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Es sollte ein reiner Entspannungsurlaub werden. Die mythologische Parabiologin Karla Lorenz hatte beschlossen, bei einem Selbstfindungstrip zum Moor Windeby wieder zu sich zu finden und zur Ruhe zu kommen. Ihre lebensgefährlichen Abenteuer hatten an ihren Nerven gezehrt. Eine Reise in die Natur versprach der leidenschaftlichen Biologin die maximale Entspannung. Das Moor und die charakteristische Nebellandschaft strahlten auf sie von jeher Ruhe und Frieden aus. Konnte es etwas Schöneres geben, als ganz allein durch dieses schöne Stück Natur zu wandern? Aber war sie wirklich allein? War das Moor wirklich friedlich? Karla sollte sehr schnell auf eine unangenehme Weise lernen, dass dem nicht so war. Das Moor war vielmehr auf der stetigen Suche nach armen Seelen und nutzte jedes Mittel, um wehrlose Opfer in den sicheren Tod zu geleiten. Dabei sollte Karla noch auf sehr schmerzliche Weise erleben, dass nicht immer alles so ist, wie es zu sein scheint.
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Seitenzahl: 39
Veröffentlichungsjahr: 2024
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KARLA LORENZ
BUCH 4
1. Urlaub der etwas anderen Art
2. Schwerelos
3. Irgendwo
4. Die Faszination der Moorlandschaft
5. Die zweite Wanderung
6. Die Rettung naht
7. Irrlichter auf Abwegen?
Über den Autor
Ich kann gar nicht erklären, woher es kam, aber Moorlandschaften übten auf mich stets eine beruhigende Wirkung aus. Eine besondere Faszination empfand ich insbesondere, wenn sich die Landschaft in dichten Nebel hüllte. Für mich hatte das etwas Friedliches. Alles war still, alles war ruhig und die Hektik der Welt schien für einen Augenblick zu pausieren. Wenn ich das jemandem erzählte, wurde ich meistens belächelt oder skeptisch beäugt. Ein Moor im Nebel war für Viele eine der größtmöglichen Horrorvorstellungen. Ich hingegen wählte das Moor bei Windeby als das ideale Reiseziel für etwas Entspannung, um mich von meinen Erlebnissen der letzten Monate zu erholen.
Mein Leben hatte sich komplett auf den Kopf gestellt und mir war danach, mir mal eine Auszeit zu gönnen. Clemens hatte mich leider nicht begleiten können, nachdem es einen Wasserschaden in seinem kleinen Antiquitätenladen gegeben hatte, und Frida hatte ich gar nicht zu fragen brauchen. Sie gehörte zu der Kategorie der Menschen, die einen großen Bogen um ein Moor und möglichst auch Nebel machten. Nach unseren aufreibenden gemeinsamen Abenteuern tat es unserer Freundschaft aber sicherlich auch mal nicht schlecht, unabhängig voneinander Kraft zu tanken. Clemens hatte aber erklärt, vielleicht noch nachzukommen: »Liebling«, so nannte er mich stets, was ich zugleich kitschig wie süß fand, »Ich habe ein ganz schlechtes Gewissen, aber wenn hier alles geklärt ist, schaffe ich es eventuell noch ein paar Tage mit dir in Windeby zu verbringen.«
Natürlich war ich zuerst enttäuscht, aber dann hatte ich beschlossen, herauszufinden, ob es noch einen Teil der alten Karla in mir gab, die gut allein sein konnte, ganz besonders, wenn sie in der Natur war. Und nun stand ich hier, allein mitten in der niedersächsischen Moorlandschaft und rundum umgeben von dichtem Nebel. Ein herrliches und wahrlich befreiendes Gefühl.
Ausgestattet war ich ganz altmodisch mit einer topografischen Karte und einem Kompass. Mehr brauchte es nicht für meine seelenreinigende Moorwanderung. Unter meinen Füßen hörte ich das laute Schmatzen des aufgeweichten Bodens. Ansonsten herrschte um mich herum eine friedliche und gar atemberaubende Stille. Solange ich mich aber an meine Karte hielt und auf den vorgegebenen Wegen blieb, sollte der Spaziergang ungefährlicher als ein Gang durch die meisten der Berliner Stadtparks sein. Immer weiter drang ich in die Moorlandschaft vor. Von Zeit zu Zeit pausierte ich, um innezuhalten und die nebelige Landschaft zu bewundern. Wenn ich viel Glück hatte, würde ich vielleicht sogar ein Irrlicht zu Gesicht bekommen, die leuchtenden Punkte, deren Ursprung genauso unerklärlich waren, wie die Faszination, die sie auf diejenigen auswirkten, die durch sie den sicheren Tod gefunden hatten. Viele Mythen umrankten die Irrlichter und es schien unbegreiflich, warum Menschen den Farbspielen trotz besseren Wissens in die Tiefen der Moorlandschaft folgten, wo selbiges sie für immer verschlang.
Wie in Hypnose lauschte ich meinen eigenen Schritten und zählte ihren schlammigen Takt in meinem Kopf mit: »Eins, zwei. Eins zwei. Eins, zwei, drei,…?«
Was war das? Waren da gerade nicht zu viele Schritte gewesen? Jeder meiner Schritte schien plötzlich ein Echo zu haben. Wie sollte das aber in einer weit offenen Fläche, wie einem Moor möglich sein? Hier gab es kein Echo. Ganz sicher nicht.
Ich verdoppelte mein Tempo und achtete auf jedes Geräusch meiner Schritte. Gleichzeitig konzentrierte ich mich bei aller Eile darauf, nicht von den gekennzeichneten Wegen abzukommen, um mich nicht unnötig in Gefahr zu bringen. Sehr wahrscheinlich gab es ohnehin eine harmlose Erklärung. Warum sollte ich zum Beispiel die Einzige sein, die allein die Stille eines Spaziergangs im Moor Windeby genießen wollte?
Da war es wieder. Es waren auf einmal nicht nur Schritte. Ich vernahm auch eine Art röchelndes Schnaufen. Um mich selbst zu beruhigen, blieb ich abrupt stehen und drehte mich unvermittelt um. Ich hörte zwei weitere Schritte, das Röcheln, das Schnaufen. Es klang auf einmal alles so furchtbar nah. Dennoch konnte ich in dem Radius meines Sichtfeldes von gut zweieinhalb Metern niemanden sehen. Der Nebel war tatsächlich noch dichter geworden und teilweise schwarz, was ich noch nie gesehen hatte. Während sich nun meine Nackenhaare trotz aller Versuche der Selbstbeschwichtigung aufstellten, ging ich langsam zwei weitere Schritte. Erneut folgten auf meine deutlich im Morast stampfenden Schritte zwei weitere, gefolgt von einem unheilvollen, tiefen Grollen. Wieder drehte ich mich um. Wer oder was war das nur?