Partnerschaften im Lichte eines spirituellen Christentums - Franz Weber - E-Book

Partnerschaften im Lichte eines spirituellen Christentums E-Book

Franz Weber

0,0

Beschreibung

Partnerschaften haben es heute schwer, da ihnen in unserer westlichen Kultur oftmals eine geistige Grundlage fehlt, woraus sie Hilfen und weiterführende Impulse empfangen können. Nur aus irdischen Gesichtspunkten eine Beziehung längerfristig durchzutragen, wird nicht mehr so einfach sein, da es heute genügend andere Möglichkeiten gibt, den Schwierigkeiten und Herausforderungen in einer Partnerschaft aus dem Wege zu gehen. Nur wenn wir in Partnerschaften auch eine spirituelle Aufgabe und Wachstumsmöglichkeit erblicken können, werden sie sich gemeinsam zu einem höheren Ziel hinbewegen. Dazu soll in dieser Schrift eine psychologische, astrologische und anthroposophisch-hermetische Grundlage angelegt werden, die eine spirituelle Wegweisung beinhaltet, damit Gemeinschaften nicht im allzu Persönlichen verhaftet bleiben, sondern mit der "großen Welt" verbunden sein können.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 210

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Für Angela gewidmet

Inhaltsverzeichnis:

Einführung

Kapitel 1: Der Einzelne und die Gemeinschaft

Einleitung

Psychologischer Ansatz

Astrologische Einführung

Anthroposophischer Ansatz

Das trinitarische Prinzip als Ausdruck des Göttlichen

Kapitel 2: Geschichtliche Entwicklungen und soziologische Aspekte

Einleitung

Gemeinschaftsfragen und spirituelle Entwicklung

Heilige Hochzeit

Kommende Kultur

Kapitel 3: Spiritualität und Sexualität

Einleitung

Liebe und Sexualität im Zeichen des Gral

Tantra in Ost und West

Kapitel 4: Der partnerschaftliche Weg zum Geist

Einleitung

Begegnung im Geiste

Sich auf den Weg machen - Ein Ritual

Kapitel 5: Heiliger Bund

Einleitung

Zur großen Göttin

Vollendete Liebe

In der Liebe sein

Kapitel 6: Liebe, Sexualität und Christentum

Einleitung

Mysterienspiele in der christlichen Kultur

Salome

Maria Magdalena

Mutter Maria und Isis - Sophia

Paarbildung im Geiste des Christentums

Nachwort

Literaturverzeichnis

Motto: „Wenn Menschen zusammen das Geistige in

innerer Echtheit suchen, dann finden sie auch

Wege zueinander von Seele zu Seele."

Rudolf Steiner

Einführung

Das Ziel dieser Schrift und mein persönlicher Wunsch ist es, dass ein Beitrag geleistet wird zur Verständigung der verschiedenen spirituellen, psychologischen und wissenschaftlichen Disziplinen und Wege, ohne jedoch in eine Vereinheitlichung oder „Verwässerung” einzumünden.

Immer noch erfährt das religiöse Leben zum geistig-spirituellen Streben eine Kluft, wie zum Beispiel bei den meisten kirchlichen Konfessionen zu den esoterischen Lehren der Astrologie, der Magie oder der Hermetik; oder die Psychologie zur Anthroposophie, östliche spirituelle Wege zu christlichen Einweihungswegen, die Naturwissenschaft zur Religion und so weiter, wobei diese sich durchaus gegenseitig befruchten und ergänzen können oder auch weitergeführt werden dürfen.

Manche Gruppierungen und spirituelle Strömungen führen noch ein gering geschätztes, kaum beachtetes und erkanntes Schattendasein, wie zum Beispiel die eigentlichen europäischen Kulturen eines esoterischen Kelten- und Germanentums, wogegen wiederum östliche Praktiken und Philosophien sehr in Mode sind.

Es gilt für jeden Strebenden, seine eigenen „Wurzeln“, sein inneres spirituelles Zuhause in einer Strömung zu finden, sich daran anzuschließen und es dem heutigen, praktischen, realen und individuellen Alltagsleben einzuverleiben und dementsprechend umzuwandeln. Dann erst ist eine fruchtbare Beziehung zu fremden Kulturen möglich, ohne der eigenen Kultur und deren Aufgabe zu entfremden.

In ähnlicher Weise verhält es sich mit der Verbindung von Männlichem und Weiblichem. Im Zeitalter des Patriarchats waren Frauen mehr oder weniger von einer offiziellen okkulten Schulung ausgeschlossen. Doch spirituelles Wachstum beruht ja gerade in der Integration und in der Auseinandersetzung mit dem Fremden und Andersartigen und dann auch mit dem Unbewussten und erfährt dadurch erst eine Steigerung und Weiterführung. So kann folglich im Erkennen und Veıwandeln von matriarchalen und patriarchalen Seelenfähigkeiten in der Zukunft auch eine neue Form des Zusammenlebens der Geschlechter beginnen und entstehen.

Wenn in früheren Zeiten Einweihungsriten in verborgenen, abgeschirmten Mysterienstätten vollzogen wurden, meist unter strenger Führung und asketischer Zurückgezogenheit von der Alltagswelt, so ist heute gerade der Alltag und vor allem das soziale Leben der Schauplatz für geistig-seelische Entwicklungsmöglichkeiten.

Ganz besonders ist es ein spiritueller Weg, mit dem Lebenspartner zu reifen, durch Prüfungen zu gehen und zwar in einem Körper, Seele und Geist umfassenden Sinne, der die Liebe auf allen Ebenen zum Ziel haben kann. Dies erfordert auch eine Annäherung an tantrische Lehren und wie diese heute sinnvoll eine Metamorphose erfahren können.

Doch will ich nicht bei der Beschreibung einer persönlichen Beziehung zu einem Menschen stehenbleiben, also bei einer Zweierbeziehung, denn daraus kann als Erweiterung eine fruchtbare Partnerschaft zu allen anderen Menschen, zu sich selbst, zur Erde und zur geistigen Welt erwachsen.

So ist der Titel: „Partnerschaften im Lichte eines spirituellen Christentums“ als eine partnerschaftliche Verbindung im weitesten Sinne zu verstehen, wie zum Beispiel als Religion, als Wiederverbindung und zwar mit den Naturreichen, mit den Mitmenschen und mit den göttlich-geistigen Wesen.

Ich bin mir bewusst, dass diese Themenbereiche sehr umfassend sind und ich hier nur einzelne Facetten ergreifen kann, zumal auch verschiedene Abhandlungen gewisse Vorkenntnisse voraussetzen. Es ist mit den folgenden Beiträgen auch gar kein Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit erhoben. Ich betrachte die Ausführungen selbst als Resultat meines geistigen Ringens und hoffe, dass der Leser Anregungen erhält, das Gelesene in sich zu prüfen, weiterzuentwickeln und dadurch vielleicht auch die eine oder andere Frage seines spirituellen und partnerschaftlichen Lebens klären kann, um im eigenen Leben bewusster und erfüllter einem Sinn und Ziel zu folgen, in dem sich letztlich die gesamte Schöpfung wiederfinden kann.

Die hier vorliegende Schrift ist nun der zweite Teil aus dem Gesamtwerk: „Partnerschaft als Einweihungsweg im Lichte des Gral“.

Daraus sind einzelne Abschnitte und Kapitel zum Thema der spirituellen Partnerschaft herausgenommen worden. Leider sind dadurch manchmal die fließenden Übergänge verloren gegangen. Ich bitte dies zu entschuldigen und hoffe, dass der Leser trotzdem einige Anregungen findet, die ihm bei der Verwirklichung seiner persönlichen Lebensgestaltung dienlich sein können.

Ein dritter Teil mit dem Titel: „Spirituelle Partnerschaften im Lichte der Sternenweisheit“ zeigt dann kosmologische und astrologische Prinzipien auf, die in einer spirituellen Partnerschaft zum Tragen kommen können.

Schließlich möchte ich noch allen danken, die mir beim Zustandekommen dieser Schrift in irgendeiner Form behilflich waren und wünsche dem geneigten und wohwollenden Leser ein besinnliches und anregendes Lesen und dann auch ein fruchtbares Anwenden mancher der darin enthaltenen Ideen und Erkenntnisse.

Im Frühjahr 2018 Franz Weber

Kapitel 1: Der Einzelne und die Gemeinschaft

„Dies ist eigentlich nur leben: sich selbst wiederfinden in den

Armen der Liebe; o, die Welt ist so wenig ohne dies.“

Friedrich Schiller

Einleitung

In diesem Kapitel werden zunächst einige Grundlagen erklärt, die für ein weiteres Vorgehen zum großen Thema der Partnerschaft nötig sind. Vor allem sollen verschiedene Begriffe genauer angeschaut werden, da durch unklare Äußerungen oftmals aneinander vorbeigeredet wird, wogegen gerade eine echte und offene Kommunikation bei den vielfältigsten Spannungen und Konflikten im zwischenmenschlichen Bereich notwendig wäre.

Die Zeitgeschichte zeigt uns, wie vor allem in westlichen Ländern ein Individualismus gepflegt wird, wodurch der Einzelne oftmals aus seinem ursprünglichen, familiären und gemeinschaftlichen Rahmen herausgefallen ist und der „Wohlfahrts-Staat“ zukünftig eine vollständige soziale Absicherung auch nicht mehr so leicht anbieten und geben kann. Zudem wurde in den östlichen Ländern Europas wie auch im Westen der Gedanke des Sozialismus bereits zu einer gescheiterten Geschichts-Episode erklärt. So wird einseitig der Individualismus und der Kapitalismus gefördert, leider immer mehr auf Kosten des sozialen Lebens.

Wir haben es hier aber mit einer Urpolarität zu tun. Der Einzelne und die Gemeinschaft sind Polaritäten, die sich auch ergänzen können.

Heutige Bestrebungen des Nationalismus und des Fundamentalismus lassen erkennen, dass, wenn man eine Seite fördert, also die eines liberalen und eigenverantwortlichen Individualismus und die andere Seite, das Soziale und die Verantwortung für das Ganze, für das Gemeinwohl vernachlässigt, es zu Verzerrungen und krankhaften Auswüchsen kommen muss.

Welche Aufgaben können nun Gemeinschaftsbezüge in unserer Zeit erhalten, da alte Sozialformen wie der Stamm, das Volk, die Nation, die Rasse und oftmals auch die Familie die freie und persönliche Entwicklung des Individuums nicht mehr ausreichend fördern können, es aber auch nicht darum gehen kann, das eine auf Kosten des anderen beziehungsweise das Individuelle auf Kosten des Gemeinschaftlichen zu opfern?

In dieser Spannung kann sich ein dritter Weg herausbilden und das soll Inhalt der folgenden Ausführungen sein. Dabei greife ich auf Erkenntnisse aus der Psychologie, der Astrologie und der Anthroposophie zurück, um dann Grundlagen eines spirituellen Weges zu schildern, der gerade in einer Gemeinschaftsbeziehung individuelle Wachstumsmöglichkeiten findet, in dem das „Du“ zum Spiegel und Führer des eigenen Ichs zu einem gemeinsam einigenden, höheren und geistigen Prinzip wird: dem Prinzip der Einweihung oder Initiation. Der Andere initiiert mich, regt an, rüttelt auf, impulsiert, lässt mich wachsen...

In dem nachfolgenden Gedicht wird dies Aussage zusammengefasst:

„Indem wir durch den Nächsten gleichsam

wie durch Luft hindurchschreiten,

stürzen wir in den leeren Raum der Illusion.

Der Nächste steht uns in Wahrheit nicht im Wege,

sondern er steht am Rand des Abgrunds als Schutzengel,

der uns hindert, aus den Realitäten des Lebens

hinaus in die Illusion zu gleiten“

Wolfgang Schütz

Psychologischer Ansatz

a.) Will man das Thema Partnerschaft und Gemeinschaft bewusstseinsmäßig angehen, so ist es zunächst sinnvoll anzuschauen, von welcher Art Beziehungstypen und -Konstellationen sein können, das heißt, mit welchen Wünschen, Motiven und Emotionen wir in eine Beziehung, sei es in eine Freundschaft, in eine Ehe oder in eine sonstige Partnerschaft eintreten.

Die erste Form einer Beziehung wird in der Psychologie als Übertragung angesprochen. Dabei überträgt oder projiziert ein Partner seine Wünsche, Ängste, Sehnsüchte oder auch eigene Mängel auf den Anderen. Das können positive Gefühle sein, die sich bis zum „Anhimmeln“ steigern können, wie zum Beispiel beim Starkult oder auch Antipathien und Abneigungen. Der Andere wird dabei durch eine persönliche „Brille“ betrachtet. Im Verliebtsein spielt diese Komponente eine große und starke Rolle, so dass nach einiger Zeit meistens ein ernüchterndes Erkennen der wirklichen Eigenschaften des Partners zutage tritt.

In dieser Weise des seelischen Zusammenwirkens zeigt sich zumeist eine gegenseitige Abhängigkeit, da ja der Andere mir meine Projektion spiegeln soll und er dadurch in gewisser Weise „unfrei“ ist. Ein sich daraus Lösenwollen kann daher sehr schmerzvoll sein.

Als zweiter Beziehungstyp zeigt sich die heute am meisten gepflegte Art, nämlich die Beziehung schlechthin. Dabei sind gemeinsame Interessen, Pläne, Vorstellungen und Wünsche die Grundlage eines partnerschaftlichen Zusammenkommens. „Gleich und Gleich gesellt sich gern“

Das sind ja auch starke und fest verbindende Kräfte, doch wehe, wenn einer sich verändern möchte, neue Interessen entwickelt und eigene Wege und individuelle Wachstumsmöglichkeiten sucht und der Andere lieber im Altgewohnten verharren möchte, so ist auch da recht schnell eine Grenze des gemeinsamen Wohlfühlens erreicht. Entweder einer gibt nach oder die Beziehung hat sich ausgelebt und man sucht einen neuen Partner, der besser zu einem passt und sofort. Das ist ja heute überall erlebbar.

So will ich einen dritten Weg aufzeigen, bei dem von vorneherein die individuelle Freiheit gewahrt bleibt und nichts fest verplant ist und das gegenseitige Zusammenkommen in einem Vertrauen besteht, dass im jeweiligen Augenblick immer neu erlebt und gehandelt werden kann. Das nenne ich eine Begegnung, wo ja schon im Wort der Gegner, der Andere und „Fremde“ enthalten ist.

Eine Begegnung sollte freilassend sein, spontan, keinen Zweck beanspruchend, kein Erzwingen und Erkaufen wollen beabsichtigen und mit der Bereitschaft, ein feines Hören zu entwickeln, was will oder was braucht der Andere. Sich in den Anderen einfühlen wollen; dann wird auch zur rechten Zeit das richtige Wort folgen. Der Andere stellt mir durch sein Anderssein eine Aufgabe und im Verständnis für die Verschiedenheiten wächst allmählich ein gemeinsames Band. Dieses Verständnis wird vor allem gefördert, indem ich ihn nicht nur in der Gegenwart wahrnehme und erfahre, sondern auch vergangene Entwicklungen, die Kindheit, die Erziehung und so weiter anschaue und auch seine Wünsche und Ziele für die Zukunft mit einbeziehe. So erlebe ich etwas an ihm, das sich nicht unbedingt in seiner äußeren, gegenwärtigen Erscheinung spiegelt.

Dadurch wird es leichter, Unzulänglichkeiten und Fehler anzunehmen und zu verzeihen, denn daraus bildet sich im Laufe der Zeit ein Verstehen, das vom Herzen kommt und zur Grundlage beziehungsweise zur Wurzel wird für eine echte und reife Liebe.

„Man sieht nur mit dem Herzen gut“.

Dieser Weg ist natürlich kein einfacher und immer wieder stoßen wir an eigene Grenzen, das anzunehmen was ist. Dem Anderen im eigenen Herzen Raum geben, ohne Ausgrenzung und Erwartungshaltung, lässt ihn sich öffnen und in einer gegenseitigen Anteilnahme und Offenheit erfahren beide ungeahnte Wachstumsmöglichkeiten. Das will aber auch geübt werden.

Gemeinsam durchlebtes Leid ist eine stark verbindende Kraft, vor allem, wenn wir ganz durchgegangen und hin zu einer neuen Einigung gekommen sind.

„Von allen Menschen fügtest Du den größten Schmerz mir zu, von allen Menschen sollest Du mir der liebste sein.“

Dieser Ausspruch des Novalis kann das bisher Gesagte zusammenfassen.

b.) Es wäre vermessen, wollte ich hier sämtliche psychologischen Schulen anführen, die sich mit dem Thema Beziehung und Partnerschaft auseinandersetzen. Daher sollen hier nur kurz die wesentlichen Gedanken erwähnt werden, die für unser Thema geeignet sind.

Über Sigmund Freud ist schon viel geschrieben und gestritten worden und seine Thesen sind heute in vielen Punkten weiterentwickelt, denn die Beschränkung der menschlichen Seele auf die sogenannten Libidokräfte ist natürlich zu einseitig. Doch gebührt ihm trotzdem eine große Achtung und Ehre, da er am Anfang des 20. Jahrhunderts wirklich ein Tabuthema aufgebrochen hat.

Seine Begriffe vom Es, Ich und Über-Ich sind gut geeignet, um zu sehen, wie der Mensch mit seinem individuellen Ich, mit seiner Persönlichkeit eingespannt ist in die Polarität von Leibeskräften, dem Es, die sich in Begierden, Trieben, Leidenschaften und Wünschen äußern und den Bestimmungen des Über-Ich, worunter moralische Sitten, Dogmen, Gesetze und Verhaltensnormen zu verstehen sind.

Im Ich, in der Mitte dieser Pole, entscheidet sich gerade im Abwägen und Urteilen, ob wir selbstständig und frei Handelnde oder mehr oder weniger von körperlichen oder gesellschaftlichen Zwängen getriebene Wesen sind. Ein starkes Ich erfordert Selbstkontrolle und die Steuerung des Lebens mit der Kraft des Gewissens und der Vernunft; das heißt, wir sollen von Innen heraus, von unsrer Mitte her entscheiden, was gerade jetzt angemessen ist, was richtigerweise für uns zu tun ist.

Zum Anderen erscheinen mir Freuds Erkenntnisse über seelische Abwehrmechanismen sehr hilfreich zu sein im Erüben einer Partnerschaftsfähigkeit. Diese Abwehrhaltungen geschehen meistens unbewust und wenn sie über längere Zeit betrieben werden, können durchaus seelische Konflikte, wie Neurosen oder auch körperliche Krankheiten die Folge sein, da die Seele wachsen und sich entwickeln und nicht aus Angst, Eitelkeit oder Bequemlichkeit zur Stagnation verdammt sein will.

Die erste Art einer Abwehrhaltung ist die Verleugnung schlechthin; gerade wenn es um unsere eigenen negativen Verhaltensmuster geht. Bei Anderen sehen wir deren Fehler meistens ja sehr schnell.

Zudem können zum Beispiel unangenehme Gefühle einfach verdrängt werden. Dabei sind oft schon in der frühen Kindheit durch eine falsche Erziehung viele „Fehler“ als Kind gemacht worden, um nur recht lieb und anständig zu sein und ja nicht anzuecken und dergleichen mehr. Wieviel verdrängte Wut, Trauer, Aggression sitzt dadurch oftmals noch in uns; die psychosomatische Medizin hat in den letzten Jahren darüber wertvolle Arbeiten und Erkenntnisse gewonnen.

Zum anderen können seelische Probleme auch zugedeckt werden, wenn sie nur intellektualisiert und rationalisiert werden. Für viele Ärzte ist zum Beispiel ein Konflikt oder eine Krankheit mit dem medizinischen Begriff und einer verabreichten Medizin erledigt.

Sodann können eigene Fehler und Unzulänglichkeiten Anderen zugeschrieben werden; wir projizieren dabei Eigenes nach Außen. Auch ist die Verkehrung ins Gegenteil oder das Ungeschehenmachenwollen ein Zeichen dafür, dass wir die Verantwortung für uns selbst nicht annehmen wollen. Das kann bis zu magischen Kulten oder esoterischen Symbolhandlungen reichen, wodurch man meint, mit übernatürlichen Kräften und Wesen die eigenen Schwächen und Fehler ausmerzen beziehungsweise seelische Blockaden auflösen zu können. Sicher helfen uns Andere, auch geistige Wesenheiten, doch erkennen, verzeihen, wiedergutmachen und geradestehen für uns und unsere Taten können wir nur selbst.

Desweiteren kennen wir ja auch die mannigfaltigsten Fluchtmechanismen vor einer Aufgabe, wie das sich Zurückziehen, das Tagträumen, die Flucht ins Essen, in die Arbeit und in den Perfektionismus, in Alkohol, Drogen, Sex, Medikamente, Medien und in zwanghafte Vergnügungssüchte oder in ein Abgleiten in regressive, kindliche Verhaltensweisen.

Zuletzt sind noch die Verschiebungen zu nennen, wo zum Beispiel der Ärger im Beruf zu Hause ausgetragen wird oder auch in einem Hobby kompensiert wird oder wo für einen Frust Ersatzhandlungen gesucht werden, wie zum Beispiel beim Einkaufen und in Ablenkungen vielerlei Arten, die die eigentlichen Probleme, auch durch eine geschickte Werbung, verschleiern und sublimieren.

Unsere ganze Zivilisation scheint ja auf solchen Abwehr- und Ersatzmechanismen aufzubauen. Die Frage ist hier folglich, was wird in unserer Seele nicht gesehen und gelebt? Welche Bedürfnisse sind nicht erkannt und gestillt, so dass wir uns mit so vielen künstlichen Ablenkungen täuschen müssen?

Eine annähernde Antwort kann uns nur ein Menschenbild liefern, das den Menschen als ein ganzheitliches Wesen betrachtet, mit Körper, Seele und Geist und nicht nur als eine intelligente „Maschine“, also einem Menschenbild, das religiöse und spirituelle Motive genauso wahrnimmt und achtet wie körperliche und seelische Bedürfnisse.

In der Psychologie war da vor allem Carl Gustav Jung mit seinen Erkenntnissen ein Wegbereiter für eine Betrachtung, die mythologische, astrologische und wissenschaftliche Erfahrungen einbezieht. Er schildert die Entwicklung des Menschen als einen Individuationsprozess, einen Ich-Reifungsprozess, der nicht eine Vollkommenheit, wie zum Beispiel in vielen östlichen Philosophien, zum Ziel hat oder den perfekten Übermenschen eines Friedrich Nitzsche, sondern die Annahme und Integration von allen Anteilen des menschlichen Lebens, also Vollständigkeit. Bewusste Anteile, ebenso wie Verdrängtes und Unbewusstes, weiblich-männliche Seeleneigenschaften, das innere Kind in uns und ein höheres Prinzip, das unser innerster Kern, wie auch uns ganz umfassend ist, das Selbst genannt, bilden erst zusammen den ganzen Menschen.

Der Zugang zu unserem Unbewussten kann durch Träume, Mythen und Märchen gefunden werden und durch eine seelische Reifung und dem „Tod“, das heißt, dem bewussten Verzicht von überholten Verhaltensweisen und den Wandlungen in neue Lebensformen hinein, ist eine Wieder- und Neugeburt möglich, durch die wir seelische Kräfte und Möglichkeiten erfahren, die zuvor ungeahnt waren. Er selbst nennt dies das Mysterium Conjunctionis, wo Bewusstes und Unbewusstes, Männliches und Weibliches, Physisches und Geistiges zu einer echten Einheit verschmelzen, wenn die Kraft des Selbst, auch heute oft das Kindprinzip in uns genannt, zum inneren Führer wird durch alle Lebenskrisen hindurch und aktiv, schöpferisch und in einem liebenden Interesse die Schicksalsaufgaben annimmt und daran reifen kann.

Novalis fasste dies poetisch in einem Gedicht zusammen:

„Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren

sind Schlüssel aller Kreaturen,

wenn die, so singen oder küssen,

mehr als die Tiefgelehrten wissen,

wenn sich die Welt ins freie Leben,

und in die Welt wird zurück begeben,

wenn dann sich wieder Licht und Schatten

zu echter Einheit werden gatten,

und man in Märchen und Gedichten

erkennt die wahren Weltgeschichten,

dann fliegt vor einem geheimen Wort

das ganze verkehrte Wesen fort.“

Wie der Mensch im Äußeren für seine Umwelt erscheint, mit seinen anerzogenen und erworbenen Rollen und Verhaltensweisen, nennt C.G. Jung die Persona, das heißt übersetzt die Maske. Viele identifizieren sich damit und es hat ja auch seine Berechtigung, sich hinter Äußerlichkeiten, Rollen und Verhaltensmustern schützen zu können, doch bleibt so vieles nicht gelebt und wird zum sogenannten Schatten, den wir dadurch nicht sehen wollen oder können.

Schattenanteile müssen nicht immer negativ sein, auch viele ungenützte und unbewusste Talente und Fähigkeiten schlummern in uns. Der Schatten wird des öfteren auch der dunkle Bruder genannt, der Dämon in uns, weil er ein eigenständiges, vom Ich isoliertes Innenleben führt und zu Neurosen und Krankheiten führen kann, wenn er nicht bewusst gemacht, angenommen und integriert wird.

Schattenseiten der Persona werden im allgemeinen mit gleichgeschlechtlichen Menschen aufgearbeitet, während Animus- und Animaanteile der Seele mit gegengeschlechtlichen Menschen bewusst werden können. Der Mann hat seine Animuseigenschaften durch den Körper, die Erziehung und die Kultureinflüsse entwickelt, die Frau entsprechend ihre Animaanteile, während umgekehrt die gegengeschlechtlichen Anima- und Animus-Eigenschaften unbewusst und unentwickelt im Innern verharren und durch einen entsprechenden Partner geweckt werden. Daher fühlen wir uns meist unbewusst von diesem oder jenem Partner angezogen, mit Seeleneigenschaften, die eben unserem unbewussten Animus- oder Anima-Anteil entsprechen.

Es sind dies bestimmte Eigenschaften, die in jeder menschlichen Seele existieren und deshalb Archetypen genannt sind.

Für den Animus ist das:

der Held, das Heldenhafte, Kämpferische - der Krieger

der Unternehmerische, Dominierende und Schöpferische - der König

der Lehrende, Meister, Wissende - der Guru

der Richtungweisende, Formende, Strukturierende - der Richter, der alte Weise.

Für die Anima ist das:

die Nährende, Pflegende, Empfangende - die Mutter

die Wärmende, Liebende - die Geliebte

die Schützende, Behütende - die Priesterin, die Amazonin

die Haltende, Bewahrende, Beständige - die Treue, die Frau als Partnerin.

Dies sind die positiven Seiten. Aus einer Haltenden kann eine Klammernde werden und aus einem Mächtigen ein Tyrann. Wir können jede Seeleneigenschaft eben in einem Mangel oder als Kompensation dazu in einem Übermaß ausleben.

Somit kann der Partner und Mitmensch, der mich anzieht oder auch innerlich abstoßend auf mich wirkt, zu einem Spiegel werden für die eigene Seelenreife. Demzufolge können Anima- und Animusanteile im Annehmen, Erkennen und Verwandeln zu immer reineren Seelenkräften heranreifen. Der Andere und vor allem das andere Geschlecht wird somit zum Spiegel und Führer für die eigene Seele, doch die alles integrierende und ordnende Kraft ist das Selbst, das hohe Ich.

In späteren Kapiteln beziehungsweise in der Schrift: Spirituelle Partnerschaften im Lichte der Sternenweisheit - werden diese Gedanken weitergeführt, so dass es hier vorerst bei dieser kurzen Schilderung verbleiben soll.

Natürlich gibt es in neueren psychologischen Richtungen, wie zum Beispiel in der Familien- und Paartherapie, viele weitere Anschauungen, wie das Einbeziehen von Familienkonstellationen. Genauere Geschlechtsdifferenzierungen und -beschreibungen gibt es in der Verhaltenstherapie oder auch in der biologischen Verhaltensforschung, wo aufgezeigt wird, wie sich der Mensch im Laufe der Evolution verschiedene Verhaltensweisen angelernt hat, die alle in eine Begegnung und Beziehung einwirken können. Eine Aufzählung davon würde jedoch den Rahmen dieser Schrift sprengen. Was für unser Thema wichtig ist, wird hier und da einfließen, wie zum Beispiel Erkenntnisse aus der Transaktionsanalyse, wo wir unter anderem lernen können zu beobachten, welche Rolle wir in einer Beziehung einnehmen, nämlich die Rolle des Eltern-, des Erwachsenen- oder des Kind-Ich. Das sind Verhaltensweisen, die meistens unbewusst und automatisch ablaufen. Ein Bewusstmachen ist jedoch immer der Beginn einer Lösung.

Als Kinder leben und lernen wir durch die Kraft der Nachahmung. Also ist in jedem von uns ein Verhaltensmuster, das durch die Mutter oder durch den Vater vorgelebt wurde. Nicht selten fällt dann in der späteren eigenen Beziehung zum Beispiel die Frau in die Mutterrolle, also in das Eltern-Ich und der Mann in die Kindrolle, die er ja als Kind erlebte. Oder umgekehrt fällt der Mann in die Vaterrolle und die Frau wird in ihrem Verhalten zum Kind.

Sicher sollen wir dem Kind in uns Raum geben und auch der Elternrolle. Doch es sollte meine eigene, bewusst gewählte und gewollte Rolle und mein selbst entworfenes Programm sein, weil ich es für mich so oder so als richtig erkannt habe. Dafür benötigen wir allerdings ein starkes Erwachsenen-Ich, das sich die Fähigkeit aneignet, sich selbst immer wieder einen Spiegel vorhalten zu können und das die eingefahrenen Rollen aufdecken und entwirren kann.

Dem Kind in uns Raum geben heißt auch, die innere Vitalität, die Freude am Neuen, die Entdecker- und Abenteuerlust zu bejahen. Zu einem wirklichen Selbstständigwerden gehört eben auch, dass wir uns von alten Erziehungsmustern und Lebensprogrammen, also von einem „Über-Ich" trennen können und an dessen Stelle neue, aus eigenem Erkennen gewonnene Lebensentwürfe und Ziele setzen.

c.) In neuerer Zeit wandte sich die Psychologie auch näher an die Esoterik heran. Daraus erwuchsen mannigfaltige Erkenntnisse für einen Weg der Gemeinschaft und Gemeinsamkeit.

Der Einzelne entspricht der Eins und gemäß der Mathematik ergibt Eins plus Eins die Zwei. Die Zwei, also die Beziehung, wäre demnach die Summe von zwei Einzelwesen. Das ist quantitativ betrachtet auch richtig. In einer qualitativen Anschauung ist die Eins die ursprüngliche Einheit und die Zwei beziehungsweise die Dualität entsteht durch die Teilung oder Spaltung der ursprünglichen Einheit.

So geschah es ja in fernen Zeiten mit dem Menschen. Die Sehnsucht nach einem Partner resultiert gerade daraus, weil wir als Einzelwesen nicht eine Einheit, ein Ganzes sind, sondern Teil einer Polarität.

J.W.v. Goethe formulierte das Gesetz von der Polarität und im Begegnen dieser polaren Komponenten als ein drittes Prinzip die Steigerung. So wie das Zusammenwirken von Licht und Finsternis erst den Regenbogen entstehen lässt, so kann in der Vereinigung von Mann und Frau ein Drittes entstehen, das nicht unbedingt ein physisches Kind sein muss. Die qualitative Formel lautet hier folglich: 1+1=3.

Ein Drittes wird geboren, das erst in der Begegnung der Gegensätze entsteht, also auch in der seelischen Bewegung von oder besser gesagt, zwischen Nähe und Distanz. Wenn nur Nähe da wäre, käme es zu einer Verschmelzung und damit zur Auflösung der Polarität. Damit wäre aber kein Wachstum, keine Erneuerung mehr möglich.

Ein immer wieder auf sich selbst besinnen und auf sich gestellt sein, lässt die Erfahrung und das Erlebnis des gemeinsamen Zusammenseins auswerten und zum Integrieren im eigenen Persönlichkeitsanteil heranreifen. Das gemeinsam geschlossene Band bleibt auch in der getrennten Zeit bestehen und eine unsichtbare Qualität kann allmählich heranwachsen, die sich irgendwann auch offenbaren möchte: als eine gemeinsame Aufgabe in einem physischen oder „geistigen“ Kind.

Mann, Frau und Kind sind zusammen ein geistiges Urbild und die Urzelle für das soziale Leben. Das Kindprinzip bildet dabei die Mitte zwischen den Polaritäten. Es ist eben nicht festgelegt, dafür offen für alle Seiten und spontan in seinen Handlungen und Entscheidungen. Dieses Urprinzip ist natürlich auch in jedem einzelnen Menschen vorhanden, also hat auch der Mann die „Frau und das Kind“ in sich und ein Irdisch-werden dieser geistigen Urprinzipien, zum Beispiel in einer Familie, zeigt letztlich die seelische Bereitschaft, diese Qualitäten auch in sich selbst annehmen und entwickeln zu wollen.

Ute Lauterbach erwähnt in ihrem Buch: Gelebtes Leben – durch psychologisch-astrologische Integration - sechs Punkte, die für ein partnerschaftliches Zusammensein hilfreich sind. Diese Punkte seien hier deshalb in einer abgewandelten Form kurz genannt, auch um sehen, wie sich die Psychologie immer mehr geistigen Gesetzmäßigkeiten annähern kann.

Der Andere ist anders. - Einfach akzeptieren, dass jeder seine eigene Entwicklung und Prägung erfahren hat aus dem Geschlecht, der Religion, der Familie, der Nation, der Rasse und der eigenen Schicksalsaufgabe. Toleranz und Gelassenheit, Geduld und Respekt dürfen entwickelt werden.

Man hat die Partnerschaft, die man bewusst oder unbewusst will. - Das heißt, wir suchen uns den Partner, der uns am ehesten Entwicklungsmöglichkeiten bietet und mit dem wir schicksalsmäßig zu tun haben. Daher brauchen keine Schuldzuweisungen erfolgen.

Jetzt ist die Zukunft von damals. - Unsere Leiden und Schmerzen haben ihre Ursachen in früheren Gedanken und Handlungen, auch in früheren Leben. Ein Konflikt sollte deshalb in einem größeren Zusammenhang gesehen werden.