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In einer geheimen Station im Weltall erwacht ein Mann ohne Gedächtnis. Das Einzige, woran er sich erinnern kann, ist sein Name: Nijha.
Die ihm unbekannten Herren dieser Station schicken ihn sofort auf eine Mission: Er soll einen wichtigen Politiker ermorden.
Mit einem Raumschiff macht sich Nijha auf den Weg ins Sternenreich der Menschheit. Dort begegnet er einer jungen Frau, die ihn sofort mit seinem Namen anspricht. Und auch verschiedene andere Personen scheinen ihn zu kennen.
Nach Erledigung seines Auftrags kehrt Nijha in die geheime Station zurück. Und wieder wird er auf eine neue Mission geschickt. Diesmal aber ist Nijha fest entschlossen, das Geheimnis um seine Person zu ergründen. Aber die Wahrheit ist schrecklicher, als er sie sich jemals vorgestellt hat...
Nijha - Der Attentäter ist eine spannende und mitreißende Space Opera von Karl-Ulrich Burgdorf, Autor u. a. der Romane Jenseits der Universen und Propaganda-Mutanten.
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Veröffentlichungsjahr: 2023
KARL-ULRICH BURGDORF
Nijha - Der Attentäter
Roman
Apex-Verlag
*) Auf Wunsch des Autors veröffentlicht der Apex-Verlag
diesen Roman in der alten Rechtschreibung.
Inhaltsverzeichnis
Das Buch
Der Autor
Nijha - Der Attentäter
Erster Teil
Zweiter Teil
Nachbemerkung des Verfassers
In einer geheimen Station im Weltall erwacht ein Mann ohne Gedächtnis. Das Einzige, woran er sich erinnern kann, ist sein Name: Nijha.
Die ihm unbekannten Herren dieser Station schicken ihn sofort auf eine Mission: Er soll einen wichtigen Politiker ermorden.
Mit einem Raumschiff macht sich Nijha auf den Weg ins Sternenreich der Menschheit. Dort begegnet er einer jungen Frau, die ihn sofort mit seinem Namen anspricht. Und auch verschiedene andere Personen scheinen ihn zu kennen.
Nach Erledigung seines Auftrags kehrt Nijha in die geheime Station zurück. Und wieder wird er auf eine neue Mission geschickt. Diesmal aber ist Nijha fest entschlossen, das Geheimnis um seine Person zu ergründen. Aber die Wahrheit ist schrecklicher, als er sie sich jemals vorgestellt hat...
Nijha - Der Attentäter ist eine spannende und mitreißende Space Operavon Karl-Ulrich Burgdorf, Autor u. a. der Romane Jenseits der Universen und Propaganda-Mutanten.
Karl-Ulrich Burgdorf, Jahrgang 1952.
Karl-Ulrich Burgdorf ist ein deutscher Schriftsteller und Übersetzer, der auch die Pseudonyme Henry Wolf, C. T. Bauer, Arl Duncan und Harald Münzer verwendet hat.
Er absolvierte 1971 bis 1973 bei zwei Tageszeitungen Redaktionsvolontariate und studierte ab 1973 an der Universität Münster Publizistik, Politik und Soziologie.
Seit 1982 ist er freier Schriftsteller und Übersetzer. Er veröffentlicht vor allem phantastische Romane und Erzählungen sowie Comics. Unter dem vorwiegend von Wolfgang Hohlbein benutzten Pseudonym Henry Wolf verfasste er einige Romanhefte für die Reihe Gespenster-Krimi (in der Unterserie Raven), die später unter seinem eigenen Namen mehrere Neuausgaben erfuhren. Außerdem schrieb er – teilweise ebenfalls unter Pseudonym – als Gastautor für Serien wie Vampira, Damona King, Die UFO-Akten, Die Terranauten, Erde 2000, Fantasy – Götter, Krieger und Dämonen, und übersetzte Texte von Philip K. Dick, Orson Scott Card und John Schneider (das Stück My Werewolf für das Theater im Pumpenhaus, Münster).
1980 gab er dem damals noch unbekannten Autoren Wolfgang Hohlbein den Rat, sich als Heftroman-Autor beim Bastei-Verlag (für die Heftreihe Professor Zamorra) zu bewerben, was zu Wolfgang Hohlbeins erster professioneller Veröffentlichung führte.
In den Jahren 1978 und 1979 war er Redakteur des Magazins Science-Fiction-Baustelle und von 1986 bis 1991 Mitherausgeber des Informationsdienstes science fiction media. 2001 war Burgdorf Regieassistent bei der Loco-Mosquito-Produktion Fight Club - Das Ende vom Anfang und 2002 Mit-Organisator der Patrick Wildermann-/Loco-Mosquito-Werkschau RadikalRomanzen im Theater im Pumpenhaus, Münster.
Heute lebt er in Münster und ist, nachdem er sich für mehr als 15 Jahre aus dem literarischen Leben zurückgezogen hatte, seit 2013 wieder schriftstellerisch aktiv.
1
Als Nijha erwachte, konnte er sich nicht bewegen. Sein frei in einem tankähnlichen Gebilde schwebender Körper wurde von Fesselfeldern gehalten. Nijha hatte auch Mühe, seine Augen zu öffnen – sie waren durch eine eitrige Flüssigkeit verklebt. Aber schließlich gelang es dem unbekleideten Mann, durch die Augenlider zu blinzeln. Angenehme, rötliche Dämmerung umgab ihn.
Dann spürte er die leichten Schmerzen in seinen Unterarmen. Neugierig, wodurch sie hervorgerufen wurden, schlug er die Augen mit einer letzten Anstrengung endgültig auf und versuchte, den rechten Arm in sein Blickfeld zu bringen. Dies gelang nur unter größten Mühen. Nijha registrierte befriedigt, daß ihm das Fesselfeld bei genügender Willensanstrengung einen gewissen Spielraum ließ. Es handelte sich also höchstwahrscheinlich um ein von einem Telepath-Computer gesteuertes Kraftliniengebilde. Der Computer hatte Nijhas Wunsch, den Arm zu bewegen, registriert und das Feld an dieser Stelle abgeschwächt.
Nun wandte sich Nijha dem rechten Unterarm zu. Was er erblickte, überraschte ihn keineswegs. Eine dünne, durchsichtige Leitung führte, aus der rötlichen Dämmerung kommend, bis an eine in seinem Arm steckende und durch ein Pflaster festgehaltene Injektionsnadel. Alle paar Sekunden rann ein Tropfen durch die sehr biegsame Leitung in Nijhas Blutkreislauf. Der soeben erst Erwachte vermutete, daß essich bei der giftgrün fluoreszierenden Flüssigkeit um ein Weckmittel handelte.
Nijha gab dem Telepath-Computer einen neuen Befehl. Die vollkommene Maschine reagierte mit der ihr eigenen Schnelligkeit. Greifarme reckten sich Nijha entgegen und näherten sich seinen Unterarmen. Gleichzeitig wurden die Injektionsnadeln aus seinen Armen gezogen und verschwanden im Dämmerlicht. Die Greifarme desinfizierten die Einstichstellen und klebten sterile Pflaster darüber. Dann glitten auch sie davon. Nijha war nun bereit. Er wußte, daß er stark und ausgeruht in den Einsatz gehen konnte – in seinen ersten Einsatz, genauer gesagt. Denn Nijhas Leben hatte erst in diesem Augenblick richtig begonnen. Was er vorher gewesen war, hatte Nijha vergessen – ja, er wußte nicht einmal, ob es überhaupt ein >Vorher<gab. Es interessierte Nijha eigentlich auch gar nicht. Nichts interessierte ihn, ausgenommen natürlich der Einsatz, der nun unmittelbar bevorzustehen schien.
Ein dritter Gedankenimpuls veranlaßte den Computer dazu, das Fesselfeld zu kippen und Nijha auf die Beine zu stellen. Anschließend wurde das Feld phasenweise abgestellt, um Nijha langsam wieder an die in der Station herrschende Schwerkraft zu gewöhnen.
Während das Feld heruntergeschaltet wurde, ging langsam das Licht in dem würfelförmigen, völlig kahlen Raum an, der gerade so groß war, daß ein Mensch bequem darin stehen konnte. Nijha betrachtete aufmerksam die mit Öffnungen ausgestatteten Metallwände. Aus diesen Öffnungen konnte der Computer, der unterhalb des Tanks installiert war, die verschiedensten Greifer und Geräte ausfahren, um bestimmte Manipulationen vorzunehmen. Hinter den Wänden befanden sich Tanks mit diversen Medikamenten und die Leitungen der Heizung, die die Temperatur innerhalb des Raumes auf einem angenehmen, dem Organismus zuträglichen Wert hielt.
Nijha konnte nicht feststellen, woher das dezente Licht kam, das ihm die Beobachtungen erst ermöglicht hatte. Doch er dachte nicht lange darüber nach. Es war schließlich völlig bedeutungslos, da es nichts mit seinem Auftrag zu tun hatte.
Ein weiterer Gedanke Nijhas veranlaßte den Computer, den Tank zu öffnen. Direkt vor ihm wurde in der Wand ein vorher nicht zu bemerkender Spalt immer breiter und damit für das menschliche Auge sichtbar. Die Wandhälften fuhren langsam und absolut lautlos auseinander, und Nijha trat mit wiegenden, kraftvollen Schritten in einen zweiten Raum, der dem ersten sehr ähnlich war. Allerdings besaß er eine nicht verborgene Tür mit einem deutlich gekennzeichneten Öffnungsmechanismus, und in der Mitte lagen auf einem Gestell eine Reihe von Kleidungsstücken. Nijha legte zuerst bedächtig die leichte Kombination an, die als Unterwäsche diente, und zog anschließend die anderen Kleider darüber – eine lange, modische Hose und eine Art Jackett, das bei jeder Bewegung irisierend flimmerte. Zuletzt schlüpfte Nijha in die halbhohen Stiefel und schnallte sich den Gürtel aus flexiblem, undefinierbarem Material um, an dem rechtseine noch leere Tasche befestigt war, in der man mancherlei nützliche Sachen unterbringen konnte, vom Ausweis bis zum tödlichen Miniaturstrahler.
Nijha ergriff den zuunterst auf dem Gestell liegenden Kamm und fuhr sich kurz durch die Haare. Dann verschwand der Kamm in der Gürteltasche. Nijha zog mit einer entschlossen wirkenden Bewegung den Reißverschluß der Jacke hoch, während er ohne besondere Eile auf die Tür zuschritt, die er öffnete, indem er die Handfläche auf eine bezeichnete Stelle am Schloß legte. Das Schott rollte mit einem summenden Geräusch zurück, und Nijha betrat den Instruktionsraum, eine kleine Kammer, in der er sich auf einen Stuhl setzte undmit einem Knopfdruck einen Bildschirm aktivierte, der die ganze der Tür gegenüberliegende Wand einnahm. Es handelte sich hierbei um eine Art dreidimensionalen Gedankenprojektor, in dem die für Nijha bestimmten Informationen bildlich dargestellt wurden.
Nijha hatte bisher, ohne daß es ihm bewußt wurde, mit einer erstaunlichen Zielstrebigkeit gehandelt – erstaunlich deshalb, weil er das alles zum ersten Male tat. Obwohl er nie zuvor in den Einsatz gegangen war und auch vor dem Moment seines Erwachens kein Eigenbewußtsein gehabt hatte, benahm er sich, als ob diese Einsatzvorbereitungen bereits Routine für ihn seien. Er dachte nicht einmal darüber nach, warum er in der Lage war, sich so zu verhalten. In seinem Gehirn schien kein Platz für Überlegungen zu sein, die nicht mit dem Einsatz zusammenhingen. Sein Desinteresse kam Nijha nicht zu Bewußsein; wie vorprogrammiert klammerte er sich an die Tatsache, daß nur der Auftrag, den er gleich erhalten würde, zählte. Alles andere war ihm völlig gleichgültig. Vielleicht wußte er nicht einmal, daß es neben seinem Auftrag noch andere Dinge gab.
Er fühlte auch nichts. Er verspürte grundsätzlich keine Emotionen. Empfindungen wie Neugier, Furcht, Liebe oder Haß waren ihm fremd.
Der Gedankenprojektor begann zu arbeiten, aus farbigen Schemen und Schleiern kristallisierte sich ein Bild, das Nijha einen in voller Lebensgrößedargestellten, elegant gekleideten Mann zeigte. Unterdessen knackte irgendwo ein Lautsprecher, aus dem jetzt ein Kommentar zu dem Bild erfolgte. »Dieser Mann«, sagte eine maschinelle, perfekt modulierte Stimme kühl, »ist Robert Anderson. Anderson ist vor 47 Jahren auf der Erde geboren und dort in einem der besten Internate des Planeten erzogen worden. Dank seiner erstaunlichen Intelligenz gelang es ihm binnen kurzer Zeit, beachtliche Erfolge im politischen Leben zu verbuchen. Anderson ist aber nicht nur intelligent, sondern auch ungewöhnlich skrupellos und hat sich dadurch vor wenigen Jahren zum Führer der Galaktischen Demokraten aufgeschwungen. In diesem Jahr kandidiert er nun um den Posten des Administrators im Sektor Galaxis-Mitte. Wird er gewählt, erhält er die absolute Macht über 3758 von terranischen Kolonisten besiedelte Welten. Darunter sind zwanzig der wichtigsten Industrieplaneten der bekannten Galaxis. Es muß mit allen Mitteln verhindert werden, daß die Galaktischen Demokraten die bisherige Regierungspartei, die Planetare Union, ablösen. Letztere hat nur eine Chance, die Wahl zu gewinnen: Die Galaktischen Demokraten dürfen zum Wahlkampf nicht mit ihrem Star Robert Anderson antreten. Gelingt es, Anderson zu beseitigen und die GD damit im Sektor Galaxis-Mitte auch weiter in der Opposition zu halten, hat die PU ab sofort die absolute Mehrheit im gesamtgalaktischen Raum, da sie auch in anderen Regionen große Fortschritte erzielt hat.«
Das Bild in dem Kubus wechselte abrupt. Man erblickte nun eine große rote Sonne, die rasch näher kam. Der Eindruck, in einem Raumschiff zu sitzen, drängte sich Nijha sofort auf. Die Gedankenprojektion war plastisch und von brillanter Farbgebung. Der robotische Kommentator sprach weiter. »Dies ist die Sonne Aranova im Randgebiet des galaktischen Zentrums. Sie besitzt zwölf Planeten, von denen sich nur der vierte in der Lebenszone befindet. Diese Welt – sie kommt gerade ins Bild – heißt Caruthers und wird von 97 Millionen Kolonisten bewohnt. Es handelt sich um eine der Agrarwelten, die die ganze Galaxis mit ihren Produkten versorgen.«
Eine Stadt erschien dreidimensional in dem Projektor. »Die Hauptstadt Mahoney«, kommentierte der Robot unbewegt. »Sie hat 12 Millionen Einwohner und ist damit gleichzeitig die größte Stadt des Planeten. Außerdem hat sie den größten Raumhafen von Caruthers. Dort wird am 17. November – heute in einer Woche – die Privatjacht Andersons landen. Er besucht die Agrarwelt im Rahmen einer Good-Will-Tournee, die ihn auf über ein Dutzend Planeten führt. An jenem Tag wird Anderson in der Stadt eine Rede halten, an einem Festbankett teilnehmen und vor seinem Abflug den Raumhafen besichtigen.« Während dieser Erläuterungen waren nacheinander die Stationen des Besuchstages festgehalten worden. Der Projizierende stellte sich vor, wie Anderson über den Raumhafen ging, verschiedene Hallen betrat und sich dann wieder seiner Privatjacht zuwandte. »Der Weg des Politikers ist auf den Zentimeter genau festgelegt«, fuhr die Stimme fort. »Anderson muß auf dem Rückweg zu seinem Raumschiff eine kurze Strecke vor der Front der Lagerhalle 365 vorbeigehen, bevor er den Gleiter erreicht, der ihn quer über das Raumhafengelände zur Jacht bringt. Sobald er sich genau vor dem Eingang dieser Halle befindet, werden Sie, Nijha, ihn erschießen!«
2
Ertmon war seit mehr als zwanzig Jahren eines der Zentren des galaktischen Verkehrs. Die Position des Planeten – er lag direkt zwischen der Erde und den Industriewelten im Sektor Galaxis-Mitte – prädestinierte ihn geradewegs dazu. Ertmon wurde von so vielen Schiffen angeflogen, daß es ohne die Leistungen der modernen Computertechnik laufend zu Katastrophen größten Ausmaßes gekommen wäre.
Über Ertmon verliefen die ständigen Routen von nicht weniger als achtundfünfzig interstellaren Raumverkehrsgesellschaften. So fiel in der täglichen Monotonie des niemals abreißenden Verkehrs ein kleines Roboterschiff von nur fünfzig Metern Länge überhaupt nicht auf, das gegen Mittag des 11. November eine Lichtstunde vor Ertmon aus dem Hyperraum kam, mit halber Lichtgeschwindigkeit den Planeten anflog, abbremste und auf dem Hauptraumhafen niederging, ohne lange über der Landefläche kreisen zu müssen.
Die Antriebsdüsen wurden bereits in einigen Kilometern Höhe desaktiviert; von Robotern höchster Vollendung gelenkte Traktorstrahlen setzten das Raketenschiff, das ohne weitere Umstände Landegenehmigung erhalten hatte, sanft wie eine Feder auf. Einige Minuten später öffnete sich eine Luke in wenigen Metern Höhe über dem Boden, und ein junger Mann, der einen offensichtlich sehr leichten Koffer trug, sprang in das AG-Feld, welches ihn, von bordinternen Maschinen erzeugt, hinab auf den glatten Boden trug. Ohne sich umzusehen, ging der Mann geradewegs auf einen der Antigravschächte zu, die in das Gleitbandnetz unter dem Raumhafen führten, welches an das weitverzweigte Hauptnetz der Stadt Ertmon direkt angeschlossen war. Kaum war der Neuankömmling in dem Schacht verschwunden, als die Raketenjacht wieder abhob und dem All entgegenstürmte. Nach Überwindung eines genau vorgeschriebenen Sicherheitsabstandes tauchte sie wieder in den Hyperraum ein und nahm Kurs auf jene Geheimstation, in der Nijha so gründlich auf seinen Einsatz vorbereitet worden war.
Unterdessen schwang sich Nijha – denn um ihn handelte es sich bei dem harmlosen Reisenden – auf eines der langsameren Bänder, stellte den Koffer zwischen die Beine, damit er nicht verlorenging, und zündete sich ein Rauchstäbchen an. Hier, auf dem relativ leeren Band – die meisten Leute hatten es eilig und benutzten die schnelleren Bänder – fand der Agent ein wenig Zeit zum Nachdenken.
Er hatte vor seinem Flug noch eine Reihe von genaueren Instruktionen und Ausführungsvorschriften erhalten, aus denen leicht zu ersehen war, wie gründlich seine Auftraggeber das Attentat auf Robert Anderson geplant hatten. Nijha war sehr zufrieden damit, daß alles, was er tun würde, bereits lange vorher von Computern auf die Erfolgschancen geprüft worden war. Die Chancen standen 90:10 für den Agenten – und gegen sein Opfer...
Nijha, der sich auf Ertmon Nick Vandenberg nannte, war außerdem noch mit einer dem Hauptauftrag untergeordneten Zusatzaufgabe betraut worden – er sollte für künftige Einsätze Erfahrungen sammeln, speziell solche, die ihm später die Möglichkeit gaben, gewisse nicht zu berechnende menschliche Reaktionen, die hauptsächlich gefühlsgebunden waren, vorauszusehen und entsprechend zu handeln. Zu diesem Zweck würde sich Nijha bis zum Abflug zum Planeten Keit am nächsten Morgen in der Stadt, die für ihre Vergnügungsviertel bekannt war, umsehen. Diese Viertel galten als Treffpunkt der interstellaren Gesetzlosen.
Eine Auflage war Nijha allerdings gemacht worden: Er durfte sich auf keinen Fall in Gefahr begeben. Das Attentat mußte durchgeführt werden. Fiel Nijha aus, konnte es sein, daß man bis zur Wahl keine neue Möglichkeit geboten bekam, die auch nur halb so günstig war wie diese.
Der Agent näherte sich unaufhaltsam dem Stadtzentrum, wo für ihn im Administrator Borling ein im voraus bezahltes Zimmer bereitstand. Nijha plante, zunächst ein warmes Bad zu nehmen und anschließend zu dinieren. Er freute sich nicht darauf, denn er kannte ja keine Freude, aber er wußte, daß es andere Menschen mit derartigen Emotionen gab.
Nijha glitt jetzt auf eine ausgedehnte Um- und Zusteigestation zu. Wie er aus den überall vorhandenen blauweißen Hinweisschildern entnahm, mußte er das Band nicht wechseln; es führte direkt bis zum Hotel, was verständlich war. Man munkelte, der Bürgermeister habe dies beim Bau der Stadt persönlich so einrichten lassen. Er besaß, wenn man den Gerüchten Glauben schenken wollte, 31 Prozent der Aktien des Hotelringes, dem auch das Administrator Borling angehörte.
Nijha dachte einen Moment an das, was man sich noch über den Bürgermeister erzählte. Er sollte politisch den Linksradikalen allzu freundlich gegenüberstehen und nicht viel von demokratischen Spielregeln halten, nach denen er sich nur widerwillig und manchmal auch nur scheinbar richtete.
In diesem Moment wäre sich Nijha beinahe bewußt geworden, daß er von alldem, was ihm gerade durch den Kopf geschossen war, eigentlich keine Ahnung haben konnte, denn er befand sich erstmals auf Ertmon. Bevor sich der ungeheuerliche Gedanke jedoch aus den Tiefen seines Unterbewußtseins an die Oberfläche schieben konnte, geschah der Zwischenfall!
Aus den Augenwinkeln erblickte Nijha eine junge, durchaus hübsche Frau, die sich von rechts auf das Gleitband schwang. Sie trug einen einfachen, beinahe billig zu nennenden Mantel von grauer Färbung, der ihr, da er unmodisch lang war, fast bis zu den Knien reichte. In der Hand hielt die Schwarzhaarige eine kleine, abgeschabte Handtasche von undefinierbarer Farbe. Nijha dachte, daß der Frau höchstens noch eine altmodische Brille fehlte, um sie endgültig wie eine verängstigte graue Maus wirken zu lassen.
Hinter der >Maus< stapfte schnaufend ein beinahe kugelförmiger, kahlköpfiger Mensch, der gewiß seine 350 Pfund wog. Er war untersetzt und hatte es eilig, denn er sah zum wiederholten Male auf die Uhr. Plötzlich erblickte die Frau im grauen Mantel Nijha – und blieb abrupt stehen.
Nijha vermerkte ihre absonderliche Reaktion, ohne sie auch nur im geringsten zu begreifen. Während er sich dem Zusteigesteg näherte, beobachtete er das Gesicht der jungen Frau. Ihre Augen waren weit aufgerissen, und um ihren Mund spielte ein Zucken. Sie schien völlig konsterniert zu sein; mit der linken Hand griff sie sich ans Herz, als wolle sie im nächsten Moment zusammenbrechen. Dann sagte sie etwas. »Nijha!«
Nijha prallte zurück. Woher kannte ihn diese Frau? War sein Auftrag verraten worden, und handelte es sich hierbei um eine Agentin der Gegenseite, die irgend etwas – was, daran dachte der Attentäter in diesem Moment nicht – gegen ihn unternehmen sollte?
Genau zu diesem Zeitpunkt gab es eine weitere unerwartete Entwicklung im Ablauf der Geschehnisse.
Der dicke Mann, der etwa drei Meter hinter der jungen Frau gegangen war, hatte wieder einmal auf seine Uhr gesehen und auf diese Weise gar nicht bemerkt, was sich vor ihm ereignete. Er ging also unbeirrtweiter und prallte mit voller Wucht gegen die Frau im grauen Mantel, die sofort das Gleichgewicht verlor und sicher unglücklich gestürzt wäre, wenn sie sich nicht an den sicherheitshalber angebrachten Griffen beiderseits des Zugangsstegs hätte festhalten können. Dabei mußte sie die Handtasche fallenlassen, die schwungvoll auf das Rollband geschleudert wurde – direkt vor Nijhas Füße. Nijha reagierte mit der ihm eigenen Schnelligkeit und Konsequenz. Wollte er mehr über die Frau herausfinden, so gab es nur eine Möglichkeit: die Handtasche!