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Aus Murakamis Kleiderschrank und Leben! Haruki Murakami redet nicht gern über sich – hier lässt er seine T-Shirts sprechen. ›Murakami T‹ vereint literarische Betrachtungen und Aufnahmen von über hundert T-Shirts, die auf ganz unterschiedliche Weise in den Besitz des Autors gelangt sind. Hinter jedem T-Shirt steckt eine Geschichte. Haruki Murakami erzählt anhand seiner Garderobe unterhaltsam und poetisch von seinem Alltag, seinem Leben und sich selbst. Wir erfahren, was ihn zu der Figur Tony Takitani inspiriert hat, wie er seinen Whisky am liebsten trinkt und warum er Shirts mit Tiermotiven problematisch findet. Ergänzt werden die Texte und Bilder durch ein Interview, das sich unter anderem mit der Historie des weltweit vielleicht beliebtesten Kleidungsstücks beschäftigt. Wenig eignet sich so hervorragend zur Projektion wie die breite Fläche eines T-Shirts, das eine zentrale Rolle in der Popkultur spielt, seit Marlon Brando und James Dean es salonfähig machten: Es ist Leinwand, Statement und Werbefläche in einem. Höchste Zeit also, dass sich ein Autor vom Format eines Haruki Murakami dieser Ikone einmal annimmt.
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Seitenzahl: 66
Aus Murakamis Kleiderschrank und Leben
Haruki Murakami redet nicht gern über sich – hier lässt er seine T-Shirts sprechen. ›Murakami T‹ vereint literarische Betrachtungen und Aufnahmen von über hundert T-Shirts, die auf ganz unterschiedliche Weise in den Besitz des Autors gelangt sind. Unterhaltsam und poetisch erzählt er anhand seiner Garderobe von seinem Alltag, seinem Leben und sich selbst.
© Noriko Hayashi
Haruki Murakami, 1949 in Kyoto geboren, lebte längere Zeit in den USA und in Europa und ist der gefeierte und mit höchsten Literaturpreisen ausgezeichnete Autor zahlreicher Romane und Erzählungen. Sein Werk erscheint in deutscher Übersetzung bei DuMont. Zuletzt erschienen die Romane ›Die Ermordung des Commendatore‹ in zwei Bänden (2018) und in einer Neuübersetzung ›Die Chroniken des Aufziehvogels‹ (2020) sowie der Erzählband ›Erste Person Singular‹ (2021).
Ursula Gräfe, geboren 1956, hat in Frankfurt am Main Japanologie und Anglistik studiert. Aus dem Japanischen übersetzte sie u. a. Yukio Mishima, Hiromi Kawakami und Sayaka Murata. Für DuMont überträgt sie die Werke Haruki Murakamis ins Deutsche. 2019 erhielt sie den japanischen Noma Award for the Translation of Japanese Literature.
Dieses Buch basiert auf einer Artikelserie, die von August 2006 bis Januar 2008 in der Zeitschrift Popeye erschien und für diesen Band überarbeitet wurde. Das zweite Gespräch mit Haruki Murakami wurde im März 2020 geführt.
Die japanische Originalausgabe erschien 2020 unter dem Titel ›Murakami T – Boku no aishita T-shatsu tachi‹ bei Magazine House, Ltd, Tokio.
MURAKAMI T – BOKU NO AISHITA T-SHATSU TACHI (Murakami T – T-shirts which I Loved) by Haruki Murakami
© 2020 by Haruki Murakami
Originally published in Japan by Magazine House, Ltd.
eBook 2021
© 2021 für die deutsche Ausgabe: DuMont Buchverlag, Köln
Alle Rechte vorbehalten
Übersetzung: Ursula Gräfe
Lektorat: Stephan Kleiner
Fotos im Innenteil: © Yasutomo Ebisu, Keiko Nakajima
Abdruck des Interviews mit freundlicher Genehmigung von Kunichi Nomura.
Umschlaggestaltung: Lübbeke Naumann Thoben, Köln, adapted from a design by Chip Kidd
eBook-Konvertierung: CPI books GmbH, Leck
ISBN eBook 978-3-8321-7123-0
www.dumont-buchverlag.de
T 1
Eigentlich bin ich kein passionierter Sammler; dennoch durchzieht das Sammeln von allen möglichen Dingen geradezu leitmotivisch mein Leben. Ich besitze mehr LPs, als ich mir je anhören könnte, massenhaft Bücher und Zeitungsausschnitte, die ich vermutlich niemals wieder lesen werde, Bleistifte, die zu kurz zum Anspitzen sind, und vieles mehr. Wie Urashima Taro, der nicht anders konnte, als die Schildkröte zu retten, fühle ich mich instinktiv getrieben, Dinge zu horten, obwohl ich weiß, dass ich es nicht tun sollte. Zu den »Dingen, die sich quasi automatisch ansammeln«, gehören auch T-Shirts. Außerdem sind sie preiswert, und sobald mir eins originell erscheint, kaufe ich es. Von überallher bringe ich sie mit. Zusätzlich bekomme ich bei jedem Marathon eins fürs Mitmachen geschenkt. Auf Reisen kaufe ich natürlich auch das eine oder andere zum Wechseln, und so nahm das Schicksal seinen Lauf. Jedenfalls hatte ich irgendwann so viele, dass sie nicht mehr in die Schubladen passten, dshalb bewahre ich sie jetzt in Kartons auf. Es ist also keineswegs so, dass ich eines Tages beschlossen hätte: »So, jetzt lege ich mir eine T-Shirt-Sammlung zu.«
Offenbar braucht man eine Sache nur über längere Zeit zu betreiben, und schon lässt sich ein Buch daraus machen. Ganz erstaunlich. Oft heißt es, die Kraft liege in der Beständigkeit, und das stimmt. Mitunter habe ich sogar das Gefühl, mein ganzes Leben sei auf Beständigkeit ausgerichtet.
Als mich die Zeitschrift Casa BRUTUS für ein Musikfeature zu meiner Plattensammlung interviewte, erwähnte ich beiläufig meine T-Shirts, worauf der Redakteur fragte, ob ich nicht Lust hätte, darüber eine anderthalbjährige Artikelserie für das Magazin Popeye zu verfassen. Daraus ist dieses Buch entstanden. Ich besitze keine besonders seltenen oder künstlerisch wertvollen Exemplare, also suchte ich einfach eine Reihe alter T-Shirts heraus, die mir persönlich gefielen, fotografierte sie und schrieb jeweils einen kurzen Artikel dazu. Ich glaube nicht, dass dieses Buch irgendjemandem etwas nützt (geschweige denn dazu beiträgt, aktuelle Probleme zu lösen). Sein einziger Sinn könnte darin bestehen, der Nachwelt zu überliefern, dass ein Schriftsteller im ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhundert im Alltag dieses schlichte Kleidungsstück trug und damit ein ziemlich bequemes Leben führte. Vermutlich hat es jedoch überhaupt keinen Nutzen. Wie dem auch sei, für mich spielt das keine Rolle, auch wenn ich die Hoffnung hege, dass meine kleine Sammlung Sie auf ihre eigene Weise unterhalten wird.
Welches meiner T-Shirts mir am wichtigsten ist? Ich glaube, das ist das gelbe »TONY TAKITANI«-Shirt. Nachdem ich es in einem Secondhand-Laden in einem kleinen Ort auf Maui entdeckt und für einen Dollar gekauft hatte, versuchte ich mir vorzustellen, was für ein Mensch dieser Tony Takitani wohl sein mochte, und machte ihn zum Helden einer Erzählung, die schließlich sogar verfilmt wurde. Dabei hatte es nur einen Dollar gekostet! Von allen Investitionen, die ich je in meinem Leben getätigt habe, war dies eindeutig die lohnendste.
T 2
Vor langer, langer Zeit, in den 1980ern, habe ich – es ist mir fast peinlich – ein paar Jahre lang gesurft. Ich wohnte damals in Fujisawa, unweit vom Kugenuma-Strand. Einer der vielen surfverrückten Typen aus der Nachbarschaft brachte mich dazu. Damals benutzte ich ein Longboard, aber als ich später nach Hawaii zog, lieh ich mir ein Dick-Brewer-Shortboard, mit dem ich mich jeden Tag unermüdlich am Sheraton Beach vergnügte. Ich verbrachte fast den ganzen Vormittag im Wasser. Mittags ging ich dann in meine Wohnung und machte mir kalte Nudeln. Gearbeitet habe ich in der Zeit so gut wie gar nicht.
So hing ich etwa einen Monat lang nur herum und genoss das Leben. Ich weiß noch, dass in dem Sommer unentwegt »Say Say Say« von Paul McCartney und Michael Jackson aus dem Radio ertönte.
Einige Jahre später machte ich mich auf die Suche nach einem Haus an der Nordküste von Kauai. Ein stämmiger Immobilienmakler namens Richard Brewer zeigte mir verschiedene Objekte, und als ich eine Bemerkung über seine Namensgleichheit mit dem berühmten Surfboard-Shaper (Dick ist eine Koseform von Richard) äußerte, gestand er mir etwas verlegen, tatsächlich Dick Brewer zu sein. Verblüfft fragte ich ihn, weshalb er dann so weit ab vom Schuss ein Immobilienbüro betreibe.
»Was bleibt mir übrig?«, erwiderte er. »Meine Frau findet mich zu alt zum Surfen. Ich soll mich lieber als Makler betätigen.«
Er klang traurig, und ich konnte mir gut vorstellen, dass er bei schönem Wetter die Häuser Häuser sein ließ und heimlich zum Strand ging, um den Wellen zuzusehen. Ein Gefühl, das ich gut kenne. Zugleich konnte ich die Befürchtungen seiner Frau verstehen. Ich weiß noch, dass wir ein Bier zusammen tranken und uns gegenseitig trösteten. Er war wirklich ein netter Kerl, auch wenn ich am Ende doch kein Haus kaufte.
T 3
T 4
Im Internet las ich, er sei »in den 1960er-Jahren als Big-Wave-Surfer bekannt« gewesen und habe »zu den Spitzensurfern von Waimea Bay und Sunset Beach« gehört. Bestimmt hatte er eine sorglose und schöne Jugend. Wie es ihm wohl heute geht?
Drei von vier T-Shirts in diesem Kapitel haben etwas mit dem Surfen zu tun. Das rote von Coca-Cola mit den Flipflops wirkt richtig schön sommerlich; supernostalgisch dagegen das weiße mit den Hüllen von Surf-RockPlatten aus den 1960er-Jahren.
Das Sushi Blues war früher ein ziemlich origineller Laden in Hanalei, an der Nordküste von Kauai, in dem man Sushi essen und dabei Live-Bluesmusik hören konnte. Ob das Lokal noch existiert? Hanalei war früher ein reizendes, absolut entspanntes Städtchen. Man konnte den ganzen Tag lang am Strand liegen und Wellen und Wolken zusehen, ohne sich im Mindesten zu langweilen. Zu den fantastischen Sonnenuntergängen versammelten sich Einwohner mit ihren Ukulelen am Strand, um im Schein der untergehenden Sonne zu musizieren. Ob sie das heute noch tun?
T 5
Greg Noll (T 5) ist auch ein berühmter Longboard-Shaper. Das Design dieses Shirts gefällt mir besonders, und ich trage es häufig.