Pack Up the Moon - Kristan Higgins - E-Book

Pack Up the Moon E-Book

Kristan Higgins

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Beschreibung

Ein wunderbares Buch über Trauer, den Weg zurück ins Leben und über die Liebe

Joshua und Lauren sind das perfekte Paar, frisch verheiratet und bis über beide Ohren verliebt. Doch dann wird bei Lauren eine unheilbare Krankheit diagnostiziert. Während Laurens Zustand sich verschlechtert, ringt Joshua damit, eine Zukunft ohne sie zu akzeptieren. Wie soll er nur ohne seinen wichtigsten Menschen weiterleben? Jemals wieder Freude empfinden, lachen, lieben?

Aber Lauren hat einen Plan. Sie hinterlässt ihm Briefe für jeden Monat nach ihrem Tod, die ihn durch Schmerz, Wut und Trauer führen. Zwölf Briefe, die ihn auf eine herzzerreißende, schöne und oft witzige Reise führen, um wieder Mut zum Leben zu finden. Und während die Trauer langsam Platz für Lachen und neue Menschen in seinem Leben macht, lernt Joshua Laurens wertvollste Lektion: Der Weg zum Glück folgt keiner geraden Linie.


Herzzerreißend und humorvoll zugleich - der unvergessliche Liebesroman der US-Bestsellerautorin Kristan Higgins über Trauer, Familie und die Kraft der Liebe

»Dieses Buch wird viele Herzen brechen (und wieder zusammensetzen)« PUBLISHERS WEEKLY

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
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Seitenzahl: 667

Veröffentlichungsjahr: 2025

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INHALT

CoverÜber das BuchÜber die AutorinTitelImpressumWidmung1 – Lauren2 – Joshua3 – Joshua4 – Lauren5 – Joshua6 – Lauren7 – Lauren8 – Joshua9 – Lauren10 – Joshua11 – Joshua12 – Joshua13 – Lauren14 – Joshua15 – Joshua16 – Lauren17 – Joshua18 – Lauren19 – Joshua20 – Joshua21 – Joshua22 – Lauren23 – Joshua24 – Joshua25 – Lauren26 – Joshua27 – Joshua28 – Joshua29 – Lauren30 – Joshua31 – Joshua32 – Joshua33 – Lauren34 – Joshua35 – Lauren36 – JoshuaEpilog – JoshuaDanksagungen

ÜBER DAS BUCH

Joshua und Lauren sind das perfekte Paar, frisch verheiratet und bis über beide Ohren verliebt. Doch dann wird bei Lauren eine unheilbare Krankheit diagnostiziert. Während Laurens Zustand sich verschlechtert, ringt Joshua damit, eine Zukunft ohne sie zu akzeptieren. Wie soll er nur ohne seinen wichtigsten Menschen weiterleben? Jemals wieder Freude empfinden, lachen, lieben?

Aber Lauren hat einen Plan. Sie hinterlässt ihm Briefe für jeden Monat nach ihrem Tod, die ihn durch Schmerz, Wut und Trauer führen. Zwölf Briefe, die ihn auf eine herzzerreißende, schöne und oft witzige Reise führen, um wieder Mut zum Leben zu finden. Und während die Trauer langsam Platz für Lachen und neue Menschen in seinem Leben macht, lernt Joshua Laurens wertvollste Lektion: Der Weg zum Glück folgt keiner geraden Linie.

ÜBER DIE AUTORIN

Kristan Higgins ist eine NEW YORK TIMES-, USA TODAY- und PUBLISHERS WEEKLY-Bestsellerautorin und hat mehr als zwanzig Romanen geschrieben, die in über zwei Dutzend Sprachen übersetzt wurden und sich weltweit millionenfach verkauft haben. Die glückliche Mutter zweier erwachsener Kinder lebt mit ihrem heldenhaften Feuerwehrmann-Ehemann, ihrem knuddeligen Hund und ihrer gleichgültigen Katze in Connecticut.

Vollständige eBook-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

  

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Pack Up the Moon«

  

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2021 by Kristan Higgins

Published by Arrangement with Kristan Higgins

  

Dieses Werk wurde im Auftrag der Jane Rotrosen Agency LLC vermittelt durch

die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

  

Für die deutschsprachige Ausgabe:

Copyright © 2025 by

Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6–20, 51063 Köln, Deutschland

  

Vervielfältigungen dieses Werkes für das Text- und

Data-Mining bleiben vorbehalten.

  

Textredaktion: Anna Hahn, Trier

Umschlaggestaltung: Design by Anthony Ramondo

Einband-/Umschlagmotiv: © getty-images: bgwalker | CSA Images

eBook-Produktion: Dörlemann Satz, Lemförde

  

ISBN 978-3-7517-7522-9

luebbe.de

lesejury.de

 

Dieses Buch ist Charlene Marshall gewidmet.

Kämpferin. Pädagogin. Starke Frau.

1

LAUREN

Noch acht Tage

14. Februar

Lieber Dad,

ich sterbe, mein Mann wird Witwer werden, und das letzte Jahr war das wunderbarste meines Lebens.

Erstaunlich, was?

In den letzten Wochen … Monaten … habe ich gespürt, wie sich alles verändert hat. Weißt du noch damals, als wir alle nach Kalifornien geflogen und dann mit dem Auto nach Hause gefahren sind? Ich glaube, da war ich zehn. Ich erinnere mich, wie ich spüren konnte, dass wir der Ostküste näher kamen. Ein guter Teil der Strecke lag hinter uns, und unser Zuhause rückte näher, obwohl wir noch Hunderte von Meilen zu fahren hatten. Man konnte es spüren. Fühlen, dass man der Sache näher kam.

So ergeht es mir im Moment.

Aber ich habe zu viel mit Leben zu tun, um mich damit aufzuhalten. Wie Red in Die Verurteilten sagt: Du kannst dich mit dem Leben beschäftigen oder mit dem Tod. Ich habe mich für Ersteres entschieden.

Menschen reagieren unterschiedlich, wenn bei ihnen eine unheilbare Krankheit diagnostiziert wird. Ich wollte darauf reiten wie auf einem Rennpferd, Dad. Ich glaube, das ist mir gelungen. Ich kann nicht behaupten, dass die Krankheit das Beste wäre, was mir je passiert ist, ich bin schließlich nicht blöd. Aber sie ist unbestreitbar ein sehr großer Teil meines Lebens … und ich liebe mein Leben. Mehr denn je.

Dir zu schreiben, war für mich eine Möglichkeit, dich auch nach deinem Tod in meinem Leben zu behalten, Dad. Acht Jahre ist das jetzt her, aber ich hatte immer das Gefühl, dass du bei mir bist. Und das will ich auch für Josh tun. Ich habe an meinem Plan gearbeitet, und heute bin ich fertig geworden. Irgendwie passend, dass heute unser Hochzeitstag ist. Drei Jahre. Ich will, dass heute ein schöner Tag für Josh wird; ich will ihn zum Lachen bringen und ihm das Gefühl geben, unendlich geliebt zu sein, denn ich glaube, unseren vierten Jahrestag schaffen wir nicht mehr.

Wir haben so, so viel Glück. Ganz gleich, was kommt, und egal wie schnell.

Es ist leicht, deswegen zu heulen oder sogar in Panik zu verfallen. Aber dann blicke ich mich um und sehe alles, was ich habe, und diese Freude darüber … das macht alles wett. Wirklich. Noch nie im Leben bin ich so glücklich gewesen.

Danke für alles, Daddy. Wir sehen uns bald.

Lauren

2

JOSHUA

14. Februar

An ihrem dritten Hochzeitstag kam Joshua Park nach einem Meeting mit einer Firma für medizinische Geräte, das in Boston stattgefunden hatte, nach Hause, nach Providence, Rhode Island. Sie hatten seinen Entwurf gekauft, und er war froh, nicht länger mit Menschen zusammen sein zu müssen, und sehr, sehr froh, nach Hause zu seiner Frau zu kommen.

Er hielt beim Blumenladen an und holte die drei Dutzend weißen Rosen ab, die er bestellt hatte. Dazu kamen noch die Pralinen, die er im Lieblingsladen seiner Frau gekauft und sorgfältig versteckt hatte; die Uhr mit dem Lederarmband, der Pyjama aus blauer Seide und die beiden Glückwunschkarten, eine sentimentale und eine lustige. Er nahm Hochzeitstage nicht auf die leichte Schulter, auf gar keinen Fall.

Joshua schloss die Tür auf und fand die Wohnung dunkel vor – bis auf einen Weg aus brennenden Kerzen, der die Diele entlangführte. Rosafarbene Rosenblütenblätter waren auf dem Boden verstreut. Sieh mal an. Anscheinend war er nicht als Einziger im Blumenladen gewesen. Pebbles, ihr Hund, schlief, auf dem Rücken liegend, auf dem Sofa.

»Warst du das etwa?«, fragte er Pebbles. Pebbles wedelte mit dem Schwanz, schlug die Augen aber nicht auf.

Er zog die Schuhe aus und hängte den Mantel auf, der feucht vom Schneeregen war. Dann barg er den riesigen Blumenstrauß in den Armen und ging langsam den Flur entlang bis zum Schlafzimmer. Er kostete den Moment aus und schob die Sorge beiseite, ob sie etwa in diesem abscheulichen Wetter hinausgegangen war. Freudige Erwartung lief prickelnd durch seine Adern. Die Schlafzimmertür stand einen Spaltbreit offen, und aus dem Raum drang das Flackern von noch mehr Kerzen. Langsam breitete sich ein Lächeln über sein Gesicht, und er schob die Tür auf.

Seine Frau lag bäuchlings auf dem Bett und war mit nichts als einem roten Band bekleidet, das um ihre Taille geschlungen und in ihrem Kreuz zu einer Schleife gebunden war. Sie stützte das Kinn in die Hände und hatte die Beine so angewinkelt, dass die Fersen beinahe ihren entzückenden Hintern berührten.

»Alles Gute zum Valentinstag«, sagte sie mit rauchiger Stimme.

»Herzlichen Glückwunsch zum Hochzeitstag.« Er lehnte am Türrahmen und nahm einfach den Anblick in sich auf. Seine Frau – bei dem Wort überlief ihn immer noch ein Schauer –, ihr dunkelrotes Haar, das ihr offen um die Schultern fiel, und ihre cremeweiße Haut, die im Kerzenschein schimmerte.

»Rate mal, was ich für dich habe«, sagte sie.

»Keine Ahnung.«

»Es fängt mit ›Liebe‹ an und hört mit ›machen‹ auf.«

»Genau das, was ich mir gewünscht habe.« Er lockerte seine Krawatte. »Bist du denn nicht zu müde?«, fragte er.

»Sehe ich müde aus? Oder wie jemand, der gleich fast bis zur Besinnungslosigkeit geliebt wird?«

Er lachte. »Definitiv Letzteres.« Er trat an ihr Bett, kniete nieder und küsste sie mit der ganzen Liebe, Dankbarkeit, Lust und dem Glück in seinem Herzen.

»Du schmeckst nach Schokolade«, meinte er und zog sich ein wenig zurück. »Schäm dich.«

»Ist es meine Schuld, dass du mich mit Frans Salzkaramell allein im Haus gelassen hast?«, fragte sie. »Ich glaube, wir wussten beide, was passieren würde.«

»Ich hatte sie versteckt.«

»Aber nicht besonders gut. In einer Schuhschachtel in einem Koffer auf dem obersten Brett im Kleiderschrank? Bitte. Du bist solch ein Anfänger.«

»Und du hast eine Nase wie ein Bluthund.«

»Ja, ja, sag mir schmutzige Dinge«, gab sie lachend zurück. »Komm schon. Pack dein Geschenk aus und liebe deine Frau.«

»Ja, Ma’am«, sagte er, gehorchte und strich über ihre seidige Haut. Gott, er liebte es, verheiratet zu sein. Er liebte Lauren, liebte dieses Zimmer und dass sie sich die Mühe gemacht hatte, Kerzen anzuzünden, Rosenblätter zu verstreuen, sich auszuziehen und sich ein rotes Band zu suchen. Ihre Haut duftete nach Mandeln und Orangen von ihrem Duschgel. Und sie hatte sich die Zehennägel rot lackiert. Alles für ihn.

»Ich bin der glücklichste Mann der Welt«, flüsterte er an ihrem Hals.

»Gleichfalls. Ich meine, Frau«, sagte sie und fing an zu lachen, und als sie sich wieder küssten, lächelten sie beide.

Verliebt war nicht nur ein Wort. Sie lebten es, eingehüllt in die warme, weiche Decke gegenseitiger Anbetung, und in diesem Moment, an diesem Abend, spielte nichts anderes eine Rolle. Nichts und niemand konnte ihnen etwas anhaben. Sie waren glücklich, unsterblich. Er würde sie den Rest seines Lebens lieben, und er wusste mit absoluter Gewissheit, dass sie ihn für den Rest ihrer Tage lieben würde.

Wie lange oder kurz diese Zeit auch währen würde.

3

JOSHUA

Zwölf Tage später

26. Februar

War es eigenartig, bei der Beerdigung seiner Frau Ausschau nach ihr zu halten?

Aber genau das tat er. Er blickte sich nach Lauren um und wartete darauf, dass sie hereinkommen und ihm sagen würde, was er all diesen Leuten erzählen und wie er sich während dieses Trauergottesdienstes verhalten sollte. Wo er seine Hände lassen, auf welche Weise er die Umarmungen erwidern sollte.

Sie hätte gewusst, was zu tun war. Das war das Problem. Sie wusste alles über diese Dinge – Menschen zum Beispiel. Wie man sich in der Welt zu benehmen hatte. Gestern Abend, bei ihrer Totenwache, hätte sie ihm erklärt, was er zu sagen hatte, als ihre Freundinnen weinten, seine Hand festhielten und ihn umarmten, was ihm so unangenehm war, dass er erstarrt und ins Schwitzen geraten war. Klassisches Problem für jemandem aus dem Autismus-Spektrum. Er mochte keine Menschenmengen. Hatte keinerlei Wunsch, jemanden zu umarmen außer seiner Frau. Die tot war.

Sie hätte ihm auch gesagt, was er heute anziehen sollte. So trug er den einzigen Anzug, den er besaß. Denselben, den er bei seinem Heiratsantrag angehabt hatte, und bei ihrer Hochzeit vor drei Jahren. War es unpassend, zur Beerdigung seiner Frau seinen Hochzeitsanzug zu tragen? Hätte er sich eine andere Krawatte umbinden sollen? Rührte dieser Anzug bei ihrer Mutter und Schwester alle möglichen Erinnerungen auf?

Diese Kirchenbank war hart wie Granit. Er hasste Holzstühle. Kirchenbänke. Egal.

Donna, Laurens Mutter, schluchzte. Es hallte durch die Kirche. Dieselbe Kirche, in der Josh und Lauren geheiratet hatten. Wenn sie Kinder gehabt hätten, wären sie dann hier getauft worden? Josh war so ziemlich Atheist, aber da Lauren gewollt hatte, dass die Kirche einen Platz in ihrem Leben hatte, hätte er das akzeptiert.

Nur, dass sie tot war.

Vier Tage war das jetzt her. Einhundertzwölf Stunden und dreiundzwanzig Minuten, seit Lauren gestorben war, plus/minus ein paar Sekunden. Die längste Zeit seines Lebens, und zugleich kam es ihm vor, als wäre es erst fünf Sekunden her.

Laurens Schwester Jen hielt die Trauerrede. Wahrscheinlich war sie gut, weil hier jemand lachte und da jemand weinte. Josh selbst verstand die Worte nicht ganz. Er starrte auf seine Hände hinunter. Als Lauren ihm an ihrem Hochzeitstag den Ring an den Finger gesteckt hatte, hatte er nicht aufhören können, ihn anzusehen. Mit diesem Ring sah seine Hand vollständig aus. Nur ein schlichter Goldreif, doch er sagte etwas über ihn aus. Etwas Gutes und Wichtiges. Er war nicht nur ein Mann … er war Ehemann.

Jedenfalls war er einer gewesen. Jetzt war er Witwer. Und vollkommen nutzlos.

So viel dazu, dass er biomedizinischer Ingenieur mit zahlreichen Hochschulabschlüssen und einem guten Ruf innerhalb der Medizintechnologie war. Er hatte zwei Jahre und einen Monat Zeit gehabt, eine Behandlung gegen ihre idiopathische Lungenfibrose zu finden, eine Krankheit, bei der sich die Lungen langsam mit Narbengewebe füllten, das den gesunden Teilen, die zum Atmen nötig waren, die Luft abschnürte. Er hatte versagt. Nicht, dass es einfach gewesen wäre, eine Heilmethode zu finden, das war bisher noch niemandem gelungen. Die einzigen Geräte auf dem Markt waren dazu da, Luft in die Lungen zu pressen, mit den Brustmuskeln zu arbeiten oder Schleim zu entfernen, und das waren nicht Laurens Probleme gewesen.

Er hatte das Rätsel nicht gelöst. Er hatte weder etwas erfunden noch eine Pilotstudie aufgetan, die diese verdammten Fasern und Narben beseitigt hätte. Seit dem Tag von Laurens Diagnose hatte er sein Leben dem Ziel gewidmet, etwas zu finden, das seine Frau retten würde. Nicht nur, um das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen – diese Medikamente existierten und sie hatte sie genommen, dazu noch zwei im Versuchsstadium sowie chinesische Kräuter und traditionelle Arzneimittel, zuzüglich einer Ernährung, die aus biologischen Lebensmitteln bestand und rotes Fleisch vermied.

Nein. Joshs Aufgabe war es gewesen, etwas zu finden – oder herzustellen –, das sie geheilt hätte. Wiederhergestellt. Um sie zu behalten.

Und das hatte er nicht geschafft.

Auf dem Altar stand ein großes Bild von ihr. Es war auf ihrer Paris-Reise aufgenommen, kurz vor Weihnachten in ihrem ersten Ehejahr. Bevor sie davon gewusst hatten. Ihr rotes Haar aus dem Gesicht geweht, und ihr Lächeln so voller Spaß, Liebe und Freude. Jetzt starrte er dieses Foto an, immer noch fassungslos darüber, dass er sie hatte heiraten dürfen. Sie hatte in einer ganz anderen Liga gespielt als er.

Bei ihrer ersten Begegnung hatte er sie beleidigt.

Gott sei Dank hatte sie ihm noch eine Chance gegeben. Obwohl Gott nicht existierte. Sonst wäre sie noch am Leben. Wer zum Teufel holte jemanden wie sie mit achtundzwanzig Jahren? Ein barmherziger Gott? Zur Hölle damit.

Es schien nicht möglich zu sein, dass sie für immer fort war. Nein. Ihm war, als würde Lauren, die Spaß an kindlichen Streichen gehabt hatte – wie sich in der Dusche zu verstecken und herauszuspringen, wenn er sich die Zähne putzte –, ihm den größten Streich von allen spielen. Hinter dem Altar hervorspringen und »buh, reingelegt, Babe« rufen, ihn dann lachend umarmen und ihm sagen, sie hätte ihn in den letzten paar Jahren bloß auf die Probe gestellt und wäre nie wirklich krank gewesen.

Andererseits war sie schon eingeäschert.

Anscheinend war Jen fertig, denn sie trat vom Altar in den Kirchenraum herunter und blieb vor ihm stehen.

»Danke, Jen«, sagte er hölzern. Seine Mutter, die neben ihm saß, stieß ihn an, und er stand auf und umarmte seine Schwägerin. Ehemalige Schwägerin? Das kam ihm unfair vor. Er war wirklich gern mit Jen und ihrem Mann Darius verwandt, ganz zu schweigen von ihren beiden Kindern. Er mochte sogar Donna beinahe gut leiden, seine Schwiegermutter, die nach einem äußerst miesen Start am Ende für sie da gewesen war. Als Lauren im Sterben lag.

Jetzt befand sich die Asche seiner Frau in einer Plastiktüte in einem Metallbehälter. Er wartete noch auf die spezielle Urne aus Kalifornien, und wenn sie kam, würde er sie mit biologischer Gartenerde vermischen. In die Bambusurne würde er einen Baum pflanzen, und aus Lauren würde ein Dogwood-Baum werden. Friedhöfe waren schön, aber nicht nachhaltig, hatte sie gesagt. »Außerdem, wer würde nicht gern ein Baum sein? Besser, als zu Kompost zu werden.«

Er konnte ihre Stimme förmlich hören.

Alle begannen, der Reihe nach die Kirche zu verlassen. Josh, der vorn gesessen hatte, wartete. Seine Mom hakte ihn unter. »Durchhalten, Schatz«, flüsterte sie. Er nickte. Beide sahen sie zu, wie Ben und Sumi Kim, die besten Freunde und Nachbarn seiner Mutter, an den Altar traten und vor Laurens Bild verharrten. Ben verbeugte sich aus der Hüfte, kniete dann auf dem Boden nieder und drückte die Stirn darauf. Dann stand er auf, während Sumi leise schluchzte.

Angesichts der andächtigen Geste musste Josh kurz seine Hand auf die Augen legen. Lauren hatte die Kims geliebt, die praktisch Joshs zweite Eltern waren. Ben war beinahe der Vater, den er nie gehabt hatte. Natürlich liebte Lauren sie. Sie hatte fast alle Menschen geliebt, und alle erwiderten diese Liebe.

Die Kims kamen zu ihm herüber und umarmten ihn. Josh stand mit den drei Erwachsenen da, die ihn großgezogen hatten und die jetzt alle ohnmächtig angesichts seines Verlusts waren.

Niemand konnte ihm helfen.

»Du wirst das überstehen, mein Sohn«, sagte Ben und sah ihm in die Augen. »Ich weiß, dass es nicht so aussieht, aber du schaffst das.«

Josh nickte. Ben war kein Mann, der log. Ben umfasste seine Schultern und nickte zurück. »Du bist nicht allein damit, Josh.«

Hmm. Netter Gedanke, aber natürlich war er allein. Seine Frau war tot.

»Sollen wir hinausgehen?«, fragte der Ältere. Genau wie Joshs Mutter verstand sich Ben gut darauf, Josh die Stichwörter zu geben, die er oft in sozialen Situationen brauchte. Wenn auch nicht so gut wie Lauren.

Die Panik schoss schmerzhaft durch seinen Körper. Was sollte er ohne sie anfangen?

»Lass uns gehen, Schatz«, sagte seine Mom.

Richtig. Er hatte ja keine Antwort gegeben. »Okay«, sagte er. Irgendwie fühlte es sich falsch an, die Kirche zu verlassen. Die Beerdigung zu beenden.

Nach dem Gottesdienst fand ein Mittagessen statt. So viele Blumen, trotz Laurens Wunsch, stattdessen für das Hope Center zu spenden, ihren Lieblingsort in ihrer Heimatstadt Providence. All ihre Kollegen von Pearl, Churchwell & Harris, dem Architekturbüro, in dem sie als Designerin im öffentlichen Raum gearbeitet hatte, waren gekommen – Bruce, der Lauren ein so großartiger Chef gewesen war, hatte geweint, als hätte er ein eigenes Kind verloren. Santino und Louise, die Spaziergänge mit Lauren unternommen hatten, um ihr Lungenvolumen aufrechtzuerhalten. Diese bescheuerte Lori Cantore, diese miese Kuh, die vorzwei Jahren gefragt hatte, ob sie Laurens Büro haben könne. Was für ein Geier, und sie war zur Beerdigung gekommen, obwohl sie ihr gegenüber solch eine schreckliche Person gewesen war. Er stellte sich vor, sie an ihrem dürren Arm zu packen und hinauszuzerren, aber er wollte sie nicht zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit machen. Das hier war schließlich Laurens Beerdigung.

Und so viele ihrer Freundinnen waren gekommen – Asmaa vom Bürgerzentrum; Sarah, ihre beste Freundin seit Kindertagen; Mara von der Rhode-Island-Designhochschule; außerdem Creepy Charlotte, die alleinerziehende Mutter, die im ersten Stock ihres Hauses lebte und sich, davon war Josh überzeugt, an ihn herangemacht hatte, seit sie sich kennengelernt hatten, Ehefrau hin oder her. Menschen aus Laurens Kindheit und ihren Highschool- und Collegejahren; Lehrer, Klassenkameraden, der Direktor von Laurens Mittelschule.

Einige, die Laurens Todesanzeige gelesen hatten, waren sogar wegen Josh gekommen. Nicht wirklich seine Freunde … viele hatte er nicht. Lauren war seine Freundin gewesen. Seine beste Freundin. Ihre Familie hatte ihn mit offenen Armen aufgenommen, doch nun war er eigentlich bloß ein Phantomglied. Nur ein amputierter Stumpf ohne sie.

Eine kleine, stämmige Frau mit stahlgrauen Locken trat auf ihn zu. »Mein Beileid«, sagte sie. Ihre Stimme klang vertraut. Er warf seiner Mutter einen Blick zu, die fast unmerklich die Achseln zuckte.

»Ähm … woher kannten Sie Lauren?«, fragte er.

»Gar nicht. Ich arbeite für Sie. Cookie Goldberg, Ihre virtuelle Assistentin.«

»Oh! Hi … ja, stimmt.« Cookie lebte in New York auf Long Island. Sie waren einander nie im richtigen Leben begegnet, obwohl er sie oft genug auf Zoom und Skype gesehen hatte.

»Ja, na ja, ich … Mist. Es tut mir so leid für Sie, Joshua. Mir bricht das Herz, wenn ich an Sie denke.« Ihre heisere Stimme versagte, und sie wirkte ein wenig erschrocken über ihre eigenen Worte. »Okay, ich habe eine lange Heimfahrt vor mir. Rufen Sie mich an, wenn Sie etwas brauchen.«

Sie drehte sich um und ging.

»Sie arbeitet für dich, aber du hast sie nicht erkannt? Du hast nur eine einzige Angestellte, Josh«, schalt seine Mutter ihn sanft.

»Ich hab sie nicht mit Lauren in Verbindung gebracht«, gab er zurück und setzte sich wieder.

Er aß nichts, oder vielleicht doch. Darius, Jens Mann, brachte ihm ein Glas Wein, weil er vergessen hatte, dass Josh keinen Alkohol trank. Irgendwann durfte Josh Octavia auf den Arm nehmen. War sie immer noch seine Nichte? Er war der Witwer ihrer verstorbenen Tante. Hatte er immer noch Anspruch auf sie und Sebastian? War er noch Onkel Josh?

Der vierjährige Sebastian weinte laut und untröstlich, obwohl Darius sich die größte Mühe mit ihm gab. Der Kleine war gerade alt genug, um zu begreifen, dass Tante Lauren nie wiederkommen würde. Josh beneidete ihn. Er brauchte sich nicht zu beherrschen. Der Kleine weinte, wie Josh es am liebsten auch getan hätte; zügellos, qualvoll, voller Entsetzen.

»Rufen Sie an, wenn Sie etwas brauchen«, sagte Creepy Charlotte mit einem unheimlichen Ausdruck in ihren blassblauen Augen. Sie gab ihm ein Stück Papier. Ihre Nummer, vermutete er. Als sie auf ihn zutrat, um ihn zu umarmen, streckte Josh ihr gleichzeitig die Hand entgegen. Peinlich. Lauren hätte das so abgebogen, dass es witzig gewesen wäre, aber so blieb es unangenehm. Charlotte zog eine Augenbraue hoch, doch Josh war sich nicht sicher, wie er das interpretieren sollte. Er nahm den Zettel, steckte ihn in die Tasche und setzte sich wieder, aber das Papier machte ihm zu schaffen. Es fühlte sich wie Betrug an, daher knüllte er es zusammen und warf es mit einer stummen Abbitte an das Reinigungspersonal unter den Tisch. Diese Leute, stellte er sich die Reaktion vor. Werfen Müll auf die Erde wie die Tiere.

Also bückte er sich und suchte danach. »Was machst du da?«, zischte seine Mutter.

»Stephanie«, hörte er eine Frauenstimme. »Es tut mir schrecklich leid! Sie war ein so liebes Mädchen. Ähm … wo steckt denn Josh?«

Das Papier lag knapp außerhalb seiner Reichweite. Er reckte sich, hörte, wie sein Stuhl hinter ihm umfiel, schnappte sich den Zettel und stand auf. Stellte den Stuhl wieder hin. »Hi«, sagte er zu der Freundin seiner Mutter.

»Joshua, du erinnerst dich doch an Nina, oder? Aus dem Labor?«

Seine Mutter arbeitete seit dreißig Jahren im Labor des Rhode Island Hospital. Er hatte keine Ahnung, wer diese Frau war. »Ja«, log er und schüttelte ihr die Hand.

Sie zog ihn in eine Umarmung, und er zuckte zusammen. »Mein tief empfundenes Beileid, mein Lieber«, sagte sie.

»Danke.« Er stand noch einen Moment da, dann drehte er sich um und ging aufs Klo, um das Papier wegzuwerfen. Er wollte Creepy Charlottes Nummer nicht, und auch keine von jemand anderem. Er wollte bloß, dass seine Frau nicht tot wäre.

Er erkannte sein Gesicht im Spiegel fast nicht wieder und hob die Hand, um sicherzugehen, dass er wirklich da war. Das musste ein Traum sein, oder? Unter dem Tisch nach einem Stück Papier zu tasten, und all diese Leute, die er nicht wirklich kannte … als Nächstes würde er nackt dastehen, und dann würde er neben seiner Frau aufwachen. Er würde sie an sich ziehen und den Duft ihres Haars einatmen, und sie würde lächeln, ohne die Augen aufzuschlagen.

Aber er stand immer noch in dem Waschraum und betrachtete das Gesicht im Spiegel.

Als er herauskam, wartete Sarah, Laurens beste Freundin, auf ihn. »Alles in Ordnung bei dir?«

»Nein.«

»Bei mir auch nicht.« Ihre Augen waren feucht. Sie nahm seine Hand und drückte sie. »Das ist ein verdammter Albtraum.«

»Jepp.«

»Hast du etwas gegessen?«

»Ja«, sagte er, obwohl er sich nicht erinnern konnte.

Sarah brachte ihn zurück zu seinem Tisch. Menschen sprachen mit ihm. Einige weinten.

Josh starrte den Tisch an. Vielleicht reagierte er auch auf die Menschen, die mit ihm redeten. Aber es spielte nicht wirklich eine Rolle, oder?

Irgendwann später fuhr Darius ihn nach Hause, zu der alten Mühle, in die man Eigentumswohnungen gebaut hatte. »Soll ich noch mit reinkommen, Kumpel?«, fragte er auf dem Parkplatz.

»Nein, nein. Ich … ich glaube, ich möchte allein sein.«

»Wie du willst. Hör mal, Josh, ich bin für dich da, okay? Jederzeit, ob Tag oder Nacht. Wir haben Schwestern geheiratet. Wir sind für immer eine Familie. Brüder.«

Josh nickte. Darius war sehr groß und hatte dunkelbraune Haut, daher bezweifelte er, dass jemand sie für Brüder halten würde, aber es war eine nette Geste. »Danke, Darius.«

»Das ist wirklich Mist, Mann.« Ihm brach die Stimme. »Es tut mir so leid. Sie war … sie war ein tolles Mädchen.«

»Ja.«

»Ich schreib dir morgen. Versuch, etwas zu schlafen, okay?«

»Ja. Danke.«

Als er die Treppe hinaufging, fühlten sich seine Beine schwer an. Die letzten sechs Tage hatte er bei seiner Mutter gewohnt und war dankbar für die vertraute, beruhigende Umgebung des Hauses seiner Kindheit gewesen, mit all den bekannten Gerüchen und Möbeln. Lauren, deren eigene Mutter eher eine Drama Queen war, schätzte die gelassene Art seiner Mutter, verstand ihre aufopferungsvolle Liebe zu ihrem einzigen Sohn und bewunderte Stephanie dafür, ihn allein großgezogen zu haben. Lauren war für seine Mom mehr als eine Schwiegertochter; für Stephanie war sie die Tochter, die sie nie gehabt hatte.

War gewesen. Das war sie gewesen.

Herrgott. Ab jetzt musste er in anderen Zeitformen denken. Er schloss die Wohnungstür auf und ging hinein. Hier war er nicht mehr gewesen, seit Lauren ins Krankenhaus gekommen war … Wie lange war das her? Sechs Tage? Acht? In einem anderen Leben.

Das Licht über der Kücheninsel glomm sanft, und die Lampe am Lesesessel war gedimmt. Jemand war hier gewesen. Alles war makellos sauber. Die Kissen auf der Couch waren aufgeschüttelt, Kissen, die Lauren gekauft hatte. Auf der Kücheninsel, direkt in der Mitte, stand ein Strauß gelber Tulpen, der beinahe unanständig fröhlich wirkte. Die Decken, die Lauren benutzt hatte, weil ihr immer kalt gewesen war, lagen über der Couchlehne.

Es war so still.

Pebbles, ihre aufgekratzte australische Schäferhundmischung, war bei Jen, seit Lauren ins Krankenhaus gekommen war; Josh hatte vergessen, darum zu bitten, sie ihm zurückzubringen. Na ja. Auf einen Tag kam es jetzt auch nicht mehr an.

Josh ging ins Schlafzimmer. Laurens medizinischer Kram – ihr Sauerstoffgerät für zu Hause, ihre Vibrations-Weste – war nicht mehr da. Josh erinnerte sich dunkel, dass er sich einverstanden erklärt hatte, alles wegzugeben. Spendet die Sachen an jemanden, der sie braucht oder so. Die Tablettenröhrchen, die auf ihrem Nachttisch gestanden hatten, der Erkältungsbalsam … ebenfalls alles fort.

Idiopathische Pulmonarfibrose. Zwölf todbringende Silben. Eine unheilbare Krankheit. Ein Leiden, das meist ältere Menschen traf, sich jedoch gelegentlich ein junges Opfer aussuchte. Eine Krankheit mit einer Lebenserwartung von drei bis fünf Jahren.

In dieser Hinsicht hatte Lauren den Kürzeren gezogen.

Ihr Bett war perfekt gemacht, genauso, wie Lauren es zu tun pflegte, bis ihr selbst diese kleine Aufgabe zu viel geworden war. Er hatte immer versucht, es exakt so zu machen wie sie, es aber nie ganz hinbekommen, was ihr immer ein Lächeln entlockte. Die hübschen, nutzlosen kleinen Kissen mit dem Blumenmuster lagen an ihrem Platz.

Es war, als wäre sie gerade eben noch hier gewesen.

Josh schnappte sich eine Jeans und ein T-Shirt mit dem MIT-Logo und zog sich um. In der Küche nahm er die Tulpen aus ihrer Vase und warf sie in den Müll, dann kippte er das Wasser aus und versenkte die Vase in der Recycling-Tonne. Er nahm seinen Anzug, Hemd, Socken und sogar seine Boxershorts und trug sie hinauf in den Dachgarten, der zur Wohnung gehörte. Ausnahmsweise dachte er nicht daran, wie sehr er Höhe verabscheute. Die schneidend kalte, feuchte Luft war ihm willkommen.

Eine Möwe saß auf einem der Pfosten des eisernen Geländers, das den Garten umgab, und beobachtete ihn. In der Brise sträubten sich ihre Federn.

Er schaltete den Gasgrill ein, sämtliche Brenner, und drehte sie so hoch wie möglich auf.

Dann verbrannte er die Sachen, die er bei der Beerdigung seiner Frau getragen hatte, und stand noch lange da, nachdem sie zu Asche geworden waren und es zu schneien begonnen hatte.

4

LAUREN

Noch drei Monate

20. November

Lieber Dad,

wie geht’s dir in den Jenseitigen Gefilden? Bitte sag mir, dass du fliegen kannst. Ich werde sehr enttäuscht sein, wenn ich nicht fliegen kann. Außerdem möchte ich gern Menschen retten können. Du kennst ja die Berichte, in denen jemand sagt: »Ich habe keine Ahnung, wie dieser Laster mich verfehlen konnte! Ich dachte, ich wäre erledigt!« Ich hoffe, dass wir das tun können, denn wie cool wäre das?

Wir sind zurück vom Cape Cod, mehr oder weniger. Außerhalb der Saison wird es da oben wirklich ruhig, ich wurde ein wenig melancholisch, und mir war kalt. Ein Strandspaziergang macht nicht so viel Spaß, wenn der Wind einen umbläst, weißt du. Ich meine, es ist aufregend, aber auch anstrengend.

Sebastian ist vier geworden, Dad! Josh und ich haben ihm das größte Spielzeugauto geschenkt, das wir finden konnten, eins, das jede Menge Piep- und Rattergeräusche macht, und er war BEGEISTERT. Octavia ist inzwischen sechs Monate alt und hat zwei kleine Zähnchen, die schärfer als Rasierklingen sind, aber so niedlich. Man sollte den Seiber, der diesem Kind aus dem Mund quillt, in Flaschen sammeln, denn damit könnte man die Dürre in einem kleinen Land beenden. Ehrlich, ich hatte keine Ahnung, dass ein Mensch so viel Speichel produzieren kann.

Mom geht’s gut. Das weißt du ja. Sie ist schrecklich traurig und versteht meine Einstellung nicht, »immer das Gute zu sehen«. Du wirst dich trotzdem freuen zu hören, dass ich jeden Dienstag mit ihr zu Abend esse, nur wir beide, weil … na ja, Mom wird diese Treffen brauchen, um etwas zum Erinnern zu haben.

Seit diesem Sommer am Cape geht es mir schlechter. Es ist nicht furchtbar schlimm, aber … jetzt ist die IPF wirklich nicht mehr zu leugnen. Ich hänge fast ständig am Sauerstoff, und ich halte fast jeden Nachmittag in dem Büro, das Bruce mir eingerichtet hat, schamlos ein Nickerchen. Ich mache auch viel Homeoffice. Ohne mich selbst loben zu wollen, aber ich lasse nicht nach. Ich drücke der Welt meinen Stempel auf, Dad, genau, wie du es mir eingeschärft hast. Allerdings hat mich eine Erkältung zwei Wochen außer Gefecht gesetzt, und ich war fünf Tage mit einem erneuten Lungenkollaps und einer leichten Lungenentzündung im Krankenhaus. Wenigstens brauchte ich dieses Mal nicht künstlich beatmet zu werden. Hör mal, ihr hättet nicht an meinen Lungen sparen sollen, Mom und du. Ihr hättet mir das Modell Usain Bolt spendieren sollen. Diese Lungen sind vom Wühltisch.

Als ich im Krankenhaus war, hat Dr. Bennett von einer Lungentransplantation gesprochen, und ich dachte, Josh kriegt einen Herzanfall. Er musste das Zimmer verlassen und konnte noch ungefähr eine Stunde, nachdem er zurückgekommen war, nicht sprechen … Bei schlechten Nachrichten macht er einfach dicht.

Die Sache ist die, Dad: Wenn man eine Lungentransplantation kriegt, fängt eine andere Uhr an zu ticken. Eine Lungentransplantation ist wie … na ja, wie die dreihundert Spartaner, die versuchen, die Griechen zurückzuschlagen. Sie sind ruhmreich und tapfer, und man glaubt wirklich, sie gewinnen, bis sie dann doch verlieren. Aus irgendeinem Grund werden Lungen nicht so gut angenommen wie andere Organe. Eine Transplantation heißt nicht wirklich, dass man geheilt ist. Die Mayo-Klinik, deren Webseite meine hauptsächliche Quelle für medizinische Informationen ist, schreibt: »Obwohl manche Patienten nach einer Lungentransplantation zehn Jahre oder länger überlebt haben, leben nur ungefähr die Hälfte der Menschen, die sich der Operation unterziehen, fünf Jahre später noch.«

Ich habe also eine fünfzigprozentige Chance, noch fünf Jahre zu leben, wenn ich eine neue Lunge kriege. Nicht besonders toll. Und ein furchterregender Gedanke ist, dass das meine beste Option sein könnte.

Momentan spüre ich den Unterschied. Josh begreift, was die Werte aussagen – Spirometriefluss, Lungenvolumen, die Zahl auf dem Pulsoximeter, Diffusionskapazität. Er sieht, wenn ich müde bin, und er kümmert sich so gut um mich. Aber ich kann auch nicht sagen: »Wie war dein Anruf in Singapur, Schatz? Übrigens, ich kriege heute nicht so gut Luft.« Ich weiß, warum Josh so besessen davon ist, eine Behandlung zu finden – das lässt ihn daran glauben, dass etwas existiert, was die Sache in Ordnung bringt. Ich stelle mir das »fibroide Gewebe«, wie Dr. Bennett es nennt, wie verknotetes Flauschgarn vor. Rosa Garn. Bonbonrosa. Wo bleibt der Mini-Bagger, der dort hineinpasst, es einfach herausschaufelt und mir meine Lungen zurückgibt? Oder der mikroskopisch kleine Flammenwerfer, der es wegbrennen kann, ohne die guten Teile zu beschädigen?

Ich bin so froh, dass ich diesen Frühling und Sommer hatte. Am Cape habe ich mich besser gefühlt, und ich konnte so viel Zeit mit Freunden verbringen und einfach aufs Meer hinaussehen. Am Meer zu sein, hat etwas, das das eigene Leben relativiert. Es wirkt beruhigend, ist einfach so.

Ich will mich nicht auf meine Krankheit konzentrieren, und trotzdem ist sie jeden Tag präsent. Ich habe dank der Lungenreha ein paar Tricks im Ärmel – Luft anhalten, ausatmen, wiederholen. Jede Menge gute Visualisierungen von gesunden rosa Lungenbläschen, die sich ausdehnen und zusammenziehen. Aber Kleinigkeiten werden schwerer, Daddy. Duschen kann anstrengend sein. Meine Spaziergänge in der Mittagspause mit Santino und Louise werden immer kürzer. Es ist peinlich, obwohl ich weiß, dass es dumm ist, das zu sagen. Aber ich bin achtundzwanzig, und es schlaucht mich, einmal um den Block zu gehen.

An den meisten Tagen muss ich mir meine Energie genau einteilen – wenn ich dusche und mir die Beine rasiere, muss ich danach zwanzig Minuten ausruhen. Wenn ich Sebastian und Octavia sehen will, muss ich vorher und nachher schlafen und bin wahrscheinlich trotzdem am nächsten Tag außer Gefecht. Bei der Arbeit plane ich meine Toilettengänge; es sind ungefähr dreißig Schritte, und wenn ich zu lange warte und mich abhetzen muss, dauert es zehn Minuten, bis ich wieder normal Luft kriege.

Es fällt mir zusehends schwerer, Octavia hochzunehmen, und meine Arme zittern, aber ich kann das nicht einfach aufgeben. Wenn ich Sebastian vorlese, muss ich die Wörter auf der Seite ansehen und planen, wann ich atmen muss, denn wenn mir die Luft ausgeht, bestürzt ihn das … er ist so klug, Daddy. Er weiß, dass ich krank bin und hat Angst, und es ist schrecklich, wenn er weint, mein lieber Junge. Also gebe ich mein Bestes, wenn ich mit ihm zusammen bin. Ach Dad, du würdest ihn so sehr lieben! Er ist ein Engel. Na ja, manchmal auch ein Teufelchen, aber größtenteils ein Engel. Ich kann ihm nicht widerstehen. Ich bin geradezu verliebt in die beiden.

Das Leben verändert sich also, und ich weiß, dass sich das nicht rückgängig machen lässt. Dieser Bastard von IPF – jedes Mal, wenn ich ein klein wenig Lungenfunktion an die Narben und Fasern verliere, ist es für immer. Schrecklich ist das, aber ich kann keine Zeit damit verschwenden, verbittert zu sein. Gott! Das ist das Letzte, was ich empfinden will. Immer, wenn ich Angst bekomme, sehe ich einfach Josh an oder denke daran, was für ein Glück ich hatte, weil wir einander gefunden haben. Sentimental, was? Und weißt du, was er glaubt, Dad? Er glaubt, er wäre derjenige, der Glück gehabt hat. Wirklich. Er betet mich an. Er liebt, schätzt und ehrt mich, wie er es am Tag unserer Hochzeit versprochen hat.

Tja, ich muss Schluss machen. Ich liebe dich, Dad. Pass auf mich auf, ja? Ich bin froh, dass du da oben bist. Nicht, dass ich Gangy und Pop-Pops und Grammy und Gramps nicht lieb gehabt hätte (bitte grüß sie von mir). Aber du bist eben mein Dad, und ich weiß, dass du für mich da sein wirst, wenn die Zeit kommt.

Alles Liebe

Lauren

Pebbles, das kleine Genie, hatte gelernt, die Fernbedienung zu holen. Wenn Lauren auf der Couch lag, war Pebbles auch da, ein seidiges, braun-weißes Fellknäuel, das sich an Laurens immer kalten Füßen zusammenrollte. »Was haben wir bloß gemacht, bevor wir diesen Hund hatten?«, wollte Lauren von Josh wissen.

»Du meinst damals, als ich noch die Liebe deines Lebens war?«, gab er grinsend zurück, während er gerade kochte.

»Warst du das wirklich? Oder habe ich nur auf Pebbles gewartet?«, sagte sie, und er lachte. Ihn zum Lachen zu bringen, war wie eine olympische Medaille zu gewinnen, dachte Lauren, während sie Pebbles den Kopf streichelte. Seine Art von Verstand ließ nicht viel Platz für Humor, daher bedeutete ihr sein Lachen … ein gelegentlicher Scherz von ihm die Welt. »Nicht wahr, Pebbles?«, flüsterte sie. »Du musst wirklich an deinen Witzen arbeiten, Fräulein.«

»Bevor wir essen …«, sagte er und drehte den Herd ab, »habe ich ein Geschenk für dich.«

»Hurra! Ein Pferd?«

»Ähm … nein. Aber es macht wirklich Spaß, und du kannst darauf sogar durch die Gegend sausen.«

Er ging in sein Arbeitszimmer, und sie wartete. Einen Moment später kam er heraus und schob ein …

Ein Elektromobil.

Sofort schnürte sich ihr Hals zu. Nicht weinen, nicht weinen, nicht weinen, sagte sie sich, doch sie ballte die Fäuste. So etwas sollte sie nicht brauchen müssen! Sie war noch keine dreißig! Er hätte ihr ein verdammtes Pferd besorgen sollen. Oder ein Motorrad.

Er lächelte, aber ihre Traurigkeit spiegelte sich in seinen dunklen Augen. Er wusste, das war ein abscheuliches Geschenk.

Und er wusste, dass sie es brauchte.

Es war praktisch. Es war durchdacht. Sie könnten damit mehr unternehmen.

Also lächelte sie Josh strahlend zu, und nach einer Sekunde schlug es sogar in ein echtes Lächeln um. »Das ist ein verdammt sexy Scooter«, sagte sie.

»Bitte sag mir, dass du Leder tragen wirst, wenn du damit fährst.«

»Natürlich! Rotes Leder, glaube ich.« Sie stand von der Couch auf und ging um das Teil herum. Es war ein Spitzenmodell – nicht überraschend – und sah für ein Elektromobil so schnittig wie möglich aus. Von vorn wirkte es sogar fast wie ein Motorrad. Josh hatte gewusst, dass ihr das dabei helfen würde, es weniger demütigend zu finden. Ein Schwall von Liebe zu ihrem Mann trieb ihr die Tränen in die Augen – und diese Tränen ließ sie zu. Sie küsste Josh auf den Hals und umarmte ihn dann. »Ich liebe es. Ich werde es Godzilla nennen. Jedes Bike braucht einen Namen. Komm, wir weihen es ein.«

Sie kletterte darauf, drückte den »Vorwärts«-Knopf und lachte dann, als es ruckartig einen Satz nach vorn machte. Pebbles sprang kläffend auf, und Lauren fuhr in einem engen Kreis herum. »Uii! Das macht Spaß, Schatz! Komm, jetzt probier du mal.«

Er tat es. Er fuhr den Flur entlang, versuchte, in zwei Zügen zu wenden, und blieb stecken, und sie lachten beide, bis ihnen der Bauch wehtat.

Von da an fiel es ihr wirklich etwas leichter, Spaziergänge zu machen und draußen zu sein. Die Tatsache, einen Scooter zu brauchen, wurde dadurch aufgewogen, wie mühelos sie sich jetzt bewegen konnte. Sarah kam eines Abends vorbei, schmückte die Rückseite des Sitzes mit Herz-Aufklebern und schenkte ihr eine Lufthupe, um rücksichtslose Fußgänger zu Tode zu erschrecken.

Lauren und Josh durchkämmten Providence nach guten Wegen – die Kieswege im Blackstone-Boulevard-Park, der Botanische Garten im Roger-Williams-Park, der India-Point-Park oder der schöne Campus des Colleges von Providence. Wenn sie draußen unterwegs war, fühlte Lauren sich weniger invalide, obwohl sie am Sauerstoff hing und ein Elektromobil fuhr. Sie hatte die kalte Luft immer schon geliebt, in der ihr auch das Atmen leichter fiel. Godzilla erlaubte ihr, öfter draußen zu sein, also war das ein Gewinn. Sie liebte es, so schnell wie möglich zu fahren und dann umzukehren, Josh oder Jen und die Kinder anzutreiben und ihnen zu sagen, sie sollten sich beeilen. Sebastian liebte es, auf ihrem Schoß mitzufahren; wieso hatte sie je gedacht, dass sie eine Niederlage einräumen würde, indem sie einen Scooter benutzte? Godzilla ließ sie in den Augen ihres Neffen sogar noch cooler aussehen, und das bedeutete ihr alles.

Eines Abends hatte Lauren sich dick in einem pinken Wollmantel, Schal, Mütze und Handschuhen eingepackt. Sie gingen/rollten den Blackstone Boulevard entlang und bewunderten die prächtigen Häuser und Weihnachtsdekorationen. Eine vertraute Gestalt kam mit schwingendem blonden Pferdeschwanz auf sie zu gerannt. »Sarah!«, rief Lauren. »Hey, du!«

»Hey!« Sarah blieb stehen. »Wie geht’s?«

»Großartig! Du siehst total fit aus!« Sarah, die enge schwarze Laufkleidung trug, wirkte wie Catwoman.

Sarah lächelte. »Wie macht sich Godzilla?«

»Toll. Willst du mal fahren?«

»Ja!«

Lauren stieg ab und nahm ihren tragbaren Sauerstofftank aus Godzillas Korb. »Dann los. Ich würde gern ein wenig gehen.«

»Bis später, ihr Loser!«, sagte Sarah, winkte und sauste mit Volldampf davon. »Das ist großartig«, schrie sie über die Schulter.

»Jetzt können wir gehen wie normale Menschen«, meinte Lauren und nahm Joshs Hand.

»Normalität wird überschätzt«, gab er zurück. »Aber das ist toll.«

Es war eine Weile her, seit sie sich an den Händen gehalten hatten und einfach so herumgeschlendert waren. Um sie herum breitete sich wunderschön der Herbstabend aus: Kamingeruch, der Duft von Laub und ein Hauch von Kälte hingen in der Luft.

»Dieses Haus gefällt mir«, sagte Josh und blieb vor einem weitläufigen viktorianischen Haus stehen. Drinnen brannte Licht, und der Garten war geschmackvoll mit weißen Lichterketten, die präzise um ein paar Bäume geschlungen waren, für die Feiertage geschmückt. Es sah aus wie eine Weihnachtskarte, so gemütlich und schick und einladend. Lauren hatte ihren Mann im Verdacht, bloß stehen geblieben zu sein, damit sie sich ausruhen konnte, und war dankbar dafür. Immer langsam und leicht, langsam und leicht, füll diese Lungen so weit, wie du kannst.

»Was für ein Haus sollen wir uns kaufen?«, fragte sie.

»So eins wie das hier wäre nett.«

»Aber in der Großstadt.«

»Wo immer du willst, Schatz.«

Der Gedanke, dass sie nicht lange genug leben würde, um sich ein Haus auszusuchen, flog, schnell wie ein Kolibri, durch ihren Kopf und war gleich darauf wieder verschwunden. »Das hier gefällt mir wirklich«, meinte sie. »Oder das aus Backstein da drüben. Sehr beeindruckend, so wie mein genialer Mann es verdient.«

»Es ist echt riesig. In diesem Haus könnten wir zehn Kinder großziehen.«

»Zehn, was? Gesprochen wie ein Mann. Ein paar müssten wir vielleicht adoptieren.«

»Ist mir recht.« Er küsste sie, und sie zog ihn fest an sich. Sein Mund fühlte sich an ihrem so perfekt an.

»Auseinander, ihr Turteltäubchen«, ließ sich Sarahs Stimme hören. »Versucht ihr, mich neidisch zu machen?«

»Wie wär’s, wenn wir zusammen essen gehen?«, fragte Lauren. »Wir drei. Und komm von Godzilla runter. Er fehlt mir, und wenn du ihn kaputt machst, bringe ich dich um.« An diesem Abend war sie schrecklich erschöpft, aber sie mochte noch nicht nach Hause gehen.

Sie tauschten die Plätze und machten sich zu Declan’s auf, einer irischen Bar in der Hope Street. Lauren kam ein Gedanke. Eines Tages würde vielleicht Sarah Joshs Hand halten. Sie würde seine Frau sein. Es wäre beruhigend zu wissen, dass Josh eine nette, fürsorgliche, kluge zweite Frau haben würde … jemanden, der sie gekannt hatte und begreifen würde, dass er Lauren immer ein winziges bisschen mehr lieben würde.

Sie verdrehte die Augen über sich selbst und ließ Godzilla ein wenig schneller rollen. Nicht heute, Satan, nicht heute.

5

JOSHUA

Drei (oder vier?) Wochen nach Laurens Beerdigung

März

Während einer unbestimmten Abfolge von Tagen nach der Beerdigung seiner Frau sah Joshua Park, Bachelor of Fine Arts (summa cum laude), Master of Science in biomedizinischem Design (ebenfalls summa cum laude) und Doktor des Maschinenbaus, fern. Nicht seine üblichen Sendungen – The Great British Bake Off und Star Trek, das Original –, sondern Kochshows, in denen hektisch in den Laden gerannt wurde oder Gerichte aus Klapperschlangen und Wassermelone zubereitet wurden. Diese Dokudramas über antike Schlachten. Leute in Alaska, die nach Gold suchten. Menschen, die vermüllte Häuser säuberten.

Ihm ging es gut. Es war in Ordnung. Bei den Sendungen schlief er ein, was Sinn der Sache war. Er fühlte sich wie betäubt und begrüßte das Gefühl.

Er aß. Oder auch nicht. Es war entweder das eine Extrem oder das andere – eine ganze Pizza auf einmal, sodass ihm die nächsten zwölf Stunden übel war, oder völlig strukturlose Tage ohne Essen, die nur durch den Signalton seines Handys unterbrochen wurden, denn er hatte sich einen Wecker gestellt, um Pebbles zu füttern, damit sie nicht verhungerte. Seine eigene Nahrungsaufnahme erschien ihm unwichtig. Bevor er mit Lauren zusammengekommen war und während der ersten Zeit, in der sie einander gedatet hatten, war er so gewesen – chaotisch, und er hatte nur gegessen, um zu überleben, nicht aus Genuss. Das hatte Lauren in den Wahnsinn getrieben. Vom dritten Date an hatte sie die Organisation seines Lebens in die Hand genommen.

Sollte sie es doch wieder tun! Sollte sie doch zurückkommen und gleich loslegen.

Er blickte sich in der Wohnung um und war entsetzt über die Unordnung. Lauren würde das hassen. Sie war sehr ordentlich – gewesen – und hätte es verabscheut, ihre Wohnung so zu sehen. Er hatte schon eine Dreiviertelstunde geputzt, als ihm klar wurde, dass er für sie sauber machte. Für den Fall, dass sie nach Hause kam.

Wenn Leute anriefen, behauptete er, ihm gehe es ganz gut. Er komme zurecht. Halte sich tapfer. Aber er sah immer wieder zur Tür, genau wie Pebbles. Der arme Hund begriff nicht, warum seine Besitzerin nicht wiederkam. Pebbles hatte immer bei ihnen geschlafen, aber Josh ertrug den Gedanken nicht, in dem Bett zu liegen, das er mit seiner Frau geteilt hatte. Pebbles und er nächtigten jetzt in dem Gästezimmer am Ende des Flurs.

Er wollte nicht arbeiten. Ihm war egal, was in der Welt oder im Land passierte. Er fuhr seinen Computer herunter und richtete eine automatische Antwort für E-Mails ein, in der er erklärte, er nehme sich nach einem Todesfall in der Familie einige Zeit frei.

Am Tag nach der Beerdigung waren Jen, Darius und die Kinder gekommen, um Pebbles vorbeizubringen. Der kleine Sebastian war in der Wohnung umhergerannt, hatte Türen aufgerissen und unter der Couch und in den Küchenschränken gesucht. »Wo ist Tante?«, hatte er wissen wollen. »Hat sie sich versteckt? Sie ist nicht tot! Nein! Sie versteckt sich!« Ein Trotzanfall mit viel Geschrei war gefolgt. Josh wusste genau, wie er sich fühlte. Darius hatte sich entschuldigt und war mit den beiden Kindern gegangen.

Gemeinsam zu trauern, stellte Josh fest, war schlimmer als allein. Sein eigener brennender Schmerz war schockierend – eine körperliche Qual, unter der er sich krümmte, mit den Händen über dem Kopf, als müsse er einen Schlag abwehren.

Aber zuzuschauen, wie Jen im Bad in ein Handtuch schluchzte oder an dem Pullover roch, den Lauren so oft getragen hatte, war ein Gefühl, als würde ihm das Herz herausgerissen und zusammen mit Glasscherben durch den Wolf gedreht. Der Anblick von Donna, seiner Schwiegermutter, die mit zitternden Lippen ein Foto von Lauren streichelte und plötzlich zwanzig Jahre älter aussah, schockierte ihn unendlich. Seine eigene Mom, wie sie mit vom Weinen geschwollenen Gesicht versuchte, ihre Tränen zu verbergen, indem sie seine Küchenarbeitsflächen schrubbte. Ben, der wortlos seine Schulter drückte, während er den Blick von einem Bild von Lauren an ihrem Hochzeitstag abwandte. Ben war sein Trauzeuge gewesen.

Ja. Allein war definitiv der richtige Weg. Ohne seine Familie, oder ihre, fühlte es sich nicht so real an. Wenn er abends mit dem Hund auf der Couch saß und alle Lichter ausschaltete, konnten Pebbles und er so tun, als würde Lauren jeden Moment durch die Tür kommen.

Es war anstrengend. Es war, als schwimme er in heißem schwarzen Teer. Er machte sich Sorgen um Donna und Jen, die schon Dave, Laurens geliebten Vater, verloren hatten. Er sorgte sich um seine Mutter, die sich immer Gedanken gemacht hatte, Josh würde womöglich nie eine Frau finden, und so froh gewesen war, als es doch passiert war; und die jetzt einen dreißigjährigen Sohn hatte, der Witwer war. Er machte sich Sorgen, Pebbles könnte an gebrochenem Herzen sterben. Er machte sich Gedanken, er selbst könnte sterben und danach käme nichts, keine Jenseitigen Gefilde, kein Leben nach dem Tod, kein Wiedersehen, und dann fragte er sich, ob es den Versuch wert wäre.

Kurz gesagt, sein Leben war ruiniert.

Nachts fuhr er aus dem Schlaf hoch, um nach ihr zu sehen. Streckte die Hand nach ihrer Seite des Betts aus und sorgte sich um ihre Atmung, nur um einen Moment später zu realisieren, dass sie ja tot war. Morgens stand er auf und setzte Wasser für ihren Tee auf. Eines Abends rief er durch den Flur nach ihr, bevor es ihm wieder einfiel. Manchmal erwachte er und fragte sich, ob er ihre ganze Ehe nur geträumt hatte.

Tot. Das Wort klang genauso, wie es war. Hart. Ausdruckslos. Hässlich und kalt.

Seit ihrer Diagnose war es sein Job gewesen, sich um sie zu kümmern. Ach, er hatte zwischendurch auch irgendein medizinisches Gerät entworfen und es an Johnson & Johnson verkauft, aber die meiste Zeit hatte er versucht, sie zu retten. Er hatte jeden wissenschaftlichen Artikel über IPF gelesen, den er finden konnte. Er hatte mit Ärzten, Stiftungen, Patienten und Pharmaforschern gesprochen, und die verzweifelte Suche nach einem Ausweg hatte ihn jeden Tag Stunden gekostet.

Und dann ihre eigentliche Pflege. Er hatte für sie gekocht, die übliche Hausarbeit erledigt, ihre Rezepte eingelöst, sie zu ihren unzähligen Arztterminen begleitet, mit der Versicherung gestritten. War mit ihr spazieren gegangen, hatte ihre Atemtherapie durchgeführt und ihre Sauerstoffsättigung überwacht. Sie ins Badezimmer gebracht, wenn ihre Medikamente so schlimmen Durchfall hervorriefen, dass er sie auf der Toilette festhalten musste, weil sie zu schwach gewesen war, um allein darauf zu sitzen. Während des letzten halben Jahres hatte er ihr fast täglich beim Duschen geholfen. Er hatte dafür sorgen müssen, dass sie ihre Medikamente zu den festgesetzten Zeiten einnahm. Sichergehen, dass sie ausreichend Sauerstoff hatte. Dass sie genug aß. Dass sie genug schlief, glücklich genug war, Unterhaltung hatte, sich ausreichend geliebt fühlte.

Und er vermisste jede Sekunde davon. Er hätte sich den Arm abgehackt, um diese Zeit zurückzuholen.

Er war verloren. Vollständig und restlos verloren. Der Josh, der Laurens Ehemann gewesen war, existierte nicht mehr, und alles, was noch übrig war, war … das hier.

Pebbles war sein einziger Grund, die Wohnung zu verlassen. Manchmal, wenn er zu erschöpft war, um sich mit der Außenwelt auseinanderzusetzen, ging er mit ihr auf die Dachterrasse, damit sie ihr Geschäft da oben erledigte. Er war nicht allzu stolz darauf, seinem Hund dabei zuzusehen, wie er sich dort erleichterte, wo Lauren und er so viele schöne Abende verbracht hatten – sie hatte am Rand gesessen und er genau in der Mitte, da er Höhe nicht mochte –, aber er konnte sich nicht genug Schuldgefühle einreden, um mehr zu tun. Die Möwe, die zugesehen hatte, wie er seine Sachen von der Beerdigung verbrannte, schien immer noch da zu sein und ihn zu verurteilen. Ihr Pech. Es war Winter und saukalt. Oder vielleicht war es Frühling. Er hatte keine Ahnung. Es spielte keine Rolle.

Ihre »lebende Urne« wurde geliefert – Erde, Düngemittel, der Setzling. Er konnte sich nicht daran erinnern, sie bestellt zu haben, aber so musste es gewesen sein. Sie hatte die Seite auf seinem Laptop markiert. Joshua stand an der Küchentheke, musterte das Set und die Asche seiner Frau und machte sich an die Arbeit.

Lauren hatte Pflanzen geliebt. In Kübeln auf dem Dachgarten hatte sie Kräuter und Blumen gezogen und für ihr gemietetes Haus am Cap Hängeampeln gekauft. Ihre Wohnung war voller Pflanzen, was ihn daran erinnerte, dass sie wahrscheinlich gegossen werden müssten. Er blickte sich um. Nein, zu spät. Sie sahen alle aus, als wären sie eingegangen.

Während er die Gebrauchsanleitung befolgte, seine Frau mit den Zusatzstoffen und der Erde mischte, die die Firma für die lebenden Urnen geliefert hatte, war ihm beinahe fröhlich zumute. Er konnte sich vorstellen, wie sie hereinkam. »Was machst du, Schatz?«

»Ich pflanze deinen Baum.«

»Oh, cool! Sieh zu, dass die Wurzeln nicht zu stark gedrückt werden.«

»Wird gemacht, Babe«, sagte er laut. Pebbles hob den Kopf, um ihn anzusehen.

Diese Pflanze würde nicht eingehen. Wenn doch, würde er sich umbringen. Plötzlich überfiel ihn Panik, und er fuhr seinen Laptop hoch und bestellte ein Messgerät, das Bodenfeuchtigkeit, pH-Wert, Sonneneinstrahlung, Stickstoff, Phosphor und Kalium überwachte. Er las nach, welche Lichtverhältnisse Dogwood-Bäume bevorzugten. Der beste Raum in ihrer Wohnung wäre ihr Schlafzimmer.

Er würde also hineingehen müssen.

Er tat es, verbrachte aber keine Sekunde länger dort als nötig. Dann schlief er auf der Couch ein und hoffte, dass er von ihr träumen würde.

Seit ihrem Tod hatte er oft von ihr geträumt. In einem Traum kam er nach Hause, und sie machte in der Küche sauber. »Ich bin nur für ein Weilchen zurückgekommen«, erklärte sie. »Gott, was für ein Chaos!«, oder sie war im Haus ihrer Mutter, und als er hereinkam, wollte sie gerade auf den Dachboden gehen. »Lauren!«, sagte er, und sie stürzte sich lachend in seine Arme.

Der schlimmste Traum war eine beinahe exakte Kopie ihrer letzten Stunden im Krankenhaus; eine Erinnerung, an die zu denken Josh sich im Wachzustand verbat. Doch in seinem Traum setzte sie sich am Ende auf. »Ich fühle mich besser!«, sagte sie. »Wie geht’s dir?«

Wenn er daraus aufwachte, war das so grausam, dass Josh das Gefühl hatte, jemand hätte ihm einen Baseballschläger vor die Brust gebrettert. Warum sollte Gott ihm diesen Traum schicken? Josh war als Christ aufgewachsen – Lutheraner, genau gesagt –, obwohl er nicht wirklich etwas damit am Hut hatte. Aber jetzt fiel es ihm schwer, nicht irgendjemandem die Schuld zu geben. Gott in die Eier treten zu wollen. Na, besten Dank. Wusste ich doch, dass du nicht existierst.

Jen schrieb ihm jeden Tag. Sie war die Einzige, die Josh ertragen konnte, und auch nur deshalb, weil Lauren sie so geliebt hatte. Darius meldete sich jeden vierten Tag bei ihm und fragte, ob er Gesellschaft gebrauchen könne oder die Wohnung verlassen wolle. Donna pflegte anzurufen und tränenreiche Nachrichten auf seiner Mailbox zu hinterlassen, und er rief sie dann pflichtbewusst zurück. Jen bat sie schließlich, ihm Freiraum zu lassen, was Donna sehr persönlich nahm, aber Josh hatte einfach nicht die Kraft, sich etwas daraus zu machen.

Eines Tages, als sein Haar sich klebrig anfühlte, duschte er und stand unter dem Wasserstrahl, ohne beurteilen zu können, ob er zu heiß oder zu kalt war. Was tat er hier noch mal? Ach ja, Hygiene. Laurens Shampoo und Duschgel standen noch auf der Ablage. Er öffnete den Deckel und sog den Duft ein, und dann fand er sich plötzlich auf dem Boden der Dusche kauernd wieder. Der Schmerz über ihren Verlust schüttelte ihn am ganzen Körper, und die Geräusche, die aus seinem Mund drangen, waren Furcht einflößend und unaufhaltbar. Schließlich schlief er erschöpft und zerschlagen dort ein und wachte erst auf, als das Wasser eiskalt geworden war. Lauren wäre entsetzt gewesen, ihn so weggetreten vorzufinden. Sollte sie doch. Sollte sie doch hereinkommen. »Herrgott, Josh, was machst du bloß?«, würde sie sagen. »Sei nicht so ein Loser, Schatz!« Das sagte sie gern zu ihm, doch ihr Ton war immer neckend gewesen und ihre Stimme von Liebe erfüllt.

Er erwischte sich dabei, wie er ihre gemeinsamen Bilder betrachtete, die Lauren überall in der Wohnung verteilt hatte. Ihr Hochzeitstag. Hawaii. Silvester, als sie hier eine richtige Party gegeben hatten; Joshs erste überhaupt. Lauren, wie sie Sebastian auf dem Rücken trug. Mit seiner Mutter an deren Geburtstag. Mit ihrer Familie bei der Hochzeit. Sie beide zusammen in Paris. Sie beide zusammen in der Karibik. Der Tag, an dem sie Pebbles zu sich geholt hatten. Mit Octavia auf dem Arm im Krankenhaus.

Zu wissen, dass er ihre Krankheit nicht aufhalten konnte, und daran zu glauben, doch ein Mittel zu finden, waren zwei verschiedene Dinge gewesen. War er nicht der Star der Rhode-Island-Designhochschule? Der Brown-University? Hatte er nicht einen verdammten Doktor vom Massachusetts Institute of Technology? Hatte er nicht in den letzten zehn Jahren neun Patente für medizinische Geräte verkauft, von denen fünf bereits auf dem Markt waren? Er war ein amtlich beglaubigtes Genie, und sein Lebenssinn war es gewesen, ihr Mann zu sein und sie zu beschützen. Und er hatte versagt. Hatte sie enttäuscht.

Er sollte etwas essen, dachte er und riss den Blick von dem Foto los. Stattdessen legte er sich auf die Couch und schlief ein.

Lauren ging ein großes Stück vor ihm am Strand entlang. Sie waren am Cape Cod, aber die Spinner-Delfine, die sie auf Hawaii gesehen hatten, sprangen aus dem Meer, und Lauren rannte voraus, um sie besser sehen zu können. Er konnte sie nicht einholen, weil er immer wieder auf dem Sand ins Stolpern kam. Die Steine am Ufer schlugen zusammen und erzeugten ein rhythmisches Klappern, und Laurens langes rosa Sommerkleid war jetzt nur noch ein Punkt in der Ferne. Das Klacken wurde lauter, ein Poltern, Klopfen, Bellen …

Mit einem Ruck fuhr er hoch. Pebbles kläffte, und jemand klopfte an die Tür. »Still«, sagte er scharf zu dem Hund, der sofort gehorchte, sodass er sich grausam und gemein vorkam.

Das Klopfen hörte auf. »Josh? Ich bin’s, Sarah.«

Mist. Er wollte niemanden sehen. Vor allem nicht Sarah, die viel zu gesund war. Warum hätte nicht stattdessen sie …

»Josh? Es ist wichtig.«

Er hievte sich hoch, wobei sich die Decke um seine Beine knüllte. »Ähm, es passt gerade nicht«, sagte er, nachdem er näher an die Tür herangetreten war, damit sie ihn hören konnte. Seine Stimme klang merkwürdig in seinen Ohren.

»Ich weiß. Mach trotzdem auf.«

»Kannst du nicht ein andermal wiederkommen … ähm, zum Beispiel nächste Woche?«

»Nein.«

Er lehnte sich an die Tür und fuhr sich mit einer Hand durchs Gesicht.

»Joshua. Mach auf, sonst wähle ich den Notruf und lasse die Tür von der Polizei aufbrechen, zu deinem eigenen Schutz.«

Sie arbeitete beim Sozialen Dienst, daher vermutete er, dass sie es ernst meinte.

»Josh. Ich habe jeden zweiten Tag bei dir angerufen, und du bist kein einziges Mal rangegangen. Bitte mach die Tür auf. Du bist nicht der Einzige, der im letzten Monat getrauert hat.«

Herrgott. Ein Monat war seit dem Tod seiner Frau vergangen? Es kam ihm wie zehn Jahre vor. Andererseits schien es erst dreißig Sekunden her zu sein.

Er öffnete die Tür, und Sarah zuckte zusammen und umarmte ihn. Er klopfte ihr auf die Schulter und hoffte, sie würde damit aufhören.

»Du riechst grauenhaft«, meinte sie und drückte ihn fester.

»Tut mir leid«, sagte er und trat zurück.

Sie kam herein und bückte sich, um Pebbles zu streicheln. »Hi, Süße! Du hast mir gefehlt!« Pebbles wedelte fröhlich, und Josh spürte einen Anflug von Groll. Das war Laurens Hund. Lauren sollte diejenige sein, die Pebbles streichelte und sie Süße nannte.

Was töricht war, das wusste er.

Sarah richtete sich auf, wischte sich die Augen und sah sich in der Wohnung um. »Ach, du meine Güte.«

Er hatte die Jalousien heruntergelassen, um die Welt da draußen auszusperren, die Sonne. An diversen Stellen standen Essensverpackungen, einige voll, andere leer. Ihm fiel ein Pizzakarton unter dem Sofatisch auf, an dem eine Ecke abgekaut war. Pebbles musste ihn davongeschleppt haben. Hoffentlich nicht, weil sie hungrig gewesen war.

»Also.« Sarah stemmte die Hände in die Hüften. »Ähm … warum gehst du nicht duschen, und ich räume ein wenig auf? Mache die Fenster auf und lasse ein wenig frische Luft herein?«

»Ich wollte mich gerade etwas hinlegen.«

»Geh duschen, Josh.« Er öffnete den Mund, um Einwände zu erheben. Doch dann fehlte ihm die Energie dazu, und er trottete über den Flur zum Bad.

Als er Sarah damals vorgestellt worden war, hatte er sie nicht besonders gut leiden können. Die beiden Frauen waren seit der Grundschule befreundet gewesen. Josh fragte sich allerdings, ob sie auch Freundinnen geworden wären, hätten sie sich erst als Erwachsene kennengelernt. Sarah hatte etwas Hartes an sich, eine subtile Feindseligkeit Lauren gegenüber, die ab und zu aufblitzte wie ein Stück Glas im Sand. Er hatte es sofort bemerkt, und es fiel ihm jedes Mal wieder auf, wenn sie sich begegneten, während ihrer Verlobungszeit und sogar bei ihrer Hochzeit. Sie tat alles, was verlangt wurde, aber es war klar, dass sie Lauren beneidete.

Andererseits, wer hätte nicht so reagiert? Seine Frau war immer schon der hellste Stern am Himmel gewesen.

Doch nach der Diagnose war Sarah wie ein Fels in der Brandung gewesen. Die perfekte Freundin für Lauren. Sie hatte sogar ihn unterstützt.

Er duschte und seifte sich lustlos ein, dann zog er sich nicht schmutzige Sachen an und ging ins Wohnzimmer. Sarah hatte die Jalousien hochgezogen, die Fenster geöffnet und jede Menge Fastfood-Behälter und Pizzakartons weggeworfen. Sich häuslich niedergelassen, wie er feststellte. Jetzt benutzte sie diesen komischen kleinen Mopp, der Hundehaare anzog. Swiffer, so hieß er. Es verdross ihn, dass sie wusste, wo alles war.

Abgesehen davon klebten wirklich eine Menge Hundehaare an dem Swiffer-Tuch. Sarah nahm es ab, warf es in den Müll und zog geschickt ein neues auf.