Peters Reisebericht Nr. 7 - Peter Alles - E-Book

Peters Reisebericht Nr. 7 E-Book

Peter Alles

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Beschreibung

Der Autor schreibt über seine Rundreise durch Namibia und Botswana, die ihn an viele außergewöhnliche Ort in einer einzigartigen Landschaft mit einer sensationellen Tierwelt führte. Hierüber, sowie über die gruppendynamischen Erfahrungen in seiner Reisegruppe, berichtet er auf informative, unterhaltsame, persönliche und humorvolle Weise. Neben den bekannten Sehenswürdigkeiten wie den Victoria-Fällen, dem Etosha-Nationalpark, der Namib-Wüste, der Kalahari, dem Okavango-Delta und dem Chobe-Nationalpark kam er auch an weniger bekannten, aber trotzdem einzigartigen Stätten vorbei, über die er einfühlsam berichtet. Er schildert auch witzige Erlebnisse mit seinen Mitreisenden und reichert seinen Reisebericht mit viel Hintergrundwissen, persönlichen Erfahrungen und Reisetipps sowie vielen Farbfotos an.

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FÜR ARMIN

Peter Alles

Peters Reisebericht Nr. 7

Namibia / Botswana – eine einzigartigeRundreise durch eine phantastische Landschaft

© 2019 Peter Alles

Autor: Peter Alles

Umschlaggestaltung, Illustration: Peter Alles

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN:

978-3-7482-2595-9 (Paperback)

978-3-7482-2596-6 (Hardcover)

978-3-7482-2597-3 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhaltsverzeichnis

Anreise

Zu den Victoria-Fällen

Erste Abenteuer

Von Sambia nach Namibia

Im Caprivi-Streifen

Lange Fahrt

Etosha-Nationalpark

Durchs Damaraland

Brandberg, Skelettküste und Swakopmund

Die Wüste lebt

Als wir genug von Swakopmund hatten, gingen wir in die Wüste

Wüste intensiv

In der Hauptstadt

Durch die Kalahari

Im Okavango-Delta

Afrikas größtes Salzpfannengebiet

Chobe-Nationalpark

Rückreise

Quellen

Die Akteure

Peter

Schreiberling aus Deutschlands Mitte und Hobby-Fotograf, nie ohne Notizbuch unterwegs.

Achim

Sein mutiger Begleiter, privat erstmalig ohne Gattin in der weiten Welt auf Reisen.

Martina

Hundefreundin, das immer fröhliche und einfühlsame Nesthäkchen der Reisegruppe.

Mario „Kunibert“

Ihr Gatte, Kalauer- und Englisch-Experte mit großem Allgemeinwissen.

Ellen

Berliner Gewächs, Weltenbummlerin und Fotografin, braucht kaum Klamotten.

Mike

Ihr Gatte, ständig auf der Suche nach Futter für seine Linsensammlung.

Mitch

Vergesslicher Professor aus Cambridge oder so, offen für jede neue Erfahrung, britischer Humorist.

Lina

Seine lebenslange Gattin und Vogelfreundin, versteht und spricht Deutsch.

Thekla

Britische Lady, leidenschaftliche Teetrinkerin, konnte die Reisegruppe oft be- und entgeistern.

Stave

Ihr angetrauter Lebensabschnittsgefährte, Butler und Kofferträger.

Callum

Südafrikanischer Reiseleiter, Starkoch, Experte mit Entwicklungspotential in den Bereichen Fauna und Flora.

Norwin

Co-Reiseleiter aus Simbabwe, Kochassistent, ehemaliger Rennfahrer und leidenschaftlicher Reggae-Hörer.

Einige, meist namenlose Namibier, Sambier, Botswaner und Simbabwer.

Außerdem sehr viele kleine, mittlere und große wilde Tiere.

Alle Personennamen und erzählte Anekdoten entstammen meiner Fantasie und können sich höchstens zufällig so ähnlich ereignet haben.

Anreise

Nach Start am Vorabend und einem zweieinhalbstündigen Aufenthalt mit Flugzeugwechsel in Addis Abeba kamen wir pünktlich um 12:15 in Simbabwe auf dem Flughafen Victoria Falls an. Beide Teilflüge mit den Ethiopian Airlines waren angenehm verlaufen, auch wenn das körperliche Wohlbefinden nach einer fast schlaflosen Nacht in der Holzklasse suboptimal war.

Dies wurde auch nicht besser, als wir über eine Stunde lang am Einreiseschalter in der Schlange standen, bis wir endlich unser KA-ZA-Visum für 50 USD kaufen und ein paar Stempel in den Reisepass erhalten konnten. Das Visum berechtigte zum unbeschränkten Wechsel zwischen Simbabwe und Sambia, obwohl wir es nur für zwei Grenzübertritte nutzen wollten – einmal hin, einmal zurück für den Rückflug – und war damit günstiger als zwei Einzel-Visa.

KAZA steht für die jeweils ersten beiden Buchstaben der Flüsse Kavango (oder Okavango) und Sambesi. So heißt das mit ca. 450.000 Quadratkilometer zweitgrößte Land-Schutzgebiet der Erde (entspricht etwa der Fläche Deutschlands und Österreichs zusammen) um die Flüsse Kavango und Sambesi. Es wurde 2011 von den südafrikanischen Staaten Angola, Botswana, Namibia, Sambia und Simbabwe mit Unterstützung des WWF gegründet. Seit 2012 ist der wichtigste Kreditgeber die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

Das grenzüberschreitende Projekt zählt zu den Peace Parks und wird von der Peace Parks Foundation unterstützt. Deren Ziel ist es, Naturschutz mit Armutsbekämpfung zu verbinden und eine friedliche Kooperation zwischen benachbarten Staaten zu fördern. Insbesondere werden mit Errichtung der Peace Parks, von denen es im südlichen Afrika zehn gibt, alle Grenzbefestigungen entfernt, so dass sich Menschen und Tiere in diesen Gebieten frei bewegen können.

Die Dorfgemeinschaften in dieser Region sollen alle Rechte und Pflichten für ihr Land mitsamt Wäldern und Wildtieren bekommen. Ihr Engagement für den Schutz der Natur und der Wildtiere soll sich auch wirtschaftlich zu ihrem Vorteil auszahlen, indem durch entsprechenden Tourismus Arbeitsplätze geschaffen werden, was sich direkt auf die Haushaltseinkommen der lokalen Bevölkerung auswirkt. Dies folgt der Erkenntnis, dass Naturschutz nur möglich ist, wenn er sich für die Menschen lohnt. Eine Faustregel besagt, dass acht Touristen einen Arbeitsplatz schaffen. Und weil Touristen vor allem wegen der Löwen, Elefanten und Antilopen kommen, ist es plötzlich attraktiver, die Tiere zu schützen als zu jagen. Mithilfe der KfW und ihrer Partner wurden ehemalige Wilderer zu Wildhütern umgeschult.

Gerade im Caprivi-Streifen, den wir mit mehreren Aufenthalten und lokalen Ausflügen in den Folgetagen erkundeten, war gut zu erkennen, wie bitterarm die Bevölkerung ist und wie viel Einkommensmöglichkeiten der Tourismus bringt. Auch wenn es sich dabei nur um einfachste Beschäftigungsmöglichkeiten handelt.

Nach der Einreise in Simbabwe und Entgegennahme des aufgegebenen Gepäcks hielten wir einige Minuten vergeblich in der Flughafenhalle nach unserem Abholer Ausschau, der uns nach Livingstone zur Waterfront Lodge bringen sollte. Immerhin erhielten wir unser Gepäck und wurden schließlich sogar abgeholt, was nicht jedem unserer Mitreisenden vergönnt war. Ellen und Mike aus unserer Reisegruppe hatten bei ihrer Ankunft auf dem Harry Mwanga-Nkumbula International Airport in Livingstone Pech, ihr Gepäck war nicht angekommen und abgeholt wurden sie auch nicht. Den Reiseveranstalter konnten sie nicht anrufen, da es auf dem Flughafen zumindest für sie kein Netz gab.

Unser Fahrer bot uns als erstes ein gekühltes Getränk an, das fanden wir gut. Da nahmen wir gerne den kleinen Umweg in Kauf, den er einlegen musste, um zwei weitere Reisende vom Flughafen zum altehrwürdigen Victoria Falls Hotel zu bringen. Sein Bau wurde 1904 zeitgleich mit dem Bau der Victoria Falls Bridge begonnen, anfangs als Unterkunft für die Arbeiter gedacht, um später wieder abgerissen zu werden. Zunächst war es ein Holzgebäude auf Pfählen, um Ungeziefer und Feuchtigkeit abzuhalten, aber mit fließendem heißen und kalten Wasser, einem Ventilationssystem und Strom in allen 16 Zimmern.

Schon 1905 kamen sehr viele Touristen, um die Brücke und die Wasserfälle zu bewundern, vor allem Hochzeitspaare, die sich gerne vor den Fällen fotografieren ließen. Daher blieb das Hotel erhalten, wurde 1913 als festes Gebäude neu erbaut und im Laufe der kommenden Jahrzehnte erweitert und mit neuem Luxus versehen. Inzwischen gehört es zu den 25 berühmtesten Hotels der Welt, in dem Prominente wie Agatha Christie, Queen Elizabeth, Hillary Clinton, Chuck Norris und David Hasselhoff genächtigt haben. Bei „skyscanner“ wird es als Luxushotel in Traumlage sogar auf Platz 8 gelistet.

Die Stadt Victoria Falls war wenige Jahre vor dem Hotel gegründet worden. Heute hat sie knapp 34.000 Einwohner und lebt hauptsächlich vom Tourismus mit den Schwerpunkten Kolonialnostalgie und Abenteuertourismus. Aufgrund ihrer relativ isolierten Lage im äußersten westlichen Zipfel Simbabwes ist die Stadt von den politischen und ökonomischen Unruhen sowie von der Kleinkriminalität, die sich mit der zunehmenden Verarmung des Landes ausbreitet, glücklicherweise nur wenig berührt.

Für den Umweg durch die Stadt wurden wir durch den Anblick zweier Zebramangusten (engl. Banded Mongoose) entschädigt, die auf der gepflegten Hotelwiese herumhoppelten. Die kleinen Raubtiere, die 0,9 bis 1,9 Kilogramm schwer werden, sind soziale Tiere, die in Kleingruppen leben. Auf Nahrungssuche sind sie meistens einzeln unterwegs. Sie bevorzugen Kleintiere, vorwiegend Käfer und Tausendfüßler sowie deren Larven, verspeisen aber auch Mäuse, Frösche, Echsen, Schlangen und Eier.

An der Grenze, wo sich unser Abholer unsere Reisepässe geben ließ, um uns anzumelden – wir brauchten uns vorerst nicht zu bewegen –, konnten wir den Affen zuschauen, die dort herumlungerten und nach Essbarem suchten und bettelten. Am eigentlichen Grenzübergang, den wir zu Fuß überquerten, übergab er uns einem sambischen Abholer, der uns zur Lodge in Livingstone fuhr. Dabei überquerten wir die einspurige, holprige Victoria Falls Bridge, die zwischen beiden Staaten liegt. Hier konnten wir einen ersten Blick auf die Victoria-Fälle werfen und die Hütte auf der Brücke aus der Nähe sehen, von der aus man Bungee Jumping in die 110 Meter tiefe Batoka-Schlucht wagen kann. Vom sambischen Tourismusbüro wird das mit „The highest commercial bridge jump in the world in the most spectacular setting!“ beworben. Trotzdem fanden wir das nicht verlockend.

Wegen dem kleinen Umweg in Victoria Falls und der langen Wartezeit am Grenzübergang kamen wir mit einer knappen Stunde Verspätung in der Waterfront Lodge an. Alle anderen Reisenden waren schon längst eingetroffen, hatten den ersten Drink hinter sich und bereits die Aussicht auf den Sambesi genossen, der direkt an der Lodge vorbeifließt. Von unserem südafrikanischen Reiseführer Callum wurde wir gleich zur Kasse gebeten: ich durfte 2.000 ZAR (ca. 120 €) an ihn abdrücken wie jeder Reiseteilnehmer, der die vollständige 3-Wochen-Tour „Wüste, Felsmalereien und Victoriafälle“ gebucht hatte. Das Geld würde von ihm und von Norwin dazu verwendet werden, die „täglichen operativen Ausgaben zu decken, die während der Reise anfallen“, so hieß es in unseren Reiseunterlagen. Die Zahlung musste bar und in Rand erfolgen.

Danach hatten wir noch etwas Pause, in der wir unsere Hütte beziehen konnten, bevor die erste Exkursion beginnen sollte. Achim und ich, die wir beide aus dem beschaulichen Schwalbach am Taunus angereist waren, hatten ein gemeinsames, sehr geräumiges Zimmer im ersten Stock einer Reet-gedeckten Hütte mit Balkon zu einem kleinen Bach hin, an dem große Palmen und dichte Laubbäume standen, die für Schatten sorgten. Unser Zimmer war mit vier Einzelbetten sehr großzügig dimensioniert und ein verheißungsvoller Auftakt für unsere temporäre Zweier-Wohngemeinschaft.

Direkt neben unserer Hütte führte ein kleiner Steg über den Bach zu weiteren Hütten auf der anderen Seite. Hier wurde gewarnt: „Beware of hippos & crocodiles“, was uns allerdings ziemlich übertrieben vorkam. Was es aber nicht war, denn auf der gegenüberliegenden Sambesi-Seite konnte man von der Lodge abends gut einige Flusspferde ausmachen, die sich dort im Wasser tummelten und vielleicht auch einmal herüberwateten. Und ein Hauskrokodil von zwei Meter Länge gab es auch, das entdeckte ich zufällig am nächsten Nachmittag ganz in der Nähe des Steges und der Hütten, wo es sich sonnte. Es lag ruhig auf einer kleinen Betonmauer, hatte friedlich die Augen geschlossen, seine aus dem Maul herausragenden Zähne weckten aber keinen Streichelwunsch in mir.

Auch die nähere Umgebung der Lodge war nicht ungefährlich, da sich in dem kleinen Wald Elefanten tummelten. Dies war daran zu erkennen, dass viele Bäume stark beschädigt waren. Elefanten brechen dicke Äste ab und treten manchmal ganze Bäume um, um an das Laub zu gelangen, oder sie schälen die Rinde der Stämme ab. Durch das Absterben der Baumschicht wird der Waldbestand aufgelichtet, was die Wachstumsbedingungen für Gräser verbessert, die wiederum von Büffeln, Zebras und Gazellen geweidet werden.

Abb. 1: Unsere Reiseroute mit den Highlights

Zu den Victoria-Fällen

Um vier Uhr trafen wir uns vor der Bar mit Sambesi-Blick, von wo aus wir unseren Ausflug starten würden. Dieser war zu den Victoria-Fällen auf der hiesigen, sambischen Seite geplant. Dabei lernten wir nun auch unser Fahrzeug der nächsten drei Wochen kennen, einen nach den Bedürfnissen und Wünschen von Sunway Safaris – so hieß unser lokaler Reiseveranstalter – umgebauter Allrad-Toyota, der von Norwin und Callum liebevoll „Red Elephant“ genannt wurde. Gebucht hatten wir zwar über Diamir in Dresden, aber nur als Vertriebskanal für Sunway, die 1994 gegründet worden waren und als einer der führenden Reiseveranstalter für Abenteuerreisen im südlichen Afrika gepriesen werden.

Wir waren kaum von der Zufahrt zur Lodge auf die Hauptstraße eingebogen, die von Livingstone nach Süden zu den Wasserfällen führt, als wir auch schon einen ersten Stopp einlegen mussten. Aus Richtung des Sambesi näherte sich der Straße langsam eine Herde von ca. dreißig Elefanten an einer Stelle, wo sich eine bekannte Elefantenquerung befindet. Morgens überqueren die Elefanten auf ihrem Pfad hier die Straße, um an den Fluss zu gelangen, abends gehen sie wieder zurück in den Savannenwald. Allerdings muss man sich den Begriff Pfad etwas großzügiger bzw. weiträumiger vorstellen, da, wie bereits erwähnt, die Büsche und Bäume der näheren Umgebung unserer Lodge deutliche Elefantenspuren aufwiesen, es sich also eher um eine Elefantenschneise handelt. Jetzt hatten wir den Beweis für die Schädigungsursachen. Und die Schäden sind nicht klein, denn die Pflanzenfresser brauchen täglich bis zu 200 Kilogramm Nahrung, wobei der Rüssel das wichtigste Werkzeug ist.

Ein Rüssel ist eine verlängerte Nase mit Nasenlöchern (Rüsselloch), die aufgrund von 40.000 zu Bündeln verflochtenen Muskeln extrem beweglich ist. Das bis zu 50 Kilogramm schwere Körperteil ist ein Multifunktionsorgan, welches als Tast- und Greiforgan, zur Atmung und Geruchswahrnehmung, als Waffe und Drohmittel sowie als Saug- und Druckpumpe beim Trinken dient. Es hat mit bis zu 10 Liter Wasser ein enormes Fassungsvermögen, so dass ein Elefantenbulle in 5 Minuten 200 Liter Wasser trinken kann. (Trifft ein Elefant auf einen nackten Mann am Fluss und wundert sich: „Mit dem kurzen Teil kannst Du trinken?“) Mit Hilfe des Rüssels kann ein Elefant Äste und Pflanzen aus bis zu sieben Meter Höhe erreichen; ähnlich einem Giraffenhals verdoppelt er damit seine Streckhöhe.

Eine Elefantenherde wird von einer erfahrenen, älteren Leitkuh angeführt, die sich um das Wohl des Familienverbandes mit Müttern und Jungtieren mehrerer Generationen kümmert. Sie weiß, wo man in Dürrezeiten nach Wasser graben kann, welche Pfade sicher sind, wo Gefahren lauern und wie sich die Großfamilie dann verhalten muss. Bullen im Halbstarkenalter und Ältere sind in eigenen, kleinen Gruppen unterwegs und treffen sich mit den Mädels nur zur Paarung. Alte Bullen dagegen werden häufig zu Einzelgängern, wie man es ja auch von den Menschen kennt.

Obwohl die Dickhäuter an sich relativ friedlich sind, empfiehlt es sich, gebührenden Abstand zu halten, wenn man ihnen begegnet. Vor allem, wenn sich in einer Herde viele Kälber befinden, die von ihren Müttern behütet werden. Bei unserer Begegnung mit den Tieren blieben wir ruhig am Straßenrand stehen und ließen sie vor und hinter unserem Fahrzeug passieren. Die nachfolgenden und die entgegenkommenden Autos standen in etwas größerem Abstand zur Herde. Trotzdem brach auf der einen Seite eine leichte Panik aus, als sich die Leitkuh auf der Straße in Richtung der Autos drohend aufstellte. Der erste in der Fahrzeugreihe wendete und setzte zurück, die dahinter Wartenden legten den Rückwärtsgang ein.

Nach einigen Minuten war der Spuk ohne weitere Zwischenfälle vorbei und wir konnten die Fahrt fortsetzen. Kurz vor dem sambischen Grenzposten bogen wir rechts ab, wo sich der Einstieg zu einem Spazierweg durch einen kleinen Regenwald befindet. Vom Knife Edge Point hat man einen guten Blick auf den östlichen Teil der Victoria-Fälle, wo das Wasser ziemlich klar über die Felskante nach unten stürzt. Weiter gegen Westen hin sind die Fälle gewaltiger und eigentlich von der simbabbischen Seite besser zu bewundern (richtig heißt es simbabwisch, aber das spricht sich nicht flüssig genug aus, wie ich finde). Von der Stelle, an der wir uns befanden, war der westliche Teil der Fälle wegen der gewaltigen Nebelentwicklung nicht zu sehen.

Die Wassermengen, die sich über die Fallkante ergießen, schwanken sehr stark. So betragen sie am Ende der Trockenzeit (November – Dezember) „nur“ 20 Mio. Liter/Minute, am Ende der Regenzeit (April – Mai) dagegen 550 Mio. Liter. Dann steigt die Gischt 500 Meter hoch und ist 60 Kilometer weit zu sehen, woraus sich der einheimische Name Mosi-oa-Tunya („donnernder Rauch“) erklärt. Als ich bei meiner Rückreise wieder über die Victoria Falls Bridge kam, von wo aus man den östlichen Teil der Fälle sehen kann, waren diese fast völlig trocken.

Die Victoriafälle gelten als die Grenze zwischen dem breiten Oberlauf des Sambesi und dem eher schmalen, von Schluchten eingeengten Mittellauf, der sich bis zur Cahora-Bassa-Talsperre in Mosambik erstreckt. Auf einer Breite von über 1.700 Meter ergießt er sich über eine quer zum Flusslauf liegende, 110 Meter tiefe und kaum mehr als 50 Meter weite Schlucht mit steilen Felswänden aus Basalt. Damit sind die Victoriafälle, die zum UNESCO-Weltnaturerbe zählen, der breiteste durchgehende Wasserfall der Erde. Zum ersten Mal öffentlichkeitswirksam darüber berichtet hat der schottische Abenteurer, Missionar und Forscher David Livingstone, der die Fälle zu Ehren von Queen Victoria benannte.

Auf dem Weg durch den Regenwald kommt man an einen Platz, von dem man einen guten Blick auf die 200 Meter lange Victoria Falls Bridge hat. Ihr Bau geht auf die Initiative und imperialen Träume des Geschäftsmannes Cecil Rhodes zurück, der eine Eisenbahnverbindung von Kapstadt bis Kairo bauen wollte, um den Anspruch der Briten in Afrika zügig voranzubringen. Die Einzelteile der Brücke wurden in England gefertigt, nach Victoria Falls transportiert und dort zusammengesetzt. Ursprünglich war sie als zweigleisige Eisenbahnbrücke konzipiert, führt seit 1929 aber zudem auch noch eine Straße sowie einen Fußweg. Die Brücke ist bis heute die einzige Bahnverbindung zwischen Sambia und Simbabwe trotz der mehrere hundert Kilometer langen Grenze zwischen den beiden Ländern. Seit 2006 ist die in die Jahre gekommene Brücke nur noch mit Restriktionen befahrbar: Züge und Lastwagen von mehr als 30 Tonnen Gewicht dürfen sie nicht mehr benutzen.

Auf unserem kurzen Spaziergang kamen wir an verschiedene kleine Aussichtspunkte, von denen man auf die spektakulären Fälle, die tiefe Schlucht und die Nebelgicht schauen konnte. In dieser Zeit, Anfang September, zum Ende des Winters und einige Wochen vor dem Ende der Trockenzeit – die Regenzeit beginnt hier frühestens Ende Oktober –, war noch genügend viel Wasser vorhanden, um uns nachhaltig zu beeindrucken. Andererseits stürzte nicht zu viel Wasser hinab, denn in der Regenzeit kann man vor lauter Dampf die Wasserfälle kaum sehen, nur hören und muss sich als Besucher wasserdicht anziehen.

Abb. 2: Blick auf den östlichen Teil der Victoria-Fälle

Abb. 3: Ein Baobab-Baum im Mahango-Wildpark bei Divundu

Da es später Nachmittag war und die Sonne tief im Westen stand, waren mehrfach sehr farbenfrohe, kräftige Regenbögen in den Sturzbächen zu bestaunen. Auffällig war, dass hier sehr viele einheimische Ausflügler unterwegs waren im Gegensatz zu allen anderen Sehenswürdigkeiten, die wir auf unserer Rundreise besuchten, wo wir nur Weiße bzw. Ausländer erblickten.

Wieder zurück auf dem Parkplatz hatten wir noch ein paar Minuten Zeit, die Verkaufsstände für einheimische Handarbeit zu besuchen. Allerdings war es uns nicht vergönnt, die Waren frei in eigener Muse zu begutachten, sondern wir wurden sofort von den anwesenden Verkäufern „überfallen“, die uns gleich in ein Gespräch zu verwickeln versuchten und irgend ein Stück, das sie gerade loswerden wollten, besonders ausführlich präsentierten, obwohl sie uns mit „nur gucken, nichts kaufen“ zu beruhigen versuchten. Das kann ich ja gar nicht leiden und habe gleich den Rückzug angetreten. Schade, denn ich hätte bestimmt etwas freiwillig gekauft.

Erste Abenteuer

Der nächste Tag diente, bis auf den spätnachmittäglichen Proerammpunkt Sambesi Sundowner Cruise, zu unserer Akklimatisation und freien Gestaltung. Damit unsere Phantasie angeregt werden konnte, wie wir den Tag herumbringen könnten, hatten wir uns am Vortag ein Video des sambischen Tourismusbüros anschauen dürfen, in dem verschiedene Aktivitäten gezeigt wurden. Neben dem schon genannten Bungee Jumping wäre möglich gewesen: Wildwasser- oder Kanufahrt, Rundflug mit Helikopter oder Ultraleichtflugzeug, Elefanten-Ausritt, Gorge-Swing, Abseiling (heißt tatsächlich so), Wildkatzen-Streichelzoo etc.

Achim und ich hatten uns gegen diese Angebote entschieden, aber einen Game Walk durch die nahe Buschsavanne eines Wildtierparks gebucht, eine geführte Pirschwanderung. Für 85 USD wurden wir morgens um halb sieben mit einem offenen Jeep von einem lokalen Pirschleiter abgeholt, der noch weitere Gäste von anderen Lodges einsammelte, bis der Neunsitzer voll war. Dann durchquerten wir Livingstone, um ein paar Kilometer westlich davon am Sambesi einen bewaffneten Ranger zu treffen, der uns auf der Pirsch begleiten sollte. Die Fahrt am frühen Morgen im offenen Jeep war kein Vergnügen, obwohl wir nicht sehr schnell fuhren: es war arschkalt.

Bei einem ersten Stopp am Sambesi konnten wir auf der gegenüberliegenden simbabbischen Seite ein paar Flusspferde sichten, die kurz nach Sonnenaufgang ihr morgendliches Bad nahmen. Bei unserer anschließenden Wanderung durch den Wildtierpark zeigte uns unser Guide zunächst ein kleines, optimal getarntes Tier, an dem wir alle achtlos vorbeigetrampelt wären. Die ockerfarbene Stabschrecke, ähnlich einer Gottesanbeterin, war dermaßen gut getarnt im trockenen, gelben Savannengras, dass wir sie erst beim dritten Hindeuten und Hinsehen erkennen konnten. Obwohl der lebende Halm mit zehn Zentimetern Körperlänge nicht winzig war. Aber er war farblich kaum von seiner Umgebung zu unterscheiden.

Nach weiteren Kleintieren wie dem Gelben Stiefmütterchen Schmetterling (Yellow Pansy), einigen bunten Vögeln – vor allem die sehr bunte Gabelracke (Lilac-breasted Roller), die auf einer Astgabel sitzend nach Beute Ausschau hielt, hat mich optisch begeistert – und einer gut getarnten Spinnenhöhle in einem Haufen vertrockneter Blätter erhielten wir eine kleine Einführung in die Welt der Spuren und Losungen von Elefant, Rhinozeros, Zebra, Giraffe, und Antilope.

Interessant und leicht zu erkennen ist der Abfall von Elefanten. Da diese ihre Nahrung zu weniger als 50% verdauen, kommt ziemlich viel von ihrem Essen quasi unverändert wieder zum Vorschein. Und zwar riesige Mengen, da sie ja riesige Mengen futtern! Die Verwendung ihres Kots ist vielfältig: Er ist Nahrungsquelle für viele Tiere, auch junge Elefanten, deren Darmflora noch nicht vollständig ausgebildet ist, naschen davon, in Thailand wird mit seiner Hilfe Luxuskaffee gebraut (er soll eine Karamell- und Schokoladennote besitzen und nicht bitter schmecken), man kann Papier aus ihm herstellen und ein Prager Start-Up verschickt auf Bestellung Elefantenkot per Post an Leute, denen man seine besondere Verachtung ausdrücken möchte (siehe www.schenkscheisse.eu).

Aber wir bekamen auch große Tiere vor die Linse. Zuerst sichteten wir eine Herde Impalas mit vielen Jungtieren. Diese Antilopenart trifft man im östlichen Teil des südafrikanischen Kontinents vor allem auf offenen Savannen sowie in Miombo- und Mopanewäldern an. Die bis 90 Zentimeter hohen schlanken Tiere sehen zwar schlecht, haben jedoch ein ausgezeichnetes Riech- und Hörvermögen. Uns haben sie gleich wahrgenommen, obwohl wir uns sehr leise fortbewegten. Vermutlich war ich schuld, ich hatte an diesem Morgen nicht geduscht.

Trotzdem flüchteten sie nicht, da anscheinend keine Gefahr von uns ausging. Sonst wären sie mit einer Geschwindigkeit von bis zu 60 km/h davon gedüst, nicht ohne zwischendurch 3 Meter hohe und 10 Meter weite Orientierungssprünge zu vollführen. Impala-Weibchen verfügen über die besondere Eigenschaft, ihre Schwangerschaft durch eine Keimpause verzögern zu können, wenn die äußeren Umstände für eine Geburt nachteilig sind. Sie sind übrigens nicht die einzigen Tiere, die das können: Kängurus, Wiesel, Fledermäuse, Stinktiere, Gürteltiere, Otter und Robben haben diese Fähigkeit ebenfalls.

Zwei Drittel Namibias sowie weite Teile Sambias und Botswanas sind von Savannen bedeckt (Größenvergleich: Namibia ist 2,3-mal, Sambia 2,1-mal und Botswana 1,6-mal so groß wie Deutschland). Sie sind typisch für den Übergangsbereich zwischen der ariden Passatwindzone und dem tropischen Regenwaldklima mit deutlichem Unterschied zwischen Regenzeit und ausgeprägter Trockenzeit. Charakteristisch ist der offene Grasbewuchs mit vereinzelt stehenden Bäumen, Baumgruppen oder Gebüschen. Bei Beginn der Regenzeit entfaltet sich die Vegetation, es wird grün, die Büsche werden dicht. In der Trockenzeit sieht die Landschaft braun und verdorrt aus und eignet sich dann gut für Tierbeobachtungen.

Wie Wissenschaftler der Universität Lund feststellt haben, haben die Savannen und Steppen der Erde neben den tropischen Regenwäldern eine große Bedeutung als Kohlenstoffsenken und damit für das globale Klima. Rund ein Drittel der anthropogenen Kohlendioxidemissionen werden von den Grasländern aus der Atmosphäre herausgezogen und aufgenommen, was der Erderwärmung entgegenwirkt.

Der Miombowald ist ein im südlichen Zentralafrika verbreiteter Baumsavannentyp mit geringem Unterholz auf nährstoffarmen, sauren Böden, der nach dem am meisten vertretenen Baumtyp Muombo (Plural: Miombo) benannt ist. Mit rund 5 Millionen Quadratkilometern im gesamten Afrika bildet der Miombowald das größte Trockenwaldgebiet der Erde.