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m Dezember 1983 lernen sich in einer süddeutschen Mittelstadt Paul (Jg. 1949) und Leon (Jg. 1962) kennen. Leon hat davon gehört, dass Paul eine Kiste voller Gerätschaften besitzt, und möchte gern den Inhalt dieser Kiste kennen lernen. Paul übernimmt die Erziehung Leons zum «Maso» und stellt die Bedingung, dass von Anfang an alle Gefühle und Gedanken, die diese neuen sexuellen Erfahrungen auslösen, in ein Buch geschrieben werden. Der erste Eintrag datiert vom 17. Dezember 1983, der letzte vom 16. Dezember 1989. Der erste Eintrag datiert vom 17. Dezember 1983, der letzte vom 16. Dezember 1989, zunächst ist Paul der Meister, dann tauscht er mit Leon die Rollen. Acht Jahre, nachdem die SM-Beziehung mit Leon zu ihrem Ende kam – «platonisch» dauert sie bis heute an, die beiden sind inzwischen verheiratet –, lernt Paul durch eine Kontaktanzeige den «kleinen Maso» Andreas kennen, und die Reise ins Reich der Unterwerfung beginnt von neuem. Der zweite Band - «Die Wende» umfasst den Zeitraum vom 7. September 1984 bis zum 16. Dezember 1989. Pauls Bücher Bd. 1: Die Entwicklung. Tagebuch einer SM-Beziehung 17. 12. 1983 - 6. 9. 1984 Bd. 2: Die Wende. Tagebuch einer SM-Beziehung 7. 9. 1984 - 16. 12. 1989 Bd. 3: Der Vertrag. Tagebuch einer SM-Beziehung 7. 2. 1998 - 12. 7. 1998 Bd. 4: Pauls Handbuch für Sklaven Bd. 5: Pauls Handbuch für Meister Bd. 6: Die Unterwerfung. Pauls Traum von SM
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Seitenzahl: 193
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Pauls Bücher
«Pauls Bücher. Tagebücher einer SM-Beziehung» erschienen erstmals 1998 bis 2000. Für Paul war «SM» nie nur eine Spielart seiner Sexualität, die er an Wochenende oder auf Ledertreffen genoss. SM bestimmt sein ganzes Leben: 7 Tage in der Woche, 24 Stunden.
«Männer aktuell» empfahl die Tagebücher: «Pauls Bücher liefern wohl den glaubhaftesten und intensivsten Einblick in die Gefühlswelt eines SMlers, zutiefst ehrlich und bar jeder konstruiert ordinären Sprache. SM erscheint hier nicht als abstrakte Idee einer geilen Nacht in Ketten, sondern als Lebenshaltung mit aller Kon-sequenz.»
«Marquis» meinte über die ungeschminkte Darstellung der Bezie-hung: «Das mag zunächst schockierend sein, doch die tiefe Liebe und der Respekt ihrer Freundschaft wird erst dadurch erkenn-bar.»
Im Anschluss an die Tagebücher folgten 2002 und 2003 «Pauls Handbuch für Sklaven» und «Pauls Handbuch für Meister», in er aus mittlerweile gut 20 Jahren gelebter SM-Erfahrung schöpft. Nachvollziehbar und praxisbezogen vermittelt er seine eigenen Lernprozesse, was es bedeutet, Sklave oder Meister zu sein, welchen Möglichkeiten die jeweiligen Rollen eröffnen, welche Verantwortung mit ihnen verbunden sind.
Mit seinem Band «Die Unterwerfung. Pauls Traum von SM» schloss Paul 2007 die Edition ab. Hier beschreibt er, wie die Lust an Dominanz und Unterwerfung ausgelebt und in den Alltag integriert werden kann, was bei einer Session geschieht, was im Kopf von Sklaven und Meistern vorgeht, welche Rollen Fetische spüielen und vieles mehr.
Paul wurde 1949 in Hamburg geboren, lebte lange ans selbstständiger Kaufmann in Süddeutschland und kehrte nach Beendigung seines Berufslebens in seine Heimatstadt zurück.
PAULS BÜCHER: DIE WENDE
TAGEBÜCHER EINER SM-BEZIEHUNG
Männerschwarm Verlag 2023
Pauls Bücher
Bd. 1: Die Entwicklung. Tagebuch einer SM-Beziehung
Bd. 2: Die Wende. Tagebuch einer SM-Beziehung
Bd. 3: Der Vertrag. Tagebuch einer SM-Beziehung
Bd. 4: Pauls Handbuch für Sklaven
Bd. 5: Pauls Handbuch für Meister
Bd. 6: Die Unterwerfung. Pauls Traum von SM
Die Wende. Tagebuch einer SM-Beziehung
Diese Ausgabe folgt der überarbeiteten Fassung der Print-Sonderausgabe von 2010.
Ebook-Ausgabe
© 2023 Männerschwarm Verlag, Berlin
Salzgeber Buchverlage GmbH
Prinzessinnenstraße 29
10969 Berlin
Umschlaggestaltung: Carsten Kudlik, Bremen
ISBN 978-3-86300-371-5
Mehr über unsere Bücher und Autor:innen
www.maennerschwarm.de
Zehn Jahre nach dem Erscheinen des dritten Bandes dieser Tagebücher haben wir ihrer Bedeutung und durchaus unterschiedlichen Resonanz Rechnung getragen und sie - in leicht überarbeitere und gekürzter Form – in einer gedruckten Sonderausgabe zusammengefasst. Die jetzt vorliegende Ebook-Ausgabe kehrt zu der ursprünglichen Unterteilung zurücvk, folgt aber der Textfassung der Sonderausgabe.
Worum es geht: Im Dezember 1983 lernen sich in einer süddeutschen Mittelstadt Paul (Jg. 1949) und Leon (Jg. 1962) kennen. Leon hat davon gehört, dass Paul eine Kiste voller Gerätschaften besitzt, und möchte gern den Inhalt dieser Kiste kennen lernen. Paul übernimmt die Erziehung Leons zum «Maso» und stellt die Bedingung, dass von Anfang an alle Gefühle und Gedanken, die diese neuen sexuellen Erfahrungen auslösen, in ein Buch geschrieben werden. Der erste Eintrag datiert vom 17. Dezember 1983, der letzte vom 16. Dezember 1989, zunächst ist Paul der Meister, dann tauscht er mit Leon die Rollen.
Acht Jahre, nachdem die SM-Beziehung mit Leon zu ihrem Ende kam – «platonisch» dauert sie bis heute an, die beiden sind inzwischen verheiratet –, lernt Paul durch eine Kontaktanzeige den «kleinen Maso» Andreas kennen, und die Reise ins Reich der Unterwerfung beginnt von neuem. Die Zeiten haben sich geändert: die schriftliche Reflexion findet nicht mehr im Tagebuch statt, sondern per E-Mail. Man merkt den Texten an, dass nun zumeist in Ruhe formuliert werden kann und der Sklave nicht mehr gefesselt am Boden kniet, während er schreibt.
Die Bezeichnung «Tagebücher» ist vielleicht ein wenig irreführend, denn diese Bücher sind die «Datenträger» eines Dialogs, ihre Einträge keine besinnlichen Erinnerungen, sondern als strategische Information an den anderen Menschen gerichtet, mit dem zusammen der Weg in ein neues Leben beschritten wird. Durch seine Veröffentlichung bekommt ein solcher Dialog unweigerlich exemplarischen Charakter, und auch aus diesem Grund ist es sinnvoll, durch die Zusammenfassung zweier Dialoge die Festlegung auf nur eine Herangehensweise an ein Leben mit SM zu überwinden. Die beiden hier dokumentierten Beziehungen sind in fast allen Dimensionen grundverschieden, was sie verbindet ist vor allem die Ernsthaftigkeit, mit der an ihnen «gearbeitet» wird. Pauls Bücher sind Dokumente einer Zeit, die gerade den «subjektiven Faktor» entdeckt hatte und daran ging, Privates öffentlich zu machen. Was man heute mehr oder weniger sophisticated als Freizeitverhalten kultiviert, wird hier ganz ernst zum Lebensinhalt erhoben.
Mit seinem Beharren auf schriftlicher Analyse des Erlebten verkörpert Paul den Kerngedanken de Sades: Für ihn «gibt es Erotik nur, wenn man das Verbrechen durchdenkt; durchdenken heißt philosophieren, abhandeln, darüber reden. Die Praxis folgt dem Sprechen und erhält von ihm ihre Bestimmung», wie Roland Barthes 1971 in seinem Sade-Essay schreibt.
Aber die Widersprüche bleiben. Noch einmal Barthes: «Wer spricht, wer über die Gesamtheit des Sprachsystems verfügt, ist Herr. Einzig das libertine Sprechen ist frei erfunden und stimmt mit der Energie des Lasters gänzlich überein.» Der Großteil der Aufzeichnungen in allen drei Bänden von «Pauls Büchern» wurde – auf Anordnung – von den masos verfasst: sie schreiben, Paul liest. Und Paul schreibt so erstaunliche Sätze wie: der maso sei «so stark, dass ich ihn kaum ansprechen konnte.»
De Sade konstruierte seine Szenarios als Auflösung geordneter Verhältnisse. Die in unserer Zeit entstandenen, neuartigen Unklarheiten darüber, wer wer ist, hätten ihm vielleicht gefallen
Im Vorwort zur ersten Ausgabe habe ich geschrieben: «Es ist von Fesselungen, Faustficks, Auspeitschungen und reichlich Sperma die Rede, aber trotzdem geht es um nichts anderes als Gretchens ‹Meine Ruhe ist hin, mein Herz ist schwer›, um die Liebe und wie sie die Menschen verändert. Alle Erscheinungsformen von Erotik und Sexualität sind Geschmacksfragen, und der Zweck der Literatur liegt nicht zuletzt darin, Fremdartiges zu erschließen und den Lesern näherzubringen.» Und diesen Zweck erfüllen Pauls Bücher auf eine einzigartige Weise.
Hamburg, im Jni 2023
Joachim Bartholomae
Der Autor ist neugierig auf Kommentare aller Art:
Dieser Tag ist die Erfüllung aller meiner Träume seit zwanzig Jahren. Ich bin so glücklich, endlich als maso leben zu können, daß ich es kaum ausdrücken kann. Ich möchte alles für Dich und für meine Gefühle tun. Gebrauche und begehre mich – bitte ! –, denn die Liebe hat sich seit gestern abend derart gesteigert, daß ich Angst habe, Du könntest mich nicht mehr begehren! Bitte schreibe oder sage mir, ob ich Angst haben muß oder ob Du zufrieden mit mir bist und Dir wirklich vorstellen kannst, daß ich Dir dienen kann und Dich lieben darf.
Bitte gib mir drei Schläge mit der Gerte, damit ich weiß, daß die Angst unbegründet ist, und außerdem dafür, daß ich solche Gedanken habe.
Ulla Meineke dudelt, und gerade hab ich Heino im Geschäft angerufen und ihm mitgeteilt, «daß sich das Blatt gewendet hat». Leider konnte Heino nicht so richtig emotional reagieren, aber Du kennst ja Heino, er weiß es trotzdem zu schätzen. Ich hab ein ähnliches Aufbruchsgefühl wie nach der ersten Nacht mit einem Mann, ein Mitteilungsbedürfnis und die Sucht, einige alte Freunde einfach in den Arm zu nehmen. Einfach toll. Ich würde gerne wissen, was heute in Dir vorgeht.
Noch mal zu gestern. Ich war unheimlich aufgeregt. Ich fand Dich derartig meisterhaft im doppelten Sinn, daß ich nur sagen kann: Du hast bis in alle Kleinigkeiten so reagiert, wie ich es immer seitdem 16-12-83 versucht, aber nie geschafft habe. Schon wie Du mit dem Geschirr in die Stube kamst, wie Du mich hast warten lassen, in aller Ruhe (der Ruhe des Überlegenen) mit Deiner Schwester telefoniert hast, obwohl Du bestimmt gewußt hast, daß ich gerade an diesem Abend auf Dich gewartet habe. Unheimlich geil geworden bin ich durch die Maske und erst recht dadurch, wie Du mich an Hals und Fuß mit dem gefesselten und ebenfalls maskierten Frank zusammengekettet hast. Dann noch der Befehl, erst nach Frank zu spritzen, obwohl ich kurz davor war abzuspritzen. Du vor zwei gefesselten, in Ledermasken verborgenen masos, die beide sich selbst wichsen und aneinandergefesselt vor Dir auf dem Bett liegen, und dann Deine Befehle – einfach Wahnsinn. Ich mußte Dich gleich noch mal aufgeilen und wichsen, nachdem ich mir selbst Handschellen angelegt hatte, denn ich darf Dir ja nur noch gefesselt an den Schwanz fassen. Das war Dein erstes Gebot in meiner neuen maso-Zeit. Es war etwas Eigenes, von Dir Ausgedachtes, und nicht einfach die Umkehr der Regeln, die bis vor ein paar Tagen für Dich maßgebend waren. Das ist Leon, wie ich Ihn kenne, mit eigenem Stil.
Noch eins hat mich sehr beeindruckt: der erste Gertenhieb, als ich vorm Bett stand, dafür, daß ich es gewagt habe, Dich beim Telefonieren zu drängen. Durch den Hieb (eigentlich hab ich ja Glück gehabt, daß die Strafe so mild ausgefallen ist!) ist mir klarer geworden, in welcher Rolle ich jetzt bin, und vor allen Dingen hab ich mir überlegt, daß ich mich durch diese Rolle und die Strafen unheimlich anstrengen kann und muß, um mein Verhalten zu verändern. Das Motzen, Drängen, Aus-der-Laune-heraus-Dir-eins-Reindrücken und so weiter kann verbessert werden. Ich möchte einen anderen Paul. Zwar habe ich mich unter Deinem Einfluß schon enorm verändert, weiß aber auch, wie oft ich Dich einfach runtergemacht und angemotzt habe.
Noch einen Satz zu dem Wichsverbot beziehungsweise zu dem Gebot, nur mit gefesselten Händen zu wichsen. Ich komme nicht darüber weg, eine tolle Idee. Ich hatte gestern zum Beispiel derart oft das Bedürfnis, Deinen Schwanz zu wichsen, durch das Gebot mehr als sonst. Man sieht daran, wie richtig Du denkst.
Nun muß ich Dir gleich von Anfang an einige Sachen gestehen. Zweimal hatte ich gestern noch ganz kleine Anfälle von Überheblichkeit. Ich wollte lachen und die Sachen nicht ernst nehmen und nicht gehorchen. Wenn Du das merkst, bitte gehe sofort dagegen an.
Das erste Reglement habe ich schon ins 3. handschriftliche Buch eingetragen, lies mal. Dabei sind mir zwei Fragen gekommen:
Wie soll ich Dich anreden?
Was ist mit Deiner Geburtstagsfeier im Oktober in Hamburg?
So, jetzt höre ich erst mal auf, Du siehst, was Du alles angerichtet und in Gang gesetzt hast. Fühl Dich nicht überfordert, ich vertraue Dir und kann warten. Trotzdem interessieren mich Deine Gefühle im Moment brennend.
Übrigens: Sekt für Dich ist im Kühlschrank, vielleicht darf ich ja einen Schluck mittrinken.
Als ich am Freitag nach Hause kam, galt mein erster Gedanke dem Buch. Ich erwartete etwas von Paul, und richtig, Paul hatte sogar umfangreicher geschrieben, als ich gedacht hatte. Wenn ich an Paul vor einem Jahr denke und ihn jetzt sehe beziehungsweise seine Gedanken verfolge, ist es ein ganz anderer. Daß Paul sich so öffnet, liegt nur zum Teil an mir. Ich glaube, daß so mancher Frust Paul noch vor einem Jahr gehindert hat, solche Anstrengungen sich selbst gegenüber zu leisten. Du brauchst dich meiner Liebe nicht zu versichern. Daß ich dich liebe, gibt mir erst die Kraft, so sicher in meiner Rolle zu sein. Trotzdem werde ich dir die verlangten Schläge genüßlich geben. Ich denke, die Anrede lassen wir bei Leon, doch nur bei Leon – nichts anderes. Ich brauche es nicht, mich von dir in der Öffentlichkeit als Meister anreden zu lassen. Genausowenig werden meine Befehle, Spiele, mein und dein Auftreten auf Öffentlichkeit ausgerichtet sein. Ich werde dich quälen, schlagen, herumscheuchen – nicht, weil ich dein Meister bin oder vor anderen eine Show machen will, sondern weil es mich geil macht, mir Spaß bringt. So werde ich dich auch mal mehr, mal weniger «belasten», wie mir eben danach ist. Auch wird es nicht zu ellenlangen Listen von Ge- und Verboten kommen. Ich erwarte, daß du deine Rolle ganz selbstverständlich lebst und ausfüllst. Doch sieh dich vor, die wenigen Dinge, die ich dir befehle, werden ohne Wenn und Aber gemacht! Dabei fällt mir gerade das erste ein. Wenn ich nach dir rufe, komm gefälligst her und laß mich nicht durch die ganze Wohnung brüllen.
Hamburg ist mir auch im Kopf. Ich will zu meinem Geburtstag vielleicht doch hinfahren. Doch das Brandzeichen? Ich würde gerne für dich Schmerz ertragen, als Zeichen meiner Liebe, egal, ob du jetzt «aktiv» oder «passiv» bist. Doch bin ich mir nicht sicher, ob ein Brandzeichen das Richtige ist.
Gerade hat Paul den ersten Schlag für meine Liebe gekriegt. Ich habe beschlossen, sie ihm einzeln zu verabreichen, mit mehr Genuß. Paul empfing mich heute mit Gummi-Ganzanzug. Er hat ihn tatsächlich repariert, toll. Doch so geil Paul auch war, er bekam nach dem Schlag keinen hoch. Vielleicht, weil ihm das Spritzverbot im Hinterkopf ist.
Wenn gestern abend nicht ein Freund zu Besuch gewesen wäre und Paul nicht kränkeln würde, hätte ich ihn windelweich geprügelt. Ich schreib ihm noch ins Buch, daß er meinen wenigen Befehlen tunlichst nachkommen soll, und er provoziert mich den ganzen Abend! Ständig hatte er was zu mosern und auszusetzen. Eines muß dir klar sein, Paul, es gibt sehr wenige Gelegenheiten, bei denen ich dich verletzen, provozieren, reizen will. Also brauchst du nicht so überzureagieren. Wenn ich dich absichtlich provozieren will, dann unmißverständlich und mit anderer Thematik als am gestrigen Abend. Doch wie gesagt, ich mache es kaum, ich will streßfrei mit dir reden, diskutieren können, ohne daß du oder ich etwas hinter jedem Wort heraushören müssen.
Paul bekam zur Strafe auch den heutigen Tag Spritzverbot, außerdem wurde auch vor dem Einschlafen nicht mehr geschmust.
Ja, Leon, Du hast recht, ich hab gestern abend provoziert und rumgemotzt und mich nicht selbstverständlich Deinen Befehlen gefügt. Ich habe mich schon gestern im Bett dafür entschuldigt. Wenn Du mich weiter dafür bestrafen willst, wäre es nur gerecht. Trotzdem hier einige Sachen, die die Gründe dafür waren.
Ich muß mich erst daran gewöhnen, schnell und exakt zu folgen. Ich muß erst lernen, daß auch Deine freundlich gesprochenen Wünsche im Grunde Befehle sind. Gestern war ich unheimlich geil und darum genervt, weil sich Leon nicht mit mir befaßte, ich war deshalb auch ein bißchen eifersüchtig. Bedenke, daß es auch mir nicht immer leicht fällt, sofort zu springen, auch wenn ich es gerne möchte. Die Umstellung ist noch neu.
Wenn Du jetzt klarer siehst, woran es liegt, kannst Du auch gezielter vorgehen. Vielleicht mußt Du gerade am Anfang Deine gezeigte Strenge weiterführen. Außerdem lechze ich nach Fesseln und Leder. Und noch eine höfliche Bitte habe ich. Könntest Du Deine Gefühle in Deiner neuen Rolle gerade in den ersten Tagen mehr beschreiben, es interessiert mich sehr, was in Deinem Kopf vorgeht, woher Du die Strenge und die Konsequenz nimmst, die ich so bewundere. Könntest Du auch darauf eingehen, ob und warum Du mit mir zufrieden warst/bist?
Den Fick heute morgen fand ich unheimlich geil. Es hat nicht zuletzt so gut geklappt, weil ich mich Deinen Befehlen (Arsch hoch, entspannen und so weiter) gut fügen konnte. Auch war ich glücklich, Dir meinen Arsch fürs Spritzen so offen zur Verfügung stellen zu können, und glücklich, als Du sehr zufrieden mit mir warst. Ich find es toll und wachse in meine alten Phantasien und Wunschträume rein. Ich warte heute seit zwei Tagen auf Schläge und hatte sie mir oft bildlich vorgestellt.
Jetzt ist das 2. Buch (handgeschrieben) voll. Ich liebe Dich, Leon, so wie noch nie einen Menschen, Dein maso.
1:Leons Schwanz nur mit gefesselten Händen anfassen (06-09-84)
2:Die Anrede ist Leon, nichts anderes (09-09-84)
3:sofort zu Ihm kommen, wenn Leon ruft (09-09-84) 4: Leon nie anlügen (11-09-84)
5:allen seinen Befehlen sofort gehorchen (11-09-84)
6:nur mit Erlaubnis spritzen (eingeschränkt am 3-10-84: nur zu von Leon angeordneten Zeiten) (29-09-84)7
7:keine angelegten SM-Sachen selbst ausziehen beziehungsweise sich selbst daraus befreien (29-09-84)
8:jeden Tag waschen (Körperreinigung für Leon) (02-10-84)
9:Heute habe ich Leon zum letzten Mal gebissen. Ich werde es nicht ein einziges Mal wieder tun (12-10-84)
10:Leon wird mich nie gegen meinen Willen ausleihen (12-10-84)
11:Ich bin Eigentum von Leon. Die Anrede ist darum auch erweitert auf «mein Besitzer» (eingeschränkt am 16-10-84: «Meister» entspricht dem momentanen Stand, «Besitzer» wird angestrebt) (12-10-84)
12:Da es nun fester Bestandteil geworden ist, muß es auch in die Liste aufgenommen werden: Mein Bett befindet sich grundsätzlich auf dem Boden vor dem Bett meines Meisters auf einem Fell. Es ist eine große Ehre, wenn ich in Ausnahmefällen im Bett zu seinen Füßen schlafen darf (19-10-84)
13:Wenn ich mit anderen Männern etwas anfange (Sex oder Anmache), muß ich sagen, daß es mir mein Meister ausdrücklich erlaubt hat (23-10-84)
14:Wenn mein Meister meinen Schwanz wichst, muß ich fragen, ob ich spritzen darf (27-10-84)
15:aufstehen, wenn Leon im Geschäft in den Raum kommt (Ausnahme beim Essen)
16:bewußt auf mein Äußeres achten
17:Schamhaare regelmäßig rasieren
Heute ist mir beides unheimlich bewußt geworden:
–der Drang nach Gerechtigkeit und Freiheit
–der Drang, beherrscht zu werden
Komisch, aber diese beiden im Grunde verschiedenen Dinge liegen bei mir so nahe zusammen, daß ich zur gleichen Zeit darauf komme und bei mir – in mir – einen totalen Zusammenhang sehe. Ich kann, das habe ich in den letzten paar Tagen seit der «großen Veränderung» bei uns bemerkt, klarer und deutlicher, auch freier und ruhiger nachdenken. Vielleicht hat mich meine alte Rolle eingeschränkt, vielleicht hab ich unter Streß gestanden.
Leon macht es anders und, wie ich meine, in den vier Tagen gemerkt zu haben, besser und mit mehr Überzeugung. Er vertritt seine Rolle bis ins kleinste Verhalten vor mir, und ich bin begeistert, kann Ihn noch sehr viel mehr und besser lieben. Und nicht zuletzt bin ich permanent geil und fühle mich wohl – ich kann es genießen. Allein Sein kurzer Text vom Sonntag, in dem Er beschreibt, daß Er mich schlagen und quälen will, hat mich unheimlich angemacht. In der kurzen Zeit, seit Er diese «Rolle» spielt, merke ich, Er meint es ernst. Zu sagen: «Ich bin zufrieden» steht mir nicht zu. Ich wünsche mir, Er macht weiter.
Paul überflügelt sich mit den Einträgen im Buch. Ich denke, es liegt an seiner Rolle, die ja auch mal meine war. Ich konnte als maso deswegen umfangreicher schreiben, weil mir als «Passivem» von Paul «gegeben» wurde. Ich bekam etwas, oder mir wurden Dinge, die in Pauls Kopf gewachsen sind, befohlen. Ich mußte mich fügen und freute mich daran. Deswegen konnte ich darüber auch mehr schreiben. Als Meister reifen die Pläne in meinem Kopf, das heißt, ich muß mich beim Praktizieren nicht mit Neuem auseinandersetzen oder nachher etwas verdauen. Ich weiß ja, was ich beim Akt tun will. Trotzdem will ich versuchen, meine Sicherheit in der Rolle zu beschreiben, zumindest im Lauf der Zeit. Ich bin bei Paul viel sicherer als bei jemandem, den ich in der Sub oder sonstwo anmachen würde. Ich kenne Paul, weiß, was ihm Spaß macht, was er nicht bringt, wie weit ich gehen kann.
Als ich das Treppenhaus hochkomme, macht mich die Vorstellung traurig, daß mein maso nicht auf mich wartet. Schon jetzt vermisse ich Paul. Es wäre grausam, ohne Paul in dieser Stadt wohnen zu müssen. Ziehe mich ins Spielzimmer zurück. Jedes Stück, das ich an seinen Platz lege, erinnert mich an Paul. Sehe ihn vor mir am Balken, wie vorgestern abend. Klammern von seinem Arschloch bis zum Sack, die Eier abgeschnürt, hochgebunden bis zum Halsband, Gummibutton im Darm. Sein zusammengekrümmter Körper, eingezwängt zwischen meinen Beinen, und die Macht, die ich ausübe, machen mich geil.
Das Wochenende in der Sub, mal nicht so frustig wie sonst. Ich unterhielt mich sehr angenehm. Als ich im Bett lag, war es doch schon drei Uhr morgens, doch die Geilheit ließ mich nicht schlafen. Ich stopfte mir den schwarzen Dildo in den Arsch, spitzte mich mit Pornos an, abgespritzt schlief ich dann ein.
Mir wird bewußt, daß mir das Alleinsein ganz gut tut. Obwohl ich Paul eigentlich schon jetzt vermisse, hab ich Zeit für mich, Zeit nachzudenken, herumzukruschteln. Heute morgen verbringe ich über eine Stunde im Bad, Zeit, die ich mir nie nehmen würde, wenn Paul da ist. Das Alleinsein ist aber nur so angenehm, weil ich weiß, daß Paul bald zurückkommt. Es ist ein Horror, mir vorzustellen, allein in dieser Wohnung zu leben. Ich denke in der Badewanne über die Leute nach, die ich kenne. Da gibt es nur sehr, sehr wenige, zu denen ich gehen würde, um sie einfach nur zu besuchen. Ich treffe spontan Usch, gehe mit ihr Kaffee trinken, wir kochen zusammen. In ihr finde ich endlich jemanden, mit dem ich über die getauschten Rollen reden kann. Ich versuche, ihr meine Gefühle zu beschreiben, die Möglichkeit des Rollentauschs zu erklären. Wir treffen einen Freund in einer Kneipe und verbringen mit ihm den Abend. Um elf Uhr liege ich im Bett. Ob mein maso wohl schon in der Sonne liegt?
Jetzt ist es schon wieder einige Tage her, daß ich geschrieben habe. Doch es war immer etwas anderes, das mich vom Schreiben abhielt. Dienstag verquatschte ich mich mit Anne bis tief in die Nacht. Wir kennen uns schon vom Spielen im Sandkasten. Wir schwelgten in Erinnerungen, jammerten über den Bewegungsfrust, den es ja nicht nur bei Schwulen gibt. Als das Gespräch auf SM kam, hielt ich mich zurück. Ich hatte keinen Anspruch, jedem am Tisch meine Gefühle begreiflich zu machen, zumal sie ja nichts über SM erfahren wollen, sondern einfach ihr Wissen auswerteten. Und als Ergebnis kam dann heraus, daß SMler ja so arm dran sind, daß es nicht normal sei, Schläge und Schlagen schön zu finden. Eigentlich hätte ich eingreifen sollen, doch hatte ich überhaupt keine Lust, zumal es ja nicht meine Probleme sind. Ich habe nur Angst, man wirft mich mit Rechtsradikalen in einen Topf.
Viel geschlafen habe ich die Tage nicht. Nach der verquatschten Nacht kommt nun mein erster Schultag für die Weiterbildung. Schade, ich bekomme von niemandem eine Schultüte, deshalb beschloß ich, nach dem Kursus noch auszugehen. Das erste Mal, daß ein Typ bettelte, von mir geschlagen zu werden. Er hatte wilde Sexheftphantasien von Männern ganz in Leder, Kerlen, die ihn richtig erziehen. Doch nach diesem Tag hatte ich absolut keinen Bock, jemanden mit nach Hause zu schleppen und vielleicht noch Streß zu haben, wenn ich seine Züchtigungsphantasien in die Realität umsetze. Die Wirklichkeit schmerzt ja beim Schlagen! Außerdem sah er nicht gut aus, der Typ. Ich verzog mich in eine andere Kneipe und konnte dort wenigstens in Ruhe mein Bier trinken.
Am Donnerstagabend bin ich geil auf Schlagen. Ich überlege, was Paul hätte falsch gemacht haben können, um ihn dafür zu verprügeln. Als ich Mittwoch Ulli in der Kneipe sah, bekam ich Lust, den Typ mal zu verdreschen. Seinen Mund und sonstiges zu stopfen, doch richtig gierig bin ich nur auf Paul.
Die Tage ohne Paul motivieren mich nicht gerade zum Schreiben. Jetzt möchte ich Paul endlich wieder spüren können. Ich merke, daß das «Rumficken» überhaupt keine Ersatzbefriedigung ist. Ich sehne mich nach Paul, will ihn abdrücken, schlagen. Am Samstag war Christian bei mir. Na ja, ich bin etwas enttäuscht. Es war schon vier Uhr, als wir aus der Kneipe kamen, deshalb lief im Spielzimmer nicht mehr allzuviel. Zwar fesselte ich ihn ans Bett, setzte Brustklammern an, doch es war kein Höhenflug. Nach dem ersten Abspritzen schliefen wir sofort ein, obwohl ich ihm schon gerne seinen Meisterarsch verdroschen hätte. Ich habe gespürt, daß bei ihm diese Nacht kein Verlangen war, zumal er noch nie Dresche gekriegt hat. Was soll‘s!
Ach ja, gestern kam Post für Paul, ein maso wünscht einberufen