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Carina Mueller

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Beschreibung

**Wenn du deinem Erzfeind vertrauen musst** Als zukünftige Königin der Nocturnes – dem größten Vampirclan in Los Angeles – soll Valea sich möglichst nie in Gefahr bringen. Keine gute Voraussetzung, wenn man in bedrohlichen Zeiten wie diesen lebt. Denn immer mehr Vampire verschwinden und Valea hat einen konkreten Verdacht, wer dahintersteckt: die Werwölfe. Nachdem der attraktive Alpha Lykan ihr für diese Anschuldigung beinahe den Kopf abreißt, beschließen sie daraufhin, gemeinsam in dem Fall zu ermitteln. Dabei geht Valea der dominante und rechthaberische Werwolf gehörig auf die Nerven. Doch angesichts des Schreckens der sie erwartet, müssen sie enger zusammenarbeiten als gewollt … Textauszug Mit einem eleganten Satz sprang jemand über das Geländer der Empore und landete zielsicher direkt vor unseren Füßen. Hyde und Scott senkten sofort demütig den Blick, doch ich schaute den jungen Mann geradewegs an. Nicht, weil ich es für besonders intelligent oder mutig hielt, einem Alpha direkt in die Augen zu sehen, aber ich konnte meinen Blick einfach nicht von ihm abwenden.  //»Nocturnes. Dressed in Darkness« ist ein in sich abgeschlossener Einzelband.//

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Carina Mueller

Nocturnes. Dressed in Darkness

**Wenn du deinem Erzfeind vertrauen musst**

Als zukünftige Königin der Nocturnes – dem größten Vampirclan in Los Angeles – soll Valea sich möglichst nie in Gefahr bringen. Keine gute Voraussetzung, wenn man in bedrohlichen Zeiten wie diesen lebt. Denn immer mehr Vampire verschwinden und Valea hat einen konkreten Verdacht, wer dahintersteckt: die Werwölfe. Nachdem der attraktive Alpha Lykan ihr für diese Anschuldigung beinahe den Kopf abreißt, beschließen sie daraufhin, gemeinsam in dem Fall zu ermitteln. Dabei geht Valea der dominante und rechthaberische Werwolf gehörig auf die Nerven. Doch angesichts des Schreckens der sie erwartet, müssen sie enger zusammenarbeiten als gewollt …

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Vita

Danksagung

© privat

Carina Mueller wurde 1984 im schönen Westerwald geboren, wo sie heute immer noch lebt und arbeitet. Neben ihrem Hund und ihren Pferden zählte das Lesen schon immer zu ihren größten Hobbies, woraus sich dann die Idee entwickelte, eigene Romane zu schreiben. Sie selbst liebt Jugendbücher und auch Fantasy-Romane, vor allem die ganz spannenden, weshalb sie auch in diesen Genres schreibt.

Für alle Vampir- und Werwolffans <3A-Uuuhhh!!! :D

1. Kapitel

Ein gefährlicher Plan

»Es sind schon wieder zwei Vampire verschwunden, König Vlad.«

Ich hörte, wie mein Vater scharf ausatmete, danach folgte erst einmal Stille. Angespannt lauschte ich an der massiven Holztür seines Arbeitszimmers, doch er und der Kommandant der königlichen Wache schienen zu schweigen. Hätte ich mir denken können. Als Vampirin waren meine Sinne überdurchschnittlich gut ausgebildet. Ich müsste mich eher anstrengen, Dinge nicht zu hören. Nach einer gefühlten Ewigkeit ergriff mein Dad das Wort.

»Hat man etwas gefunden, was Aufschluss über den Verbleib der Vampire geben könnte?«

»Eure Majestät sprechen von Fell, einer abgebrochenen Kralle oder einem Reißzahn …« Das war keine Frage gewesen. Mein Dad und der Kommandant dachten in die gleiche Richtung.

»Oder Blut«, ergänzte mein Vater.

»Nein, Eure Majestät. Bislang keine Anzeichen, dass die Werwölfe dahinterstecken. Sie sind einfach wie vom Erdboden verschluckt.«

»Oder diese verdammten Tiere sind gerissener geworden«, brummte mein Dad missmutig.

»Nun ja, Eure Majestät. Sie sind unsere einzigen Feinde, da ist der Gedanke durchaus berechtigt.« Mein Vater seufzte schwer. »Beten wir dafür, dass sich die dunklen Zeiten nicht wiederholen werden.«

Ein Schauer lief mir über den Rücken, als ich das hörte. Mit dunklen Zeiten meinte mein Vater den jahrelangen Krieg zwischen den Vampiren und den Werwölfen, der unzählige Todesopfer gefordert hatte.

»Viorel, sagen Sie mir noch einmal, warum wir seinerzeit Schloss Bran verlassen haben und stattdessen in diese Burg am Rande von diesem unsäglichen Los Angeles gezogen sind.«

Viorel räusperte sich. »Weil Eure Majestät Ihren Vater nicht mehr ertragen konnten und so weit wie möglich von ihm wegwollten.«

Mein Dad schnaubte höhnisch. »Dracula. Richtig. Mein größenwahnsinniger Vater, der sich anmaßt, der Urvater aller Vampire zu sein. Dabei weiß doch jedes Kind, dass das Nosferatu war.«

Wieder folgte Schweigen, bevor der Kommandant sich erneut an meinen Vater wandte.

»Und was gedenken Eure Majestät jetzt zu tun? Lange können wir das nicht mehr verheimlichen. Der Clan wird langsam misstrauisch.«

»Suchen Sie die Vermissten, Sie Armleuchter! Was sonst?«

»Ich bedaure, Eure Majestät, aber wir haben unser komplettes Gebiet bereits mehrfach durchkämmt«, antwortete Viorel demütig.

»So. Haben Sie das? Und wo sind dann die vermissten Vampire?«, fragte mein Dad erzürnt.

»Nicht in unserem Teil der Stadt, Eure Majestät. Sollen wir die Suche ausweiten?«

Mein Dad ließ sich Zeit mit seiner Antwort, dann sagte er wieder etwas ruhiger: »Nein. Finden Sie zuerst Beweise, dass diese räudigen Kläffer auch wirklich ihre Finger im Spiel haben.«

»Nein?!«, rief ich entsetzt, stieß die Tür auf und marschierte entschlossen in das Arbeitszimmer, welches wie so gut wie jeder Raum hier noch burgtypisch eingerichtet war. Es hatte einen runden dunklen Holztisch mit etlichen Stühlen daran, welche mit rotem Samt bezogen waren. Schwere dunkle Vorhänge hingen wie überall in der Burg vor den Fenstern, damit tagsüber nirgendwo Licht eintrat, und nebst einem kristallenen Kronleuchter an der Decke, rotbraunen Teppichen mit Rautenmustern auf dem Fußboden, zierten wertvolle alte Gemälde die Wände.

Mein Vater stand mit Viorel mitten im Raum, fuhr herum und sah mich wütend an. Seine dunklen Augen funkelten vor Zorn, seine Eckzähne waren bedrohlich ausgefahren, sein schulterlanges schwarzes Haar hing ihm aufgrund der ruckartigen Kopfbewegung teilweise im Gesicht und obwohl ich mit meinen eins fünfundsiebzig nicht unbedingt klein war, überragte mich seine imposante Erscheinung um mindestens einen Kopf. Einen langen Kopf. Ja, mein Vater war durchaus respekteinflößend und die schwarzen Anzüge, die er immer trug, ließen ihn meiner Meinung nach wie einen Mafioso aussehen, auch wenn er das partout nicht hören wollte. Ich konnte jeden verstehen, der ihm lieber nicht widersprach, aber ich war erstens seine Tochter und zweitens wusste ich, dass er trotz seiner oftmals aufbrausenden Art nie ungerecht handeln würde.

»Valea Eufrosine Harilda von Vlad! Du wagst es immer noch zu lauschen, obwohl ich es dir ausdrücklich verboten habe?«, fragte mein Vater aufgebracht. Sein Blick glitt an mir herunter. »Wie siehst du überhaupt schon wieder aus? Kannst du dich nicht einmal standesgemäß kleiden? Du bist die Tochter eines Königs, Valea!«

Ich schaute auf meine Kleidung. Ich trug eine schwarze Lederjacke, darunter ein dunkelrotes Top, eine enge schwarze Lederhose und ein Paar schwarze Lederstiefel. »Ich mag Schwarz. Wie so ziemlich jeder Vampir. Und ich war auch noch nie der Püppchentyp für Rüschenkleider, wie du hoffentlich weißt.«

»Das verlangt ja auch keiner! Aber musst du deswegen immer gleich rumlaufen wie die erste Vorsitzende der Hells Angels?!«, wetterte er weiter.

Ich warf ihm einen abschätzigen Blick zu. »Wär dir eine Mafiosi-Tochter lieber?«

»Valeeea«, hob er drohend seine Stimme, doch ich starrte nur ungerührt zurück. Nur weil mein Dad schlechte Laune hatte, musste er diese noch lange nicht an mir auslassen. Ich konnte schließlich auch nichts dafür, dass nach und nach Vampire verschwanden und niemand wusste, wo sie abgeblieben waren.

»Warum willst du die Suche nicht ausweiten?«, fragte ich, anstatt weiter auf das leidige Klamottenthema einzugehen, doch er hatte sich bereits wieder Viorel zugewandt. Als ich noch jünger gewesen war, so um die fünfzehn Jahre, war ich mal verknallt in ihn gewesen. Viorel war groß, gut gebaut, hatte dunkelblondes Haar und blaue Augen. Und er hatte ein echt hübsches Gesicht. Außerdem hatte mir seine damalige lässige Kleidung gut gefallen, die er aber mittlerweile auch gegen klassische schwarze Anzüge eingetauscht hatte. Verknallt war ich auch nur so lange gewesen, bis mir Darick, mein bester Freund, erzählt hatte, dass Viorel bereits 150 Jahre alt war. Gut, immer noch 100 Jahre jünger als mein Dad, aber auch 135 Jahre älter als ich! Das fand ich dann doch ein bisschen arg gewöhnungsbedürftig. Das Problem bei uns geborenen Vampiren war, wir alterten wie Menschen, bis wir 35 waren, und danach sehr viel langsamer. Somit war es schier unmöglich, das wahre Alter eines Vampirs anhand seiner Optik bestimmen zu können.

»Ich will, dass alle zur Verfügung stehenden Wachen die Grenzen sichern. Ich will von jeder noch so winzigen Made wissen, die sich in unser Gebiet verirrt, und auch von jeder, die es verlässt!«, ordnete mein Vater an.

»Sehr wohl, König Vlad.« Viorel verbeugte sich, dann verließ er den Raum.

»Was soll das, Dad? Warum lässt du die Suche nicht ausweiten?«, fragte ich und schaute ihn verständnislos an.

»Das einzige Gebiet, wo wir noch nicht gesucht haben, ist im Süden der Stadt«, erklärte er.

»Okay. Und was hindert dich?«

»Das ist Werwolfsgebiet.«

Ich nickte. »Ich weiß. Ein Grund mehr, dort zu suchen. Diese räudigen Flohkisten haben doch garantiert Dreck am Stecken.«

Mein Vater legte mir eine Hand auf die Schulter. »So einfach ist das nicht, Valea. Du kennst doch die Geschichte, weißt von dem Krieg und dem Abkommen, welches wir mit den Werwölfen getroffen haben. Erst seit dieses existiert, können wir hier in Ruhe und Frieden leben und damit das auch so bleibt, müssen wir uns an die Absprache halten. Das heißt, wir bleiben im nördlichen Teil von L.A. und die Wölfe im südlichen. Wer sich nicht daran hält und in das Gebiet des jeweils anderen eindringt, darf sofort und ohne weitere Konsequenzen getötet werden.«

»Und was willst du dann machen?«

»Jedenfalls nicht aufgrund von bloßen Vermutungen einen erneuten Krieg provozieren. Wir suchen nach Anhaltspunkten, verstärken den Wachschutz und sind einfach noch aufmerksamer.«

Ich atmete tief durch. »Und was ist mit den Vampiren, die bereits verschwunden sind?«

Mein Dad antwortete nicht.

Ich kniff die Augen zusammen. »Du willst sie den Wölfen überlassen?«

»Wir haben aktuell keinen Beweis dafür, dass die Werwölfe etwas damit zu tun haben«, sagte er in einer stoischen Ruhe, die mich wütend machte.

»Wer denn sonst? Die Wölfe sind unsere einzigen Feinde!«, erwiderte ich aufgebracht, doch dann wurde auch mein Vater laut.

»Wem willst du das unter diesen Umständen zumuten? Den Wachen? Wenn ich sie dorthin schicke, werden die Wölfe das garantiert als Angriff werten und zum Gegenschlag ausholen. Und dann werden nicht nur die Wachen mit dem Leben dafür bezahlen, sondern auch etliche andere unseres Clans. Oder willst du lieber irgendein unschuldiges Clanmitglied opfern? Wer soll es sein? Darick vielleicht? Ich werde keinen einzigen Vampir in den sicheren Tod schicken, nur aufgrund von Mutmaßungen!«

Ich presste verärgert die Lippen zusammen. »So habe ich das gar nicht …«

»Genug jetzt, Valea! Das ist mein letztes Wort!«, unterbrach mich mein Vater erbost und drehte mir den Rücken zu. Das hieß bei ihm so viel wie: Das Gespräch ist beendet.

Meine Mom kam aus einem Nebenzimmer dazu. »Sie ist noch jung, Vlad. Jung und ungestüm. Habe Nachsicht mit ihr«, sagte sie und legte den Arm beruhigend um meinen Vater.

»Pergola, meine Geliebte«, sagte er, nahm die filigrane Hand meiner Mutter und küsste sie hingebungsvoll. »Valea ist die zukünftige Königin der Nocturnes. Sie muss langsam anfangen auch wie eine zu denken und zu entscheiden.«

»Tue ich das denn nicht, wenn ich möchte, dass es jedem aus unserem Clan gut geht?«, fragte ich herausfordernd.

Mein Vater drehte sich wieder in meine Richtung und seufzte genervt. »Da siehst du es, Pergola. Sie ist eigensinnig, frech und aufmüpfig! Wie soll aus ihr jemals eine gute Königin werden? Ich verstehe nicht, woher sie das hat!«

Ich schnaubte empört, doch meine Mom schenkte mir ein liebevolles Lächeln und streichelte zärtlich über seine Wange. »Sie ist, wie du in jungen Jahren warst, Vlad. Und schau, was für ein großartiger König du geworden bist. Valea ist erst 21. Gib ihr noch etwas Zeit.«

Mein Dad küsste erneut ihre Hand und strich ihr eine ihrer langen schwarzen Haarsträhnen hinter das Ohr. »Wie immer nötigt mir dein Charme Verständnis für Valea ab, Geliebte.«

Meine Mutter gab ihm einen sanften Kuss, den er nur allzu bereitwillig erwiderte. Ich schmunzelte. Meine Mom sah so unschuldig aus. Mit ihrem relativ großen, aber eher zierlichen Körper, ihren langen, gewellten dunklen Haaren, den fast schwarzen Augen, den roten Lippen und der für Vampire typischen Blässe hatte sie beinahe etwas von Schneewittchen. Dennoch wickelte sie meinen Vater, den König der Nocturnes, des größten Vampirclans in Los Angeles, mit Leichtigkeit um den Finger. Ich beobachtete ihn, wie er fast schon süchtig an ihren Lippen hing. Ob er merkte, wer in dieser Beziehung wirklich die Hosen anhatte? Ich grinste. Mein Vater sagte immer, ich sähe haargenau so aus wie meine Mutter. Manchmal nervte es mich ein bisschen, weil ich das wirklich von jedem zu hören bekam. Dabei hätte zumindest unser Kleidungsstil nicht unterschiedlicher sein können. Sie trug am liebsten bodenlange schwarze Seidenkleider, während ich mich in engen schwarzen Lederhosen und dunklen Tops am wohlsten fühlte, doch wenn ich mir Moms beneidenswerte Art und Weise, mit anderen umzugehen, so ansah, wäre es vielleicht gar nicht so übel gewesen, ein bisschen mehr von ihr geerbt zu haben …

»Okay, Dad«, sagte ich. Er ließ von ihr ab und schenkte mir seine Aufmerksamkeit. »Ich kann verstehen, dass du deine Männer nicht ins Werwolfsgebiet schicken möchtest.«

Mein Vater nickte zufrieden.

»Deswegen werde ich selbst gehen.«

Sein Mund klappte vor Fassungslosigkeit auf. »Valea! Unterstehe dich!«

Auch meine Mom schaute mich entsetzt an. »Valea, das wirst du nicht tun!«

Ich knirschte mit den Zähnen. »Ich halte es für falsch, Vampire unseres Clans zu opfern, nur weil man sich nicht mit unbequemen Dingen befassen möchte.«

»Du gehst zu weit, Valea«, warnte mein Vater, die Augen ärgerlich zusammengekniffen.

»Und ich verstehe nicht, wie du das einfach übergehen kannst! Es sind mittlerweile elf Vampire verschwunden! Wie viele sollen es noch werden, bevor du tätig wirst?«

Mein Dad schnaubte entrüstet. »Ich werde die Grenzen jetzt rund um die Uhr bewachen lassen. Solange die Vampire sich innerhalb unseres Gebiets aufhalten, wird kein Werwolf unbemerkt in ihre Nähe kommen.«

Meine Mom kam zu mir und nahm meine Hand. »Valea, Schätzchen. Bitte nicht, das ist viel zu gefährlich. Werwölfe sind brutal, absolut instinktgesteuert und über alle Maßen aggressiv. Mal ganz davon abgesehen, dass sie uns körperlich haushoch überlegen sind. Es ist nicht einzuschätzen, was sie tun werden, wenn du einfach ihr Revier betrittst.« Flehend sah sie mich an.

»Ihr verlangt also, dass ich die Vampire aufgebe? Ihre Familien das Verschwinden einfach akzeptieren oder, schlimmer noch, einfach hinnehmen müssen?«

Meine Mutter schaute wehmütig, doch mein Vater nickte. »Genau das verlange ich von dir. Natürlich ist das ein herber Verlust, aber gerade du musst lernen nicht die Einzelschicksale zu betrachten, sondern fürs Kollektiv zu denken. Du bist unser einziges Kind, Valea. Die zukünftige Königin. Wenn dir etwas geschieht, geht es um mehr als nur um elf Vampirleben. Dann ist der ganze Clan betroffen.«

»Aber«, wandte ich ein, doch sofort wurde ich unterbrochen.

»Schluss jetzt! Ich verbiete es dir! Das ist ein Befehl, dem du Folge leisten wirst! Verstanden?«, herrschte mein Vater mich an und sein zorniges Gesicht machte klar, dass nun jegliche Diskussion beendet war.

Ich knurrte verärgert und ging zur Tür, da lief mir meine Mutter nach und hielt mich am Arm zurück.

»Bitte hab ein Einsehen, Valea. Werwölfe sind wirklich unberechenbar und extrem gefährlich. Wir machen uns nur Sorgen um dich.« Sie gab mir einen Kuss auf die Stirn. Ihre absolut entwaffnende Art, die ich bewunderte, wenn sie sie bei meinem Vater einsetzte, und gleichzeitig hasste, wenn sie es bei mir tat.

»Na schön«, erwiderte ich missmutig und küsste meine Mutter auf die Wange.

»Ich danke dir, Liebes.«

Ich nickte und wandte mich zum Gehen.

»Valea? Wo willst du hin?«, rief mein Vater mir hinterher.

Ich warf ihm einen Blick über die Schulter zu. »Knoblauch füttern! Oder ist das etwa auch verboten?«

Bevor mein Vater noch etwas erwidern konnte, verschwand ich aus der Tür und knallte diese hinter mir zu. Er hasste Katzen und nach diesem Streitgespräch hatte ich keinen Nerv dafür, mir auch noch erneut anhören zu müssen, was das für unhygienische Biester waren.

»Valea!«, mahnte mein Vater von drinnen, doch ich rollte nur mit den Augen.

»Na? Bist du mal wieder ungezogen?«, fragte mich Darick, der gegenüber von Dads Arbeitszimmer lässig in Jeans und einem hellblauen Pullover an der kühlen Steinwand lehnte und sich schelmisch grinsend durch sein kurzes schwarzes Haar fuhr, die dunklen Augen belustigt funkelnd.

Ich schnaubte genervt. »Alles gut. Dad ist nur wieder so …«

»Gebieterisch?«

Ich nickte.

Darick zuckte mit den Schultern. »Er ist der König. Und dein Vater.«

Ich knirschte mit den Zähnen. »Das weiß ich selbst. Was machst du überhaupt hier? Waren wir verabredet?«

Darick legte den Kopf schief und sah mich tadelnd an. »Ich such meinen Kater. Du weißt nicht zufällig etwas über den Verbleib von Knoblauch?«

»Öhm … möglich, dass er mich mal wieder besucht hat«, erwiderte ich verlegen und lächelte Darick entschuldigend an. Ich liebte Katzen, aber leider waren diese für gewöhnlich keine Fans von Vampiren – bis auf Knoblauch. Sie spürten vermutlich das Raubtier in uns, obwohl der moderne Vampir nicht mehr viel mit den Urtypen gemeinsam hatte. Natürlich tranken wir noch Blut, aber nicht, indem wir in dunklen Gassen Menschen auflauerten und zur Ader ließen. Mein Dad war Besitzer der größten Blutbank der USA und dadurch war es für uns Vampire ein Leichtes geworden, unauffällig an genügend Nahrung zu kommen. Besser noch: Man konnte sich sogar gezielt seine Lieblingsblutgruppe aussuchen. Die schmeckten nämlich alle unterschiedlich. Zudem hatte sich unser Organismus mit der Zeit ebenfalls weiterentwickelt und so konnten wir auch schon mal eine Mahlzeit durch normales Menschenessen ersetzen. Gut, Menschenessen im Sinne von Steaks. Blutigen Steaks. Aber immerhin kein pures Blut und es war uns dadurch möglich, unerkannt am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Nachdem im 19. Jahrhundert nämlich fast jeder Jagd auf uns gemacht hatte, hatten wir es für klüger gehalten, komplett von der Bildfläche zu verschwinden und die Menschen glauben zu lassen, Vampire wären ein Mythos. Seitdem lebten wir mit den Menschen, ohne dass sie es wussten.

»Schnorrt der fette Kater etwa wieder Futter?«, fragte Darick seufzend.

»Du weißt doch, dass ich ihn füttere, damit er mich besuchen kommt.«

Darick lächelte nachsichtig. »Natürlich weiß ich das.«

»Na dann lass uns mal zu ihm gehen. Er ist in meinem Zimmer.« Ich hakte mich bei Darick ein und wir machten uns auf den Weg.

»Um was ging es denn überhaupt bei dem Streit mit deinem Dad?«, erkundigte er sich neugierig.

»Ach, um die verschwundenen Vampire. Ich bin sicher, die Wölfe haben sie geholt, aber mein Dad will davon nicht wirklich was wissen.«

Darick zog scharf die Luft ein. »Meinst du wirklich?«

»Er hat überall suchen lassen außer im Revier der Werwölfe. Und da er sie nicht gefunden hat, liegt es doch nahe, dass sie sich dort befinden, oder?«

Darick nickte langsam und schaute betroffen zu Boden. »Das scheint durchaus plausibel.«

»Und mein Vater möchte nicht in deren Revier eindringen, weil Beweise fehlen«, schnaubte ich verständnislos.

Da Darick nicht antwortete, sondern meinem Blick weiterhin auswich, blieb ich abrupt stehen und zwang ihn, durch meinen eingehakten Arm, ebenfalls anzuhalten. »Was ist los, Darick?«, fragte ich.

»Ich … äh …«

»Du äh?«, wiederholte ich ungeduldig.

»Dir wird nicht gefallen, was ich dir zu sagen habe.«

Ich zog die Brauen in die Höhe. »Warum? Willst du meinem Vater recht geben?«

Darick schüttelte den Kopf.

»Was dann?«

»Nun ja … äh … Knoblauch ist gar nicht der Grund, warum ich hier bin«, druckste er herum und vermeid weiterhin mich anzusehen.

»Und was ist dann der Grund?«, versuchte ich ihm auf die Sprünge zu helfen, doch Darick wand sich weiter.

»Ich weiß nicht … Vielleicht ist es auch gar nicht schlimm, oder vielleicht mach ich mir auch unbegründet Sorgen. Du kennst mich ja. Ich mache mir permanent zu viele Gedanken um alles Mögliche und ich will auch wirklich niemanden beunruhigen …«

Ich stieß einen genervten Seufzer aus. »Bei Nosferatus Blut, Darick! Lass dich nicht so feiern und spuck’s endlich aus!«

Unsicher sah er mich an. »Anda ist weg.«

»Wie Anda ist weg?«

»Verschwunden«, erwiderte Darick leise.

Ich riss die Augen auf. »Anda ist verschwunden?!«

Darick nickte.

»Bist du sicher?«, fragte ich vorsichtig, obwohl mir die Antwort bereits klar war.

»Ihre Mutter hat es mir vorhin erzählt. Sie wurde schon überall gesucht, aber sie ist wie vom Erdboden verschluckt.«

Mir wurde heiß und kalt zugleich. Anda und Darick waren meine besten Freunde. Allein der Gedanke, dass sie gerade bei den Wölfen war und sie mit ihr sonst was anstellten, ließ mir speiübel werden. Ich drehte mich auf dem Absatz um, packte Darick am Arm und zog ihn hinter mir her zurück zu Vaters Arbeitszimmer. Schwungvoll stieß ich die Tür auf.

»Vater? Anda ist verschwunden! Wir müssen etwas unternehmen!«, forderte ich.

Mein Dad nickte wissend. »Die Information wurde mir eben zugetragen.«

»Und was gedenkst du zu tun?« Mein zuvor noch forscher Tonfall war der immensen Sorge gewichen, die ich empfand.

»Zuallererst warten wir ab. Anda ist in deinem Alter. Vielleicht ist sie gar nicht weg, sondern treibt sich heimlich mit irgendeinem jungen Vampir herum. Du weißt, wie streng ihre Mutter ist«, versuchte mein Vater mich zu beruhigen.

»Auf keinen Fall! Davon wüsste ich!«

Mein Vater setzte seinen typischen Ich bin viel älter als du, deswegen weiß ich es besser-Blick auf. »Valea, gerade in solchen Dingen gibt es viele Gründe, seiner hübscheren und intelligenteren Freundin nicht alles zu erzählen.«

Verärgert kniff ich die Augen zusammen. »Was soll das denn heißen?!«

Mein Vater zog vielsagend die Brauen in die Höhe. »Nun ja, Männer gewinnen für andere Frauen an Attraktivität, wenn sie vergeben sind. Und wer, glaubst du, hat die besseren Chancen, wenn du dich auch für Andas Freund interessieren solltest? Die unscheinbare Anda oder die zukünftige Königin der Nocturnes?«

»Du spinnst ja!«, entfuhr es mir und ich stemmte zur Bekräftigung meiner Worte die Hände in die Hüften.

»Valea!«, herrschte mein Vater mich an, während Darick untergeben seinem Blick auswich. »Mäßige deinen Ton! Sofort!«

»Entschuldigung«, sagte ich. »Aber Anda würde so etwas nicht vor mir verheimlichen. Da bin ich ganz sicher. Warum sollte sie auch? Ich würde niemals einem Typen schöne Augen machen, den sie gut findet! Und das weiß sie auch! Mal davon abgesehen hat sie Darick auch nichts dergleichen erzählt.«

Mein Dad zuckte mit den Schultern. »Vielleicht ist das auch noch ganz frisch zwischen den beiden und sie wollte erst einmal abklopfen, wo sie steht, bevor sie euch davon berichtet.«

Ich schwieg einen Moment. Dann sah ich meinen Vater direkt in die Augen. »Das heißt, du wirst nichts tun?«

Sein Blick war zwar verständnisvoll geworden, doch er schüttelte den Kopf. »Ich habe dir die Situation doch eben erklärt. Ich brauche mehr als ein paar Vermutungen, um meine Wachen in das Wolfsrevier einmarschieren zu lassen und dem Alpha der Growling Shadows Vertragsbruch vorzuwerfen. Wenn an dieser Sache nichts dran ist und daraufhin die Fehde zwischen uns neu entflammt, riskiere ich das Leben vieler unschuldiger Vampire und dir sollte klar sein, dass ich alles dafür tun werde, damit so etwas nicht passiert.«

Ich verstand die Position meines Vaters. Ich wollte den Clan natürlich auch keiner Gefahr aussetzen, trotzdem tat ich mich schwer damit, das alles so zu akzeptieren. Und jetzt, wo meine beste Freundin sehr wahrscheinlich auch noch involviert war, noch viel weniger. »Wie willst du an Beweise kommen, wenn du nicht danach suchst?«, fragte ich. »Die Wölfe werden dir wohl kaum ein Bekennerschreiben schicken.«

Mein Vater warf mir einen mahnenden Blick zu. »Ich habe Viorel schon angewiesen, sich an den Orten noch mal genauer umzusehen, an denen die Vampire das letzte Mal gesehen wurden. Außerdem wird er die Grenzen stärker überwachen lassen und er kümmert sich bereits darum, den Wachen ihre neuen Aufgaben zuzuweisen. Sollten es tatsächlich die Werwölfe sein und sie in unser Gebiet eindringen, werden wir es auf jeden Fall mitbekommen. Mehr kann ich aktuell nicht tun, wenn ich den Frieden nicht leichtsinnig gefährden will.«

»Na dann …« Ich drehte mich um und verließ mit Darick das Zimmer.

»Du wirst auch nichts tun! Wenn du schon nicht auf mich hörst, dann auf deine Mutter!«, rief mein Vater mir hinterher, doch ich knallte erneut die Tür hinter mir zu.

»Ich glaub es nicht! Wie kann er so handeln? Oder vielmehr, wie kann er nicht handeln?«, sagte ich und schaute Darick fassungslos an.

»Auch wenn du das nicht hören willst, Valea, aber ich kann deinen Dad verstehen.«

Ich seufzte schwermütig. »Ich ja auch. Aber wir können doch nicht einfach nichts tun und Anda und die anderen Vampire ihrem Schicksal überlassen!«

Darick nickte verständnisvoll. »Das ist echt eine verzwickte Lage, aber ich würde die Wachen auch nicht zu den Wölfen schicken. Gerade die werden von den Biestern sicherlich ohne zu fragen abgemurkst und am Ende sehen sie das noch als Kriegserklärung. Dann ist hier keiner mehr sicher.«

Ich brummte missmutig. Mir passte das zwar nicht, aber diesbezüglich musste ich Darick leider recht geben. »Ich werde selbst gehen«, flüsterte ich so, dass nur Darick es hören konnte.

Zuerst lächelte er, doch dann fiel ihm alles aus dem Gesicht. »Du meinst es ernst!«, rief er schockiert.

»Scht«, ermahnte ich ihn, dann fuhr ich leise fort: »Wer soll es sonst tun? Ich verstehe, dass mein Dad die Wachen nicht schicken kann. Ich will aber auch nicht, dass irgendjemand anderes das auf sich nehmen muss, also bleibe ja nur noch ich, wenn ich Anda nicht den Wölfen überlassen will.«

»Aber …« Darick sah mich hilflos an.

»Sie würde das Gleiche für uns tun.«

Darick schien zu überlegen. »Dir ist es wirklich ernst damit.«

Ich nickte.

»Dann komm ich mit«, sagte er leise.

»Auf gar keinen Fall!«, hielt ich dagegen, doch von Darick kam nur ein knappes: »Doch.«

Ich griff nach Daricks Hand. »Ich werde dich unter keinen Umständen da mitreinziehen. Außerdem glaube ich, dass ich alleine bessere Chancen habe. Immerhin bin ich die Tochter des Königs. Für irgendetwas muss dieser Titel ja gut sein.«

»Und wenn sie dir etwas antun, Valea? Ich kann doch nicht einfach hier herumsitzen und darauf hoffen, dass dir nichts geschieht.«

»Na ja, es wär echt armselig, wenn …«

»Scht!«, unterbrach mich Darick. »Arschlochalarm.«

Ich blickte hinter mich und sah Cornel auf uns zukommen.

»Was ist armselig? Du, Darick?« Er strich durch seine hellblonden Haare, die er streng nach hinten gegelt hatte, und rückte sein maßgeschneidertes weißes Hemd zurecht, welches er zu einer schwarzen Anzughose trug. Cornel sah immer so schnöselig aus!

»Lass Darick in Ruhe«, sagte ich scharf, doch dieser winkte nur ab.

»Schon gut. Cornel wollte auch einfach mal was sagen, stimmt’s, Cornel?« Darick grinste frech.

»Ich dachte, ich tue dir einen Gefallen, wenn jemand wie ich mit jemandem wie dir spricht?«, erwiderte er, bevor er sich an mich wandte. »Seh ich dich gleich beim Fechten?«

Darick schnaubte amüsiert. »Wieso? Willst du wieder verlieren?«

Cornel zog die Brauen in die Höhe. »Nur kein Neid, weil du es dir nicht leisten kannst«, konterte er.

»Mach dir nichts draus. Es ist keine Schande, gegen die Beste zu verlieren«, erwiderte Darick süffisant. »Auch nicht, wenn sie nur ein Mädchen ist.« Ich wusste, dass Darick das nicht so meinte. Im Gegenteil. Er kam sogar zu meinen Kämpfen und feuerte mich mit Leib und Seele an, doch Cornel war diese Tatsache ein Dorn im Auge. Ein guter Grund für Darick, ihm das immer mal wieder unter die Nase zu reiben. Natürlich sprang Cornel sofort darauf an.

»Du ärmlicher kleiner …«, begann er und wollte sich auf Darick stürzen, doch ich ging resolut dazwischen.

»Schluss jetzt, Cornel! Such dir lieber einen Gesprächspartner, der deinem Intellekt entspricht. Eine Wand oder so.«

Darick grinste breit, doch Cornel lächelte mich nur zuckersüß an. »Sprich nicht so mit deinem Zukünftigen, Süße. Ich bin der Einzige, der für dich standesgemäß ist. Und du kennst doch das Sprichwort: Reich und Reich gesellt sich gern.«

Darick verdrehte die Augen, während ich einen tiefen Seufzer ausstieß. Standesgemäß. Wenn ich dieses Wort schon hörte, verging mir alles. Mein Vater benutzte es auch zu gern. »Erstens heißt es Gleich und Gleich gesellt sich gern, wovon wir nebenbei bemerkt Lichtjahre entfernt sind, und zweitens entscheide ich immer noch selbst, wen ich mal heiraten werde«, stellte ich unmissverständlich klar.

»Dein Vater wird dir beizeiten schon sagen, was du zu tun und zu lassen hast«, erwiderte Cornel und grinste verschlagen.

»Das werden wir dann sehen. Du darfst jetzt gehen«, wies ich ihn an, worauf er mir höfisch zunickte und ging.

Als Cornel außer Sicht war, ergriff Darick das Wort: »Wie kann man nur so ein Kotzbrocken sein? Und das in unserem Alter! Der Schnösel glaubt auch, nur weil er Kohle hat, könnte er sich alles erlauben.«

»Kümmere dich nicht um ihn. Cornel ist so ziemlich der letzte Vampir, an den ich einen Gedanken verschwenden will.«

Darick schien kurz zu überlegen. »Meinst du wirklich, dass das passieren könnte?«

Fragend sah ich ihn an. »Dass was passieren könnte?«

»Dass dein Dad von dir verlangt, dass du dich mit Cornel vermählst.«

Ich zog verächtlich die Brauen in die Höhe. »Ich weiß nicht, ob er so etwas verlangen würde, aber es wäre mir auch egal. Ich werde Cornel auf keinen Fall heiraten. Komme, was wolle …«

»Ich hätte da noch eine Idee für dich.« Darick schaute mich an. Der Schalk blitzte aus seinen Augen.

»Und zwar?«

»Du könntest doch so eine Art Mutprobe von ihm fordern. So wie man den Prinzessinnen früher den Kopf eines Drachen gebracht hat, könntest du von ihm verlangen, dass er ins Werwolfsrevier eindringt und nach den vermissten Vampiren sucht. Und entweder er findet Anda und die anderen oder er wird vom großen bösen Wolf gefressen und du bist ihn für immer los. Obwohl, mit seinen geschniegelten Haaren und seinen Muckis wird er vielleicht auch der Liebhaber von dem Alphawolf. Wer weiß? So oder so eine Win-win-Situation für dich.« Darick grinste mich an und ich musste lachen.

»Du bist immer so herrlich lösungsorientiert. Aber wo du das Thema schon wieder anschneidest …« Ich senkte meine Stimme wieder zu einem leisen Flüsterton. »Ich werde gehen und hoffe einfach, dass die Werwölfe ein ähnliches Frauenbild wie Cornel haben und sich dadurch nicht von einer einzelnen jungen Frau bedroht fühlen.«

Daricks Blick verdüsterte sich. »Und warum ist Anda dann verschwunden?«

»Das muss andere Gründe haben. Hätten sie sie umbringen wollen, hätten sie das an Ort und Stelle tun können. Da Anda und die anderen Vampire jedoch bislang nur als vermisst gelten, muss da mehr dahinterstecken …«

»Wenn du das sagst«, entgegnete Darick wenig überzeugt. »Dann hoffe ich mal, dass es stimmt, was wir über Werwölfe gelernt haben, und ausschließlich männliche Wölfe das Revier bewachen, die dich zudem nicht als Gefahr ansehen. Und gleichzeitig bete ich, dass die Geschichten über deren enorme Aggressivität übertrieben sind. Wie willst du eigentlich vorgehen?«

»Lass uns in mein Zimmer gehen und da weiterreden.«

Darick nickte und wir machten uns auf den Weg. In meinem Zimmer angekommen, schloss ich die Tür hinter mir und Knoblauch strich sofort um meine Beine.

»Verräter«, sagte Darick, nahm seinen schwarzen Kater auf den Arm und kraulte ihm das Köpfchen, was Knoblauch mit einem lauten Schnurren begrüßte.

»Also?«, fragte Darick und setzte sich mit Knobi auf mein schwarz bezogenes Bett. Ja, Bett. Nicht Sarg. Es gab zwar noch Vampire, die an dieser alten Tradition festhielten – mein Opa Dracula zum Beispiel, doch ich gehörte nicht dazu. Die Weiterentwicklung unseres Organismus hatte nämlich auch zur Folge, dass uns die Sonne nicht mehr zu Staub zerfallen ließ und wir somit nicht mehr gezwungen waren in diesen fürchterlich unbequemen, aber immerhin sonnenundurchlässigen Kisten zu schlafen. Tageslicht schwächte uns zwar nach wie vor und wir hielten es auch nicht lange darin aus, da es schmerzhaft war und wir nach kurzer Zeit ohnmächtig wurden, doch zwischen einer schwächebedingten Ohnmacht und in Flammen aufgehen war zum Glück ein himmelweiter Unterschied. Blass waren wir zwar immer noch, da wir kein Hämoglobin bilden konnten und um unsere Herzen am Schlagen zu halten, nach wie vor menschliches Blut benötigten, aber dafür waren uns auch all unsere Besonderheiten wie extrem gute Sinne, Schnelligkeit, Stärke und die Hypnose von Menschen geblieben. Ein schlagendes Herz war übrigens einer der Unterschiede zwischen einem geborenen und einem gewandelten Vampir. Wir hatten eines, die Gebissenen nicht. Ähnlich verhielt es sich mit unserer Körpertemperatur. Nahezu menschlich war diese nur, nachdem wir direkt getrunken hatten, aber wir kühlten nie so aus wie gewandelte Vampire. Zumindest hatten mir meine Eltern das erzählt. Ich selbst hatte noch nie Kontakt zu so einem gehabt, da es schon lange verboten war, Menschen zu verwandeln. Ich fand das aber gut. Ich wusste eh nicht, warum man so etwas tun sollte …

»Ich werde den Wölfen einen Handel vorschlagen«, erwiderte ich und gesellte mich zu Darick auf das Bett. Mein Zimmer war eher karg eingerichtet. Ich hatte einen Schrank, ein Bücherregal, in dem diverse Bücher über unsere Geschichte und über das Fechten standen, besagtes Bett und einen Teppich davor. Natürlich alles in meiner Lieblingsfarbe Schwarz. Mehr brauchte und wollte ich aber auch nicht, da ich das als Verschwendung ansah. Meine Eltern konnten das zwar nicht verstehen, da wir es uns ja leisten konnten, aber ich legte einfach keinen Wert darauf. Ich befand mich meist sowieso nur zum Schlafen in diesem Raum. Die andere Zeit arbeitete ich freiwillig in der Blutbank und erfasste neue Blutspender, war beim Fechten oder unternahm etwas mit Darick und Anda. Also wofür …

»Einen Handel?« Er sah mich ungläubig an.

Ich nickte. »Da die Werwölfe nur Einzelne von uns entführt und nicht im Rudel den ganzen Clan angegriffen haben, gehe ich davon aus, dass unser Tod – zumindest dieses Mal – nicht ihre Priorität ist. Es scheint mir eher, als würden sie etwas wollen, was sie nur von einem Vampir bekommen können, und vielleicht kann ich einen Deal mit ihnen aushandeln und so Anda und die anderen zurückbekommen.«

Wir sprachen immer noch leise, denn auch wenn die Wände aus dicken Steinmauern und die Türen aus massivem Holz waren, lief man dank der Vampirsinne immer noch Gefahr, dass jemand zufällig etwas mitbekam. In einem geschlossenen Zimmer war man zwar geschützter als auf dem Flur und normalerweise blendeten Vampire andere Gespräche auch aus – allein schon aus Höflichkeit, aber wir wollten kein Risiko eingehen.

»Das ist Wahnwitz, Valea. Was, wenn dir der erste Hitzkopf direkt an die Kehle springt, sobald du ihr Revier betrittst?«

»Du weißt doch: Solange ich niemanden angreife, müssen sie mich zu ihrem Alpha bringen. Diese Tiere leben in einer absoluten Hierarchie. Der Alpha entscheidet alles.«

Darick ließ Knoblauch los und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. »Ich kann nicht glauben, dass du das vorhast.«

»Ich werde Anda nicht im Stich lassen und ich sehe keine andere Möglichkeit, als selbst zu gehen.«

»Und ich möchte nicht, dass dir etwas passiert, Valea.« Darick sah mich an, seine Augen waren voller Sorge.

Ich fasste ihm auf die Schulter. »Dann lass es uns pragmatisch sehen. Ich bin sicher, die Tochter des Königs ist den Wölfen nützlicher, wenn sie lebt. Meinst du nicht?« Ich hatte mich um einen lockeren Ton bemüht, um Darick ein wenig die Angst zu nehmen, doch leider hatte man meiner Stimme angehört, dass ich nicht halb so gelassen war, wie ich versucht hatte zu klingen. Aber das änderte nichts an meinem Entschluss und Darick wusste das.

Er stieß einen tiefen Seufzer aus und fuhr sich unwillig durch die Haare. »Wie ich dich kenne, ist es vermutlich eh egal, was ich sage. Ich werde dich nicht davon abhalten können, oder?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Darick. Das wirst du nicht.«

Er sah mich an, als wäre ich von allen guten Geistern verlassen, doch dann lächelte er. »Ich weiß gar nicht, warum dein Vater immer einen Sohn haben wollte. Scheiße, Valea! Du hast verflucht noch mal mehr Eier als jeder Mann, den ich kenne!«

Ich erwiderte sein Lächeln und versteckte eine Silberklinge in meinem Stiefelschaft. »Ich mach mich am besten direkt auf den Weg. Die Nacht hat gerade angefangen und ich will nicht noch mehr Zeit verschwenden.«

Darick nickte und umarmte mich fest. »Ich halte es zwar immer noch nicht für eine gute Idee, aber ich weiß auch, dass man dir nichts ausreden kann, was dir wichtig ist. Also wünsche ich dir viel Erfolg und pass auf dich auf.«

»Werde ich. Und falls meine Eltern wissen wollen, wo ich abgeblieben bin, deck mich bitte. Sag ihnen einfach, dass wir wieder einen Serienmarathon bei dir machen. Wäre ja nicht das erste Mal, dass wir wegen so was nächtelang nicht aus deinem Zimmer herauskommen.«

Darick schluckte. »Du willst nächtelang wegbleiben?«

»Ich bleibe so lange, bis ich Anda gefunden habe. Aber mach dir keine Sorgen. Ich komme zurück. Versprochen.«

Er drückte mich noch einmal herzlich, dann verließ er das Zimmer.

2. Kapitel

Der bedrohliche Alpha

Ich saß im Nachtbus auf dem Weg nach Encino, einem Stadtteil von Los Angeles. Alles, was unterhalb lag, gehörte zum Werwolfsgebiet und je näher ich dem kam, desto mulmiger wurde mir. Ich war schließlich kein Idiot – auch wenn mein Dad das zeitweise anders zu sehen schien – und mir war vollkommen klar, in welche Situation ich mich gerade manövrierte. Werwölfe waren gefährlich. Brandgefährlich. Niedrige Hemmschwelle, hohes Aggressionspotenzial und leichte Reizbarkeit. Bekannt dafür, erst anzugreifen, bevor sie nachfragten. Alles in allem also Gesellen, die man lieber meiden sollte.

Der Nachtbus hielt an. Wir waren da, doch ich ließ den anderen Fahrgästen erst einmal den Vortritt. Nicht weil ich den Menschen nicht zu nahe kommen wollte. Seit wir durch die Blutbank uneingeschränkt Zugang zu Nahrung hatten, interessierten uns Vampire Halsschlagadern eher weniger, aber meine Nervosität war gestiegen und ich musste mich erst einmal sammeln. Ich atmete noch einmal tief durch und verließ dann ebenfalls den Bus. Ich sah mich um, ob ich bereits irgendetwas Ungewöhnliches entdecken konnte. Dank meiner Vampiraugen hatte ich selbst nachts eine gute Sicht, doch noch schien alles unauffällig zu sein, wobei der Schein sicherlich trog. Sowie du Werwolfsrevier betrittst, werden sie wissen, dass du da bist, erinnerte ich mich an das, was mir über Werwölfe beigebracht worden war. Gut. Mal abgesehen davon, dass ich mich vor einem Wolf dank seiner Nase sowieso nicht verstecken konnte, war das auch gar nicht mein Plan. Ich wollte zum Alpha und da ich nur grob eine Ahnung hatte, wo er sich befand (im Wald – ich weiß, extrem präzise), war es doch zeitsparender, sich direkt hinbringen zu lassen.

Wie aufs Stichwort knurrte es plötzlich hinter mir. »Was willst du Blutsauger hier?« Ich spürte einen heißen Atem in meinem Nacken, zwei Hände, die mich jeweils links und rechts an den Armen packten und mich in eine verlassene Gasse zwischen zwei Häusern zerrten. Auch wenn mir diese grobe Behandlung partout nicht passte, wehrte ich mich nicht. Werwölfe anzugreifen war nach allem, was ich von ihnen wusste, eine bescheuerte Idee und vielleicht hatte ich ja Glück und sie schleppten mich direkt zu ihrem Alpha. Leider blieben wir abrupt stehen, als keine Menschen mehr in Sicht waren und die beiden relativ großen Kerle bauten sich einschüchternd vor mir auf. Beide waren muskulös, trugen dunkle Jeans und rot-schwarz-karierte Flanellhemden, aus denen oben, wo die ersten zwei Knöpfe geöffnet waren, Brustbehaarung hervorblitzte. Augenscheinlich der Willkommens-Schlägertrupp der Wölfe. Wie schön. Während der etwas schmalere Blonde wenigstens noch halbwegs umgänglich aussah, merkte man bei dem Rothaarigen mit Vollbart direkt, dass er die Exekutive und garantiert weniger gesprächsbereit war. Ich musterte die beiden Männer. Wow. Der Rothaarige hatte Oberarme, die dicker als meine Oberschenkel waren. Gut, das war bei meiner Statur jetzt nicht sooo eine große Kunst, aber Oberschenkel waren immerhin Oberschenkel und Oberarme nur Oberarme.

»Müssen wir uns wiederholen?«, grollte der Rothaarige und zeigte seine Eckzähne, die sich drohend zu Reißzähnen verlängerten. Mich schüchterte das allerdings weniger ein. Sie waren Raubtiere, ich war ein Raubtier. Und den fancy Trick mit den Zähnen beherrschten Vampire ebenfalls.

»Ich bin hier, um mit eurem Alpha zu sprechen«, sagte ich selbstbewusst, reckte das Kinn und schaute ihnen in die Augen. Beiden entwich zeitgleich ein tiefes Knurren. Ach, stimmte ja. Hunde mochten es ja auch nicht, wenn man ihnen direkt in die Augen sah.

»Kein Grund, sich aufzuregen, Jungs«, sagte ich und hob beschwichtigend die Hände. »Ich will euch weder euren Platz in eurer Rangordnung streitig machen, noch will ich euch angreifen. Ich will lediglich mit eurem Boss sprechen, okay?«

Die Mundwinkel des Blonden zuckten leicht. Offenbar amüsierte ich ihn, doch der Rothaarige kniff erbost die Brauen zusammen.

»Und warum sollten wir dich zum Boss bringen?«, fragte dieser.

»Das möchte ich doch lieber selbst mit ihm klären«, erwiderte ich höflich und sah die beiden erwartungsvoll an.

»Nenn mir einen Grund, warum ich dich nicht auf der Stelle töten sollte«, knurrte der Rothaarige und ließ erneut seine Reißzähne hervorblitzen.

Ich straffte meine Schultern und versuchte gleichzeitig selbstsicher und souverän zu wirken. Nicht zu forsch, ich wollte sie ja nicht provozieren, aber auch nicht zu unterwürfig, schließlich sollte man vor Raubtieren keine Angst zeigen. »Muss das sein? Dieses gegenseitige Einschüchtern? Ich weiß, dass Werwölfe stärker sind als Vampire. Ganz besonders du. Ich hab’s zur Kenntnis genommen, akzeptiert und jetzt bringt mich bitte zu eurem Alpha«, antwortete ich sarkastisch und schaute zwischen den beiden hin und her.

Der Rothaarige taxierte mich. »Dafür, dass du das angeblich weißt, bist du ganz schön vorlaut.«