in das Licht der Wahrheit stellen lassen, die in diesem Licht die Erkenntnis ihrer Sünden erfahren und Buße tun und sich durch das Licht selbst erneuern lassen und Licht werden – und denen, die das Licht ablehnen, weil sie die Finsternis mehr lieben als das Licht, denn ihre Werke sind böse, wer aber Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden. Wer aber die Wahrheit tut, wer das Licht der Wahrheit, wer Jesus in sich und durch sich wirken lässt, der kommt zu dem Licht, der kommt zu Jesus, der nimmt das Wort vom Kreuz Jesu für sich persönlich an in Gericht und Gnade, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind, Joh. 3,19-21.
Welch ein Urteil über alle Weisheit und Macht dieser Welt: Böses, Finsternis. Mögen die Werke der Weisheit und Macht dieser Welt für die Welt noch so eindrucksvoll sein, sie bleiben doch in der Gefangenschaft der ichhaften Begierden des Menschen, der Gott nicht über sich haben will, der sich nicht in der Erkenntnis der eigenen Sündhaftigkeit unter das Kreuz Jesu stellen und der durch eigene Werke statt durch das Erlösungswerk eines anderen, durch Jesus Christus, gerecht werden will.
Deshalb kann er nicht gerettet werden, denn kein Mensch kann sich am eigenen Schopf aus dem Wasser ziehen, darum hat Gott uns seinen Sohn als Retter gesandt, wer seine Hand zurückstößt, der geht unter, der geht für den Himmel verloren, so eindrucksvoll sein Strampeln, sein Bemühen im Wasser dieser sündhaften Welt auch sein mag. Dieses Wort vom Kreuz wird gesagt werden bis der letzte der Erwählten es gehört und angenommen hat, und es wird das Hauptwort aller himmlischen Worte der Erretteten in alle Ewigkeit bleiben.
Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind. Römer 8,28
Alle Dinge – also auch die Negativen – uns zum Besten: Das ist wahrlich ein steiler Satz.
Da ist nichts aus unserer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ausgenommen, es ist wie in der Mathematik: Die Vorzeichen in einem Term drehen sich um, löst man eine Klammer auf, wenn davor ein Minuszeichen steht: d.h. aus dem Negativen wird Positives, in der Deutung dieses Vergleichs: Die Klammer, die Gefangenschaft in das Negative dieser gegenwärtigen, bösen Weltzeit lösen wir auf in das Positive der Erlösung von der Welt für den Himmel, wenn wir Gottes Ratschluss in Christus annehmen, wenn wir uns rufen, berufen lassen zu seiner Liebe in Christus, und wenn wir diese Liebe mit unserer Liebe beantworten: Denen, die Gott lieben, dienen alle Dinge zum Besten, die nach seinem Ratschluss berufen sind. Auf Gottes Ruf kann man antworten oder nicht, er richtet sich zunächst einmal an alle Menschen, denn Jesus hat die Schuld der ganzen Welt getragen. „Er selbst ist die Versöhnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt“, 1.Joh. 2,2. Man kann Gottes Ruf in Jesus überhören, weil man sich selbst und diese Welt lieber hat als Gott, man wird ihm nur recht antworten, wenn man Gott und Jesus lieber hat als alle und alles: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist mein nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist mein nicht wert. Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist meiner nicht wert“, Matth. 10,37-38.
Ist Jesus für die Schuld aller Menschen gestorben, so sind doch nur die nach dem Ratschluss Gottes berufen, die Gottes Liebe in Jesus auch für sich persönlich annehmen und sie sich so zum Besten dienen lassen. Wenn nun aber alles allein an Gottes Ratschluss hängt, was kann der Mensch dann noch tun und wofür ist er dann noch verantwortlich? Auf diese Frage geht Paulus im Römer 9 ein: „Nun sagst du zu mir: Was beschuldigt er uns dann noch? Wer kann seinem Ratschluss widerstehen? Ja, lieber Mensch, wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst? Spricht etwa ein Werk zu seinem Meister: Warum hast du mich so gemacht? Hat nicht der Töpfer Macht über den Ton, aus demselben Klumpen ein Gefäß zu ehrenvollem und ein Anderes zu nicht ehrenvollem Gebrauch zu machen? Da Gott seinen Zorn erzeigen und seine Macht kundtun wollte, hat er mit großer Geduld ertragen die Gefäße des Zorns, die zum Verderben bestimmt waren, auf dass er den Reichtum seiner Herrlichkeit kundtue an den Gefäßen der Barmherzigkeit, die er zuvor bereitet hatte zur Herrlichkeit“.
Paulus korrigiert unsere Sichtweise, unsere Perspektive von unten, vom Menschen her durch seine Sicht von oben, von Gott her. Es geht zuerst nicht um uns, sondern um Gott. Bei ihm ist der Ratschluss, das Recht, die Macht, die Bestimmung und die Zubereitung. Was wir für ungerecht halten, entspricht unserem beschränkten Ratschluss, Gott allein bestimmt, was recht und was unrecht ist. Es gibt auch eine göttliche Bestimmung zum Verderben, Paulus zeigt dies am Beispiel des Pharaos auf, dessen große Verstockung auch ein Werk Gottes war, das dazu dienen sollte, Gottes noch größere Macht, diese Verstockung am Ende durch die zehnte Plage zu überwinden, zu offenbaren. Der Weg zum Heil: Durch Gottes Vorherbestimmung oder durch des Menschen Entscheidung – was der Mensch mit seinem beschränkten Ratschluss für widersprüchlich, für unlogisch hält, sind theologisch nur die zwei Seiten einer Medaille, und der Mensch offenbart dadurch, dass er dies nicht zusammenzudenken vermag nur, dass die Zerstörung durch den Ungehorsam Gott gegenüber, dass das „Ihr werdet sein wie Gott“ bis in sein Denken eingedrungen ist. Wer sich unter den höheren Ratschluss Gottes beugt, zeigt damit, dass er Gott liebt, und diese Liebe zu Gott ist die Voraussetzung dafür, dass er ihn erkennt und dass ihm alle Dinge zum Besten dienen müssen: Alle Dinge – d.h. also auch die schweren, uns zunächst unverständlichen. Warum müssen auch sie den Gläubigen zum Besten dienen? Weil sie sich auch diese zum Besten dienen lassen, weil sie sie nicht im Unglauben ablehnen, sondern als Bedrängnisse im Glauben annehmen als Segensgaben Gottes. „Wir rühmen uns auch der Bedrängnisse, weil wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt, Geduld aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung, Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist“, Röm. 5,3b-5. Im Hebräischen wird das Erkennen und Lieben mit demselben Wort bezeichnet: Ein Mann erkennt seine Frau, indem er sie liebt.
Das abstrakte und damit leere, rein intellektuelle Denken ist der Bibel fremd, vertraut ist ihr das Denken, das zum Lob und zur Anbetung Gottes führt: O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! Und „wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen“? (Jesaja 40,13) Oder „wer hat ihm etwas zuvor gegeben, dass Gott es ihm zurückgeben müsste?“ (Hiob 41,13) Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm seine Ehre in Ewigkeit! Amen. Römer 11, 33-36
So frage ich nun: Hat denn Gott sein Volk verstoßen? Das sei ferne! … Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er zuvor erwählt hat…. So frage ich nun: Sind sie gestrauchelt, damit sie fallen? Das sei ferne! Sondern durch ihre Verfehlung ist den Heiden das Heil widerfahren; das sollte sie eifersüchtig machen. Wenn aber ihre Verfehlung Reichtum für die Welt ist und ihr Schade Reichtum für die Heiden, welchen Reichtum wird dann ihre volle Zahl bringen! Römer 11, 1a.2.11-12
Gottes Absichten mit seinem ersterwählten Volk Israel sind nie letztlich negativ, sondern haben durch alles Gericht hindurch ein positives Ziel, das er mit ihm erreichen will: Er hat einen gläubigen Überrest für den Himmel erwählt, ihn wird er so gewiss dorthin bringen wie er seinerzeit sein Volk aus Ägypten erlöst und durch die Wüste in das Land Kanaan gebracht hat. Auch dort war es am Ende nur ein erwählter Rest, der wie Kaleb „einen anderen Geist“, nämlich den Geist Gottes hatte, dem dieser sein Heil schenken konnte. So unterscheidet auch Paulus zwischen dem Israel nach dem Fleisch und dem nach dem Geist:
„Denn nicht alle sind Israeliten, die von Israel stammen; …nicht das sind Gottes Kinder, die nach dem Fleisch Kinder sind; sondern nur die Kinder der Verheißung werden zur Nachkommenschaft gerechnet“ Römer 9,6b.8