Peters Reisebericht Nr. 6 - Peter Alles - E-Book

Peters Reisebericht Nr. 6 E-Book

Peter Alles

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Beschreibung

Der Autor bereiste mit der Dreimastbarkentine Antigua die nördliche West- und die westliche Nordküste Spitzbergens und ließ sich von der großartigen Landschaft mit gigantischen Fjorden, riesigen Gletschern und vereisten Bergen sowie der Mitternachtssonne begeistern. Er konnte dabei viele Tiere wie Eisbären, Walrosse, Dreizehenmöwen, Dickschnabellummen, Weißwangengänse, Eiderenten, Meerstrandläufer, Krabbentaucher, Alpenschneehühner, Schneeammern und Thorshühnchen beobachten und die zarte Frühjahrs-Vegetation der Arktis erleben. Er schildert witzige Erlebnisse mit seinen Mitreisenden und reichert seinen Reisebericht mit viel Hintergrundwissen, persönlichen Erfahrungen und vielen Farbfotos an.

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FÜR ALLE ARKTIS-FANS

Peter Alles

Peters Reisebericht Nr. 6

Spitzbergen – Mit dem Segelschiff zu den Eisbären

© 2016 Peter Alles

Autor: Peter Alles

Umschlaggestaltung, Illustration: Peter Alles

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN:

978-3-7345-0783-0 (Paperback)

978-3-7345-0784-7 (Hardcover)

978-3-7345-0785-4 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhaltsverzeichnis

Vorbereitung

Anreise und Longyearbyen

Vom Isfjorden zum Kongsfjorden

Vom Kongsfjorden zum Raudfjorden

Vom Raudfjorden zum Woodfjorden

Im Liefdefjorden

Im Magdalenefjorden

Im Krossfjorden

Vom Lilliehöökfjord zur Eidembukta

Im Billefjorden

Rückreise

Quellen

Vorbereitung

Wem ich vor der Reise von diesem geplanten Experimentalurlaub erzählt hatte, der oder die sah mich nur verständnislos an: Was willst Du denn da oben, da ist es doch nur kalt? Was kann man denn da sehen, da gibt es doch nichts außer Eis? Fährst Du da mit dem Wohnmobil hin? Und die meisten: Wo liegt das überhaupt, was sprechen die denn da?

Nun, was wollte ich da, zumal es kalt werden würde? Na ja, die gemäßigte Kälte, den Polarwind, die Einsamkeit und die Besonderheit dieser sehr nördlichen Lage wollte ich kennen lernen. Außer Eis wollte ich natürlich die arktische Landschaft mit Gletschern und eisbedeckten Bergen, die riesigen Fjorde, die vielen Vögel, möglichst ein paar Eisbären und Walrosse und natürlich die Mitternachtssonne sehen, weswegen ich meine Reise für den Juni geplant hatte. Im Herbst oder Winter wäre es sicher auch reizvoll, vor allem wegen der Polarlichter, aber das wäre mir dann doch zu schattig, denn Kälte und Eis liebe ich eigentlich nicht wirklich. Die Junikälte in Svalbard von Durchschnittstemperaturen leicht über Null ist da für mich gerade noch zumutbar. Und weil ich mir kurz vor dem Reisedatum ein kleines Wohnmobil (VW-Bus mit Aufstelldach) gekauft hatte, würde ich damit noch lange nicht anreisen wollen, denn außerhalb Spitzbergens Hauptstadt gibt es keine Straßen und, ob es überhaupt eine Fährverbindung von Nordnorwegen nach Spitzbergen gibt, ist zu bezweifeln. Natürlich würde ich hinfliegen. Mit dem Schiff anzureisen wäre noch eine Alternative gewesen, aber für den eiligen Urlauber, der vor Ort sowieso eine Schiffsreise geplant hat, wäre das ein zu großer Zeitverlust.

Außerdem wollte ich mir die überraschende Erkenntnis, dass ich gar nicht seetauglich bin, bis vor Ort aufsparen, wenn es dann endgültig zu spät für einen Rückzieher sein würde. Ich war zuvor nämlich noch nie auf einem Schiff auf offener See unterwegs gewesen und hatte mir von vielen Bekannten begeisterte Berichte übers spontane Fische Füttern anhören müssen. Aber ich sah das als weitere Hilfsmaßnahme zur Erreichung meines Gewichtsreduktionsziels an, was die letzten Monate nur noch schleppend vorangekommen war. Ich hatte keine Ahnung, ob ich den Segeltörn überhaupt würde genießen können. Ab und zu muss man dem „Schicksal ein Angebot machen“ (außer dem Rohe-Kartoffel-mit-der-Hand-Zerquetschen ist mir dieser Spruch aus der Verfilmung des „Seewolf“ von Jack London von 1971 in stärkster Erinnerung geblieben).

Am meisten überraschte mich allerdings, dass kaum jemand wusste, wo Spitzbergen überhaupt liegt. Manch einer hatte den Namen schon mal gehört, konnte sonst aber damit überhaupt nichts anfangen. Ich hatte die Inselgruppe während meiner Jugend „entdeckt“, wenn ich krank im Bett bleiben musste und mich tagelang mit dem Weltatlas meiner Eltern beschäftigte. Direkt im Norden von Skandinavien sieht sie in der geläufigen Mercator-Projektion ja riesengroß (größer als Spanien), dennoch relativ nah aus, so dass sie seitdem in meinem Hinterkopf schlummerte (soweit Inseln das können).

Dass man Spitzbergen nicht kennt, scheint übrigens kein mitteleuropäisches Phänomen zu sein. Bei meiner Anreise über Oslo, wo ich eine Zwischenübernachtung hatte, kam ich im Hotel mit einem Schweden ins Gespräch, der schon viel in der Welt herumgekommen war. Auch dieser hatte von Svalbard, wie die Inselgruppe richtig und norwegisch heißt (Spitzbergen ist nur die größte Insel davon), noch nie was gehört. Vielleicht lag es bei ihm ja daran, dass Svalbard nur von Norwegen und nicht von Schweden verwaltet wird.

Da ich, trotz meiner Aversion gegen Kälte, schon seit längerem Aufenthalte im Norden liebe, vor allem wegen der sehr reizvollen Lichtverhältnisse im Sommer, die bei mir größte Euphorie auslösen, hatte ich vor zwei Jahren begonnen, mich auch mit Spitzbergen etwas näher zu beschäftigen. Allerdings hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht die geringste Vorstellung, wie ich dort einen Urlaub verbringen könnte. Bis ich dann eher zufällig auf Reiseveranstalter stieß, die Schiffsreisen um Spitzbergen anboten, und schließlich auf solche, die sogar Segelschiffsreisen anboten, was mir damals ziemlich abgefahren vorkam. Schließlich blieb ich bei DIAMIR hängen, bei denen ich mutig „Segeln in Nordspitzbergen“ auf der Dreimastbarkentine Antigua als Fotoreise in einer Gruppe buchte. Es irritierte mich zwar ein wenig, dass die Reisebeschreibung ziemlich vage und unverbindlich ausfiel:

Die grundlegende Richtung steht fest: Die Reise geht entlang der Westküste Spitzbergens Richtung Norden. Je nach Wetterbedingungen stehen zum Beispiel auf dem Programm: der Krossfjord mit dem14.-Juli-Gletscher, Ny-Ålesund, der Liefdefjord mit dem Monaco-Gletscher, der Raudfjord, die Insel Ytre Norskøya, die Hinlopenstraße, die Lummenkolonie am Vogelfelsen Alkefjellet, Nordaustlandet und Prins Karls Forlandet. Einen genauen Tagesablauf kann man bei einer solchen Expedition nicht vorab festlegen – zu viele Faktoren beeinflussen den Routen- und Fahrtverlauf. Flexibilität ist Grundvoraussetzung für einzigartige Erlebnisse. Die Eisverhältnisse lassen sich allenfalls kurzfristig vorhersagen, und auch das Wetter will in der Tagesplanung bedacht sein. Aktuelle Insiderinformationen über günstige und lohnende Anlandestellen und Tiersichtungen ermöglichen es, die Route den Gegebenheiten anzupassen und Spitzbergens Landschaften und die arktische Natur intensiv zu erleben.

Aber die Begründung der unklaren Eis- und Wetterverhältnisse war plausibel und im Nachhinein auch zutreffend. Ich plane eine solche Reise in meine mir unbekannte Gegend gerne genauer bzw. bereite mich gründlich darauf vor. In diesem Falle war das nicht gut möglich, so dass meiner Vorinformierung umfassender als tatsächlich notwendig ausfallen musste, was aber nicht von Nachteil war, da ich auf diese Weise viel über Svalbard mit seinen Inseln und Fjorden sowie seiner Fauna und Flora schon mal von der theoretischen Seite erfahren habe. Die Monografie „Spitzbergen – Svalbard“ von Rolf Stange kann ich in dieser Hinsicht nur empfehlen. Vor allem seine Beschreibungen der Tiere und Pflanzen sind sehr ausführlich und hervorragend bebildert und seine Landschaftsschilderungen sehr umfassend und vielfältig (Namensgebung, Geologie, Landschaft, Flora und Fauna, Geschichte etc.). Der andere deutsche Spitzbergenexperte, der auch die weiteren arktischen Inseln wie Franz Josef Land und Jan Mayen erkundet hat, ist Andreas Umbreit. Er hat eine sehr informative Webseite erstellt.

Weitere interessante Informationen zur Geschichte, Entdeckung und Bedeutung Spitzbergens als Ausgangspunkt für Arktis-Erkundungen habe ich aus Poelzls Erfahrungsbericht entnommen. Im Jahre 2010 segelte der Autor mit seiner Lebensgefährtin von Flensburg entlang der norwegischen Küste bis nach Spitzbergen, in dessen Westfjorden er sich über drei Wochen lang aufhielt und einige Stellen besuchte, die auch auf unserer Reiseroute lagen. Neben seinen persönlichen Erfahrungen mit dem Land, der Natur und dem Meer berichtet er sehr anschaulich und kurzweilig über die vergangenen Anstrengungen Koldeweys, Halls, Tegetthoffs, Markhams, Nansens und Andrées zu Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, den „Wettlauf“ zum Nordpol per Schiff, Schlitten, Gasballon u.a. Verkehrsmittel zu gewinnen, sowie Wellmans, Amundsens, Nobiles und Ellworth‘ zu Anfang des 20. Jahrhunderts, den Nordpol per Flugzeug und Luftschiff zu erreichen.

Informativ ist auch seine Darstellung zur Entdeckung Spitzbergens durch den Niederländer Willem Barentzs (deutsche Schreibweise: Barents) im späten 16. Jahrhundert, der als Obersteuermann, Navigator und wissenschaftlicher Expeditionsleiter mit den Kapitänen Jacob van Heemskerck und Jan Cornelisz Rijp auf der Suche nach einem Seeweg nach Indien über die Nordost-Passage die Bäreninsel und Spitzbergen entdeckte. Spitzbergen wurde von ihnen nach dem Erscheinungsbild der spitzen, Eis bedeckten Berge und dem alpinen Landschaftscharakter benannt, die sie im Magdalenefjord sahen.

Von hier aus setzten Barentzs und Heemskerck ihre Suche in Richtung Nordosten fort, um schließlich bei Nowaja Semlja zu stranden, nachdem ihr Schiff von den Eismassen zerdrückt worden war. Die Überwinterung war so strapaziös, dass Barentzs mit weiteren Männern an Erschöpfung starb. Die Namen vieler Plätze in der Arktis erinnern noch heute an den großen Entdecker: Barentssee (das Meer nördlich von Skandinavien), die Insel Barentsøya (östlich von Spitzbergen, viertgrößte Insel Svalbards) und die Kohlegrubenstadt Barentsburg. Auch Poelzls Darstellungen zur Entwicklung des Walfangs im 17. Jahrhundert und des Kohlebergbaus im 20. Jahrhundert sind sehr informativ.

***

Unsere Segeltour sollte entlang der nördlichen Westküste und der westlichen Nordküste von Spitzbergen verlaufen. Für eine Umrundung von Svalbard, sogar von Spitzbergen war die Zeitdauer von neun Tagen zu knapp bemessen. Außerdem wäre es gar nicht sicher gewesen, ob man aufgrund der schwer absehbaren Wetterverhältnisse überhaupt die Ostküste von Spitzbergen, die längs einer teilweise sehr schmalen Meerenge (die Hinlopenstraße zwischen Spitzbergen und Nordaustlandet) mit vielen kleinen Felseninseln verläuft, hätte passieren können, da zum Junianfang noch viele Eisberge unterwegs sein können. Ich hätte die Reise auch aufgrund des dann milderen Wetters lieber etwas später angetreten, aber einerseits wurde die präferierte Reise dann nicht mehr angeboten und andererseits wäre ich in berufliche Terminkonflikte geraten.

Damit fiel die Entscheidung auf den Reisezeitraum 4. bis 15. Juni 2015, wobei die Segelreise für den 6. bis 14. Juni geplant war. Die Hinreise erfolgte am 4. abends von Frankfurt nach Oslo mit Weiterflug am Folgetag nach Longyearbyen, dem administrativen Zentrum (kurz: Hauptstadt) von Svalbard. Dieses verfügt seit 1975 über einen internationalen Flughafen, der im Sommer viermal täglich, im Winter viermal wöchentlich von Oslo und Tromsø angeflogen wird.

Abb. 1: Lage von Spitzbergen und unsere Reiseroute (Karte von terrapolaris.com)

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Longyearbyen, die nördlichste, größere Siedlung der Erde, ist in wenigen Stunden erkundet, aber eine Übernachtung dort, bevor es aufs Schiff geht, ist trotz der frühen Ankunft aus Sicherheitsgründen ratsam, damit man in Ruhe noch eventuelle Ausrüstungsgegenstände besorgen kann, z.B. auch wenn das Gepäck nicht pünktlich ankommt. Wenn man dann schon auf dem Schiff ist, kann es unangenehm werden, wenn wesentliche Dinge fehlen. Die Einreise ist zwar unkompliziert, man benötigt aber einen Pass oder Ausweis, da Svalbard nicht im Geltungsbereich des Schengen-Abkommens liegt.

Es steht seit Abschluss des Spitzbergenvertrages von 1920 zwar unter norwegischer Verwaltung, gehört selbst aber nicht zu Norwegen. Sondern den Bürgern aller Unterzeichnerstaaten sind gleiche Rechte auf Arbeit, Handel und Schifffahrt im Gebiet Spitzbergens garantiert. Das heißt insbesondere, dass dort jeder Bürger eines Vertragsstaates ohne weitere Bedingungen eine Arbeit annehmen oder eine Firma eröffnen kann. Zu diesen Staaten gehören neben Norwegen auch Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Russland und USA, aber auch Länder wie Ägypten, Afghanistan, Albanien, Chile, China, Neu-Seeland, Saudi-Arabien et alia.

Spitzbergen wird direkt von einem Repräsentanten der norwegischen Regierung geleitet. Dieser trägt den Titel Sysselmann und ist gleichzeitig Polizeichef, Hilfsrichter und Inhaber anderer offizieller Funktionen. Er soll auch die Rechte und Pflichten sicherstellen, die Norwegen laut Spitzbergen-Vertrag obliegen. Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts wurde in mehreren politischen Vorstößen die Selbstverwaltung durch die Bevölkerung gestärkt. Im Oktober 2007 fanden auf Spitzbergen erstmals Wahlen für ein lokales Parlament statt. (Quelle: Wikipedia)

Der Abschluss des Spitzbergenvertrages war vor allem dadurch motiviert, dass Ende des 19. Jahrhunderts der Bergbau stark an Bedeutung gewann, so dass sich immer mehr Nationen für die Ausbeutung von Kohle- und anderen Gruben interessierten und die Besiedlung der Insel in Folge kräftig zunahm. Die Bedeutung des Bergbaus hat in den letzten Jahrzehnten wieder deutlich abgenommen, da eine wirtschaftliche Ausbeute – auch aufgrund der schwindenden Vorräte – nur noch für die Versorgung der Inselbewohner rentabel ist. Kohlebergbau in nennenswertem Umfang wird heute nur noch in Svea bzw. Sveagruva am Ostende des Van Mijenfjordens durch Norweger und in Barentsburg am Südwestrand des Isfjorden durch Russen betrieben. In neuerer Zeit gilt Spitzbergen als „größtes Labor der Welt“ für Arktisforschung, zu dem auch ein Startplatz für Forschungsraketen in der Nähe von Ny-Ålesund gehört (SvalRak). Die Inselgruppe ist gemäß dem Spitzbergen-Vertrag eine demilitarisierte Zone.

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