Pauls Bücher / Pauls Bücher Bd. 4: Pauls Handbuch für Sklaven - Paul - E-Book

Pauls Bücher / Pauls Bücher Bd. 4: Pauls Handbuch für Sklaven E-Book

Paul

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Beschreibung

Gehorchen will gelernt sein - Tipps für den Sklavenalltag. Als Sklave macht man, was der Meister sagt. Basta. Oder nicht? Schon in seinen "Tagebüchern einer SM-Beziehung" hat Paul gezeigt, dass das Klischee vom passiven Sklaven nicht stimmt, dass es für Meister und Sklaven erst dann wirklich befriedigend wird, wenn der Sklave genau so kreativ beteiligt ist wie der Meister. Und Paul kennt schließlich die eine Rolle so gut wie die andere. Die Emanzipation sadomasochistischer Lebensweisen ist in den letzten Jahren nicht zu übersehen, allerdings fehlt es noch an praktischen Anleitungen in deutscher Sprache. Nach dem großen Erfolg des Bondage-Handbuchs von Tom Schmitt präsentieren wir nun ein "Handbuch für Sklaven". Seine Ratschläge sollen neben der allgemeinen Erläuterung gängiger Praktiken auch dazu dienen, dem Sklaven zu einem richtigen Verständnis seiner Rolle zu verhelfen und den psychologischen Hintergrund der verschiedenen Szenarios zu beleuchten. Beispiele aus der Korrespondenz des Autors mit einem Sklaven runden dieses praxisorientierte Handbuch ab. Pauls Bücher Bd. 1: Die Entwicklung. Tagebuch einer SM-Beziehung 17. 12. 1983 - 6. 9. 1984 Bd. 2: Die Wende. Tagebuch einer SM-Beziehung 7. 9. 1984 - 16. 12. 1989 Bd. 3: Der Vertrag. Tagebuch einer SM-Beziehung 7. 2. 1998 - 12. 7. 1998 Bd. 4: Pauls Handbuch für Sklaven Bd. 5: Pauls Handbuch für Meister Bd. 6: Die Unterwerfung. Pauls Traum von SM

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PAULS HANDBUCH FÜR SKLAVEN

VERLAGSINFORMATION

«Pauls Bücher. Tagebücher einer SM-Beziehung» erschienen erstmals 1998 bis 2000. Für Paul war «SM» nie nur eine Spielart seiner Sexualität, die er an Wochenende oder auf Ledertreffen genoss. SM bestimmt sein ganzes Leben: 7 Tage in der Woche, 24 Stunden.

«Männer aktuell» empfahl die Tagebücher: «Pauls Bücher liefern wohl den glaubhaftesten und intensivsten Einblick in die Gefühlswelt eines SMlers, zutiefst ehrlich und bar jeder konstruiert ordinären Sprache. SM erscheint hier nicht als abstrakte Idee einer geilen Nacht in Ketten, sondern als Lebenshaltung mit aller Konsequenz.»

«Marquis» meinte über die ungeschminkte Darstellung der Beziehung: «Das mag zunächst schockierend sein, doch die tiefe Liebe und der Respekt ihrer Freundschaft wird erst dadurch erkennbar.»

Im Anschluss an die Tagebücher folgten 2002 und 2003 «Pauls Handbuch für Sklaven» und «Pauls Handbuch für Meister», in er aus mittlerweile gut 20 Jahren gelebter SM-Erfahrung schöpft. Nachvollziehbar und praxisbezogen vermittelt er seine eigenen Lernprozesse, was es bedeutet, Sklave oder Meister zu sein, welchen Möglichkeiten die jeweiligen Rollen eröffnen, welche Verantwortung mit ihnen verbunden sind.

Mit seinem Band «Die Unterwerfung. Pauls Traum von SM» schloss Paul 2007 die Edition ab. Hier beschreibt er, wie die Lust an Dominanz und Unterwerfung ausgelebt und in den Alltag integriert werden kann, was bei einer Session geschieht, was im Kopf von Sklaven und Meistern vorgeht, welche Rollen Fetische spüielen und vieles mehr.

Paul wurde 1949 in Hamburg geboren, lebte lange ans selbstständiger Kaufmann in Süddeutschland und kehrte nach Beendigung seines Berufslebens in seine Heimatstadt zurück.

PAULS BÜCHER HANDBUCH FÜR SKLAVEN

Für Reimund und Heino

Männerschwarm Verlag 2023

Pauls Bücher

Bd. 1: Die Entwicklung. Tagebuch einer SM-Beziehung

Bd. 2: Die Wende. Tagebuch einer SM-Beziehung

Bd. 3: Der Vertrag. Tagebuch einer SM-Beziehung

Bd. 4: Pauls Handbuch für Sklaven

Bd. 5: Pauls Handbuch für Meister

Bd. 6: Die Unterwerfung. Pauls Traum von SM

Pauls Handbuch für Sklaven

Ebook-Ausgabe

© 2023 Männerschwarm Verlag, Berlin

Salzgeber Buchverlage GmbH

Prinzessinnenstraße 29

10969 Berlin

Umschlaggestaltung: Carsten Kudlik, Bremen

ISBN 978-3-86300-368-5

Mehr über unsere Bücher und Autor:innen

www.maennerschwarm.de

INHALT

SM – meine normale Sexualität

Paul – ein Lebensweg

Der erste Kontakt

Die Fantasien

Wie alles anfing

Woran erkennt man seine SM-Neigungen?

Woher kommen diese Fantasien?

Wovon träumt ein Sklave?

Der Kontaktversuch

Jetzt will ich es wissen

Der Kontaktmarkt / Die Szene

Wie will ich mich präsentieren?

Die Kleidung

Das Verhalten

Der Ton

Die Ehrlichkeit

Kontaktanzeigen

Wodurch entsteht Vertrauen?

Die Bewerbung

Vorsichtsmaßnahmen

Die Neigungen

Die Farben des SM

Die SM-Beziehung

Das Selbstbewusstsein

Die Eignung

Das Tagebuch

Der Vertrag

Der Alltag

Die neue Lebensform

Der ideale Sklave

Die ideale SM-Session

Das Nachwort

Die Träume

Anhang: Ausbildungsvertrag

SM – MEINE NORMALE SEXUALITÄT

Das S und das M, zwei Buchstaben, die meine Sexualität darstellen.

Ich spreche erst einmal über (für mich) ganz normale Bedürfnisse: ganz offen, frei und mit sehr viel Geilheit seinen Sex auszuleben, mit Sympathie und idealerweise mit Liebesgefühlen dem jeweiligen Partner gegenüber. Also eine natürliche menschliche Regung, könnte man sagen – wenn nicht die Besonderheit dieser Sexualität ins Spiel kommen würde, die selbst in der heutigen «aufgeklärten» Zeit bei vielen große Vorurteile und sogar Ängste wecken kann. Aber darum gibt es ja «Pauls Bücher», die helfen sollen und müssen diese Märchen aus der Welt zu räumen.

Warum ist SM etwas Besonderes, ich würde sagen, etwas besonders Geiles? Das kann man natürlich erst beantworten, wenn man mit diesen beiden Buchstaben schon eigene Erfahrungen gemacht hat oder die Fantasien eine deutliche und eindeutige Sprache sprechen, auch wenn diese Sprache erst einmal nur im Kopf stattfindet. Das Besondere bestand meiner Meinung nach bisher zum guten Teil in der weit gehend versteckten Praktizierung dieser Sexualität. Durch die Veröffentlichung, die Darstellung der Gefühle und das Beschreiben von SM wird ein Teil des Besonderen genommen. Ich sage deshalb gern, dass SM dadurch «normaler» wird. Auch dazu soll dieses Buch beitragen.

Die zweite Mär, die es auszurotten gilt, ist die von der Gewalt – eines der größten Vorurteile, die es zu diesem Thema gibt. Innerhalb dieser Art der Sexualität wird Gewalt ausgeübt, heißt es, denn es findet Unterdrückung statt, Herrschsucht wird ausgelebt und auch noch mit Schlägen, Einsperren und Vergewaltigung durchgesetzt. Entsetzlich! Eigentlich ist diesem Vorurteil mit einem Satz alle Glaubwürdigkeit genommen, nämlich: Bei SM handelt es sich um eine einvernehmliche Sexualität. Beide Partner, oder mehrere, lassen sich bewusst auf diese «Spielchen» ein und begeben sich nach Absprache oder im Vertrauen zueinander in die jeweiligen «Abgründe», um es mal dramatisch auszudrücken. Beide wissen Bescheid, haben in den meisten Fällen bereits einschlägige Erfahrungen gemacht und der Schwanz steht. Also why not?

Aber mit diesem einen Satz ist es eben nicht getan. Ich möchte zum Einreißen der Mauern beitragen. Ich möchte aufklären, erklären und die Ängste nehmen, die ja ihrerseits wieder zur Festigung der Vorurteile beitragen. Ich habe Lust daran gefunden, von SM zu berichten, denn er hat einen großen Platz in meinem Leben eingenommen, und es bringt mir Freude, anderen die Ängste zu nehmen, um so die «Gemeinde» zu vergrößern und der SM-Sexualität aus dem halbdunklen Schmuddeldasein ins helle Licht zu verhelfen.

Wenn das so einfach wäre ...

Natürlich gibt es auch Methoden der wirklichen Folter, die als Equipment die gleichen «Werkzeuge» einsetzen wie ich. Sicherlich trifft man auch in diesen Folterkellern Menschen, die sich dort sexuell abreagieren, aber mit der Sexualität, von der hier die Rede sein soll, hat das überhaupt nichts zu tun. Allerdings tragen die Vermischung dieser Foltermethoden mit meiner Art der Sexualität und die Ähnlichkeit bestimmter «Werkzeuge» zu den Vorurteilen bei. Insofern ist es wichtig, die Unterschiede zu beschreiben.

Die Grundlage für solch eine immer noch «eigentümliche» und geheimnisumwobene Sexualität liegt in den Gedanken und Fantasien. Deutlich werden sie meist in den so genannten Filmen, die im Kopf ablaufen. Als Film bezeichne ich die sexuellen Fantasien eines Menschen, die bei Erregung, aber auch in ganz normalen Situationen auftreten können: beim Betrachten von schönen Körpern zum Beispiel oder bei Folterszenen in alten Spielfilmen. Ganz besonders treten diese Filme im Kopf natürlich beim eigentlichen Abspritzen zutage.

Wer beim Orgasmus SM-Gedanken oder ganze filmische Szenen betrachten kann, der kann sicher sein, dass hier seine Fantasien erst mal nur im Kopf ausgelebt werden. Er sollte sich deshalb nicht nur dieses Buch durchlesen, sondern sich schleunigst an die Verwirklichung und das reale Ausleben dieser Fantasien machen. Er ist ein SMler und wird von dieser Sexualität höchstwahrscheinlich nicht loskommen. Auch wenn es beim Einstieg Ängste geben kann, große Widersprüche auftauchen und viele Freunde davon abraten, ist es der einzige Weg, um einen gewissen Druck aus dem Kopf zu kriegen. Man wird nicht nur sexuell befriedigt, sondern auch ruhiger, mutiger und selbstbewusster. Dies wird sich natürlich auf den ganzen Menschen und den ganzen Geist auswirken. Ich will nicht übertreiben, aber bei mir begann durch das bewusste und offene Ausleben meines SM eine neue Phase in meinem Leben. Es geht nichts über eine Erfüllung und das Ausleben seiner sexuellen Gelüste. Das ist nicht nur die Grundlage für dieses Buch, sondern auch der Start für ein besseres Leben.

Meiner Meinung nach sind gelegentliche Abenteuer in Darkrooms von Lederkneipen oder kurze Treffs zu Hause nur ein Anfang. Es gehört sicherlich sehr viel Mut dazu, weiterzugehen und in Ansätzen eine SM-Beziehung (so wie in den drei Bänden von «Pauls Büchern» beschrieben) zu beginnen, aber man kann davon noch viel mehr profitieren, sexuell und für die Ausgeglichenheit seines übrigen Lebens.

Viele fragen nun: Wo kommen die Gedanken, die Fantasien und die Filme im Kopf her? Eine gute Frage. Ich habe sie mir oft gestellt und noch öfter haben sie mir andere gestellt. Beantworten können habe ich sie mir und anderen nie. Sie ist auch nicht zu beantworten, es sei denn durch eine jahrelange Psychoanalyse, in der versucht wird Ursachen in der Kindheit oder im bisherigen Leben zu finden. Sicherlich spielen die Erziehung und das soziale Umfeld eine Rolle und vieles andere mehr, aber das ist nicht entscheidend, zumindest nicht für mich. Denn letztendlich muss man seine sexuellen Gelüste akzeptieren, um sie ausleben zu können. Nur ein selbstbewusster SMler ist ein guter SMler, der nicht nur mit seinen Gelüsten Frieden gemacht hat, sondern auch darüber erzählen kann und so den Gedanken immer weiter verbreiten wird.

Im Grunde ist es ähnlich wie bei einem Coming-out. Wir sprechen von einem schwulen Coming-out, wenn ein Mann sich selbst seine Homosexualität eingesteht und dies auch nach außen hin vertreten kann. Das Gleiche gilt für den SM. Auch hier muss man es sich eingestehen, übrigens egal ob schwul, lesbisch oder hetero, und es nach außen hin vertreten können. Allerdings bin ich der Meinung, dass es sich beim SM-Coming-out um einen schwierigeren Prozess handelt. Die Vorurteile sind noch größer und die Akzeptanz in der Öffentlichkeit ist geringer. Da sind Gott sei Dank die Schwulen schon besser in das gesellschaftliche Leben integriert.

SM ist keine rein schwule Sexualität, sondern eine bestimmte Sexualpraktik, interessant für sehr viele verschiedene Menschen. Für mich als Schwulen ist zum Beispiel Sex ohne SM mittlerweile schwer vorstellbar. Normaler Sex mit Frauen auch. Aber SM mit Frauen in bestimmten Konstellationen und mit einer gewissen Sympathie ist durchaus denkbar. SM ist für mich eine spannende und geile Inszenierung von aufregenden Spielen zum Thema Unterwerfung und Beherrschung, dem eigentlichen Grundgedanken des SM. Einen Menschen in gewisser Weise zu beherrschen, ob nun bei einem Spielchen oder sogar auf das ganze Leben bezogen, und im Gegenpart dazu einen Menschen zu treffen, der bereit ist sich in einer oder jeder Beziehung zu unterwerfen, ist der Glücksgriff, der es endlich wahr werden lässt, SM zu leben. Denn alle Theorie ist ohne den feuchten Sex eben nur Theorie und dadurch irgendwann auch langweilig.

Manchmal ist es ein schwieriger Weg, bis man seine Sehnsüchte verwirklichen kann. Oft ist die Suche mit vielen Enttäuschungen verbunden. Schließlich muss neben einer gewissen Sympathie auch die Nähe zum SM und die Rollenverteilung stimmen. Die Welt beweist uns aber trotzdem jeden Tag neu, dass ebendies möglich ist und auch sehr gut funktioniert. Glücklich der, der es gefunden hat.

Wie alles im Leben entwickelt sich auch SM zuerst im Kopf. Es kann sehr klein anfangen, zum Beispiel in der Kindheit mit Indianerspielen, mit Fesseln an einen Baum. Sicherlich ist von dort bis zum eigenen Spielzimmer ein langer Weg. Er hat bei mir über dreißig Jahre gedauert, aber in welchen Bereichen des Lebens ist nicht eine langsame Entwicklung notwendig? Ist die SM-Ader erst einmal entdeckt, kann es nicht anders laufen.

Es ist aber nun in keinem Fall (den ich kenne, und ich kenne viele) ein gerader Weg, der stetig voranschreitet. Es gibt nicht nur Höhen und Tiefen, sondern auch Unterbrechungen in der persönlichen Entwicklung zum SM. Diese Pausen können sogar ein paar Jahre dauern, in denen zum Thema SM außer im Kopf nichts stattfindet. Man trennt sich in solchen Pausen, die übrigens bei einem gewissen Stand des Sich-selbst-als-SMler-Akzeptierens nicht mehr vorkommen, total von diesem «schlechten Sex». Man stellt sich selbst und gerade auch seinen Sex total infrage. In diesen Momenten stürzen alle gesellschaftlichen Vorurteile über dem eigenen Kopf zusammen. Man lehnt SM plötzlich selbst wieder ab, will sogar die paar Spielsachen, die man erworben hat und die den Sex beflügeln sollten, einfach fortwerfen – nur weg damit, damit alles wieder sauber ist ...

Glaubt mir, es kommt alles zurück. Ein Fliehen vor diesen sexuellen Gelüsten ist nicht möglich. Die einzige Möglichkeit ist, sie zuzulassen, sie zu akzeptieren und seinen Spaß und natürlich seine Befriedigung daran zu haben. Es ist nur ein kleiner Schritt im Kopf, aber ein bleibender für das weitere Leben. Leider gibt es auch Menschen, die aus einer schnell genommenen Pause im SM keinen Weg zurück finden. Die derart geschockt sind über ihre dunklen Gelüste, dass sie sich vollständig zurückziehen. Schade eigentlich, denn auch mit Hilfe kommen sie nicht zurecht, da sie sich vor diesem Thema völlig verschließen, um nicht wieder auf die «schiefe Bahn» zu kommen.

Ich könnte sagen: selber schuld. Aber es ist unsere Gesellschaft, die dies massiv beeinflusst. Ich erwarte von dieser Gesellschaft, deren Mitglied ich bin, mindestens eine Haltung, die sagt: «Der Sex anderer Leute geht uns nichts an.» Ein Kernsatz der Akzeptanz. Eine Grenze, die für mich nicht mehr unterschritten werden darf. Das verlange ich von meiner Gesellschaft. Und das sage ich ihr auch klipp und klar.

So viel zum groben Zweck des Buches. Nach den drei SM-Tagebüchern aus dem wirklichen Leben kommen jetzt zwei Handbücher, eines für die Seite der Unterwerfung und eines für die der Beherrschung, ein Sklavenbuch und ein Meisterbuch. In diesen Büchern sollen die Grundzüge, die Eigenschaften, Fehler und Lernprozesse beschrieben werden. Beschrieben werden soll, wann ein SMler ein Sklave oder ein Meister ist. Die Bücher sollen eine Hilfestellung sein. Es kann aber auch für Nicht-SMler interessant sein, sie zu lesen, um Vorurteile abzubauen. Auf jeden Fall ist das vorliegende Buch ein subjektives, entstanden aus meinen Erfahrungen und meinen Erlebnissen.

To whom it may concern.

PAUL – EIN LEBENSWEG

Bei einem Handbuch, in dem es um die Darstellung von Erfahrungen und Erlebnissen geht sowie um den Versuch, einiges Grundsätzliches daraus abzuleiten, sollte der Leser auch wissen, wer eigentlich dahinter steckt.

Geboren bin ich 1949, also im gleichen Jahr wie die Bundesrepublik. Ich bin ein sensibler, offen auftretender und selbstbewusster Mensch. Aufgewachsen in eher einfachen Verhältnissen, bin ich von meinen Eltern sehr früh dazu erzogen worden, meine Entscheidungen selbst zu treffen. Meine Schulzeit war geprägt von einer gewissen Ablehnung der Lehrer und der Lehrstoffe. Ich war schnell und intelligent, wenn es darum ging, Zusammenhänge zu begreifen. Aber durch meine Ablehnung habe ich nur mit Umwegen die mittlere Reife geschafft. Mein Vater und mein Großvater waren Maler und ich habe mich durch diese Erfahrung sehr früh gegen das Handwerk und für eine kaufmännische Ausbildung entschieden. Ich bin mit Leib und Seele Hamburger und wollte daher immer mit der Schifffahrt zu tun haben. So machte ich eine Lehre als Reedereikaufmann. In dieser Zeit begannen meine politischen Aktivitäten. Ich gründete die damals größte Hamburger Schülerzeitung, in der Sexualaufklärung groß geschrieben wurde. Mein Sinn für Gerechtigkeit und gegen Unterdrückung mag einigen als großer Widerspruch zu meinem jetzigen SM vorkommen. Aber das Buch wird diesen Widerspruch relativieren.

Es kam die wilde Zeit der 68er, in der ich nach Abschluss meiner Lehre einer linken Organisation beitrat. Die nächsten zehn Jahre waren davon geprägt, Demos gegen Nazis und gegen Atomkraft zu organisieren. In dieser Zeit war ich nicht schwul, sondern ein ganz normaler Hetero. Durch die politische Arbeit gab ich meine kaufmännische Laufbahn auf und ging als Kraftfahrer in einen großen Metallbetrieb. Nach heftigen Auseinandersetzungen wurde ich mehrfach entlassen und ging mit meiner damaligen Freundin nach Bayern, um weiter unsere linke Politik zu verbreiten.

Durch die Arbeit gegen Neonazis lernte ich auch die ortsansässige Schwulengruppe kennen und ganz neue Gefühle regten sich. Mit dreißig Jahren war es dann so weit, ich hatte mein schwules Coming-out. SM-Gedanken kannte ich allerdings schon seit meiner Kindheit. Ich hatte mir Spielzeug-Handschellen gekauft (eine habe ich heute noch!) und legte sie mir als Kind heimlich im Bett unter der Decke an. Später unternahm ich auch mit meiner damaligen Freundin mal den Versuch, SM zu praktizieren. Ich bat sie mich an einen Heizkörper zu fesseln. Es war eine Katastrophe. Nie wieder, schwor ich mir.

Das schwule Coming-out krempelte mein ganzes Leben um. Meine Art veränderte sich und es ist nach wie vor meine wichtigste Veränderung. Zugegeben, im Alter von dreißig Jahren ein ziemlich spätes Erkennen der eigenen Gelüste, aber besser als gar nicht. Nachdem ich mich nun als Schwuler viel mehr als früher mit meiner Sexualität beschäftigte, war gleich der erste Mann, mit dem ich eine Beziehung hatte, ein SMler. Nach kurzer Zeit folgte mein zweites Coming-out als Liebhaber von SM.

In dieser Zeit hatte ich große Probleme, eine passende Arbeit zu finden, war lange Zeit arbeitslos und bezog mein Selbstvertrauen aus dem Aufbau einer örtlichen Schwulengruppe, eines Schwulenzentrums und dem Herausgeben einer bundesweiten Schwulenzeitung. Meine Arbeit in der linken Organisation kam zu einem abrupten Ende, da die Linke in meinem Fall weder mit dem Schwulsein richtig umgehen konnte noch mit dem SM. Nach endlosen Diskussionen zog ich die Konsequenz und nabelte mich ab.

1983 kam es zu einer bis heute anhaltenden Liebe, in der SM eine Hauptrolle spielte. Meine Beziehung zu Leon ist in den ersten beiden Bänden von «Pauls Büchern» nachzulesen. Sie hielt sieben intensive Jahre. Nach dieser Zeit sind wir bis heute liebende Lebenspartner geblieben, die keinen Sex mehr miteinander haben und in getrennten Wohnungen (im gleichen Haus) leben, aber jeden Tag zusammen arbeiten und alles teilen. Wir führen als Selbstständige ein gemeinsames Geschäft, haben unsere jeweiligen längerfristigen oder gelegentlichen Partner für den SM und unsere eigenen, gut ausgerüsteten Spielzimmer.

Ich habe in dieser Beziehung beide Rollen beziehungsweise Seiten des SM ausgelebt. Am Anfang übernahm ich die Rolle des Meisters und Ausbilders, da Leon als Anfänger erst eingeführt werden musste. Insgeheim dachte ich immer daran, dass er irgendwann die Rolle des Meisters übernehmen sollte. Nach einem Dreivierteljahr kam der große Moment. An einem Tag hatten wir beide die gleiche Idee. Wir wechselten die Rollen und – es war einer meiner glücklichsten Tage. Es sollte die restlichen sechs Jahre andauern.

Danach folgten ein paar langjährige lockere Beziehungen. Auch hier übernahm ich die Rolle des Meisters und fand immer mehr Gefallen daran. Meine Grundeinstellung, dass die maso-Rolle und meine Lust, mich beherrschen zu lassen, ein Leben lang anhält, fing an zu bröckeln. Bis heute habe ich den Meister-Part beibehalten. Inzwischen bin ich der Meinung, dass die Rollen wechseln können, wenn auch nicht täglich und nicht häufig. Die beiden Seiten der Unterdrückung und des Sich-beherrschen-Lassens liegen so eng beieinander, dass durchaus der Wunsch entstehen kann, einmal die andere Seite auszuleben.

In den letzten vier Jahren hatte ich einen neuen maso. Das erste halbe Jahr dieser Beziehung ist im dritten Band von «Pauls Büchern» dargestellt. Diese Liebesbeziehung war das Intensivste, was ich jemals an SM erlebt habe. Es war eine heiße Liebesbeziehung, bei der der SM absolut im Mittelpunkt stand. Durch einen SM-Vertrag banden wir uns aneinander. Nach vier Jahren habe ich die Beziehung beendet, nachdem der maso mir eingestanden hatte, es sei ihm zu intensiv geworden. Seine Grenzen waren erreicht, doch ich wollte weitergehen, noch intensiver werden ... Unsere Wege trennten sich, leider. Sicherlich haben wir beide sehr viel darüber gelernt, was SM bedeutet, wie man diesen Sex ausleben und wie tief es gehen kann. Darüber wird hier im Buch noch mehrfach berichtet.

Eine wichtige Erfahrung in meinem Leben war die Veröffentlichung meiner SM-Tagebücher. Die ersten drei Bände waren ursprünglich nicht zur Veröffentlichung bestimmt, sondern nur für den «internen» Gebrauch innerhalb der Beziehung: um sich besser kennen zu lernen und besser über den anderen Bescheid zu wissen. Erst viel später entschloss ich mich die Tagebücher zu veröffentlichen und so dazu beizutragen, SM stärker als eine normale Sexualität nach außen hin darzustellen. Einige öffentliche Lesungen haben diesen Prozess weiter positiv beeinflusst. Es hat mir Spaß gemacht, Interessierten meine Erlebnisse und Erfahrungen zu schildern. Über zwanzig Jahre mit und in SM zu leben ist auch ein gutes Pfund, um es in die Waagschale zu werfen.

DER ERSTE KONTAKT

Zu Anfang des Buches will ich einen maso (ich nannte ihn «mkm», das bedeutet: «mein kleiner maso») zu Wort kommen lassen, der unsere erste Begegnung beschreibt. Seine Unerfahrenheit und viele Unsicherheiten in seinem Denken werden hier deutlich. Am Ende des Buches ist zu lesen, wie es besser laufen kann. In der ersten E-Mail von mkm werden auch meine Wohnung und mein Spielzimmer beschrieben.

28. JANUAR, NACH MITTERNACHT

Tja, nun sitze ich hier vorm PC und tausend Bilder ziehen gleichzeitig vor meinem Auge vorbei.

SM-Beziehung. Das ist neu für mich. Und gleichzeitig verdammt spannend. Hab ich doch nun über meine Manöver bei einer schwulen Militärgruppe SM kennen und lieben gelernt (hätte mir auch eher einfallen können). Doch das meiste war halt nur sich sehen, Session machen und Auf Wiedersehen. Und meine Sehnsucht: Beziehung. Geht das überhaupt? SM und Beziehung? Ich glaube, das schließt sich überhaupt nicht aus, intensiv wird SM erst dann, wenn ein so großes Vertrauen aufgebaut ist, dass ich mich ohne Angst fallen lassen kann. Und sich an die Grenzen zu wagen klappt auch nur mit 'nem Top, zu dem man absolutes Vertrauen hat. Doch Vertrauen wächst langsam.

Ich kam ins Wohnzimmer und war erstaunt über die Atmosphäre, die Einrichtung. Warum habe ich geglaubt in eine biedere Wohnung zu kommen, wo das Spielzimmer im Keller ist? Tja, ich bin Anfänger und habe halt meine Vorurteile.

Ich kam ins Wohnzimmer: der schwarze Boden, die Wärme aus der Fußbodenheizung, das schwarze Ledersofa, die metallenen Kerzenhalter an der Wand mit großen, dicken weißen Kerzen, deren Schein sich im Metall des Wandhalters widerspiegelte. Ja, ich fühlte mich wohl in dieser Atmosphäre.

Nun war ich gespannt, wie es weitergeht. SM-Beziehung – das ist nicht nur das SM-Spiel über eine Session, das ist Leben. Devot sein, das ist nicht nur Gehorsam, das ist mehr. Viel mehr. Bin ich das? Ja, ich kann devot sein, aber ist das nur eine Rolle oder bin ich es? Devot kann ich nur sein, wenn ich jemandem dankbar bin. Wenn ich sehe, dass es ihm gut geht. Wenn er mich so behandelt, wie ich es möchte. Und da habe ich auch andere Seiten, brauche Zärtlichkeit, möchte mal schmusen, kuscheln, mich anlehnen und auch mal ausweinen. Mein Fremdwörterbuch sagt: devot ist, sich übertrieben ergeben jemandem gegenüber verhalten, oder auch andächtig-ergeben. Ergeben ja, übertrieben ergeben? Andächtig-ergeben auch ja, aber wie gesagt nicht nur.

Ich hatte erzählt, dass es mir Spaß macht, beim Manöver mitzumachen, der Kameradschaft wegen. Auch das suche ich. Schließt das eine das andere aus?

Und dann ging es ins Schlafzimmer. Echt geil das Bett. Metall, ein geiles Material. Und ich sah die Ösen, jede Art von Bondage möglich. Und am Fußende ein metallener Pranger. Und schon ging meine Fantasie los: Das würdest du jetzt gerne ausprobieren, doch ich wagte nicht zu fragen. Er wird bestimmen, wie was wann.

Der Blick aus dem Fenster auf die beleuchtete Burg. Auch ein Balkon in dieser Etage. Und dann ging es noch eine Etage höher. Volltreffer. Nichts, was es nicht gibt. Die Masken, alle etwas anders, und dann dieser Käfig. Tja, ich hatte schon oft geträumt mir auch einen Käfig zu bauen, aber dieser übertraf alle meine Vorstellungen. Stabilität, ein Hebelmechanismus zum Öffnen mit drei Verriegelungen, Lochplatten an den Seiten zum Einsetzen von Zwischengittern, um den Hals zu befestigen, Handschellen mit der Möglichkeit zur Fixierung in den Lochplatten, Platz für zwei Sklaven übereinander. Tausend Möglichkeiten nur im und am Käfig. Das hat mich so erschlagen, dass ich es gar nicht mehr genießen konnte. Dafür braucht man Zeit. Aber ein absolut geiles Ding. Und dann der Lederschlafsack. (Ich mag ihn ja, hab mich schon öfter einpacken und fesseln lassen, mit Maske, und gespürt, wie langsam die Wärme zunimmt. Der Atem geht schneller. Der Schwanz schwillt an. Du willst dich bewegen, es geht kaum, die Wärme nimmt zu, du wirst immer geiler, musst dich aber wieder zurücknehmen, denn du schwitzt, der Puls geht hoch, es wird immer wärmer, du kommst aber nicht an den Schwanz, deine Gedanken schwirren, die Wärme macht dir zu schaffen, aber geilt dich auch auf ...)

Aber dieser Schlafsack hängt. Eine Kette geht hoch zum Seilzug. Der hängt in der Betondecke. Wie mag es sein, wenn du hängst? Ich weiß es nicht, würde es aber gerne ausprobieren.

Und dann die Materialkammer. Fesseln vom Feinsten, Knebel, Halsbänder, ein schweres, stabiles Halsband fällt mir auf, muss geil sein.

Und die Peitschen. Ich lasse meine Finger durch die Lederstriemen laufen und spüre sie auf meinem Rücken. Die Klatsche mit den kleinen «Dornen» sehe ich mir jedoch mit verdammtem Respekt an.

Er führt mich wieder ins Wohnzimmer. Ich rauche erst mal eine – mein Ritual, um meine Gedanken wieder zu fassen.

Es gibt Bilder zu sehen. Nichts, was mich entsetzt. Nichts, wozu ich nicht auch Lust hätte. Das Bild, er mit Gasmaske im Käfig, mein Schwanz schwillt an. Ich sage nichts. Warum eigentlich nicht? Ich warte. Ich beobachte ihn. Könnte er sich vorstellen dies auch mit mir zu machen?

Dann kamen Bilder vom Branding, oh je, da wäre bei mir im Moment das Stoppwort da.