Verhör ohne Auftrag - Steffen Mohr - E-Book
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Verhör ohne Auftrag E-Book

Steffen Mohr

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Beschreibung

Hauptmann Merks von der deutschen Kriminalpolizei reist von einer Dienstreise mit dem Nachtexpress durch Nordpolen zurück nach Hause. Ein deutscher Mitreisender sucht das Gespräch mit ihm und erzählt eine merkwürdige Geschichte, die sich vor wenigen Wochen an seiner Schule zugetragen haben soll. Ein verheirateter Lehrer verliebte sich in eine sehr hübsche Praktikantin und stürzte von einer drei Meter hohen Leiter und war sofort tot. Der Erzähler zweifelt an der Unfalltheorie, Hauptmann Merks, der aufmerksam zuhört, aber auch. Als der Zug in Koszalin anhält, hat Merks den Fall geklärt. LESEPROBE: „Ach! Ist er tot?“, fuhr es mir, lauter, als ich eigentlich wollte, heraus. Das Männchen hörte augenblicklich mit Schnarchen auf. Wieder sah es mit schläfrigem Blick zu uns herüber. Dann aber rückte es sich zurecht und schloss die Augen. Bald darauf rasselte und fiepte es wieder, als wollte es die Wälder da draußen bis auf die Wurzeln abrasieren. „War es wirklich ein Unfall?“, fragte Stern, wie es den Anschein hatte, mehr für sich, als dass er mir die Frage stellte. „Die Polizei, müssen Sie wissen, stellte einwandfrei einen Unfall fest. Tod durch Sturz von einer drei Meter hohen Leiter. Niemand war im Zimmer gewesen. Trotzdem bin ich fest davon überzeugt, dass es Mord war.“ Er schwieg. Erwartete meine Reaktion. Ich hütete mich, etwas zu sagen. Jetzt durfte ich ihn nicht unterbrechen. Er war so weit, dass er seine Geschichte auf jeden Fall zu Ende bringen würde. Auch, wenn ich dabei eingeschlafen wäre und er keinen besseren Zuhörer gehabt hätte als die Wand des Abteils, auf die seine blauen Augen jetzt starrten, als wollten sie ein Loch in das Holz bohren. Mir fiel auf, dass das Krampfhafte, Angestrengte, Überspannte oder wie immer man es nennen mochte, was sich in Sterns Blick abzeichnete, auf eigenartige Weise gepaart war mit einem kaum merklichen hintergründigen Flackern, das einen wie bitterster Spott anmutete, so, als lache der Bursche mich insgeheim aus. Ich musste an das Wort denken, das der Schuldirektor zu ihm gesagt hatte. Mit Macbeth hatte er ihn verglichen — mit dem Mann, der aus krankhaftem Ehrgeiz zum Mörder wurde. Ich war mit Elisabeth in dem Stück gewesen, damals, als ihr Brokatkleid noch die große Mode darstellte. War schon eine Weile her ... „Als Marlen Fischer die dritte Woche bei uns war, hielt sie eine Deutschstunde in der Zwölften. Elger saß hinten in der Klasse und hatte die Aufgabe, sich über Marlens Unterrichtsmethodik Notizen zu machen.

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Seitenzahl: 47

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Impressum

Steffen Mohr

Verhör ohne Auftrag

Kriminalerzählung

ISBN 978-3-95655-380-6 (E-Book)

Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta

Das Buch erschien erstmals 1979 im Verlag Das Neue Berlin (Heft 197 der Blaulicht-Reihe).

© 2015 EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.ddrautoren.de

Verhör ohne Auftrag

Ein wirklich merkwürdige Erlebnis hatte ich im Nachtexpress, der, immer an der Ostseeküste entlang, quer durch Nordpolen fährt. Das war im Februar 1971.

„Genosse Hauptmann, bitte nicht mit diesem Zug fahren ...“, hatten mich meine polnischen Kollegen gewarnt.

„Warum?“

„Ist sehr langweilig ... Wald, nix als schwarzer Wald.“

„Und wie soll ich dann, bitte schön, nach Hause kommen?“

Der Studienaufenthalt hatte zehn Tage gedauert, und ich sehnte mich ein bisschen nach Elisabeth und dem Enkelchen, das damals gerade drei Monate alt war.

„Genosse Merks — du wirst durch die Luft fliegen!“ Sie zeigten mir ein rosarotes, bereits auf meinen Namen ausgeschriebenes Billett.

Mich gruselte. Nicht, dass ich Angst vorm Fliegen habe. Aber ich liebe nun mal die gute alte Eisenbahn. Und mit einiger Mühe gelang es mir, wie so oft, meinen Willen durchzusetzen.

Die Reise begann zweiundzwanzig Uhr vierzig in Gdynia. Sie wäre so ruhig verlaufen wie jede andere Nachtfahrt durch eine dunkle und, zugegeben, wirklich trostlose Waldlandschaft. Denn wenn man aus dem Fenster sah, erblickte man nichts weiter als hohe schwarze Wände. Ab und zu glitzerte Schnee auf einem Zweig.

Ich sagte, die Reise wäre ruhig verlaufen — wenn sich nicht eine Viertelstunde nach Abfahrt des Zuges noch ein Mann in unser Abteil gesetzt hätte. Es wunderte mich, dass er zu uns hereinkam, denn im Wagen standen einige Abteile völlig leer. Bei diesem blonden, mit einer schwarzen Lederjacke bekleideten jungen Mann handelte es sich, wie ich später noch zur Genüge erfahren sollte, um Rudolf Stern, zweiunddreißig Jahre alt, von Beruf Musiklehrer. Ein wenig steif setzte er sich mir gegenüber auf den Fensterplatz und vertiefte sich gleich in die Lektüre irgendwelcher Reiseprospekte.

Ich glaube, wir wunderten uns alle, dass er die Jacke bis obenhin zugeknöpft behielt. Im Wagen herrschte drückende Hitze.

Wir — das waren zusammen mit Stern fünf Personen, die es sich auf den braunen Polstern der ersten Klasse bequem gemacht hatten. Jeder war mit seinen Problemen beschäftigt. Das Ehepaar, das an der Tür saß, stritt halblaut miteinander. Ein dürrer, reichlich nervöser Alter schob und zerrte immerzu an seinem grauen, prall gefüllten Rucksack herum, der ihm nicht unter die Knie passen wollte. Ich versuchte zu schlafen. Aber der Wodka, mit dem mich die polnischen Genossen bis an den Bahnsteig verfolgt hatten, hielt mich wach. Studienreise hatte mein Aufenthalt in Warschau und Gdansk geheißen. Von der unumgänglichen Pflicht, aus lauter Freundschaft so viel guten polnischen Wodka trinken zu müssen, hatte im Protokoll natürlich nichts gestanden.

Stern schielte über die Prospekte zu mir herüber, und ich spürte, wie er nach der Gelegenheit suchte, ein Gespräch anzufangen. Die Hitze, der Wodka, das streitende Paar und der zapplige Alte — es war ein unangenehmes Abteil. Merks, sagte ich mir da, alter, sturer Merks. Du hättest den Rat der polnischen Genossen doch befolgen sollen.

„Habe ich dir nicht tausendmal gesagt, du sollst meine Kosmetik nicht zuunterst in den Koffer packen“, zischte die Frau auf dem Türplatz. „Was mache ich nun?“

„Gar nichts machst du. Siehst sowieso bunt genug aus.“

Das Männchen bückte sich und zurrte mit hastigen Bewegungen den grauen Rucksack auf. Er gab sich Mühe, niemanden in das geöffnete Gepäckstück hineinsehen zu lassen.

„Jessesmariajoseph! Hast du der Sypniewska den Wohnungsschlüssel gegeben?“

„… und ihr aufgetragen, wöchentlich zweimal die Topfblumen zu lüften und alle Zimmer zu gießen.“

„Zbygniew! Ich glaube, du machst dich über mich lustig!“

Der Zapplige kroch fast in seinen Rucksack hinein und schob ein längliches Paket unters Jackett.

„Wie sollte ich mich lustig machen ... Es ist traurig genug, mit dir in den Urlaub zu fahren.“

Plötzlich sprang Herr Zappelphilipp wie von einer Wespe gestochen auf. Er stolperte, die Hände kreuzweise übers Jackett gelegt, auf die Tür zu. Dabei stieß er der giftigen Dame ans Knie. Er entschuldigte sich und verbeugte sich vor beiden Eheleuten mehrmals. Nun entlud sich der Zorn der aufgebrachten Xanthippe voll und ganz über den Alten. Der sah zu, dass er auf den Gang hinaus und außer Hörweite kam.

„Zbygniew! Wir ziehen in ein anderes Abteil!“

„Mit dem vielen Gepäck?“

„Ja, denkst du vielleicht, ohne Gepäck? Los, los! Mach schon.“

„Schwarze Madonna“, seufzte der Mann und wuchtete die Koffer herunter. „Der Teufel hat die Weiber erschaffen ...“

So blieben wir nur noch zu dritt. Wenige Minuten, nachdem uns das Ehepaar den Rücken gekehrt hatte, kam der Alte wieder. Unter seiner Jacke beulte sich nichts mehr. Er lächelte mich und Stern unsicher an, setzte sich, auf einmal ruhig und friedlich geworden, schloss die Augen und begann augenblicklich tief zu schnarchen.

„Schreckliche Menschen gibt es, nicht wahr?“, sprach Stern mich an und erwartete offenbar meine Zustimmung.

„Entschuldigen Sie mich einen Augenblick“, knurrte ich und zog mein Jackett über, denn ich hatte die ganze Zeit im Hemd dagesessen und meine breiten blaugelben Hosenträger zur Schau gestellt. Vorsichtig stieg ich über die ausgestreckten Beine des Alten und begab mich auf den Gang hinaus. Der Alte war so fest eingeschlafen, dass er nichts merkte.

Die Abteile, nur von lila Notlichtern erleuchtet, waren fast alle schwach besetzt oder leer. Ich schlenderte langsam an den Türen vorüber. Dabei strengte ich mich an, das Innere genau zu erkennen. Auf der Toilette, das war mir klar, brauchte ich nicht nachzusehen. Selbst mit ihren scheinbar vielfältigen Versteckmöglichkeiten — dem Handtuchautomaten, dem Fach für die Wasserkannen — war sie ein zu ungewisser, weil oft besuchter Ort, um etwas zu verbergen.