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Der Töterich wütet auf Wunsch, natürlich im Knöterich. Ein Mordanschlag trifft nicht den ungetreuen Musiker, sondern dessen Liebchen. Die Radeltour hat ein erotisches finish. Und gegen das Banküberfallunwesen hilft nur eins: Schwere Jungen muss man küssen ... Als Kabarettist und Gitarrenschläger hat sich Steffen Mohr in den Jahrzehnten seiner Auftritte Freunde gewonnen, die - wie er - schwarzen Jux und grünen Humor lieben. Ein dunkler Charakter offenbart hier seine heitere Seite. Die Nähe zu Wilhelm Buschs Spruchweisheit und Christian Morgensterns hintergründigem Spaß ist in den Liedern dieses Galgenvogels unverkennbar. Steffen Mohr hat die Texte seiner erfolgreichen kabarettistischen Auftritte seit den 1980er Jahren in diesem Buch veröffentlicht. Seine satirischen Texte brachten ihm in der DDR drei Auftrittsverbote ein. Sie handeln von „Gott und der Welt“. In humorvollen Liedern übt er Kritik an der DDR, wie Wohnungsfragen, fehlende Baukapazitäten (wenn doch Erich mich mal besuchte und mein Dach decken würde), nicht beantwortete Eingaben u. a. Breiten Raum nehmen die Probleme der Nachwendezeit und der Gegenwart ein. Dazu kommen blutrünstige Mordgesänge, Lieder über Bankräuber und andere Galgenlieder. Am Ende ist jeweils die zugehörige Melodie angeführt, Nachsingen ist erwünscht. LESEPROBE: Ballade vom Revoluzzer Irgendwo im Osten - lang ist’s nicht her lebt ein demokratischer Revolutionär. Der lief jeden Montag eifrig über’n Ring und war dankbar, dass die Stasi ihn nicht fing. Ihm sei Dank und allen Männern, Frau’n. Könnten sonst kein Deutschland neu aufbau’n. Und befragt, warum er seine Haut riskiert, sprach der Revoluzzer damals ungeniert: „Wie ein Mensch möcht’ ich gern leben, meine Meinung sagen. - Geld nur für meine Leistung haben, reisen in die weite Welt.“ Sein Kollege - hieß er Schulz oder Schmidt? Der lief damals über’n Ring nicht mit. Doch zwischen Mauerfall und Einheit - hoppiahe! trat er bei der jungen SPD. „Kumpel“, sprach der Schmidt zum Revolutionär, „deine Ideale gibt’s nicht mehr. Willst du endlich was bedeuten, hoppiahe, dann tritt ein in ...!“ Doch der Kumpel sagte: „Nee!“ „Wie ein Mensch möcht’ ich gern leben, meine Meinung sagen. - Geld nur für meine Leistung haben, reisen in die weite Welt.“ Heute reist Herr Schulzschmidt durch die Welt. Heute hat Herr Schulzschmidt dickes Geld. Seine Meinung sagen darf der Kumpel bloß, denn zu mehr reichts kaum: Er ist jetzt arbeitslos.
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Seitenzahl: 67
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Steffen Mohr
Mo(h)ritaten
Lieder eines Galgenvogels und andere schwarze Gesänge
ISBN 978-3-95655-384-4 (E-Book)
Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta
Das Buch erschien erstmals 1996 in der Leipziger Kommissions- und Großbuchhandelsgesellschaft mbH, Leipzig.
© 2015 EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: [email protected]: http://www.ddrautoren.de
Die Stadt steht unter Denkmalschutz, denn Goethe wohnte hier
und neben Johann Wolfgang noch so manches hohe Tier.
Drum stecken wir Asylbewerber in den Plattenbau.
Wenn dort mal so ein Bömbchen trifft, trifft’s ja nicht Kunst am Bau!
Der Horror im Leben ist unbeschreiblich,
darum liest man Horrorpoesie.
Denn der Würger würgt nur neunmal,
doch der deutsche Gruselalltag endet nie!
Ein festes Seil verbindet uns, mit Präzision gedreht,
an dessen Anfang Kaiser Friedrich, am End’ man selber steht.
Die deutsche Seilschaft hielt das Morden schon immer für normal!
Und wer sich’s selbst nicht zutraut, liest King und Roald Dahl!
Der Horror im Leben ist unbeschreiblich,
darum liest man Horrorpoesie.
Denn der Würger würgt nur neunmal,
doch der deutsche Gruselalltag endet nie!
Ein Goethe in der Tasche beim Gang zum Arbeitsamt,
wo man sitzt und wartet, zum Lächelkrampf verdammt?
Ob Arbeits-, ob Sozialamt, Steuer - die Folter ist perfekt!
Dort hilft ein Blut- und Schauerbuch, das tröstlich uns erschreckt!
Der Horror im Leben ist unbeschreiblich,
darum liest man Horrorpoesie.
Denn der Würger würgt nur neunmal,
der deutsche Gruselalltag aber endet nie!
Weise: Columbus hat die Welt entdeckt /
Refrain: ln der Heimat gibt’s ein Wiederseh’n
Der Mond ist aufgegangen.
Ich hab mich aufgehangen
und schaukle still im Sturm.
Vorbei sind alle Leiden.
In meinen Eingeweiden
schmatzt mit Genuss der Totenwurm.
Wie war ich voll Furore
für meine Leonore,
besprang sie Nacht für Nacht!
Sie mochte mein Bespringen.
Aus meines Herzens Singen
hat sie sich leider nichts gemacht.
An einem Abend stille
war ich ihr nicht zu Wille
und sprach: „Dein Herz mir schenk!“
Da wandt sie sich mit Grausen,
tat zu Hans-Peter sausen,
rieb mit ihm Knie an Kniegelenk.
Jetzt habe ich Musike -
wie ich im Wind mich wiege,
Musike schwer und leis.
Lenore fehlt ein bisschen.
Vor allem ihre Küsschen.
Da wird mein wurmzerfressner Mund ganz heiß.
Weise: Der Mond ist aufgegangen
Frühmorgens stelle ich das Radio an.
In Indien ertranken wieder tausend Mann.
Das geilt mich zwar auf, doch das Land ist zu weit.
Auch versteh ich kein Englisch - höchstens, wenn man
HELP ME schreit.
Mich reizen Geschichten direkt vor Ort.
Denn wenn ein Landsmann klagt, versteh ich jedes Wort.
Sein Gejammer beflügelt meinen Sinn!
Wenn der Rhein übertritt, fahr’ ich auf Urlaub hin!
Mir hängt der Himmel voller Geigen,
wenn ringsumher die Fluten steigen!
Wenn’s unten schwillt und oben gießt!
Ich bin der Hochwassertourist.
Es ist absolut toll, in wasserdichten Schuh’n
einen Blick in überschwemmte Wohnzimmer zu tun.
Das Heulen einer Schwangeren im Schlauchboot zu entdecken
und ’nem völlig nassen Helfer schnell zehn Mark zuzustecken.
Ich liebe das Wasser. Ich liebe den Rhein!
Und wenn er wieder steigt, reich ich Urlaub ein.
In Gummistiefeln und das Video schussbereit
genieß ich das Gefühl der Barmherzigkeit!
Mir hängt der Himmel voller Geigen,
wenn ringsumher die Fluten steigen!
Wenn’s unten schwillt und oben gießt!
Ich bin der Hochwassertourist.
Weise: Rock-Phasen / Refrain: Oh Baby balla-balla
Als der Gitarrist schon wieder
sternhagelblau nach Hause kam,
war die Mutter seiner Kinder
auf den Scheißkerl ernstlich gram.
Spannte ’ne Gitarrensaite
feste in der Türe Breite,
dass, wenn er ins Zimmer schritt,
sich den Hals zerschnitt.
Jener Unhold aber drückte
eine Dirne fest an sich.
Und so traf der Saite Tücke
- ach! - Mädchen fürchterlich.
Sprachlos
fiel ihr
Kopf
Herunter.
Weil er voll war, schlich er munter,
mit dem Rumpf im Arm, ganz leise
in des Ehebettes Schneise.
Als das Nümmerchen zu Ende,
kam die Frau und machte Licht.
Da sprach dieser Lump behände:
„Ach, mir fehlte dein Gesicht!
Obenrum, mein liebes Weib,
hast du doch den hübschren Leib!“
Küsst und herzt sie, dass sie träumt.
Sie hat den Kopf dann aufgeräumt.
Weise: Musikanten, ihr seid Kerle ...
(tschechisches Volkslied)
Ach, Sie waren bei der Stasi? Ach, Sie waren Dissident?
Das frag’ ich in einem Atem. Also sind Sie prominent!
Ob im Osten, ob im Westen, Menschen gibt’s wie Sand am Meer.
Jedoch einige von ihnen, die sind eben elitär.
Mit den andern: Kein Verkehr! Mit den andern: Kein Verkehr!
Ach, Sie waren fest in Bautzen? Als Beamter? Interessant!
Wissen Sie, mein Urgroßvater kämpfte einst beim Bur’naufstand!
Was? Als Bure? - Sie erlauben! Wär’s kein Scherz, wär’ ich pikiert.
Habe schließlich über Heines Judenpsyche promoviert.
Fünfundvierzig korrigiert! Fünfundvierzig korrigiert!
Herr Kollege, Sie sind Fachmann, ich bin Honorardozent.
Und für jeden ist es gut, wenn er den andern etwas kennt.
Ihre Stelle ist verloren? Ach, dann komm’n Sie doch nach hier.
Und ich nehme gern die Ihre an der Uni Ost dafür.
Nur der Plebs bleibt vor der Tür! Nur der Plebs bleibt vor der Tür!
Dieses Volk kann eben eins nur: In der Masse demonstrier’n.
Und dann warten wir im Stillen, um uns wieder einzuführ’n.
Sie im Westen, ich im Osten.
Und der Mantel hängt im Wind.
Weil wir opportunen Typen immer die Gewinner sind.
Weise: Wollt ihr wissen ...?
In allen Saunen
sammle ich Kaldaunen
von Garmisch bis Hettstedt.
Mein Mörderanzug
ist ein Badehandtuch,
darunter mein Stilett.
Jeden Appendix
schneid’ ich heraus fix.
(Patient wurde vorher betäubt.)
Fahr’ schnell nach Hause,
wo ich sie schmause:
Appendixe, mit Paprika bestäubt.
Ich ess nicht Lunge,
noch Leber und Zunge.
Ich ess nur Blinddarm gern!
Schneid’ frohen Mutes,
tu ja was Gutes.
Denn meinen Opfern
bleibt jede Blinddarmreizung fern.
Blinddarm im Morchelrand
schmeckt g’rad wie Chateaubriand,
wird herber Weißwein dazu serviert.
Ach, Fräulein Rosentritt,
kommen Sie in die Sauna mit?
Ihr Blinddarm ist hoffentlich noch nicht operiert?
Weise: (etwa wie) Soldaten wohnen auf den Kanonen ...
Wenn die Drücker in der Abendstunde
still nach ihren Mäusen geh’n,
findet sich zunächst mal kaum ein Kunde
für die neue Zeitung, Sekte oder ein Darleh’n.
Wart’s ab, Luise! Wart’s ab, Luise.
Wenn die Drücker vor der Türe stehen,
erspäh’n sie schon ein Stücklein Korridor.
Erst mal drinnen, könn’n sie noch mehr sehen:
Hinweis auf Erotik, Stasi oder Horror.
Wart’s ab, Luise! Wart’s ab, Luise.
Mitternacht, da treffen sich, die drückten
mit den Drückerinnen an der Brück.
Und sie teilen mit, wen sie beglückten,
und wem man gern bräche das Genick.
Wart’s ab, Luise! Wart’s ab, Luise.
Morgens klingelt fröhlich der Erpresser
oder ein korrupter Bürokrat.
Nein, der braucht Pistole nicht und Messer,
wer am Abend vorher gut gedrücket hat.
So geht s, Luise! So geht s, Luise.
(Luise, du hässlichstes Mädchen unter dem Mond,
du mit deinen künstlichen Zähnen, Haaren und Brüsten,
du, deren perfekt abscheuliches Aussehen fast wieder schön ist,
ich gebe dir einen Rat:)
Will, Luise, dich mal jemand drücken,
und er sieht nicht genauso aus, wie ich,
zieh ihn auf die Couch mit allen Tücken -
dann erblickst du ihn nie wieder sicherlich!
Drück zu, Luise! Dann hast du Ruh, Luise.
Weise:(fast wie) Wenn die Igel in der Abendstunde ...
Komm’ Se näher, komm’ Se rein, komm’ Se dichter ’ran!
Geb’n Se zu, meine Damen, ich mach’ Sie an.
Meine Herrn, tun Sie mit Ihren Damen fein und - treten Sie ein!
Dieses ist, wie es scheint, ein Wachsfigurenkabinett,
wie Sie’s kennen von den Champs Elysee,
mit Figur’n bis Kohl und ab Marie-Antoinette,
meinen Sie, doch ich sage Ihnen: Neee!
Schau’n Se mal, wen Sie da im Spiegel erblicken!
Nu versuchen Se doch mal zweimal kurz zu nicken.
Ja, da nickt im Spiegel die Wachsfigur mit und - hält immer Schritt!
Hab’n Se denn nicht gemerkt, wie der erste Drink,
den ich Ihnen am Eingang kostenlos gab,
Ihre Herzen mit wohliger Kälte umfing,
so, als sänken Sie ins Grab?
Nee, den Eingang, den finden Se nicht noch mal!
Und den Ausgang kennt nur das Personal.
Also laufen se, reden Se, trinken Se eben - wie im normalen Leben!
Jede Jungfer findet bei mir ihren Schatz,
jeder Ehemann seinen Seitensprung -